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Erfolgreiche Agenda

Im Be+Be-Verlag ist von Stefan Hartmann das Buch Quid est veritas? Theologische Essays und Portraits (208 Seiten) erschienen. Unter den neun Essays, die das Buch außer den elf Portraits christliche Profile enthält, befindet sich einer, der in normalen Zeiten das Zeug hätte, die Kirche zu erschüttern, weil er einen theologischen Skandal aufdeckt. Er trägt den Titel „Katholizismus im Abbruch“ und befasst sich mit der „Agenda eines Freiburger Fundamentaltheologen“. Gemeint ist Magnus Striet. Aus dem Essay erfahren wir, was dieser Inhaber eines katholischen Lehrstuhls lehrt. Striet wende sich „direkt gegen ein göttlich gesetztes Naturrecht oder auch ein positives göttliches Recht aufgrund der Offenbarung“ (S. 145). Das göttliche Recht (ius divinum) und Gott selbst seien „evolutiv“ zu denken. „Kirchliche Moralverkündigung habe sich dem geschichtlichen Bewusstsein moderner Gesellschaften anzupassen“ (S. 146). „Gott ist für Striet in erster Linie ein ‚Begriff‘ ohne Anschauung, keine Realität, die sich geschichtlich wirksam und autoritativ offenbart. (…) Das Subjekt hat sich niemand zu ‚verdanken‘ und erst recht niemand zu gehorchen. Der Begriff und die Wirklichkeit der Gnade (oder des Übernatürlichen) werden als Fremdbestimmung eliminiert“ (S. 148).

Aber werden hier nicht vielleicht einzelne unglückliche Formulierungen aus ihrem Zusammenhang herausgerissen? Aus eigener Lektüre Striets kann ich das verneinen und Hartmanns Urteil nur bestätigen, dass Striets „bibelfremde säkularisierte Theologie (…) das Evangelium und die Lehre der Kirche untergräbt“ (S. 151). Striet stellt den Sinn eines kirchlichen Lehramtes grundsätzlich in Frage, und polemisiert ohne Hemmungen gegen lehramtliche Aussagen der letzten Päpste etwa über das Gewissen, Aussagen, die sich übrigens auch ganz mit der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils decken.

Wenn es stimmt, was Hartmann schreibt, dass die deutschen Bischöfe mit dem Synodalen Weg einen Ball aufgegriffen hätten, den Striet 2019 mit seiner Idee einer Struktur-Synode ins Spiel gebracht habe, dann wundert man sich, dass sie es nicht für nötig halten, sich von Striets Theologie zu distanzieren. Sie scheint den Mutterboden darzustellen, auf dem die Thesen und Ideen gedeihen, die sich in den Synodenpapieren finden. Striet ist ein erfolgreicher Missionar in eigener Sache. Wären alle Bischöfe ebensolche Missionare für das Evangelium, wäre die Glaubenskrise bald beendet.


Wiederentdeckung der Kernkompetenz

Die Kirche ist auf dem Weg. Aber sie lebt nicht aus sich selbst heraus. Sie ist keine Manövriermasse nach dem Geschmack der jeweiligen Führung. Erneuerung lag für Ratzinger in der Wiederentdeckung der Kernkompetenz der Kirche – um dann wieder zu jener Quelle zu werden, die die Gesellschaft braucht, um nicht geistig, moralisch und seelisch zu versteppen. Reform bedeute, in der Erneuerung zu bewahren, in der Bewahrung zu erneuern, um das Zeugnis des Glaubens mit neuer Klarheit in die Dunkelheit der Welt zu bringen. Die Suche nach dem Zeitgemäßen dürfe nie zu einer Preisgabe des wahren und Gültigen und zu einer Anpassung an das gerade Aktuelle führen.

Peter Seewald im Interview mit kath.net


Der sicherste Halt

Der sicherste Halt, den wir finden können, besteht darin, an den ewigen Lehren des Glaubens festzuhalten. Bedauerlicherweise kann es sein, dass einige jene, die mit den vorgeschlagenen Änderungen nicht einverstanden sind, als Schismatiker bezeichnen. Seien Sie jedoch versichert, dass niemand, der fest an der Linie unseres katholischen Glaubens festhält, ein Schismatiker ist. Wir müssen unerschrocken und wahrhaft katholisch bleiben, unabhängig davon, was auch immer vorgebracht wird.

Aus dem Hirtenbrief des Bischofs von Tyler Joseph E. Strickland vom 22. August 2023


Machtinteressen oder Dienerin einer empfangenen Wahrheit?

Aus der Art und Weise, wie manche Akteure etwa über die kirchliche Sexualmoral sprechen und schreiben, könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich hinter der Fassade der offiziellen christlichen Moral nichts Anderes verbirgt als die Machtinteressen einer kleinen klerikalistischen Sondergruppe mit einer bestimmten (angemaßten) Definitionsmacht. An deren Stelle seien nun endlich die vermeintlich wahren Interessen aller Menschen zu setzen und die entsprechenden Normen zu revidieren (oder: "weiterzuentwickeln"), damit die Moral endlich dem Menschen dient.

Die Moral ist aber nach christlichem Glaubensverständnis weder ein Artefakt des Lehramts noch einer bestimmten, vermeintlich besser informierten Gruppe des Gottesvolks, sondern gehört zur Substanz des überlieferten Glaubensguts: "fides et mores", so die seit dem Tridentinum gebräuchliche Formel (hierzu jüngst: Anselm W. Müller, Kirchliche Lehre und natürliche Vernunft in Sachen Sex, in: ZTP 145 (2023) 587).

Wenn das authentische Lehramt bestimmte moralische Normen definiert, dann nicht im Sinne einer Selbstermächtigung, sondern im Sinne eines Hüters und Auslegers einer empfangenen Wahrheit.

Aus: Stephan Herzberg, Hinter den Kulissen der Moral, auf communio-online vom 4. März 2024.


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