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Die Todesengel. Eine Rezension von Andreas Ziemann Stefan Rehder, der Autor des vorliegenden Buches, stellte in einem Artikel der Tagespost vom 10.1.2011 fest: „Eines ist jetzt schon sicher: 2011 wird nicht nur das Jahr mit den meisten bioethischen Einzelentscheidungen werden, es wird auch eines, in dem echte biopolitische Weichen gestellt werden.“ Und zwar auf den Gebieten der Präimplantationsdiagnostik (PID), der Organspende, und auf dem Gebiet der „Sterbehilfe“, wo für jene Ärzte „Rechtssicherheit“ geschaffen werden soll, die es mit ihrem Gewissen vereinbaren können, einer „Tötung auf Verlangen“ stattzugeben. Hierzu schreibt der Autor im genannten Artikel: „Sollte der Ärztetag, wie von der Bundesärztekammer (BÄK) gewünscht, tatsächlich eine Liberalisierung des Standesrechts beschließen und Ärzte, die ihren Patienten beim Suizid unter die Arme greifen, nicht mehr mit dem Entzug der Zulassung bedrohen, dann wird die Politik ihrerseits wohl keine Anstrengungen mehr unternehmen, selbsternannten Sterbehelfern das Handwerk zu legen. (....) Dass es von der 'Tötung auf Verlangen' nur ein kleiner Schritt zur 'Tötung ohne Verlangen' ist, wird trotz anders lautender Erkenntnisse aus der Praxis in den Niederlanden und in Belgien in der deutschen Debatte dann jedoch genauso wenig eine Rolle spielen, wie dass es keinem der Länder, das die PID zugelassen hat, gelungen ist, die PID auf jene Fälle zu begrenzen, mit denen ihre Befürworter jetzt hausieren gehen.“ Während der Lektüre des Buches hat der Rezensent in Gesprächen mit Bekannten und Freunden festgestellt, dass die Gefahr einer „Euthanasie auf dem Vormarsch“ noch kaum ins Bewusstsein ansonsten politisch interessierter Zeitgenossen gedrungen ist, dass die Euthanasiepraxis in Holland wenig interessiert, und dass die aktive Sterbehilfe toleriert wird, da es sich in der Praxis wohl nur um von der Zahl her zu vernachlässigende beklagenswerte Einzelfälle handelt. Ein Irrtum, wie es sich spätestens nach der Lektüre dieses Buches herausstellt. Dabei baut der Autor keine apokalyptische Kulisse auf, sondert schildert sachlich und unsentimental, was jetzt schon gängige Euthanasiepraxis ist, wie sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg trotz der Erfahrungen im Dritten Reich in den Beneluxländern entwickelt hat und wie sie sich weiter entwickeln wird. Er stellt die moralphilosophischen Abstürze im Denken der Euthanasiebefürworter dar. Dabei zeigt er auch Schritte auf, die jeder Einzelne unternehmen kann, um sich vor den „Todesengeln“ zu schützen, wenn es nicht gelingt, was in Frankreich gerade noch gelungen ist, der Politik hier in den Arm zu fallen und die „Euthanasie auf dem Vormarsch“ aufzuhalten. Zunächst belegt Rehder anhand der demographischen Entwicklung, dass vor allem durch die massenhaften Abtreibungen der letzten Jahrzehnte immer weniger junge Menschen für die ansteigenden Pflegekosten immer mehr alter Menschen aufkommen müssen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird im Jahr 2050 jeder dritte Bundesbürger „60 Jahre und älter sein. Der Anteil der über 80-Jährigen wird von vier auf zwölf Prozent steigen. Mit der aus der Kinderlosigkeit resultierenden Überalterung der Gesellschaft wächst auch die finanzielle Last, welche die verbliebenen Erwerbstätigen schultern müssen. Standen 1995 in Deutschland 100 Erwerbstätigen noch 36 Personen im Rentenalter gegenüber, so waren es 2001 bereits 44 Personen; 2050 werden es sogar 78 Personen sein.“ (24) Damit werden auch die Pflege- und krankheitsbedingten Kosten steigen. Durch die selbstgemachte demographisch-ökonomische Kostenfalle werden die Pflegebedürftigkeit im Alter und altersbedingte Krankheiten nicht mehr als natürlicher Abbau von körperlichen Fähigkeiten gesehen, sondern heute schon von vielen „vorausschauenden“ Menschen als unzumutbare Last für die diejenigen empfunden, denen diese Kosten zugemutet werden. Die „Fürsorge“ gilt also weniger den Pflegebedürftigen sondern eher denen, die die Kosten dafür aufbringen müssen. Statt nun Schritte einzuleiten, die diese Entwicklung langfristig umkehren können und zumindest die Türen zur Abtreibung und pränatalen Selektion zu verschließen, öffnet man die Tür zur anderen Seite zur Euthanasie. Und hier wirkt die gleiche „Logik“, mit der man sich schon bei der Abtreibung versucht hatte zu beruhigen: Suicid wird als „individualethisches Problem“ (28) behandelt obwohl man inzwischen erkennen kann, dass diese individuellen sogenannten eigenverantworteten Abtreibungen sich zu einem gesellschaftlichen Problem ausgewachsen haben- also nicht nur Schaden anrichten im individuellen bzw. privaten Raum sondern das Gemeinwohl insgesamt schädigen. Die oben beschriebene Alterung der Gesellschaft bietet den Rechtfertigungsrahmen, auf Kongressen von Juristen und Medizinern völlig ungeniert über gesetzliche Regelungen für ein „sozialverträgliches Frühableben“ (17) zu beraten. „So führte etwa der Bonner Strafrechtler Günther Jakobs auf einem im April vom Bonner Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg (...) veranstalteten Symposium 'Sterbehilfe in der Industriegesellschaft' aus, statistisch betrachtet fielen mehr als die Hälfte der Gesundheitskosten, die ein Mensch während seines Lebens verursache, in den letzten beiden Jahren an, und fügte hinzu: 'das können wir doch nicht einfach so fortschreiben.'“ (18) Einem Arzt, der einwand, er hoffe, dass Ärzte sich nicht benutzen lassen würden, um auf dem Wege der Euthanasie die demographischen Probleme der Gesellschaft zu lösen, entgegnete Jacobs: „Die Ärzte machen das schon. Eine Profession, die keine Probleme damit hat, jährlich rund 200.000 Embryos zu töten, wird auch mit der Tötung auf Verlangen keine unüberwindbaren Probleme haben vorausgesetzt, die Gebührenordnung stimmt“. (18) Hier ist man leider versucht zu sagen: stimmt. Natürlich sind derlei ungeschminkte Argumente ungeeignet, um in der Öffentlichkeit für eine breite Akzeptanz der Euthanasie zu werben. Und natürlich wird auch nicht mit offen sozialdarwinistischen Gründen argumentiert, wie es im Nationalsozialismus der Fall war. Nein. Man spricht von Sterbehilfe und Selbstbestimmung, von Mitleid, von Barmherzigkeit. Die Befürworter der Euthanasie vielmehr des Rechts eines jeden Menschen auf ein Sterben in Würde - treten als „Helfer“ auf; daher der Titel des Buches: Todesengel. „Nach christlichem Verständnis sind Engel Diener und Boten Gottes“, die auf vielfache Weise in das Leben von Menschen eingreifen. Aber als Diener Gottes greifen sie ein „als Beschützer und Begleiter in Not und Gefahr“. So kennt die Bibel keine „Todesengel“, also Engel, die den Menschen beim Suizid „helfen“. (s. S.12) Die Todesengel, von denen dieses Buch handelt, kommen nicht vom Himmel. Die Rolle dieser helfenden Todesengel sollen nach dem Willen der Befürworter einer gesetzlichen Regelung die Ärzte übernehmen. An mehreren Stellen des Buches zitiert Rehder daher den bekannten Satz des Arztes Christoph Wilhelm Hufeland: „Der Arzt soll und darf nichts anderes thun, als Leben erhalten; ob es ein Glück oder ein Unglück sey, ob es Wert habe oder nicht, das geht ihn nichts an. Und maßt er sich einmal an, diese Rücksicht in sein Geschäft aufzunehmen, so sind die Folgen unabsehbar, und der Arzt wird der gefährlichste Mensch im Staat.“ (z.B. S.66) Eine Schlüsselstellung nimmt in Rehders Buch das 2. Kapitel „Über die Unterschätzung und falsche Glorifizierung des Suicids“ (32 ff) ein (Suicid lat. = sui cidium = Selbsttötung). Zunächst widerlegt er mit handfestem öffentlich zugänglichem Zahlenmaterial , dass die Zahl der Selbsttötungen in Deutschland weit unterschätzt wird. Es gibt einen „Trend zur Diagnoseverschiebung auf den Totenscheinen“ (38). Zunehmend wird eine „unklare“ oder „unbekannte“ Todesursache auf den Totenscheinen vermerkt oder auch „Tod ohne Anwesenheit anderer Personen“ (38), so dass diese Fälle in keiner Suizidstatistik erfasst werden. „Nicht einmal das Statistische Bundesamt traut hier seiner eigenen Statistik und warnt daher, 'dass bei der Todesursache Suizid von einer nicht einschätzbaren Dunkelziffer ausgegangen werden muß'“ (39, Zitat Statistisches Bundesamt 2006). Unter dem Stichwort „falsche Glorifizierung“ setzt sich Rehder kritisch mit einer Deutung des Suicids auseinander, die in der Selbsttötung einen selbstbestimmten freien Willensakt sieht. Anhand der Ergebnisse der Psychiatrie aus den letzten 150 Jahren zeigt Rehder, dass es sich beim Suicid bzw schon beim Wunsch nach Selbsttötung um eine seelische Erkrankung handelt. Auch das Kirchenrecht der katholischen Kirche hat sich diesen Einsichten nicht verschlossen und erkannte an, dass diese Erkrankung die Schuldfähigkeit des Suicidenten erheblich mindert. Das Verbot der kirchlichen Bestattung von Suizidenten wurde im neuen Kirchenrecht von 1983 aufgehoben. „Abgesehen davon, dass es intellektuell gar nicht ohne weiteres einleuchtet, ausgerechnet die Vernichtung seiner selbst als eine Weise zu betrachten, sich selbst zu bestimmen, ist es derart unnatürlich, sich selbst den Tod zu wünschen, dass in der Regel nicht einmal derjenige, der einen solchen Wunsch äußert, auch wirklich meint, was er sagt.“ (39f) Einen natürlichen Wunsch zur Selbsttötung gibt es nicht allenfalls den Wunsch nach einem anderen Leben, einer anderen Lebensrealität. Der Wunsch nach Selbsttötung muß daher wie ein Leiden behandelt werden. Es kann daher niemals „Hilfe“ sein, wenn man dem Leidenden die gesetzlich abgesicherte Möglichkeit eröffnet sich selbst abzuschaffen. In den folgenden Kapiteln zeigt Rehder, wie sich entgegen aller seriösen Untersuchungsergebnisse die widersinnige Auffassung durchsetzt, dass der selbstbestimmte Tod zu einem frei bestimmten Leben gehört; dass es geradezu unmoralisch und ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei, einem Menschen, der sich bei „klarem Verstand“ für die Selbsttötung entscheidet, dies per Gesetz zu verbieten. Ist nun die Selbsttötung moralisch gerechtfertigt, so kann man natürlich auch die Helfer nicht verurteilen , die den Tod des Sterbewilligen stellvertretend herbeiführen. Und schließlich läuft es darauf hinaus, dass ein pflegebedürftiger Kranker sich dafür rechtfertigen muß, wenn er seinem eigenen sozialverträglichen Frühableben nicht zustimmen will. So läuft die Forderung nach einem „selbstbestimmten Tod“ auf das genaue Gegenteil hinaus. Am Beispiel der Beneluxländer allen voran Holland - zeigt Rehder, dass alle gesetzlichen Regelungen zur Sterbehilfe nicht etwa deren Einschränkung zur Folge haben, sondern deren Ausweitung sprich Liberalisierung. Nicht der Sterbewillige wird durch diese Regelungen geschützt , sondern der Arzt, der den Tötungswunsch vollstreckt. Wobei dann nicht einmal mehr sicher ist, ob die Tötungen, die diese Helfer vornehmen, wirklich auf Bitten des Getöteten oder nicht vielmehr auf Wunsch dritter Personen erfolgen, denen das Mit-Leiden zur Last wird und die „aus Mitleid“ töten lassen. „Dass dies nicht ohne Folgen sowohl für das Arzt-Patient-Verhältnis als auch für das Vertrauen in die eigenen Angehörigen bleiben kann, liegt auf der Hand.“ (59) So tragen „nicht wenige Niederländer eine sogenannte `Credo Card`in ihrer Brieftasche (...) auf der ihr Lebenswunsch eingestanzt ist“. (59) Oder sie führen einen Zettel bei sich mit der Bitte „Maak mij niet dood, Dokter!“ (59) Da kann es auch nicht beruhigen, dass durch eine angeblich sorgfältige „gesetzliche Kontrolle“ der Meldepflicht für die durch die Ärzte vorgenommenen Tötungen die Anzahl der gemeldeten Patiententötungen nach regierungsamtlichen Angaben im Jahr 2005 gegenüber 1995 von 3.200 auf 2.297 Fälle in Holland gesunken sind. „Zugleich meldete die Regierung jedoch einen rapiden Anstieg sogenannter terminaler Sedierungen. In diesen Fällen der terminalen Sedierung versetzten Ärzte die Patienten mit Medikamenten in einen tiefen Schlaf und führten ihnen anschließend so lange keine Nahrung und keine Flüssigkeit mehr zu, bis der Tod eintritt.“ (59f). Diese Tötungen gelten statistisch nicht als Euthanasie und müssen nicht den Kontrollkommissionen gemeldet werden. Rehder spricht von rund 9.600 Fällen terminaler Sedierung im Jahr 2005. In Belgien hat man sich noch ein weiteres Verfahren ausgedacht, um die Euthanasie-Statistik zu bereinigen also möglichst wenig Euthanasiefälle auszuweisen. Wenn hier die Tötungen als „nach den Bedingungen des Gesetzes vollzogen“ gelten, werden „diese als ein natürlicher Tod statistisch ausgewiesen.“ (61) Hier wird „die Schaffung einer Scheinwirklichkeit gesetzlich angeordnet.“ (61) In der Konsequenz sind all diese liberalen Gesetzgebungen Ermächtigungsgesetze für die Ärzte, sich als letzte Richter über ein noch lebenswertes oder nicht mehr lebenswertes Leben zu verhalten und dann die gefällten Urteile auch noch selbst zu vollstrecken. Wäre dem Buch nicht ein ausführlicher Quellennachweis angefügt, so könnte man annehmen, die von Rehder in dem Buch geschilderten Beispiele aus den Niederlanden, Belgien und Luxemburg seien aus Drehbüchern zu Horrorfilmen entnommen - so unglaublich nehmen sich diese seriös dokumentierten Fälle aus. Die Macht von Ärzten und deren ethisches Versagen führt den Autor auch zu einer kritischen Betrachtung der gesetzlichen Regelungen zu Patientenverfügungen in Deutschland. Patientenverfügungen stehen auf dem Papier und sind somit auch der Auslegung des behandelten Arztes und der Angehörigen des Patienten unterworfen. Zudem weiß niemand, der im gesunden Zustand Regelungen trifft, wie er im Falle einer Krankheit, die möglicherweise keine Willensbekundung mehr zulässt, verfügen würde. Wer kann sagen, ob das, was er in der Patientenverfügung verfügt hat, auch wirklich das ist, was er gemeint hat, wenn der Fall tatsächlich eintritt, dass von seiner Patientenverfügung Gebrauch gemacht wird? Der Autor empfiehlt an Stelle einer Patientenverfügung eine „Vorsorgevollmacht“. Auch die Deutsche Bischofskonferenz empfiehlt „die Einsetzung eines Bevollmächtigten, wo immer möglich“ (zit. S. 113). „Die Vorteile, die Vorsorgevollmachten gegenüber Patientenverfügungen besitzen, sind gewaltig. Das gilt sowohl für den Patienten als auch für den behandelnden Arzt“. (113) Im Falle einer Patientenverfügung „sieht sich der Arzt einem nichteinwilligungsfähigen Patienten sowie einem Stück Papier gegenüber. (...) Im Falle einer Vorsorgevollmacht wächst dem Arzt dagegen mit der Person des Bevollmächtigten ein kommunikationsfähiger Ansprechpartner zu“ (113), demgegenüber er seine Behandlung zu verantworten hat. Sehr hilfreich ist hier ein ausformulierter Vorschlag für eine solche Vollmacht auf S. 115 f. Auf der Welle der ideologischen Verzerrung vom würdigen Tod, Befreiung vom Leid, selbstbestimmtem Leben und Sterben reiten auch die selbsternannten Sterbehelfer von Organisationen wie Dignitas und Exit, deren Praxis der Autor ein Kapitel widmet. Vor allem deren Machenschaften sind es, die dem Buch den Titel „Todesengel“ gegeben haben. Es würde hier zu weit führen, die Beschreibung dieser Praxis wiederzugeben. Festzuhalten ist aber, dass der Autor durch eine gründliche Recherche zeigt, dass die Behauptungen dieser Todesengel, sie würden ausschließlich uneigennützig handeln und kein profitables Geschäft mit der Sterbehilfe verfolgen, der Wirklichkeit nicht standhalten. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass bei einer Liberalisierung der gesetzlichen Regelungen bezüglich der aktiven Sterbehilfe auch in Deutschland für Todesengel ein Markt für profitable Geschäfte entstehen wird. Selbstverständlich geht es dem Autor niemals darum, Menschen in Leiden und Sterben sich selbst zu überlassen oder gar das Leben von Sterbenden durch die Apparatemedizin über die biologische Uhr hinaus zu verlängern. Im Kapitel über die Palliativmedizin und die Sterbehospizbewegung zeigt er Wege der Sterbebegleitung, die der Würde des Pflegebedürftigen bzw. Sterbenden angemessen sind. „Zusammenfassend könnte man sagen, dass es bei `Palliative Care` und Hospizarbeit neben einer optimal angemessenen medizinischen Behandlung vor allem auch um die menschliche Zuwendung zum Schwerkranken geht“. (143) Zur optimal angemessenen medizinischen Behandlung gehört auch „der Verzicht auf unnütze Therapiemaßnahmen.“ (142) Nicht der zu behandelnde Schmerz steht im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung, sondern der Mensch, der Schmerzen hat. Zu der menschlichen Zuwendung gehört auch die Zuwendung zu den Angehörigen des Schwerkranken bzw. Sterbenden; sie werden angeleitet, den Sterbenden gut zu begleiten. Gerade dadurch, dass den Angehörigen viele Pflegemaßnahmen abgenommen werden, können sie dem sterbenskranken Menschen ihre ganze Zuwendung geben und über längere Zeit wirklich Abschied nehmen. Man sollte annehmen, dass sich für jeden klar denkenden Menschen hier ein gangbarer Weg der Sterbebegleitung erschließt, ohne die Tür zur Euthanasie zu öffnen. Auffallend ist jedoch, wie sich die Politik auf diesen Gebieten mit der Bereitstellung von Geldern zurückhält. Zudem hat die Palliativmedizin immer noch keinen Eingang in die universitäre Medizinerausbildung und Prüfungsordnungen erhalten. Es bleibt jedem Arzt selbst überlassen, sich auf diesem Gebiet kundig zu machen und fortzubilden. „'Eine gute palliativmedizinische Versorgung würde zwischen 600 und 700 Millionen Euro pro Jahr kosten', rechnet Prof. Dr. Christof Müller-Busch, DGP-Präsident und Leiter der Palliativstation am Krankenhaus Havelhöhe in Berlin, vor. Das sei zwar ein Vielfaches dessen, was dafür in den letzten Jahren ausgegeben worden sei, zugleich aber nur ein Bruchteil der Ausgaben, die für die Onkologie getätigt würden. Ein Teil der Mehrausgaben, so muß man das wohl verstehen, ließe sich durch Einsparungen an anderer Stelle auffangen. `Euthanasie`, räumt Müller-Busch ein, `ist sicherlich die preiswertere Alternative`.“ (148) Hier sollten die gesellschaftlichen Kräfte, die noch bei klarem Verstand sind, einfach fordernder auftreten. Auch könnten die Bischöfe hier fruchtbar ihre Dialogfähigkeit unter Beweis stellen, und christliche Laien in politischen Ämtern hätten hier ein weites Betätigungsfeld, um ihre christliche Überzeugung für das Gemeinwohl nutzbringend einzubringen die Lektüre dieses Buches sei hierzu dringend empfohlen. Abschließend sei bemerkt, dass der Autor nur sehr spärlich und auch nur am Rande auf die kirchliche Lehre zu diesem Komplex eingeht. Dies ist sicherlich kein Mangel dieses Buches im Gegenteil. Zeigt es doch jedem Kundigen unausgesprochen, dass der gesunde Menschenverstand und die unverfälschte kirchliche Morallehre gut beieinander sind, wenn es darum geht, die dem Menschen wesenseigene Würde und sein Lebensrecht zu verteidigen, während die Befürworter der Euthanasie einem moralisierenden Sozialutilitarismus frönen, der in der praktischen Ausführung tödlich ist. Zusammenfassend lässt sich über Rehders Buch sagen, dass es eine wertvolle und kenntnisreiche Handreichung dazu ist, sich selbst und den eigenen Verstand vor Theorie und Praxis der „Todesengel“ und ihrer politischen und vulgärphilosophischen Helfershelfer zu schützen. Stefan Rehder, Die Todesengel. Euthanasie auf dem Vormarsch, Sankt Ulrich Verlag Augsburg, 192 Seiten. Zum Thema Dr. med. Raimund Klesse: Prof. Dr. Manfred Spieker: Tötungsfortschritte Das Angebot der professionellen Tötung von Verzweifelten ist kein Signal der Hoffnung für die Betroffenen, sondern der Beleg dafür, dass sie von der Gesellschaft aufgegeben wurden. So der niederländische Gesundheitsethiker Prof. Dr. Theo Boer im Interiew mit Stefan Rehder, Lebensforum 4. Quartal 2020, S. 8. Boer war (oder ist sogar?) ein Befürworter der Euthanasie als Notlösung in extremen Fällen qualvollen Sterbens. Durch die Entwicklung der Euthanasie in den Niederlanden ist er nun alarmiert. Er konstatiert, wie die “Legalisierung” einer Grauzone eine neue erzeugt, die nach fortschreitender Legalisierung der Euthanasie ruft, und beobachtet dabei verschiedene Stufen (1): Sterbehilfe aus Furcht vor einem schmerzhaften Sterben; (2): Sterbehilfe aus Furcht vor einem leidvollen Leben; (3) Tötung auf Verlangen aufgrund autonomer Selbstbestimmung; (4) Tötung ohne Verlangen aufgrund der Unterstellung eines solchen Verlangens: der Gnadentod. Sterbehilfe auf dem Vormarsch Was lange unvorstellbar war und durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts am Aschermittwoch 2020 ermöglicht wurde, ist Wirklichkeit: Die gezielte Normalisierung dessen, was nie normal sein kann, der sogenannten Sterbehilfe, ist voll im Gange. Bereits 2021 kam es zu 129 "Suizidbeihilfen" durch den Verein Sterbehilfe, so viele wie nie zuvour (...). Der Verein hat in den zwölf Jahren seines Bestehens 470 Mitgliedern beim Suizid geholfen, darunter auch jungen, nicht chronisch kranken Menschen. Wir rutschen auf der schiefen Ebene weiter hinab. Das "Deutsche Ärzteblatt" hat es als nicht problematisch angesehen, am 8. August eine Anzeige zu veröffentlichen, die Ärzte für solche "Dienstleistungen" sucht. Gerade für Ärztinnen und Ärzte, die nicht (mehr) in Vollzeit arbeiten, könnte diese Aufgabe "interessant" sein, ist zu lesen. Aus: Veit Neumann, Auf der schiefen Ebene bergab, in: Neue Bildpost 34/2022, S. 8. |
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