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BücherAllah Mahabba |
Lebensschutzhandbuch 2010 erschien im Bonifatius-Verlag, Paderborn, ein umfangreiches Handbuch für Lebensschutz und Lebensrecht, herausgegeben von Manfred Balkenohl und Roland Rösler. Auf ca. 670 Seiten in 45 Beiträgen entfalten 33 Autoren das Thema umfassend von der Abtreibung bis zu Embryonenschutz und Sterbehilfe. Die Autoren sind Manfred Balkenohl, Axel W. Bauer, Trautemaria Blechschmidt, Clemens Breuer, Tadeusz Guz, Hubert Hecker, Bruno Hügel, Hubert Hüppe, Claudia Kaminski, Martin Kastler, Susanne Kummer, Leo Lennartz, Manfred Libner, Peter Liese, Jürgen Liminski, Nathanael Liminski, Mechthild Löhr, Manfred Lütz, Martin Luteran, Bernd Posselt, Enrique H. Prat de la Riba, Walter Ramm, Markus Reder, Stefan Rehder, Hans Reis, Roland Rösler, Michael Schooyans, Walter Schrader, Thomas Schührer, Robert Spaemann, Regina Steinhardt, Herbert Tröndle und Rita Tsai. Wir wollen in loser Folge einige interessante Beobachtungen und Schlaglichter herausgreifen. I. Verhütungs- und Abtreibungsmentalität Walter Ramm widmet sich dem Thema Der Papst und die “Pille”. Er geht auf die Wirkungen der hormonellen Kontrazeption ein, auf die tötende Wirkung von Pille und Spirale und widerlegt die Legende, dass Verhütung die Abtreibung eindämme, gemäß dem Slogan: “Besser verhüten als abtreiben”. Der Zusammenhang zwischen Verhütungs- und Abtreibungsmentalität wird nicht nur von Kritikern behauptet, sondern auch von Befürwortern der Abtreibung eingestanden und ist durch empirische Erhebungen erhärtet. Ramm zitiert einen “der obersten Weltbevölkerungsplaner”, Christopher Tieze vom Population Council, der 1983 erklärte, dass zwischen Abtreibungs- und Empfängnisverhütungserfahrung auf Grund des gemeinsamen Zieles, das beide Maßnahmen verfolgen, nämlich der Vermeidung unerwünschter Geburten, eine hohe Wechselbeziehung bestehe. Abtreibungen nehmen laut Tieze an Häufigkeit zu als Rückversicherungsmaßnahmen im Falle des Versagens der Verhütung. II. Natur statt Chemie Walter Ramm erinnert in seinem Beitrag Der Papst und die “Pille” an die frühere Chefideologin der Frauenbewegung Germaine Greer, die 1970 in ihrem Buch Der weibliche Eunuch dazu aufrief, die “Vorteile der Chemie” zu genießen, um Spaß am Sex zu haben. Zwanzig Jahre später erkannte sie den Schaden, den der künstliche Eingriff in den weiblichen Hormonhaushalt und zügelloser Geschlechtsverkehr den Frauen zufügen: “Werdet wieder keusch, werft euch den Männern nicht mehr an den Hals.” “Besinnt euch bei der körperlichen Liebe auf die Natur. Vergeßt Pillen und Präservative, beachtet die Zeiten der Fruchtbarkeit” (Ramm zitiert aus der FAZ vom 2. Oktober 1984 und der Rheinpfalz vom 9. August 1986). Zum Thema Pille und Humanae vitae III. Missbrauch Über die Furcht einer SPD-Abgeordneten vor einem Missbrauch eigener Art berichtet Claudia Kaminski in ihrem Beitrag Die lautlose Katastrophe: Es handelt sich dabei um politischen “Missbrauch”, der mit Zahlen getrieben werden könnte, wenn man die Abtreibungsstatistik verbessern würde. Da beispielsweise Spätabtreibungen häufig als Totgeburten ausgegeben werden, bleibt die Wahrheit über das ganze Ausmaß des Abtreibungsverbrechens verborgen. Damit diese Wahrheit nicht zugunsten des Lebensschutzes “mißbraucht” wird, muss sie im Dunkeln bleiben. Und wie stellt sich die CDU dazu? Auch darüber gibt Frau Kaminski Auskunft: “Aus CDU-Kreisen hieß es dazu, die Bundesregierung lehne konkrete Zahlen rigoros ab, weil sie die damit verbundenen möglichen kritischen Rückfragen scheut” (S. 200). IV. Todeszelle Mutterleib “Todeszelle Mutterleib. Wir haben es tatsächlich weit gebracht. Und als wäre das nicht genug, lassen wir uns die Tötung wehrloser und unschuldiger Menschenauch noch eine Menge kosten. Mit rund 45 Millionen Euro subventionieren die Bundesländer Jahr für Jahr die „rechtswidrigen“ aber „straffreien“ Abtreibungen. 97 % der vorgeburtlichen Kindstötungen werden jährlich nach der Beratungsregelung durchgeführt. Claudia Kaminski, Die lautlose Katastrophe, im Handbuch für Lebensschutz und Lebensrecht, S. 199 V. Semantisches Trugwort “Beratungsschutzkonzept” Herbert Tröndle, renommierter Rechtswissenschaftler und langjähriger Herausgeber des 2500 Seiten starken Standardwerks Strafgesetzbuch und Nebengesetze, untersucht in seinem Beitrag zum Handbuch minutiös das “Beratungsschutzkonzept”, das an die Stelle des strafrechtlichen Schutzes trat, und dies mit dem Anspruch, effektiver das Lebensrecht des ungeborenen Kindes sicherzustellen. Er zeigt im Detail auf, wie und warum das Gegenteil eintrat und die Vokabel Beratungsschutzkonzept mithin zu einem semantischen Trugwort wurde, das den eigentlichen Sachverhalt, nämlich die de facto völlig schutzlose Preisgabe des Lebensrechts, verschleiert. Die Preisgabe besteht darin, “dass allein der Schwangeren, gleichgültig, was in der Beratung geschehen ist oder was sie ergeben hat, die Letztverantwortung über das Leben ihres Kindes überlassen ist: Die unüberprüfbare ‘Herrschaftsmacht über das Leben des Kindes’ (so Norbert Geist zitiert nach Rupert Hofmann, Lebensforum 3/98 S. 11) durchbricht das den modernen Staat schlechthin kennzeichnende Gewaltverbot für Private.” VI. Degenerierung zum Appell Herbert Tröndle erinnert in seinem schon erwähnten Beitrag daran, dass das Bundesverfassungsgericht im 2. Fristenregelungsurteil von 1993 “strafbewehrte Verhaltensgebote und -verbote” für unerlässlich hielt. Mit anderen Worten: Es sollte ein bestimmtes Verhalten bestraft werden, nämlich das Drängen zum Schwangerschaftsabbruch durch nahestehende Personen. Diese Auflage an den Gesetzgeber ist nie erfüllt worden. Inzwischen, so könnte man Tröndle ergänzen, hat sich das Verhältnis umgekehrt: Jene, die der Schwangeren helfen wollen, müssen sich gegen den Vorwurf, dieselbe zu bedrängen, gerichtlich zur Wehr setzen (ein Beispiel bringt der Film Maria und ihre Kinder). Tröndle zeigt anhand des erwähnten und weiterer Details, wie aus dem verfassungsrechtlichen Vorrang des Lebensschutzes des Kindes vor dem Selbstbestimmungsrecht der Mutter “ein bloßer Appell an die Schwangere übrig blieb, der immer dann erfolglos bleibt und erfolglos bleiben muß, wenn sie aus welchen Gründen immer diesem Appell nicht folgen will.” Er beklagt, dass “die kapitalen juristischen Mängel des Beratungskonzepts in der juristischen Literatur keinen zentralen Raum einnehmen”, sich auch Lebensrechtler mit dem Beratungsschutzkonzept abgefunden haben und die meisten Menschen “der Beratung und ihrer Bescheinigung nicht nur strafbefreiende, sondern rechtfertigende Wirkung” beimessen. Das Beratungsschutzkonzept hat also nicht nur nicht zu einem besseren Lebensschutz des Kindes beigetragen, sondern im Gegenteil zu einem wohl unaufhaltsamen “Verfall des Rechtsbewußtseins” geführt. Nur der unpopulären Intervention Papst Johannes Pauls II. ist es zu verdanken, dass die Kirche in Deutschland aufgehört hat, bei diesem Prozess mitzuwirken. VII. Töten ohne Verlangen Der Artikel Es gibt kein gutes Töten von Robert Spaemann gehört zu den Klassikern des Themas Euthanasie und ist Pflichtlektüre für jeden, der sich mit dem Thema beschäftigt. Mit der ihm eigenen Klarheit zeigt er Zusammenhänge auf, die von interessierter Seite gerne verschleiert werden. So zeigt er, wie “die Tötung auf Verlangen nur die Einstiegsdroge für die Enttabuisierung der Tötung ‘lebensunwerten Lebens’” ist und zitiert Walker Percy, für den Sentimentalität in die Gaskammer führt: “Sentimentalität ist die erste Maske des Mörders” (Percy, Thanatossyndrom): eine Beschreibung, die historisch auf die Etablierung der Euthanasie im Dritten Reich ebenso zutrifft wie die Entwicklung, die die Euthanasie in den Niederlanden genommen hat. Dort war Mitte der neunziger Jahre bereits ein Drittel der legal Getöteten solche, die nicht auf Verlangen, sondern aufgrund des Urteils von Ärzten und Angehörigen getötet wurden, wobei bereits Altersdepression als Rechtfertigungsgrund gilt. Spaemann macht auf Vorkämpfer aufmerksam, die immer ungenierter zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben unterscheiden, wie etwa der Philosoph Peter Singer, der dafür plädiert “‘missratene’ Säuglinge beiseite zu räumen, um für besser geratene Platz zu schaffen”. Spaemann zeigt, dass eine Legalisierung der Beihilfe zum Selbstmord eine Entsolidarisierung der Menschen bedeutet, die katastrophale Folgen für die Psyche Pflegebedürftiger hat: “Wo das Gesetz es erlaubt und die Sitte es billigt, zu töten oder sich töten zu lassen, da hat plötzlich der Alte, der Kranke, da hat der Pflegebedürftige alle Mühen, Kosten und Entbehrungen zu verantworten, die seine Angehörigen, Pfleger und Mitbürger für ihn aufbringen müssen.” Er erinnert auch an das Ergebnis wissenschaflicher Forschungen, wonach der Suizidwunsch in den meisten Fällen “nicht die Folge körperlicher Beschwerden und extremer Schmerzen ist, sondern der Ausdruck einer Situation des Sich-verlassen-Fühlens.” Und hier gilt: “Der Arzt repräsentiert dem Patienten gegenüber die Bejahung seiner Existenz durch die Solidargemeinschaft der Lebenden, auch wenn er ihn nicht zum Leben zwingt. Gerade in Situationen seelischer Labilität ist das Bewusstsein katastrophal, der Arzt oder auch der Psychiater könnten auf meinen Wunsch spekulieren, mich aus dem Weg räumen zu lassen, und insgeheim darauf warten, diesen Wunsch exekutieren zu können. Katastrophal ist schon der Gedanke, ich könne ihn überhaupt dazu bringen, dass er findet, ich solle nicht mehr sein.” Der Aufsatz erschien zuerst in Robert Spaemann, Thomas Fuchs, Töten oder sterben lassen? Worum es in der Euthanasiedebatte geht, Freiburg im Breisgau 1997; wieder abgedruckt im Sammelband: Robert Spaemann, Grenzen. Zur ethischen Dimension des Handelns, Stuttgart 2001. Dort sind zum Thema zwei weitere Aufsätze Spaemanns erschienen: Wir dürfen das Euthanasie-Tabu nicht aufgeben und Sind alle Menschen Personen? Über neue philosophische Rechtfertigungen der Lebensvernichtung. |
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