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Geprägt vom Reformkonzil

Die Mittwochskatechesen Papst Benedikts XVI. über die Kirchenlehrer der Neuzeit

Von P. Daniel Eichhorn

Die Mittwochskatechesen der Päpste sind mittlerweile eine jahrzehntealte und feste Institution, die aus dem Alltag Roms nicht mehr wegzudenken sind. Bereits am Dienstag nachmittag schwillt der Besucherstrom der Ewigen Stadt an, bis er am Donnerstag vormittag wieder abebbt: Das katholische Leben rund um den Vatikan bewegt sich im Rhythmus der Mittwochsaudienzen - was Rom von seiner katholischen Seite betrifft, gehört die Wochenmitte auch heute noch dem Papst. Die Pilger wollen Benedikt XVI. sehen, aber vor allem auch hören. Was er zu sagen hat, ruft Menschen aus nah und fern auf den Petersplatz oder in die Halle Pauls VI. In den Katechesen zeigt sich der Nachfolger Petri als Lehrer des pilgernden Volkes Gottes, der in möglichst einfachen Worten tiefe Wahrheiten und Einsichten des Glaubens aus einem reichen Priester- und Gelehrtenleben vermittelt. Daß Benedikt der Kirche schon jetzt eine gewisse Prägung auf längere Zeit gegeben hat, läßt sich bereits absehen. Daran wirken nicht nur die Pastoralreisen, persönlichen Begegnungen und die erneuerte Feierlichkeit und Sakralität seiner gottesdienstlichen Handlungen mit, sondern gerade auch sein Wort. Schon immer war Joseph Ratzinger ein Mann des Wortes. In seinem Amt als Papst steht dabei nicht seine eigene theologische Lehrmeinung oder persönliche Vorliebe im Mittelpunkt - wenngleich diese gelegentlich durchaus durchscheinen, was vollkommen legitim ist. Zentrum seiner Ausführungen ist immer das göttliche Wort selber, dem die Kirche und der Papst dienen. Versteht er sich doch als erster Zeuge Christi, als oberster Garant des apostolischen Glaubens. Dahinter steht die Einsicht, daß die Kirche nichts Größeres und Höheres bieten kann, als das Größte und Höchste schlechthin: Gott selbst nämlich. Zugleich entspricht es seiner Haltung persönlicher Bescheidenheit und Demut, welche die wahre menschliche Größe ist!

Aus der überaus großen Schar der Heiligen ernennt die Kirche einige sehr spezielle zu „Kirchenlehrern“ - Menschen, deren Lehre und Leben für die ganze Christenheit von ganz besonderer Bedeutung sind. Sie müssen sich auszeichnen durch Heiligkeit des Lebens und hervorragende Kenntnisse im Hinblick auf den Glauben bzw. die Theologie. Der Papst stellt uns sechs solcher Männer und zwei solcher Frauen als Kirchenlehrer bzw. Kirchenlehrerinnen ebenso sachkundig wie lebendig vor Augen. Damit fordert er uns gleichsam zur Beschäftigung mit diesen Gestalten des Glaubens auf. Ja, jeder Leser ist eingeladen, sich aus der Schar der Heiligen jene herauszusuchen, die ihm in besonderer Weise entsprechen und sie sich zu persönlichen Freunden und Lehrmeistern christlicher Weisheit zu machen. Die Texte des römischen Bischofs atmen dabei eine wirkliche Anteilnahme am Leben jener heiligen Lehrer, und sie offenbaren immer wieder auch das persönliche Empfinden Papst Benedikts.

Sämtliche jener sechs Kirchenlehrer und zwei Kirchenlehrerinnen, die der Heilige Vater uns vorstellt, sind Menschen der Neuzeit. Die meisten lebten in der Zeit von Spätrenaissance und Barock. Es ist die Zeit des Trienter Konzils (1546-1563) und danach, eine Periode, die stark von jenem Reformkonzil geprägt wurde und die Kirche zu neuer Blüte brachte. Nur die heilige Therese von Lisieux als Kind des 19. Jahrhunderts stammt aus späterer Zeit. Vereinigt sind sie also alle darin, daß sie in gewisser Weise „moderne Menschen“ sind. Aber was heißt das schon? Selbstverständlich hat jede Zeit ihre besonderen Anschauungen, Moden und Verhaltensmuster, ihre speziellen Vorlieben und eben für ihre Zeit „typischen“ Überzeugungen. Doch unbeschadet dieser eher vordergründigen Wandlungen gibt es etwas Bleibendes im Wesen des Menschen. Seine Bedürfnisse, Antriebe und Wünsche sind im Grunde doch immer die gleichen: Der junge Theologe Joseph Ratzinger spricht daher nicht nur vom „heutigen Menschen“, sondern eben gerade auch vom „allzeit einen Menschen“ [1]. Ja, vielleicht handelt es sich bei jenem „modernen Mensch“ letztlich um eine Chimäre, die noch niemand zu Gesicht bekam... Gerade deshalb aber, weil der Mensch im Grunde eben doch immer derselbe ist, ist die Lehre der hier vorgestellten acht Kirchenlehrer eine noch heute gültige, ja in gewisser Weise ewig gültige!

Ihre Lehre ist Weisheit und Erfahrung. Petrus Canisius und Robert Bellarmin, beide Jesuiten, waren Koryphäen der Wissenschaft. Doch Canisius wurde „allen alles“, er war auch ein Mann des christlichen Volkes mit viel Feinsinn und Gespür, wie der Papst aufzeigt: „In einem Augenblick der Geschichte, der von starken konfessionellen Gegensätzen geprägt war, vermied er, was außergewöhnlich ist, jede Bitterkeit und zornige Rhetorik – das war, wie gesagt, zu jener Zeit in den Auseinandersetzungen zwischen Christen selten“. Genau wie die Gestalt Joseph Ratzingers steht auch gerade Bellarmin als Professor in Löwen und Rom in besonderer Weise für die universitäre Theologie. Auch an der Höhe der Begabung ebenbürtig, wurden beide später Kardinäle der Römischen Kirche. Zwischen Bonaventura, Ratzingers großem theologischem Richtpunkt im Mittelalter, Bellarmin und Ratzinger bestehen auffällige Lebensparallelen.

Ihnen allen steht Teresa von Ávila als Mystikerin gleichsam gegenüber. Freilich wäre hier jedes Ausspielen gegeneinander von vorneherein verfehlt, denn das lebendige Christentum braucht beides: Das vernünftige Befragen des Glaubens durch den gläubigen Verstand des akademischen Theologen ist zweifellos von hoher Bedeutung.

Doch die Erfahrung des Mystikers durch die von Gott geschenkte „Beschauung“ ist letztlich noch höher zu werten. In gewisser Hinsicht ist dies zwar die Welt der Kontemplativen und des Mönchtums. Da sie aber in der Taufe ihren Ursprung hat, steht sie prinzipiell jedem Christen offen. Sie ist Theologie in Vollendung, höchste Theo-Logie, d. h. Erkennen Gottes und Sprechen mit ihm und von ihm. Denn Mystik ist gottgeschenkte Theologie, Wissen um Gott im Glauben, das Gott selbst gibt, ja, in dem sich Gott selbst dem Mystiker neu hingibt.

Daß letztlich kein Zwiespalt zwischen beiden Weisen der Gotteserkenntnis gibt, die uns der Papst vorstellt, besteht, zeigt uns Johannes vom Kreuz: In der Spannweite seiner Persönlichkeit stellt er gewissermaßen die verbindende Mitte dar zwischen wissenschaftlichem und eingegossenem Wissen um Gott, zwischen der Erfahrung des Mystikers und der Gelehrsamkeit des monastischen Theologen. Daher trägt er zu Recht den Ehrentitel doctor mysticus: „mystischer Lehrer“ bzw. Lehrer der Mystik. Beide Übersetzungsmöglichkeiten treffen jeweils einen Aspekt des hochbegabten Büßers, denn Juan ist beides: Einer, der Gottes mystische „Beschauung“ gleichsam am eigenen Leib in all ihrer scheinbaren Gottesferne und Herrlichkeit erfahren hat. Und genau deshalb war er in einzigartiger Weise fähig und berufen, jenes geheime Wirken Gottes an der Seele zu beschreiben und zu deuten: Aufgrund seiner wissenschaftlichen Ausbildung und seiner tiefen Vertrautheit mit dem Gotteswort der Heiligen Schrift war er in der Lage, sein eigenes mystisches Erleben in poetisches und systematisches Wort zu fassen. Insofern konnte er eine Art idealer Seelsorger für die Brüder und Schwestern des Ordens sein. Dementsprechend war er als einer ihrer Beichtväter zugleich auch der „Lehrer“ der heiligen Teresa von Ávila.

Zu Recht nennt der Papst ihre Schriften, die eine so angenehme Menschlichkeit atmen, eine „faszinierende Lektüre“. Gerade in ihren zeitlos gültigen Aussagen über die Würde und Notwendigkeit des Gebetes ist sie selbst wahrhaft Lehrerin der Kirche. Gebet ist für sie nichts anderes als ein Gespräch mit einem geliebten und liebenden Freund: „Bei Teresa handelt es sich nicht so sehr um eine Unterweisung im Gebet als vielmehr um eine ›Mystagogik‹: Sie lehrt den Leser ihrer Werke beten, indem sie selbst mit ihm betet; häufig unterbricht sie den Bericht oder die Darlegung, um ein Gebet hervorzubringen.“ Auch im Hinblick auf Canisius zeigt uns der Papst diesen so wichtigen Aspekt und die Bedeutung des gottesdienstlichen Lebens: „Das christliche Leben wächst nicht, wenn es nicht genährt wird durch die Teilnahme an der Liturgie, insbesondere an der heiligen Sonntagsmesse, und durch das tägliche persönliche Gebet, durch den persönlichen Kontakt mit Gott. Inmitten der tausend Aktivitäten und zahlreichen Anregungen, die uns umgeben, ist es notwendig, jeden Tag Augenblicke der Sammlung vor dem Herrn zu finden, um ihm zuzuhören und mit ihm zu sprechen.“

Die Katechesereihe endet mit der Katechese über die Heiligkeit. Sie rundet das Werk ab, ist gleichsam Ziel- und Höhepunkt des Ganzen. Sie systematisiert das Konkrete, das vorher dargelegt wurde. Bester Überzeugung entsprechend versteht der Pontifex Vollkommenheit nicht zunächst als Frucht meiner persönlichen Anstrengung, als Hau-Ruck eines asketischen Klimmzugs - wenngleich die Last persönlichen Bemühens immer vonnöten sein wird. Mit der Heiligen Schrift schildert er Heiligkeit wesentlich tiefer, seinshafter und so auch - schöner: Sie ist Teilhabe an Christus durch das Sakrament der Taufe, der durch Tod und Auferstehung einging in das herrliche Leben beim Vater: „Die Heiligkeit wurzelt also letztlich in der Taufgnade, im Eingepfropftsein in das Ostergeheimnis Christi, wodurch uns sein Geist, sein Leben als der Auferstandene mitgeteilt wird.“ Dies wird sichtbar im „kleinen Weg“ der Therese von Lisieux, jener so jung an Tuberkulose verstorbenen französischen Karmelitin: Sie zeigt „uns allen, daß das christliche Leben darin besteht, die Taufgnade durch die völlige Selbsthingabe an die Liebe des Vaters in Fülle zu leben, um wie Christus im Feuer des Heiligen Geistes seine Liebe zu allen Menschen zu leben.“

Zu welcher Ausgeglichenheit und Tiefe solch eine gelebte Existenz in Gott zu führen vermag, stellt uns der Papst anhand des heiligen Bischofs Franz von Sales lebendig vor Augen: „Von der Gestalt dieses Heiligen geht der Eindruck einer Erfüllung aus, die man nur selten findet. Sie zeigt sich in der inneren Ruhe seiner intellektuellen Suche, aber auch im Reichtum seiner Empfindungen, in der »Sanftheit« seiner Lehren, die einen großen Einfluß auf das christliche Gewissen hatten. Er verkörperte mehrere Bedeutungen des Begriffs »Menschlichkeit«, die dieses Wort damals wie heute annehmen kann: Kultur und Höflichkeit, Freiheit und Zärtlichkeit, Adel und Solidarität. Im Aussehen hatte er etwas von der Majestät der Landschaft, in der er lebte, und er bewahrte auch ihre Einfachheit und Natürlichkeit. Die altehrwürdigen Worte und Bilder, in denen er sich ausdrückte, klingen auch in den Ohren des heutigen Menschen ganz unerwartet wie eine vertraute Muttersprache.“

Zugleich spannt der Papst hier den Bogen hin zu den Heiligen des Alltags: den einfachen Menschen, die aus einer tiefen Liebe zu Gott und zum Nächsten leben - ohne, daß sie jemals heiliggesprochen werden. Es wird deutlich, daß es zunächst nicht einfach um Olympioniken in der Arena von Buße und Askese geht. Heiligkeit besteht auch nicht in Erscheinungen, mystischen Phänomenen und sonstigen Gnadengaben. Es ist schön, daß uns Benedikt XVI. einen kleinen Einblick in sein eigenes Inneres gewährt: Denn er bekennt, daß ihm solche bescheidenen, heiligmäßigen Menschen in seinem Leben stets viel bedeuteten. Gerade weil sie selbst die beste, nämlich die erfahrbarste Begründung des Christentums sind: „Es sind sozusagen gewöhnliche Menschen, ohne sichtbaren Heroismus, aber in ihrer täglichen Güte sehe ich die Wahrheit des Glaubens. Diese Güte, die im Glauben der Kirche in ihnen herangereift ist, ist für mich die sicherste Apologie des Christentums und das Zeichen dafür, wo die Wahrheit liegt. In der Gemeinschaft der Heiligen, seien sie zur Ehre der Altäre erhoben oder nicht, die die Kirche durch Christus in all ihren Gliedern lebt, erfreuen wir uns an ihrer Gegenwart und an ihrer Gesellschaft und hegen die unumstößliche Hoffnung, ihren Weg nachahmen zu können und eines Tages an ihrem glückseligen Leben, dem ewigen Leben, teilzuhaben.“ Eine solche einfache, schlichte Person war Therese von Lisieux - und gerade so wurde sie immer gottesfähiger: „Mit Demut und Liebe, Glauben und Hoffnung dringt Therese unablässig in das Herz der Heiligen Schrift vor, die das Geheimnis Christi enthält.“ Damit greift der Bischof von Rom erneut jenen Gedanken auf, den er bereits früher immer wieder äußerte: Die wahren Ausleger des biblischen Gotteswortes sind die Heiligen!

Letztlich geht es um ein Leben in der Fülle des Heiligen Geistes, jenes Gottesgeistes, der in der abendländischen Theologie, Verkündigung und Frömmigkeit nicht immer genügend wahrgenommen wurde. Gerade auch hier, in diesem pneumatischen Aspekt, hat Joseph Ratzingers Denken entscheidende Impulse beigetragen. Zu Recht lädt er alle Gläubigen dazu ein, „sich gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes zu öffnen, der unser Leben verwandelt, damit auch wir gleichsam Steine in dem großen Mosaik der Heiligkeit sind, das Gott in der Geschichte erschafft, damit das Antlitz Christi in vollem Glanz erstrahle.“

Dem Lepanto Verlag in Bonn und seinen Mitarbeitern gebührt Dank, daß er eine bibliophile Veröffentlichung jener Katechesen durchführt, die zuvor bereits von der Libreria Editrice Vaticana publiziert worden waren. Möge dadurch das Interesse an den Kirchenlehrern und Kirchenlehrerinnen in der Kirche neu bestärkt werden - und vor allem das Interesse an dem, was ihre bleibende Botschaft ist: Der Glaube an das Licht Gottes in dieser Welt, jener Glaube an Christus im Heiligen Geist, den uns Papst Benedikt XVI. immer neu lehrt! Jener Glaube, der zur Heiligkeit führt, die nichts anderes als „das Maß des christlichen Lebens“ ist.

Bettbrunn, zum Jahr des Glaubens, am 11. Oktober 2012
P. Daniel Eichhorn

Anmerkungen:

[1] Joseph Ratzinger, Debatte über das Offenbarungsschema, in: Klerusblatt 11 (1963) 209-210, hier 210.

Es handelt sich bei diesem Text um das Vorwort, das P. Daniel Eichhorn FSSP für das Buch Benedikt XVI., Kirchenlehrer der Neuzeit geschrieben hat. Das sehr ansprechend gestaltete Buch ist 2012 im Lepanto Verlag, Bonn erschienen.


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