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"Die Letzte am Schafott"

1931 erschien die Erzählung "Die Letzte am Schafott" von Gertrud von Le Fort. Neben der "Abberufung der Jungfrau von Barby" handelt es sich um die bedeutendste Novelle der Schriftstellerin, ein "singuläres und klassisches Meisterwerk der Novellistik" (Robert Faesi, zitiert in Sabine Düren, Die Frau im Spannungsfeld von Emanzipation und Glaube, Regensburg 1998).

Die Novelle knüpft an ein historisches Ereignis an, nämlich an das Martyrium der 16 Karmelitinnen von Compiègne, die am 17. Juli 1794 unter dem Schafott ihr Leben lassen mußten und 1906 von Pius X. seliggesprochen wurden, damals übrigens sehr zum Trost der bereits todkranken Elisabeth von Dijon.

In der Novelle machen die Karmelitinnen das Gelübde, ihr Leben Gott für die Bekehrung Frankreichs anzubieten. Le Fort entwirft nun unter den Nonnen die fiktive Gestalt der Schwester Blanche de la Force, im Karmel "de Jésus au Jardin de l'Agonie", die von Angst geplagt wird und schließlich das Kloster verläßt. Aber gerade sie ist es, die beim letzten Opfergang der singenden, dem Tod entgegengehenden Schwestern unter den Zuschauern ist und dann ihre Stimme erhebt, um den Gesang zu vollenden und der Märtyrerschar beigesellt zu werden. Auf sie war die Stimme der Novizenmeisterin Marie de l'Incarnation übergegangen, "welche die Seele des Opferwillens aller gewesen war", dann aber umständehalber zu ihrem eigenen Schmerz vom Martyrium verschont blieb und so zugunsten der einst Flüchtigen das Opfer des Opfers gebracht hatte.

Gertrud von Le Fort verarbeitet hier einerseits das Thema des stellvertretenden Sühnopfers und greift damit ein Thema auf, das in der Literatur nahezu ignoriert wird, wie Alois Oblinger in der Tagespost, die das Werk zu den fünfzig besten Romanen zählt, sehr schön ausführt. Andererseits bedeutet das Werk eine kritische Auseinandersetzung mit der Machtideologie des Nationalsozialismus. Die Französin Jeanne Ancelet-Hustache macht darauf aufmerksam, daß die Dichterin selber in ihren "Aufzeichnungen und Erinnerungen" bemerkte, daß die Novelle "in ihrer Seele geboren wurde zur Zeit der Gewaltherrschaft, als die Schatten, welche über Deutschland zogen, das nachfolgende schreckliche Geschick ahnen ließen. Was für ein Geschick dies war, weiß die ganze Welt. Die deutschen Katholiken haben furchtbar darunter gelitten, nicht nur, weil sie behandelt wurden wie Paria und Feinde, sondern mehr noch, weil sie erleben mußten, wie alle Naturrechte mit Füßen getreten wurden" (Ancelet-Hustache in: Heimkehr zur Kirche, Bd. II, Luzern 1957, S. 157).

Gertrud von Le Fort wurde am 11. Oktober 1876 in Minden in Westfalen geboren, wo zu jener Zeit ihr Vater, Lothar von Le Fort, ein aus Mecklenburg stammender preußischer Offizier, gerade stationiert war. Ihre Vorfahren stammten aus dem Piemont und kamen über Genf, wo sie sich dem reformierten Bekenntnis anschlossen, und Rußland nach Mecklenburg, wo ihr Vater bereits die fünfte Generation der Familie repräsentierte.

Nach Minden wohnte die Familie noch in Berlin, Koblenz, Hildesheim, Halberstadt, Ludwigslust. Gertrud studierte in Heidelberg Geschichte bei Hans von Schubert (1859-1931) und Religionsphilosophie bei Ernst Troeltsch (1865-1923), der von 1894 bis 1914 Professor an der Theologischen Fakultät war. Später hörte sie auch Karl Jaspers. Zu einem Schlüsselerlebnis wurde ihr kurz nach dem Ersten Weltkrieg die zufällige Lektüre einer Ausgabe der von Carl Muth herausgegebenen Zeitschrift "Hochland". Sie empfing einen Eindruck des Katholizismus als geistliche Heimat, in dem sie auch alles das wiederfand, was sie an Wertvollem in ihrer protestantischen Frömmigkeit besaß. 1921 las sie Guardinis "Vom Geist der Liturgie", 1922 zog sie nach Baierbrunn bei München und lernte zwei Jahre später Theodor Haecker kennen, das Jahr darauf Erich Przywara SJ, beide Mitarbeiter des "Hochland". 1926 konvertierte sie schließlich zur katholischen Kirche während eines ihrer häufigen Romaufenthalte. Zuvor hatte sie noch in Absprache mit Martha Troeltsch die 384 Seiten starke "Glaubenslehre" Troeltschs nach dessen Tod herausgegeben, basierend auf ihren eigenen Mitschriften von dessen Vorlesungen. Dabei war Troeltsch mit seinem Historismus wesentlich weiter vom Katholizismus entfernt als seine Schülerin.

Nach ihrer Konversion gelangte Le Fort zum Höhepunkt ihres Schaffens, so daß sie Hermann Hesse 1949 für den Nobelpreis in Literatur vorschlug. Er bezeichnete sie als "die wertvollste, begabteste Vertreterin der intellektuellen und religiösen Widerstandsbewegung" in Hitler-Deutschland und schätzte ihre Dichtkunst noch höher ein als die der Norwegerin Sigrid Undset, die, ebenfalls Konvertitin, 1928 den Nobelpreis erhalten hatte.

Ihre historischen Romane sind geschichtliche Verkleidungen, in denen sie aktuelle Probleme verarbeitet. Sie "hat das Zeitgeschehen aber auch unmittelbar, ohne historische Verkleidung, dargestellt: die Zerbombung der Städte und das Dilemma der Atomphysik in Am Tor des Himmels, die Judenvernichtung in Das fremde Kind, den Massenmord von Oradour in Die Unschuldigen, die Flüchtlingsnot in Die Verfemte. In allen ihren Dichtungen ruft Gertrud von le Fort zur Solidarität mit den Geschlagenen, Verfolgten, Flüchtenden, Unterdrückten und Überherrschten" (Gisbert Kranz, in: Lexikon der christlichen Weltliteratur, Freiburg i.Br. 1978, Sp. 634).

1941 wurde Oberstdorf ihr endgültiger Wohnsitz, wo sie am 1. November 1971 starb.

"Die Letzte am Schafott" dürfte ihr Werk sein, das künstlerisch am meisten nachgewirkt hat. Georges Bernanos verarbeitete den Stoff zu seinem Drehbuch "Les Dialogues des Carmélites" ("Die begnadete Angst"). Den Film konnte er wegen seines Todes 1948 nicht mehr verwirklichen. Dafür sorgten 1960 Philippe Agostini und Raymond Leopold Bruckberger ("Opfergang einer Nonne"). Die Bühnenfassung erarbeiteten 1961 Albert Béguin und Marcelle Tassencourt. Francis Poulenc (1899 - 1963) gestaltete 1957 aus dem Werk Bernanos' die auch noch in den letzten Jahren erfolgreich laufende gleichnamige Oper. Eine weitere Bearbeitung erfuhr der Stoff im Drama "Gesang am Schafott" des Amerikaners Emmet Lavery.


Update zur Letzten am Schafott

Die Oper Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc nach dem gleichnamigen Werk von Georges Bernanos und der Novelle Die Letzte am Schafott von Gertrud von Le Fort wurde im Januar 2008 gleich zweimal aufgeführt: an der Staatsoper Hamburg am 18., 20. und 27. Januar nach der Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff unter der musikalischen Leitung der Intendantin Simone Young, und am 19., 21., 23., 26., 29. und 31. Januar in Wien nach der Inszenierung von Robert Carsen.

In einer Rezension heißt es dazu: “Der tiefgläubige Katholik Francis Poulenc (1899-1963) schuf seine zweite Oper unter dem Eindruck einer neuen katholischen Glaubensbewegung nach dem zweiten Weltkrieg. Der 1957 an der Mailänder Scala uraufgeführte Dreiakter thematisiert neben einer katholischen Frömmigkeit vor allem die Angst als treibende Kraft der modernen Existenz.”

Im Verlag Petra Kehl ist inzwischen eine andere Novelle von Gertrud von Le Fort als Hörbuch erschienen: Die Frau des Pilatus, die im Matthäusevangelium ihren Mann vor der ungerechten Verurteilung Jesu warnt und die der Legende nach Christin wurde und den Namen Claudia Procula trug. Le Fort hat diesen Stoff um Schuld und Sühne eindrucksvoll verarbeitet.


Reaktionen auf die Oper

Poulencs Oper "Gespräch der Karmeliterinnen" (“Dialogues des Carmélites”), die in Wien aufgeführt wird ist von Publikum und Kritik begeistert gefeiert worden. Christoph Irrgeher von der Wiener Zeitung fand sie großartig, Wilhelm Sinkovicz von der “Presse” sensationell. Dabei geht es in der Oper nicht wie üblich um Liebe, sondern um Angst, und auf ihrem Hintergrund um, wie Sinkovicz treffend beschreibt, einen “Kampf um die menschliche Erhabenheit”, ein Thema, das er in einen interessanten Zusammenhang stellt: “Nun lässt sich kaum behaupten, das von Jaspers ausgerufene ‘Zeitalter der Angst’, von W. H. Auden im wahrsten Sinne des Wortes poetisch ‘verdichtet’, sei nach 1945 irgendwann zu Ende gegangen. Die Reaktion des Publikums auf Poulencs Oper, die dieser Angst Bild und Klang verleiht, beweisen, als wie aktuell solch künstlerischer Befund empfunden wird.”

Edwin Baumgartner weiß in der Wiener Zeitung über Poulenc zu berichten, dass dieser “keineswegs weltabgewandt” war, da er sich auf der Seite der Résistance gegen die nationalsozialistische Besatzungsmacht und das Vichy-Regime engagiert und Gedichte des ebenfalls der Résistance nahestehenden Paul Eluard vertont habe. Zur Oper: “Poulenc lässt das Geschehen fast ausschließlich in Gesprächen ablaufen, für die er eine melodische Deklamation von berückender Schönheit erfindet.”

Gerühmt wird auch die Leistung des Dirigenten Bertrand de Billy. Auf ihn geht letztlich die gegenwärtige Aufführung der Oper zurück: “Ich habe die Oper Intendant Roland Geyer vorgeschlagen, weil ich von ihr absolut überzeugt bin, weil sie mich mein Leben lang beschäftigt hat”, bekannte er in einem Kurier-Interview.


Der jüdische Blutstropfen in uns

1934 wurde Ruth Schaumann von den Nazis aufgefordert, für die Neuauflage ihres Romans „Amei“ ein Kapitel herauszunehmen. Es beschreibt eine Situation, in der ein Mädchen einem Jungen, der sich verletzt hat, hilft und ihn nach Hause begleitet. Es stellt sich heraus, dass seine Familie Juden sind, da das Mädchen als Dank einen jüdischen Segen von dem Vater erhält. Schaumann entschied sich, das Kapitel nicht zu streichen mit der Begründung: „Ein Blutstropfen des kleinen Buben kreist wohl auch in meinem Blutkreislauf, seitdem ich den Herrn empfangen habe, der aus demselben Blut stammt.“ Schaumanns Buch wurde daraufhin nicht mehr verlegt. Heute ist das literarische Trio [Gertrud von le Fort, Ruth Schaumann, Werner Bergengruen] beinahe gänzlich unbekannt. Zu Unrecht, da ihre Geschichten – fast könnte man sagen prophetisch – in unsere Gesellschaft hineinsprechen.

Aus einem Bericht der Tagespost vom 31. Oktober 2019 über eine Literaturtagung im Stift Heiligenkreuz.


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