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Das katholische Christentum im Gegenüber zum Hinduismus Von Paul Hacker Vorbemerkung: Bei der Transkription indischer Wörter habe ich mich mehr als in wissenschaftlichen Veröffentlichungen sonst üblich, der deutschen Schreibweise der Laute angepaßt (z. B. Wischnu, Schiwa), obwohl dabei feine Unterscheidungen unbezeichnet bleiben. Ich bin dabei jedoch nicht so weit gegangen wie die (nirgends gebräuchliche) Transkription der Brockhaus-Enzyklopädie. Die stimmhafte palatale Affrikata, die im Deutschen fehlt, habe ich auf englische Weise mit j bezeichnet (also wie j in engl. just oder wie g in engl. register zu sprechen). Dafür ist dann der deutsche j-Laut auch auf englische Weise, also mit y ausgedrückt. Lange Vokale, die für die indische Aussprache wichtiger sind als unser sog. Akzent, sind überall angegeben, und zwar mit einem Strich über der Zeile (z. B. Schùdra) [Da mir hier dieses Zeichen nicht zur Verfügung steht, wähle ich statt des Strichs den Gravis: ù. ER]. In ein paar Fällen ist die Betonung angegeben, z. B. Kérala, wobei die betonte Silbe zugleich lang ist. Moderne indische Namen, die in anglisierter Umschrift üblich sind, werden in dieser gegeben. Solange es eine wissenschaftliche Indienkunde, eine Indologie, gibt, gehört zu ihrem Forschungsbereich auch das Thema "Indien und das Christentum" in seinen mannigfaltigen Aspekten. Zwar ist es infolge der großen Vielfalt der Fächer, die die Indologie bilden, nur selten und zudem noch in sehr verschiedener Weise behandelt worden; aber da eine Eigentümlichkeit der indischen Kulturen darin besteht, stark religiös bestimmt zu sein, darf die Wissenschaft von diesen Kulturen eine Religion, die seit anderthalb Jahrtausenden, ja vielleicht seit 1900 Jahren in Indien bodenständig ist, nicht unbeachtet lassen. Ich beschränke mich in meinen Ausführungen vorwiegend auf die Zeit nachdem zweiten Weltkrieg, und ich betrachte das Christentum im Gegenüber zum Hinduismus. Hinduismus ist heute ein in allen Sprachen gebräuchliches Wort. Es ist im 18. Jahrhundert in Bengalen aufgekommen, um die einheimischen Religionsformen vom Islam zu unterscheiden. Denn ist ist abgeleitet von Hindù, einem persischen Wort, das heute zwar einen Angehörigen der Hindu-Religion oder der Hindu-Religionen bezeichnet, ursprünglich aber ethnisch einen "Inder", einen Bewohner des Landes am Fluß Indus und östlich desselben meinte. Der Ursprung des Begriffs "Hinduismus" als Name einer Religion war also das Bedürnis einer negativen Abgrenzung. Schon daher werden Sie verstehen, daß es sehr schwierig ist, positiv zu sagen, was Hinduismus ist, und zwar heute schwieriger als je zuvor. Ein traditionell denkender moderner Hindu, also keineswegs ein Hindu-Modernist, konnte den Hinduismus nicht anders definieren als mit dem Satz: Hindu ist ein in Indien geborener Mensch, der Hindu sein will [1]. Diese fast leere Definition beleuchtet die Verlegenheit gegenüber der ungeheuren Vielgestaltigkeit, welche der Hinduismus darstellt: Religiöse Lehrsysteme, durch gemeinsame Anschauungen und Praktiken verbundene Gruppen, Kultformen, Zeremonien, spirituelle Praktiken. Angesichts dieser Unübersehbarkeit kann man sagen: Sooft man über den Hinduismus eine verallgemeinernde Aussage gemacht hat, muß man meistens hinzufügen, daß das Gegenteil, wenigstens in gewissem Grade, auch richtig ist. Verschiedene bodenständige und eingewanderte Religionen sind im Laufe von Jahrtausenden durch unzählige Austausch- und Assimilationsprozesse zusammengewachsen. Eine Einheit kann man das ganze nur in geographischer und kultureller Hinsicht nennen. Modernisierte Inder behaupten, es gebe eine Einheit, ja eine Universalität des Hinduismus. Aber bezüglich der Einheit ebenso wie bezüglich der Universalität kommt man der Wahrheit bedeutend näher, wenn man sie bestreitet, als wenn man sie behauptet, wie es die Nationalisten Indiens tun. Innerhalb des Hinduismusgibt es krasseste Gegensätze: wüst sexualistische Kulte neben strengster Askese, Polytheismus neben mehreren Formen von Quasimonotheismus und Geistmonismus, Religionsphilosophie von bedeutender geistiger Höhe neben krasser Magie, komplizierter Ritualismus neben ritenloser mystischer Versenkung. Ich muß hier auch die vielgerühmte Hindu-Toleranz erwähnen. Sie ist meist etwas anderes als Toleranz, nämlich das, was ich Inklusivismus nenne: Beanspruchung von etwas Fremdem als etwas Eigenem [2]. Tolerant ist der Hindu im allgemeinen in der Politik, aber auch hier mit Einschränkungen; sonst kommen neben einem praktischen gegenseitigen Sichgeltenlassen auch Fälle von extremer Intoleranz vor. Um von der Vielheit der Hindu-Götter wenigstens einige wichtige zu erwähnen, nenne ich zunächst die Dreiheit von Brahmà (nicht zu verwechseln mit dem neutralen Brahman), Wischnu und Schiwa. Brahmà wird oft als der Schöpfer erklärt - er schafft aus einer Urmaterie, nicht aus dem Nichts -, Wischnu als Erhalter und Schiwa als Zerstörer: er zerstört die Welt bei den periodischen Weltuntergängen, auf die dann immer wieder eine Neuschöpfung folgt: Aber die ist nur eine Abart des Hinduismus, allerdings eine in neuerer Zeit ziemlich verbreitete und im Westen ziemlich bekannte. Es ist einer von den Versuchen, etwas Einheit in die wimmelnde Vielfalt zu bringen. Es ist keineswegs Teil eines Glaubensbekenntnisses des Hinduismus; ein solches gibt es nicht (obwohl - auch hier muß die Verallgemeinerung sogleich eingeschränkt werden! - in neuester Zeit in Nachahmung des Christentums Hindu-Katechismen verfaßt worden sind). Wer z. B. Wischnu als den höchsten Gott verehrt, für den ist Wischnu sowohl Schöpfer als auch Erhalter als auch Zerstörer. Entsprechend steht es bei den Schiwaiten. Speziell Brahmà verehrende Inder gibt es seit ungefähr anderthalb Jahrtausend nicht mehr. Erwähnenswert ist noch, daß die Große Göttin, genannt Kàlì, Durgà und mit vielen andern Namen, nicht wenige Verehrer hat, besonders in Bengalen. Es gibt auch viele Hindus, die keinem der großen Götter besonders anhangen. Hinduismus ist ja immer auch Polytheismus, und selbst ein Hindu, der einem der großen Götter allein zugetan ist, leugnet die Existenz anderer Götter nicht. Darum kann man hier nur von Quasi-Monotheismus sprechen. Organisationen, etwa eine Wischnu- oder eine Schiwa-Kirche, gibt es nicht - gäbe es sie, so würden sie sofort in mehrere Denominationen auseinander fallen, denn auch der Wischnuismus und der Schiwaismus sind in sich keine Einheit. Dagegen ist die Sozialstruktur, das bekannte Kastensystem, eine Art Organisation, und dieses System hat eine religiöse Dignität. Zwar hat eine Kaste im allgemeinen keine Verpflichtung gegenüber einer bestimmten Gottheit, aber das Kastensystem als ganzes gilt als vom höchsten Gott gegründet. Die oberste Kaste (die der Brahmanen) hat, wenigstens in der Theorie, spezifisch sazerdotale Funktionen, und Verstöße gegen die Kastenordnungen gehören zu dem Bereich, den wir dem Religiösen zurechnen würden. Seit alter Zeit gibt es theoretisch drei Kasten: die Brahmanen (eigentlich Religionsdiener; gewisse Funktionen im Tempel und gewisse Zeremonien kann nur ein Brahmane ausführen), die Kschatriyas (der Kriegeradel) und die Waischyas (Handler, auch Bauern). Diese drei Kasten sind Arier, der Theorie nach Nachkommen jenes Volkes, das vor 1000 v. Chr. aus Iran nach Indien einwanderte. Als vierte Kaste stehen unter ihnen die Schùdras, ursprünglich Diener der Arier, Nachkommen der Unterworfenen. In Wirklichkeit ist diese theoretische Aufteilung heute fast bedeutungslos, und schon in früheren Zeiten hat es sogar Fürsten gegeben, die Schùdras waren. Ferner gibt es nicht nur vier, sondern mehrere tausend Kasten. Theoretiker erklären sie als Mischungen zwischen den vier. Und schließlich. gibt es noch Hindus, die unterhalb des ganzen Systems ihren Platz haben. Das sind die Kastenlosen, die Unberührbaren. Aber unter ihnen gibt es auch wieder verschiedene Gruppen. Die Kastenlosen müssen sich mit den verachtetsten Berufen zufriedengeben. Die Anhängerschaft der großen Götter kann durch mehrere Kasten hindurchreichen, und es hat sogar religiöse Lehrer gegeben, die Unberührbare waren. Ein weiterer Grundbegriff, der erwähnt werden muß, wenn auch nur ein oberflächlicher Eindruck vom Hinduismus vermittelt werden soll, ist der des Karman (so die Stammform, der Nominativ ist karma) und damit zusammenhängend der der Seelenwanderung. Die Vorstellungen von Karman und Seelenwanderung sind zwar nicht ausschließlich hinduistisch; denn erstens teilen die Hindus sie mit den Buddhisten und Jainas, und zweitens gibt es heute Inder, die sich mit Nachdruck Hindu nennen, aber den Glauben an Karman und Seelenwanderung ablehnen. Dennoch bleiben die beiden Vorstellungen für die Hindus charakteristisch, weil sie zu den wenigen Denkbildern gehören, die viele Jahrhunderte lang allen oder fast allen Hindus gemeinsam gewesen sind. Hindus (ebenso auch Buddhisten und Jainas) glauben, daß eine Tat nicht durch die Zeit, in der sie geschieht, ins Nichts verweht wird, sondern daß sie nachwirkt, etwas schafft. Jede Tat ist ein Werk. Die Art dieses Nachwirkens pflege ich in etwas simplifizierender Weise so zu erklären (ich betone, das ist eine Interpretation, es sind nicht die indischen Begriffe selbst): Die Tat gerinnt, während sie verläuft, sozusagen zu einem subtilen, ungreifbaren, unstofflichen Wirkstoff (nur die Jainas denken sich die Nachwirkung einer Tat sogar stofflich). Dieser haftet der menschlichen Seele an, auch über den Tod hinaus (auf die verschiedenen Vorstellungen, die ich hier vereinfachend unter dem Begriff „Seele" begreife, kann ich nicht eingehen). Er bestimmt, je nachdem er positiv oder negativ qualifiziert ist, die Art der Wiederverkörperung der Seele, ihr Schicksal in der nächsten Existenz und oft über viele Wiederverkörperungen hinaus (hierbei kann ich auf die Begriffe der positiven und negativen Bestimmtheit nicht näher eingehen und begnüge mich mit der Anmerkung, daß das Positive weitgehend mit dem übereinstimmt, was in natürlicher Sittlichkeit gut ist). Alle diese Vorgänge verlaufen automatisch, gemäß der inhärenten moralischen oder kultischen Qualität des Tuns. An einen göttlichen Richter ist nicht gedacht; einige Religionsgruppen glauben, daß der höchste Gott die Wiederverkörperung überwacht, damit die Automatik ordnungsgemäß abläuft. Zum Schluß noch ein radikaler struktureller Unterschied vom Christentum. Wir sind, besonders in der katholischen Kirche, gewohnt, daß die Religion in all ihren Aspekten eine innere Einheit darstellt. Offenbarung, Glaubens- und Sittenlehre, Theologie, öffentlicher Kultus, privates Gebetsleben, religiös-ethisches Verhalten, Spiritualität, Mystik, Kirchenrecht, die faktische Leitung der Kirche durch den Papst und die Bischöfe: all das ist eine geistige Einheit. Selbst die vielen Verhaltensweisen, die man als Volksfrömmigkeit bezeichnet, sind durch die Theologie von den Sakramentalien in die Einheit und Ganzheit gebunden. So etwas ist dem Hinduismus fremd. Es gibt z. B. unzählige Zeremonien, verschieden von einer zur andern Gruppierung, es gibt Tempelkultus vor Götterbildern, es gibt unserer Theologie vergleichbare Systeme, es gibt Mystik. Aber daß eine solche Theologie etwa den Sinn dieser oder jener Zeremonien oder des Kultus überhaupt von einer Zentralidee aus deutete oder auch für den Idolkultus Grundsätze aufstellte dafür gibt es höchstens einige Ansätze (auch hier wäre eine absolute Verallgemeinerung falsch!). Viele Handbücher erklären, wie Zeremonien und Riten ausgeführt werden sollen; aber den Sinn dieser Vollziehungen erklären sie nicht. Auch die Handbücher für Recht und Sitte stellen fast nur Normen auf. Es fehlt also dem Hinduismus die Einheit: leicht verständlich, wenn man bedenkt, daß er in Jahrtausenden in dem weiten Lande allmählich gewachsen ist und keinen Stifter kennt. Paradoxerweise wird er aber von nationalistischen Neo-Hindus als die Universalreligion angepriesen, ausgezeichnet durch eine tiefe Einheit, die durch eine monistische Philosophie konstituiert werde. Und in Nachahmung der christlichen Mission ziehen seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts Hindu-Missionare nach Europa und Amerika, um ihren philosophischen Einheits-Hinduismus zu predigen [3]. Ich habe versucht, soweit es mit ein paar Strichen möglich ist, eine Skizze zu entwerfen von dem Hinduismus dem traditionellen, lebendigen Hinduismus , dem das Christentum heute in Indien gegenübersteht. Dieses Gegenüber bzw. das Zusammenleben der Christen mit den Hindus ist für das indische Christentum heute zunächst deswegen von großer Bedeutung, weil die Hindus die weitaus größte Religionsgruppe Indiens darstellen (etwa 83 %; der Anteil der Muslims beträgt dagegen etwa 11-12 %), [Das stimmt mit den Zahlen überein, die das GEO-Themenlexikon Band 1, Mannheim 2006, angibt: 80% Hindus, 11% Muslime] aber auch aus Gründen, die sich im Laufe der weiteren Ausführungen zeigen werden. Vom Standpunkt der Mission aus wären die in Rückzugsgebieten lebenden Primitivstämme (heute àdivàsì's, Ureinwohner genannt) von besonderem Interesse, weil fast allein in ihren Gebieten die Mission noch Erfolge hat. Aber wegen des Druckes, den die Zahl der Hindus ausübt, und wegen der kulturellen wie auch der religiösen Bedeutung dieser Gruppe ist das Zusammenleben mit ihr für die Christen Indiens von lebensentscheidender Bedeutung. Daher die Einschränkung meines Themas auf den Hinduismus, nicht weil die Àdivàsìs Forschungsobjekt der Ethnologie und nicht der Indologie sind. Für das Christentum beschränke ich mich auf die Katholiken, soweit nicht besondere Gründe die Erwähnung anderer Konfessionen erfordern. Ich möchte das Christentum im Gegenüber zum Hinduismus betrachten. Es ist zwar indisches Christentum, von dem ich spreche, aber insbesondere beim katholischen Christentum kann nicht vergessen werden, daß es die Erde umspannt. Will ich es in der richtigen Perspektive sehen, so muß ich die Wissenschaft, die von ihm handelt, anwenden. So wenig wie ich ein zum Hinduismus gehöriges Religionssystem adäquat betrachten kann, ohne die ihm zugeordnete Theologie (oder Religionsphilosophie) in Betracht zu ziehen, so wenig kann ich das indische katholische Christentum ohne Bezug auf die Theologie beurteilen. Hier muß also der Bereich der Indologie überschritten werden. Zunächst einige äußere Daten. Das Christentum in Indien macht im ganzen etwa 2,5-2,6% der Bevölkerung aus, und davon entfällt etwas mehr als die Hälfte auf die römisch-katholische Kirche, der heute ca. 10 Millionen Seelen angehören (Statistik vom 31. 12. 1976: 9 537 000 = 1,6% der Gesamtbevölkerung). [Neuere Zahlen: 1995: 13 424 000 Katholiken, das sind 1,49%, cf. LThK 5.Bd., 3. Auflage von 1996, Sp. 456; heute sind es ca. 15 Millionen]. Sie sind unter sich von sehr verschiedener Art, was in dem riesigen Lande und im Blick auf seine lange Missionsgeschichte nicht verwunderlich ist. Die meisten Christen wohnen im äußersten Süden, in dem Lande, das heute Kérala heißt. Dort beträgt der Anteil der Christen aller Konfessionen an der Gesamtbevölkerung etwa 30% [2001 waren laut offiziellen Angaben von den ca. 31840000 Einwohnern ca. 6057000 Christen]. Hier lebt auch die älteste Christengruppe Indiens, die sogenannten Thomas-Christen. Sie betrachten den Apostel Thomas als den Gründer der Kirche in Südindien. Die Legende, welche die Bekehrung dieser Inder durch den Apostel erzählt, ist nicht unglaubwürdig, aber auch nicht gesichert. Fest steht, daß etwa seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. in Südindien Christen ansässig waren. Sie hatten das Syrische als Kirchensprache. Sind die Vorfahren der heutigen Thomaschristen nicht von dem Apostel Thomas missioniert, sondern erst im 5. Jahrhundert Christen geworden, so ist es möglich oder wahrscheinlich, daß sie von Anfang an Nestorianer waren. Jedenfalls erscheinen sie später als Nestorianer, was sehr leicht verständlich ist; denn die Nestorianer waren diejenige Christengruppe, die Indien am nächsten wohnte, die in Persien zeitweilig eine beachtliche Stärke hatte und ihre Mission sogar bis nach China ausgebreitet hat. Ob allerdings der Nestorianismus dieser Christen einen großen Unterschied zum katholischen Christentum aufwies, ist fraglich. Denn als im 16. Jahrhundert römisch-katholische Portugiesen in Südindien erschienen, war die Union der dortigen Christen mit Rom kein Problem (erst später traten Mißhelligkeiten auf, und aus andern als dogmatischen Gründen). Heute gibt es in Südindien eine vielfach gespaltene Christenheit. Viele haben die Union mit Rom wieder aufgehoben, haben sich dann untereinander gespalten, und einige haben sich den Anglikanern angenähert. Doch nimmt die Bewegung zur Union mit der römisch-katholischen Kirche dauernd zu; im Jahre 1971 waren 69% der 4,5 Millionen Christen Kéralas römisch-katholisch. In dieser Zahl sind sowohl mit der katholischen Kirche unierte Thomaschristen enthalten als auch Christen, die aus der lateinisch-katholischen Mission hervorgegangen sind. Auch außerhalb Kéralas sind in Südindien die Christen relativ zahlreicher als im Norden. Im Süden ist von der alten Mission immerhin etwas geblieben, während es im Norden, abgesehen von den Gegenden der Primitivstämme (Adiväsis), Landstriche gibt, in denen der Anteil der Christen an der Bevölkerung etwa 1 Promille oder noch geringer ist. Die ungleiche Verteilung der Katholiken über das weite Land und die Unterschiede der Missionsgeschichte schufen unter den relativ wenigen Katholiken Indiens große Unterschiede. Dazu gab es noch drei verschiedene Gottesdienstordnungen: neben der lateinischen gab es im Süden zwei verschiedene Riten, die ursprünglich in syrischer Sprache verfaßt waren. Wenden wir uns nun der Betrachtung der indischen Christenheit, insbesondere des Katholizismus, nach der Selbständigwerdung Indiens im Jahre 1947 zu. Die religiöse Lebendigkeit, insbesondere der südindischen Christen, war in den fünfziger Jahren außerordentlich groß. Ein Maßstab für solche Lebendigkeit ist in katholischen Ländern immer die Zahl der jungen Männer, die den Priesterberuf anstreben. In Südindien mußten damals 70% der Anträge auf Zulassung zum Studium an einem Priesterseminar abgelehnt werden, weil die vorhandenen zehn Seminare überfüllt waren. Die Zahl der Priester, die in Südindien ausgebildet und geweiht wurden, war so groß, daß man erwarten konnte, bald keine ausländischen Missionare in Indien mehr zu benötigen, so daß Indien sich künftig selber missionieren werde, daß südindische Priester nach dem Norden ziehen und dort die bisher von Europa und Amerika durchgeführte Mission übernehmen könnten. Tatsächlich hat sich damals schon eine innerindische Missionsgesellschaft gegründet, deren englische Bezeichnung "Indian Missionary Society" ist, deren Mitglieder sämtlich Südinder sind und die sich im Norden in einem der Hauptzentren des Hinduismus, nämlich in Banaras niedergelassen hat. Doch kann ich gleich vorwegnehmen, daß die Hoffnungen, die man auf diese Gesellschaft setzen konnte, nicht erfüllt wurden. Das liegt nicht daran, daß, nachdem das Land selbständig geworden war, die Lebensbedingungen der Christen in Indien sich etwas verschlechtert haben, sondern es hat innere Gründe, auf die wir zurückkommen werden. Während der britischen Kolonialzeit war die Mission von der Kolonialmacht keineswegs begünstigt worden; im Gegenteil, die Engländer wollten lieber mit Hindus und Muslims als mit indischen Christen zu tun haben. Die Mission hat sich vielfach im Gegensatz zur Kolonialmacht entwickeln müssen. Der Grund der geringen Zahl der Bekehrungen war nicht die Kolonialherrschaft, sondern einfach der, daß Indien unter Fremdherrschaft stand und daß die Missionare großenteils aus dem Lande der fremden Herren kamen (wobei hinzukommt, daß einfache Inder zwischen den verschiedenen Ländern Europas noch heute kaum unterscheiden). Alle Sitten und Lebensgewohnheiten der Missionare, ihre ganze Erscheinung betonte die Fremdheit, und Fremdheit bedeutet für den Hindu schon als solche eine religiös negative Beschaffenheit (denn, im Widerspruch zu der neohinduistischen Kulturpropaganda, strebt der Hinduismus nicht nach Weite und Universalität, sondern, schon in seinem eigenen Bereich, nach Abgrenzung und Exklusivität); ein streng traditionell denkender Hindu wird z. B. nie nach dem Westen reisen. Fremde blieben die Missionare auch im selbständigen Indien, obwohl einige von ihnen die indische Staatsangehörigkeit erwarben. Zur Kontrastierung erinnern wir uns eben an den Einbruch der Muslims in Indien. Auch sie waren Fremde, auch sie hatten Lebensgewohnheiten, die den Hindus ein Greuel waren. Aber sie taten etwas, das die Engländer bewußt verschmähten: Sie wandten in mannigfacher Weise Gewalt an, und sie ließen die Hindus merken, daß der Übertritt zum Islam gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Vorteile mit sich bringen würde. Zwar gelang es den Muslims auch so nur, eine Minderheit der Bevölkerung Gesamtindiens zu islamisieren, aber diese Minderheit wurde in einzelnen Gegenden doch zur Mehrheit, so daß bei der Selbständigwerdung die Muslim-Liga unter ihrem Führer Jinnah die Abtrennung des äußersten Westens und Ostbengalens durchsetzen konnte: aus den abgetrennten Gebieten wurde der islamische Staat Pakistan gebildet (heute in Pakistan und Bangla Dèsch zerfallen). Bekanntlich nennt sich das selbständige Indien (amtlicher Name: Bhàrat) einen weltlichen, säkularen Staat. Das bedeutet, daß keine Religion vom Staat begünstigt werden und allgemeine Religionsfreiheit herrschen soll; auch der Übertritt von einer Religion zur andern ist gesetzlich prinzipiell gestattet. Aber es gab und gibt missionsfeindliche Kräfte, die seit der Selbständigwerdung stärker als vorher in Tätigkeit treten konnten. Es gibt militante Hindugruppen, deren Haltung gegenüber dem Christentum außerordentlich aggressiv ist. Eine von diesen ist die Hindù-Mahàsabhà, eine andere ist der Àrya-Samàj. Diese Organisationen haben zwar innerhalb des Parlaments und der Regierung keinen Einfluß; aber wir erleben es ja in unserer gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation, wie einem Volke Gruppen, die in Parlament und Regierung gar nicht vertreten sind, zu schaffen machen können. Ähnliches gilt in Indien von Gruppen wie den soeben genannten. Im selbständigen Indien begannen sie sofort mit einer intensiven Propaganda gegen die Mission und gegen ausländische Missionare. Dabei wurden allerlei unhaltbare, manchmal ungeheuerliche Behauptungen aufgestellt und viele Inder, die gar nicht den militanten Organisationen angehörten, wurden von der Propaganda infiziert und gaben sie weiter. Die Regierung mußte wohl oder übel diesen Gruppen so weit entgegenkommen, daß die Zahl der ausländischen Missionare beschränkt wurde, daß neue Missionare kaum noch zugelassen wurden und die bereits im Lande befindlichen immer von neuem um Aufenthaltsgenehmigung nachsuchen mußten. Dann gingen die militanten Gruppen zu einer scheinbar objektiven, quasi-offiziellen Aktion über. Sie wollten beweisen, daß die Bekehrungen zum Christentum durch Gewalt oder materielle Mittel erzwungen seien. Insbesondere in Mittelindien, im Staate Madhya Pradèsch, wurden langwierige Untersuchungen durchgeführt. In den Jahren 1955/56 zogen von Dorf zu Dorf Untersuchungskommissionen, denen fast nur Hindus angehörten, dazu einige wenige Christen, von denen kein günstiges Urteil zu erwarten war. Diese Kommissionen fragten die bekehrten Christen aus. Es ist verständlich, daß schon die Tatsache solcher umherziehenden Kommissionen beim einfachen Volk große Unruhe erzeugte. Allerlei Gerüchte kamen auf, und als Folge davon gab es Überfälle auf Missionsstationen und sonstige Delikte. Weiterhin ist verständlich, daß nicht jeder schlichte Christ, der nicht einmal lesen und schreiben konnte, in der Lage war, die raffinierten Fragen der Kommissionen so zu beantworten, wie er es seinem Gewissen nach wohl hätte tun können. Nebenbei möchte ich hier anmerken, daß im Gegenüber zum Heidentum der Unterschied der christlichen Konfessionen keine Rolle spielt in Indien am allerwenigsten, erstens weil der Hinduismus selbst in unzählige Gruppen zerfällt, zweitens deswegen, weil ein wesentliches Motiv dieser Befragungen nationalistisch war. So wurden denn diese Untersuchungen in Mittelindien bei Angehörigen aller christlichen Konfessionen durchgeführt. Die Kommissionen kamen dann zu Ergebnissen [4], wie sie nicht anders zu erwarten waren, ja, wie sie von vornherein feststanden, nämlich daß die Bekehrungen in Mittelindien wesentlich mit Gewalt, mit Versprechungen materieller Vorteile und dergleichen unlauteren Mitteln durchgeführt worden seien und daß daher der Übertritt zum Christentum verboten werden müsse. Alles dies ist von der Weltpresse verschwiegen worden. Eine andere Bedrohung des Christentums, die zum Glück im Stadium der Planung geblieben ist, bestand darin, daß im Universitätsunterricht Pflichtkurse in Religion eingerichtet werden sollten [5]. Unter der Leitung des späteren Staatspräsidenten Radhakrishnan wurde ein sehr detaillierter Plan für die Universitätsbildung ausgearbeitet, und im Rahmen dieser Bildung sollten auch alle großen Religionen behandelt werden, alle auf gleicher Stufe, keine als einer andern überlegen oder der Wahrheit näher. Das schloß eine Religion von vornherein aus, nämlich die katholische, die einen solchen Indifferentismus nicht erträgt. Das Ganze wäre eine Schule des Synkretismus geworden und hätte einem Hindu-Modernismus integriert werden können. Glücklicherweise ist dieser Plan ein Plan geblieben. Er mußte hier aber erwähnt werden, weil er die damals in Indien herrschende Geisteshaltung kennzeichnet. Im Rahmen der Hindu-Religionsgeschichte kann er als einer der seit alter Zeit vorgekommenen Versuche bestimmt werden, in die unübersehbare Vielfalt der religiösen Erscheinungen Indiens durch Harmonisierung wenigstens eine Annäherung an eine Einheit einzuführen. Der Unterschied ist hier nur, daß nicht nur Hindu-Religionen, sondern Religionen der ganzen Erde einbezogen werden sollten. Unter den Priestern in Indien und den Missionswissenschaftlern, die sich außerhalb Indiens mit Indien beschäftigten, war man inzwischen zu der Erkenntnis gekommen, daß die Missionsmethode, wie sie im 19. und im beginnenden 20. Jahrhundert geübt worden war, geändert werden müsse. Es wurde sehr viel über das Problem der sog. Anpassung oder Akkommodation, englisch adaptation diskutiert. Viele indische Katholiken wurden von diesen Gedankengängen beeinflußt. Sie behaupteten, die indische Kirche sehe nicht indisch aus. Unter einem gewissen Gesichtspunkt hatten sie recht; denn die Missionare hatten zusammen mit dem Christentum auch europäische Sitten und Gebräuche, bis hin zu Namensänderungen eingeführt. Aber bei diesen gewiß wichtigen Überlegungen vergaß man, einige entscheidend wichtige Fragen zu bedenken: Hat die Mission der Missionskirche ein nationales Aussehen zu geben, oder muß sie das Evangelium Jesu Christi verwirklichen? Und wenn die zweite Alternative zu bejahen ist, muß man dann eine versäumte Akkommodation nachholen, oder ist es besser, den Katholiken die fremden Formen, Symbole, Gebräuche zu belassen, in denen ihre Vorfahren das Christentum angenommen haben und in denen es nun schon Generationen lang sehr lebendig praktiziert wird? Die Fragen wurden nicht klar gestellt, und in der Praxis wurde in beiden Fällen die erste Alternative bejaht. Dabei wurde oft die Inkarnationslehre in arger Verzerrung angewandt; es klang manchmal so, als sei die Menschwerdung Gottes nicht nur die Geburt Jesu Christi aus Maria der Jungfrau, sondern (deutlich drückte man sich nie aus) auch so etwas wie eine hypostatische Union der gesamten Schöpfung. Und dann wurde das Wort noch auf die Kirche übertragen; in einem indischen Traktat (D. S. Amalorpavadass, Gospel and Culture, Bangalore 1978, S. 22) kann man lesen: “Die Kirche wird Kirche, wenn sie an einem Ort inkarniert wird, und diese Lokalisation heißt Ortskirche." Es ist dem II. Vatikanischen Konzil zu danken, daß es im Missionsdekret (n. 10) die analoge Anwendbarkeit der Inkarnationsidee auf die Missionstätigkeit klargestellt hat: “Damit die Kirche das Mysterium des Heiles und das von Gott gebrachte Leben allen anbieten könne, muß sie sich in alle Gruppierungen” der Menschen „einfügen in derselben Bewegung, in der sich Christus selbst durch seine Inkarnation gewissen sozialen und kulturellen Verhältnissen der Menschen, mit denen er umging, verband” (Ecclesia, ut omnibus mysterium salutis vitamque a Deo allatam offerre possit, sese omnibus his coetibus inserere debet eodem motu, quo ipse Christus incarnatione sua se obstrinxit certis socialibus et culturalibus conditionibus hominum cum quibus conversatus est. Die Übersetzung weicht bewußt von Rahner-Vorgrimler ab). Von der Inkarnation kann man also bei der missionarischen Tätigkeit der Kirche in vergleichender Weise sprechen: Das Haupt der Kirche, der menschgewordene Gottessohn, hat sich den sozialen und kulturellen Verhältnissen seiner Zeit eingefügt: die gleiche Bewegung setzt sein Mystischer Leib, die Kirche, fort, damit sie allen Menschen das Evangelium bekannt machen kann. Hiernach sollte endlich das verschwommene Spiel mit der Inkarnationslehre aufhören. Auf dem II. Vatikanischen Konzil ist viel Freundliches über heidnische Religionen gesagt worden (bis hin zur völligen Vermeidung der Wörter Heide und heidnisch). An einer Stelle ist der Hinduismus mit Namen genannt (Nostra Aetate 2). Diese Stellen der Konzilsbeschlüsse sind dann in Indien ausgewertet worden man muß sagen, vielfach in einer verhängnisvollen Weise. Zu den Konzilsbeschlüssen kam nämlich eine Idee Karl Rahners hinzu, die von der katholischen Tradition stark abweicht. Rahner hatte sie im Jahre 1962 in einem Aufsatz veröffentlicht mit dem Titel “Das Christentum und die nichtchristlichen Religionen” (K. Rahner, Schriften z. Theol. Bd. 5 S. 136-158). Der Ruf, den er genoß, sorgte dafür, daß dieser Aufsatz in wenigen Monaten die Runde um die ganze Erde machte. Das System Rahners ist bekanntlich nicht leicht zu verstehen, und ich möchte hier auch keine Erläuterungen zu seinen teils idealistischen, teils existenzphilosophischen, teils soziologischen Ideen geben; das würde weit über den mir zugemessenen Raum hinausgehen. Ich merke nur an, daß Rahners Aufsatz vereinfacht und vergröbert worden ist, so daß sein Inhalt griffig und anwendbar wurde. Dann bedeutete der Aufsatz, daß alle Religionen zum Heile führen können (“legitime Heilswege” sind) und daß der Mensch in der Religion bleiben muß, die zu seiner Gesellschaft gehört, bis er vielleicht seelisch vom Christentum überwältigt wird. Da nun in Indien die Mission außerordentlich schwierig war, insbesondere unter den Hindus höherer Kasten, kam diese Theorie verständlicherweise vielen Missionaren gelegen. Man konnte es dann leichter ertragen, daß die Mission nur geringe Fortschritte machte. Man konnte sich damit trösten, daß den Nichtchristen die Wahrheit des Christentums psychologisch nun einmal nicht aufging und sie infolgedessen blieben, was sie waren; ja, sie mußten es bleiben und konnten auch als Heiden das Heil erlangen. Zur Illustration dieser Denkweise kann ich eine Anekdote erzählen, die mich selber betrifft. Im Spätsommer 1971 rief ein damals in Westdeutschland weilender Indienmissionar bei mir an und fragte mich, ob ich bereit sei, auf einem internationalen Theologenkongreß in Nagpur in Indien einen Vortrag zu halten. Man kenne in Indien meine Ansichten und verspreche sich von einem solchen Vortrag eine gewisse Rückenstärkung. Denn inzwischen sei die Lage so geworden: Wenn ein Hindu zu einer Missionsstation komme und sage, er wolle Christ werden, dann antworte ihm ein Priester: Das kommt gar nicht in Frage. Sie bleiben in der Religion, in der Sie sind, weil dies die Religion Ihrer Gesellschaft ist, und darin erwerben Sie das Heil. Das ist natürlich eine vergröberte und vereinfachte Anwendung der Theorien von Karl Rahner, und sie paßt erst recht nicht zu den Beschlüssen des letzten Konzils. Aber wenn schon jemand so spricht wie Rahner, dann muß er darauf gefaßt sein, daß die praktische Anwendung seiner Lehren in solchen Simplifizierungen geschieht. Da Mission nun in der seit dem Beginn des Christentums üblichen Weise faktisch nicht mehr möglich war, bildete sich in Indien eine sehr eigenartige neue Begriffsbestimmung der Mission und der Missionierung [7] (englisch evangelization, lateinisch evangelisatio). Missionierung besteht nach dieser Theorie darin, daß man den Nichtchristen und den Christen dieser Unterschied spielt keine Rolle in all ihren menschlichen Nöten und Anliegen hilft, in wirtschaftlichen, sozialen und politischen Problemen. Man gibt jedoch in ein oder zwei Sätzen zu, es könne eine Bekanntmachung der christlichen Lehre stattfinden. Daß man aber mit einer wirklichen und aktiven missionarischen Verkündigung wenig rechnet, ist aus dem Tenor der offiziellen Verlautbarungen deutlich genug erkennbar. Neben diese Umdeutung der Evangelisierung oder Missionierung, wobei sie faktisch zu einer Organisation für gesellschaftliche Hilfeleistung gemacht wird, ist das getreten, was man “Dialog” nennt. Dieses Wort hat in den letzten fünfzehn Jahren eine unheimliche magische Macht erhalten (als Nachfolger des “Gesprächs” im existenzialtheologischen Protestantismus). In Indien hat “Dialog” eine ganz spezielle, man könnte sagen: eine noch magischere Bedeutung. Dialog findet statt zwischen Christen, d. h. zwischen Katholiken, zu denen Angehörige anderer Konfessionen eingeladen werden, auf der einen Seite, und Nichtchristen, vorwiegend Hindus, auf der andern Seite. Solche Gespräche haben keineswegs den Zweck, den sie in der Mission haben sollten, daß nämlich der Christ dem Nichtchristen die Wahrheit des christlichen Glaubens und den Sinn der christlichen karitativen Tätigkeit mit dem Ziele der Bekehrung aufschließen würde. Im Gegenteil, so etwas würde als Proselytismus energisch abgelehnt. Vielmehr sollen die Nichtchristen und die Christen ihre geistlichen Erfahrungen im Gespräch miteinander austauschen. Das ist heute in Indien der spezifische Sinn des Wortes Dialog. Wertungen dürfen nicht vorkommen; Begriffe wie wahr und falsch werden ausdrücklich abgelehnt. Man verspricht sich davon, daß beide Seiten dabei geistlichen Nutzen und Gewinn haben. Demnach sind also die geistigen Grundlagen der Mission oder der Missionierung von den Theologen und von offizieller Seite in Indien heute eigentlich so gut wie unterdrückt. Ich betone: von offizieller Seite, weil Bischöfe, natürlich von Theologen beraten, solche Meinungen aussprechen, und weil in Verlautbarungen der Bischofskonferenz dergleichen gutgeheißen wird. Das Christentum in Indien soll in Koexistenz mit dem Hinduismus leben und in dieser Koexistenz sich hervortun in karitativem, sozialem und auch befreiungspolitischem Handeln. Hinzu kommt der gekennzeichnete “Dialog”. Neben der Mission, die Nichtchristen für den Glauben gewinnen sollte, gibt es in Indien die seit langem aufgebaute Kirche mit ihren Bistümern und Pfarreien. Hier hat das Zauberwort “Adaptation”, “Anpassung”, “Akkommodation” einen verheerenden Einfluß ausgeübt. Es gibt ein Zentrum, von dem aus diese Entwicklung gesteuert, gelenkt und weitergeführt wird: das “Nationale Biblische, Katechetische und Liturgische Zentrum” in Bangalore (Südindien) unter seinem energischen Direktor D. S. Amalorpavadass [Duraisami Simon Amalorpavadass, 1932 - 1990. Er leitete das Zentrum von 1967 bis 1982 und starb durch einen Autounfall. Das millionenschwere Zentrum war von MISSIO (mit-)finanziert worden]. Von dort aus werden Experimente angeregt und durchgeführt, die die Kirche indisieren, „indigenisieren" sollen neuerdings scheut man selbst vor dem Begriff “hinduisieren” nicht zurück. Die indische Bischofskonferenz hat noch im Januar 1978 auf ihrer Tagung ausdrücklich betont, daß die Indisierung fortgesetzt werden soll. Was ist “Indisierung”? Sie besteht darin, daß man kultische Gebräuche und kultische Gegenstände, die den indischen Katholiken vertraut sind, abschafft und an ihre Stelle Zeremonien und Gegenstände setzt, von denen jeder in Indien weiß, daß sie in Hindutempeln beim Götzendienst gebraucht werden. Nun kann man, abgesehen von Lauen und Abgefallenen, die es überall gibt, von den indischen Katholiken sagen, daß ihr Glaube außerordentlich lebendig ist. Und als Inder sind sie sensibel und sehr stark visuell veranlagt; das Sichtbare ist ihnen sehr wichtig. Wenn sie nun entdecken, daß in der Kirche vor dem Tabernakel nicht mehr wie bisher ein ewiges Licht leuchtet, sondern eine Lampe, von der sie wissen, daß sie in Hindutempeln vor dem Götzenbild brennt, dann werden sie im Innersten aufgewühlt. Alle möglichen Gefühlserregungen von Trauer und Verwirrung und Empörung erschüttern sie. Das ist ein Erfolg der Indisierung. Hinzu kommen die Gesten des Priesters. Die bisher bei der Zelebration üblichen werden durch solche ersetzt, die im Hinduismus gebräuchlich sind. Auch dies macht auf den sensiblen indischen Katholiken einen schockartigen Eindruck. Diese Veränderungen in der Liturgie sind viel radikaler als die, die bei uns beim Übergang zur neuen Form der römischen Messe eingeführt wurden. Die indischen Neuerungen werden von vielen als heidnisch empfunden. Sie können die Katholiken aus der Kirche verscheuchen. Es gibt nicht wenige Klagen von indischen Katholiken über den Eindruck, den die Änderungen auf sie machten. Ich bin hier keineswegs einseitig informiert. Meine Information von konservativer Seite macht den kleinsten Teil meiner Quellen aus. Publikationen, die die sog. Indigenisierung bejahen, vor allem Verlautbarungen der indischen Bischofskonferenz (die den größten Teil meiner Quellen ausmachen) alle stimmen überein in dem Urteil, daß das Volk den Neuerungen mit Widerwillen und Ablehnung gegenübersteht. Aber das ist noch nicht alles. Es bleibt nicht bei den Gesten, es bleibt nicht bei den Gegenständen, die gebraucht werden. Die Indigenisierung ergreift auch die Texte. In dem oben genannten Institut in Bangalore hat Ende 1974 eine einwöchige Tagung [8] stattgefunden, auf der eine Menge von Vorträgen und Besprechungen zu dem Thema gehalten wurde, daß als erste Lesung in der Messe nichtchristliche Texte gelesen werden könnten und sollten. Dabei wurden etwa Themen behandelt wie die Frage, ob bzw. inwieweit Hindu-Texte als inspiriert angesehen werden könnten. Tatsächlich sind oft Hindutexte als erste Lesung der Messe vorgetragen worden. Der aus Belgien gebürtige, in Indien wirkende (jetzt als Chief Editor der Zeitschrift Vidyajyoti tätige) Jesuit J. Dupuis hat im Jahre 1974 in der in Rom erscheinenden Zeitschrift Studia Missionalia (Bd. 23 S. 127 ff.) einen Aufsatz veröffentlicht, in welchem er Hindu-Texte vorschlägt, die sich seiner Ansicht nach zur Lesung in der hl. Messe eignen. Prüft man diese Texte nach, so kann man als Theologe sowohl wie als Indologe nur entrüstet sein. Indologisch gesehen sind sie sehr schlechte Übersetzungen und unglaubliche Manipulationen. Theologisch sind sie völlig indiskutabel: das heidnische Element ist keineswegs ausgeschaltet, ja es werden sogar Hindu-Götter angerufen in diesen Texten, die im zentralen christlichen Kult gelesen werden sollen. Nun hat zwar das zuständige Dikasterium in Rom im Jahre 1975 Experimente mit solchen Texten verboten. Aber es ist interessant, daß ich, indische Publikationen verfolgend, das Verbot der paganisierenden Textexperimente nur in einer konservativen Zeitschrift im Wortlaut finden konnte (in The Laity). Das progressiv-paganisierende Vidyajyoti und die Veröffentlichungen der indischen Bischofskonferenz nahmen zwar einigermaßen grollend Bezug auf das Verbot, unterließen es aber, es wörtlich wiederzugeben. Das war verständlich. Hatte doch auf der Bischofssynode, die vom 27. September bis 26. Oktober 1974 (also etwa zehn Wochen vor der oben genannten Tagung über „nichtbiblische Schriften" in Bangalore) stattfand, ein indischer Erzbischof die verblüffende Meinung geäußert, es sei theoretisch nichts dagegen einzuwenden, daß nichtchristliche Texte im Gottesdienst gelesen würden [9]. Es ist also ohne weiteres anzunehmen, daß er in seinem Erzbistum dergleichen gestattet hat. Ich bin zwar nicht absolut sicher, aber glaubwürdige Nachrichten besagen, daß diese Praxis an einigen Orten immer noch geübt wird. Es wird also ein Synkretismus (der kirchenrechtlich Apostasie ist), verbunden mit Idolatrie durch das Medium des Wortes, ins christliche Heiligtum eingeführt. Wiederum braucht kaum erwähnt zu werden, daß der Eindruck auf den glaubensbewußten, sensiblen indischen Katholiken erschütternd sein muß. Aber das ist immer noch nicht alles. Außerhalb des Kultes, aber innerhalb des Gottesdienstgebäudes, gibt es tatsächlich hier und da Götterbilder des Hinduismus. Man bildete den tanzenden Schiwa ab und stellte Bilder der Dreiheit von Brahmà, Wischnu und Schiwa auf. Diese Götzen sollen die christliche Dreifaltigkeit symbolisieren, obwohl nicht die geringste Gemeinsamkeit der Idee besteht. Neben diese die Gemeinde als ganze angehenden Verirrungen und Verwirrungen gibt es eine Reihe von privaten Hinduisierungen. Es ist bekannt, daß viele Inder für kontemplatives Leben Sinn haben, die Mission ihnen aber lange Zeit kaum ein christliches kontemplatives Leben vorgelebt hatte. So sind vor einigen Jahrzehnten einzelne Europäer nach Indien gezogen und haben dort ein Kloster gegründet, das ein streng christlich-kontemplatives Leben darstellen sollte. Dieser Versuch ist gescheitert, denn man ist von der ursprünglichen Absicht abgewichen. Die nach Indien gezogenen Mönche haben nicht etwa die Hindus mit christlicher Spiritualität bekanntgemacht und sie zu Überlegungen angeregt, was denn nun wohl wahrheitsgetreuer sei, ihre eigene oder die christliche Spiritualität, sondern ganz im Gegenteil: die Christen haben sich nach dem Schlagwort Adaptation, Indigenisation mehr und mehr der Hindu-Spiritualität angepaßt. In diesem Privatbereich der Mönche finden, mehreren glaubwürdigen (weil zustimmenden) Berichten zufolge, die radikalsten Paganisierungen des Christentums in Indien statt. Von einem der Mönche, einem Franzosen ursprünglich hieß er Le Saux, in Indien hat er den Sanskritnamen Abhischiktànanda angenommen wird gerühmt, daß ihm die „schöpferische Synthese zwischen tiefer christlicher Erfahrung und reinster hinduistischer Spiritualität" gelungen sei (KM 41, 1974, 115). Es ist aber auch berichtet, daß er mit einem Gebet an den Hindugott Schiwa auf den Lippen gestorben sei. Mit dem Gesagten soll nicht behauptet werden, daß jede Pfarrei und jede Missionsstation von Verfall betroffen sei. Mutter Teresa und ihre Gründung der “Missionarinnen der Nächstenliebe” sind die bekanntesten und eindrucksvollsten Beispiele echt christlicher Missionsarbeit. Es gibt auch noch andere Missionsgesellschaften, die tatsächlich auf Bekehrung hin arbeiten, besonders unter den primitiven Stämmen. Aber es ist doch auffällig: Was heute als Leistung von Missionsgesellschaften genannt wird, ist überwiegend karitative, soziale, in einzelnen Fällen auch politische Arbeit. Nun möchte ich karitative und soziale Arbeit in keiner Weise herabsetzen. Aber man sollte ehrlich sein. Wenn keine Mission, d. h. Arbeit, die auf Bekehrung zur christlichen Religion zielt, stattfindet, dann sollte man auch den Namen ändern. Es ist nicht redlich, das Wort Mission beizubehalten, den Inhalt aber auszuleeren und einen neuen Inhalt hineinzustecken. Gewiß ist Mission immer mit karitativer und sozialer Arbeit verbunden gewesen. Aber es besteht heute die Gefahr, daß die Nebenarbeit zur Hauptsache wird. Papst Paul VI. hat am 8. Dezember 1975 eines seiner wichtigsten Lehrschreiben herausgegeben, das Apostolische Mahnschreiben Evangelii nuntiandi [10]. In diesem Dokument hat er u. a. die von den Indern auf der Römischen Bischofssynode 1974 vorgebrachten radikalen Ansichten deutlich zurückgewiesen. Und hier ist auch klar gesagt, was das Konzil stärker zu betonen leider unterlassen hatte, daß nämlich wirkliche Gemeinschaft mit Gott nur durch das Christentum zu erlangen ist. Wenn man beim Lesen der Konzilsdokumente über die nichtchristlichen Religionen den positiven Ton bemerkt, so übersieht man allzu leicht, daß es sich dabei überall und nur um die anthropologische, menschliche, subjektive Seite der Religion handelt, daß aber mit keiner Silbe eine Antwort gegeben ist auf die Frage, ob der Mensch durch sie die ewige Gemeinschaft mit Gott (gewöhnlich “Heil” genannt) erreichen könne. Das Konzil sagt nur, daß Gott einen Menschen auch außerhalb der Kirche retten kann, aber nur er weiß, wie. Diese These wird in der Adhortatio nochmals, allerdings energischer und deutlicher ausgesprochen: “Dieses Heil kann Gott bei denen, bei denen er es will, auf außerordentlichen Wegen, die Er allein kennt, wirken” (Hanc salutem in iis, quos vult, Deus operari potest per extraordinarias vias, quas Ipse solus novit. n. 80,8). Es ist keinem Theologen vergönnt, darüber hinaus in das Geheimnis des göttlichen Heilswirkens einzudringen. Leider ist das Mahnschreiben Pauls VI. auch in Indien faktisch ohne Wirkung geblieben. Sein Hauptinhalt ist der zersetzenden Kritik der in Indien wirkenden Theologen, die großenteils europäischer Herkunft sind, verfallen. Wenn es in dieser Weise in Indien weitergeht, so ist zu befürchten, daß der indische Katholizismus durch unausgegorene Indigenisierungsbemühungen schweren Schaden erleidet. Kurz könnte man noch erwähnen, daß Äußerungen von Hindus bekannt geworden sind, die diesen Bewegungen innerhalb der katholischen Kirche keineswegs mit Sympathie, sondern entweder mit Gespött oder mit Verachtung gegenüberstehen. Und es scheint, daß man auf der Seite der Hindus die innere Schwäche der Kirche wahrgenommen hat. Man hat die Versuche, die Konversion von Hindus zum Christentum zu verbieten, wieder aufgenommen, und zwar nicht nur im Staate Madhya Pradèsch, sondern auch im Staate Orissa. Die Sache ist schließlich vor das indische Verfassungsgericht gegangen, und nach vielem Hin und Her hat das Gericht vor kurzem die Gesetze der beiden Staaten gebilligt. Es war in der gegenwärtigen Situation nicht anders zu erwarten. Die Festigkeit der Katholiken war dahin. In den beiden Staaten ist nun Übertritt zum Christentum faktisch verboten, zwar nur unter bestimmten Bedingungen, z. B. wenn die Konversion durch Überredung veranlaßt ist, aber schließlich kann man jeden Katechumenenunterricht als Überredung hinstellen. Der einzige Trost ist, daß in Indien Gesetze nie so streng durchgeführt werden, wie ihr Wortlaut bestimmt. Man kann nur hoffen, daß die indische Kirche und Mission die Adhortatio Pauls VI. wirklich zur Richtschnur ihrer Indigenisierungsbestrebungen machen und dadurch ihre innere Einheit und religiöse Lebendigkeit wiedererlangen. Anmerkungen: [1] Der Satz steht in Bd. 1 der in der Gitä Press in Gorakhpur in 3. Aufl. im Samvat-Jahr 2007 (= 1950/51 n. Chr.) erschienenen Traktatreihe Tattvacintàmani (Tattwatschintàmani) - zu übersetzen etwa: Wunsch erfüllender Wunderstein der Weisheit -, in der Hindi-Sprache verfaßt, S. 283. Auf die Frage: "Was verstehen Sie unter einem Hindu?" (oder: "Wen halten Sie für einen Hindu?") wird dort geantwortet: "Wer sich für einen Hindu hält, der ist ein Hindu". Aus der Folge ergibt sich dann, daß nur an in Indien geborene Menschen gedacht ist und nur an solche, die eine von einem in Indien gebürtigen Meister gegründete Weltanschauung (Religionslehre, mat) angenommen haben. Damit sind die in unseren Handbüchern gegebenen Definitionen des Begriffs "Hindu" mit Ausnahme der Geburt in Indien weggefallen; hinzugekommen ist der Begriff der Lehre, aber nur so, daß diese Lehre indischem "Blut und Boden" entsprossen sein muß, so daß also auch ein indischer Buddhist (falls es einen gibt) sich für einen Hindu halten darf. [2] Vgl. Paul Hacker, Kleine Schriften (Wiesbaden 1978), Index s. v. Inklusivismus. [3] Unter den Handbüchern des Hinduismus ist heute zu empfehlen: Jan Gonda, Die Religionen Indiens Bd. 1-2, Stuttgart: Kohlhammer 1960-63 (Die Religionen der Menschheit, hrsg. v. Ch. M. Schröder (Bd. 11-12). Vgl. dazu meine Besprechung in: „Orientalistische Literaturzeitung" 58 (1963) S. 280 f. und den in der gleichen Zeitschrift Bd. 59 (1964) Sp. 231-245 erschienenen Aufsatz „Zur Geschichte und Beurteilung des Hinduismus ..." Dieser Aufsatz ist wieder abgedruckt in dem Anm. 2 genannten Werk S. 476 ff. [4] Vgl. Report of the Christian Missionary Activities Enquiry Committee Madhya Pradesh 1956, vols. 1, 2A, 2B, Nagpur: Government Printing Madhya Pradesh 1956. Nach dem Leiter der Untersuchungskommission, M. B. Noyogi, heißt der Bericht Niyogi-Bericht. [5] Vgl. The Report of the University Education Commission Dec. 1948 Aug. 1949, vol. 1 (mit Anhängen 743 S.). Published by the Manager of Publications, Delhi 1950. [6] Vgl. das Anm. 2 genannte Werk, Index s. v. Neuhinduismus. [7] Die in meinen Ausführungen genannten Fakten und Daten entstammen im allgemeinen den dem Missionswissenschaftler bekannten Informationsquellen, auf Quellenangabe ist daher verzichtet. Sofern die Quellen vielleicht etwas weniger bekannt oder wenig zugänglich sind, werden sie in den Anmerkungen genannt. Hierzu wären vielleicht auch zu rechnen die Berichte (Reports) der Vollversammlungen (General Meetings) und der Ständigen Ausschüsse (Standing Committees) der indischen Bischofskonferenz (an verschiedenen Orten erschienen) und die Zeitschrift, die bis 1974 The Clergy Monthly hieß und sich dann umbenannte in Vidyajyoti (übersetzt: Licht der Weisheit) mit dem Untertitel “Journal of Theological Reflection”. Die Zeitschrift erschien bis 1971 in Kurseong (Darjeeling District), dann in Delhi. Für die meisten Informationen aus den Berichten der Bischofskonferenz wie auch aus The Clergy Monthly bzw. Vidyajyoti sind die Fundstellen nicht nach Band und Seite angegeben, da derjenige, der die Dinge genauer studieren will, die Bände der letzten Jahre bzw. die einschlägigen Artikel der Zeitschrift doch ganz lesen muß. Nur selten ist die konservative Zeitschrift The Laity herangezogen, die in Neu-Delhi erscheint (der Titel ist für uns irreführend: es handelt sich nicht um Laizismus, sondern um Verteidigung des Glaubens, der von manchen Priestern, Theologen und Bischöfen manchmal etwas wenig ernst genommen zu werden scheint). [8] Darüber erschien sofort ein Bericht unter dem Titel Research Seminar an Non-Biblical Scriptures, edited by D. S. Amalorpavadass. Bangalore: National Biblical, Catechetical and Liturgical Centre (1975). 707 Seiten. Bemerkenswert ist die Verschleierung, daß man von “nichtbiblischen” statt “nichtchristlichen” Schriften sprach. [9] Bericht darüber: Giovanni Caprile, Il sinodo dei vescovi 1974. Edizione «La Civiltä Cattolica» o. J., 1084 Seiten. Der gemeinte Erzbischof ist Parecattil, damals Präsident der indischen Bischofskonferenz. [Joseph Kardinal Parecattil (1912 - 1987) war von 1956 bis 1984 Erzbischof der zur Syro-Malabarischen (also auf die Thomaschristen zurückgehenden und mit Rom unierten) Kirche gehörenden Diözese Ernakulam in Kerala]. Die im Text genannte Meinungsäußerung steht S. 182. [10] Die Adhortatio Apostolica “Evangelii nuntiandi” ist in Westdeutschland erschienen in der Reihe “Nachkonziliare Dokumentation” Bd. 57, Trier: Paulinus-Verlag 1976. Wichtig ist in diesem Buch nur der lateinische Text. Die deutsche Übersetzung ist stellenweise schlecht; Einleitung und Kommentar sind wertlos, weil sie den Scopus der Adhortatio total mißverstehen. Prof. Dr. Paul Hacker (1913 - 1979) war Indologe an der Universität Münster. Am 28. September 1962 konvertierte er zur katholischen Kirche und setzte sich mit der Lehre Luthers in seinem Buch "Das Ich im Glauben bei Martin Luther" auseinander, das 1966 mit einem Vorwort von Joseph Ratzinger erschien. Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Vortrag, den er am 26. Oktober 1978 gehalten hat. Er ist erschienen in "Weltmission in der Weltkrise. Vortragsreihe zum Monat der Weltmission in Münster - Oktober 1978", Heft 14 der "Veröffentlichungen des Instituts für Missionswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universtität Münster Westfalen, begründet von Univ.-Prof. Dr. Thomas Ohm O. S. B., herausgegeben von Univ.Prof. Dr. Johannes Dörmann", Steyler Verlag, St. Augustin. Die Veröffentlichung auf kath-info geschieht mit Erlaubnis des Steyler Verlags und der Tochter des Autors, Frau Dr. Ursula Hacker-Klom. Militanter Hinduismus Endzeitliche Spekulation und der arrogante Irrtum, dass Gott den Menschen beauftragt hätte, die Apokalypse herbeizuführen, sind kein spezifisch muslimisches Phänomen, sondern auch in anderen Weltreligionen ein gefährliches Problem, zum Beispiel im Shiva-Kult des Hinduismus. In der hinduistischen Dreieinigkeit, Trimurti genannt, ist Shiva der Zerstörer neben Brahma, dem Schöpfer, und Wischnu, dem Erhalter. Im Gegensatz zum Christentum denken Hindus in aufeinanderfolgenden Zyklen. Ein wachsender Teil der Inder glaubt nun, dass das Äon Wischnus verklungen sei und das Zeitalter Shivas angehoben habe. Starke Verbände von Shiva-Verehrern meinen, dazu berufen zu sein, das Zerstörungswerk ihrer Gottheit voranzutreiben, damit Brahma bald wieder ein neues Universum schaffen könne. Als gefährlichste dieser Gruppen gilt die paramilitärische Nationalistenorganisation RSS, die sich unter anderem die NSDAP zum Vorbild genommen hat. Es war ein RSS-Mitglied, Nathuram Godse, der 1948 Mahatma Gandhi ermordete. Die sich häufenden Anschläge auf Kirchen und Moscheen in Indien, die Morde an Missionaren, Ordensschwestern und Konvertiten gehen überwiegend auf das Konto der wie die Hitlerjugend uniformierten RSS-Soldateska. Aus dem Artikel von Uwe Siemon-Netto Die Herren der Geschichte, in: factum 3/15, S. 16. |
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