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ThemenHäresie |
Die neue Front im Kampf um den Lebensschutz Von P. Engelbert Recktenwald Prof. Manfred Spieker hat in der Tagespost vom 30. Dezember 2006 unter dem Titel "Die Demontage des Rechtsstaates" die zunehmende Schutzlosigkeit des Menschen in seiner embryonalen Entwicklungsphase, das Versagen der CDU unter der langjährigen Kohl-Regierung und die Beteiligung der Kirche an dieser Entwicklung durch das damalige "Bündnis zwischen Kohl und Lehmann" und die jetzige Tätigkeit des Vereins "Donum Vitae" analysiert. Dann kommt er auf die "neue Front im Kampf um den Lebensschutz" zu sprechen: "das Feld der embryonalen Stammzellforschung". "Die embryonale Stammzellforschung ist dabei, sich in den verwaisten Embryonen die Sklaven des 21. Jahrhunderts zu verschaffen." Auch hier drohe die CDU umzufallen. Forschungsministerin Annette Schavan habe schon im August 2006 durch ihre Zustimmung zum Forschungsrahmenplan der EU den Weg für die Förderung der verbrauchenden Embryonenforschung in Europa freigemacht, "eine Forschung, die sie zuvor immer abgelehnt hatte." Nicht nur ethisch, auch medizinisch fragwürdig Dabei ist die CDU nun auf dem Weg, sich auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus in eine Sackgasse zu verrennen: Die Süddeutsche Zeitung führt in einem Artikel vom 29. Dezember 2006 ein bisher nicht veröffentlichtes, sechzehn Seiten starkes Dossier der "Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags" an, das Ende 2006 entstanden ist und auf eine Anfrage von Hubert Hüppe antwortet. Sie läßt eine "medizinische Therapie mit embryonalen Stammzellen, wenn überhaupt, eher in einem Zeithorizont von 20 Jahren" erwarten. Der Autor des SZ-Artikels, Alexander Kissler, beklagt die Kritiklosigkeit aller Parteien gegenüber einem "Forschungszweig, der weder damals noch heute seine Tauglichkeit im Tierversuch bewiesen hat", und spricht von einer "Fatamorganisierung der Lebenswissenschaften". Als Relevanznachweis genüge die Hoffnung auf Heilung des Unheilbaren, beklagt er. Den "unbewiesenen Behauptungen" über die in Aussicht gestellten Heilserfolge aufgrund der Forschung an embryonlen Stammzellen stellt er "die ethisch unumstrittene Forschung mit adulten Stammzellen" gegenüber, "für die keine Embryos vernichtet werden müssen". Die Therapie mit adulten Zellen sei seit gut 40 Jahren etabliert. Das Dossier sehe in ihr "das erfolgversprechendere Feld". Die unterschlagene Krebsgefahr Dies deckt sich mit den Aussagen eines Dossiers derselben Institution vom 8. März 2004, aktualisiert am 28. März 2006. Dort wird auf die Krebsgefahr hingewiesen, die die Therapie mit embryonalen Stammzellen im Gegensatz zu der mit adulten mit sich bringt: "Seit mehr als 20 Jahren werden adulte Blutstammzellen bereits erfolgreich in der Behandlung von menschlichen Leukämien eingesetzt. Damit wurde die früher übliche Knochenmarktransplantation weitgehend ersetzt. Die Therapie mit adulten Blutstammzellen erwies sich sogar als effektiver. An der Verwendung adulter Stammzellen für die Therapie einer Reihe weiterer Krankheiten wird geforscht. Außerdem konnte gezeigt werden, dass einzelne adulte Stammzellen das Potenzial besitzen, in eine Vielzahl von Geweben zu differenzieren. So wurde für gewisse adulte blutbildenden Stammzellen gezeigt, dass sie in der Lage sind, Zellen zu bilden, die Merkmale von Skelettmuskulatur-, Herzmuskelzellen, Herzräume, Blut- und Lymphgefäße auskleidende Zellen, Haut-, Nerven-, Leber-, Darm- und Lungenzellen tragen. Dies ist eine Eigenschaft, die man bis dahin nur embryonalen Stammzellen zusprach. Diese bergen trotz der Erfolge, die man im Tiermodell bislang erreicht hat, offensichtlich aber die bislang nicht abschätzbare Gefahr, Krebs zu entwickeln. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz von Versuchstieren entwickelt nach verschiedenen Behandlungen mit embryonalen Stammzellen unterschiedliche bösartige Tumore." Kissler kommt auf die Stellungnahme der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) zu sprechen, die die aktuelle Diskussion im November ausgelöst hatte. Die Forderung, die "Wettbewerbsfähigkeit deutscher Wissenschaftler" sei zu sichern, untermauerte die DFG mit dem Hinweis auf den Hochdruck, mit dem "an der Entwicklung von Therapieverfahren mit humanen embryonalen Stammzellen international" gearbeitet werde. "Als Beleg für den globalen Hochdruck dient der DFG der Hinweis, die Firma Geron habe für 2006 den Einsatz solcher Zellen in klinischen Studien angekündigt. Bei der Ankündigung ist es geblieben", macht sich Kissler über die Argumentation lustig. Welche unappetitlichen Perspektiven sich ergeben, macht Kissler durch einen Blick nach Großbritannien deutlich: "Forscher aus London, Edinburgh, Newcastle wollen das Erbgut von Kuh und Mensch oder von Hase und Mensch fusionieren, um den Rohstoff der Klon- und Embryonenforschung, die weibliche Eizelle, in größerer Zahl gewinnen zu können; im Januar wird über die Anträge entschieden. Dem Eizellenmangel abhelfen soll auch das im Juli genehmigte Angebot der Forscherteams aus Durham und Newcastle, Frauen einen Rabatt von 50 Prozent zu gewähren, wenn sie im Zuge einer künstlichen Befruchtung die Hälfte der Eizellen für Klonversuche weiterreichen." Über das Ausmaß, das der Eizellhandel jetzt schon besitzt, informiert eine Greenpeace-Reportage, die wir letztes Jahr auf kath-info veröffentlicht haben. Wie um die These Kisslers von der Unnötigkeit der embryonalen Stammzellenforschung zu belegen, brachte gestern (4. Januar 2006) der ORF die Nachricht, daß erstmals ein leukämiekrankes Kind durch Behandlung mit eigenem Nabelschnurblut geheilt worden sei. Dieses Blut enthält viele Stammzellen und stellt die bessere Alternative zu ihrer Gewinnung dar als getötete Embryos. Die Situation in der Schweiz Ein Blick in die Schweiz, in der die diesbezügliche "Demontage des Rechtsstaats" noch weiter vorangeschritten ist als in Deutschland, kann uns über die Wirkungslosigkeit von Vorsichtsmaßregeln überzeugen, die in die Gesetze eingebaut werden, um einerseits der totalen Freigabe des Embryos Grenzen zu setzen, andererseits die Bedenken der Gesetzesgegner zu zerstreuen. Am 28. November 2004 stimmten die Schweizer Wähler mit 66.4 % der abgegebenen Stimmen für ein Stammzellenforschungsgesetz, das den Verbrauch von Embryos zur Gewinnung von Stammzellen erlaubt. "Zwei Drittel der Stimmenden des Schweizer Volkes haben sich für Science-Fiction entschieden, statt für die Werte, die in der Bundesverfassung verankert sind. Durch das Ja zum StFG hat die Forschung in der Schweiz ein neues ‘Objekt' erhalten, das sie so leicht nicht mehr hergibt: den Menschen am Anfang seiner Existenz," kommentiert Roland Graf, der über das Thema promoviert hat. Die Befürworter hatten "mit dem Slogan ‘Kontrolle statt Verbote' die Stimmbürger geködert." Doch die vom Gesetz geforderte Kontrolle wird so sehr vernachlässigt, daß nun die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) interveniert hat. In einem Offenen Brief vom 29. Dezember 2006 an die Direktorin des Bundesamtes für Statistik, Dr. Adelheid Bürgi-Schmelz, beklagt die Bioethikkommission der SBK, daß entgegen den gesetzlichen Forderungen für die Jahre 2001, 2002, 2004 und 2005 keine Statistik über die Zahl der aufbewahrten "überzähligen Embryonen" vorliegt. Sie kritisiert, daß "die wohl wichtigste Frage der Vernichtung der Anzahl von 322 vitalen Embryonen in der Klinik" nicht beanwortet werde. "Warum diese grosse Anzahl? Dies steht im Gegensatz zu der Forderung von Art. 17 FMedG, dass ‘nur so viele imprägnierte Eizellen zu Embryonen entwickelt werden dürfen, als innerhalb eines Zyklus für die Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich sind; es dürfen höchstens drei sein'". Das von Dr. Urs Kayser, dem Präsidenten der Kommission, unterzeichnete Schreiben endet mit der Forderung: "Wir fordern, dass die in der publizierten Fassung vom 2.11.2006 fehlenden statistischen Angaben für die Jahre 20012005 innert nützlicher Frist nachgeliefert werden. Ohne diese Angaben fehlt die Transparenz für die Weiterverwendung der überzähligen Embryonen gemäss Stammzellenforschungsgesetz (StFG). Woher stammen die kürzlich zur Stammzellenforschung bewilligten 100 Embryonen, die bisher in der Statistik des Bundesamtes für Statistik nicht vorhanden sind?" Übrigens lag bei der Abstimmung vom November 2004 die Stimmbeteiligung bei nur 36.2 %. Dies zeigt, daß offensichtlich vielen Wählern, auch katholischen, nicht klar ist, um welche grundlegenden Werten es bei diesem Thema geht: ein Indiz, wie sehr Aufklärung nottut. Zitate "Der menschliche Embryo ist Träger der Menschenwürde und hat daher Anspruch auf staatlichen Schutz. Es ist wichtig, sich dieser Grundaussage zu vergewissern, weil das StZG [Stammzellgesetz] ein den Embryonenschutz ergänzendes Gesetz ist. Von denjenigen, die eine 'Liberalisierung' der Stammzellforschung fordern, wird häufig der grundrechtliche Status des Embryos übergangen, abgeschwächt oder ausdrücklich negiert." "Durch eine Verschiebung des Stichtages z.B. auf das heutige Datum könnte man zwar genauso argumentieren, dass die bis heute getöteten Embryonen nicht wieder lebendig werden und man die aus ihnen gewonnen Stammzellen keine Würde haben und daher verwendet werden können. Aber man hätte dann rückwirkend doch die weitere Tötung von Embryonen legitimiert und das genau würde dem Sinn des Stammzellgesetzes und des hinter ihm stehenden Embryonenschutzgesetzes entstellen." Die Katholische Kirche verteidigt mit der Forderung nach unbedingtem Lebensschutz für embryonale Menschen nicht einen nostalgischen Lebensbegriff, sondern eines der moralischen Grundprinzipien der Aufklärung und sieht mit Sorge, dass gerade in vorgeblich modernen und aufgeklärten Gesellschaften diese Prinzipien zugunsten ökonomischer Nutzenkalküle fraglich und disponibel werden. ______ “Wir leisten uns rechtliche Konstruktionen, die zur Heuchelei einladen: Da ist die Abtreibung ungeborener Kinder zwar illegal, aber dennoch straffrei. Ein Widerspruch in sich selbst! Und bei der embryonalen Stammzellforschung dürfen Forscher zwar mit Stammzellen arbeiten, aber nur mit importierten, die älter sind als sechs Jahre, so dass es anderen Ländern überlassen bleibt, den Streit um den Umgang mit menschlichen Embryonen zu führen, die zu Forschungszwecken benutzt, das heißt getötet werden.” Chimären “Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein. Die Kluft zwischen euch und ihr kann eines Tages so groß werden, daß euer Jubelschrei über irgendeine neue Errungenschaft von einem universalen Entsetzensschrei beantwortet werden könnte”, so heißt es im “Leben des Galilei” von Bertolt Brecht. Bischof Gebhard Fürst von Rottenburg-Stuttgart hat an diese warnenden Worte angesichts der neuesten Meldung erinnert, wonach die britische Aufsichtsbehörde “Human Fertilisation and Embryology Authority” (HFEA) die Erlaubnis zur Zeugung embryonaler Mischwesen aus Mensch und Rind gegeben hat. Darin sieht Bischof Fürst zu Recht eine “weitere Etappe auf dem Abschied von dem, was einst als Grundlage der Moralität in Europa unantastbar war.” Er weist darauf hin, dass nach Immanuel Kant, einem der Väter der Aufklärung, „alles von Menschen Gezeugte von Anfang an als Person betrachtet werden“ müsse und „dass Menschen niemals als Mittel zum Zweck missbraucht werden.“ „Unter dem Vorzeichen ungedeckter medizinischer Heilsversprechen wird die Instrumentalisierung des Menschen in immer weitere Dimensionen vorangetrieben“ In der Einschätzung, dass es sich um ungedeckte medizinische Heilsversprechen handelt, wird er von kompetenter Seite unterstützt: Eckart Wolf vom Genzentrum der Universität München “hält es für möglich, dass die im Labor hergestellten Zellen ganz anders reagieren als Körperzellen von Kranken. ‘Um Krankheitsmechanismen zu erforschen, sind Tiermodelle viel geeigneter’, sagt Wolf. Und um die Reprogrammierung von Zellkernen beim Klonen zu verstehen, reichten Experimente an Kühen und Schweinen vorerst aus. Wolf: ‘Die Vorgänge sind so komplex, dass wir auch nach zehn Jahren Forschung noch am Anfang stehen.’” (Berliner Zeitung vom 7. September 2007). So ist es nicht verwunderlich, dass nicht nur von kirchlicher Seite Kritik kommt: Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, hat die beabsichtigte Zeugung von Chimären als Grenzüberschreitung zurückgewiesen. Grenzenlose Forschung am Menschen lasse sich nicht „mit einem Unbedenklichkeitsscheck auf die Zukunft rechtfertigen“, erklärte er am 6. September in Berlin. Der Reproduktionsmediziner Johannes Huber von der Universitätsfrauenklinik in Wien hält es für “ein gewagtes Experiment, bei dem ich den Benefit noch nicht sehe“ und sieht den Rubikon überschritten. Für die Grundlagenforschung erwartet er, wie der “Standard” vom 7. September meldet, “wenig Nutzen, da bei den Mischzellen die Verhältnisse doch anders seien, als etwa bei rein menschlichen Zellen oder Embryos. Und von den Versuchen bereits irgendwelche Versprechen für Therapien von Krankheiten abzuleiten, erachtet Huber erst recht als unverantwortlich.” Auch die Gruppe "Comment on Reproductive Ethics" (CORE) lehnt die Experimente ab. Die Vorsitzende der Bioethikgruppe im Europaparlament Hiltrud Breyer von Bündnis 90/Die Grünen spricht von einem „Sargnagel für die ethischen Werte in Europa“. Die ZEIT hält die Entscheidung der HFEA für verantwortungslos, und selbst die taz ist mißtrauisch, weil sie vor allem wirtschaftliches Kalkül hinter der Entscheidung vermutet. Die Forschung an Stammzellen sei in Großbritannien längst zu einem Wirtschaftsfaktor geworden, schreibt ihr Wissenschaftsredakteur Wolfgang Löhr in der Ausgabe vom 6. September. “Die britische Regierung finanziert aus diesem Grund die internationale Stammzellbank, die Wissenschaftler weltweit mit den begehrten Forschungsobjekten beliefern soll.” Bischof Elio Sgreccia, der Bioethik-Experte des Vatikans, sieht den "grausamsten Machhiavellismus" in der experimentellen Forschung im Kommen und erachtet das geplante Experiment als einen „monströsen Akt“ gegen die menschliche Würde. „Bisher war das die einzige Form, die in allen internationalen Kodizes ausgeschlossen war - als Angriff auf die Menschenwürde, aufgrund des Risikos, Monster heranzubilden, also aus moralisch höchst bedeutsamen Motiven.“ Demgegenüber ist es nur ein schwacher Trost, wenn es von der Gegenseite heißt, dass die erzeugten Embryonen sowieso nach vierzehn Tagen getötet würden: Es ist nur ein Zeichen dafür, wie sehr sich gewisse Kreisen bereits an den Verbrauch von Embryonen als etwas Normales gewöhnt haben. Die neue Situation in der Stammzellforschung “Es ist aus meiner Sicht als Biologe nicht nur ein Durchbruch, es ist es sogar eine Sensation. Zum ersten Mal können Forscher die Zeitachse der Entwicklung in der Zellkultur umkehren: Aus einer Körperzelle wird eine Zelle wie im frühen Embryo - eine pluripotente Stammzelle. Auch wenn die verjüngten, reprogrammierten Zellen noch nicht perfekt sind, geht die Tragweite dieser Entdeckung aus meiner Sicht sogar noch über die der Schaffung von Dolly hinaus.” Das sagt Prof. Dr. Hans Schöler, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster, in einem Interview mit Jeanine Müller-Keuker über den neuesten wissenschaftlichen Erfolg, aus menschlichen Hautzellen Stammzellen zu gewinnen. Dieser Erfolg gelang unabhängig voneinander zwei Forschergruppen: einer amerikanischen unter James Thomson von der Universität Wisconsin-Madison und einer japanischen unter der Leitung von Shinya Yamanaka von der Universität Kyoto. Damit ist die Tötung von Embryos zur Gewinnung von Stammzellen überflüssig geworden. Weitere Vorteile führt Fabio Bergamin in seinem Artikel “Klonen war gestern. Embryonale Stammzellen aus Hautzellen” (NZZ vom 25. November 2007) an: “Was sind die Vorteile der neuen Methode? ‘Die verwendeten Bindegewebszellen sind viel einfacher zu gewinnen als Embryonen oder Eizellen, die für die Dolly-Methode gebraucht werden’, sagt Marisa Jaconi, Zellbiologin an der Universität Genf und Schweizer Stammzell-Pionierin. Weil die alte Methode so ineffizient sei, würden dazu Eizellen zu Tausenden gebraucht. Und diese zu gewinnen, ist ethisch problematisch.” Die alte Methode ist nicht nur ineffizient, sondern krebsfördernd, worauf aufmerksam zu machen der Molekularpathologie und Krebsforscher Prof. Dr. Lukas Kenner nicht müde wird, zuletzt in einem ausführlichen Artikel in “Lebensforum” 83, 3/2007, dessen Fazit lautet: Der geringe therapeutische Wert embryonaler Stammzellen hat auch ausgerechnet den Schöpfer des Klonschafes Dolly, Ian Wilmut, bewogen, das Arbeitsfeld zu wechseln: “Nachdem Wilmut die Arbeiten von Yamanaka und Thomson studiert hatte, verpflichtete er alle seine Mitarbeiter darauf, den neuen Weg einzuschlagen. Weil ihm sein Gewissen keine Ruhe lässt? Wohl kaum. Sondern weil er es leid ist, seine Zeit mit einer Forschung zu vergeuden, die immer noch keine Erfolge aufweisen kann” (Stefan Rehder, “Der Lack des Heilens ist ab”, DT vom 24.11.2007). Eigentlich ist damit, so sollte man meinen, die politische Diskussion um die Verschiebung des Stichtags für den Import embryonaler Stammzellen nach Deutschland obsolet geworden. Doch Bundesforschungsministerin Annette Schavan will den Stichtag trotzdem verschieben, weil, wie sie entgegen solchen Forschungspionieren wie Wilmut meint, die Erkenntnisse aus der Forschung an embryonalen Stammzellen für die Forschung an adulten Stammzellen notwendig sei. Dazu Rehder: “Frechheit siegt”: “Denn wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) und andere derzeit munter Tatsachen verdrehen, um unter allen Umständen doch noch eine Reform des Stammzellgesetzes zu erzwingen, das ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten.” Update zur Stammzellforschung Dreistigkeit warf, wie berichtet (siehe oben), Stefan Rehder Bundesforschungsministerin Annette Schavan vor, weil diese mit dem Argument, embryonale Stammzellforschung (bei der Embryos verbraucht werden) sei notwendig für die adulte Stammzellforschung (bei der das nicht der Fall ist), die Verschiebung des Stichtages für den Import von aus getöteten Embryos gewonnen Stammzellen befürwortet hatte. In einem Interview, das die Tagespost am 29. November 2007 veröffentlichte, hat nun der Zellbiologe und Humanmediziner Prof. Dr. Volker Herzog auf die entsprechende Frage hin dieses Argument mit einem klaren Nein zurückgewiesen und klargestellt, dass die adulte Stammzellforschung nicht auf die embryonale angewiesen sei. Er bestätigte auch die Aussage von Prof. Kenner, dass transplantierte embryonale Stammzellen Krebs verursachen, indem sie die Bildung eines Tumors, eines Teratokarzinoms, auslösen. “Und es hat auch niemand eine Idee, wie man dieses Risiko senken kann. Deswegen ist die Hoffnung, mit embryonalen Stammzellen einmal Krankheiten heilen zu können, meines Erachtens ein Irrweg.” Und was ist von dem Argument zu halten, die Forschung brauche neuere, nach dem gegenwärtig geltenden Stichtag hergestellte embryonale Stammzelllinien? Matthias Gierth meint dazu im Rheinischen Merkur vom 29. November: “Yamanaka und Thomson [denen die Gewinnung von “induzierten pluripotenten Zellen” (iPC), also reprogrammierten Körperzellen, gelungen ist] haben für ihre Arbeiten Zelllinien verwendet, die hierzulande zugelassen sind. Die deutschen Stammzellforscher Brüstle, Schöler und Hescheler arbeiten mit genau diesen. Das ständige Lamentieren, diese Zellen seien veraltet und wertlos, entlarvt so sich selbst. Das Gegenteil ist richtig: Hiesige Forscher hätten mit diesen Zellen weltberühmt werden können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft freilich hatte in ihrer letzten Empfehlung zur Stammzellforschung das Gebiet der Umprogrammierung gar nicht erst erwähnt so sehr ist man dort auf die ethisch problematische Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen fixiert.” Deutliche Worte fand auch Bischof Heinz Josef Algermissen von Fulda in einem Interview in der gleichen Tagespost-Ausgabe: “Wir dürfen nie vergessen: Auch die bestehende Regelung ist ethisch nicht akzeptabel. Die Stammzellen, mit denen geforscht wird, wurden durch die Tötung von Embryonen gewonnen. Menschliches Leben, in welchem Stadium auch immer, ist unverfügbar und muss unantastbar bleiben. Das ist der zentrale Punkt der Auseinandersetzung.” Mit Recht meint er, dass die Diskussion über die Stichtagregelung an dieser zentralen Frage vorbeigeht. Ein Paradebeispiel dafür liefert etwa der Wissenschaftsredakteur des Tagesspiegels Bas Kast, der ausgerechnet unter dem Rubrikentitel “Auf den Punkt” voll danebentrifft, wenn er schreibt: “Heute haben viele ethische Einwände gegen die embryonale Stammzellforschung. Viele empfinden die Vorstellung grauenhaft, an embryonalen Zellen zu forschen. Wie das Herz, so sind auch diese Zellen nicht im Entferntesten beseelt. Konkretes Leid sollte nach wie vor über abstrakte Vorstellungen stehen.” (Ausgabe vom 29. November). Und zur Haltung Schavans, die eine Verschiebung des Stichtags für verantwortbar hält und die übrigens von Parteikollegin Ilse Aigner (forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) unterstützt wird, meinte Bischof Algermissen: “Das ist ein Skandal. Frau Schavan vollzieht einen Eiertanz. (...) Wir sprechen hier nicht über irgendwelche Zellen, sondern über Forschungsoptionen, die sich aus der Tötung menschlichen Lebens ergeben. Das muss Frau Schavan endlich verinnerlichen. Dann kann sie nicht so weiterlavieren wie bisher. Ihre Position ist ein Widerspruch in sich und völlig inakzeptabel.” Annette Schavan und die Aachener Kirchenzeitung Schlaglichter auf die Stammzellforschungsdiskussion
Die Aachener Kirchenzeitung und die Stammzellforschung Auf den Skandal der Aachener Kirchenzeitung, die einem Befürworter der Abschaffung des Stichtages und der Liberalisierung der embryonenverbrauchenden Stammzellforschung ein breites Forum geboten hat, wurde hier bereits hingewiesen (siehe oben). Hans Schöler wurde in einem Artikel wohlwollend portraitiert, während die Gegner des Embryonenverbrauchs nur in Form von Urhebern von Hakenkreuz-Graffitis, schlimmen Briefen und Verwünschungen dem Leser präsentiert wurden. In einem Interview wurde jenem zusätzlich die Möglichkeit gegeben, für seine Anschauungen zu werben. In der Bloggerszene blieb das nicht unbemerkt. Echo Romeo, der als erster auf den Vorgang aufmerksam machte, schrieb dazu: Scipio kommentierte dann unter dem Titel “Journalismus so weich - weicher geht’s nicht!” die Opferrolle Schölers, in der dieser in der Kirchenzeitung erscheint, u.a. mit den Worten: “Dabei will er doch nur das Beste: Freien Zugang zu embryonalen Stammzellen, gewonnen aus überzähligen Embryonen (die keiner will, nur eben der Stammzellenforscher zu unser aller Wohl) , deren Tötung (könnten wir nicht ‘Abtötung’ sagen? Klingt weniger anklagend und verweist auf die Selbstdisziplin und Verantwortung des modernen Wissenschaftlers.) er für ‘ethisch geboten’ hält.” Die Kirchenzeitung hatte außer dem Portrait und dem Interview noch einen Kommentar des Autors Volker Resing gebracht. Von den drei Beiträgen ist dieser Kommentar am wenigsten skandalös, doch ausgerechnet er fehlt im Online-Angebot der Diözese, für das die Stabsabteilung Kommunikation im Bischöflichen Generalvikariat Aachen verantwortlich zeichnet. Resing hat ihn nun selber auf Scipios Seite als Kommentar veröffentlicht. Wir finden darin die klare Aussage: “Eine Verlegung des Stichtags kommt daher aus katholischer Sicht nicht in Frage. Embryonen zu töten, weil dadurch vielen Menschen möglicherweise geholfen werden kann, das ist nicht hinnehmbar.” Andererseits findet er es “zumindest nachvollziehbar”, wenn Forscher Embryonen, die sowieso keine Chance mehr auf Leben haben, nutzen wollen. So zaudernd diese Distanzierung von der Position der Forscherlobby ist, so eindeutig jene von deren Gegner, denen er vorwirft, Stammzellforschung als Teufelszeug anzusehen und in die gleiche Ecke wie Abtreibung zu stellen. Was Letzteres angeht, so muß sich Resing, wenn er dem Embryo im Anfangsstadium nicht, wie Schöler es tut, die Menschenwürde absprechen will, die Frage gefallen lassen, ob dessen Verbrauch zu Forschungszwecken nicht ebenso eine Tötung darstellt wie eine Abtreibung. Und die Rede vom Teufelszeug ist ein Popanz. Weder in der Politik noch in der Publizistik ist meiner Beobachtung nach dieses Wort gefallen. Mit solcherart Diskreditierung fällt Resing jenen Politikern in den Rücken, die klar und eindeutig gegen eine weitere Aufweichung des Embryonenschutzes Stellung beziehen. Oder spielt er vielleicht auf eine Kontroverse an, die Schöler knappe zwei Monate zuvor mit einem scharfen Gegner hatte? Das war kein Geringerer als Robert Spaemann, der in der FAZ klare Worte fand und dann von Schöler heftig und unter der Gürtellinie attackiert wurde. Den notwendigen Kommentar dazu konnte man seinerzeit in der Tagespost lesen. Die Aachener Kirchenzeitung patzte. Es stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit, wenn Bischöfe - zurecht - CDU-Politikerinnen wie Schavan kritisieren, im eigenen Verantwortungsbereich aber nicht für die nötige Klarheit des Zeugnisses sorgen. Die Gesetzentwürfe zum Stammzellgesetz Am 14. Februar 2008 debattierte der Bundestag das Stammzellgesetz. Im März soll darüber abgestimmt werden. Es gibt vier verschiedene Gesetzentwürfe, die - in der Reihenfolge des in ihnen sichergestellten Embryonenschutzes - jeweils Folgendes fordern:
Folgende Abgeordnete unterstützen den Gesetzentwurf a): Folgende Abgeordnete unterstützen den Gesetzentwurf b): Folgende Abgeordnete unterstützen den Gesetzentwurf c): Folgende Abgeordnete unterstützen den Gesetzentwurf d): Schreiben Sie Ihrem Abgeordneten Dr. Josef Bordat hat am 7. März 2008 seiner Abgeordneten geschrieben und darin, um die unbedingte Schutzwürdigkeit des Embryos und das Verbot seiner Instrumentalisierung für die Forschung zu begründen, u.a. ausgeführt: Schwarzer Freitag “Eine repräsentative Meinungsumfrage von TNS-Infratest vom Januar 2008 ergab, dass sich 65,2 Prozent der Befragten gegen die Erzeugung und Zerstörung von menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken ausgesprochen haben. Bei den Frauen waren es sogar 75,2 Prozent. Das Parlament hat sich jedoch über den Mehrheitswillen der Bevölkerung hinweggesetzt.” Am 11. April 2008 hatte der Bundestag mit 346 Stimmen gegen 228 Stimmen und bei 6 Enthaltungen und 32 nicht abgegebenen Stimmen beschlossen, im Stammzellgesetz den Stichtag vom 1. Januar 2002 auf den 1. Mai 2007 zu verschieben. Über das Verhalten der CDU/CSU-Abgeordneten gibt ALfA (Aktion Lebensrecht für Alle e.V.) folgende Auskunft: “Von den anwesenden Abgeordneten der CDU/CSU stimmten 102 oder 47,22% mit Ja gegenüber 113 bzw. 52,31 %, die den Antrag ablehnten, bei einer Enthaltung. Im Jahr 2002 bei der Verabschiedung des Stammzellgesetzes stimmten noch gut 60 % der Unionsabgeordneten gegen die Erlaubnis eines Stammzell-Imports unter Auflagen.” Aus dem Kommentar der ALfA: “Einen Grund für das Ergebnis bei der Abstimmung im Bundestag sieht [Hartmut] Steeb [Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz] laut der Nachrichtenagentur [idea] in der Uneinigkeit führender evangelischer Kirchenvertreter. ‘Hätten wir Evangelischen in dieser Frage so zusammengestanden wie die katholische Kirche, wäre die Abstimmung vielleicht anders ausgegangen’, ist Steeb überzeugt. Die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), Mechthild Löhr, sprach in einer Pressemitteilung von einem ‘schwarzen Freitag für den Embryonenschutz’ in Deutschland. Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), Claudia Kaminski, erklärte gegenüber idea, die Entscheidung zeige, dass auch die letzten Bastionen des Lebensschutzes in Deutschland gekippt werden sollten. Sie rief Christen dazu auf, zu überprüfen, welcher Abgeordnete in der namentlichen Abstimmung für bzw. gegen eine Verschiebung des Stichtages gestimmt habe. ‘Daran können sich Christen dann orientieren, ob ein Politiker wählbar ist oder nicht.’” Wie die einzelnen Abgeordneten abgestimmt haben, können Sie diesem PDF-Dokument des Bundestags entnehmen. Fragwürdige Methoden In der Neujahrsansprache, die Bischof Gebhard Fürst am 6. Januar 2010 in der Rottenburger Festhalle gehalten hat, ging das ehemalige Mitglied des Nationalen Ethikrates hart mit den Methoden ins Gericht, mit denen 2008 die den Lebensschutz weiter aushöhlende Novellierung des Stammzellengesetzes durchgedrückt wurde. Zu diesen Methoden gehörten Heilungsversprechen, die nie erfüllt wurden (“Von den durch Forscher und Medien zwischen 2000 und 2008 geweckten Versprechungen bezüglich der therapeutischen Möglichkeiten der embryonalen Stammzellen ist bislang nichts wahr geworden. Es gibt nach 10 Jahren Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen keine einzige Therapie”), das Verschweigen der Erfolge der adulten Stammzellen und das Herunterspielen der Gesundheitsrisiken: “Zudem wurde das Tumorrisiko bei Therapien mit menschlichen embryonalen Stammzellen nicht gesehen bzw. nicht angemessen dargestellt.” Horrorvisionen Aus: Robert Spaemann, Jedes nach seiner Art, erschienen in Cicero, Mai 2008. Wird der Mensch zur Ware? Auf Einladung des Bundes katholischer Unternehmer hielt der Philosoph Robert Spaemann im Juni 2008 einen Vortrag zum Thema Wird der Mensch zur Ware? - Embryonenforschung, Klonen und andere schiefe Ebenen der Medizin. Seit kurzem kann man sich den Vortrag im Rahmen des Podcast-Angebots der Internetseite des Kölner Domradios anhören. Dieser Link führt direkt zur mp3-Datei. Selbst bei Breitband-Anschluss muss man mit einer längeren Ladezeit rechnen. Weitere Beiträge zum Thema: Prof. Dr. Axel W. Bauer: Kirsten Brodde: Monika Haas: |
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