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ThemenHäresie |
Von Henry Deku Der Aufruf zu christlicher Freude ist eigentlich unüberhörbar: iterum dico gaudete. Auch wenn der Christ in Sack und Asche geht (oder ging), ist er doch innerlich heiter, weil er weiß, daß er sich auf etwas verlassen kann, was von ihm und seinen privaten Gewißheitsgefühlen nicht abhängt; während sich die neumodischen Weltanschauungen der absoluten Weltverbesserer oft nach außen als leicht und lustig anbieten, tatsächlich aber aus der Verzweiflung stammen, diese also auch nicht zu überwinden vermögen. Man ist eben unter anderem auch noch Katharer oder Puritaner geworden, Reinheitsfanatiker und damit bereits dem Laster des tierischen Ernstes verfallen, weil man von sich selber nicht mehr den nötigen Abstand hat und so naiverweise die eigenen Ideale mit Gott zu verwechseln beginnt. Bei mittelalterlichen Mysterienspielen, auch noch bei Shakespeare wurde viel gelacht, wie ja auch bis ins Barock hinein zum Regenten ein Hofnarr zu gehören pflegte: nicht zufällig erhielten sich daher Karneval und Narrenfreiheit in nichtpuritanischen Gebieten, während man sich anderwärts einzubilden bemühte, mit Hilfe des faustischen Strebens oder liebloser Imperative eine Heldenrolle in einer sonst recht düsteren Welt zu spielen - etwa nach der Devise "Arbeiten und nicht verzweifeln". Wozu sehr gut die preußische Prügelpädagogik paßte, bei der es allerdings nichts zu lachen gab; späterhin eine Industriewelt ohne Courtoisie und Schönheit; die bezeichnende Vorliebe für Worte wie stählern und rücksichtslos etwa bei Ernst Jünger; schließlich der zum permanenten Ernstfall aufgewertete Krieg, der dann auch nicht mehr ausdrücklich erklärt zu werden braucht: er ist auch auf jeden Fall "total", d. h. der Feind ist eo ipso ein Verbrecher, der aus "moralischen" Gründen mit allen Mitteln aus dem Wege geräumt werden muß. Man kann schon deshalb nicht einmal ein bißchen über sich selber lachen, weil man in einer hoch feierlichen Welt lebt, in der fast alles das Prädikat "heilig" mit sich herumschleppt: die Natur ist heilig, erst recht die Liebe (aber nicht weil Gott die Liebe, sondern weil die Liebe göttlich ist!), ebenso aber auch die Kunst, das Privateigentum und der Krieg; worauf nicht nur so mancher Rechtsphilosoph des 19. Jahrhunderts insistierte, sondern auch ein Wirtschaftstheoretiker wie Sombart: "erscheint uns, die wir vom Militarismus erfüllt sind, der Krieg selbst als ein Heiliges, als das Heiligste auf Erden". Otto Dibelius wußte es sogar noch genauer: "Der Ausbruch des Krieges stand im Zeichen einer großen Gottesoffenbarung. Gott erschien dem deutschen Volk." Im Zuge dieser humorlosen Verwirrungen wird sogar die Universität zum "Heiligsten, was das Menschengeschlecht besitzt" aufgewertet: so Fichte in seiner Rektoratsrede von 1811. Nur das einzig wirklich Heilige wird in diesen Kreisen, wie zu erwarten, nie erwähnt - wie sollte es auch, wo doch Gott seit Spinoza nur noch alles weiß, aber nicht mehr liebt, also mehr ein stilisierter Polizeichef ist als der höfliche - débonnaire -, liebenswürdig um jeden einzelnen besorgte pastor bonus. Ersatz meint man darin zu finden, daß die Dialektik "das Heiligste, Innerste des Geistes selbst" ist! So befremdend all das auch sein mag, ein geheimes Sich-selber-Gefallen wird durch die forcierte Feierlichkeit keineswegs ausgeschlossen. Man ist froh, eine gewisse Rolle spielen zu dürfen, man hat sogar eine gewisse Lust an der Unerbittlichkeit des bloß Faktischen - denn wo alles heilig ist, ist nach einer Weile nichts mehr heilig; also fängt die Absurdität an, Spaß zu machen: "Das Nichts ist der zu gebärende Weltgott" - so ließe sich diese Weltanschauung in einem aus Büchners Danton stammenden und naturgemäß unsinnigen Satz zusammenfassen. Ribera berichtet von der hl. Therese von Avila, daß, wenn sie lachte, jedermann sich davon anstecken ließ. Natürlich gibt es auch Freude, die nicht in Lachen ausbricht, eine gleichmäßige Gestimmtheit ohne besondere Eruptionen, wie eben auch der Humor der reifste sein wird, der nicht nur ein paar verkrampfte Wilhelm-Busch-Verse zur Unterhaltung parat hält, sondern davon lebt, was man vielleicht am besten - weil man ja doch Schwierigkeiten immer nur mit sich selber hat - Weltbeherrschung setzt bekanntlich Selbstbeherrschung voraus! - was man also am besten bezeichnet mit douceur sich selbst gegenüber: zu umschreiben etwa mit milde sein, keine Bitterkeit infolge beleidigter Selbstliebe in sich aufkommen lassen, auf Eitelkeiten verzichten, auch auf die einer zu dürren Strenge sich selbst gegenüber, die Extreme meiden, insbesondere das besonders zerstörerische des Pessimismus: schon der Volksmund weiß, daß toutes les hérésies - vom Marcionitismus bis zum Jansenismus und Existenzialismus - pèchent par tristesse (durch ihre Trübsal sündigen)! Urbanitas oder lepos urbanitatis, was einen gewissen touch of lightness andeutet, wäre daher wohl die adäquateste Übersetzung von Humor, der früher niemals unter dem uns bekannten Namen erwähnt wurde, dafür aber um so mehr schon zum Fundamentalschatz antiker Weisheit gehörte: steckt er doch bereits in Odysseus' nie ermüdender, aber auch nie sich selbst bemitleidender Geduld, in Sokrates' Bewußtsein, zwar nirgendwo im einzelnen gesiegt zu haben, dafür aber mit der Welt als ganzer fertig geworden zu sein, und zwar so gründlich, daß auch sein eigenes Todesurteil ihn nicht mehr allzusehr zu erschüttern vermochte. Man ahnte eben damals schon, daß es etwas gebe, worauf man sich verlassen könne: das unzugängliche Licht auf dem "unberührbaren Götterberge", die Sicherheit wissenschaftlichen Beweisens, die viel beeindruckender sei als selbst der Perserthron, das Übergewicht geistiger Ordnung, die "beim besten Willen" vom Menschen nicht manipuliert werden kann - weswegen die trübseligen Modernisten des 20. Jahrhunderts erst recht die vorgeschobenen Bastionen der Mathematik und des Naturrechts anzugreifen begannen, um sie beide und damit erst recht alle schwächeren nominalistisch zu paralysieren. So daß es an der Universität heute deswegen so unerfreulich aussieht, weil sie sich schon seit Generationen dazu hergegeben hat, jeden erdenklichen Unsinn, den man vordem nur naiv durchexerziert hatte, auch noch akademisch zu legitimieren: Historismus, Biologismus, Psychologismus, Soziologismus, Materialismus - ob da nicht zuweilen ein interdisziplinärer Universitätsnarr ganz am Platze wäre? Jedenfalls ist die akademische "Lustlosigkeit" selbstverschuldet und nicht bloß die Folge räumlicher Überfüllung. Übrigens wäre ein Narr, mit dem man auch über sich selbst lachen soll - wenn man sich z. B. über jemand oder etwas zu sehr entrüstete, dabei sich selbst genießend! -, insofern von einem nur äußerlich lustigen Clown verschieden, als man, was diesen angeht, nur mit sich über ihn und nicht mit ihm über sich lachen kann: ein bloßer Zeitvertreib also, verglichen mit jener Weisheit des Narrseins - letzten Endes um Christi willen, des Siegers über Tod und Sünde. Ein solcher Narr ist nämlich, wie Don Quijote demonstriert, der einzig gescheite Mensch in einer verrückten Welt. Auf dem Wege dahin schützt der die Gewichte angemessen verteilende Humor u. a. auch vor allen ismushaften Versimpelungen wissenschaftlichen Aberglaubens, einschließlich der Ideologien als des Opiums der Intellektuellen:
Post Christum natum ist das Allerzuverlässigste aber erst recht nichts bloß Innerliches, gefühlsmäßig Erfahrbares; denn das für mich schlechthin Zentrale ist nicht einmal die Sorge um mein eigenes Heil, sondern ganz einfach die Tatsache, daß die Kirche die Wahrheit lehrt, und zwar jenseits aller naiven Mißverständnisse - unfehlbar. Das Zentrum schlechthin ist Christus, der von seiner Kirche nicht abtrennbare und in ihr fortlebende Christus, und nicht die christliche Existenz. Angefangen von den alttestamentlichen Frommen, die sich der Führung Gottes anvertrauten und daher mit dem Psalm 27 sagen konnten: quem timebo? a quo trepidabo? vor wem soll ich denn Angst haben? - waren daher bis in unsere Zeit am allerwenigsten verkrampft immer nur diejenigen, die nicht ständig ihre Aufklärungsmündigkeit bzw. ihre anthropologische "Kehre" auf der Zungenspitze trugen, sondern vielmehr wie die Kinder sein wollten: Marguerite de Beaune, Jeanne Perraud, Thérèse de Lisieux - zumal auf dem Hintergrund jenes unselig verkrampften Perfektionismus, der naturgemäß immer wieder enttäuschen muß, nichtsdestoweniger aber seit einigen Jahrhunderten eine eminente Suggestionskraft ausübt. Es begann mit dem Traum von dem aus eigener Kraft wiederzugewinnenden Paradies, der sich, als die ersten Hindernisse sich abzuzeichnen begannen, umsetzte in den Traum einer zumindest vollkommen reformierten Kirche: man wollte wenigstens eine chemisch fleckenreine, weil sich ausschließlich auf die Innerlichkeit stützende Kirche haben. Als Versuche in dieser Richtung auch in dem dafür idealen Raum von New England nicht allzu überzeugend ausfielen (schließlich waren die Pilgrimväter weder tolerant noch liberal), bot sich als nächstes Experiment einer Perfektionierung dieser Welt die Kolonisierung aller unentwickelten Gebiete durch Europäer an, bis man schließlich - ungeduldig, wie die deutsche Romantik nun einmal war - den Beglückungsprozeß zu forcieren begann: nach den streng wissenschaftlichen Spielregeln des Marxismus würde in Bälde der ganze Erdkreis revolutioniert sein, um sich dann vom sündenfrei gebliebenen Proletariat den unüberbietbaren Endzustand diktieren zu lassen. Da sich dieser nun aber immer wieder verspäten zu müssen scheint, bleibt uns vorläufig nichts anderes übrig, als zu warten - oder aus all diesen humorlosen Perfektionismusträumen aufzuwachen! Das messianisch greifbare Glück, das man sich mit Hilfe nur einer einzigen Verwaltungsmaßnahme leicht selber bescheren kann - indem man etwa die päpstliche Autorität abschafft oder die Unzivilisiertheit der Nichteuropäer oder den Kapitalismus - oder ganz einfach alle Juden -, dies Glück scheint nicht nur nicht lange vorzuhalten, es will sich offenbar unter so viel radikalisierten Fanatikern gar nicht erst zeigen. Politik ist eben die Kunst des Möglichen, nicht die der erzwingbaren idealen Reinheit, schon gar nicht die des willkürlichen Manipulierens. Der Mangel an Mut zur Hingabe an vorgegebene objektive Ordnungen macht nämlich auf die Dauer genauso neurotisch wie die Unterdrückung aller individuellen Regungen - weshalb sich ja auch immer mehr Leute in psychotherapeutische Behandlung begeben müssen. Man klammert sich nur an die eigenen "Ideale" und merkt zu spät, daß sie keinen soliden Baugrund abgeben. Sainte Beuve zitiert im 5. Bande seines Port Royal eine Stelle aus du Guet, die leicht auf die politische Fortschrittsdogmatik der Neuzeit umgeschrieben werden könnte: "Man möchte gern wissen, woran man sich halten soll, man möchte seine Konten in gutem Zustand sehen, dessen sicher sein, was man erreicht hat, und sich auf etwas ausruhen, was in Bezug auf uns weniger ungewiß ist als das göttliche Erbarmen - aber gerade das ist nur Ausdruck von wenig Glauben und viel Hochmut ... " Wenn aber das Zentrum Christus ist und nicht ich selbst oder der Fortschritt, dann muß ich mich Gott ebenso hingeben können, wie sich die romantische Seele ihrer Sehnsucht hingibt - nur mit dem Unterschied, daß demjenigen, der sich Gott hingibt, Gott selbst sich als eine Art Antwort zurückschenkt, während die Sehnsucht gar nichts zu bieten hat als eine zunehmend langweilige Verlängerung ihrer selbst. Auf dem Hintergrund der Aktivitäts- und Vergewisserungsneurosen heißt das aber, daß der Mensch imstande sein muß, schon um gesund zu bleiben, ein wenig Zeit für Gott zu verschwenden; nicht so sehr von sich selbst, seinem Leistungsstolz und seinem Mitmenschlichkeitsaktivismus besessen zu sein, daß er nicht mehr Freude an der Wahrheit um ihrer selbst willen aufzubringen vermöchte. Gewiß könnte sich auch in diese Tugend des objectivisme pur die Eitelkeit, der ästhetisierende Selbstgenuß einschleichen, aber das muß ja nicht der Fall sein - während die humorlosen Feinde des "unnützen" liturgischen Spiels (deren Ahnherrin eine Tochter Sauls ist) immer in der peinlichen Lage sind, unter dem Schwergewicht der reformatorischen Korruptionsthese so wenig Selbstachtung zu besitzen, daß sie sich nun einfach genieren, gar nicht mehr recht trauen zu spielen! Das Zeremoniell hat ja den Sinn, die Kontemplation zu erleichtern, die Gnadenrezeption fruchtbarer zu gestalten, verlangt aber dafür auch die Kunst, sich selbst ein wenig vergessen zu können, den Willensdruck zu vermindern, überhaupt alle typisch maskulinen Aspekte zu unterdrücken: was in Mitteleuropa besonders schwer zu fallen scheint, nachdem sich hier so viele "Denker und Dichter" bemüßigt gefühlt haben, ihre Mißachtung des weiblichen Geschlechts mehr oder wenig geschmacklos zum Ausdruck zu bringen: Schopenhauer, Weininger, Möbius, Nietzsche, Spengler, George u. a. Man verzichtet also auf die Redeweise von der Mater Ecclesia, findet die ganze Mariologie verschroben, wenn nicht überflüssig, ärgert sich an der stark meditativen Gregorianik als einem orientalisch überfremdenden Import und hält die Soutane für weibisch. Die darin sich bekundende Tendenz zum absoluten Maskulinismus wird aber weder dadurch paralysiert, daß sich das künstlerische Genie von Goethe bis Wagner und darüber hinaus seine private "Muse" zu halten pflegt - als "Inspirationsquelle" sozusagen -, noch dadurch, daß auf dem Gipfel dieser Radikalisierung antifemininer Mentalität der Vorschlag weiblicher Ordinationen auftaucht: im ersten Fall wird die Frau nur banal ausgenutzt, im letztgenannten gröblich mißverstanden. Denn in bezug auf Gott sind wir allesamt weiblich, d. h. in der Haltung der Hingabe, sponsa Christi, so daß der Priester als Repräsentant Christi wie Christus selbst ein Mann sein sollte; andernfalls bliebe nur eine funktionale Anschauung vom Priesteramt übrig: es wird jemand angestellt, der genau das zu sagen und zu tun hat, was im Arbeitsvertrag als bezahlte Dienstleistung festgelegt worden ist. Die Konzeption des Kirchenraumes als einer Mehrzweckhalle, die dann eben auch als Gebetsgarage verwendet werden kann, würde ein analoges Mißverständnis darstellen. Eine Abwertung also auf der Basis einer Elimination des Mysteriums: der Frau eine männliche Rolle aufzubürden (mit jeweils dazu gelieferten Hosen!) hieße nur, sie zu maskulinisieren - ein schon seit langem laufender Prozeß, der anfänglich mit dem Rückgang der Marienverehrung zusammenfiel und die Teufelsangst förderte, die sich dann ihrerseits wiederum in der typisch neuzeitlich maskulinen Hexenverfolgung entlud. Maskulinismus ist aber einer der besten Nährböden für Humorlosigkeit und daraus resultierende Unchristlichkeit: Arbeit als Glaubensersatz, Vergötzung des emanzipierten Subjekts, liturgiefreie Hemdsärmeligkeit (vor der schon Nadal zu warnen Anlaß hatte), abstrakte Malerei, die genauso aggressiv ist wie Betonarchitektur, Vorliebe für Aporien, Antinomien (insbesondere solche, die es gar nicht gibt), dialektische Spannungen und polemische Betriebsamkeit jeder Art, wozu allerdings die spätromantische und auch danach noch beibehaltene Überzeugung paßt, daß im Himmel "nur eine alte Jungfer sitzt mit bleiernen Händen und traurigem Herzen: die Notwendigkeit": Diese Bemerkung Heines hätte aber auch schon auf Spinozas Gott und ganz gewiß noch auf Nietzsches Fatum gepaßt. Humor hat man dann, wenn man weiß, daß es unumstößliche Wahrheiten gibt, die man nicht vorschnell verkürzen oder verfälschen darf, wenn man sich darüber hinaus oder vielleicht infolgedessen selbst nicht mehr allzu wichtig nimmt: wie man es letzthin gern getan hat: "Es gibt Tage, da ich von mir nicht reden kann, ohne Gott zu nennen" - wenn man also auch noch ein bißchen zu lachen, zumindest zu lächeln vermag, weil das Positive, das Lichtvolle dermaßen überwiegt, daß man mit einem Wort des s. Bernardus sogar imstande sein sollte, gaudere in tribulationibus. Das Widrige ist ja immer nur Bewährungsprobe, Tragik gibt es nur da, wo man Selbstbemitleidung nötig hat, wo man meint, einklagbare Ansprüche anmelden zu müssen. Kritik durchaus, solange sie nicht frech wird. Schwermut auch, solange sie nicht zur acedia entartet, also das cantare noch zuläßt: denn cantare amantis est, dessen, der noch viel erwartet, weil er schon ein Unterpfand besitzt. An die Auferstehung glauben heißt nämlich auch: glauben, daß der Mensch prinzipiell und keimhaft schon ein wenig gloria in sich hat - wieso sollte man aber auf Grund einer solchen Gewißheit dann nicht auch einmal an facetiae sein Vergnügen haben wie s. Filippo Neri? In dieser Richtung weitermeditieren, schließlich also über Gott nachdenken zu können wäre geradezu ein allmorgendlicher Anlaß, vor Freude zu zittern, wie es der französische Philosoph Lavelle formulierte: tressaillir de joie. Je schwächer aber der Geist, weil er so wenig geradeaus zu denken vermag, daß ihm die causa prima nicht einmal mehr zum Problem wird, desto härter das Herz: Egoismus ist eben die einzige Alternative zum platonischen Eros, zur christlichen dilectio - und im Durchschnitt pflegen Ideologen tatsächlich die Brutaleren zu sein. Womit bewiesen sein dürfte, daß Humor eine ganz ernste Angelegenheit ist: verum gaudium res severa est. Allerdings ist Freude nicht notwendig eindeutig: So wie Traurigkeit und Bitterkeit zumeist nur gekränkter Eitelkeit entstammen, so werden auch Freude und Begeisterung allzu oft nur Weisen der Selbstbestätigung darstellen, d. h. ebenfalls der Eitelkeit entstammen: erst die joie raffinée einer s. Therese de Lisieux war weniger naiv, weil sie aus der Selbstüberwindung und nicht aus dem Selbstgenuß stammte. Woran erkennt man also den Humor? An einer nüchternen douceur, am Verzicht auf Pathetik, Schöngeisterei und Eitelkeit, an der Distanz zu Zeitgeist und Mode - weil auch diese einmal vergangen sein werden -, vor allem aber an der Kunst zu haben, als hätte man nicht: nur dann ist man an nichts mehr kleben geblieben, auch nicht an seinen Lieblingsideen: pour être capable de posséder toutes choses il faut n' en avoir aucune de propre - eine einfache Erfahrung, die sogar mal jemand gemacht haben muß, der von philosophischen Skrupeln nicht allzusehr geplagt gewesen sein wird: j' éprouve que chaque objet par cela même que je le convoite et que dans cet instant que je le convoite le monde entier perd sa transparence (Andre Gide). Und wodurch wird solch ein Transparentmachenkönnen begünstigt? Gewiß nicht durch die alltägliche Unduldsamkeit gegen Leid und Tod, auch nicht durch die billige Angewohnheit, sich ständig zu entrüsten - aber auch heroischer Trotz und liebloser Antifeminismus nähmen durch ihre Enge dem Humor seine Freiheit. Andererseits wäre Bachofens und Jungs Superfeminismus auch kein Heilmittel. Man sollte die Gegensätze weniger konfrontieren als sich direkt berühren lassen: fasting und feasting z. B., weil ohne jenes auch dieses nicht mehr recht gelingen wird - oder Leben und Sterben, so wie ja noch im Barock la pompe funèbre das Komplement zum rauschenden Hoffest dazustellen pflegte. Man begann Skelettsammlungen anzulegen, um sich um so nachhaltiger auf sein eigenes Ende besinnen, d.h. des Lebenssinnes erinnern zu können. So daß man schließlich zum Fazit eines Seneca kommen dürfte: ne nimis amemus vitam, ne nimis oderimus. Die Balance wird aber nur dann glücken, wenn man ein Vertrauen bewahrt, das sich nicht mehr auf sich selbst stützt: jacta super Dominum curam tuam et ipse te enutriet (Ps. 54). Dieser Aufsatz des Philosophen Prof. Dr. Henry Deku (1909 - 1993) erscheint mit freundlicher Erlaubnis des Verlags und der Herausgeber der Gesammelten Schriften Dekus. Sie sind 2012 im Verlag Friedrich Pustet in zwei Bänden erschienen. Band 1: Wahrheit und Tradition. Kritische Reflexionen, 595 Seiten; Band 2: Wirklichkeit des Geistes. Kritische Reflexionen, 689 Seiten. Der Aufsatz Humor findet sich in Band 1 auf den Seiten 461 bis 470. Wir veröffentlichen ihn in der Fassung ohne Fußnoten, wie er im Dezember 1977 in der von William S. Schlamm und Otto von Habsburg herausgegebenen Monatszeitschrift Zeitbühne unter dem Titel Christlicher Humor erschienen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Gesammelten Schriften Dekus auf ein breites Interesse stoßen und zur Wiederentdeckung dieses originellen Philosophen beitragen. Die Liebe als Schlüssel zur Erkenntnis Die Überwindung des Dilemmas zwischen Egoismus und Torheit
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