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ThemenHäresie |
Das Christentum im Irak (veröffentlicht am 8. Januar 2009) “In einer irakischen Stadt schickte ein Vater seine Tochter zur nahegelegenen Apotheke, um Medizin für ihn zu kaufen. Doch seine Tochter kehrte nicht wieder zurück. Die 16-jährige trug keinen Schleier und war somit als Nicht-Muslima deutlich zu erkennen. Daher vermutet ihr Vater, dass sie von muslimischen Fanatikern entführt wurde, tot ist oder zur Prostitution oder Heirat mit einem Muslim gezwungen wurde. Der Vater lebt heute im Ausland und trägt eine schwere Last auf seinem Herzen. Er fühlt sich mitschuldig am Verschwinden seiner Tochter. Einheimische Mitarbeiter und Christen berichten, dass Vergewaltigungen und Entführungen von jungen Christinnen gängige Mittel sind, um sie zum Übertritt zum Islam zu zwingen”. Das berichtet Open Doors in einem Sonderheft über den Irak. Die offizielle Religion des Iraks ist der Islam. So legt es die Verfassung vom 15. Oktober 2005 fest. Zwar wird auch das Recht auf Religionsfreiheit eingeräumt, gleichzeitig aber heißt es: “Kein Gesetz kann verabschiedet werden, das mit dem islamischen Recht in Konflikt steht” (Art. 2.1.a, zitiert in: Religionsfreiheit weltweit. Bericht 2008 von Kirche in Not, S. 212). “Christen waren an der Aufsetzung dieser neuen Verfassung in keiner Weise beteiligt und forderten vergeblich die Streichung oder Änderung von Artikel 2.1.a” (ebd.). Die Baathpartei, die seit 1968 bis zum dritten Golfkrieg die Macht innehatte und säkularistisch-laizistisch orientiert war, hatte den Islam als Staatsreligion abgelehnt. Die Christen waren den Muslimen gleichgestellt, die fünf christlichen Hauptkirchen als juristische Personen anerkannt. Der Irak hat fast 29 Millionen Einwohner, davon sind etwa 96% Muslime. Der Bevölkerungsanteil der Christen liegt unter 2%. Davon sind gut 300000 Katholiken. Die fünf christlichen Hauptkirchen sind die chaldäische-katholische, die syrisch-katholische, die syrisch-orthodoxe, die armenisch-orthodoxe und die assyrische Kirche des Ostens. Die größte Gruppe sind die chaldäischen Christen. Seit 2006 haben die Übergriffe auf Christen durch islamische Extremisten, die in ihnen Verbündete der Amerikaner sehen, immer mehr zugenommen. Der Staat schaut oftmals hilflos zu. “Christliche Familien werden zu Hunderten mitsamt ihrer Kinder ausgelöscht. CD-ROMs mit Aufnahmen von Hinrichtungen wurden in Briefkästen eingeworfen, um die Christen in Furcht und Schrecken zu versetzen und sie dazu zu bringen, ihre Kultusstätten aufzugeben, (zum Islam) zu konvertieren oder den Irak unverzüglich zu verlassen, wenn sie nicht dasselbe Schicksal erleiden wollten wie die Personen auf den Videos” (Mitteilungsblatt Saint-Pierre d’Antioche Nr. 36, November 2007, zitiert in Religionsfreiheit weltweit, S. 217). Die Folge ist eine große Flüchtlingswelle unter Christen: Etwa 70.000 bis 100.000 Christen sind nach Syrien geflohen, 25.000 bis 30.000 nach Jordanien, 70.000 in die Kurdengebiete und weitere 70000 in andere Länder. Die Zahl der Christen ist seit 2003 bis heute von etwa 800.000 auf 200.000 bis 300.000 zurückgegangen. Mit 3 Millionen Einwohnern ist Mossul im Norden des Iraks die drittgrößte Stadt des Landes. Sie gilt als eine Hochburg von Al Kaida, die sich anscheinend zum Ziel gesetzt hat, die Stadt von den Christen zu reinigen: Es werden Drohbriefe an christliche Familien versandt mit der Aufforderung, die Stadt binnen 24 Stunden zu verlassen. “Kein Christ darf in Mosul bleiben”: Mit diesen Worten forderte ein als Beamter getarnter, maskierter Terrorist zwei Christen zur Flucht auf (laut Sonderheft von Open Doors). Es gibt Schuldzuweisungen an die Kurden, deren Milizionäre hinter den Anschlägen stünden. Für Basra im Süden des Iraks, das laut der Gesellschaft für bedrohte Völker bereits “christenrein” ist, kann dies jedenfalls nicht zutreffen. Im Oktober 2008 sind in Mossul mindestens zwölf Christen ermordet worden, etwa 13000 Christen flohen nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks aus der Stadt. Ob die Extra-Einheiten der Polizei, die daraufhin zum Schutz der Christen nach Mossul beordert wurden, an der bedrohlichen Lage dauerhaft etwas ändern können, erscheint fraglich. Tatsache ist jedenfalls, dass von den 300.000 Christen im Jahr 2003 nur noch 90.000 in Mossul leben. Und die Hilfe des Westens? Deutschland hat sich bereit erklärt, 2500 Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Österreich unter Innenministerin Maria Fekter lehnt dies ab, worüber sich der Ökumenische Rat der Kirchen bestürzt zeigte. Update vom 30. Januar 2009: “Im Irak droht sogar die komplette Auslöschung des Christentums.” Das erklärte Berthold Pelster, Leiter der Filiale Münster von Kirche in Not, am 25. Januar auf einer Tagung der Katholischen Akademie in Trier. Im Bürgerkrieg zwischen Schiiten und Sunniten nach dem Sturz Saddam Husseins seien die Christen zwischen alle Stühle geraten. Marie-Ange Siebrecht, Leiterin des Referats Asien-Afrika von Kirche in Not, ergänzte: “Die Christen im Irak zählen zu den ältesten Gemeinden überhaupt, sie haben eine fast 2.000 Jahre alte Tradition. Mit ihnen verliert das Land seine Geschichte und Identität.” Regierung und Polizei unternähmen nichts, um die Christen zu schützen, bezeugten Flüchtlinge, die auf der Tagung sprachen. Wenige Tage später bezeichnete es Christoph Kardinal Schönborn als “enttäuschend und empörend”, dass sich Österreich nicht an der EU-Hilfsaktion zur Aufnahme von bedrängten Irakern beteiligen wolle. Dabei handle es sich in überwiegender Zahl um Christen, die um ihr Leben fürchten müssen. Die Not der irakischen Christen war auch das Hauptgesprächsthema während des Ad-Limina-Besuchs der chaldäischen Bischöfe im Vatikan am 24. Januar. Die Bischöfe beklagten das “eisige Schweigen” der internationalen Gemeinschaft über das Schicksal der irakischen Christen. Das Leben der Christen im Irak sei von Gewalt und Drohungen geprägt, bezeugte der syrisch-katholische Erzbischof Athanase Matti Shaba Matoka von Bagdad. Christliche Väter würden gefoltert und verstümmelt wieder zu ihren Familien zurückgeschickt. Von Islamisten gegründete islamische Tribunale verkünden Todesurteile. Familien werden terrorisiert durch Sprüche wie: “Wenn ihr nicht zum Islam übertretet, dann holen wir uns eure Töchter.” Die Folge ist, dass schon Hunderttausende Christen geflohen sind, in den Nachbarstaaten festsitzen und traumatisiert sind. Hinweis: Gefoltert im Irak "Sie versperrten die Straße, hielten mir eine Waffe ins Gesicht und zwangen mich in ein Auto. Vom ersten Tag an verprügelten sie mich, brachen mir meine Nase und schlugen mir die Zähne aus. Sie drohten mich zu töten. Ich bin kein Held. Bis heute schlafe ich deshalb schlecht und habe Alpträume. Aber ich schrie nicht, ich bettelte nicht um mein Leben. Ich verstehe bis heute nicht, wie ich während dieser Zeit so ruhig bleiben konnte." P. Douglas Bazi, Priester der chaldäisch-katholischen Kirche, der 2006 in Bagdad von Islamisten gekidnappt wurde, zitiert in Open Doors. Heute ist er Leiter eines Flüchtlingslagers in Ankawa, einem Vorort von Erbil. Über den ermordeten Erzbischof der Chaldäisch-Katholischen Kirche im Irak Paulos Faraj Rahho |
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