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ThemenHäresie |
Der Gott des Lobpreises
Von P. Engelbert Recktenwald Ich gebe es zu: Sehr spät erst ist mir die ganze Bedeutung des Lobpreises aufgegangen. Das war, als ich einmal beim Brevier den Psalm 105 betete: “Preiset den Herrn, ruft aus seinen Namen, kündet seine Werke den Völkern, singet ihm, spielt ihm, erzählt all seine Wunder!” Das ist das Gegenteil einer weit verbreiteten Haltung. Man preist Gott nicht, sondern murrt gegen ihn. Man lobt ihn nicht, sondern tadelt ihn. Was hat er nicht alles falsch gemacht! Wie kann er bloß so viel Leid zulassen! Warum geht es in der Welt so schlimm zu, warum in der Kirche bergab? Wir an seiner Stelle hätten es viel besser gemacht... Vor dem Murren gegen Gott warnt uns die Bibel ausdrücklich: “Murrt auch nicht, wie etliche von ihnen murrten”, ermahnt uns Paulus (1 Kor 10, 10) mit Blick auf die Israeliten, die von Moses durch die Wüste geführt wurden. Es stehen sich also gegenüber: einerseits der Lobpreis angesichts der herrlichen Großtaten Gottes, andererseits das Murren angesichts seiner scheinbaren Fehlleistungen. Das sagt viel über unser Gottesbild aus. Wer Gott lobt, tut es aufgrund seiner Überzeugung, dass Gott alles richtig macht. Wer gegen ihn murrt, tut es, weil er meint, Gott mache einiges falsch - sei es, weil Gott es nicht besser vermag, sei es, weil er es nicht so gut mit uns meint. Meistens wird Letzteres unterstellt. Der Murrende zweifelt nicht an Gottes Allmacht, sondern misstraut seiner Güte. Von atheistischer Seite wird dieser Mangel an Güte gerne als Argument gegen die Existenz Gottes ins Feld geführt. Dabei wird also vorausgesetzt, dass Gott, wenn er denn existiert, gut sein muss. Die Möglichkeit eines allmächtigen Teufels wird nicht einmal in Erwägung gezogen, und das aus gutem Grund. Dahinter steht die unreflektierte Wahrheit, dass wir aus dem in unserem moralischen Bewusstsein verankerten Begriff des Guten Folgerungen über die Realität ziehen dürfen, dass dieser Begriff also nicht für eine Illusion steht, die uns z.B. unsere Gene vorgaukeln, wie es naturalistische Biologen wie E. O. Wilson oder Dawkins annehmen. Wenn Atheisten also die Frage, ob Gott gut oder böse ist, als relevant erachten für die Frage, ob er existiert, dann setzen sie gerade jenen moralischen Realismus voraus, den sie in naturalistischem Kontext so gerne leugnen. Beim gläubigen Christen, der gegen Gott murrt, ist es anders. Sein Murren kann das Zeichen einer Krise sein, in die sein Glaube geraten ist. Solche Krisen kennt auch der Psalmist. Er scheut sich dann nicht, sein Herz vor Gott auszuschütten, zu klagen und Fragen zu stellen. Aber diese Klagen sind ein Akt des Vertrauens, nicht des Murrens. Sie sind mit dem Lobpreis kompatibel und münden auch immer wieder in ihn, wie wir es z.B. in Psalm 13 beobachten können. Dahinter steht der Glaube, dass Gott jede Situation zu verwandeln vermag und es zugunsten der ihm Vertrauenden auch tatsächlich tun wird. Somit kann Gott auch unser Klagen in Lobpreis verwandeln. Diese Verwandlung können wir aufgrund unserer Hoffnung antizipieren. “Ich aber hoffe auf deine Güte. Mein Herz frohlockt schon über deine Hilfe” (Ps 13, 6). Der Lobpreis weist den Weg aus der Krise. Aber dann gibt es noch jene Gotteskritiker, die gar nicht existentiell von diesen Fragen betroffen sind, sondern im bequemen Lehnsessel verbeamteter Theologenexistenz über Gott richten. Sie zitieren Gott vor den Richterstuhl ihrer Vernunft. Natürlich steht dahinter ein richtiges Anliegen: Wir dürfen und sollen unser eigenes Gottesbild an rationalen Maßstäben überprüfen. Es darf weder der theoretischen noch der praktischen Vernunft widersprechen, also weder widersinnig noch unmoralisch sein. Der christliche Glaube braucht die Feuerprobe einer gesunden Aufklärung nicht zu scheuen. Wer daraus aber folgert, dass unsere Vernunft gegenüber dem wirklichen Gott eine moralische Autonomie beanspruchen dürfe, dass Gott uns gegenüber freiheitsfürchtig zu sein habe und in seinem Handeln rechenschaftspflichtig, zeigt damit nur, dass er den wirklichen Gott mit seinem Begriff von Gott verwechselt. Der wirkliche Gott ist die Quelle jedes unbedingten Anspruchs, selber aber keiner Richterinstanz unterworfen, auch nicht unserer Vernunft. Alle Maßstäbe, die unserer Vernunft zur Verfügung stehen, um über Gott und sein Handeln zu urteilen, verdanken ihre Geltung eben diesem Gott. Gott ist das Sittengesetz in Person, der Urquell aller Normen, die Fülle aller Güte. Vor ihm hat jede Kritik zu verstummen. Was bleibt, sind Lobpreis und Anbetung. Eine Theologie, die in der Spekulation über den Gottesbegriff steckenbleibt und nicht zum wirklichen Gott vorstößt, reagiert verständnislos gegenüber Evangelisationsbemühungen, deren Ziel eine persönliche Beziehung zu eben diesem Gott ist, eine Herzensbeziehung, die von unbedingtem Vertrauen getragen ist. Kindliches Vertrauen gibt sich Gott hin, kritische Theologie will die Kontrolle behalten. Der Vorwurf, solche Evangelisierung sei antiintellektuell, entlarvt sich selbst, sobald wir das Zeugnis von Menschen wie Dietrich Bonhoeffer in den Blick nehmen. Er schrieb in Gestapohaft, dem Tode ins Auge schauend, seinen Lobpreis “Von guten Mächten wunderbar geborgen.” Eine Theologie, die nicht in eine Spiritualität mündet, die selbst im Todeskerker existentiell tragfähig ist, bleibt intellektuelle Spielerei. Der Lobpreis ist der Tauglichkeitstest der Theologie. Der existentiell an den wirklichen Gott Glaubende weiß a priori, dass Gottes Handeln immer gut und heilig ist. Er zweifelt nicht daran, dass Gott immer des Lobes würdig ist. Er knüpft seinen Lobpreis nicht an Bedingungen, die Gott erfüllen muss. Er braucht nicht den Gang der Dinge abzuwarten, um zu entscheiden, ob er Gott lobpreisen soll oder nicht. Er tut es in jeder Situation. Je schwieriger sie ist, um so wertvoller der Lobpreis. “In Widerwärtigkeiten Gott zu lobpreisen gilt mehr als tausend Danksagungen, wenn alles gut geht,” sagt der hl. Johannes von Avila. Nicht alle sind immer so stark wie Bonhoeffer. Wem der Lobpreis im Halse stecken bleibt, weil die Prüfung ihn überwältigt, ist Gott immer noch wohlgefälliger als jener, der sich in seiner selbstgefälligen Theologie über eine vorgeblich naive Frömmigkeit erhaben wähnt. Kritische Reflexion ist nicht Selbstzweck. Lobpreis und Anbetung aber sind es. Im besten Fall bahnt die Reflexion den Weg dorthin. Eine Theologie dagegen, die die menschliche Freiheit als höchsten Wert setzt und Gott die Bedingungen für seine Anbetungswürdigkeit diktieren will, begeht Verrat. “Brot ist wichtig, die Freiheit ist wichtiger, am wichtigsten aber die ungebrochene Treue und die unverratene Anbetung”, schrieb ein anderer Märtyrer im Nazigefängnis, Alfred Delp. Nichtchristlichen Intellektuellen wie Adorno, die einerseits den Glauben an einen letzten Sinn verloren, andererseits sich ein Gespür für das Gewicht grausamen Unrechts bewahrt haben, ist es nicht zu verdenken, dass sie die Sinnlosigkeit für das letzte Wort halten und das Dichten seit Ausschwitz für einen Akt der Barbarei. Theologen dagegen sollten das Dichten eines Bonhoeffers zu würdigen wissen. Nicht zerbrach Bonhoeffers Glaube am Unrecht, sondern die Macht des Unrechts an seinem Lobpreis. Es ist gut, wenn Theologie für das Unrecht und die Gefahr seiner Verharmlosung warnend sensibilisiert. Ebenso wichtig wäre es aber auch, die Möglichkeitsbedingungen des Lobpreises zu reflektieren. Er ist eine Folge des Triumphes, den Christus durch seine Auferstehung errungen hat. Theologie sollte die Menschen nicht der Verzweiflung ob der Übermacht des Bösen überlassen, sondern die noch größere Macht jener Liebe bezeugen, die Gott in Christus geoffenbart hat. Seine Auferstehung hat das letzte Wort. Sie ist der Garant dafür, dass unser Lobpreis durch alle Drangsal hindurch einmal einmündet in das ewige “Te Deum” der himmlischen Seligkeit, erkennend, dass Gottes Lobwürdigkeit jedes Lob noch unendlich übersteigt. Wir können ihn gar nicht genug loben. Eine Theologie, die nicht mit aller Entschiedenheit diesen Gott des Lobpreises bezeugt, versagt. Eine weltfremde Theologie ist schlimm, eine gottfremde noch schlimmer. Dieser Text erschien zuerst in einer etwas gekürzten Form in der Tagespost im März 2020. Osterfreude vertreibt das Theodizeeproblem In dieser Osterpredigt spreche ich über die Nacht der Nächte und ihr fünffaches „O“.
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