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Die Titus Oates-Verschwörung (Fortsetzung)

Von Joseph Spillmann

(Zu Seite 1) (Zu Seite 2) [Sie befinden sich auf Seite 3.] (Zu Seite 4)

7. Kapitel: Intrigen und Hinrichtungen

Pater Ireland und seine Leidensgefährten lagen nach dem Tag ihrer Verurteilung noch wochenlang in den Kerkern der Newgate.

Die Anverwandten Irelands, denen Karl II. sein Leben verdankte, glaubten den König zur Begnadigung der Unschuldigen bewegen zu können. Karl II. konnte ja doch unmöglich die Pendrells von Boscobel, Irelands Vettern, vergessen haben, die mit ihren Leibern sein Leben deckten, als er nach der unglücklichen Schlacht von Worcester am 22. August 1651 vor Cromwell floh. Damals hatte diese treue katholische Familie den flüchtigen Fürsten im dichtesten Teil des Waldes von Boscobel in den Zweigen einer riesigen Eiche verborgen, die von dem Tage an die “Königseiche” genannt und bis auf die Gegenwart herab wie ein Nationalheiligtum verehrt wurde. “Eher würden wir sterben, als Euch verraten”, hatten die wackeren Leute dem unglücklichen Fürsten, der sich ihnen anvertraute, geantwortet. Die alte Mutter war Karl zu Füßen gefallen, hatte seine Hände geküßt und Gott unter Tränen gedankt, daß er sich gewürdigt habe, das Leben des Königs durch ihre Söhne zu retten. Ihr Töchterlein brachte dann dem Fürsten, der den Tag über im Wipfel der Eiche verborgen saß, die nötigsten Lebensmittel, während die Söhne Wache hielten und den Verfolgten vor Cromwells Streifpartien, die Jagd auf ihn machten, getreulich warnten. Als dann auch dieser Zufluchtsort keine Sicherheit mehr bot, hatten ihm die Pondrells ein Pferd verschafft und ihn mit Lebensgefahr aus dem Wald geleitet, wo wiederum geächtete Katholiken sich für ihren Fürsten opferten, bis sie ihn nach einer Fahrt voll Gefahren und Abenteuern, 42 Tage nach der unglücklichen Schlacht, bei Bristol an Bord eines Schiffes gerettet sahen.

Karl II. konnte das nicht vergessen haben. Um ihm den Gnadenakt, auf den die guten Leute mit Sicherheit rechneten, zu erleichtern, hatten sie P. Ireland Schreibzeug versorgt; er sollte den Alibi-Beweis, den das Gericht so schmählich zurückgewiesen hatte, schriftlich führen; sie wollten dann das Tagebuch dem König vorlegen und nicht bloß um Gnade, sondern um Gerechtigkeit bitten. Der schuldlos Verurteilte erfüllte den Wunsch seiner Anverwandten. Er schrieb ein Tagebuch seiner Reise nach Staffordshire, in welchem er die Orte, wo er sich aufgehalten, und die Personen, mit denen er verkehrt hatte, vom 3. August bis zum 14. September namhaft machte. Für jeden Tag nannte er ein Dutzend Schutzzeugen, im ganzen weit über 40, darunter Männer aus den angesehensten Familien; es war ein vernichtender Beweis, daß Oates, Bedloe und Sarah Paine meineidig vor Gericht geschworen hatten. Dieses Tagebuch wurde Karl II. vorgelegt; er las es und erklärte wiederum seine Überzeugung, die ganze Verschwörungsgeschichte sei eitel Lug und Trug.

Wir wollen gerne glauben, daß der König sowohl aus Dankbarkeit als aus Gerechtigkeit sich scheute, seinen Namen unter den Befehl der Hinrichtung zu setzen. Vorläufig schob er dieselbe hinaus. Eine Begnadigung wagte er nicht zu erteilen, nicht einmal den Befehl, die namhaft gemachten Zeugen vorzuladen und eine neue Gerichtsverhandlung einzuleiten. Auch dieses Mal bewies sich die Strömung stärker als der Steuermann, und Karl II. unterschrieb endlich gegen sein besseres Wissen, gegen die Stimme der Dankbarkeit und den Ruf der Gerechtigkeit nach einem Monat schwachen Zauderns und Widerstrebens den Befehl zur Hinrichtung des ersten Priesters, der während seiner Regierung das Blutgerüst besteigen mußte. Andere folgten demselben dann rasch nach.

Der König war damals wirklich sehr im Gedränge. Wir haben schon früher gesagt, der Lord Schatzmeister Danby habe sich der Verschwörungsgeschichte nur als eines Schildes bedienen wollen, um den Schlag Shaftesburys und der Opposition abzuwehren, der ihn, wie er wohl wußte, zu vernichten drohte. Danby hatte nämlich unter dem 25. März (4. April) 1678 im Namen und im Auftrag Karls II., den seine Ausschweifungen in stets neue Geldnot stürzten, Ludwig XIV. das Anerbieten gemacht, für 18 Millionen Livres, die in drei jährlichen Raten zu entrichten wären, der französischen Politik auch fürderhin zu folgen. Karl hatte eigenhändig unter den Brief gesetzt: “Dieser Brief ist auf meinen Befehl geschrieben. C. R.”

Diese für das Ansehen Englands allerdings wenig ehrenvolle Transaktion war von Montague, dem englischen Gesandten in Paris, Shaftesbury und der Opposition im Parlament verraten worden. Sie schmiedeten daraus eine Waffe, welche zunächst Danby und durch diesen den König treffen sollte. Danby ahnte den Verrat; unter dem Vorgeben, Montague habe in Paris mit dem päpstlichen Nuntius verhandelt und sei deshalb der Teilname an der von Oates entdeckten Verschwörung verdächtig, ließ er mit Zustimmung des Königs die Papiere des gefährlichen Feindes mit Beschlag belegen, um so jenen Brief vom 25. März wieder in seine Gewalt zu bekommen. Aber die Mine versagte. Montague hatte klugerweise den Originalbrief Danbys in Sicherheit gebracht und erklärte jetzt im Unterhaus, dessen Mitglied er war, er wolle dem Parlament dieses Schreiben als Beweis vorlegen, daß Danby die Würde Englands an das verhaßte, mit dem Papst verbundene Frankreich verraten habe. Die Rollen waren jetzt gewechselt: der Angeklagte war der Kläger, und die Wogen der großen protestantischen Partei Shaftesburys schäumten hoch auf wider den Schatzmeister und wider den König.

Gerade in diese Tagen des Sturmes fiel das Urteil wider P. Ireland und seine Gefährten. Am 17./27. Dezember hatte die Gerichtssitzung stattgefunden. Zwei Tage nach der Verurteilung, am 19./29., erhob sich Montague im Unterhaus und legte den Originalbrief Danbys vor. Bis tief in die Nacht dauerte die stürmische Verhandlung, und mit Mehrheit erfolgte der Beschluss, den Lord Schatzmeister des Hochverrats anzuklagen. Am folgenden Tag, am 20./30., hatte das Oberhaus über dieselbe Frage seine Stimme abzugeben; es hörte die Verteidigung Danbys und lehnte den Antrag des Unterhauses ab. Das gab dem König die Veranlassung, am gleichen Tag noch das Parlament auf fünf Wochen, bis zum 4./14. Februar, zu vertagen. Die Gefahr für den Lord Schatzmeister und für die Krone wurde aber dadurch nicht beseitigt, nur hinausgeschoben; ja der Schritt, den Karl II. weder für seinen Bruder noch für seine Gattin gewagt hatte, verschärfte die Gefahr nur, indem er die Wut der allmächtigen Partei Shaftesburys steigerte.

Inzwischen waren vier Wochen seit der Vertagung des Parlaments verflossen, ohne dass die Stimmung für den König und seinen Schatzmeister eine günstigere geworden war. Es lag auf der Hand, dass die Hochverratsanklage gegen Danby die erste Verhandlung nach der Wiedereröffnung des Unterhauses sein werde. Karl II. wollte den Zusammentritt des Parlamentes noch einmal hinausschieben; sobald aber diese seine Absicht nach außen hin verlautete, traten einige der Führer des Unterhauses, die in London weilten, zusammen und verabredeten eine großartige Demonstration. Sie entwarfen eine Petition gegen die Vertagung. Die ganze Nation, schrieben sie, sei in großer Aufregung wegen des steten Wachsens der Macht Frankreichs, dessen starke Flotte einen Überfall befürchten lasse. Dieser erste Punkt ging direkt gegen Danby und den König. Dazu komme der Schrecken vor der papistischen Verschwörung, und noch seien die Schuldigen nicht hingerichtet. Das erwecke den Verdacht, daß man gar an ihre Begnadigung denke. Ein fernerer Aufschub der Vollstreckung ihres Urteils würde aller Welt zu dem Glauben Anlaß geben, sie seien unschuldig und die ganze Verschwörung sei aus reiner Bosheit ersonnen. Diese Adresse sollte dem König durch den Lord-Mayor von London an der Spitze von 50 000 Bürgern überreicht werden. Das sah der Androhung eines Umsturzes verzweifelt ähnlich.

Kaum hatte Karl II. Kunde von dieser beabsichtigten Demonstration, so berief er das Privy Council. Das Zustandekommen dieser Massendeputation, die gleichbedeutend war mit einer Mobilmachung der protestantischen Partei gegen den Hof, sollte um jeden Preis verhindert werden. Den Schatzmeister wollte der König nicht opfern, und doch, wenn das Parlament wieder zusammentrat, schien es um ihn geschehen. Es blieb nur ein Mittel, freilich ein gefährliches, aber es konnte versucht werden, das Parlament aufzulösen anstatt zu vertagen. Seit 17 Jahren war dieses Mittel nicht mehr in Anwendung gekommen. Man hatte aber die Opfer in der Hand, welche die Wut des Pöbels stillen konnten. Zunächst wurde also öffentlich bekannt gemacht, der König denke nicht daran, das Parlament zu vertagen, und auf diese Erklärung hin unterblieb die gefürchtete Deputation. Um so notwendiger, sagten die Räte, sei es nun, dem Volke in Betreff der Hinrichtung der Verurteilten zu entsprechen. Doch erhob sich, zur Ehre des Mannes sei es gesagt, eine gewichtige Stimme dagegen. “Rücksichtlich der Hinrichtung der Priester”, erzählt Sir William Temple in seinen Denkwürdigkeiten, “hatte ich mit Lord Halifax einen heftigen Wortwechsel. Er erklärte mir geradezu, wenn ich in diesem für die Zufriedenstellung des Volkes durchaus notwendigen Zugeständnisse nicht nachgeben wolle, werde er mich öffentlich als einen Papisten bezeichnen. Man müsse die Verschwörung als eine Tatsache behandeln, ob sie eine solche sei oder nicht. Wenn der König in diesem Punkt nicht der Meinung des Volkes nachgäbe, werde er weder im Inneren Friede und Eintracht, noch Achtung nach außen besitzen.”

Der Rat trug also dem König vor: es handle sich nur darum, ob die Verurteilten allein das Leben verlieren sollten, oder ob ein Volksaufstand die Kerker stürmen, sämtliche Gefangene und mit ihnen alle Katholiken und vielleicht den König selbst hinschlachten werde. Es war die alte Forderung: man sollte die angeblichen Verschwörer, in Wahrheit die treuesten Untertanen, den Führern der eigentlichen Umsturzpartei zum Opfer bringen, und wie alle schwachen Fürsten, entschloß sich Karl II. hierzu, trat die Dankbarkeit und Gerechtigkeit mit Füßen, und unterschrieb zunächst das Todesurteil P. Irelands und seines Gefährten Johann Grove; andere Unterschriften des Königs unter das Todesurteil Unschuldiger sollten diesem ersten bald folgen.

Am 24. Januar (3. Februar) wurde die Auflösung des Parlaments verkündet, und am selben Tag bestiegen P. Ireland und Johann Grove das Schafott. Ihr Blut mußte die Wogen besänftigen, welche das Dekret des Königs erregte. [Anmerkung von Spillmann: Dass die Furcht vor einem Aufstand am Tag der Parlamentsauflösung wirklich nicht unbegründet war und auch nach der Meinung des kaiserlichen Botschafters, Grafen Waldstein, nur durch die Hinrichtung beschwichtigt werden konnte, geht aus Waldsteins Bericht an den Kaiser vom Tag der Hinrichtung hervor: Hodie extremum supplicium subierunt Pater Ireland et Grove, summae proditionis rei iudicati, solitaque poena affecti, nimirum strangulati et in quatuor partes scissi, cum incredibili populi protestantis iubilo, qui, nisi haec executio hodie facta fuisset, infallibiliter insurrexisset, cum omnium Catholicorum, imo ipsiusmet Regis periculo, ac incarceratos omnes ad supplicium traxisset. Hic est primus sacerdos, qui sub dominatione Smi Regis Angliam sanguine suo conspersit: utinam ne plures sequantur!”] Der Benediktiner-Laienbruder Pickering blieb einstweilen im Kerker; man mußte sich vorsehen, um allenfalls auch einen künftigen Sturm mit dem Blut eines Opfers beschwören zu können.

Der ehrwürdige Wilhelm Ireland (auch Ironmonger) scheint 1636 in Lincolnshire geboren zu sein als der Sohn einer edeln echt katholischen Familie. Noch sehr jung kam er in das Englische Kolleg zu St. Omer und trat, 19 Jahre alt, am 7. September 1635 in die Gesellschaft Jesu ein, in welcher er 1655 Profeß ablegte. Mehrere Jahre war er Beichtvater der armen Klarissen zu Gravelingen und wurde erst 1677 in die englische Mission gesandt, wo er das Amt des Prokurators (Verwalters) der englischen Provinz übernahm. Als solcher hatte er in London seinen Sitz, und wurde daselbst am 28. September 1678 von Titus Oates, der, von Bewaffneten umringt, nächtlicherweise in sein Zimmer brach, aus dem Bett ins Gefängnis geschleppt. Alle seine Briefe, Rechnungsbücher, die Regeln des Ordens usw. fielen den Schergen in die Hände. Anstatt einer Bestätigung enthielten sie aber eine Widerlegung der Titus Oates-Verschwörung und wurden deshalb auf die Weisung des Privy Councils zerstört. Seine Mitbrüder, die ihn persönlich kannten, stellten ihm das Zeugnis unerschütterlicher Geduld, großen Mutes, tiefer Demut aus und sagen, die Oberen hätten diesen “klugen und getreuen Knecht” (servus prudens et fidelis, wie sie ihn nennen) getrost auch auf den schwierigsten Posten stellen können; Schwierigkeiten und Gefahren hätten seinen Mut nur noch mehr entflammt, wo es galt, eine Seele aus den Banden des Irrtums oder der Sünde zu befreien. Der Mut, die Seelenruhe, die Freude, die wir an ihm vor Gericht und auf dem Weg zum Tod bewunderten, beweisen, dass dieses Urteil über P. Ireland wohlbegründet war. In der Newgate wurde der Unschuldige in so schwere Fesseln geschlagen, dass sie ihm das Fleisch buchstäblich bis auf die Knochen wund rieben. Sein Verhalten vor Gericht haben wir gesehen. Als das ungerechte Urteil über ihn gesprochen war, jubelte er, dass er der Gnade des Martertums teilhaftig werden sollte.

Von seinem Todesgefährten, dem ehrwürdigen Johann Grove, wissen wir sehr wenig. Er war der nominelle Eigentümer des Hauses, das die Jesuiten in London bewohnten. – “Wilde House” hieß es und lag in der heutigen Wilde Street. Der spanische Gesandte wohnte im gleichen Haus. Br. Foley nimmt wohl mit Recht an, dass der Märtyrer ein Laienbruder der Gesellschaft Jesu war, und wir dürfen beifügen, dass gewiß erprobte Tugend ihn zu diesem Vertrauensposten befähigte. Durch ein meineidiges Geständnis hätte er nicht nur sein Leben retten, sondern reichen Lohn gewinnen können; allein er wählte mit Freuden den Tod um der Gerechtigkeit willen und starb mit der Beteuerung seiner Unschuld und einem Gebet für seine Feinde, würdig der heiligen Sache, welcher er im Leben in Armut und Niedrigkeit gedient hatte.

Am Tag vor der Hinrichtung hatte der Kapuzinerpater Augustin von Losingham, einer der Kapläne Graf Egmonds, des spanischen Gesandten, vom König die besondere Gnade erbeten, P. Ireland und wahrscheinlich auch Johann Grove die heiligen Sakramente spenden zu dürfen. So war der Verurteilte zum Tod bereit und ging ihm mit Mut und Vertrauen entgegen. Ein Edelmann erzählt als Augenzeuge, er habe nie ein so liebenswürdiges und von himmlischer Freude strahlendes Antlitz gesehen, als das Angesicht P. Irelands, da er zum Tod geführt wurde.

Samuel Smith, der protestantische Kaplan der Newgate, sagt in seinem Bericht über den Tod der fünf Jesuiten, die Hinrichtung der Verurteilten sei der Unterschrift des Königs so rasch gefolgt, dass er nur eben Zeit gehabt habe, folgende Worte an P. Ireland zu richten: “Herr, ich flehe inbrünstig zu Gott, dass er Ihnen Barmherzigkeit und Verzeihung Ihrer großen Sünden gewähre. Vertrauen Sie allein auf die Gerechtigkeit und die Verdienste Christi Jesu. Sammeln Sie sich unterwegs und richten Sie ihr Herz auf den Herrn bis zum letzten Atemzug.” “Mr. Ireland”, fügt der protestantische Geistliche bei, “schien diese Worte freundlich anzuhören, und so schieden wir voneinander.”

Die beiden Gefangenen wurden jetzt dem Urteile gemäß auf zwei Schleifen gebunden; dann ging es hinaus durch das Gefängnistor in die mit Menschen gefüllten Straßen Londons und durch die lärmende und tobende Menge in langsamem Zug voran zum Galgen nach Tyburn, der bei dem zweiten Meilenstein vor den Toren Londons stand und von den Tagen Elisabeths her durch das Blut katholischer Priester geweiht war. Die Stelle ist ganz in der Nähe des berühmten “Marble Arch”, eingangs der Oxford Street in den Hyde Park. Auf diesem weiten Leidensweg durch die Tausende und aber Tausende des fanatisierten Pöbels der Hauptstadt wurde ihnen die Schmach ihres göttlichen Meisters in vollen Zügen zuteil. Hohn und Spott, Fluch und Verwünschung hallte von allen Seiten; noch mehr, man spie sie an, bewarf sie mit Straßenkot, mit faulen Eiern, mit dem ekelhaftesten Unflat.

In Tyburn angekommen, bestieg P. Ireland den Karren, der unter dem Galgen stand. Er war der erste Priester, der seit 25 Jahren hingerichtet wurde. (1654, noch unter der Herrschaft des Commonwealth, starb der ehrwürdige Weltpriester John Southworth des Martertodes). Wie üblich wurde das Todesurteil noch einmal verlesen; dann machte der Sterbende von seinem Rechte Gebrauch, das dem Verurteilten gestattete, vom Schafott aus zum Volk zu reden, oder auch einen schriftlichen Abschied der Öffentlichkeit zu hinterlassen. Alle Verurteilten der Titus Oates-Verschwörung, vom ersten bis zum letzten, machten von diesem Recht Gebrauch und starben mit der feierlichen Erklärung ihrer Unschuld. Anfangs verhallten diese Worte im Toben der wild aufgeregten Menge; aber nach und nach machten sie doch Eindruck und bewirkten einen Umschwung der öffentlichen Meinung. Der ehrwürdige Blutzeuge redete also:
“Wir sind hierher gekommen, gewissermaßen auf die letzte Schaubühne des Schauspielhauses dieser Welt, und ich erachtete es daher für unsere Pflicht, einige Worte zu sprechen. Vorerst bekennen wir, dass wir von Herzen allen und jedem Einzelnen insbesondere verzeihen, der irgend einen Nutzen, eine Mitschuld oder eine Hilfeleistung an unserer Hinrichtung hat. Zweitens erklären und bekennen wir unsere Verpflichtung, in diesem Augenblick jede Schuld einzugestehen, wenn wir schuldig wären, ja alle Mitschuldigen anzugeben und wäre es auch unser eigener Vater, endlich selbst tausend- und aber tausendmal Gott und Menschen um Verzeihung zu bitten. Allein ich sehe wohl, man wird unserer Beteuerung doch keinen Glauben schenken: so wollen wir uns der Gnade des allmächtigen Gottes anbefehlen und Verzeihung von ihm durch Christus hoffen. Was mich nun persönlich betrifft, so habe ich mich 20 Jahre in den Niederlanden aufgehalten und bin erst letzten Juni vor einem Jahr hierher gekommen. Ich wäre auch wieder dorthin zurückgekehrt, hätte mich nicht eine Krankheit verhindert. Am 3. August des letzten Jahres reiste ich nach Staffordshire und seiner Umgebung; es ist mir daher durchaus unverständlich, wie ich mich zur angegebenen Zeit hier hochverräterischer Umtriebe schuldig machen konnte.”

Einer der Sheriffs unterbrach hier den Verurteilten mir der Bemerkung, er würde besser tun, seine Zeit anders zu gebrauchen und nicht mit solchen Redensarten zu vergeuden, die ihm doch kein Mensch glauben werde. “Nicht als ob uns besonders viel an unserer Zeit gelegen wäre”, fügte der Mann bei; “wir können warten; aber solche Reden beleidigen den Gerichtshof, der Euch verurteilte.” P. Ireland sah ein, dass eine ausführlichere Verteidigung vor diesem rasenden Pöbel wirklich nutzlos verhallen würde. Er sagte daher kein weiteres Wort für sich und schloß seine Ansprache mit dem folgenden schönen Gebet für den König, der ihn verurteilt, und für die Kirche, welcher er im Leben und im Tode angehören wollte:
“Ich bitte den allmächtigen Gott, er möge tausend und tausend Gnaden herabtauen auf Seine geheiligte Majestät, auf den Herzog von York, auf alle Glieder der königlichen Familie und auf das ganze Königreich. Die Katholiken, welche hier gegenwärtig sind, ersuchen wir um ihre Gebete für den glücklichen Übergang in die bessere Welt, und dass Gott sich aller christgläubigen Seelen erbarme. Was unsere Feinde betrifft, flehen wir inbrünstig zu Gott, er möge seine Erbarmung nicht von ihnen wenden; denn wir haben ihnen vom Grund unserer Seele verziehen, und so flehen wir alle guten Leute an, sie mögen mit uns und für uns beten.”

Der ehrwürdige Johann Grove sagte nur die wenigen Worte: “Wir sind unschuldig; wir verlieren unser Leben durch Unrecht und bitten Gott für diejenigen um Verzeihung, welche die Urheber unseres Todes sind.”

Ein Priester der Gesellschaft Jesu stand verkleidet in der Nähe des Galgens und erteilte den Sterbenden auf ein verabredetes Zeichen die letzte Lossprechung. Dann legte der Henker die Schlingen um den Hals der Verurteilten; noch ein kurzes Gebet, und die Pferde zogen den Karren unter den Füßen der beiden Opfer weg, Wenige Minuten nur ließ man sie hängen; dann schnitt der Henker die noch Lebenden los, und die scheußliche Schlächterei begann: der Leib wurde aufgerissen, das noch zuckende Herz den Sterbenden ins Angesicht und dann ins Feuer geworfen, der Leichnam gevierteilt. Und mit lautem “No-Popery”-Geschrei wälzten sich die Massen zurück nach London: es war ja ein Sieg des reinen Evangeliums über die verhaßte und gefürchtete Kirche des Papstes.

Die englischen Jahresbriefe der Gesellschaft Jesu erzählen, anwesende Katholiken seien beim Tode P. Irelands mit der größten Bewunderung und Ehrfurcht erfüllt worden. Sofort hätten sie seine Kleider als Reliquien gekauft. Sein Herz, das der Henker in das Feuer geworfen hatte, wurde gleichfalls erworben und in kleinen Partikeln verteilt. Vor allen zeichnete sich der fromme Kapuzinerpater Augustin von Losingham aus, der ihm die heiligen Sakramente gespendet hatte. Er wohnte der Hinrichtung bei, verfaßte als Augenzeuge einen Bericht über dieselbe, redete mit der größten Begeisterung von der Unschuld, dem Starkmut, der Herzensfreude des Sterbenden, und sprach den glühenden Wunsch aus, es möchte auch ihm ein ähnlicher Tod zuteil werden.

Der Name P. Wilhelm Irelands wie der seines Todesgefährten, steht unter der Zahl der ehrwürdigen Blutzeugen, deren Seligsprechungsprozeß eingeleitet ist. Sofort betrachteten die englischen Katholiken dieselben als wahre Blutzeugen, allen voran die Königin Katharina von Braganza, welche sich Reliquien P. Irelands zu verschaffen wußte und dieselben hoch in Ehren hielt. Dasselbe taten andere angesehene Katholiken, und P. Augustin Lawrence S. J. weiß von wunderbaren Vorkommnissen mit Bezug auf diese Reliquien zu berichten. Namentlich wurde einem mir dem Blut P. Irelands getränkten Stück Leinwand die Heilung “von allen Arten von Fiebern und vielen anderen gefährlichen Krankheiten” zugeschrieben (Die Zeugnisse siehe in Effigies octo Patrum Societatis Iesu an Anglia pro fide Catholica 1679 occisorum (Records V, 1004)).

Drei Tage waren seit der Auflösung des Parlaments und der Blutszene von Tyburn verflossen. Die Aufregung der Massen begann sich allmählich zu legen. Da trat wiederum ein Ereignis ein, welches ähnlich der Auffindung des Leichnams Sir Edmundbury Godfreys den Sturm erneut entfesselte. Am 27. Januar (7. Februar) erschall plötzlich der Ruf: “Feuer! Feuer!” in den Straßen Londons, während bald von allen Türmen der Hauptstadt die Sturmglocken läuteten, und Tausende schrien, das sei die Tat der papistischen Verschwörer. Bei den mangelhaften Löschvorrichtungen jener Zeit wütete der Brand bis zum folgenden Tag und legte etwa hundert Häuser in Asche. War es Zufall oder das Werk berechnender Bosheit seitens derjenigen, die um jeden Preis den Glauben an die Verschwörung befestigen wollten? Die Geschichte weiß darauf keine Antwort; so viel ist sicher, daß Shaftesbury und die Seinigen rasch bei der Hand waren, um das öffentliche Unglück für ihr Interesse auszubeuten. Titus Oates hatte ja in seiner “wahrhaften Erzählung des greulichen Komplottes” beschworen, die Jesuiten seien die Mordbrenner von Anno 1666 du gingen auch jetzt wieder mit dem Plan um, London einzuäschern. Bedloe hatte dasselbe in seiner Schrift [A narrative and impartial discovery of the horrid popish plot, carried on for bourning and destroying the cities of London and Westminster with their suburbs, setting forth the several consults, orders and resolutions ofthe Jesuits, concerning the same, London 1679] ausführlich bestätigt. Was Wunder also, daß die aufgeregte Menge die Feuersäulen, die jetzt vor ihren Augen zum Himmel emporloderten, als den klarsten Beweis des Bestandes und der höllischen Verruchtheit der Verschwörung ansah? Mit Furcht und Bangen verbargen sich die Katholiken in ihren Wohnungen, jeden Augenblick gewärtig, daß die wütende Volksmenge die Türen sprengen und blutige Rache fordern würde. So erzählt Graf Waldstein, der kaiserliche Gesandte, in seinem Bericht nach Wien. Die Garden des Königs, welche rechtzeitig verteilt wurden, hinderten zwar die mit Recht befürchteten Gewalttaten. Aber Opfer forderte die entfesselte Leidenschaft dennoch.

Wir haben oben erzählt, wie der unglückliche Silberschmied Miles Prance in kaum zurechnungsfähigem Zustand drei Bediente von Somerset House als die Mörder Sir Edmundbury Godfreys angab. Wiederholt hatte der Unselige dieses durch die Folterqualen von Shaftesbury erpreße Geständnis widerrufen, um sich dann durch neue Qualen die alte Aussage abermals abnötigen zu lassen. Am 10./20. Februar wurden die drei unschuldigen Opfer seiner Schwäche: Robert Green, Lawrence Hill und Harry Berry, während die eingeäscherten Straßen noch qualmten, vor die Schranken des Gerichtshofes gestellt und der Ermordung Sir Edmundbury Godfreys angeklagt. Ihr Los konnte auch nicht einen Augenblick zweifelhaft sein. Bedloe hatte zwar in seinen ersten Aussagen, die zu Protokoll genommen wurden, keinen der Angeklagten genannt, noch wagte er im Widerspruch mit seinen ersten Angaben zu behaupten, er habe einen derselben bei der Leiche des Friedensrichters gesehen. Zudem stimmte die Erzählung des Prance durchaus nicht mit derjenigen Bedloes überein. Endlich hatten die Angeklagten zahlreiche Schutzzeugen beigebracht, welche bewiesen, daß sie zur Zeit, da der Mord angeblich geschehen sei, zu Hause waren, daß die Leiche nicht an dem genannten Ort habe verborgen werden können, daß in jener Nacht keine Sänfte das bezeichnete Tor passierte, während die meineidigen Kläger behaupteten, der Leichnam Godfreys sei in einer solchen aus der Stadt geschafft worden. Allein was half das alles und die heiligste Beteuerung ihrer Unschuld den drei Angeklagten in der Aufregung jener Tage! Bedloe und Prance schwuren, die Jury sprach das “Schuldig”, und der Richter fällte das Todesurteil.

Karl II. wagte natürlich nicht, den ungerechten Spruch umzustoßen, obschon er sich persönlich von der Verlogenheit Bedloes überzeugt hatte und obschon Prance vor ihm kniefällig beteuert hatte, seine Aussage sei erpreßt und falsch. Schon am nächsten Tag, am 11./21. Februar, wurden Hill und Green nach Tyburn hinausgeschleift und dort gerade so hingerichtet, wie wir es von P. Ireland und seinem Gefährten erzählt haben. Lawrence Hill war der Diener eines gewissen Dr. Godden, der nach der Aussage des Prance bei der Beseitigung der Leiche Godfreys hilfreiche Hand geleistet haben sollte. Durch die Flucht scheint er rechtzeitig dem Schafott entronnen zu sein; sonst würden wir gewiß seinem Namen in den Gerichtsverhandlungen wieder begegnen. Robert Green war ein ehrwürdiger, schwacher Greis; er gehörte zur Dienerschaft der Königin; in seinen alten Tagen war es sein Amt, in der Privatkapelle der Königin die Polster zu legen. Da, an einem der wenigen Plätze, in denen damals in England Christus unter den eucharistischen Gestalten im Tabernakel weilen durfte, mag wohl der Greis die Gnade eines so frommen und starkmütigen Todes erbeten haben.

Hill sprach also vor seinem Tode: “Ich stehe nun auf dem verhängnisvollen Platz der Hinrichtung. In kurzer Zeit muß ich vor dem Richterstuhl des allmächtigen und allwissenden Gottes erscheinen, und ich hoffe, es wird mein Glück sein, da ich unschuldig sterben muß. Ich rufe Gott, die Menschen und die Engel zu Zeugen meiner Unschuld am Tod des Friedensrichters Godfrey auf; ich betrachte meinen unschuldigen Tod als eine Gnade und hoffe durch die Verdienste Jesu Christi, meines gesegneten Erlösers, die ewige Seligkeit. Ich bekenne, daß ich wie ich lebte, so auch als römischer Katholik sterbe, und bitte meine Glaubensgenossen um ihr Gebet für mich. Gott segne und erhalte Seine Majestät und dieses arme Volk und rechne ihnen das unschuldige Blut nicht an! So lebet denn wohl, in Jesus Christus, in dessen Hände ich meinen Geist befehle!”

Auch der greise Mr. Green sprach einige Worte zu der zahllosen Menge: “Ich bitte euch alle um euer Gebet,” sagte er, “und was Sir Edmundbury Godfrey betrifft, so weiß ich nicht, ob er tot oder lebend ist; denn in meinem Leben habe ich ihn nie mit meinen Augen gesehen, so viel mir bekannt ist. Und wenn falsche Menschen gegen mich schwören wollen, so stehe ich ihnen schutzlos gegenüber.” Da unterbrach ein Kapitän Richardson die letzten Worte des Sterbenden mit der Bemerkung, er habe ein billiges Gericht gehabt und solle sich jetzt lieber zum Tod vorbereiten als den Ruf seiner Mitmenschen antasten. Robert Green antwortete mild: “Ich bitte Gott, den Allmächtigen, er wolle ihnen allen vergeben; niemals in meinem Leben sah ich, soviel ich weiß, Sir Edmundbury Godfrey.”

Mit diesem Gebet für ihre Feinde und mit dieser Beteuerung ihrer Unschuld starben die beiden heldenmütig.

Ihr Gefährte Harry Berry folgte ihnen acht Tage später, am 18./28. Februar, in den Tod. Auch er war ein Diener der Königin und hatte die Stelle eines Portiers von Somerset House versehen. Wie er im Gefängnis Dr. Lloyd, dem protestantischen Dechanten von Bangor, einem fanatischen Prediger, erklärt haben soll, hätte er ohne innere Überzeugung und um irdischer Vorteile willen im Dienst der Königin zum Schein den katholischen Glauben angenommen und bekannte sich jetzt wieder offen als Protestanten. Wenn wir diesem Zeugnis glauben dürfen, so wäre diese seine Heuchelei gewiß ein dunkler Fleck in seinem Leben. Doch fiel er nicht so tief, daß er, um sein Leben zu retten, in die Reihe der falschen Zeugen übergetreten wäre. Bis zum letzten Atemzug leugnete er die Tat, deren er angeklagt war, und als der Karren bereits unter seinen Füßen fortgezogen wurde, erhob er noch einmal seine Hände und rief: “Wie ich unschuldig bin, so nimm meine Seele auf , o Jesu!”

Mr. Berry ist der einzige Protestant, welcher der Titus Oates-Verschwörung zum Opfer fiel.

Am gleichen Tag erhielt der Herzog von York von seinem königlichen Bruder den schriftlichen Befehl, England zeitweilig zu verlassen; der Aufenthaltsort im Ausland war ihm freigestellt, Frankreich ausgenommen. Zu dieser Maßnahme nötigte die Stimmung der Bevölkerung bei den Wahlen für das Parlament; von allen Seiten kamen Hiobsposten an den Hof. Die den Stuarts am meisten feindselige und vom glühendsten Hass gegen die katholische Kirche erfüllte Partei der Presbyterianer siegte. Abermals trat Karl II. mit dem Wunsch an seinen Bruder heran, derselbe möge, zum Scheine wenigstens, dem katholischen Glauben abschwören und zur anglikanischen Gemeinschaft zurücktreten. Der Antrag ist charakteristisch für Karl, aber ebenso charakteristisch ist die Antwort Yorks.

Der Erzbischof von Canterbury und der Bischof von Winchester waren mit der Billigung des Königs und im Namen ihrer Amtsbrüder, wie sie hervorhoben, zu ihm gekommen. Sie hatten ihn um die Rückkehr zur Kirche Englands gebeten; in ihr sei er geboren und erzogen, sagten sie, als deren Märtyrer sei sein Vater gestorben, ihre Lehren seien sowohl dem Worte Gottes als dem monarchischen Prinzip entsprechender, als jene des Katholizismus. Der Herzog dankte für ihre gute Absicht, weigerte sich, in einen Religionsdisput mit ihnen einzutreten, versprach dem anglikanischen Erzbischof eine schriftliche Darlegung der Gründe seiner Konversion und schlug ihr Ansinnen rund ab. Er habe die Opfer, welche seine Konversion fordern würde, längst vorher erwogen. Unter anderem sagte der Herzog dem anglikanischen Prälaten: “Er sei ein eifriger Anhänger der anglikanischen Kirche gewesen, in welcher ihn der würdige und gelehrte Dr. Steward unterrichtet habe. Während der langen Zeit seines Exils auf dem Festland habe niemand mit ihm über Religion disputiert, einzig eine Nonne ausgenommen, und dieser habe er geantwortet, er sei noch viel zu jung, um sich über derartige Fragen in ein Gespräch einzulassen, und er habe nur gewünscht, sie möge Gott bitten, dass er ihn leite und erleuchte, falls er nicht auf dem rechten Wege wäre. Als er in katholischen Ländern verweilte, hätten ihm die Jesuiten viele Freundlichkeit bewiesen; doch habe ihm niemals einer derselben zugeredet, seine Religion zu ändern. Der Erzbischof könne also sicher sein, daß er im reifen Mannesalter und aus voller Überzeugung hinsichtlich aller Kontorverspunkte sich im Gewissen verpflichtet hielt, die Konfession zu wechseln, und daß er ganz klar vorausgesehen habe, er werde infolge dieses Religionswechsels in dieser Welt aus dem glücklichsten Fürsten Europas zum unglücklichsten und verlassensten auf der ganzen weiten Erde werden.

Lieber wollte er das Reich seiner Väter verlassen, sagte der edle Herzog seinem Bruder. Karl II. äußerte, das sei unter diesen Umständen sein Wunsch. Aber York verlangte den schriftlichen Befehl, damit es nicht den Schein habe, als fliehe er wie eine Memme vor dem Kampf. Sein königlicher Bruder stellte solchen am 28. Februar aus, und der Herzog verreiste sofort nach den Niederlanden, um dort das Ende des Sturmes abzuwarten. Um aber gleichzeitig Shaftesburys Plänen die Spitze abzubrechen, versammelte der König das Privy Council und verwahrte sich feierlich gegen die ausgesprengten Gerüchte, als sei der Herzog von Monmouth sein legitimer Sohn und dessen Mutter ihm jemals angetraut gewesen. Niemals habe er eine andere Ehe eingegangen als jene mit seiner noch lebenden Gemahlin Katharina. Der einzige rechtmäßige Kronerbe sei daher sein Bruder, der Herzog von York. Diese seine Erklärung ließ er zu Protokoll nehmen und von allen anwesenden Räten unterzeichnen.

Am 4./14. März verließ York England. Zwei Tage später trat das neue Parlament zusammen. Unter welcher Aufregung die Neuwahlen des Parlaments erfolgt waren, schildert der Kirchenhistoriker Stoughton: “Tausende von Reitern ritten in die Städte und Marktflecken, um ihre Stimme zu Gunsten der Staatskirche abzugeben. Die Leute mußten auf offenem Markte wie eine Herde von Schafen um die Marktkreuze unter offenem Himmel schlafen. Die Kandidaten wurden um Mitternacht mit Trompetengeschmetter und bei Fackelschein begrüßt. Trotzdem setzte die protestantische Begeisterung die Wahlen nicht ohne Geld, Drohung und Bestechung durch. Für alle Wähler wurden Pferde gefordert; eine ungeheure Menge vno Bier, Brot und Kuchen wurde zu Norwich verzehrt, und was den Kandidaten für die Shire vn Surrey betrifft, so aßen und tranken sie auf seine Kosten beinahe für 2000 Pfd. St.”

Der König und Danby hatten sich gründlich verrechnet, wenn sie gemeint hatte, das Unterhaus würde jetzt Shaftesbury und seiner Partei weniger zu Willen sein. Umsonst zählte Karl II. in seiner Thronrede alles auf, was er zur Rettung der protestantischen Religion in England getan habe. Alsbald entfesselte sich der Sturm gegen die vorgebliche Verschwörung und gegen Danby. Am 20./30. März verlangte das Unterhaus einstimmig die Verhaftung des Schatzmeisters. Der König wollte ihn retten; er enthob ihn seiner Stelle, kam am 22. März (1. April) im königlichen Ornat in das Oberhaus, berief das Unterhaus an die Schranken und erklärte, Danby habe jene Briefe auf seinen Befehl geschrieben; wenn er sich dabei eines Vergehens schuldig gemacht, so habe er ihn unter dem großen Siegel von England Begnadigung erteilt, ihn aber aus seinem Amte entlassen. Das möge dem Parlament genügende Satisfaktion sein. Zugleich ordnete der König an demselben 22. März (1. April), um auch dadurch die Geneigtheit des Parlaments zu gewinnen, in einer Proklamation einen allgemeinen Bet- und Fasttag an um Abwendung der großen Gefahr, welche dem Königreiche durch die Papistenverschwörung drohe.

Wollte Karl durch diese Maßnahme die Aufmerksamkeit des Parlaments von sich und Danby ablenken? Es gelang ihm nicht. Der königlichen Autorität zum Trotz schritt das Unterhaus über den Gnadenbrief hinweg, als bestehe er nicht. Der König könne nur begnadigen, wo er Ankläger sei; er könne dem Parlamente nicht das Mittel nehmen, einen Verräter der Nation zu bestrafen. Die Anklageakte wurde eingebracht und Danby zur Verteidigung vorgeladen. Um seinem königlichen Herrn, der ihn doch nicht mehr schützen konnte, die Verlegenheit zu ersparen, seinen Gnadenbrief eigenhändig zu zerreißen, verließ Danby das Asyl des königlichen Palastes und stellte sich freiwillig dem Parlament. An den Schranken des Oberhauses warf er sich auf die Knie und hörte die lange Anklageakte; dann wurde er als Gefangener in den Tower abgeführt, wo er sich auf seine Verteidigung vorbereiten könne. Umsonst hatte sich also dieser Mann der Verschwörungsgeschichte des Titus Oates als eines Schildes bedienen wollen. Zugleich mit den katholischen Lords lag er nun im Tower, und nur ein Schritt trennte ihn vom Blutgerüst.

Shaftesbury hatte nunmehr seinen politischen Gegner gestürzt; es erübrigte nur noch, sich an dessen Stelle zu setzen. Er hatte gesagt: “Mag Danby so laut No Popery schreien, als er Luft hat: ich schreie doch noch einen Ton höher und werde ihn bald aus seiner Stelle verdrängen.” Getreu diesem Programm wandte sich nun der Führer der Opposition wieder der “greulichen Papistenverschwörung” zu. Beide Häuser des Parlaments überboten sich in Maßnahmen gegen die Katholiken. Alle, sogar die Dienstboten und Taglöhner, sollten den Testeid ablegen; sämtliche Priester in England, deren man habhaft werden konnte, wurden eingekerkert und nach den alten Verfolgungsgesetzen verurteilt. Das Parlament erklärte wiederholt seinen Glauben an den wirklichen Bestand der Verschwörung; auf seinen Beschluß mußte der Gebetsformel, die sonntäglich in allen protestantischen Kirchen verlesen wurde, ein eigenes Gebet gegen die papistischen Verschwörer beigefügt werden. Das Unterhaus verlangte ein eifrigeres Betreiben des Prozesses der fünf eingekerkerten katholischen Lords, und alle Gerichtshöfe bemühten sich, gegen die zahllosen Gefangenen, mit denen alle Kerker Englands gefüllt waren, neue Beweise beizubringen.

Der König war ratlos. Er suchte Hilfe bei Sir William Temple, dessen Ansehen es schon einmal gelungen war, die drohende Volksstimmung zu beschwichtigen. Derselbe schlug vor, zwischen das Parlament und die Krone einen neuen geheimen Rat von 30 Personen, zur Hälfte aus den Ministern der Krone, zur Hälfte aus den hervorragendsten Männern der Volkspartei, zu stellen. Der König willigte ein und ernannte Shaftesbury zum Präsidenten dieser wichtigen Körperschaft. Am 21. April (1. Mai) zeigte der König dem Parlament diese unerwartete Maßnahme an. Das Parlament blieb ruhig, die Stadt aber jubelte, und Freudenfeuer verkündeten dem Land den neuen Sieg der protestantischen Partei. Als einen solchen betrachtete auch der Herzog von York in Brüssel das Geschehene: er schrieb an den Prinzen von Oranien, sein Bruder habe sich der Opposition übergeben und die Republik sei nun im Anzug.

In der Tat hatte sich Karl II. abermals verrechnet, wenn er Shaftesbury nun auf seiner Seite zu haben wähnte. Derselbe benutzte seine Stelle nur, um die Ausschlußbill gegen York zu erzielen und die Krone Monmouth zuzuwenden. Wiederum sollte die Angst vor dem Papistenkomplott die Waffen dazu bieten. Wie auf einen Wink traten jetzt neue Angeber auf und verkündeten neue, unmittelbar bevorstehende Schreckenstaten der Papistenverschwörung. Die guten Bürger von London, denen der letzte große Brand noch frisch in Erinnerung war, hörten mit Grauen, es sei diesmal auf die Einäscherung der ganzen Hauptstadt abgesehen. Man bezeichnete das Haus in der Fetter Lane, wo der Brand gelegt werden sollte. Ludwig XIV., hieß es ferner, rüste seine Flotte und werde um die Mitte Juni in England mit 60000 Mann landen. An der Spitze dieses Heeres werde der Herzog von York wieder einziehen, der jetzt geflohen sei, um sein Leben zu retten. Dann werde er die Krone mit Gewalt nehmen und um die protestantische Religion, ja um das Leben der Protestanten sei es geschehen.

An einem Samstag, am 26. April 1679 (6. Mai), flogen diese Schreckensgerüchte von Mund zu Mund durch die Straßen Londons. Die aufgeregten Massen wälzten sich vor das Parlamentsgebäude, in dessen Räumen die Bestürzung kaum weniger groß war. Das Unterhaus erklärte das Vaterland in Gefahr und beschloß das Unerhörte einer Parlamentssitzung am Sonntag. In dieser Sitzung stellte Shaftesbury die Resolution: Der Umstand, daß der Herzog von York Katholik sei, und die Hoffnung auf seine Thronfolge bilde den stärksten Rückhalt und die Ermutigung für die Papistenverschwörung und bilde mithin eine permanente Gefahr des Reiches. Eine einzige Stimme, die Coventrys, wagte im Unterhaus dagegen zu sprechen; allen übrigen schloß die Furcht den Mund. Lord Russel brachte die Resolution an das Oberhaus, und auch dieses stimmte zu.

Das war nur eine Vorfrage für den Ausschluß Yorks von der Thronfolge. Karl II. suchte wieder zu vermitteln: er machte den Vorschlag, wenn ein Katholik die Krone erbe, so solle ihm die Besetzung der Kirchenämter entzogen, die Berufung eines neuen Parlamentes verboten sein und die Ernennung von Richtern, Offizieren, Mitgliedern des Privy Councils und Statthaltern nur dem Parlamente zustehen. Shaftesbury sagte, diese Beschränkungen wären für einen katholischen König nichts als die Bande eines Samson; spielend würde er sie zerreißen. Das Unterhaus stimmte Shaftesbury bei. Es ernannte eine Kommission zur Untersuchung der Anklage gegen York. Sie stellte aus den Briefen Colemans einige auf den protestantischen Fanatismus berechnete Punkte zusammen: der Herzog von York habe mit den Papst korrespondiert, er habe beklagt, seine Tochter einem protestantischen Prinzen vermählt zu haben, und ähnliche Kapitalverbrechen. Darauf beschloß das Unterhaus am 12./22. Mai zur Sicherung der protestantischen Religion die Aufsetzung der Ausschlußbill. Drei Tage später, am 15./25. Mai, kam die Bill schon zur ersten Lesung. Sie enthält u. a. folgende Sätze: “Dieweil die Sendlinge, Priester und Agenten des Papstes den Herzog von York zur Gemeinschaft mit der Kirche von Rom verführt und ihn bewogen haben, mit dem Papst, den Kardinälen und Nuntien in Verkehr zu treten und die Macht des Königs von Frankreich zu befördern, zur augenscheinlichen Gefahr dieses Königreiches, damit, wenn die Kronen dieser Reiche auf das Haupt eines Papisten gelangten, sie durch auswärtige Mithilfe ihre bösen und schändlichen Pläne durchsetzen könnten: so soll, wenn der gegenwärtige König ohne Leibeserben stirbt, die Krone an den nächsten protestantischen Erben übergeben, als wäre der Herzog von York auch tot usw.” Gleichzeitig erklärten sie den Herzog des Hochverrates schuldig, sobald er es wage, den Boden Englands wieder zu betreten.

Das Parlament ging dann noch einen Schritt weiter. Nach Überreichung einer Ergebenheitsadresse verlangte es am 23. Mai (2. Juni) die Schaffung einer freiwilligen Bürgerwehr von etwa 40000 Mann, vorgeblich zum Schutze der Bürger von London und zur Bewachung der katholischen Lords im Tower, in Wahrheit zur Durchführung seiner Pläne. Der König lehnte ab; das Parlament grollte. Schon hatte es in zweiter Lesung die Ausschlußbill angenommen, da trat ganz unerwartet am 27. Mai (6. Juni) der König in seinem Ornat in den Saal des Oberhauses, beschied das Unterhaus vor dessen Schranken und vertagte das Parlament bis zum 14./24. August, zum größten Ärger Shaftesburys, der sein Ziel schon gesichert glaubte und in seinem Unmut sich äußerte, wer das dem König geraten, der solle es mit seinem Kopfe büßen.

Zeit hatte Karl II. hierdurch allerdings gewonnen. Inzwischen konnten die Gerichte die Angelegenheit der Verschwörung erledigen, und er hoffte dann die Frage der Thronfolge von ruhigeren Gemütern nach seinem Wunsche gelöst zu sehen. Blut, wenn es notwendig war, sollte die Wogen noch einmal glätten. Schon zur Zeit der Sturmflut dieses selben Monates Mai, da infolge der oben mitgeteilten Gerüchte das Ansinnen an ihn gestellt wurde, alle eingekerkerten Priester hinzurichten, hatte er abermals das Leben eines Unschuldigen der Volkswut geopfert.

Der ehrwürdige Benediktiner-Laienbruder Thomas Pickering hatte seit seiner Verurteilung bis zum 9. Mai in den Kerkern der Newgate geschmachtet. An diesem Tag wurde auch er nach Tyburn hinausgeschleift und hingerichtet. Er bezeigte eine große Freude über das Glück, für eine so glorreiche Sache sterben zu können, indem sein Gewissen ihm das Zeugnis gab, dass einzig sein katholischer Glaube und sein Ordensberuf die Schuld seines Todes sei. Auf seiner Seele Seligkeit beteuerte er noch einmal seine volle Unschuld in Gedanken, Worten und Werken an der Tat, die ihm zur Last gelegt werde. Da man ihn für einen Priester hielt, entgegnete er lächelnd: “Nein, in bin nur ein Laienbruder.” Er betete für seine Feinde und Ankläger. Als er gerade von der Leiter gestoßen werden sollte, forderten ihn einige auf, jetzt wenigstens seine Schuld zu bekennen; da schob er seine Mütze ein wenig in die Höhe, blickte sie mit unschuldig lächelnder Miene an und sagte: “Ist das das Antlitz eines Mannes, der mit einer so großen Schuld auf seiner Seele stirbt?” “So beschloß er”, sagt Bischof Challoner, “ein frommes, religiöses Leben mit einem heiligen Tode im 58. Jahre seines Alters und ging lächelnd aus der Welt, bedauert von vielen, die den harmlosen Mann hoch achteten. Von allen damals lebenden Menschen war er vielleicht am wenigsten zu der verzweifelten Tat geeignet, deren er beschuldigt wurde. Er stammte aus einem dem Könige treu ergebenen Geschlechte; sein Vater hatte in den Bürgerkriegen das Leben für die Sache des Königs gelassen.” Sein Name steht auf der Liste der ehrwürdigen Diener Gottes, deren Seligsprechungsprozeß eingeleitet ist. [1929 wurde er von Pius XI. seliggesprochen. Sein Festtag ist der 9. Mai]

8. Kapitel: Neue Bluturteile

Um die Mitte Juni 1679 werde der Herzog von York an der Spitze eines 60 000 Mann starken französischen Heeres landen und gewaltsam die Krone Englands an sich reißen, welche ihm das Parlament, das nunmehr aufgelöst war, auf Shaftesburys Antrag absprechen wollte: so hatten die Stimmführer der protestantischen Partei ausgesprengt, und so glaubten es die Bürger Londons. Die Mitte Juni kam und brachte zwar keine feindliche Landung, dafür aber eine neue große Gerichtsszene, deren Ausgang bei der Aufregung, die gerade in jenen Tagen herrschte, nicht zweifelhaft sein konnte. Der Jesuitenprovinzial Thomas Whitebread und P. Johann Fenwick, welche bei der Gerichtsverhandlung vom 17./27. Dezember 1678 wegen Mangels an Beweisen nicht abgeurteilt worden waren, hatten jetzt endlich wieder vor den Schranken zu erscheinen und zugleich mit ihnen drei ihrer Mitbrüder, die PP. Wilhelm Harcourt (Waring), Johann Green (Gavan) und Anton Turner, wie sie der Teilnahme an der “greulichen Verschwörung” angeklagt.

Oates und Bedloe hatten an dem Silberschmied Prance, von dem wir oben erzählten, und an einem gewissen Mr. Dugdale hilfreiche Genossen in ihrem Gewerbe des Meineids gefunden. Es wäre ja auch zu verwundern, wenn der große Lohn und die öffentlichen Ehren, mit denen Oates und Bedloe von Shaftesbury bedacht wurden, nicht Mitbewerber um den gleichen Preis der Sünde erzeugt hätten.

Stephen Dugdale aus Staffordshire war früher Rentmeister im Dienste Lord Astons von Tixall gewesen; er hatte seinen Herrn betrogen und war schließlich mit 300 Pfund Sterling (6000 Mark) flüchtig geworden. Eine Häscherbande, welche in Staffordshire auf Priester und “Verschworene” fahndete, griff ihn auf und warf ihn als der Verschwörung verdächtig ins Gefängnis. Bei den ersten Verhören leugnete er entschieden jede Mitwissenschaft eines solchen Planes; nach einigen Wochen strenger Haft faßte der Unglückliche den Entschluß, seine Befreiung und reichen Lohn dazu durch meineidige Angaben zu erkaufen. Der Gefangene sagte also, er erinnere sich nun genau der Angelegenheit; sein Herr, Lord Aston, einige andere katholische Edelleute und die Jesuiten Every, Gavan, Walker und Levison seien Mitschuldige. Lord Aston und die genannten Adeligen wurden daraufhin eingekerkert; auf die Köpfe der Jesuiten setzte die Regierung einen Preis von 100 Pfd. St. (2000 Mark).

P. Every und P. Gavan waren so bekannt in Staffordshire, dass es für sie unmöglich schien, den Häschern zu entgehen. Um also keine der katholischen Familien in die Strafe des Hochverrates zu verwickeln, wenn sie in einem Versteck ergriffen wurden, beschlossen sie, die Flucht nach dem Kontinente zu wagen, um in ruhigerer Zeit zu ihrem Arbeitsfelde zurückzukehren. P. Every entkam mit knapper Not; nicht so glücklich war P. Gavan oder Green, wie er eigentlich hieß. In einer Bedientenlivree [Uniform der Dienerschaft] gelangte er zwar auf vielen Umwegen und mit vielen Abenteuern im Januar nach London und hatte sich bereits einen französischen Pass zur Fahrt über den Kanal verschafft. Er hatte die Bekanntschaft eines Kutschers des kaiserlichen Botschafters Grafen Waldstein gemacht und glaubte sich in dessen Stallungen geborgen. Aber die Späher waren ihm auf der Ferse. Sir William Waller holte ihn mit einem Haftbefehl des Privy Councils bei Nacht aus dem Bett des Kutschers und schleppte ihn vor den Rat und trotz seiner glänzenden Verteidigung sofort in die Kerker der Gatehouse.

Der ehrwürdige P. Johann Green war ein geborener Londoner, der 1640 das Licht der Welt erblickte, und stand, als er vor Gericht geführt wurde, in seinem 39. Lebensjahre. Mit 20 Jahren war er 1660 zu Watten in das Noviziat der Gesellschaft Jesu eingetreten, hatte seine Studien in Lüttich und Rom gemacht. Seit 1671 arbeitete er in Staffordshire als eifriger Arbeiter im Weinberg des Herrn, namentlich in der Umgegend von Wolverhampton, mit so großem Erfolg, dass man diese Stadt der großen Zahl der katholischen Einwohner wegen “Klein-Rom” nannte. [Wolverhampton gehörte damals zur Grafschaft Staffordshire, heute gehört sie zu West Midlands. Sie liegt etwa 20 km nordwestlich von Birmingham.] Durch eine außerordentliche Gabe der Beredsamkeit und durch einen freundlichen, gewinnenden Umgang rettete er viele Seelen. Armut, Demut, Frömmigkeit waren seine Lieblingstugenden. Täglich dankte er Gott, dass er arme Eltern gehabt habe und somit keinerlei Vorwand besitze, sich über andere zu erheben oder Vorrechte zu beanspruchen. In Stile jener Zeit pflegte man ihn die “Silbertrompete” zu nennen.

Der ehrwürdige P. Anton Turner, der zweite neue Angeklagte, den wir vor den Schranken des Gerichtes treffen, war der Sohn eines fanatischen protestantischen Predigers. Wir können es uns nicht versagen, die Geschichte seiner Bekehrung hier mit einigen Worten zu erzählen. Der Vater war Pfarrer von Little Dalby, nahe bei Melton-Mowbray, in Leicestershire. Die Mutter, Elisabeth Chescheldine von Brandon, eine durch Geburt und Tugend ausgezeichnete Frau, hatte in ihrem Leben nie einen Katholiken gesehen. Aber angesichts der vielen und verschiedenen Sekten, welche in England damals ihr Haupt erhoben, lebte die fromme Dame in großen Gewissenszweifeln, ob sie nicht am Ende außerhalb der wahren Kirche stehe und in Gefahr der ewigen Verdammnis schwebe. Ihre zwei Söhne Eduard und Anton studierten nach des Vaters Gebot in Cambridge. Als diese nun in die Ferien kamen, forschte die Mutter, was sie auf der dortigen Schule bezüglich der wahren Religion gelernt hätten; die Knaben sagten, darüber hätten sie gar nichts gehört. Da bat die Muter, sie möchten sich doch vor allem über diesen allerwichtigsten und für die ewige Seligkeit entscheidenden Punkt Gewißheit verschaffen; an Geld für die nötigen Bücher hierzu solle es ihnen nicht fehlen. Gehorsam dieser Bitte kaufte Edward die Werke Bellarmins und einige der Kontroversschriften Campions, namentlich dessen “Zehn Gründe” (“Rationes decem”). Das Lesen dieser Schriften, und mehr noch die innere Einsprechung des Heiligen Geistes, überzeugte die Mutter bald von der Wahrheit der katholischen Religion, und sie bat ihre Söhne, einen katholischen Priester aufzusuchen, welcher sie in die Kirche aufnähme.

Das war keine leichte Aufgabe in den Tagen von 1640! Kein Katholik wollte dem Sohne eines so fanatischen Predigers, wie Mr. Turner war, trauen. Die Sache kam aber doch P. Alford, der sich in der Gegend von Melton verborgen hielt, zu Ohren, und jede Gefahr mißachtend, zeigte er sich sofort geneigt, den gewünschten Unterricht zu erteilen; unter den größten Schwierigkeiten wurde das Werk der Bekehrung vollendet. Das konnte dem Ehegemahl nicht lange verborgen bleiben, und nun begann für die heldenmütige Frau eine Zeit des Martyriums. Täglich mißhandelte der rohe Mensch die ohnehin schwächliche Frau mit ausgesuchter Grausamkeit, schlug sie mit Fäusten, mißhandelte sie mit Fußtritten, schleppte sie gewaltsam nach der protestantischen Kirche, an deren Türe sie wiederholt ohnmächtig zusammenbrach, so daß die ganze Gemeinde laut über die Rohheit ihres Predigers murrte. Die heldenmütige Geduld der Mutter bewog bald den ältesten Sohn Eduard ebenfalls zur Rückkehr in den Schoß der heiligen Kirche; noch mehr, er wollte in die Gesellschaft Jesu eintreten. Die Mutter versorgte ihn mit Reisegeld nach Frankreich. Kaum aber hatte der Vater von der heimlichen Abreise seines Sohnes Kunde, so schickte er ihm Häscher nach, die ihn aufgriffen und nach Cambridge brachten, wo er vier bis fünf Jahre gewaltsam zurückgehalten wurde. Nichts konnte aber seinen Entschluß zum Wanken bringen. Inzwischen führte die Mutter zu Hause, wo sie in enger Haft gehalten wurde, ihr Dulderleben mit unerschütterlichem Starkmut, bis sie endlich den Mißhandlungen ihres Mannes erlag. Der liebe Gott fügte es, daß sie auf dem Totenbett alle heiligen Sakramente empfangen konnte; leider erzählten die Jahresbriefe nicht, wie P. Alford das in dem Hause des Predigers bewerkstelligen konnte. Sie starb wie eine Heilige.

Jetzt erst scheint auch ihr jüngster Sohn Anton sich zur Annahme des katholischen Glaubens entschlossen zu haben; bei dem ersten Verdacht erfaßte den Vater eine so unbändige Wut, daß er den Folgen seines Zornes in wenigen Tagen erlag und in halber Raserei starb. Die beiden Brüder eilten nun, nachdem sie noch zuvor alle häretischen Bücher des Vaters den Flammen übergeben, nach Rom, wo sie im Jahre 1650 in das Englische Kolleg eintraten; Eduard war damals 25, Anton 22 Jahre alt. Beide sollten der Titus Oates-Verschwörung zum Opfer fallen; Eduard starb am 19./29. März 1681 im Gatehouse-Gefängnis zu Westminster als glorreicher Bekenner, nachdem Anton ihm als Blutzeuge im Tod vorangegangen war.

Da die Verfolgung ausbrach, arbeitete Anton, den wir jetzt vor den Schranken sehen, als Oberer zu Worcester. Über seine Verhaftung liegt ein doppelter Bericht vor. Dem einen zufolge habe er bei der Nachricht, wie man seine Ordensbrüder überall zum Tode aufsuchte, inständigst Gott gebeten, er möge doch auch ihm die Krone des Martyriums zuteil werden lassen, dann sei er auf besondere Eingebung des Heiligen Geistes nach London gegangen und habe sich den Richtern als einen Priester und Jesuiten freiwillig gestellt. Etwas anderes erzählt der Florus Anglo-Bavaricus. Die Oberen hätten P. Anton Turner aus denselben Gründen, welche P. Green (Gavan) zur Flucht bestimmten, den Auftrag erteilt, England zu verlassen, und er sei wie dieser nach London gekommen, um eine Gelegenheit dazu zu finden. Seine Mitbrüder, von denen er Hilfe erwartete, hatten aber die Hauptstadt verlassen, und so habe sich der gute Pater bald in der äußersten Not befunden. Er habe sich nun in der Lage gesehen, entweder den Beistand katholischer Familien anzusprechen mit der Gefahr, dieselben in das Verderben der vorgeblichen Verschwörer zu verwickeln oder den Hungertod zu wählen, oder endlich sich freiwillig dem Richter zu stellen. Er entschied sich für das letztere; seinen letzten Sixpence (50-Pfennigstück) gab er einem armen Knaben, den er bat, ihn zum nächsten Friedensrichter zu bringen und als gefangenen Jesuiten einzuliefern; so konnte durch den Preis, der auf seinen Kopf stand, doch armen Leuten noch geholfen werden. Der Name des P. Turner war von Titus Oates nie genannt worden, auch nicht von Bedloe, Dugdale oder Prance. Das hinderte aber die Richter durchaus nicht, den Mann, der sich im Gefühle seiner Unschuld selbst überliefert hatte, als Attentäter vor die Schranken zu stellen, wo die Zeugen der Krone auch sofort bereit waren, gegen ihn wie gegen die übrigen meineidig auszusagen.

Der dritte Jesuit, der des gleichen Verbrechens angeklagt vor Sir William Scroggs stand, war ein Greis mit milden, freundlichen Zügen und silberweißen Haaren – der ehrwürdige P. Wilhelm Harcourt (auch Waring und Barrow genannt. Die Strafgesetze, welche jeden Priester mit dem Tod bedrohten, nötigten dieselben, ihren Namen öfters zu wechseln, so dass es heutzutage mitunter schwierig ist, festzustellen, welches ihr eigentlicher Namen war), der Rektor der Jesuiten von London. Im Jahre 1609 (nach anderen 1610) hatte er in Lancashire das Licht der Welt erblickt, war mit 23 Jahren zu Watten in die Gesellschaft Jesu eingetreten und hatte seit 1644 in England 35 gefahrvolle Jahre hindurch am Seelenheil seiner Landsleute gearbeitet. Am 24. November 1646 hatte er Profeß abgelegt. Als der Sturm der Titus Oates-Verschwörung ausbrach, stand er als Oberer der Jesuiten von London auf dem gefahrvollsten Posten. Oates wollte ihn auch mit dem P. Provinzial gleich zu Anfang verhaften lassen; P. Harcourt entging ihm aber in jener Michaeli-Nacht durch einen glücklichen Zufall. “P. William Waring (Harcourt), der Rektor, war wohl bekannt in London,” berichten die Jahresbriefe, “und deshalb dem ganzen Ingrimm der Verfolgung bloßgestellt. Dennoch blieb er auf seinem Posten, um seinen Mitbrüdern, besonders den Gefangenen, in ihrer Not beizuspringen. Durch keine Bitte konnte er bewogen werden, eine Fluchtgelegenheit, die eigens für ihn vorbereitet war, zu benutzen und auf dem Kontinent für einige Zeit Sicherheit zu suchen. Nie unterließ er seine Liebeswerke, noch wollte er damit andere, weniger Bekannte betrauen.” Während er so viele seiner Mitbrüder in Sicherheit brachte, andere tröstete und stärkte, ging er selbst dem gewissen Tod entgegen, dem pflichttreuen Kapitän gleich, der an die eigene Rettung zuletzt denkt. Zwar unterließ er keine gebotene Vorsicht: täglich wechselte er seine Kleidung, Wohnung, seinen Namen und ging so monatelang unerkannt mitten durch die Häscher. Endlich aber war das Maß seiner guten Werke voll. Eine Magd, welcher die Bescheidenheit und äußerste Mäßigkeit des ehrwürdigen Mannes auffiel, schöpfte Verdacht und verriet ihn den Spähern. Sofort wurde er festgenommen und vor die Schranken des Parlaments geführt, wo Oates erklärte, das sei der lange gesuchte Rektor der Jesuiten von London, wie das Tagebuch der Lords unterm 8./18. Mai 1679 bemerkt.

Vor dem Privy Council erweckten die weißen Haare des Greises doch bei manchen Mitgliedern Mitleid. Dem Könige tat es leid, dass derselbe den Häschern in die Hände gefallen: er hätte ihn gerne gerettet. Warum er in England geblieben sei, nachdem der königliche Befehl erlassen, fragte Karl II.; ob er vielleicht nicht gewußt habe, in welcher Gefahr für Freiheit und Leben er schwebe? “Wohl wußte ich das”, entgegnete P. Harcourt, “und ich hätte der Gefahr durch die Flucht auf den Kontinent entgehen können; aber ich wollte in einer so guten Sache meinen Posten nicht verlassen. Auch hat mich ja weder Gefangennehmung noch Kerker als etwas Unvorhergesehenes ereilt, und selbst der Tod ist mir nicht unerwartet; denn in den letzten 20 Jahren ist kein Tag verflossen, an dem ich nicht gebetet hätte, dass früher oder später das alles mir zuteil werden möge, und Gott hat die glühende Sehnsucht meines Herzens gewährt.”

Die beiden übrigen Angeklagten, der P. Provinzial Whitebread und P. Fenwick, hatten schon im Dezember mit P. Ireland vor Gericht gestanden.

Der ehrwürdige P. Thomas Whitebread war in der Grafschaft Essex 1618 von angesehenen Eltern geboren. Er machte seine Studien in St. Omer, trat am Vorabend von Mariä Geburt 1635 zu Watten in das Noviziat der Gesellschaft Jesu, legte am 8. Dezember 1652 seine Profeß ab, arbeitete als Priester und Oberer in verschiedenen Distrikten Englands und übernahm zu Anfang 1678 als Provinzial die Leitung der englischen Ordensprovinz. Großer Seeleneifer, seltene Tugend, Liebe, Leutseligkeit, Demut und Geduld werden ihm nachgerühmt. Als er im Sommer 1678, gerade vor dem Ausbruch des Titus Oates-Sturmes, die Ordenshäuser in Belgien visitierte, hielt er am Fest des hl. Jakobus eine zündende Anrede an seine Mitbrüder, in welcher er, wie es die Überzeugung seiner Zuhörer war, prophetisch von dem Tod sprach, den er nach Jahresfrist erdulden sollte. Zum Gegenstand hatte er die Worte Christi an die Söhne des Zebedäus gewählt: “Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?” und ihre Antwort: “Wir können es.” Wie mehrere Zeugen mit ihrer Namensunterschrift bekunden, sagte er u. a.: “‘Könnt ihr den Kelch trinken usw.’, könnt ihr eine harte Gefangenschaft ertragen? Seid ihr es zufrieden, dass man euch treulos verrät, mißhandelt, in den Kerker schleppt? ‘Wir können es!’ Gott sei gepriesen! Könnt ihr die Leiden des Kerkers ertragen? Auf Stroh schlafen? In Ketten und Banden liegen? Die Folter erdulden? ‘Wir können es!’ Gott sei gepriesen! Ja! Könnt ihr vor den Schranken des Gerichtes stehen, während man falsch gegen euch schwört? Könnt ihr geduldig das Urteil eines ungerechten Richters anhören, der euch zu einem schmerzlichen und schmachvollen Tod verurteilt? Der euch verkündet, dass man euch hängen, aufreißen und vierteilen soll? ‘Wir können es!’ Gott sei gepriesen!” – “Diese Worte”, sagt Joseph Wakeman als Augenzeuge, “sprach er betend, mit gefalteten Händen und zum Himmel erhobenen Augen. Die innere Glut riß ihn so mit sich fort, dass er über die gewöhnliche Zeit hinaus sprach.” Seine Worte wurden damals schon von seinen Zuhörern als prophetische betrachtet; soviel ist gewiß, dass sie sich in Jahresfrist bewahrheiteten. Noch andere Beispiele seines prophetischen Geistes sind uns von Zeitgenossen überliefert.

Der ehrwürdige P. Johann Fenwick (auch Caldwell) war das Kind protestantischer Eltern aus der Grafschaft Durham; er wurde 1628 geboren. Als Knabe schon erkannte er die Wahrheit der katholischen Kirche und kehrte zu derselben zurück. Weder Bitten noch Drohungen seiner Eltern konnten ihn verführen; sie verstießen ihn endlich, und er fand seinen Weg nach St. Omer, wo ihm eine freundliche Aufnahme zuteil wurde. 1656 trat er zu Watten in das Noviziat der Gesellschaft Jesu, versah eine Reihe von Jahren das Amt des Prokurators im Kolleg von St. Omer und wurde 1675 als Missionär in seine Heimat gesandt. Nur drei Jahre arbeitete er hier mit großem Seeleneifer, bis er Titus Oates in die Hände fiel. Wir sahen ihn schon mit P. Ireland vor den Schranken stehen. Dann mußte er in der Newgate schmachten, bis endlich die “Beweise” gegen ihn erbracht waren. Inzwischen hatten seine Fesseln so tiefe Wunden in seine Glieder geschnitten, dass die Ärzte eine Amputation für nötig hielten und dieselbe nur unterließen, weil er ja doch zum Galgen verurteilt sei. Dazu fiel ihm ein protestantischer Prediger mit seinen “Bekehrungsversuchen” noch lästig.

Das also sind die fünf Angeklagten, welche am 13./23. Juni 1679 vor den Schranken der Old Bailey von London zu erscheinen hatten. Ein Benediktinermönch, P. Jakob Corker [Anmerkung Spillmanns: Dom Jakob Corker war ein Mönch der Benediktinerabtei Lampspring. Am 18. Juli 1679 hatte er mit seinen Ordensgenossen W. Marshall und W. Ramley wieder vor Gericht zu erscheinen; sie wurden alle drei von der Teilnahme an der “Verschwörung” freigesprochen. Als Priester nach dem Gesetz aus dem 27. Regierungsjahr Elisabeths angeklagt, wurde Corker zum Tode verurteilt, dann zu lebenslänglichem Kerker begnadigt, aber nach der Thronbesteigung Jakobs II. alsbald befreit. Er lebte dann am Hof als Geschäftsträger des Kurfürsten von Köln, des Fürstbischofs Ferdinand von Bayern. 1691 wurde er Abt von Cismer und 1693 von Lambspring, welche Würde er 1696 niederlegte. 1715 starb er zu Paddington bei London, allgemein geachtet von allen, die ihn kannten. Er persönlich soll über 1000 Konvertiten der Kirche zugeführt haben. Von seiner Liebe zu dem ehrwürdigen Blutzeugen Oliver Plunket, Erzbischof von Armagh, wird später die Rede sein], der spätere Abt von Lambspring, war zwar mit den Jesuiten vor die Schranken gestellt worden; da er aber gleich bei Eröffnung des Gerichtes Aufschub beantragte, weil man ihn erst am Vorabend mit der Klage bekannt gemacht, während dieses Mal die übrigen acht Tage Frist zur Beibringung der Schutzzeugen hatten: so gewährten die Richter seine Bitte und ließen ihn in den Kerker zurückführen. Die schreiende Ungerechtigkeit gegen P. Ireland in der Gerichtssitzung vom Dezember 1678 scheute man sich doch, noch einmal zu begehen. Man wollte den richterlichen Anstand etwas besser wahren, sah sich aber der offenbaren Unschuld der Angeklagten gegenüber bald wieder in der Notwendigkeit, ähnliche und noch flagrantere Rechtsverletzungen zu begehen.

Da die Verhandlung im ganzen derjenigen vom Dezember gleicht, die ausführlich geschildert wurde, beschränken wir unsere Erzählung auf die wichtigeren Zwischenfälle. Den Vorsitz führte wieder der Oberrichter Sir William Scroggs. Nach Verlesung der Anklageakte erhoben P. Provinzial Whitebread und P. Fenwick die Einrede: nach englischen Recht dürfte niemand wegen derselben Sache zweimal vor denselben Richtern auf Leben und Tod angeklagt werden; nun aber seien sie schon einmal vor eben diesem Gerichtshof in dieser Sache auf Leben und Tod angeklagt gewesen: also habe dieser Gerichtshof keine Befugnis über sie. “Ich rede nicht für mich allein, sondern im Interesse der ganzen Nation. Kein Mensch soll derselben Sache wegen zweimal auf Leben und Tod angeklagt werden. Mit demselben Grund könnte man ihn zwanzig- oder hundertmal vor Gericht stellen”, sagte P. Whitebread.

Der Lord Oberrichter suchte den Einwand zu entkräften: “Ihr wart noch nicht in Lebensgefahr; denn die Jury war noch nicht aufgefordert, ein Verdikt abzugeben.” “Mit Vernunft, Mylord”, antwortete P. Whitebread, “wir schwebten wohl in Lebensgefahr”, und dann führte er einen Präzedenzfall aus dem 31. Regierungsjahre der Königin Elisabeth an, wo ein gewisser Seyer aus keinem anderen Grunde freigesprochen wurde, als weil er nicht zum zweiten Mal wegen derselben Angelegenheit auf Leben und Tod angeklagt werden dürfe. Richter North kam Scroggs zu Hilfe: erst wenn die Jury sich zum Verdikt zurückziehe, könne man sagen, ein Angeklagter schwebe in Lebensgefahr. Mit Recht behauptete P. Fenwick: “Wir schwebten ebensowohl in Lebensgefahr als diejenigen, welche hingerichtet wurden.” Aber es stand nicht zu erwarten, dass die Richter das Gesetz gegen sich selbst auslegen würden, und so geschah, was vorauszusehen war: der Einwand wurde als nichtig erklärt. Die beiden Jesuiten fügten sich und nahmen ihren Platz neben ihren drei Mitbrüdern, nachdem sie wie jene auf die Frage des Richters mit “Nicht schuldig” geantwortet hatten.

Es folgten die Aussagen der Belastungszeugen. Oates sagte ungefähr dasselbe wie im Dezember über die Versammlung der Jesuiten vom 24. April 1678, in welcher die Ermordung des Königs beschlossen worden sei, und über die Bestechung des königlichen Leibarztes Wakeman, welcher sich für 60 000 Goldkronen verpflichtet habe, den König zu vergiften. Dann fügte er seiner früheren Aussage hinzu, Harcourt und Fenwick hätten am 21. August 1678 300 Goldkronen (mehr oder weniger) an die vier Mörder nach Windsor geschickt, um den König zu meucheln. Am folgenden Tag habe eine Versammlung zum Zweck der Ermordung des Königs stattgefunden; einige Benediktinermönche hätten sich an derselben beteiligt. Da sei aus Briefen des Erzbischofs von Dublin mitgeteilt worden, eine Verschwörung behufs Ermordung des Herzogs von Ormond, des Befehlshabers von Irland, und zur Bewaffnung der Irländer sei vorbereitet. P. Turner habe der Verschwörung beigewohnt und die Beschlüsse unterzeichnet. Ob auch P. Gavan (Green) gegenwärtig gewesen, wage er nicht zu behaupten: jedenfalls habe er die Beschlüsse gebilligt, denn Oates habe dessen eigenhändige Unterschrift gesehen, und er kenne seine Hand ganz gut, denn er habe ihn Ende Juli oder Anfangs August 1678 im Zimmer Irelands etwas abschreiben sehen.

Dugdale bezeugte: “Während Harcourt vor drei Jahren im Hause Lord Astons etwas abschrieb, hatte ich Gelegenheit, seine Handschrift mir zu merken. Später sah ich einen Brief von seiner Hand, der durch den öffentlichen Briefboten an den Jesuiten Every bestellt wurde; derselbe wurde durch dieses Schreiben beauftragt, zuverlässige und verwegene Burschen – ob es nun Edelleute oder gemeines Volk wären – zur Ermordung des Königs anzuwerben. Ich nahm wiederholt im Zimmer Everys an den Verhandlungen in dieser Angelegenheit teil; Gavan (Green) hielt dabei eine Ansprache, in welcher er aus verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift die Erlaubtheit und das große Verdienst einer solchen Handlung bewies. Ich selbst wurde aufgefordert, die Tat zu unternehmen; ich bekam 600 Goldkronen dafür und sollte noch 400 erhalten, sobald der Mord geschehen wäre. Überdies versprach mir P. Gavan zum Lohn für meine Dienste einen Platz im Heiligenkalender. Turner verschwor sich vor zwei Jahren im Zimmer P. Everys gegen das Leben des Königs, auch unternahm er es, für die Sache in Worcestershire zu wirken. Endlich sah ich einen Brief Warings an Every mit dem Datum vom 14. Oktober 1678, in welchem deutlich die Worte zu lesen waren: ‘Heute Abend wurde der Friedensrichter Godfrey ermordet’.”

Der unglückliche Prance gab an: “Vor einem Jahre sagte mir Waring (Harcourt), als er mir eine silberne Statue bezahlte, welche ich für ihn gemacht hatte, die Ermordung des Königs sei nunmehr als ein Ding der Notwendigkeit beschlossen.” – “Was?” unterbrach P. Harcourt den Zeugen, “wagt Ihr zu behaupten, ich hätte jemals so etwas gesagt?” – “Ja”, antwortete Prance, das Gesicht den Richtern zuwendend, “während er mir im Beisein eines gewissen Thomson den Preis für vier Leuchter bezahlte. Auch hörte ich Fenwick in Irelands Zimmer sagen, es seien 40000 Soldaten unter den Fahnen von Powis, Arundel und Belasyse für einen Religionskrieg angeworben worden.”

Bedloe endlich hatte die Stirne, seine eigene, vor den gleichen Richtern im Dezember gemachte eidliche Aussage umzustoßen. Er hatte geschworen, die Patres Whitebread und Fenwick seien ihm persönlich unbekannt; er wisse nichts gegen sie auszusagen. Jetzt schwur er, Whitebread sei ihm von allen Jesuiten am besten bekannt, obschon er das bei der letzten Gerichtsverhandlung “aus guten Gründen” geleugnet habe. “Er sagte mir im Beisein Colemans, wie er vier Mörder nach Windsor geschickt habe, um den König zu meucheln. Waring (Harcourt) bezahlte das Geld, das den Mördern nach Windsor geschickt wurde, und gab dem Boten vier Goldkronen Trinkgeld, dass er sich beeile. Fenwick kam auch dazu und half beim Bezahlen.” Dieses schamlose Geständnis, dass die frühere Aussage ein Meineid gewesen sei, bewog denn doch einen der Richter zum Antrag, das Zeugnis Bedloes nicht zuzulassen; die übrigen Richter aber, der Oberrichter Scroggs an ihrer Spitze, entschieden dennoch, mit Rücksicht auf den Generalpardon des Königs, für die Zulässigkeit des Meineidigen.

Die Aussagen der Zeugen wurden von den dichtgefüllten Gallerien mir lautem Jubel und Beifallklatschen begrüßt. P. Nikolaus Blundell, welcher der Gerichtsverhandlung beiwohnte, sagt, die Wut und Rohheit der Menge habe das wüste Treiben einer Bärenhetze übertroffen. Und inmitten dieser tobenden Rotte, welche dem Ernste und der Würde eines Gerichtes Hohn sprach, standen die fünf Angeklagten ruhig, bescheiden, gehoben durch das Bewußtsein, dass nur der Haß gegen ihre Religion und ihren Orden ihr Verderben wolle.

Wahrhaft glänzend verteidigten die Angeklagten ihre Unschuld. Das Hauptgewicht wendeten sie gegen Oates, den Erfinder und Urheber der ganzen meineidigen Anklage, und der Beweis gestaltete sich geradezu vernichtend für diesen Mann; vor jedem anständigen Gerichtshofe würde man ihn sofort verhaftet haben. Der Jesuitenprovinzial begann also: “Ich danke Gott, Mylord, dass ich vor dem Tode nicht zittere; aber ich möchte mich doch nicht freiwillig einem ungerechten Tod in die Arme werfen. Euer Lordschaft wird hoffentlich bedenken, dass jedermann sein Leben teuer, und dass die Erhaltung des Lebens für jeden Manschen eine Pflicht ist: es muß ihm also auch das Recht zugestanden werden, dasselbe nach Kräften zu verteidigen. Dass man ferner durch einen Meineid ebenso wohl als mit Messer und Pistole einen Menschen morden kann, bedarf keines Beweises. Ich meine nun, wer auftritt und einen Menschen auf Leben und Tod anklagt, der muss nicht nur in den Augen des Gefangenen, sondern auch in den Augen der Richter und Geschworenen als ein probus testis, als ein glaubwürdiger Zeuge dastehen. Ich habe aber Gründe vorzulegen, dass Mr. Oates kein solcher Mann ist.”

P. Whitebread betonte nun zunächst die innere Unwahrscheinlichkeit, dass er einen Menschen wie Oates, einen ihm unbekannten Mann, so zum Vertrauen seiner geheimsten Pläne hätte machen sollen. Das Gleiche hob P. Fenwick hervor, wie es ihm denn nur hätte einfallen können, einem Menschen, der kurz vorher seiner schlechten Ausführung wegen aus dem Kolleg in St. Omer fortgejagt worden sei, so gefährliche Briefe zu zeigen.

Dann kam der Meineid zur Sprache, den Oates in der Gerichtssitzung von Dezember geschworen und der P. Ireland dem Henker überliefert hatte. Oates hatte damals gesagt, P. Ireland sei um die Mitte August oder am 1. oder 2. September in London gewesen; wenn dies als eine Lüge erwiesen wurde, durfte Oates als Meineidiger nicht vernommen werden: so schlossen die Angeklagten. Sie wußten, dass heute jene Zeugen gegenwärtig waren, deren Vorladung P. Ireland damals so dringend, freilich umsonst, gefordert hatte, und wenn sie nun auch das Leben des unschuldig Hingerichteten nicht mehr retten konnten, stand doch zu erwarten, dass ihre Aussage den Zeugen mit dem Brandmale des Meineides bezeichnen würde. Die Richter erkannten die Tragweite eines solchen Beweises und gaben sich alle Mühe, das Zeugenverhör, welches für ihr letztes Bluturteil vernichtend lauten mußte, zu hintertreiben. Die Angeklagten, erklärten die Richter, hätten kein Recht, den Prozeß P. Irelands noch einmal vor die Schranken zu ziehen; man könne nicht gestatten, dass zwei Prozesse miteinander verquickt würden; sie hätten Oates in einer besonderen Anklage wegen Meineids belangen sollen; nur wenn sie eine seiner Aussagen, die er jetzt in dieser Verhandlung mache, als eine Lüge erweisen könnten, würde man ihnen erlauben, den Meineidsbeweis gegen ihn anzutreten. Der Bemerkung P. Greens, wenn sie bewiesen, dass Oates einmal einen Meineid geschworen, so dürfe er nicht mehr als Zeuge zugelassen werden, begegnete der Lord Oberrichter wieder mit dem Bemerken, das müßte aber erst in einer besonderen Verhandlung erwiesen sein, und sie könnten unmöglich zwei Prozesse miteinander vermengen.

Schon schien der Gerichtshof dem unliebsamen Zeugenverhör glücklich ausgewichen zu sein, da gelang es den Angeklagten dennoch dasselbe zu erzwingen. Sie wandten sich an Oates mit der Frage, ob er denn heute nicht mehr zu seiner bei der letzten Gerichtssitzung gemachten Behauptung stehen wolle? Unvorsichtig genug sagte Oates, was er damals gesagt, behaupte er auch jetzt noch, zwischen dem 8. und 12. August habe er Ireland in London gesehen. Damit hatte er sich die Hintertür verschlossen, durch welche ihn die Richter entschlüpfen lassen wollten: sie mußten nun die Vorführung der Schutzzeugen für P. Irelands Alibi erlauben.

Lady Southcot wurde aufgerufen. Sie sagte: vom 5. bis 16. August sei P. Ireland in ihrer Gesellschaft gereist. – Lord Oberrichter: “Und Sie waren Tag für Tag zusammen?” – Lady Southcot: “Ja, jeden Tag.” – Lord Oberrichter: “Sind Sie gewiss, dass die Reise am 5. August begann?” – Lady Southcot: “Ja, so gewiss als ich nur einer Sache sein kann.” Oates fing an zu fürchten und wollte die früher erwähnte Sarah Paine als Gegenzeugin aufrufen; man bedeutete ihm, er solle noch warten. – Lord John Southcout wurde nun verhört. Er bestätigte mit P. Ireland, den er von Gesicht gekannt habe, am 5. August in St. Albans zusammengetroffen und mit ihm wenigstens zwölf Tage gereist zu sein. Mr. Eduard Southcot sagte ganz übereinstimmend, am 3. August sei er bei Lord Aston zu Stanmore gewesen; da habe man ihm gesagt, P. Ireland sei angekommen. Am 4. in der Frühe habe er ihn gesehen, sei am 5. mit ihm nach St. Albans gereist und dann weiter, so dass er im Ganzen vom 4. bis zum 16. August beständig in seiner Gesellschaft gewesen sei. Diesen Edelleuten folgte eine ganze Schar Zeugen beiderlei Geschlechts, welche alle einstimmig die gleiche Aussage bezüglich der Abwesenheit P. Irelands von London machten und trotz des schärfsten Kreuzverhöres seitens der Richter aufrecht hielten. Oates konnte diesem erdrückenden Zeugnis von 16 unbescholtenen Personen gegenüber nichts anderes tun, als sich auf die Aussage der Sarah Paine berufen, welche ihr früheres Zeugnis frech wiederholte, und Scroggs kam endlich dem Meineidigen mit der uns schon bekannten Ausrede zu Hilfe: man könne sich ja in der Zeitangabe täuschen, und ein solcher Irrtum hebe keineswegs die Glaubwürdigkeit eines Zeugen auf.

Nach diesem Vorspiel, das vor gerechten Richtern allein schon entscheidend hätte wirken müssen, kam der Hauptpunkt der Verteidigung. Oates hatte geschworen, er sei im April 1678 in Begleitung der Patres Neville, Pole, Sir Thomas Preston (S. J.), Sir John Warner (P. Clare S. J.) und eines gewissen Studenten Hildesley von St. Omer nach London gereist und habe daselbst am 24. April der Versammlung der Jesuiten beigewohnt. Beide Punkte dieser Behauptung, sowohl die Reise in der angegebenen Begleitung, als den Aufenthalt in London zu der angegebenen Zeit, schickten sich die Angeklagten an, mit einer Schar von Zeugen zu widerlegen. In der Gerichtssitzung vom Dezember hatte Sir William Scroggs das schriftliche, durch die Behörden von St. Omer beglaubigte Zeugnis als unzulässig zurückgewiesen; jetzt aber waren nicht weniger als 14 Mitschüler und sonstige Bekannte des Oates von St. Omer herübergekommen, darunter Söhne des höchsten katholischen Adels Englands, um den Erfinder der Verschwörungsgeschichte Auge in Auge des Meineides zu zeihen. Sie alle bezeugten, dass Oates vom 10. Dezember 1677 bis zum 23. Juni 1678 beständig in St. Omer war und niemals in dieser Zeit ausserhalb des Hauses weder aß noch schlief, mit Ausnahme eines einzigen Tages: seine Behauptung, er sei in dieser Zeit nach London gereist und auf der Provinzialkongregation der Jesuiten gewesen, war also ein in die Augen springender Meineid.

Wir wollen einige Auszüge aus den Gerichtsprotokollen bezüglich dieses wichtigen Zeugenverhörs geben. Mr. Hildesley, ein junger Mann von 23 Jahren aus angesehener Familie, war der erste Zeuge von St. Omer. Die Richter fuhren ihn an: “Welcher Religion gehören Sie an?” – Mr. Hildesley: “Meine erste Pflicht ist der Dienst Gottes, dann der Sr. Majestät.” – Richter Pemberton: “Sind Sie Katholik?” Lord Oberrichter: “Sind Sie römisch-katholisch?” – Hildesley: “Ja, Mylord, das bin ich.” Trotz dieses Gebarens seitens der Richter und des Hohngelächters der Zuhörerschaft, das sich bei jedem der folgenden Zeugen wiederholte und das wohl geeignet gewesen wäre, die Jünglinge einzuschüchtern, erklärte Mr. Hildesley auf das Bestimmteste, er sei nicht mit Oates nach London gereist. William Parry, ein Schüler der oberen Klassen von St. Omer, bezeugte ebenso bestimmt, Oates sei vom Dezember bis Ende Juni mit Ausnahme einer einzigen Nacht, die er in Watten zubrachte, beständig in St. Omer gewesen; keine Zwischenfragen der Richter erschütterten dieses Zeugnis, das denn doch nicht ganz ohne Wirkung blieb. – Ebenso bezeugte Doddington, ein Jüngling von 18 Jahren, und erwähnte ausserdem, dass er sich bestimmt erinnere, wie Oates gerade an dem 24. April wegen eines Unwohlseins auf das Krankenzimmer gekommen sei, wo er ihn zwei oder drei Tage später besucht habe; das schärfste Kreuzverhör konnte diese Aussage nicht erschüttern. – Mr. Gifford zeugte übereinstimmend. Als er sich des Ausdruckes bediente: “Ich sah Oates bis in den Juni im Kolleg von St. Omer, wenn ich meinen Augen trauen darf”, unterbrach ihn der Lord Oberrichter mit den schlechten Witze: “Ihre Religion verbietet Ihnen aber, den eigenen Augen zu trauen,” der natürlich von den Galerien mit lautem Halloh begrüßt wurde. – Thomas Palmer, der Sohn des königlichen Mundschenks Sir Philipp Palmer, bezeugte ganz dasselbe wie seine Mitschüler, und so alle folgenden Zeugen. Besonders sind noch die Aussagen John Halls und Cooks hervorzuheben; der erstere, der Diener des Speisesaales, bezeugte, dass er vom Dezember bis Juni täglich für Oates gedeckt habe; der letztere, der Schneider des Kollegs, sagte ebenso positiv, Oates sei bis zum 23. Juni in St. Omer gewesen; er selbst habe ihm für seine Abreise einen neuen Anzug gemacht.

Ganz in ähnlicher Weise wurden die Angaben Oates in betreff seiner übrigen vorgeblichen Reisegefährten widerlegt, indem Laienbrüder aus St. Omer, Watten und Lüttich nachwiesen, dass die genannten Patres in der angegebenen Zeit in jenen Kollegien weilten und keine Reise nach London machten. Es war ein wahres Glück, dass man die mutigen Zeugen nicht als Mitglieder des Jesuitenordens erkannte; sie wären sonst unfehlbar von der Zeugenbank in das Gefängnis geführt worden. So aber stand Oates diesen Aussagen sprachlos gegenüber; er war auf sie nicht gefaßt, während er das Zeugnis der Studenten von St. Omer vorhergesehen und sich in seiner Weise gegen dasselbe gewaffnet hatte.

Der erste Zeuge, den Oates aufrief, war ein gewisser William Walker, ein protestantischer Prediger. Derselbe beschwor, er sei Ende März oder Anfangs April 1678 in St. Martins Lane (einer Gasse Londons) einem verkleideten Manne begegnet, der ihm bekannt vorgekommen sei, an dessen Namen er sich aber nicht erinnern konnte. Später sei ihm eingefallen, das sei Oates gewesen, den er früher gekannt, aber seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er sei dann am folgenden Morgen in eine Schenke gegangen und habe dort eine Mrs. Ives, die Oates gekannt, nach demselben gefragt und ihr gesagt, er habe ihn tags zuvor gesehen. Das sei alles, was er wisse; er sei ihm später nicht wieder begegnet. Der Oberrichter North fragte den Zeugen, ob er sich des Datums nicht genauer erinnern könne. Die Antwort lautete, es könnt allenfalls auch Mitte April gewesen sein; es sei schon lange her und er habe es sich nicht so genau gemerkt. Bei diesem so unbestimmten Zeugnis, das einer Täuschung so sehr ausgesetzt war, ermangelte Sir William Scroggs nicht, ein Siegesgeschrei zu erheben. “Dieses Zeugnis”, rief er, “widerlegt alle Aussagen eurer Schuljungen, wenn es auch nicht genau auf den 24. April lautet. Wenn es wahr ist – und wir haben keinen Grund, das Gegenteil anzunehmen – stößt es ihr ganzes Zeugnis um; denn sie behaupten, er sei den ganzen März, April und Mai in St. Omer gewesen.

Mrs. Ives wurde dann aufgerufen und bestätigte, Mr. Walker habe ihr wirklich damals von seiner Begegnung mit Oates erzählt. Drei weitere Zeugen hatte Oates aus dem Hause des Apothekers Sir R. Barker, eines glühenden Katholikenfeindes, in welchem er als Hausfreund verkehrte, zusammengebracht. Eine Magd behauptete, der Bediente Page habe ihr eine Woche vor Pfingsten einen vermummten Mann als Oates gezeigt und sie habe ihn eine Woche nach Pfingsten wieder gesehen. Dasselbe bezeugte der Bediente Page und der Kutscher Butler; Sir R. Barker selbst konnte sich mit Bestimmtheit nur daran erinnern, Oates Ende Juni oder Anfang Juli gesehen zu haben, in welcher Zeit derselbe wirklich in London war. Ein gewisser Smith, ein Schulmeister von Islington, sagte dagegen, er habe Anfangs Mai mit Oates zu Mittag gespeist; der unglückliche Mensch widerrief später in einer Druckschrift diese Aussage und bekannte seinen Meineid. Endlich trat für Oates ein Priester und Ordensmann auf. Nach den “Jahresbriefen der englischen Ordensprovinz” war der Mann geistesschwach; nach anderen Quellen müßten wir ihn für einen unseligen Apostaten halten; auf die Frage des Lord Oberrichters, ob er römisch-katholisch sei, sagte er, er gehöre der Kirche von Rom an, nicht aber der Kurie von Rom. Sein Name ist Clay. Er sagte aus, er sei mit Oates im April 1678 bei Lord Charles Howard in Old-Arundel-House zusammengetroffen. Schon am nächsten Tag wurde dieses Zeugnis von dem edlen Lord persönlich widerlegt; das Zusammentreffen habe im Jahre 1677 und nicht 1678 stattgefunden. Diese Zurechtstellung kam aber leider zu spät.

Es läßt sich nicht sagen, mit welchem Jubel von den Galerien, von den Geschworenen, ja von den Richtern diese Zeugnisse zu Gunsten Oates begrüßt wurden. “Eine volle Viertelstunde”, erzählt P. Blundell, der Augenzeuge dieses Dramas, “konnte die Stimme des Herolds bei dem Gelächter und dem Gejohle, das die Halle erfüllte, kaum verstanden werden.” – “He, wie steht es jetzt mit den Schuljungen von St. Omer?” rief Richter Dolben. – “Nun, meine Herren,” höhnte der Lord Oberrichter, “was haben Sie nun für eine Entgegnung? Sie haben euch mit einer vollen Lage verdient!” – “Geschwind, Mr. Whitebread, was sagen Sie zu all dem?” sekundierte der Oberrichter North.

Der Provinzial ließ sich keinen Augenblick aus der Fassung bringen. “Meine Entgegnung lautet also”, sagte er. “Zunächst konnte Oates bei der letzten Gerichtsverhandlung, als ich ihn drängte, einen Zeugen beizubringen, der ihn damals in London gesehen, keinen Menschen nennen. Auch später, als er vor dem Komitee verhört wurde, wußte er noch keinen zu bezeichnen. Er behauptete damals, er habe ganz verborgen im Hause Mr. Groves verweilt; wir können das als eine Lüge beweisen: Endlich sagte er ganz bestimmt, er habe fast niemand gesehen und sich überhaupt nur sechs Tage in London aufgehalten. Nun wollen die Zeugen ihn Ende März oder Mitte April gesehen haben, während er doch selbst angibt, er sei am 14./24. April mit Hildeslay herübergereist!” – Lord Oberrichter: “Er sagt, er sei am 17. April angekommen; das stimmt ganz mit den Aussagen der Zeugen.” – P. Whitebread: “Mr. Oates behauptet ausdrücklich, er habe sich hier nur sechs Tage aufgehalten.” – Lord Oberrichter: “Und weshalb soll denn das nicht stimmen?” – P. Whitebread: “Nein, Mylord, das kann nicht stimmen. Wenn er am 17. April hier ankam und bis Ende Mai hier verweilte (Pfingsten fiel 1678 auf den 19. Mai), so kann er nicht bloß sechs Tage hier gewesen sein.” Die Widerlegung war handgreiflich, die Richter aber flüchteten zu ihrer alten Ausrede, man könne sich, was die Zeitumstände angehe, leicht täuschen und Mr. Oates müsse trotz dieser kleinen Ungenauigkeiten als ein probus testis, ein glaubwürdiger Zeuge, angesehen werden.

Ähnlich gestaltete sich die Verteidigung gegen die übrigen Zeugen der Krone. Bei Bedloe hoben die Angeklagten natürlich den offenen Widerspruch zwischen seiner ersten und heutigen Aussage hervor. Die “guten Gründe”, welche ihn im Dezember, wie er selbst eingestand, zum falschen Zeugnis bestimmten, erklärte der schamlose Mensch also: er habe damals mit einem gewissen Mr. Reading in Unterhandlung gestanden und sei halb entschlossen gewesen, sowohl die katholischen Lords, die im Tower gefangen lagen, als auch die angeklagten Jesuiten entschlüpfen zu lassen. Deshalb habe er damals nicht die ganze Wahrheit gesagt; jetzt aber habe sich die Sache zerschlagen und er wolle nun nichts mehr verheimlichen – Gegen Dugdale führte P. Green einen glänzenden Alibi-Beweis, der aber mit Hohn zurückgewiesen wurde, weil seine Zeugen – sämtlich Katholiken seien! Das war überhaupt in den letzten Stunden der Gerichtsverhandlung das einzige Argument der Richter: die katholische Religion dispensiert von Eiden; also darf man keinem Eidschwure eines Katholiken trauen “Sind Sie römisch-katholisch?” war daher die ständige Frage des Lord Oberrichters an alle Entlastungszeugen, und bei der bejahenden Antwort erhob sich immer ein schallendes Gelächter. “Sie haben auch nicht einen einzigen protestantischen Zeugen für Ihr Alibi beigebracht”, schloß Sir William Scroggs diesen Teil der Verhandlung.

Da erklärte sich P. Green (Gavan) bereit, seine Unschuld durch ein Gottesgericht zu beweisen. Er wollte barfuß und mit verbundenen Augen über glühende Eisenplatten schreiten; Gott werde ihm helfen, da ihm kein anderes Mittel zum Beweise seiner Unschuld vergönnt sei. Wir müssen wohl annehmen, dass diese Berufung auf das wunderbare Eingreifen des ewigen Hortes der Unschuld eine außerordentliche Eingebung des Heiligen Geistes war, wie uns ja ähnliche Fälle aus dem Leben der Heiligen bekannt sind. Der Gerichtshof war einen Augenblick außer Fassung; dann aber wies Sir William Scroggs auch dieses Anerbieten des Unschuldigen mit Hohn zurück.

Nach Beendigung des scharfen Verhöres, das alle Schutzzeugen unter dem wilden Geschrei der Galerien bestehen mußten, wandte sich der Lord Oberrichter mit der Frage an die Angeklagten, ob sie noch etwas zu ihrer Verteidigung vorzubringen hätten. Da erhob sich P. Green und richtete eine Ansprache voll Kraft und Klarheit an die Geschworenen, so dass anwesende Rechtsgelehrte erklärten, sie hätten kaum jemals von den gefeiertsten Anwälten eine ähnliche, auch vom juristischen Standpunkte aus unübertreffliche Verteidigung gehört. Sir William Scroggs suchte umsonst durch Unterbrechungen und Zwischenrufe den Angeklagten zu verwirren; er behielt seine volle Ruhe und sprach mit einer Überzeugung und Wärme, welche auf jeden auch nur halbwegs billigen Gerichtshof Eindruck gemacht haben müßte. Er redete für sein Leben, ja für seine Religion und seine Ehre, sagte er, die ihm lieber seien als sein Herzblut, und bitte deshalb die Geschworenen, ihn mit Geduld zu Ende zu hören. Green war ein vorzüglicher Redner und hatte eine ungemein wohlklingende Stimme. Aber vor diesen durch Sektenhaß fanatisierten Menschen vermochten weder Gründe noch Beredsamkeit etwas, und auch P. Greens Worte verhallten fruchtlos.

Die übrigen Angeklagten sprachen nur wenige Worte. Alle wiesen auf die innere Unglaublichkeit der Behauptungen des Oates und auf die Widersprüche der Zeugen hin. Der greise P. Harcourt erinnerte an seine 70 Jahre, die er in Ehren so verlebt, dass ihn nie auch nur die geringste Schuld vor einen Richterstuhl gebracht; auch jetzt noch hoffe er, die Unschuld werde erkannt werden.

Dann hielt der Lord Oberrichter eine seiner Donnerreden an die Jury; sie übertraf womöglich noch die Tiraden vom 17. Dezember, die wir oben mitteilten. In derselben nannte er die Zeugen von St. Omer junge Laffen [unreife, nicht ernstzunehmende Jungen], denen man als einen Glaubensartikel beigebracht habe, falsches Zeugnis sei erlaubt, wenn es sich um das Beste der Religion handle. Doch fühlte er sich genötigt, seiner Rede den Satz einzufügen: "Obschon ihre ganze Verteidigung sich nur auf den Beweis beschränkt, dass die (von den Zeugen angegebene) Zeitangabe nicht stimme, darf doch dieser Punkt nicht ganz leicht genommen werden, indem er in der Tat beträchtlich zu ihren Gunsten in die Wagschale fällt.“ Das hinderte ihn aber nicht, den Geschworenen zuzurufen: "Sie verteidigen ihr Leben wie ihre Religion mit schwachen Beweisen und elenden Sophismen.“

Nach einer Viertelstunde kamen die Geschworenen zurück und sprachen das "Schuldig“. Es war acht Uhr abends; die Verhandlung hatte den ganzen Tag gedauert, und so wurde der Urteilsspruch auf den nächsten Tag verschoben.

"Ich war von fünf Uhr morgens bis zum Schluss der Verhandlung gegenwärtig,“ erzählt P. Blundell, womit er aber wohl nicht sagen will, die Verhandlung habe zu so früher Morgenstunde begonnen; wahrscheinlich musste er wegen des ungeheuren Andranges der Menge so zeitig auf dem Platze sein. "Die Angeklagten benahmen sich, wie es religiösen und apostolischen Männern geziemt. Die bitteren und verletzenden Worte des Richters, das Gelächter und Gejohle des Volkes nahmen sie entgegen ohne das geringste Zeichen von Ungeduld. Die gegen sie vorgebrachten Klagen widerlegten sie so klar und mit so vollkommener Selbstbeherrschung, die sich auch in ihren Mienen widerspiegelte, dass sie, wie einige Anwesende laut behaupteten, ganz bestimmt von jedem Verdacht einer Schuld freigesprochen worden wären, wenn sie Türken zu Richtern gehabt hätten.“

An nächsten Morgen wurde Mr. Langhorne, jener katholische Rechtsanwalt, den Oates in seiner "Erzählung“ unter den Verschwörern genannt hatte, vor die Schranken des Gerichtes gestellt. Der ehrwürdige Richard Langhorne war ein ebenso ausgezeichneter Rechtsgelehrter als frommer und in jeder Beziehung ehrenwerter Mann. Seit dem 7. Oktober 1678 hatte er in strengster Haft in den Kerkern der Newgate geschmachtet. Bei seinem Prozess wiederholten sich alle jene haarsträubenden Ungerechtigkeiten, von denen wir soeben in den Prozessen der Jesuiten zu erzählen hatten. Einige der Schutzzeugen wurden vor den Türen der Gerichtshalle nicht nur bedroht, sondern geradezu tätlich mißhandelt, wie der Earl of Castlemain vor den Richtern konstatierte; ein Hauptentlastungszeuge, eine Mrs. Sellier, wurde auf diese Weise von ihrer Aussage abgeschreckt. Unter anderen Zeugen trat dieses Mal auch der Wirt des Gasthauses zum Schimmel auf, in dessen Haus nach Oates' Behauptung die Versammlung der Jesuiten am 24. April 1678 stattgefunden haben sollte; man hatte ihn früher nicht finden können. Der Mann sagte, man solle sich doch nur durch den Augenschein überzeugen, dass in seinem Haus kein Raum sei, der eine solche Anzahl von Männern hätte aufnehmen können. Nichts half, auch nicht die gewandteste Verteidigung des seinen Richtern vollkommen ebenbürtigen, wenn nicht überlegenen Juristen. Sir William Scroggs hielt in dritter Auflage seine No-Popery-Rede, die Geschworenen sprachen nach wenigen Minuten Beratung ihr "Schuldig“, und ein gewaltiger Jubel der fanatisierten Mange füllte den Gerichtsaal, wie der offizielle Bericht meldet.

Das barbarische Urteil des Hochverrates wurde dann gemeinsam über die fünf Jesuiten und über Mr. Langhorne gefällt. "Sie empfingen dasselbe mit großer Seelenstärke und freudiger Miene, Gott lobpreisend, dass sie für würdig gehalten wurden, Schmach zu leiden um des Namen Jesu willen“, so schließen die Jahresbriefe der englischen Ordensprovinz die Darstellung dieser traurigen Gerichtsszene.

Es war der 14./24. Juni 1679, ein Samstag. Mit dem folgenden Morgen begannen die Gerichtsferien, und so mußte die Verhandlung gegen Sir George Wakeman, den vorgeblichen Giftmischer, und gegen die drei Benediktiner Corker, Marsh und Hesketh aufgeschoben werden. Zum Glück für die Unschuldigen! Denn der Heldentod der Verurteilten bewirkte, wie wir sehen werden, einen Umschwung in der öffentlichen Meinung, und als das Gericht im Juli wieder zusammentrat, fanden Oates und seine Helfershelfer nicht mehr so willfährige und leichtgläubige Richter und Geschworene.

Fortsetzung auf Seite 4

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