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Die Titus Oates-Verschwörung (Fortsetzung)

Von Joseph Spillmann

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13. Kapitel: Die Opfer der Priesterjäger und der Kerker

Den Männern, welche 1679/1680 ihrer priesterlichen Würde wegen hingerichtet wurden, schließen sich eine große Zahl von Helden aus dem geistlichen und Laien-Stande an, die während derselben Zeit infolge ihrer Kerkerleiden oder sonstiger Misshandlung um des Glaubens willen gestorben sind. Schon oben, als wir den Sturm in Süd-Wales schilderten, sind uns einige derselben begegnet. Soweit unsere Quellen reichen, sollen nun auch deren Gefährten in Leid und endlichem Siege vor unsere Seele treten. Natürlich müssen wir uns mit wenigen Beispielen begnügen, da von den Laien Tausende damals im Kerker schmachteten.

Wilhelm Lloyd, vielleicht ein Verwandter des zu Cardiff hingerichteten ehrwürdigen Johann Lloyd, war zu Brecknock in Süd-Wales einzig seines priesterlichen Charakters wegen zum Tode verurteilt. Die Bestätigung war da und der Tag der Hinrichtung angesagt. Wie es scheint, war es das Fest der Oktav von Mariä Himmelfahrt; er starb jedoch “sechs Tage vor der festgesetzten Hinrichtung” in seinen Ketten, nahezu 70 Jahre alt. Er hinterließ den Entwurf einer Rede, die er bei seiner Hinrichtung zu halten gedachte und welche nach seinem Tode gedruckt wurde; Challoner teilt dieselbe mit. Sie atmet eine große Liebe und Begeisterung für unsere Kirche und einen großen Seeleneifer. Wie alle übrigen Opfer der Titus Oates-Verschwörung, beteuert auch er seine völlige Unschuld und verzeiht seinen Mördern. Seine Studien hatte Wilhelm Lloyd auf der Universität von Paris gemacht und daselbst mit großem Beifall öffentlich Thesen aus der Philosophie und Theologie verteidigt; am 26. April 1639 war er zum Priester geweiht worden.

P. Thomas Wilkinson S. J., der am 12. Januar 1681 im Gefängnis zu Morpeth vergiftet wurde, war ein Mitglied der Gesellschaft Jesu. Er starb erst 43 Jahre alt, war in Lancashire 1638 geboren und am 20. September 1667 in den Orden eingetreten. Vor seiner Gefangennehmung hatte er in den nördlichen Grafschaften, namentlich in Durham und Northumberland, an der Bekehrung seiner Landsleute gearbeitet. Bruder Foley teilt in den Records das folgende Aktenstück mit, welches im römischen Archiv der Gesellschaft Jesu aufbewahrt wird und welches uns den Tod dieses Opfers fanatischen Hasses erzählt:

“Im Jahre unseres Herrn 1680, im 32. Karls II., wurde P. Thomas Wilkinson, ein Priester und Missionar unserer Gesellschaft, ein Mann von sehr strengen Sitten, hervorragend durch große Tugenden und allbeliebt durch seine seltene Bescheidenheit, während eine Verfolgung gegen die Katholiken raste, gefangen genommen. Lange Zeit war er den Schlingen und Nachstellungen der Häscher entgangen, welche alles aufboten, um seiner habhaft zu werden. Endlich wurde er durch einen elenden Verräter ausgeliefert, der zur Strafe für diese Tat unstet auf Erden wurde. Man warf den Gefangenen in einen modrigen Kerker, und da hatte er sowohl des Verlieses als seiner äußersten Armut wegen Vieles und Bitteres zu erdulden; doch trug er alles mit unbesiegbarer Geduld. Es zeigte sich eine Gelegenheit, die Freiheit wieder zu gewinnen; aber trotz des Übermaßes seiner Leiden und des Modergeruches seines Kerkers hielt er es für angemessener, diese Qualen um des Namens Jesu willen ferner zu ertragen, als seine Sicherheit selbst in erlaubter Flucht zu suchen. Es ereignete sich nämlich, dass das Gefängnis, in dem er schmachtete, durch einen furchtbaren Sturm gänzlich zerstört und zu Boden geworfen wurde. Seine Mitgefangenen, Diebe der gemeinsten Sorte, Spitzbuben und Landstreicher, benutzten die allgemeine Verwirrung bei diesem Vorfall und entkamen bis auf den letzten Mann. Er allein blieb und stellte sich am folgenden Morgen freiwillig den Behörden: ein Beweis seiner Unschuld und ein Beispiel, das selbst seine Feinde mit Grund bewundern. So wurde er ein zweites Mal eingekerkert, und obschon er diesmal freundlicher behandelt wurde, hatte er doch seiner äußersten Armut wegen große Entbehrungen zu erdulden. Nach mehrmonatlicher Haft stellte man ihn vor Gericht und klagte ihn, wie üblich, als Priester und Jesuiten des Hochverrates an; da aber keine Zeugen zum Beweise der Anklage erschienen, stellte man, Recht und Gerechtigkeit zum Hohne, seinen Prozess für die folgenden Assisen zurück und behielt ihn im Gefängnis. Man nimmt an, sein Tod sei von seinen Feinden aus Ärger über den missglückten Prozess und aus eingefleischtem Hass gegen den katholischen Glauben beschlossen worden. Es trug sich also zu. P. Wilkinson fühlte sich unwohl und bat um den Beistand eines Arztes. Sofort besuchte ihn ein Bader, ein Mann von schlechtem Rufe, ein geschworener Feind aller Katholiken, namentlich aber der Jesuiten. Er fühlte seinen Puls und soll dann gesagt haben, er wolle ihn rasch von allen Schmerzen und Qualen befreien. Er hielt sein Wort; denn statt einer Arznei gab er ihm Gift, welches in wenigen Stunden den Tod herbeiführte. P. Wilkinson machte seiner Gewohnheit gemäß seine Morgen-Gewissenserforschung; da fühlte er plötzlich eine eisige Kälte über sich kommen. Dazu gesellte sich ein heftiger Bluterguss aus fast jeder Ader seines Körpers, der nicht zu stillen war und selbst nach seinem Tode noch andauerte. Er starb rasch, gegen 1 Uhr mittags, vier Stunden nach Genuss des Giftes. Die Wahrheit dieses Ereignisses wird von sämtlichen Augenzeugen bestätigt, und es waren viele zugegen und Männer vom besten Rufe, seine Mitgefangenen um des Glaubens willen. Dieser Umstand ist sehr glücklich; denn seine Feinde versuchten dem Volke den Glauben beizubringen, der Pater habe Hand an sich selbst gelegt, und während sie ihn selbst bei Lebzeiten als einen heiligen Mann gepriesen, schmähten sie ihn nach seinem Tode als einen Selbstmörder und verweigerten ihm ein christliches Begräbnis. In der Tat begruben sie ihn auf einer Dungstätte unter dem Toben und Lästern eines fanatischen Pöbels, der alle erdenkliche Art von Schmutz auf sein Grab häufte. Ich selbst, Wilhelm Riddell, war Augenzeuge dieser schmachvollen Behandlung. So gaben sie sich alle mögliche Mühe, das Andenken dieses heiligen Mannes auf immer auszutilgen; doch das Gedächtnis des Gerechten lebt im Segen, während die Frevler in ihren Freveltaten zu Grunde gehen. Das sollte in Erfüllung gehen; denn nicht viele Wochen später wurde derselbe Bader von einer tödlichen Krankheit befallen, legte, wie erwiesen, Hand an sich selbst und wurde ebenfalls des christlichen Begräbnisses beraubt. Endlich fügte es die Vorsehung zur Rechtfertigung ihres getreuen Bekenners, dass zehn Jahre später sein Leib ausgegraben wurde; man fand ihn vollkommen unversehrt, weiß und biegsam wie den Leib eines Lebenden, während das Leintuch, in das er eingehüllt war, und der Sarg vollständig vermodert waren. P. Thomas Dicconson, Priester und Missionar aus unserer Gesellschaft (Jesu), sah und berührte den Leb und bezeugt diese Tatsache.”
Soweit das römische Dokument über den heiligmäßigen Tod dieses Bekenners Christi.

Alle Gefängnisse Londons und der Provinzen waren seit dem Tage, da die Kunde von der gräulichen Papistenverschwörung England durchflog, mit Katholiken überfüllt; viele davon schmachteten als der Verschwörung verdächtig, andere als Beherberger von Priestern, die meisten einfach ihrer Glaubenstreue wegen, da sie den vom Apostolischen Stuhle verbotenen "Treue-Eid“ (oath of allegiance) nicht leisten wollten. Wenn wir die gefangenen Katholiken jener Tage auf mehrere Tausende schätzen, so werden wir nicht übertreiben, da die Jahresbriefe der Gesellschaft Jesu von 1680 die Zahl der im Kerker Gestorbenen auf einhundertsiebenundvierzig angeben. Und doch sagen die Jahresbriefe, dass die Verfolgung im Jahre 1680 nicht sowohl gegen Freiheit und Leben als vielmehr gegen Hab und Gut der Katholiken gerichtet war.Ganze Scharen von Häschern, Priesterjäger an ihrer Spitze, durchzogen die Grafschaften. Der hohe Lohn von 20 Pfd. St., der auf den Kopf jedes Priesters gesetzt war, hatte die Priesterjägerei zu einem eigenen und sehr einträglichen Gewerbe ausgebildet. Wenn ein solcher Späher den Aufenthalt eines Geistlichen ausgekundschaftet hatte, ließ er sich von dem nächsten Friedensrichter den nötigen Verhaftbefehl ausstellen, falls er nicht vom Privy Council mit einer Generalvollmacht ausgerüstet war, und überfiel dann das verdächtige Haus. Glückte der Fang, so war die gastfreie [= gastfreundliche] Familie ruiniert. Man denke sich die verzehrende Angst, in welcher sowohl Laien als Priester in jenen unseligen Tagen lebten: jene für das Leben ihrer verehrten Priester, diese für Freiheit und Habe ihrer edlen Gastgeber. Wir geben ein Beispiel aus Nottingham, wo P. Wilhelm Aylworth (Harcourt) S. J. von den Häschern beinahe zu Tode gehetzt wurde. Er entging zwar ihren Anschlägen, starb aber wenige Monate später infolge der Strapazen, am 10. September 1679. Die Bibliothek von Stonyhurst bewahrt die von P. Aylworth selbst verfasste Erzählung seiner Erlebnisse, welche sich wie das Kapitel eines Romans lesen.

“Nach Weihnachten 1678 wurde ein Priesterjäger in diesen Teil Englands und gerade in das Haus gesandt, in welchem ich mich zufällig während dieses Sturmes aufhielt. Er hatte Verhaftbefehle für vier oder fünf Priester unserer Gesellschaft, die entweder früher in diesem Hause gewohnt hatten, oder von denen man glaubte, sie hätten sich dahin geflüchtet; obschon ich nun nicht namentlich genannt war, bestand für mich die gleiche Gefahr. Überdies hatte die Regierung dem Häscher eine Belohnung von 20 Pfd. St. (400 Mark) für jeden Priester ausgesetzt, und der verlogene oder vielmehr meineidige Oates hatte mich unter den von ihm so böswillig Angeklagten genannt. Endlich kam der Häscher in Begleitung einer Schar protestantischer Nachbarn, denen ich von Angesicht bekannt war. Der Häscher beabsichtigte, die erste Haussuchung am 20. Januar (1679) vorzunehmen. Um uns zu überrumpeln, machte er die mehr als 100 Meilen von London in Eilmärschen binnen zwei Tagen und weckte mitten in der Nacht einen Friedensrichter. Mit diesem eilte er am folgenden Morgen nach unserem Hause; eine Schar von etwa 26 Mann begleitete ihn; manche darunter waren sehr wohl mit der Ordnung und den Gewohnheiten unseres Hauses vertraut. Der liebe Gott fügte es, dass ein Diener sie kommen sah, als sie nur noch einen Bogenschuss vom Hause waren; sofort meldete er meinem Vorgesetzten und mir, es käme ein Trupp Häscher in vollem Galoppe des Weges gesprengt. So eilten wir augenblicklich in unsere Verstecke. Da ich aber nach einer halben Stunde in dem Teile des Hauses, wo ich verborgen lag, kein Geräusch mehr hörte, kroch ich ruhig heraus und fragte eine Magd, die gerade vorbeiging, was es gäbe. Sie antwortete, es seien nur einige benachbarte Adelige, welche mit unserem Vorgesetzten speisen wollten. So ging ich quer durch den Garten auf mein Zimmer zu und war schon ganz in seiner Nähe, als die Herrin des Hauses mich sah und in großer Angst fragte, wohin ich wolle. Die ganze Wohnung und namentlich mein Zimmer und dessen Nähe seien voll von Häschern, die alles drunter und drüber würfen und nach Priestern suchten. Ich drehte also um und ging langsam, damit meine Eile mich nicht dem Blicke eines Häschers verrate, der mich über die Mauer oder durch ein Fenster sehen konnte, zu meinem Verstecke zurück. Da lag ich mehrere Stunden verborgen, bis die unliebsamen Gäste das ganze Haus durchsucht hatten und sich entfernten.

Am selben Abend bei Einbruch der Nacht saß ich im Zimmer meines Vorgesetzten; wir wollten einige Stunden in gemeinschaftlicher Lesung verbringen. Er sprach den Wunsch aus, er möchte wohl mein Versteck ansehen, da ihn das seinige nicht sicher genug scheine. Sofort lud ich ihn ein, mit mir zu kommen. Er war aber müde und wünschte jetzt zu ruhen. Ich drang in ihn und sagte, es sei kein Augenblick zu verlieren. Besiegt durch mein ungestümes Begehren und ein wenig ärgerlich erhob er sich endlich von seinem Stuhle und folgte mir. O wundervolle Vorsehung Gottes! Kaum hatten wir das Versteck erreicht und die Türe geöffnet, als ein Diener gelaufen kam und am ganzen Leibe zitternd uns mitteilte, die Häscher seien wieder im Hause und seinen fast unbemerkt bis in die innersten Zimmer eingedrungen. Der schlaue alte Fuchs hatte sich dieses Mal allein im Dunkel der Nacht in das Haus geschlichen, eine Lampe ergriffen, bei deren Schein die Dienerschaft in der Torhalle spielte, und war damit geradeswegs in das Zimmer meines Obern geeilt, das wir einen Augenblick vorher verlassen hatten. Er fand daselbst ein munteres Feuer im Kamin und auf dem Tische zwei Breviere. Tobend und rasend, weil die Beute seiner Hand entschlüpft war, rief er seine Gesellen zu Hilfe, welche er teils am Tor teils in einem Hinterhalt im Garten aufgestellt hatte. Sofort begann eine neue und sorgfältige Haussuchung; jedes Zimmer und jeder Winkel wurde durchspürt, der Garten abgesucht; dann wandte er sich an die Dienerschaft und suchte sie durch Lohn zu bestechen oder durch die Drohung zu erschrecken, er werde sie in Fesseln schlagen. Endlich sah er ein, dass er so nichts ausrichte; nach einer nutzlosen und höchst aufregenden Haussuchung sah er sich gezwungen, das zweite Mal abzuziehen.

Hierauf belästigte der Priesterjäger acht Tage lang der Reihe nach alle hervorragenden Katholiken der Grafschaft. Bevor er dann nach London zurückkehrte, brach er abermals ganz unerwartet mit einem zahlreichen Gefolge von Nachbarn in unsere Wohnung ein, durchsuchte jeden Winkel, ließ keinen Stein auf seinem Platze, unterwühlte die Mauern, durchsuchte die Zisternen, jedes größere Fass, ja die Quellen selbst. Er löste sogar den Mägden die Zöpfe auf, um zu sehen, ob darin keine Rosenkränze versteckt seien usw. Aber Gott beschützte uns, so dass wir auch dieses dritte Mal der Hand des wütenden Feindes entrannen.

Einen Monat nach diesen Ereignissen schickte man ihm noch einen zweiten Priesterjäger zu Hilfe, einen Menschen, nicht weniger berüchtigt durch seine Verbrechen als durch seine schamlose Frechheit. Fanatische Sektenwut und äußere Armut machten den Mann zu jeder Tat fähig, bei der auch nur die geringste Hoffnung auf Gewinn lockte. Das Privy Council gab ihm daher Verhaftbefehle mit und schicke ihn zugleich mit dem früheren Häscher in unser Haus. Um den Überfall besser zu verbergen, nahmen sie einen Umweg in eine 18 Meilen entfernte Stadt. Da sammelten sie eine große Schar bewaffneter Konstabler, darunter schlaue Burschen, welche jeden Zugang unseres Hauses wohl kannten. Um die Vesperstunde kamen sie an und hielten sich hinter einem nahen Hügel so wohl versteckt, dass es ihnen glückte, sich in Haus und Garten einzuschleichen, ja in die inneren Räume vorzudringen, ehe man uns auch nur im mindesten warnen konnte. Als sie an der Zimmertüre unserer Herrin erschienen, klopfte diese und gab mir so ein Zeichen, dass die unwillkommenen Gäste wieder da seien. Sofort warf ich das Buch, welches ich in der Hand hatte, in ein Versteck und eilte aus dem Zimmer. Wie ich aber die Halle betrat, mein einziger Fluchtweg, sah ich mich auch schon von zahlreichen Häschern umringt. Alle Blicke waren auf mich gerichtet, und ich suchte ihr forschendes Auge ruhig zu ertragen und meinen Beruf zu verbergen. So schritt ich mitten durch die ganze Schar und nahm meinen Weg zu einem oberen Zimmer, war aber kaum einige Stufen emporgestiegen, als ich plötzlich mit dem Anführer der Häscher zusammentraf. Er sowohl als seine Begleiter fixierten mich mit grimmigem Blicke; ich ging ruhig an ihnen vorüber und gewann die oberen Räume des Hauses. Da ich aber oben keinen Ausweg fand und der Priesterjäger mir auf dem Fuße folgte, musste ich denselben Weg wieder hinabgehen und nochmals durch die Halle, welche gesteckt voll Konstabler war. Ich trat in ein anstoßendes Gemach, nahm den Hut ab und mischte mich mit der unbefangensten Miene unter die Dienerschaft, welche rund um das Feuer saß. Als aber die Mägde dazukamen und die Herrin mit der Familie, da war ich um eines Haares Breite durch ihr plötzliches Erschrecken und die Angst, die sich in ihren Minen abspiegelte, den Blicken der Häscher verraten. Die göttliche Vorsehung fügte es, dass diesen Abend keine Nachbarn bei den Häschern waren, oder dass die sich am Tore, vielleicht auch in einem andern Teile des Hauses befanden. Während ich so am Feuer saß, grüßte mich ein protestantischer Spezereihändler, der Geschäfte halber im Hause war und recht wohl wußte, wer ich sei, dreimal, schüttelte mir die Hand, fragte nach meinem Befinden und sagte, es freue ihn, dass es mir so gut gehe. Als dann der eine Flügel der Wohnung auf das Genaueste durchsucht war, begab sich der Priesterjäger mit seinen Gehilfen in den andern Flügel, und da ich bemerkte, dass der durchforschte Teil von Häschern frei war, ging ich in ein Zimmer, welches sie zweimal durchstöbert hatten, und verbarg mich daselbst. Kaum war ich in dem Verstecke, als der durchtriebene Priesterjäger zum dritten Mal das anstoßende Gemach durchforschte. Die Maurer und Werkleute, welche er mitgebracht hatte, begannen mit Hämmern und Spitzhauen die Wände rundum zu prüfen. Endlich kamen sie an die Stelle, wo mein Versteck in der Mauer ausgehöhlt war, und schlugen dawider. Gleich Spürhunden verkündeten sie dem Priesterjäger, da sei ein hohler Raum in der Wand. Ich hörte das in meinem Verstecke und klopfte auf der entgegengesetzten Seite, dass man mich hinauslasse. In der Verwirrung konnten aber die Leute, die den Eingang zu meinem Verstecke bewachten, den Schlüssel nicht finden. Inzwischen hatte der Priesterjäger das Zimmer schon abgeschlossen und wollte das Versteck öffnen und durchsuchen. Da änderte er plötzlich sein Vorhaben: 'Schon zweimal habe ich es heute durchsucht,' sagte er, 'es ist doch zu lächerlich, noch ein drittes Mal nachzusehen.' Mit diesen Worten entfernte er sich; hätte er nachtgeschaut, er hätte mich finden müssen. Aber es gefiel Gott, die Gefahr abzuwenden, und so entrann ich ein viertes Mal der Hand des Henkers, und so wurden meine Freunde von zeitlichem Ruine und vor Kerkerhaft bewahrt.

Am nächsten Morgen kehrten die Häscher gegen 9 Uhr mit einer großen Schar Nachbarn und mit Werkleuten aller Art zurück. Auf mich und auf unsern Obern hatten sie es abgesehen: so war uns gemeldet worden. Eine überaus strenge und lange Haussuchung wurde diesmal durchgeführt. Sie untersuchten nicht nur alle Wände mit ihren Hämmern, sondern durchforschten auch die Nebengebäude und Stallungen, stießen ihre Schwerter in die Getreidehaufen, eiserne Stangen in die Heustöcke, rissen im Hause die Steinfließen der Halle auf, durchwühlten mit ihren Werkzeugen jede frischgegrabene Stelle im Garten und Hofe, ob sie irgend ein unterirdisches Versteck fänden. Doch Gottes Güte vereitelte auch diesen fünften Versuch. Die wiederholten und sich so rasch folgenden Haussuchungen und der Umstand, dass ringsum in der Nachbarschaft Häscher lauerten, ließ es meinem Obern und mir geraten scheinen, unsern Aufenthalt für ein paar Tage zu wechseln; unsere Freunde teilten diese Meinung. Drei Tage später fiel unser Oberer durch Verrat in die Hände der Feinde und wurde ins Gefängnis geworfen.

Nach einer Abwesenheit von zwei oder drei Tagen suchte ich wieder meinen früheren Aufenthalt auf. Etwa drei Meilen vom Hause stieg ich vom Pferd, übergab es einem Diener und wollte den Rest des Weges auf mir unbekannten Nebenpfaden zurücklegen. Es war Nacht und schneite. Und tiefer Schnee verbarg jede Fußspur. So wurde ich gezwungen, an einem Hause vorzusprechen und mich nach dem Wege zu erkundigen, der in unser Nachbardorf führte. Dieser Vorfall kam sofort den Spähern zu Ohren. So umzingelten sie zwei Tage später in aller Frühe Haus und Garten von allen Seiten, noch bevor die Türen geöffnet waren. Am Vorabende (18. März 1697) hatten sie meinen Obern verhaftet, und nun suchten sie um jeden Preis meiner habhaft zu werden; denn sie hatten gehört, dass ich seit kurzem wieder im Hause sei. Die Mauern und Wände waren so durchlöchert und beschädigt worden, dass meine Freunde einstimmig mir den Rat gaben, ich solle mich diesmal keinem Verstecke anvertrauen. Ich legte mich daher einfach unter einen Tisch, welcher mit einem leinenen Tafeltuch bedeckt war, dessen glatt abfallender Saum mich zwar nicht sicher, aber doch ein wenig verbarg. Hier zog ich mich auf den möglich kleinsten Raum zusammen, drückte den Kopf und Knie an meine Brust und musste in dieser qualvollen Stellung sieben ganze Stunden ausharren; denn so lange dauerte diese Haussuchung. Beide Priesterjäger kamen mit fünf Gefährten alsbald in das Zimmer, in welchem ich mich unter dem Tische versteckt hatte. Eine halbe Stunde lang untersuchten sie mit den Augen und mit Werkzeugen die Mauern und jede irgendwie verdächtige Stelle; dann durchwühlten sie die übrigen Räume des Hauses und kehrten abermals in das Zimmer zurück, in welchem ich regungslos unter dem Tische lag. Zum zweiten Mal durchforschten sie es mit der größten Sorgfalt, gingen dann wieder fort und kehrten zum dritten Mal zurück, dieses letzte Mal sich mit einer oberflächlicheren Durchsuchung begnügend. Es gefiel aber Gott, auch diese sechste Haussuchung zu vereiteln; sie zogen endlich ab, und ich kam unter dem Tische hervor, von Herzen froh, dass meine Freunde der drohenden Gefahr entgangen waren, zugleich aber auch tief betrübt, dass mir selbst das glorreiche Los entgangen, um Christi willen Kerker und Tod zu leiden, und so mein Leben, das ich in meinem Alter doch bald verlieren muss, in einem preiswürdigen Tode für den Glauben zu opfern.”

Der nächste Tag brachte eine neue fruchtlose Haussuchung, doch schleppten die Häscher eine ganze Bibliothek katholischer Werke mit sich fort. Am Abend reisten zwei Bedienten nach London. Kaum hatten die Häscher das erfahren, als sie vermuteten, der gesuchte Jesuit möchte einer der Bedienten sein; sie setzten also denselben mit Postpferden nach, erreichten sie kurz vor London und sahen zu ihrem großen Ärger, dass sie sich abermals getäuscht hatten. Um dem allgemeinen Spott zu entgehen, sprengten sie aus, sie hätten den Jesuiten, und er sei im Kerker. Das gab P. Aylworth ein wenig Luft: aber seine Lage blieb doch so gefährdet, dass er von seinen Obern den Befehl erhielt, England zu verlassen. Nachdem er die Katholiken der Umgegend nochmals aufgesucht, mit den heiligen Sakramenten getröstet und einige von der Kirche Abgefallene mit Gott ausgesöhnt hatte, vertraute er sich dem Schutze seines heiligen Engels und ritt mutig nach London. Nochmals entging er wie durch ein Wunder den Häschern und schiffte sich dann unter vielen Fährlichkeiten nach den Niederlanden ein, starb aber daselbst an den Folgen seiner Strapazen schon am 10. September 1679. Er war ein durch Gelehrsamkeit wie durch Tugend ausgezeichneter Mann. In jüngeren Jahren war es sein Herzenswunsch, in die Mission von Paraguay gesandt zu werden. Dann arbeitete er zehn Jahre in England. Im Jahre 1675 erschien zu Köln seine Metaphysica Scholastica.

Der Obere, welcher in dem Bericht P. Aylworths öfter erwähnt wird, war P. Georg Busby S.J. Er scheint um 1639 in Brüssel geboren, wohin sich sein Vater während des Bürgerkrieges geflüchtet hatte. 1671 wurde er Priester und arbeitete dann als Missionar meist in Derbyshire. Zu Anfang des Titus Oates-Sturmes verbarg er sich, da ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war. Als er sich 1681, da der Hauptsturm vorüber schien, wieder in die Öffentlichkeit wagte, wurde er am 16. März von dem Friedensrichter Gilbert, einem bitteren Katholikenfeinde, verhaftet und in den Kerker von Derby geworfen. Die Häscher schleppten ihn nach seiner Verhaftung am 18. März 1679 nach Derby. Daselbst wurde er am 25. Juli 1681 zum Tode verurteilt, jedoch vom König begnadigt. Lange Zeit schmachtete er im Gefängnis und schrieb Briefe voll himmlischen Trostes aus den Mauern seines Kerkers. Manche davon sind uns erhalten. Als ein Beispiel die folgenden wenigen Worte: „Ich ströme über von Wonnen in all meiner Trübsal. Ich komme mir vor wie ein Baum, den die göttliche Vorsehung an den Ufern des Derwent pflanzte, auf dass er Früchte trage in seiner Zeit, Früchte, welche bleiben sollen für die Ewigkeit und niemals verderben.“ So schrieb der fromme Dulder inmitten der Kälte des Winters, am 19. Januar 1682, in seinem Kerker. P. Franz Bladtistone S.J., geboren 1617 zu Durham, war sein Mitgefangener.

Ähnliche Erlebnisse, wie P. Aylworth soeben erzählte, berichtet P. Hamerton (Young) S.J., in Lincolnshire 1638 geboren, und P. Alexander Keynes S.J. aus Somersetshire, wo er um 1641 das Licht der Welt erblickte. P. Hamerton entrann auf fast unglaubliche Weise dem Verrat eines falschen Bruders; denn auch an solchen fehlte es nicht, wie bei keiner Verfolgung der Kirche. P. Keynes aber rettete sich durch seltene Kühnheit. Er flüchtete aus Devonshire nach London, um im Mittelpunkt der Verfolgung vor den Häschern, die ihm auf der Ferse waren, sicher zu sein. Die Beschreibung seiner an Abenteuern reichen Flucht hat er uns eigenhändig hinterlassen. Mit Vorliebe nahm er seine Wohnung bei protestantischen Predigern und bei den größten Feinden der katholischen Kirche. Längere Zeit war er sogar im Hause des Apothekers Sir Robert Barker zur Miete, wo Titus Oates als Hausfreund aus und ein ging. Nicht weniger als fünf Dienstboten dieses fanatischen Katholikenhassers traten als Zeugen für Oates auf und beschworen meineidig, Oates sei bei ihnen in London gewesen, als er in St. Omer war.

Andere Priester endlich entgingen zwar dem Kerker und dem Galgen, erlagen aber der beständigen Aufregung, den Strapazen der Flucht, den Entbehrungen bei dem tage- und wochenlangen Aufenthalt in engen Verstecken. Wir haben schon früher von den Schicksalen solcher zu Tode Gehetzter erzählt; es genügt, an ihre Namen zu erinnern: P. Ignatius Price, P. Ignatius Cotton, P. Karl Prichard, sämtliche drei aus der Gesellschaft Jesu, und der hochwürdige Weltpriester Andrews. So starb auch am 26. Juni 1680 P. Franz Bruning (Simeon) S. J. in Hampshire förmlich zu Tode gehetzt.

Nur zu oft glückte aber den Priesterjägern ihr Fang; dann schleppten sie triumphierend die Beute in das betreffende Grafschaftsgefängnis; es wurden Zeugen geworben, welche dartaten, dass der Angeklagte die heiligen Sakramente gespendet habe; dann stellte man ihn vor die nächsten Assisen, und der Urteilsspruch erfolgte nach dem Gesetze Elisabeths, welches jeden katholischen Priester zum Tode des Hochverräters verdammte. Das Urteil wurde zwar nur in den oben mitgeteilten Fällen vollstreckt; aber Gefängnis, bis der Tod die Ketten sprengte oder Jakob II. nach seiner Thronbesteigung sie löste, war das Los jedes gefangenen Priesters. Mit einigen derselben und mit ihrer heroischen Standhaftigkeit müssen wir unsere Leser bekannt machen.

Um die Zeit, da der ehrwürdige Herr Postgate sein „Taubenlied“ in den Kerkern des Schlosses zu York dichtete, lag unter den vielen andern katholischen Gefangenen ebendaselbst Wilhelm Allison, ein Weltpriester, in Banden. Nur sein Name und die Nachricht, dass er im Kerker zu York starb, ist auf uns gekommen. Auch ein Jesuit, P. Jeremias Pracid (Cornwallis, Brent), schmachtete in den gleichen Mauern. Er war zu Skipton von einem Kapitän Hebar am 13. Dezember 1678 festgenommen worden und blieb bis zur Thronbesteigung Jakobs II. in Fesseln. P. Pracid zog unter dem Namen Cornwallis als Händler und Verfertiger von Brillen, Fernrohren und Vergrößerungsgläsern im Lande umher. So hatte er in einer Schenke zu Skipton übernachtet; Kapitän Hebar, der am Schenktisch saß, fasste Verdacht und fragte den Wirt, ob er diesen Gast kenne. Der Wirt verneinte es; da nahm der Hauptmann P. Pracid ins Verhör, und eine einzige ausweichende Antwort in Betreff seiner Religion genügte zu seiner Verhaftung. Der Beweis, dass er ein Priester sei, gelang den Anklägern nicht, sonst hätte er wohl auch am Galgen geendet. Die literae annuae stellen ihm folgendes Zeugnis aus. „Während der ganzen Dauer dieser schweren Tage zeichnete er sich durch Frömmigkeit und lobenswürdigen Eifer aus. Er litt an einer Krankheit, welche die Ärzte für Schwindsucht erklärten, und es ist ein Wunder, dass er in seiner Schwäche unter der Last der Fesseln, mit denen man ihn belud, und bei des Winters Strenge nicht zusammenbrach, welche er ohne Feuer und in den leichten Sommerkleidern, in denen man ihn verhaftete, erdulden musste. Durch Gottes gnadenreichen Beistand ertrug er das nicht nur, sondern nahm sogar an Stärke und Gesundheit zu. Seine Geduld, Bescheidenheit und heroische Tugend machten solchen Eindruck, dass manche Familien, welche vordem der Gesellschaft Jesu nicht geneigt waren, ihre besten Freunde wurden. Während der ganzen Zeit seiner Gefangenschaft predigte er an allen Sonn- und Festtagen seinen Mitgefangenen… Dazu kamen Christenlehren und die Macht des Beispieles seines frommen Lebens.“ Am 1. April 1686 wurde er auf Bürgschaft freigelassen und starb bald nachher, wahrscheinlich zu York, eines heiligmäßigen Todes.

Im Kerker zu Durham starb ein Priester des Benediktinerordens Namens David Benedikt Constable. Er war aus Yorkshire gebürtig, hatte in der Abtei Lambspring 1669 Profess abgelegt und wurde gleich bei seiner Ankunft in England ergriffen und eingekerkert. Er starb am 11. Dezember 1683 im Gefängnis zu Durham. Anderes über sein Leben ist uns leider nicht bekannt.

Aus Lancashire erwähnt Bischof Challoner zunächst zwei Weltpriester, Richard Birket und Richard Fletcher, welche in Lancaster, der Hauptstadt der Grafschaft, ihres priesterlichen Charakters wegen vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt wurden. Das Urteil wurde jedoch nicht vollstreckt; allein der hochwürdige Herr Birket starb im Kerker, während sein Gefährte die Verfolgung überlebte. Zugleich mit diesen beiden Bekennern wurde ebenfalls in Lancaster ein Mitglied der Gesellschaft Jesu eingekerkert und zum Tode verurteilt; von ihm erzählen unsere Quellen ausführlicher. Es ist P. Johann Penketh (Rivers). In seiner Jugend focht er mit Auszeichnung unter spanischer Fahne in den Niederlanden; dann fühlte er sich zu einem höheren Kriegsdienste berufen. 21 Jahre alt, eilte er 1651 auf 1652 nach Rom. Bei seinem Eintritt in das englische Kolleg trug er folgende Notiz in das Aufnahmebuch ein: „Mein Name ist Johann Penketh alias Rivers. Ich bin ein Sohn von Richard Penketh von Penketh in der Grafschaft Lancaster, welcher eine Tochter von Thomas Patrick aus Bisham in der gleichen Grafschaft zur Gattin hatte. Geboren und auferzogen wurde ich im Hause meines Vaters und bin nun 21 Jahre alt. Mein Vater verlor beinahe sein ganzes Vermögen und hinterließ der Mutter nur sehr wenig. Alle meine Verwandten sind von guter Familie, aber am Bettelstabe infolge der schweren Zeiten. Ich bin der Jüngste von 13 Geschwistern; doch sind davon nur mehr zwei Brüder und eine Schwester am Leben. Manche meiner Verwandten sind protestantisch; aber mein Vater und seine ganze Familie, ein Onkel ausgenommen, waren immer katholisch. Meine Studien machte ich in England unter Hauslehrern und in einer Privatschule. Ich war immer katholisch und habe England am 13. August 1651 verlassen, um nach Rom zu gehen, wo ich in der Familie Christi um so sicherer die Eitelkeiten und Gefahren der Welt zu besiegen hoffe; auch treibt mich ein glühendes Verlangen, Seelen zu retten, wenn ich der Priesterwürde wert erachtet werden sollte.“

Johann Penketh erhielt in Rom am 12. Mai 1652 die heilige Firmung und nach Vollendung der höheren Studien am 17. Dezember 1656 die heilige Priesterweihe. Von 1657-1663 war er Beichtvater der englischen Benediktinerinnen in Brüssel und trat dann zu Watten in das Noviziat der Gesellschaft Jesu. Über sein folgendes Leben, seine Gefangenschaft und Verurteilung enthält das römische Archiv der Gesellschaft Jesu die nachstehenden Mitteilungen:

„Endlich erhielt er die ersehnte Erlaubnis, in die reichere Seelenernte nach England zu gehen. Seine Arbeiten und Mühsale aufzuzählen oder die Standhaftigkeit zu schildern, mit welcher er sie ertrug, würde ein Buch verlangen statt dieser kurzen Notiz. Bei seiner Ankunft in England wurde ihm seine Heimat Lancashire angewiesen, und er erhielt die Stelle eines Kaplans in der Familie eines Edelmannes, welche er aber nur unter der Bedingung annahm, dass er volle Freiheit habe, in den umliegenden Dörfern die Seelsorge zu üben. Mit Vorliebe gab er sich mit der ärmeren Klasse der Bevölkerung ab und zog stets zu Fuß von Dorf zu Dorf. Dass unter diesen armen Leuten die Nahrung, welche man ihm vorsetzte, nicht besonders fein war, lässt sich denken; doch pflegte er zu sagen, sie schmecke ihm vortrefflich. Seine Enthaltsamkeit war so groß, dass er während mehr als zehn Jahren außer der Essenszeit auch nicht das mindeste weder an Speise noch Trank berührte. Tag und Nacht war er zu jeder Stunde bereit, auch die entferntesten Kranken zu besuchen, unermüdet in Spendung der heiligen Sakramente, überaus eifrig in Privatermahnungen und Predigten. Kurz, was einen apostolischen Arbeiter ziert und ein Mitglied der Gesellschaft Jesu schmückt, das alles besaß P. Penketh.
Während er so seinem Seeleneifer lebte, verbreitete sich das Gerücht der vorgeblichen Verschwörung wie ein plötzlich losbrechender Wirbelwind über nahezu alle Länder Europas. Das Verbrechen wurde freilich den Katholiken aller Stände zur Last gelegt, doch ganz besonders griff man die Jesuiten an. Überall wurden sie verfolgt, nirgends ließ man ihnen Ruhe und trieb sie im ganzen Lande in dunkle Löcher und Verstecke. Unser Missionär erhielt rechtzeitig Warnung; aber er wollte nicht flüchten, sondern in der Stunde der Gefahr bei seiner Herde ausharren. Ringsum von Feinden und Gefahren umlagert, fand sein Mut und Eifer neue Nahrung. Man meldete ihm, einige Personen in einem entfernten Dorfe sehnten sich nach seinem geistlichen Beistand. In dunkler Nacht machte sich der Pater in Begleitung eines zuverlässigen und des Weges kundigen Mannes auf; schon nach einer oder zwei Meilen trafen sie einen Friedensrichter, der dem Pater wohl bekannt war und der manche Dienste von ihm erhalten hatte. Der Mann schloss sich P. Penketh höflich an, spielte den Busenfreund und lud ihn dringend in sein Haus, dem Begleiter die größte Sorge anempfehlend. Ohne eine Ahnung von Verrat überließ sich der Pater seiner Freundschaft. Aber kaum hatte er das Haus des Friedensrichters betreten, so wurde er, aller Wohltaten uneingedenk, verhaftet und eingesperrt, als ob das Haus ein Gefängnis wäre. Am nächsten Morgen schleppte man ihn nach dem Gefängnis der Grafschaft (nach Lancaster), und nachdem er daselbst zwei Monate geschmachtet hatte, machte man ihm den Prozess und stellte ihn vor die Assisen. Seines priesterlichen Standes wegen wurde er angeklagt, und Zeugen traten auf, welche bewiesen, dass er die heiligen Sakramente gespendet habe. Er antwortete, dieses Zeugnis genüge nach den Gesetzen Englands nicht. Die Strafe stehe auf dem Empfang der heiligen Weihen im Ausland, und dafür sei auch keine Spur eines Beweises beigebracht. Der Richter, dessen Hände mit dem Blute vieler Priester befleckt waren, antwortete mit erheuchelter Mäßigung; ‚Mr. Penketh, seid Ihr bereit, zu beschwören, dass Ihr kein Priester seid? Nur das eine verlange ich von Euch, und ich will Euch freisprechen und ledig nach Hause ziehen lassen und vor jeder künftigen Belästigung in Schutz nehmen.’ – ‚Es ist nicht Sitte der Engländer, dass der Angeklagte sich mit einem Eide reinige,’ entgegnete P. Penketh. Sofort redete dann der Richter die Geschworenen an, als ob er durch diese Zwischenfrage die Wahrheit festgestellt hätte, und forderte sie auf, sich zur Beratung über den Spruch zurückzuziehen. Nach einer halben Stunde traten sie wieder ein und sprachen das ‚Schuldig’, d.h. sie erklärten ihn für einen Priester. Der Pater wurde dann gefragt, ob er irgend einen Grund beibringen könne, weshalb das Todesurteil nicht zu sprechen sei; er entgegnete nochmals kurz, es sei durchaus unerwiesen, dass er die heiligen Weihen im Ausland empfangen habe, und ohne diesen Beweis könne man ihm nach dem englischen Recht nichts anhaben. Der Richter entgegnete: ‚Gleichwohl haben die Geschworenen Euch schuldig gesprochen, und so muss ich meiner Pflicht gemäß das Todesurteil des Hochverräters über Euch fällen. Ihr sollt also von hier in das Gefängnis zurückgeführt, von dort morgen nach dem Platz der Hinrichtung geschleift, gehängt, halbtot losgeschnitten und gevierteilt werden usw.’ Bei diesem Todesurteil fiel der Pater auf seine Knie und rief frohlockend aus: Deo gratias! Laus Deo! Te Deum laudamus! Und auf dem Rückweg zum Gefängnis wünschte man ihm Glück zu einem so seligen Tod.

Er jubelte vor Freude, während manche seiner Freunde wehklagten und alles aufboten, die Hinrichtung ihres geliebten Vaters abzuwenden. Sie sparten weder Mühe noch Geld und erlangten endlich zu ihrem Trost und zur Hilfe der Katholiken, dass die Vollstreckung des Urteils hinausgeschoben wurde. Als er von seinen Freunden Kunde hiervon empfing, beklagte er sich bitter, dass die Marterkrone, das Ziel so vieler Seufzer und Wünsche, ihm so durch ihren blinden Eifer entrissen, und die Palme, die er schon in der Hand zu halten meinte, geknickt worden. Wenn er aber auch keines gewaltsamen Todes starb, so wird man ihm doch die Krone eines langsamen Martyriums nicht absprechen können. Wer hätte größeres Recht darauf? Sechs Jahre schmachtete er in einer engen Zelle, welche so eng gebaut war, dass sie keine Heizung gestattete, und so brachte er diese lange Zeit ohne Feuer zu, obschon die Kälte in jenem Teile Englands sehr streng ist. Die Einsamkeit und andere fast zahllose Mühsale ertrug er mit unbesiegbarem Großmut. Seine Abtötung, was Speise und Schlaf betrifft, und seine Selbstbeherrschung in allen Stücken, seine bewundernswerte Unschuld und Freundlichkeit im Umgang gewannen ihm in kurzer Frist die Herzen aller Mitgefangenen, namentlich des Kerkermeisters, und obschon manche darunter dem Gottesdienst der katholischen Kirche feindselig waren, bezeugten sie doch alle einstimmig, sie hätten an diesem Priester und Jesuiten niemals ein Wort oder eine Tat bemerkt, welche eines Heiligen unwürdig gewesen wäre. Man könnte sagen, das Gefängnis sei während der Zeit seiner Haft ein reicher Seelenmarkt gewesen. Man erlaubte ihm, täglich die heilige Messe zu lesen. Aus allen Gegenden des Landes eilten die Leute herbei, um den Bekenner Christi zu sehen, bei ihm zu beichten, ihn um Rat zu fragen, und merkwürdigerweise beschwerte sich kein Protestant dagegen: so groß war der Einfluss seiner Heiligkeit auf alle. So verflossen seine Tage bis zum Tode Karls II., da Jakob (II.) den Thron Englands bestieg, auf dessen Befehl alle eingekerkerten Priester, darunter auch P. Johann Penketh, die Freiheit erlangten.“

Was nun unser Gewährsmann von der reichen Ernte seines Seeleneifers während der Regierung Jakobs II. und von den neuen Prüfungen im Gefolge der Revolution von 1688 und während der Herrschaft des Oraniers erzählt, liegt außerhalb des Rahmens unseres Gegenstandes. Doch sei uns gestattet, aus dem eben angeführten Dokument die kurze Schilderung seines gottseligen Todes beizufügen: „Endlich erlag er, gebrochen durch seine frommen Arbeiten. Er war hochbetagt und kaum im Stande, sich aufrecht zu halten. Man rief ihn eines Tages an das Bett eines Kranken, und er eilte sofort hin, tröstete den Leidenden, spendete ihm die heiligen Sakramente und schleppte sich mit Mühe nach Hause zurück. Heimgekehrt verfiel er alsbald in seine Todeskrankheit. Zwei Wochen litt er an einem heftigen Fieber und ertrug seine Schmerzen zu allgemeiner Erbauung. Kein Wort entschlüpfte seinen Lippen als von Gott und göttlichen Dingen; beständig wiederholte er die Worte der Heiligen Schrift: Cupio dissolvi et esse cum Christo! Sit nomen Domini benedictum! Fiat voluntas tua! – ‚Ich wünsche aufgelöst und mit Christo zu sein. Der Name des Herrn sei gepriesen! Dein Wille geschehe!’ Gestärkt durch alle Sakramente der katholischen Kirche, gab er endlich sanft seine Seele seinem Schöpfer zurück.“

Ein Manuskript, welches in der Bibliothek von Stonyhurst aufgewahrt wird, enthält den folgenden interessanten Zug, der sich auf die Verurteilung P. Penkeths bezieht. Derselbe beleuchtet ein damit verbundenes erschütterndes Drama.

"Der Hauptankläger P. Penkeths, eines Jesuiten, der zum Tode verurteilt, seines priesterlichen Standes wegen usw. im Schlosse zu Lancaster schmachtete, war ein ehemaliges Beichtkind des Paters. Dieses Beichtkind hatte sich in die Tochter eines Friedensrichters verliebt, eine Protestantin, und war von ihr durch das Versprechen, ihn zu heiraten, zur Anklage des Paters bestimmt worden. Aber als er nach der Anklage aus dem Gerichtssaale heimkehrte, befiel ihn eine plötzliche Krankheit und raffte ihn binnen zehn Tagen hinweg. Mit großer Reue bekannte er allen Besuchern seine himmelschreiende Sünde und das gerechte Strafgericht Gottes, und schickte Almosen an Penketh und andere gefangene Katholiken mit der Bitte, sie möchten für ihn beten. Die Person, welche mir dies erzählte, war gegenwärtig, als der untröstliche Vater des jungen Mädchens mit ihrer Mutter und Schwester etwa acht Tage nach seinem Tode in das Gefängnis kamen, sich vor P. Penketh auf die Knie warfen und ihn mit vielen Tränen in des Verstorbenen Namen um Verzeihung baten. Und der gute Pater gewährte sie ihnen sofort und begann mit Tränen für die Seele seines Anklägers zu beten. Der junge Mann war der Erbe einer reichen Familie und der einzige Sohn seiner Eltern, und die ganze Nachbarschaft war ob seines Todes in tiefer Trauer.“

Noch ein Ordensbruder P. Penkeths, P. Nikolaus Tempest, wurde während der Titus Oates-Verfolgung in Lancashire eingekerkert und erlag den 26. Februar 1679, erst 46 Jahre alt, der verpesteten Luft seines Verlieses. Er war (1633) aus Lancashire gebürtig und hatte 16 Jahre in England gearbeitet, als er, trotz der größten Vorsicht, doch den Häschern in die Hände fiel. Ob er auch, wie die drei zuletzt genannten Bekenner, im Schlosse von Lancaster oder anderswo starb, ist aus unsern Quellen nicht klar zu ermitteln. Sie loben seine Tugenden, namentlich seinen Seeleneifer, welchen er während seiner 16jährigen Arbeit als Missionar mit reicher Frucht betätigte.

Nicht weit von Chester an der Grenze von Nord-Wales liegt Holywell, die „heilige Quelle“ der Jungfrau und Märtyrin Winefrida, ein selbst in den Tagen der heftigsten Verfolgungen besuchter Wallfahrtsort, dessen Wasser bis herab auf die Gegenwart bei Katholiken und Protestanten seiner wunderbaren Heilungen wegen berühmt ist. Zur Zeit, von der wir berichten, war P. Humphrey Evans (Brown) S. J., ein ehrwürdiger Greis von 83 Jahren, der Seelsorger dieses Heiligtums. Das Licht der Welt erblickte er zu Carnavon um 1697. Er stammte von protestantischen Eltern, welche ihn auf die Universität von Oxford schickten. Die Sittenlosigkeit, welche damals an dieser Hochschule herrschte, vertrieb den reinen Jüngling; er ging nach Paris, wurde daselbst 1618, 22 Jahre alt, in die katholische Kirche aufgenommen, eilte im gleichen Jahre noch nach Rom und empfing da auch 1623 die heilige Priesterweihe. Zwei Jahre später trat er in die Gesellschaft Jesu und arbeitete mehr als 50 Jahre als seeleneifriger Missionar in der Bergen von Wales. Kurze Zeit vor dem Losbruch des Titus Oates-Sturmes wurde der hochbetagte Ordensmann von einem Schlag gerührt. Brave Katholiken erbarmten sich des hilflosen, seiner Sprache fast ganz beraubten Kranken und pflegten ihn in ihrem Hause. Shaftesbury und der Privy Council hätten wohl denken können, dass dieser gelähmte, bettlägerige Greis wenigstens an der vorgeblichen Verschwörung unschuldig sei. Nichtsdestoweniger sandten sie eine Bande Häscher, welche die Spur des Kranken auffanden. Zu früher Morgenstunde, am heiligen Christfeste 1678, drangen sie in das Haus seiner Gastwirte, durchsuchten jeden Winkel, brachen in das Zimmer des Kranken, rissen ihn aus dem Bett, misshandelten ihn mit Faustschlägen und drohten, ihn auf der Stelle mit ihren Musketen niederzuschießen. Während der Greis also misshandelt wurde, wiederholte er voll Mut und Freude mit stammelnden Lippen kaum verständlich die Worte: Fiat voluntas Dei! – „Es geschehe der Wille Gottes.“ Die Häscher sahen endlich ein, dass sie den Kranken nicht nach London schleppen konnten. Er starb drei Wochen später, am 14. Januar 1679, an den Folgen der erlittenen Misshandlung. Am gleichen Tage mussten die guten Leute, welche ihm Obdach und Pflege gewährt hatten, sich vor den Assisen zu Chester unter der Anklage auf Hochverrat verantworten, welche auf der Beherbergung eines Priesters stand. Es scheint, dass sie freigesprochen oder doch wenigstens nur zu Geldstrafen verurteilt wurden. Als sie nach Chester gingen, bat sie der Sterbende noch in seiner Sehnsucht nach der Marterpalme: „Nehmt mich mit, nehmt mich mit!“ Wenige Stunden später entschlief er sanft im Herrn. Die literae annuae spenden seiner Tugend und seinen Talenten hohes Lob. Er pflegte zum Andenken an die von Gott empfangenen Wohltaten gewisse Erinnerungstage jährlich zu begehen, so den Tag, an dem er Oxford verließ, da er in den Schoß der katholischen Kirche aufgenommen wurde, den Tag seiner Ankunft in Rom, seiner Priesterweihe, der Aufnahme in die Gesellschaft Jesu und seiner Profess. Solang er lebte hatte er die Gewohnheit, beim ersten Schall der Angelusglocke die jungfräuliche Mutter Gottes mit ganz besonderer Andacht zu grüßen, und ermahnte oftmals auch andere zu dieser Verehrung. Es scheint, dass die seligste Jungfrau ihren Diener für seine Treue in auffälliger Weise belohnen wollte. Ohrenzeugen erzählen nämlich, die Angelusglocke habe in der Nacht vor seinem Tode wunderbar von selbst zu läuten begonnen. Auch habe die Uhr, nach deren Stundenschlag er seine frommen Übungen regelte, im Augenblicke seines Todes wohl ein ganzes Miserere lang geschlagen, und dasselbe habe sich ereignet, da man seine Leiche hinaustrug, und ein drittes Mal, als er in das Grab gesenkt wurde.

Am 13. August 1679 wurden vor den Assisen zu Stafford der Weltpriester Andreas Brommich und P. Wilhelm Atkins S. J. als Priester zum Tode verurteilt. Brommich (Bromwich) war zu Oscott in Staffordshire geboren und hatte seine Studien im englischen Kolleg zu Lissabon gemacht. Am 13. August 1679 verurteilte ihn Sir William Scroggs zum Tode, da eine Anna Robinson schwor, sie habe den Angeklagten Messe lesen sehen. Es scheint, dass man ihn eher vergaß als begnadigte, und so kehrte er, nachdem er einige Zeit gefangen gelegen, in sein Haus bei Oscott zurück und fuhr fort, die wenigen Katholiken in jener Gegend zu pastorieren. Er starb am 15. Oktober 1702 und wurde in der Gruft seiner Familie zu Handsworth bestattet. Noch heute zeigt man mit Ehrfurcht einen alten, sehr roh gearbeiteten Predigtstuhl, dessen er sich bediente.

P. Atkins starb im Kerker. Die „Jahresbriefe“ sagen von ihm: „P. Wilhelm Atkins lebte zu Wolverhampton und war damals etwa 80 Jahre alt (er war 1601 in Cambridgeshire geboren und 1635, bereits Priester, in die Gesellschaft Jesu eingetreten). Seit sechs Jahren war er vollständig gelähmt, bettlägerig und konnte kaum sprechen. Dennoch wurde er des Hochverrats angeklagt, und dass er das Volk zur Empörung aufreize. Die rohen Häscher rissen ihn aus seinem Bett und schleppten ihn aus einer Kammer im oberen Stock die Treppen hinab und brachten ihn auf einem höchst unbequemen Karren elf Meilen weit in das Gefängnis zu Stafford. Man musste ihn vor das Gericht tragen; er wurde das Hochverrats angeklagt und wegen seines priesterlichen Standes zum Tode verurteilt. Als ihn der Gerichtschreiber aufforderte, seine Hand zu erheben, musste das ein anderer für ihn tun, und gefragt, ob er ‚schuldig’ oder ‚nicht schuldig’ sei, antwortete ein anderer an seiner Stelle: ‚Nicht schuldig’. Dann ging die Verhandlung ihren gewöhnlichen Gang; nur war er wegen seiner Taubheit nicht imstande, ein einziges Wort zu verstehen, das gesprochen wurde. Als das Todesurteil mit der barbarischen Verschärfung von Hängen, Schleifen, Vierteilen über ihn gesprochen wurde, schrie ihm ein Dolmetsch den Spruch ins Ohr hinein. Er vernahm ihn mit unglaublicher Freude, und alle seine Kraft zusammennehmend, sagte er deutlich zum Richter: ‚Hochedler Lord, ich danke Ihnen von Herzen.’ Doch wurde das Todesurteil nicht vollstreckt, sei es, dass seine Verfolger sich seiner elenden Lage erbarmten, oder dass ihm die Krone des Martyriums nicht bestimmt war, oder dass man es nicht der Mühe wert erachtete, ihn des Fünkleins Leben zu berauben, das noch in seinem Leibe glomm. Wahrscheinlich aber fürchtete man, es möchte die Regierung gehässig machen und in ewige Schande bringen, wenn man einen so hilflosen Greis als Hochverräter hinrichtete.“ Als man ihm mitteilte, dass der König die Vollstreckung des Urteils nicht bestätige, klagte er mit den Worten des Psalmisten: Heu mihi, quia incolatus meus prolongatus est! – „Weh mir, weil meine Wanderschaft verlängert wurde!“ Der Greis ertrug noch mehr als anderthalb Jahre die Leiden des Kerkers, und entschlief endlich am 7./17. März 1681 sanft im Herrn. – Noch ein dritter Gefangener, der ebenfalls im Kerker von Stafford schmachtete, wird in den Jahresbriefen der Gesellschaft Jesu erwähnt: es ist P. Robert Williams S. J. Wie lange er aber seine Ketten tragen musste, finde ich nicht bemerkt.

Ein ähnliches Los wie P. Atkins hatte in Leicester dessen Ordensgenosse Wilhelm Bentney (Bennet) S. J. Der 73jährige Greis wurde durch einen abgefallenen Katholiken den Häschern verraten. Sogar die Protestanten, welche den ehrwürdigen Missionar näher kannten, beklagten seine Gefangennahme. Das reizte aber die Wut der Verfolger nur umso mehr, und da sie fürchteten, sie würden zu Leicester keine Zeugen wider den greisen Priester finden, so schleppten sie ihn nach Derby und stellten ihn dort vor die Assisen. Am 24. März 1682 wurde ihm das Todesurteil gesprochen. Der König ließ es aber nicht vollstrecken, und beim Regierungsantritt Jakobs II. erlangte er die Freiheit. Nach dem Sturz der Stuart wurde der Greis wiederum eingekerkert und zum Tode verurteilt. Er starb im Kerker von Leicester am 30. Oktober 1691, über 80 Jahre alt.

Der ehrwürdigen P. Mico und P. Bedingfield aus der Gesellschaft Jesu, welche im Dezember 1678, jener in der Newgate, dieser im Gatehouse bei Westminster, ihren Leiden erlagen, bevor man sie vor Gericht stellen und nach Tyburn schleifen konnte, ist bereits oben Erwähnung geschehen. Ebenfalls in den Kerkern Londons starben ihre Ordensgenossen P. Richard Lacey, P. Eduard Turner, P. Thomas Jenison und P. Anton Hunter.

P. Thomas Jenison (Freville) S. J., der von Titus Oates am 29. September 1678 im Haus Lady Tyrwhitts gefangen genommen wurde (siehe oben), ertrug die Leiden des Kerkers bis fast auf den Tag ein volles Jahr. Er starb in einem elenden Loch der Newgate am 27. September 1679, erst 36 Jahre alt. 1643 erblickte er als der älteste Sohn und Erbe von Sir John Jenison, des Besitzers von Walworth Castle in der Grafschaft Durham, das Licht der Welt. Die ganze Familie war streng katholisch, und Gillow bezweifelt deshalb, was der Bericht seines Bruders Robert über die Bekehrung unseres Bekenners vom Protestantismus erzählt. Wie dem auch sei, Thomas Jenison wurde am 29. November 1660 in das Kolleg zu Valladolid aufgenommen und trat 1663 in die Gesellschaft Jesu ein. 1675 begann er seine priesterliche Wirksamkeit in der Umgegend von Oxford und dann als Hauskaplan von Sir Philipp Tyrwhitt in Lincolnshire. In der Wohnung dieses katholischen Barons zu London wurde er verhaftet, und zwar verraten durch seinen eigenen jüngeren Bruder Richard, zu dessen Gunsten er doch auf sein Erstgeburtsrecht verzichtet hatte. Vielleicht fühlte sich der Elende, der ein Advokat (barrister) von „Grays Inn“ war, solange der Bruder lebte, des Erbes nicht ganz sicher oder er wollte durch seine niederträchtige Angeberei irgend ein hohes Amt erwerben. Er trat gegen alle seine Anverwandten, darunter auch gegen den ehrwürdigen P. Wilhelm Ireland S. J., der mit ihm Geschwisterkind war, als Zeuge auf und schreckte dadurch seinen Vater und seine Schwester so, dass sie die Schwäche hatten, äußerlich von der Kirche abzufallen. Doch wusste er es zu hintertreiben, dass P. Jenison vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt wurde; er sollte ohne Aufsehen im Kerker sterben. Dieser schreckliche Frevel des leiblichen Bruders und der Abfall des Vaters und anderer Verwandten vom Glauben schmerzten den Gefangenen in der Newgate viel mehr als die entsetzlichen Leiden seiner elenden Kerkerzelle, verbunden mit Hunger und Durst. Thomas tat alles, um seinen Bruder zur Umkehr zu vermögen. In einem Brief vom 7. Juli 1679 warf er Robert sein falsches Zeugnis vor, und dass er von ihm verlangt habe, die Aussagen Oates’ zu bestätigen, obschon er ihm doch in seiner Zelle zugegeben habe, dieselben seien meineidige Verleumdungen. Und zum Schluss warnte er ihn mit den Worten des Psalmisten, dass Gott ihn vernichten, ausreißen und aus seinem Zelte (aus dem Schloss Walworth und allen seinen Besitzungen) hinauswerfen und seine Wurzeln aus dem Lande der Lebendigen ausrotten werde. „Das hat sich erfüllt,“ bemerkt Gillow; „denn Walworth Castle mit allen seinen umliegenden herrlichen Ländereien kam in die Hände von Fremden.“ – P. Jenison trug seine Leiden mit großer Geduld und vollkommener Ergebung in den Willen Gottes, der ihn inmitten der Trübsal seine Tröstung fühlen ließ. „O wie süß ist es, für Christus zu leiden!“ hörte man ihn oft ausrufen.

P. Richard Lacey (Prince) starb im gleichen Gefängnis ein halbes Jahr später, am 11. März 1680, in dem noch jüngeren Alter von erst 32 Jahren. Er war in Oxford 1648 geboren, trat mit 20 Jahren in die Gesellschaft Jesu ein und studierte seine Theologie in dem englischen Kolleg zu Lüttich. Die Obern spenden seiner Tugend das höchste Lob; oft bat er aus Demut, man möge ihm erlauben, Laienbruder zu werden. Bald nach seiner Priesterweihe brach in England der Titus Oates-Sturm aus. Da verzehrte ihn die Sehnsucht nach der Marterkrone; er bestürmte den Himmel mit Gebeten, dass ihn die Obern nach England senden möchten, und wirklich erhielt er die gewünschte Erlaubnis. Als er in Dover den Boden der Heimat betrat, wurde er aufgefordert, den „Treueid“ zu leisten. „Gehorsam und Treue, welche christliche Fürsten von ihren Untertanen verlangen können, will ich meinem Könige gerne geloben, für dessen Wohl ich Leib und Blut hinzugeben bereit bin“, sagte P. Lacey zu dem Beamten. „Aber dieser Eid enthält einige Sätze, für deren Wahrheit nicht einmal Ihr bei ernster Erwägung Gott zum Zeugen anzurufen wagt. Diese Sätze will ich also nicht beschwören, bin aber bereit den Huldigungseid zu leisten.“ Auf diese kluge Antwort entgegnete der Beamte: „Ihr redet wie ein Ehrenmann, aber die Form dieses Eides ist nun einmal im Königreich gebräuchlich; so müsst ihr nach derselben schwören oder ins Gefängnis wandern.“ P. Lacey wurde also nach London geführt und vor das Privy Council gestellt. Oates Schwur, ohne sich einen Augenblick zu bedenken, das sei ein Jesuit, ein Prediger und ein Haupträdelsführer der Verschworenen. So wurde der junge Priester, der noch nie in England gepredigt oder die Sakramente gespendet hatte, in das schreckliche Gefängnis der Newgate geworfen. Fünf Monate schmachtete er daselbst in einem engen und schmutzigen Loche, ohne Feuer in der harten Winterzeit, ohne zureichende Kleidung und bei ekelhafter Kost. Ein heftiges Fieber warf ihn nieder; erst am Tag vor seinem Tode gestattete man dem Arzt Zutritt zum Bett des Sterbenden. Er lag im Delirium und konnte nicht vermocht werden, die Arznei zu nehmen. Da kam der Doktor auf den Einfall, den Kranken aufzufordern, ihm mit dem Tranke die Gesundheit des Königs zuzutrinken. Sofort richtete sich P. Lacey auf, ergriff das Arzneiglas, rief: „Wenn es die Gesundheit des Königs gilt: nun wohl!“ und leerte den ekelhaften Becher mit einem Zuge. Staunend sagte der Arzt: „Und ich soll glauben, dass diese Männer, die selbst im Fieberwahne zu jedem Opfer bereit sind, Verschwörer und Hochverräter seien? Eher würde ich glauben, ich selbst und wir Protestanten alle wären dieser Verbrechen schuldig!“ Alle Anwesenden waren bei P. Laceys Tode tief ergriffen. In seinen Phantasien wandte er sich an P. Whitebread, seinen glorreich gestorbenen Provinzial, und an die übrigen hingerichteten Mitbrüder, bat sie um ihre Fürsprache und sagte, bald hoffe er bei ihnen zu sein, und mit ihnen vereint Gott ewig zu preisen. Er betete auch für den König und rief einmal aus: „O Whitehall!“ (d.h. Weißer Palast, in dem der König residierte), „du bist nicht mehr weiß, sondern rot von unschuldigem Blute!”

P. Eduard Turner, der ältere Bruder des zu Tyburn hingerichteten P. Anton Turner, starb nach Dr. Oliver ebenfalls in der Newgate, und zwar am 19./29 März 1681. – Der letzte Jesuit endlich, der als Opfer der Oates-Verfolgung in den Gefängnissen von London starb, ist P. Anton Hunter (James Smith). Er war 1606 in Yorkshire geboren, 1649 als Priester in die Gesellschaft Jesu eingetreten und hatte sich durch einen seltenen Seeleneifer in seiner langen priesterlichen Tätigkeit ausgezeichnet. Als die Verfolgung ausbrach, eilte er mutig nach London, um dem dortigen Obern beizustehen; da fiel er den Häschern in die Hände. Am 28. Februar 1680 wurde er vor Gericht gestellt und als Priester zum Tode verurteilt; er begrüßte das „Schuldig“ der Geschworenen mit dem lauten Rufe: Sit nomen Domini benedictum in saecula – „Der Name des Herrn sei gepriesen in Ewigkeit.“ Am folgenden Morgen wurde er mit einer Anzahl Verbrecher nochmals vor die Schranken geführt, um „als der größte von allen“ an erster Stelle den Urteilsspruch zu empfangen. In diesen Umständen gab P. Hunter ein Beispiel des Seeleneifers, welches beweist, bis zu welcher heiligen Leidenschaft der Durst nach dem Heile seiner Mitmenschen in der Brust des greisen Priesters sich gesteigert hatte, und welches nicht leicht seinesgleichen finden dürfte. Wir besitzen die Erzählung desselben in einem Brief des ehrwürdigen Bekenners selbst, den er an seinen Ordensgeneral Paul Oliva unter dem 6. März 1680, wenige Tage nach seiner Verurteilung, schrieb. Nachdem er seiner Freude Ausdruck verliehen, dass man ihn, wie seinen himmlischen Meister, „unter die Verbrecher“ rechnete, fährt er also fort:

„Was aber meine an sich schon so große Freude noch größer machte, war folgender Umstand. Unter den berüchtigten Schächern, welche mit mir zum Tode verurteilt wurden, waren zwei Brüder, deren Namen ich schon früher gehört hatte. Da ich nun nicht wusste, ob sich eine andere Gelegenheit, ihre Beichten zu hören, bieten würde, drängte ich mich an einen der beiden heran und hörte, so gut es bei der Kürze der Zeit und dem beschränkten Raume anging (wir standen alle vor den Schranken, angesichts der Richter, deren Aufmerksamkeit gerade durch die Verhandlung abgelenkt war), sowohl seine als seines Bruders Beicht, ermahnte sie jedoch, das Bekenntnis später zu vervollständigen und die heilige Kommunion zu empfangen, wenn sich eine Gelegenheit bieten würde. Sollten sie diese Gelegenheit nicht haben, so möchten sie dennoch guten Mutes sein und auf den allbarmherzigen Gott hoffen; dieser werde ihren guten Willen annehmen und ihre Seelen retten. Wirklich bot sich ihnen nachher die gewünschte Gelegenheit, ein seltener Trost, und wir dürfen hoffen, dass sie ihr Leben im Stande der Gnade beschlossen. Nachher wurde ich von ihnen getrennt und in einen anstoßenden Kerker zu andern Gefangenen gesperrt. Durch Zufall oder vielmehr durch eine Fügung der göttlichen Vorsehung traf ich auch da mit einem Katholiken zusammen, dem ich ebenfalls zu einer guten Beicht verhalf. Seine Hinrichtung wurde jedoch aufgeschoben, wie auch meine, obschon ich nicht um Begnadigung einkam. Das einzige, um was ich die göttliche Güte bitte, ist, dass ich mich allzeit, im Leben wie im Tode als einen echten Sohn der Gesellschaft Jesu bewähre; darum bitte ich demütig um das Gebet unserer lieben Patres und Brüder, und namentlich um dasjenige Ew. Paternität.“
P. Hunter starb am 3. Februar 1684 in dem hohen Alter von 78 Jahren, bis zum letzten Tage seines Lebens die Ketten tragend, welche ihm um der Liebe zu seinem Heilande willen leicht und süß erschienen.

Wie die jüngere Gesellschaft Jesu, so hatte auch der altehrwürdige Orden des heiligen Benedikt in London seine glorreichen Bekenner. Schon am 17. Januar 1679 war P. Placidus Adelham (Adland) vor den Schranken der Old Bailey seines priesterlichen Charakters wegen zum Tode verurteilt worden. Er stammte von protestantischen Eltern aus Wiltshire und hatte zu Paris 1652 im Kloster des hl. Edmund Profess abgelegt. 1659 – 1661 war er Prior des Klosters Dieuleward gewesen; dann kam er nach England. Der König begnadigte ihn. Er starb zwischen 1681 und 1685 in der Newgate. Gerade ein Jahr später, auf den gleichen Tag und an demselben Ort, wurde aus dem gleichen Grund über die beiden Benediktiner P. Jakob Corker und P. Wilhelm Wall (Marsh und Marshall), den Bruder des Märtyrers von Worcester aus dem Franziskanerorden, das Todesurteil gesprochen. P. Corker blieb bis zur Thronbesteigung Jakobs II. im Gefängnis und wurde später Abt von Cismor und Lambspring, wie wir bereits oben erwähnten. Auch P. Wall überlebte die Verfolgung. Nur einen Tag vor P. Hunter S. J. wurde P. Jakob Hesketh (Baker), nach den Jahresbriefen der Gesellschaft Jesu ebenfalls ein Benediktiner, zum Tode verurteilt; ob er im Kerker starb oder die Tage der Freiheit erlebte, ist nicht gewiss.

Zugleich mit P. Corker standen auch zwei Söhne des hl. Dominikus, zwei Söhne des hl. Franziskus und zwei Weltpriester am 17. Januar 1680 vor den Schranken der Old Bailey. Es waren Lionel Anderson (Munson) O.P., Alexander Lumsden O.P., Wilhelm Nappier (Russel) O.S.F., Karl Parrey (Parris) O.S.F, Heinrich Starkey, Weltpriester, und David Joseph Kemish O.P.

P. Lionel Anderson war der Sohn eines reichbegüterten Edelmannes aus Lincolnshire und wurde um 1620 geboren. Die Geschichte seiner Bekehrung zum katholischen Glauben ist uns nicht überliefert; wohl aber wissen wir, dass er darauf nach Paris ging, wo er im Frühjahr 1658 in den Dominikanerorden eintrat, und im folgenden Jahr zu Bornhem Profess ablegte. 1665 kam er nach England und hielt sich meist in London unter dem angenommenen Namen Munson auf; er war bei Hof geachtet und Karl II. persönlich bekannt. Oates beschuldigte ihn, einer der Dominikaner-Verschworenen zu sein; doch wurde er von Scroggs nur seines Priesterstandes wegen verurteilt. Der König begnadigte ihn, und nach einem Jahr Gefängnis in Newgate wurde er auf Lebenszeit aus England verbannt. Er machte hierauf eine Pilgerfahrt nach dem Heiligen Land und starb endlich am 21. Oktober 1710 in dem hohen Alter von 91 Jahren in seiner Heimat.

P. Alexander Lumsden war zu Aderdeen um 1622 geboren und machte seine Studien 1645 im schottischen Kolleg zu Rom. 1650 trat er in den Orden des hl. Dominikus ein und wurde bald nachher nach England geschickt, wo er viele Jahre am Heil der Seelen wirkte. Mit seinem Ordensbruder Anderson stand er 1680 vor den Schranken des Gerichts und sollte nach dem Statut aus dem 27. Jahre der Königin Elisabeth das Todesurteil empfangen. Da aber zur Zeit, als dieses Gesetz erlassen wurde, Schottland noch nicht mit England vereinigt war, machte er mit Recht geltend, das Gesetz könne auf ihn nicht angewendet werden, und so wurde er in der Tat nicht verurteilt. 1687 treffen wir ihn als Beichtvater der Dominikanerinnen zu Brüssel, 1698 wieder als Missionar in London, wo er um 1700 gestorben sein soll.

David Joseph Kemeys (Kemish) O.P. ist wahrscheinlich ein Sohn oder Verwandter des Baronet Sir Nikolaus Kemeys von Ceven Mably in Glamorgan, der Chepstow Castle für Karl I. so tapfer verteidigte. Das Geburtsjahr unseres Bekenners wird nicht genannt, ebenso wenig das Jahr seines Eintritts in das Dominikanerkloster SS. Giovanni e Paolo zu Rom. Er war zu London Hauskaplan der Gräfin Arundel, der Mutter Kardinal Howards. Oates verklagte ihn als "Verschwörer“. Am 17. Januar 1680 hatte er mit seinen Ordensbrüdern vor den Schranken der Old Bailey zu erscheinen. Da er aber schwer krank und schwach war, sandte ihn Sir William Scroggs ins Gefängnis der Newgate zurück: "damit die Welt nicht sage, wir seien Barbaren und Unmenschen geworden, sind wir alle zufrieden, dass sein Prozess aufgeschoben werde. Man lasse ihn also zurückbringen, und in der Zwischenzeit müsst ihr dafür sorgen, dass er alles erhalte, wessen ein Mensch in seiner Lage bedarf“. Seine Lordschaft ließ ihn also zu Bett bringen, wo der arme Pater zehn Tage später, am 27. Januar 1680, starb.

Von den beiden Franziskanern Wilhelm Nappier und Karl Parrey ist uns außer ihren Namen und ihrer Verurteilung fast nichts überliefert. P. Nappier ist nach Bischof Challoner nach einer langen Gefangenschaft verbannt worden und starb 1693 im Franziskanerkloster zu Douai, 78 Jahre alt. Ob P. Parrey, den Challoner für einen Weltgeistlichen hält, den Sturm überlebte, ist nicht bekannt. Bei der Verurteilung rief er: Te Deum laudamus!

Von dem hochwürdigen Heinrich Starkey ist zu erwähnen, dass er für seinen König in den Kämpfen mit den Rundköpfen 4000 Pfd. St. und ein Bein verloren hatte, welches ihm eine Kanonenkugel wegriss. Mit päpstlicher Dispens war er später zum Priester geweiht worden.

Endlich ist noch ein Sohn des hl. Dominikus zu nennen, P. Atwood, der im Titus Oates-Sturm zum Tode verurteilt und erst auf dem Weg zur Richtstätte, da er schon auf die Schleife gebunden war, begnadigt wurde. Er starb 1704. Nähere Umstände konnte Bischof Challoner, dessen "Denkwürdigkeiten“ wir die Nachrichten über die zuletzt genannten Bekenner entnahmen, nicht in Erfahrung bringen.

Am 4. August 1697 stand Karl Kerne (Carne), angeklagt, ein römischer Priester zu sein, zu Hereford vor den Assisen. Ausnahmsweise wurde er freigesprochen.

Wir können von diesen Opfern, welche alle bis zur Thronbesteigung Jakobs II. im Gefängnis schmachten mussten, wenn sie der Tod nicht vorher zur ewigen Freiheit einführte, nicht scheiden, ohne das folgende Zeugnis zeitgenössischer Schriftsteller anzuführen. Die Verfasser des Florus Anglo-Bavaricus erzählen, dass sich alle Gefangenen mit großem Eifer dem Gebete und der Betrachtung der himmlischen Freuden widmeten. Ganze Tage brachten sie in der innigsten Unterhaltung mit Gott zu. Sogar der Gefängnisaufseher der Newgate bezeugt: "Wahrlich, nie in meinem Leben sah ich Männer wie diese; so oft ich ihre Zellen betrete, finde ich sie in Gebet versunken auf ihren Knien.“ Vom Jahre 1682 an, als der Sturm der Verfolgung ausgetobt hatte, gelang es den Priestern mitunter, selbst in der Newgate das heilige Messopfer darbringen zu können. Dann hallten wohl die düstern Gewölbe, sonst nur an die Ausbrüche des Schmerzes und der Verzweiflung armer Übeltäter gewöhnt, wider von lautem Gebete und frommen Liedern. In allem Leid fehlte es den Gefangenen nicht an reichem Troste; denn Christus pflegt seinen Getreuen durch fühlbare Gnade nahe zu sein, wenn sie aus Liebe zu ihm die Welt und ihre Genüsse verlieren. Zahlreiche Beispiele, welche das beweisen, enthält das angeführte Büchlein. Nicht um sich selbst und ihr Elend, sondern um ihre Mitbrüder, die, von Häschern verfolgt, wie scheues Wild in Wäldern und Einöden umherirrten oder in Verstecken wie lebendig begraben lagen, zeigen sich die Gefangenen besorgt. In einem Brief, der damals im Kerker geschrieben wurde, lesen wir folgende Zeilen: "Ich bin überzeugt, könnten jene, deren Mut zu sinken und deren Treue gegen Gott zu wanken droht, könnten sie nur vermocht werden, den Worten ihrer Brüder zu glauben, die eines verborgenen und überaus schrecklichen Todes sterben: wahrlich, man müsste ihrem übergroßen Verlangen nach Leid eher einen Zügel anlegen, als sie durch andere Beweggründe zur Seelenstärke ermuntern und durch die Erinnerung ihrer Christenwürde und das Andenken ihres liebenswürdigsten und heiligsten Erlösers anspornen. Ich rede in meinem Namen und im Namen meiner Mitgefangenen. Gott überschüttet uns während dieser Zeit der Trübsal mit seinen Tröstungen, und er tut es nicht mit karger, sondern mit freigebiger Hand, und die herrliche Frucht seiner Gnade wird auch von unserem Feinde nicht verkannt. Diese Erfahrung lässt mich voll Teilnahme an meine Gefährten denken, die unter der gleichen Verfolgung leiden, wenn sie auch noch nicht eingekerkert sind. Auch zweifle ich nicht, dass dieselbe göttliche Güte in ihrer Erbarmung den bitteren Kelch der Verfolgten mit der Süßigkeit ihres Segens mildern werde.“ – Der Trostbrief eines Gefangenen an seine Genossen in der Freiheit – ist das nicht bezeichnend für den Heldenmut der Eingekerkerten sowohl wie für das in mancher Hinsicht in der Tat schlimmere Los der Freien?

Aber nicht nur Priester, auch zahlreiche Laien, und nicht nur Männer, sondern edle Frauen und Jungfrauen schmachteten in den Kerkergewölben, und unter den 147 Opfern, die in kurzer Zeit im Gefängnis starben, werden auch manche Frauen und Jungfrauen für ihre Treue im Leiden gekrönt worden sein. Und gerade in die ekelhaftesten und am meisten verpesteten Gefängnisse scheint man die Frauen geworfen zu haben. So wurden beispielsweise in York eine ganze Reihe edler katholischer Frauen nicht in das Schlossgefängnis, sondern in die Gewölbe der Ousebridge eingekerkert, welche bei einem etwas hohen Stande der Ouse unter Wasser waren. Kanonikus Raine gibt in seinen York Castle Depositions manche Namen dieser mutigen Bekennerinnen; darunter befinden sich Maria und Margaret More, die Enkelinnen Cresacre Mores, des Enkels des berühmten Kanzlers und Blutzeugen Sir Thomas More. Margaret More starb im Kerker, würdig ihres großen Ahnherrn. Kanonikus Raine versucht in der Einleitung zu dem eben angeführten Werke ein Bild vom damaligen Zustand der Gefängnisse in den nördlichen Grafschaften zu entwerfen. "Es ist unmöglich“, sagt er, "in Ausdrücken zu starker Entrüstung von den Verhältnissen der Kerker im Norden und von dem Benehmen der Kerkermeister zu sprechen. Es waren Höhlen voll Greuel und Entsetzen, in denen Männer und Frauen ohne allen Unterschied zusammengepfercht lagen. Die Gefängnisse der Inquisition können unmöglich schlimmer gewesen sein. Einigen mangelte es vollständig an Licht und Lüftung; manche waren bei hohem Wasserstand zum Teil unter Wasser. Die Zahl der Gefangenen, welche während dieses Jahrhunderts (im 17. Jahrhundert) in den Kerkern starben, ist geradezu entsetzlich. Und wie konnten sie auch in solchen Löchern, und bei einer Behandlung, wie man sie keinem Wilden zumuten würde, am Leben bleiben? Jede Bequemlichkeit, ja die Notdurft des Lebens war ihnen versagt. Was Nahrung und den letzten Fetzen am Leibe angeht, waren sie auf Gnade und Ungnade in der Gewalt des Kerkermeisters. Den elendsten Bissen Brot mussten sie zu unerhörtem Preise erkaufen. Wenn sie Widerspruch wagten, so waren Eisen da und Daumschrauben, welche sie zum Schweigen zwangen.“

Um wenigstens einen kleinen Begriff von den Drangsalen zu geben, welche die katholische Laienwelt damals zu erdulden hatte, mögen folgende Tatsachen noch kurz erwähnt werden. Die fünf katholischen Lords, die gleich beim Ausbruche des Sturmes in den Tower geworfen wurden, sind schon genannt. Auch sonst sind uns im Laufe unserer Darstellung der traurigen Ereignisse noch manche andere Gefangene aus dem Adel begegnet, ein Tuberville von Skere, ein Sir Thomas Gascoigne samt Sohn und Tochter. Nennen wir noch einige Edelleute, die um des Glaubens willen ihre Ämter, ihr Vermögen oder ihre Freiheit zum Opfer bringen mussten. Humphrey Weld wurde auf die bloße Vermutung hin, er möchte sich als Katholik an der "Verschwörung“ beteiligt haben, seines Amtes als Gouverneur des königlichen Schlosses von Portland enthoben und zahllosen Quälereien unterworfen. Richard Gerard, der Spross einer alten katholischen Adelsfamilie, war nach London gekommen, um in dem Prozes gegen die fünf katholischen Lords als Zeuge aufzutreten; ebenso hätte er den Alibi-Beweis P. Irelands durch sein Zeugnis glänzend bestätigen können. Da wurde er durch Oates unter dem Vorgeben, selbst ein Verschworener zu sein, verhaftet und in die Newgate geworfen. Daselbst starb er infolge der Kerkerleiden am 11. März 1680. Seine letzte Bitte war, man möge ihn neben P. Whitebread bestatten. In seinem Verhör hatte der wackere Edelmann ganz offen eingestanden, er sie ein Freund der Jesuiten und habe mit manchen, unter andern auch mit P. Gavan (Green), dem Blutzeugen, gespeist. "Wir tranken dabei auf das Wohl des Königs!“ fügte er bei.

Johann Caryll, ein anderer katholischer Edelmann, hatte im Dienste des Königs und dessen Vaters fast sein ganzes Vermögen eingebüßt. Trotzdem musste er auch von den Trümmern seines Reichtums erdrückende Strafgelder entrichten, weil er den anglikanischen Gottesdienst nicht besuchte. In größter Geldverlegenheit hatte er ein einziges Mal die Schwäche, sich dem ungerechten Gesetze zu fügen; aber diesen einen Fehltritt sühnte er durch jahrelange Buße. Er war der Beschützer der verfolgten Priester, die Stütze der unterdrückten und verarmten Katholiken. Auf seinem Sterbebett übergab er seiner Frau, seinen Söhnen und Schwiegertöchtern Ringe mit der Inschrift: "Tod, Gericht, Hölle, Himmel“; denn diese vier Worte seien der beständige Gegenstand seiner Betrachtung gewesen. Er starb am 15. August 1681 im Rufe der Heiligkeit. Über dem Schlosse, in dem er verschied, wollen die Landleute der ganzen Umgegend ein strahlendes und wunderbares Licht gesehen haben.

Die Strafgelder wegen Nichtbesuchs des anglikanischen Gottesdienstes wurden übrigens nicht nur vom katholischen Adel, der so zu Grunde gerichtet ward, sondern auch von den ärmsten Leuten in Hampshire eingetrieben. Man vergleiche z.B. die Listen der Yorkshire-Rekusanten, welche Peacock vor einigen Jahren aus der "Bodleian-Library“ veröffentlichte. Sie enthalten neben den Namen adeliger und angesehener Familien arme Bauersleute, Knechte, Mägde, Taglöhner, kleine Handwerker, Fischer, namentlich arme verlassene Witwen. Natürlich konnten diese die unerschwinglichen Strafgelder nicht bezahlen. Sie wurden dann gepfändet bis zu zwei Drittel des Vermögens. Die Armen litten entsetzlich. Wir lesen, dass man ihnen "die Leintücher und Bettdecken von den Betten“, "alle Kleider und was zu Winterkleidern für die Kinder gesponnen war“, ja manchmal "die ganze Habe“ raubte. In einem Falle wird erzählt, dass man einem armen Verhungernden die Milch, die er sich gebettelt, vom Feuer wegnahm und ausschüttete, um den Topf zu pfänden, weil sonst in der Hütte nichts mehr zu pfänden war. Aber auch die reichsten Familien kamen an den Bettelstab.

Nennen wir auch einige Beispiele heroischer Frauen aus jener Zeit. Lady Tempest, die edle Tochter Sir Thomas Gascoignes, wurde bereits erwähnt. Auch die Gemahlin Richard Giffords von Chillington, der seinen Leiden in der Newgate erlag, wurde ins Gefängnis geworfen und ihrer Habe um des Glaubens willen beraubt. Ohne Unterlass soll diese heiligmäßige Frau gebetet haben; den Tag brachte sie mit Krankenpflege zu und stand oft um Mitternacht auf, um am Bett ihrer lieben Kranken zu wachen. Als kleines Entgelt für ihre Liebe bat sie Gott um die Gnade, ihr einen Sohn zu geben, der Jesuit und eine Tochter, die Nonne würde. Sie wurde erhört: ihr Sohn Edurad Gifford trat in die Gesellschaft Jesu ein, und ihre Tochter Ursula nahm bei den Augustinerinnen zu Löwen den Schleier; beide folgten dem Tugendbeispiel ihrer Mutter.

Nicht weniger bewunderungswürdig war das Beispiel Dorothea Lawsons, ebenfalls aus Yorkshire. Sie war eine geborene Constable, hatte Roger Lawson geehelicht und war früh Witwe geworden. Jetzt entsagte sie allen irdischen Freuden und weihte ihre Tage Gott und seiner Kirche. An den Ufern des Tyne erbaute sie ein Haus "St. Anthonys“ mit einer Kapelle, in welcher trotz der Gefahren seitens der Häscher täglich die heilige Messe gelesen wurde. Nachmittags sang man da die Vesper, die Litanei und das De profundis. An Festtagen wurden die Zeremonien der Kirche mit aller Festlichkeit gefeiert. Der Hausgeistliche erteilte den Kindern und den Armen in der Nachbarschaft Katechismusunterricht, und um Ostern zählte man in diesem verborgenen Heiligtum bis zu 100 Kommunikanten. In den Gefängnissen des nahen Newcastle schmachteten damals drei Priester, denen diese edle Dame alle nur möglichen Erleichterungen zu verschaffen suchte. Eigenhändig wusch sie deren Leinwand und trug ihnen alles Nötige zu. Wenn ein von den Häschern verfolgter Priester in ihrem Hause Schutz suchte, so nahm sie ihn mit der größten Freude auf und betrachtete seine Ankunft als einen Segen für ihr Heim, mochten damit noch so große Gefahren verbunden sein. Als diese heiligmäßige Dame im Sterben lag, sollen, so versichert ihr Beichtvater, Engel das Totenoffizium gesungen haben. "Ich meinte“, sagt P. Palmes, "ich höre die Franziskaner von St. Omer singen, deren Chorgesang ich oft hörte, als ich in jener Stadt im englischen Kolleg verweilte.“ Ähnliches wird von dem Tode Lady Fairfax' von Gilling berichtet. Mr. John Cresswell sagt als Ohrenzeuge, süße Musik wie das Spiel einer Laute habe durch das Schloss geklungen, während alle weinten und klagten, und doch fand sich kein derartiges Instrument im Hause.

Agatha Berington, die Schlossherrin von Courtfield, die Gattin Richard Vaughans, eine der Ahnfrauen des gegenwärtigen Kardinals Vaughan, zählt ebenfalls zu den katholischen Heldinnen jener Tage. Ihr Hausgeistlicher, P. Richardson, musste sich vor den Häschern "in die Wälder“ flüchten, wo er 7 Wochen in einem Kohlenmeiler verborgen lebte, ja manchmal in den Wipfel eines Baues klettern und sich im dichten Gezweige desselben verstecken musste. Die Schlossherrin von Courtfield vertraute keinem ihrer Diener das Geheimnis seiner Zufluchtsstätte an, sondern brachte selbst nächtlicherweise auf dunkeln und unheimlichen Waldpfaden dem proskribierten Priester seine Nahrung. Gott segnete solche Werke der Liebe in den Nachkommen; wenige englische Familien haben dem Priesterstande und den verschiedenen Orden mehr Kinder geweiht als die Vaughans. Richard Vaughan, geboren 1674, war in den Tagen des Titus Oates-Sturmes noch ein kleiner Knabe; er trat 1690 in die Gesellschaft Jesu ein, sein Bruder Walter, geb. 1672, studierte in Rom und empfing 1696 die Priesterweihe. Ein Wilhelm Vaughan, wohl ein Oheim dieser beiden Brüder, geb. 1644, wurde 1672 Jesuit und war von Titus Oates als ein Opfer ausersehen, überlebte aber den Sturm.

(Anmerkung Spillmann: Überhaupt ist es wunderbar, wie zahlreich in jenen Tagen, namentlich unter den Damen des Adels, die Berufe zum Ordensleben waren. So ist uns von den Bedingfields von Oxburgh berichtet, dass von den elf Töchtern zehn England verließen und in verschiedene Klöster eintraten. Die elfte verheiratete sich zwar, eilte aber, sobald ihr Mann gestorben warn, ebenfalls ins Kloster. Sie ging nach Brügge, trat daselbst bei den Augustiner-Chorfrauen ein und hatte ihre eigene Tochter als Novizenmeisterin. Die elf Schwestern scheinen ganz hervorragende Frauen gewesen zu sein. Magdalena wurde Priorin der Karmelitessen zu Düsseldorf; sie war ein bevorzugte Ratgeberin des Pfalzgrafen vom Rhein Philipp, der das Kloster gestiftet hat. Eine andere, Winfrida, war Oberin der Englischen Fräulein zu München und verband mit Seelenreinheit und seltener Großmut ganz außerordentliche Geistesgaben. Der Kurfürst von Bayern sagte von ihr, sie hätte einen vortrefflichen Staatsminister gegeben, und fragte sie oft um Rat. Franziska endlich, die jüngste der Schwestern, leitete als Oberin unter tausend Gefahren das Marien-Institut zu York, wo die Englischen Fräulein als Weltdamen verkleidet der Erziehung der weiblichen Jugend sich weihten. Nur außerordentlicher Mut, verbunden mit großer Klugheit, konnte in jenem Sturm die Anstalt retten. Endlich sei unter den englischen Ordensfrauen jener Tage, welche durch ihr Gebet den Opfern den Sieg erringen halfen, noch die liebenswürdige und geistreiche Tochter Lord Arundels von Mardoux, des Gefangenen im Tower, Cäcilia Arundel, genannt. Noch heute ist ihr Bildnis im Schloss ihrer Väter zu Mardoux zu sehen. In reicher Hofkleidung und strahlender Schönheit schaut die edle Tochter dieser berühmten Familie, einer der erlauchtesten Englands, auf den Besucher herab und sagt ihm, wie viel Liebreiz sie unter dem rauhen Kleide der Klarissen aus Liebe zu Christus hinopferte. Sie starb 1717 zu Rouen im Klarissenkloster im hohen Alter von 82 Jahren, fast erblindet, nach vielen mit himmlischer Geduld ertragenen Leiden. Noch sind einige ihrer Gedichte, u. a. ein längeres "über das Leiden unseres Herrn" aufbewahrt.)

Doch genug dieser düstern Bilder einer fanatischen Verfolgung. Die angeführten Beispiele zeigen uns ihre Schrecken deutlich genug, auch wenn wir von den Opfern nur eine geringe Zahl nennen konnten. Von den meisten ist kaum der Name auf uns gekommen; erst beim Weltgericht werden wir mit ihnen und ihren Leiden bekannt werden. "Allen diesen“, sagen die bereits angeführten Jahresbriefe, "wurde Leben und Freiheit und großer Lohn versprochen, wenn sie sich nur schuldig bekennen und so den schwindenden Glauben des Volkes an die Verschwörung stützen wollten. Aber auch nicht ein einziger aus dieser so großen Zahl fand sich, die die Rettung seiner Familie, seine eigene Freiheit und sein Leben um den Preis einer so folgenschweren Lüge hätte erkaufen wollen.“ Wahrlich, wir können diesen Abschnitt unserer Erzählung der Titus Oates-Verschwörung nicht besser schließen als mit den Worten der oben angeführten Quelle: "Wir sehen uns genötigt, das wundervolle Maß der Gnade dankbar zu preisen, welches Gott den schwer geprüften Katholiken zuteilen wollte, und welches allein ihnen die Kraft gab, eine so furchtbare Prüfung siegreich zu bestehen.“

14. Kapitel: Der ehrwürdige P. Claudius de la Colombière.

Unter den Priestern, welche die Meineide des Titus Oates in die gefürchteten Gefängnisse von London brachten, befand sich auch der Prediger der Herzogin von York, P. Claudius de la Colombière. Er ist der bekannte Gewissensführer der seligen Margareta Maria Alacoque [1920 heiliggesprochen], welcher der Heiland die Schätze seines liebeglühenden Herzens offenbarte. P. de la Colombière sollte nach Gottes Ratschluss der erste Apostel der Andacht zum göttlichen Herzen sein, und wir dürfen binnen kurzem seine Seligsprechung hoffen [die Seligsprechung erfolgte 1929, die Heiligsprechung 1992]. Schon dadurch verdient er unsere besondere Beachtung und eineigenes Blatt in der Geschichte des Martyriums, die wir zu erzählen haben und dessen blutige Palme beinahe auch ihn zu teil geworden wäre.

P. Claudius erblickte zu St. Symphorien d’Ozan in der heutigen Diözese Grenoble am 2. Februar 1641 das Licht der Welt. In Unschuld und Heiligkeit verlebte er seine Kindheit; im Jesuitenkolleg zu Lyon, das er seit 1653 besuchte, zeichnete er sich durch seine Frömmigkeit wie durch seine Talente unter den Genossen seiner Studien aus und trat am 25. Oktober 1658, erst 17 ½ Jahre alt, zu Avignon in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Da legte er den Grund zu jener außerordentlichen Vollkommenheit, die ihn befähigte, der Gewissensrat jener auserwählten Seele zu sein, deren sich Gott bedienen wollte, seiner Kirche die Andacht zum Herzen seines Sohnes zu empfehlen, und so die Liebe zu ihm, der aus Liebe zu uns das allerheiligste Altarssakrament einsetzte und den Kreuzestod erduldete, in den erkaltenden Herzen der Gläubigen aufs neue zu entflammen. Die eingehendere Schilderung des Tugendlebens des ehrwürdigen Dieners Gottes dürfen wir natürlich an dieser Stelle nicht unternehmen und müssen auf seine Lebensgeschichte verweisen. Wir müssen uns auf die Episode seines Aufenthalts in London beschränken.

Im Herbste 1676 erhielt P. de la Colombière von seinen Obern den Auftrag, die Stelle des Hofpredigers bei der Herzogin von York zu übernehmen. Jedermann ahnte damals schon, dass ein Sturm gegen die Katholiken in England unmittelbar bevorstehe. Der französische Gesandte von Ruvigny hatte ihn eben noch mit Sicherheit verkündet. „Die Verfolgung gegen den Herzog (von York), die Katholiken und alle Jesuiten wird fürchterlich sein“, hatte er P. Saint Germain, dem Vorgänger P. de la Colombières, gesagt. Trotzdem war dieser auf den ersten Wink seiner Obern bereit, sich auf den gefahrvollen Posten zu begeben. Vielleicht lockte ihn auch die Hoffnung, in England die Marterpalme zu erringen. Am 13. Oktober 1676 traf er im Palaste von Saint-James ein und begann seine Wirksamkeit.

Der Palast von Saint-James war von Heinrich VIII. an der Stelle eines früheren, dem Apostel Jakobus geweihten Spitals erbaut worden. Maria, die Katholische, war daselbst gestorben, Karl I. hatte in ihm die letzten drei Tage vor seiner Hinrichtung zugebracht. Der Herzog von York bewohnte während der Regierung seines Bruders Karl II. gewöhnlich diesen Prachtbau, der nur durch einen herrlichen Park von Whitehall, dem Residenzschloss des Königs, getrennt war. Das große Fenster der Kapelle, in welcher der ehrwürdige Diener Gottes zwei Jahre lang Messe las und das Wort Gottes verkündete, schaut auf den Hauptplatz vor dem Palaste. Noch sieht man auf der Epistelseite den bescheidenen Predigtstuhl, von dem aus er mit begeisterten Worten zum erstenmal in England die Herz-Jesu-Andacht verkündete. Seine Ordensbrüder, mit denen er in diesem Palaste zusammen wohnte und wirkte, und die fast alle der Marterkrone gewürdigt wurden, haben wir schon oben genannt. Besonders vertraut lebte er auch mit dem ehrwürdigen Coleman, dem Sekretär der Herzogin von York, der als das erste Opfer der Verfolgung ausersehen war.

Das Leben bei Hofe war aber dem ehrwürdigen P. de la Colombière eine Schule tägliche Abtötung. Die nach englischer Art gekochten Speisen verursachten ihm Unwohlsein, und nur mit großem Widerwillen konnte er sie genießen; trotzdem ließ er sich dieselben nicht anders zubereiten. Kaum war er aus dem sonnigen Frankreich in der Nebelhülle Londons angelangt, so stellte sich ein außerordentlich kalter und langer Winter ein. Schon am 19. Oktober machte das Glatteis die Straßen der Stadt gefährlich. Der Dezember brachte unerhörte Schneemassen und im Januar herrschte eine solche Kälte, dass die Themse fest zufror und man auf ihrem Eis öffentliche Belustigungen gab. Dennoch ließ der Mann der Abtötung sein Zimmer nicht heizen und unterbrach seine Bußwerke keinen Tag. Mitten in den Zerstreuungen des Hofes führte er ein Leben der Sammlung und steten Gebetes, so dass man ihn im Palaste einfach „den Heiligen“ nannte. Dabei suchte er mit einem wahren Hunger Gott Seelen zu gewinnen, und es gelang seinem unermüdlichen Eifer nicht nur, viele Katholiken zu einem besseren Leben zu bekehren, sondern auch eine große Zahl Apostaten zurückzuführen und Häretiker in den Schoß der Kirche aufzunehmen. Sein Lebensbeschreiber sagt, er habe unter anderen 25 Mitgliedern verschiedener Orden wieder bewogen, in ihre Klöster zurückzukehren oder sonst ein Leben der Buße zu führen.

Seine Strenge gegen sich selbst, verbunden mit dem ungewohnten rauhen Klima, zogen ihm schon nach Jahresfrist ein ernstes Brustleiden zu, während er früher niemals über seine Lunge zu klagen hatte. „Was meine Gesundheit angeht, so ist die zweifelsohne nicht befriedigend“, schrieb er in der Fastenzeit 1678. „Und da ist noch die Fastenzeit gekommen! Wenn meine Unpässlichkeit andauert, fürchte ich, dass meine Zuhörer mit ihrem Fastenprediger nicht zufrieden sein werden… Übrigens flößt mir die Krankheit, Gott sei Dank, keine Furcht ein. Der Wille Gottes geschehe in allem!“ „Leiden um der Gerechtigkeit willen und zur Ehre unseres guten Meisters, das sind wahre Gunstbezeigungen. O beneidenswerte Kreuze! Wie müssen sie Seelen gefallen, die Gott mit seiner Liebe erfüllt hat!“ Auch der Sommer brachte keine Genesung. „An der Vigilfeier der Himmelfahrt Mariä fing ich an, Blut zu speien“, schreibt er. „Ich überlasse alles der Vorsehung. Ich bin ganz bereit, hier zu leben oder zu sterben, wie es dem Willen unseres Herrn genehm ist.“

„Seit meinem letzten Schreiben wäre ich beinahe an einem neuen, heftigen Blutsturz gestorben“, berichtet der ehrwürdige Diener Gottes den 19. September 1678. „Ich war im Begriffe abzureisen und nach Frankreich zurückzukehren, weil die hiesigen Obern es erlaubten und die meisten Freunde mir dazu rieten. Doch hielten mich die Ärzte mit der Erklärung zurück, ich sei nicht im Stande, die Reise zu machen, und könne auch hier genesen. Ich weiß nun nicht, was Gott mit mir vorhat, muss ich leben oder sterben, hier bleiben oder zurückkehren, predigen oder in Untätigkeit bleiben. Ich kann weder schreiben noch sprechen, ja kaum beten. Der Wille Gottes geschehe! Ich bin nicht würdig, ihm zu dienen. Ich bin selber schuld an meinem Zustande. Ich bitte unsern Herrn, er möge mich strafen und mir verzeihen… Beten Sie zu Gott für mich, damit ich nur das will, was er will, und damit ich mich seiner Vorsehung ohne Vorbehalt überlasse.“

Der Blutsturz am Vorabend Mariä Himmelfahrt, der die Abreise P. de la Colombières unmöglich machte, fällt mit dem Ausbruch der großen Verfolgung zusammen, welche die Anklage des Titus Oates heraufbeschwor. Es war Gottes Wille, dass der Prediger der Herzogin von York auch seinen Teil an den Leiden der Katholiken haben sollte. Schon seine Stellung bei Hofe und seine Freundschaft mit dem ehrwürdigen Coleman mussten ihn mit in den Sturm hineinreißen. Freilich war er Titus Oates unbekannt; der „Entdecker“ der angeblichen Verschwörung trug ihn deshalb auch nicht in die Liste der „Verschworenen“ ein. Aber es fand sich ein Judas, der dieses Versäumnis nachholte, um die 20 Pfd. St. zu gewinnen, welche auf die Verhaftung eines Priesters gesetzt waren.

Der ehrwürdige P. de la Colombière erzählt selbst: „Ich wurde zu London von einem jungen Menschen aus der Dauphiné angeklagt, den ich bekehrt zu haben glaubte und für dessen Unterhalt ich während eines Zeitraums von etwa drei Monaten gesorgt hatte. Seine Aufführung, die mir zu gerechten Vorwürfen Anlass gab, und mein Unvermögen, ihm fernerhin dieselbe Unterstützung zu gewähren, hatten mich genötigt, mich von ihm zurückzuziehen. Jetzt glaubte er, sich dafür rächen zu können, indem er unsern gegenseitigen Verkehr zur Anzeige bringe. Er tat es und legte mir überdies gewisse Worte gegen den König und das Parlament zur Last. Und da er von meiner Wirksamkeit manches wusste, so ermangelte er nicht, das wenige Gute, das ich unter den Protestanten gewirkt hatte, als große Verbrechen auszulegen und übertrieb noch meinen Eifer und den glücklichen Erfolg meiner Arbeiten.“

Der Name des Verräters war Olivier du Fiquet. Er begab sich zu Luzancy, einem jungen calvinistischen Prediger in London, und beide zusammen verfassten die folgende Klageschrift gegen ihren gemeinsamen Landsmann.

„Ich glaube von meinem Gewissen und aus Treue gegen den König und Religion verpflichtet zu sein, die nachstehenden Anzeigen zu machen:
1. Herr La Colombière, Jesuit und Prediger der Frau Herzogin von York, der im Saint-James-Palast wohnt, ist drei Monate lang (meines Wissens) jeden Tag von 11 bis 12 Uhr von Herrn Coleman in seinem Zimmer besucht worden, wo beide miteinander verhandelten. Nach diesen drei Monaten schickte Herr La Colombière seinen Diener zweieinhalb Monate aufs Land und nahm an dessen Statt den 13 bis 14 Jahre alten Neffen des Herrn Coleman in Dienst. Sobald aber Herr Coleman verhaftet war, entließ Herr La Colombière dessen Neffen und nahm seinen früheren Diener wieder an.
2. Herr La Colombière sagte mir in seinem Zimmer, das Parlament werde seine Macht nicht immer behalten.
3. Er sagte mir, wenn das Parlament gegen die Katholiken auftreten würde, so werde der König dasselbe auflösen.
4. Herr La Colombière wünschte, dass ich meine Religion wechsle. Als er aber sah, dass ich Bedenken trage, weil ich dadurch eine Schlechtigkeit zu begehen fürchtete und weil dies in London nicht erlaubt sei, sagte er mir, ich dürfe es ruhig tun; er stehe für mich ein und der König werde mich nicht hindern, den katholischen Glauben zu bekennen, da er selbst im Herzen römisch-katholisch sei, wie er (La Colombière) ganz sicher wisse. Als ich ihm ferner sagte, ich beabsichtige nach Oxford zu gehen und dort zu studieren, um mit Hilfe meiner Freunde ein Amt zu erlangen, und das sei die Absicht, in welcher ich nach London gekommen sei, riet er mir davon ab, da die Theologie von Oxford voll Irrlehren sei und ich von diesen Irrtümern angesteckt würde.
5. Einige Tage darauf sagte er mir, er habe dem Herzog von York mitgeteilt, dass ich ihn vom Eintritt in den Staatsdienst abgehalten habe; derselbe habe darüber seine Befriedigung geäußert und versprochen, mir eine bessere Stellung zu verschaffen, wenn ich zur römisch-katholischen Kirche übertreten wolle.
6. Herr La Colombière sagte mir noch, ich könne doch wohl als römischer Katholik leben, da ja Seine Hoheit ebenfalls römisch-katholisch sei, die Messe höre und die Sakramente der römischen Kirche empfange. Und das ist mir von Le Lièvre, dem Diener des Herrn La Colombière, und von einem gewissen Anton, dem Sakristan der Kapelle, bestätigt worden. Der letztere sagte mir, Seine Hoheit höre die Messe durch ein vergittertes Fenster.
7. Als Herr La Colombière bemerkte, dass ich dennoch Bedenken trug, wollte er mich nach Paris zum Kardinal de Bouillon schicken, dass ich unter seinem Schutze stände, und ich sah sogar das betreffende Schreiben und einen zweiten Brief von einem Jesuiten aus Paris, welchem Herr de la Colombière geschrieben hatte, er möchte mich P. La Chaise, dem Jesuiten und Beichtvater des Königs von Frankreich, empfehlen.
8. Herr Dreville, ein Franzose, der in der französischen Gesandtschaft wohnt, hat zu Herrn La Colombière auf dessen Geheiß einen englischen Kaufmann geführt in der Absicht, ihn (zum Übertritte) zu verführen. Diesen wollte Herr La Colombière samt seiner Familie nach Frankreich schicken.
9. Herr La Colombière hat Geistliche und Prädikanten von London nach Frankreich geschickt, unter andern Herrn Salomon, den er M. Kardinal de Bouillon empfahl, um ihn mit einer andern Person nach Rom zu schicken. Dieser Mensch hatte sein Kloster verlassen, um zur protestantischen Kirche überzutreten; in der Folge schickte Herr La Colombière denselben in die Picardie … zum Bruder seines Dieners Le Lièvre und verschaffte ihm viel Geld.
10. Herr La Colombière suchte Priester, um sie nach Virginien zu schicken, wo sie Messe lesen, predigen und katechisieren sollten. Er gewann sogar aus Irland einen Priester dafür und schickte ihn zu einem Kaufmann, der in der Nähe des Stadtviertels Savoie wohnt, dass er sich einschiffe.
11. Herr La Colombière sagte mir, in einem Hause bei Saint-Paul führten mehrere Jungfrauen ein Klosterleben, und das bestätigte mir sein Diener Le Lièvre.
Das ist alles, was ich eidlich versichern kann. Ich füge noch hinzu, dass Herr La Colombière den irländischen Priester, der nach Virginien reisen sollte und der in Frankreich einen jungen Menschen, den Sohn eines Prädikanten, (zum Übertritt in die katholische Kirche) verführt hat, beauftragte, alle Sonn- und Festtage im Hause des Herrn Robert Messe zu lesen. Olivier du Fiquet.
Ich habe vergessen zu sagen, dass Herr La Colombière an mehreren Orten und namentlich im Hause von Madame Chasseville, die in der Picadilli wohnte, die Sakramente gespendet und mir gesagt hat, ich würde in wenigen Tagen England ganz verändert sehen.”

Mit diesem Machwerk begaben sich Luzancy und Fiquent zum Bischof von London und zum Lordkanzler, dem sie die Anklage übergaben. Sie enthielt zwar, von einigen ganz allgemeinen Verdächtigungen abgesehen, nur die Beschuldigung, der Beichtvater der Herzogin habe zum Rücktritt in die Kirche aufgefordert und überhaupt Werke des Seeleneifers ausgeübt, was allerdings nach dem englischen Staatsgesetzen unter Strafe des Hochverrats verboten war. Aber der Freund Colemans mag schon als solcher auch der Teilnahme an der vorgeblichen Verschwörung verdächtig erschienen sein.

Zunächst wurde P. de la Colombière verhaftet. Am 14./24. November um 2 Uhr nach Mitternacht drang man in sein Zimmer im Saint-James-Palaste und nahm ihn gefangen. Als dann Fiquet seine "Anzeige“ auch dem Parlamente gemacht und am 16./26. vor dem Marquis von Winchester als dem Kommissär des Parlaments dieselbe beschworen hatte, schleppte man P. de la Colombière sofort am hellen Mittag aus Saint-James und brachte ihn über die Themse in das Gefängnis der King’s Bench. Zwei Tage später wurde er von einer Kommission des Oberhauses verhört und seinem Ankläger gegenübergestellt. Man konnte ihn aber nach dem Gesetze auf das Zeugnis eines einzelnen hin nicht verurteilen.

Doch der zweite Zeuge fand sich bald. Schon am 19./ 29. November beschwor Franz Verdier vor dem Lord Anglesey: “Vor etwa fünf oder sechs Monaten war ich im Zimmer des Herrn La Colombière. Dieser unterhielt sich mit Herrn Fiquet und wollte ihn bewegen, katholisch zu werden. Ich hörte La Colombière zu diesem Zwecke Beweise vorzubringen. Fiquet erwiderte darauf, wenn diese Gründe auch wahr wären, hätten sie doch hierzulande kein Gewicht, da der König seine Konversion nicht gestatten würde. Darauf versetzte Herr La Colombière: ‘Der König wird Ihre Konversion nicht missbilligen, da er selber im Herzen katholisch ist.’”

Nun berichtete Marquis von Winchester, einer der Kommissäre, dem Oberhause am 1. Dezember über “die Schuld” des ehrwürdigen Dieners Gottes, und das Haus fasste folgenden Beschluss: “Es ist erwiesen, dass La Colombière, Jesuit und Prediger der Herzogin von York, gegenwärtig Gefangener von der King’s Bench, häufige und lange Unterredungen mit Herrn Coleman gehabt hat; eine bedeutende Korrespondenz mit P. La Chaise und dem Kardinal de Bouillon unterhalten und versucht hat, Olivier du Fiquet, Franz Verdier und andere zum Papsttum zu verführen, indem er dazu Beweise gefährlicher Natur geltend machte; dass er in seinem Zimmer manche Abschwörungen von Franzosen und Engländern entgegengenommen und heimlich Priester, darunter den Irländer Mac Carthy, nach Virginien geschickt hat. Da alle diese Vorkommnisse gefährliche Folgen haben und dem Frieden der Regierung dieses Königreichs nachteilig sind, so verfügen die im Parlamente versammelten geistlichen und weltlichen Lords, dass die Träger der ‘weißen Stäbe’ sich zu Seiner Majestät begeben und Höchstderselben untertänigst den Wunsch dieses Hauses ausdrücken, es möge Seiner Majestät gefallen, den Befehl zu erteilen, dass besagter La Colombière aus dem Reiche, aus allen Gebieten und allen Besitzengen Seiner Majestät verbannt werde.”

Politische Rücksichten auf Ludwig XIV. bestimmten offenbar das Parlament, von einem eigentlichen Gerichtsverfahren und dem Todesurteil gegen den ehrwürdigen Diener Gottes Abstand zu nehmen. Stattdessen hatte er fast drei Wochen die Qual eines englischen Gefängnisses damaliger Zeit zu ertragen. Die verpestete Luft brachte den durch wiederholten Blutsturz ohnehin schon geschwächten Gefangenen in Lebensgefahr. Als daher der König dem Gesuche des Parlamentes entsprechend P. de la Colombière durch den Gerichtsboten Johann Bradley auf ein Schiff in die Verbannung schicken wollte, war derselbe in einem solchen Zustande, dass er ohne Todesgefahr die Seereise nicht antreten konnte.

Der folgende Auszug aus dem Register des Privy Councils vom 6./16. Dezember 1678 bezeugt das:
“Die Vollstreckung des Befehls Seiner Majestät auf die Bitte des Hauses der Lords (betreffs des Herrn Colombière) ist bis jetzt verschoben worden, auf die Vorstellung hin, dass der Gefangene sehr erschöpft, brustleidend und mit Blutbrechen behaftet ist und die Reise sein Leben gefährden würde. Er leidet noch an diesem Übel, und mithin werden einige Tage ihm durchaus notwendig sein, die zur Reise erforderlichen Kräfte zu erlangen, die er wahrscheinlich auch durch Bewegung in besserer Luft gewinnen wird. Seine Majestät hat daher für gut befunden anzuordnen, was hiermit angeordnet wird, dass Johann Bradley (der Gerichtsbote) den besagten Herrn Colombière in seine Obhut nehme und ihm alle Bequemlichkeiten verschaffe, die er für seine Gesundheit wünscht, doch so, dass sein Aufenthalt in der Stadt und ihrer Umgebung sich nicht über zehn Tage, von der Entlassung aus dem Gefängnis der King’s Bench an gerechnet, erstrecke. Vor oder am Ende der zehn Tage wird er seinen Gefangenen an das Gestade geleiten und dem diensttuenden Beamten schriftlich bezeugen, dass besagter Gefangener wirklich eingeschifft ist, um über das Meer gebracht zu werden.”

So geschah es. “Man gewährte mir zehn Tage”, schreibt P. de la Colombière. “Während dieser Zeit ließ man mich auf mein Wort in meinem Zimmer, wo ich Gelegenheit hatte, vielen Personen Lebewohl sagen, die ich sehr gerne vor meiner Abreise noch einmal sah.”

Am 19. oder 20. Dezember 1678 verließ der ehrwürdige Diener Gottes das Gefängnis und trat zehn Tage später seine Rückreise nach Frankreich an – mit sehr geteilten Gefühlen; denn gar zu gerne hätte er die Marterpalme gepflückt, die ihm schon zu winken schien und die bald so viele seiner Mitbrüder in London schmücken sollte. Doch wird der Herr seinen Willen für die Tat genommen haben, wie ihn auch die selige Margareta Maria Alacoque “einen glorreichen Märtyrer durch sein Verlangen nach dem Martyrium” nennt. Wahrscheinlich hat sein Kerkerleben dazu beigetragen, dass sein Brustübel unheilbar wurde.

Am 16. Februar 1682 starb er im Rufe der Heiligkeit zu Paray. Sein Seligsprechungsprozess ist anhängig, und bald hoffen wir den glühenden Apostel der Herz-Jesu-Andacht auf den Altären verehren zu können. [Claude de la Colombière wurde 1929 selig- und 1992 heiliggesprochen].

15. Kapitel: Neue Hetzereien und der Kampf um die Thronfolge

Bei Aufzählung der vielen blutigen und unblutigen Opfer, welche die Verleumdung des unseligenTitus Oates forderte, ist uns der politische Zweck, “der Ausschluß des katholischen Herzogs von York von der Thronfolge”, den Shaftesbury und seine Partei durch diese Verschwörung erstrebten, beinahe aus den Augen gekommen. Es ist hohe Zeit, daß wir unsere Aufmerksamkeit den Umtrieben der großen anglikanischen Oppositionspartei wieder zuwenden.

Am 26. Mai (5.Juni) 1679 hatte Karl II. das Parlament vertagt, am 10./20. Juli aufgelöst. Es war das einzige Mittel, um die Durchbringung der Exklusionsbill, den Ausschluß des Herzogs von York von der Thronfolge zu verhindern. Daher die Wut Shaftesburys und seiner Partei über diese Maßregel. Die Habeas-Corpus-Akte, welche der König am letzten Tage des Parlamentes noch bewilligte, und eine zeitweilige Preßfreiheit, die er höchst unklug in diesen Tagen der Aufregung gewährte, konnte den Grimm der protestantischen Partei, welche sich des Sieges über York schon sicher wähnte, nicht besänftigen. In kurzer Zeit, von Mitte Juni bis Ende August, ließ nun Karl II. die sieben Jesuiten, vier Weltpriester, zwei Franziskaner und Mr. Langhorne, deren glorreiches Ende wir erzählten, am Galgen sterben. Ihr Tod sollte dem Volke verkünden, wie gut protestantisch sein König sei; er sollte seine wankende Popularität stützen und Stimmen für ihn werben bei der Neuwahl des Parlamentes, der zweiten dieses Jahres. Umsonst! Die Macht der Opposition war auf ihrer Höhe, und lauter als je zuvor erscholl durch das ganze Königreich der Ruf nach dem Ausschlus Yorks von der Thronfolge. Ja nicht nur der “papistische” York, sondern sogar seine beiden protestantischen Töchter und deren Nachkommen sollten von der Krone Englands ausgeschlossen sein. Und im gleichen Maße wie die Schale Yorks sank, stieg die Schale Monmouths, des Kandidaten Shaftesburys. In diesem Sinne fielen die Wahlen aus. Von 512 Mitgliedern des Unterhauses waren nur 138, welche dem früheren Parlamente nicht angehört hatten; die Opposition bildete also auch dieses Mal die große Majorität.

Inzwischen wäre Karl II. beinahe gestorben. Am 22. August (1. September), am gleichen Tage, da in Hereford der greise Priester Kimble und in Worcester der Franziskanerpater Joachim von der hl. Anna zum Tode geführt wurden, warf ihn in seinem Schloss zu Windsor eine gefährliche Krankheit danieder. Die Jahresbriefe der Gesellschaft Jesu berichten: “Er begann alles Ernstes für sein Leben zu fürchten. In dieser Lage wollte Seine Majestät, da nun für fernere Verstellung keine Zeit mehr vorhanden schien, unbedenklich, aus eigenem Antriebe und durch Taten mehr als durch Worte seine wahre Meinung hinsichtlich der vorgegebenen Verschwörung offenbaren. Denn er ließ einen katholischen Arzt kommen und gab ihm in Gegenwart der Königin den Auftrag, eine gewisse Arznei zu bereiten, deren Hauptbestandteil Chinarinde oder “Jesuitenpulver” war, wie dieses Mittel gewöhnlich auf englisch genannt wird”. - Von einer Reue des Königs über seine Bestätigung so vieler Todesurteile an, wie ihm wohl bekannt, Unschuldigen wissen die Jahresbriefe nichts zu berichten; auch für die Hunderte schuldlos Gefangener, welche damals alle Kerker des Königreiches füllten, rührte Karl II. keine Hand. Welches auch seine Vorsätze gewesen sein mögen: sie verflogen mit dem Krankheitsanfalle, und der Sturm gegen die Katholiken tobte weiter. Auch der Herzog von York, den der König durch einen Kurier aus den Niederlanden herbeigerufen hatte, mußte England wieder verlassen. Seine Anwesenheit diente Shaftesbury zum Agitationsmittel; als ein Bürger Londons York zu Ehren ein Freudenfeuer anzündete, drohte der Pöbel, dessen Haus niederzubrennen. “Sind auch die Beweise, welche man aus dem Prozesse Colemans gegen Sie vorbringen mag, noch so schwach und hinfällig”, sagte der König zu seinem Bruder, “so wäre es doch möglich, so lange man Oates und Bedloe nicht nach Gebühr bestrafen kann, neue falsche Zeugen gegen Sie zu finden. Und ich möchte es nicht auf die Zeugen ankommen lassen, ob man Sie oder ob man Sie nicht ins Gefängnis werfen müsse” (Mémoires de Jacques II, vol. II, 284).

“So dachte der König über die Verschwörung und über die Zeugen, welche deren Wahrheit aufrecht hielten,” fährt der Herzog von York an der angezogenen Stelle (p. 285) fort, indem er seinen königlichen Bruder zu entschuldigen sucht, “und dennoch waren die Zeitumstände, in denen dieser unglückliche Fürst lebte - denn so muß ich ihn bei dieser Gelegenheit wohl nennen - derart, daß es ihm schien, er sei seines eigenen Lebens nicht sicher, wenn er nicht Tag für Tag seine Zustimmung zur Hinrichtung von Personen gäbe, die er in seinem Herzen vollständig unschuldig hielt. Freilich war der Gedanke, man müsse dem Gesetz seinen Lauf lassen, nur eine sophistische Ausflucht, die schon für seinen königlichen Vater traurige Früchte getragen hatte. Auch konnte sie sein Gewissen keineswegs beruhigen noch ihn vor heftigen Gewissensbissen und aufrichtigem Schmerz bewahren, die ihm diese Ungerechtigkeiten doch verursachten, wenn er sie im wahren Lichte betrachtete. Und Gott öffnete ihm die Augen bald oder doch wenigstens einige Zeit vor seinem Tode”.

Wäre das Parlament im Herbst 1679 zusammengetreten, so hätte die Partei Shaftesburys die Exklusionsbill ohne Zweifel sofort durchgebracht. Karl II. wußte das und vertagte daher die Einberufung auf den 26. Januar (5. Februar)1680. Inzwischen, so hoffte er, werde sich der Sturm etwas legen. Zudem sollte eine Schwenkung in der äußeren Politik, ein Bruch mit dem den Engländern verhaßten Ludwig XIV., die Gemüter beruhigen und für die rechtmäßige Thronfolge günstig stimmen.

Aber Shaftesburys Partei suchte durch alle Mittel den fanatischen Haß der Protestanten gegen die Papisten zu schüren und in Fluß zu halten. Eine Maskerade bot dazu erwünschte Gelegenheit. Wir wollen das Programm derselben mitteilen. Man wird sehen, daß man damals schon den Haß gegen die Kirche und ihre Institutionen mit denselben Mitteln entzündete, deren Zugkraft auch heute noch sich als wirksam zeigt.

“Schon seit einigen Jahren” erzählen die erwähnten Jahresbriefe, “veranstalten die Calvinisten in London am 17. November, an dem Tage, an welchem die Königin Elisabeth den Thron bestieg, eine Stadtprozession. Sie tun das teils zur Feier des Sieges der Häresie, teils zum Hohne auf die schottische Herrscherlinie. Aber bei keinem früheren Anlasse wurde dieser Faschingszug mit mehr Prunk, größerem Aufwand und Pomp bewerkstelligt als dieses Jahr (1679). Folgendes war sein Programm:

1. Sechs Mann in roten Leibröcken und mit Bibermützen als Pfeifer, die auf ihren Querpfeifen bliesen.
2. Ein Trauerherold oder Leichenbitter folgte diesen, der mit einem kleinen Glöcklein läutete und und kläglicher Stimme schrie. “Gedenket des Richters Godfrey!”
3. Eine Puppe Sir Edmundbury Godfreys in Lebensgröße. Er ritt auf einem Schimmel und wurde von einem seiner Mörder gestützt. Er trug seine gewöhnlichen Kleider, welche er bei Lebzeiten zu tragen pflegte, und dasselbe Halstuch, mit dem er erdrosselt wurde. Blutflecken starrten an seiner Brust und an seinen aus weißen Handschuhen gefertigten Händen. Das Gesicht war bleich und blutig. Gleich hinter ihm schritt
4. ein Priester in einem Chormantel, der mit Totenköpfen und Totenbeinen verziert war. Derselbe verkündete allen “Protestantenmördern” Ablaß und schrie mit lauter Stimme, Häretiker zu morden sei ein verdienstliches Werk. Ihm folgte
5. ein Priester in schwarzen Gewändern, dem ein silbernes Kreuz vorgetragen wurde.
6. Vier Karmeliter, denen
7. vier Franziskaner folgten, alle acht in ihren Kutten.
8. Sechs Jesuiten mit gezückten blutigen Dolchen. Dann
9. eine Musikbande von sechs Mann, welche auf ihren Instrumenten spielten.
10. Vier Bischöfe, prächtig in Violett gekleidet, mit Ärmeln von feinem Linnen, goldene Kreuze, die weithin schimmerten, an Halsketten auf ihrer Brust.
11. Vier andere Bischöfe in Rochetten, welche prächtig verziert und mit Stickereien überladen waren. Auch trugen sie vergoldete Mitren auf ihrem Haupte.
12. Sechs Kardinäle mit roten Hüten und in Purpurgewändern.
13. Des Papstes Leibarzt, in der einen Hand das sogen. Jesuitenpulver, in der anderen ein Arzneiglas.
14. Zwei Priester in Chormänteln und mit goldenen Vortragekreuzen. Endlich
15. der Papst zum Schluß. Er wurde auf einem hohen und gewaltigen Thronsessel getragen, der mit Scharlach bedeckt und herrlich mit Gold- und Silberstickerei geschmückt war; goldene Quasten baumelten um ihn; seine Füße waren mit goldenen Kreuzen geziert. Er saß auf einem königlichen Polster; zwei Knaben in kurzen Chorhemden, welche rote Kreuze trugen und ihm blutige Dolche anboten, um damit häretischen Königen und Fürsten die Hälse abzuschneiden, bedienten ihn. Der Papst war mit einem überaus prachtvollem Scharlachgewande, das von Silber und Gold funkelte, bekleidet; er trug die dreifache Krone und eine goldene Halskette; eine Teppichdraperie mit St. Peters-Schlüsseln und anderen päpstlichen Abzeichen bildete den Hintergrund. Ihm zur Seite stand der Teufel und redete Sr. Heiligkeit zu, er möge den König ermorden, London verbrennen und den Protestanten erlogene Verschwörungen zur Last legen.

Dieser Maskenzug brach gegen 5 Uhr abends von den sogenannten Moorfields auf, bewegte sich durch die Bishopsgatesstraße nach Houndsditch und Aldgate, dann durch die Leadenhallstraße, durch Cornhill und Cheapside nach dem früheren Schlosse der Templer, welches damals das Westende der Stadt bildete. Die Prozession und das Spiel wurden von mehr als tausend Fackeln und sechs Pechpfannen beleuchtet und von dem Beifallsgeschrei vieler tausend Zuschauer begleitet. Längs des Weges, den der Umzug nahm, waren alle Fenster und Türen der Häuser mit Neugierigen jeden Alters und Geschlechtes dicht besetzt. So erreichte die Maskerade in der angegebenen Ordnung nach etwa dreistündigem Marsche Temple Bar. Hier war ein Standbild der Königin Elisabeth errichtet. Sie war um und um mit vergoldeten Lorbeerkränzen geschmückt und trug ein goldenes Zepter in ihrer Hand mit der Inschrift: Religio Protestantium et Magna Charta! Zahlreiche Fackeln und Lichter beleuchteten die Statue. Man stellte den Papst neben das Standbild; dann wurde ein Zwiegespräch zwischen dem Kardinal Norfolk (Howard) und dem englischen Volke in Knittelversen abgesungen. Bald lud jener durch Schrecken und Drohungen die Leute zur Rückkehr zum alten Glauben ein, bald spottete er über Elisabeth und sang das Lob des Kardinalates und der katholischen Kirche. Nachdem der Gesang zu Ende war und der Papst gewisse Zeremonien gegen die Königin vorgenommen hatte (wahrscheinlich eine Nachäffung der Exkommunikation), wurde er trotz allen Widerstandes vom Teufel, welcher ihn bisher begleitet hatte, auf einen brennenden Holzstoß geworfen. Dann sagte der Teufel, er habe jetzt erfahren, daß die unfehlbaren Päpste ebenso wie die Astrologen über ihr eigenes Schicksal nichts wüßten, obschon sie sich eines so großen Wissens rühmen, und damit flog er unmäßig lachend davon. Die letzte Szene dieser tragischen Komödie wurde unter dem Beifallklatschen und Geschrei von vielleicht 200.000 Zuschauern gegeben, wovon der größte Teil den Rest der Nacht in Wirtshäusern, in Saus und Braus und jeglicher Art von Ausschweifung zubrachte. “Es ist ganz unglaublich”, so schließt der Bericht “wie sehr der Trunksucht ergebene Männer und Weiber, die gleich Bacchantinnen leben, durch derartige Vorstellungen zu einem teuflischen Hasse gegen die (wahre) Religion und ihre Anhänger entflammt werden.”

Das plumpe Maskenspiel hatte bei John Bull die erwartete Wirkung. Die Hauptstadt stand zu Anfang des Jahres 1680 fester und geschlossener als je auf seiten der Opposition. Unter diesen Verhältnissen wagte der König nicht, das Parlament zusammentreten zu lassen. Er berief es zwar auf den 26. Januar ein, vertagte es aber unmittelbar nach der Thronrede, in welcher er eine Änderung seiner äußeren Politik versprach, zunächst auf den 15. April, dann auf den 22. Juli und endlich auf den 21.Oktober.

Doch die Hoffnung Karls II., daß der künstlich heraufbeschworene Sturm sich endlich legen werde, ging nicht in Erfüllung. Es war ein Jahr der erbittertsten Parteikämpfe, in denen der Haß gegen die katholische Religion sich immer aufs neue des vorgegebenen Papistenkomplottes als Waffe wider den Herzog von York bediente. Ein gewisser Dangerfield, ein würdiger Genosse von Oates und Bedloe, ein Mensch, der am Schandpfahle gestanden hatte, gepeitscht und gebrandmarkt und wegen Verrat und Falschmünzerei des Landes verwiesen war, zeigte an, eine neue Verschwörung, welche den Sturz der Regierung und die Ausrottung des Königs und der ganzen königlichen Familie bezwecke, sei im Gange. Die Angabe wurde zwar als eine Lüge erwiesen; gleichwohl sperrte man auf sein Zeugnis hin den Earl of Castlemain und die Gräfin Powis, welche den Plan mit den schon seit Jahresfrist gefangenen Lords geschmiedet haben sollten, in den Tower. Auch aus Irland, so verkündete Shaftesbury, käme die Kunde eines neuen französisch-papistischen Komplottes.

Wie Shaftesbury alles aufbot, um den Herzog von York beim Volke verhaßt zu machen, so tat er auch alles, um den Herzog von Monmouth zum Idole des Pöbels zu erheben. Monmouth war von seinem königlichen Vater mit so vielen Ehrenstellen ausgezeichnet und mit solcher Rücksicht behandelt worden, als wäre er ein vollberechtigter königlicher Prinz. Schon früher hatte sich daher das Gerücht verbreitet, der König habe mit Lucie Walters, der Mutter des Monmouth, in geheimer Ehe gelebt, bevor er Katharina von Braganza geehelicht; Monmouth sei also der Spross einer erlaubten Verbindung und mithin der rechtmäßige Thronerbe Englands. Dieses Gerücht verstanden Shaftesbury und seine Parteigenossen ungemein glaubhaft darzustellen. Als der König zu ihrem großen Ärger den Herzog von York Ende Januar nach London zurückrief, verbreitete sich das Märchen von einer schwarzen Kassette, in welcher die Dokumente für die Rechtmäßigkeit der Verbindung des Königs mit Monmouths Mutter enthalten seien. Diese “schwarze Kassette” spielte von nun an eine große Rolle in den Hetzereien gegen York und die Katholiken und fand trotz aller Proteste Karls II. in weiten Kreisen Glauben. Es wurden jetzt Porträts Monmouths angefertigt und verbreitet, welche die Unterschrift: “Der durchlauchtige Prinz von Wales”, bekanntlich der ständige Titel der englischen Kronprinzen, zur Schau trugen. Monmouth wagte sogar den Schrägbalken, das heraldische Zeichen der Bastarde, aus seinem Wappen zu entfernen. Dazu hatte Monmouth alle persönlichen Eigenschaften, welche ihn zum Liebling des Volkes machen konnten; er war von schöner und stattlicher Erscheinung, hatte sich im Kriege ausgezeichnet, war leutselig und herablassend über alle Maßen. Täglich wandelte er durch die Straßen Londons, plauderte und grüßte, nahm teil an volkstümlichen Spielen und stand dem gemeinen Manne zu Gevatter. Endlich war Monmouth ein ausgesprochener Katholikenfeind, und diese seine Tugend reichte für sich schon aus, selbst in den Augen der griesgrämigen Puritaner den Schandfleck seiner Abkunft und jede Makel seines sittenlosen Lebenswandels reinzuwaschen.

Shaftesbury konnte den Zusammentritt des Parlamentes, der immer weiter hinausgeschoben wurde, nicht abwarten. Auf die Macht seiner Partei vertrauend, wagte er mit seinen Gesinnungsgenossen einen Schlag gegen den verhaßten Herzog von York; da Karl II. im Mai einen neuen Krankheitsanfall hatte, fürchtete nämlich der Führer der Opposition, unversehens einer vollendeten Tatsache gegenüberzustehen. So zogen am 16./26. Juni 1680 unter fieberhafter Aufregung Londons eine Reihe von Peers und Mitgliedern des Unterhauses, zumeist hochangesehene und reiche Männer, in feierlichem Zuge nach Westminster und überreichten vor dem Gerichtshofe der King’s Bench eine Anklage gegen den Herzog von York. Derselbe sei ein verstockter Papist, wie sie durch Zeugen beweisen wollten. In dieser Eigenschaft sei er aber eine beständige Gefahr für das Leben des Königs und für den friedlichen Fortbestand des Reiches. Überdies sei der Herzog Inhaber des Postwesens und könne so ohne jede Kontrolle die gefährlichsten Korrespondenzen mit auswärtigen Fürsten unterhalten. Der König möge also seinem Bruder zum mindesten den dritten Teil seines Einkommens nehmen und sich so gegen dessen gefährliche Umtriebe sicherstellen. Sir William Scroggs, vor welchem diese freche Anklage angestrengt wurde, war in einer peinlichen Lage: entweder die Gunst des Königs und des mutmaßlichen Thronerben, oder jene der mächtigen Oppositionspartei stand für ihn auf dem Spiele. Er sann einen Mittelweg aus: er nahm die Anklage zwar entgegen, entdeckte an derselben aber einen Formfehler und verstand es, durch Vorfragen die Sache in die Länge zu ziehen, bis die Verhandlungen des Parlamentes den Vorschlag gegenstandslos gemacht hatten.

Wenn aber die gerichtliche Klage gegen York auch keinen direkten Erfolg hatte, so diente sie doch immerhin dazu, die Parteileidenschaft in vollen Flammen zu halten. Das Jahr 1680 war ein Jahr ununterbrochener Hetzerei. “Die eine Frage des Ausschlusses (von der Thronfolge) beschäftigte die öffentliche Meinung,” sagt Macaulay (The History of England, Tauchnitz Edition, I, 252). “Alle Pressen und Kanzeln des Königreiches beteiligten sich an dem Kampfe. Auf der einen Seite behauptete man, niemals würde die Verfassung und die Religion des Staates unter einem papistischen Könige sicher sein; auf der anderen, das Recht Jakobs an die Krone stamme von Gott und könne nicht aufgehoben werden, auch wenn alle Faktoren der Gesetzgebung es ihm absprechen wollten. Jede Grafschaft, jede Stadt, jede Familie war in Aufregung. Das freundliche und gastliche Verhältnis mit dem nächsten Nachbar wurde abgebrochen. Die teuersten Bande der Freundschaft und des Blutes wurden zerrissen. Selbst die Schulknaben waren in zornige Parteien zersplittert, und sowohl der Herzog von York als der Earl von Shaftesbury hatten in allen Schulen von Westminster und Eton feurige Parteigänger. Die Theater erzitterten vor dem Gebrülle der streitenden Parteien. Von fanatischen Protestanten wurde die “Päpstin Johanna” auf die Bühne gebracht. Bezahlte Poeten füllten ihre Prologe und Epiloge mit Lobhudeleien auf den König und den Herzog. Die Unzufriedenen belagerten den Thron mit Bittschriften, daß das Parlament unverzüglich einberufen werde, während die Loyalen Adressen einsandten, in denen sie dem äußersten Abscheu gegen alle Ausdruck gaben, welche es wagten, dem Souverän Vorschriften zu machen. Die Bürger von London versammelten sich zu mehreren Zehntausenden, um dem Papst in effigie zu verbrennen. Die Regierung schickte Kavallerie nach Temple Bar und pflanzte Geschütze auf rund um Whitehall.”

In den Tagen dieser Aufregung kamen auch zum erstenmal die Bezeichnungen Whig und Tory auf, welche bis auf den heutigen Tag den beiden großen Parteien der Liberalen und Konservativen in England geblieben sind. Ähnlich wie der Name der Geusen, waren es am Anfang Spottnamen; aber die Parteien legten sich dieselben bald als Ehrennamen bei. Whigs hießen ursprünglich die rebellischen Banden der schottischen Puritaner, welche den anglikanischen Erzbischof Sharp gemordet hatten, und Tories geächtete Irländer, welche in den Moorgründen Westirlands den Kampf gegen die protestantischen Bedrücker fortsetzten. Jetzt nannte man die Gegner der rechtmäßigen Thronfolge Whigs und ihre Verfechter Tories.

Endlich mußte Karl II. das Parlament einberufen. Es trat am 21./31. Oktober zusammen. Die Thronrede erwähnte eine Allianz mit Spanien, welche der Opposition erwünscht war, und verbreitete sich dann über die große Sorge, welche der König für den Schutz der protestantischen Religion hege. Darum sei die fernere Untersuchung der papistischen Verschwörung und die Aburteilung der katholischen Lords, welche noch im Tower gefangen lägen, notwendig. Auch sonst sei er bereit, auf alle Vorschläge zur Sicherung der protestantischen Religion einzugehen, wenn man nur um diesen Preis die Thronfolge nicht antasten wolle. - Man sieht, der König war wiederum geneigt, die Opposition durch die Vergießung unschuldigen Blutes zu erkaufen, und um zu beweisen, daß es ihm Ernst sei, bestätigte er gerade in diesen Tagen das Todesurteil, welches bereits am 29. Juli zu York über den ehrwürdigen Thomas Twing gefällt war. Derselbe wurde zwei Tage nach dem Zusammentritt des Parlamentes, am 23. Oktober, als ein Mitglied der von Oates erfundenen Verschwörung hingerichtet.

Shaftesbury und seine Partei nahmen den Blutpreis an, ohne sich jedoch zu einer Gegenleistung zu verpflichten. In der Adresse an den König redeten sie nur von der Notwendigkeit, die protestantische Religion zu schützen, und brachten dann sofort, am 2./12. November die Exklusionsbill ein. Im Sturme ging sie durch die drei Lesungen des Unterhauses; bei der dritten war der Jubel so allgemein, daß es einer Zählung nicht mehr bedurfte. Schon am 15./25. November brachte sie Lord Russell vor das Oberhaus, und nun entspann sich jener denkwürdige Kampf, auf dessen Entscheidung nicht nur England, sondern ganz Europa hinblickte. Für den Ausschluß Yorks von der Thronfolge sprachen Shaftesbury, Essex, Sunderland, Russell mit dem Aufgebote aller Leidenschaft und allen Talentes; ihnen gegenüber verteidigte Lord Halifax das Erbrecht. “Es ist ein seltener Fall,” sagt Macaulay, “daß Beredsamkeit Stimmen gewinnt. Aber das Zeugnis von Zeitgenossen läßt keinen Zweifel, daß bei dieser Gelegenheit die Beredsamkeit von Halifax Stimmen auf seine Seite herüberzog.” Die Sitzung war lang und stürmisch. Mehr als einmal war man auf dem Punkte, das Schwert zu ziehen. Der König wohnte der ganzen Verhandlung bei. Endlich wurden die Stimmen gezählt: die Exklusionsbill war mit 63 gegen 30 Stimmen verworfen; die anglikanischen Bischöfe hatten mit dem Hofe gestimmt.

Groß war die Wut der Whigs. Sie waren geschlagen, aber nicht vernichtet, und der Prozeß gegen die katholischen Lords im Tower, auf den sie der König hingewiesen hatte, und dem sie sich nun mit Eifer zuwandten, gab ihnen Gelegenheit, einmal ihren Grimm zu befriedigen und dann auch neue Angriffswaffen gegen den verhaßten Papisten von York zu schmieden, den sie so oder so noch immer zu stürzen hofften.

Fortsetzung auf Seite 7

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