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Die Titus Oates-Verschwörung (Fortsetzung)

Von Joseph Spillmann

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16. Kapitel: Des ehrwürdigen Stafford Prozeß und Hinrichtung

Man wird sich erinnern, wie zur Zeit der Panik, welche der Ermordung Sir Edmundbury Godfreys folgte, fünf katholische Mitglieder des Oberhauses auf die Anklage des Titus Oates hin verhaftet wurden. Es waren die Earls of Powis und Castlemain, Viscount Stafford und die Lords Petre, Arundel of Wardour und Bellasyse. Volle zwei Jahre lagen sie nun im Gefängnisse, bevor auch nur der erste von ihnen vor Gericht gestellt wurde: eine lange Zeit für die Gefangenen im Tower! Man hatte den Prozeß durch die verschiedensten Vorfragen über die Zulassung von Zeugen, über die Form des Gerichtes, über das Recht der geistlichen Lords, in einem Blutgerichte als Richter ihre Stimme abgeben zu dürfen, bis in das dritte Parlament in die Länge gezogen, bevor endlich den Peers die “gelegene Zeit” gekommen schien, in welcher sie laut Protokoll vom 12. März 1679 den Prozeß vorzunehmen versprochen hatten. Jetzt endlich, bei der Aufregung unmittelbar nach der Verwerfung der Ausschlußbill, war diese ”gelegene Zeit” gekommen, und das Parlament befaßte sich nun mit den fünf Opfern im Tower, auf welche der König selbst in der Thronrede hingewiesen hatte. Am 25. Oktober beschloß das Haus der Lords, alle Bücher, Briefe u. s. w. über die schreckliche Verschwörung sollten geprüft werden. Am 9. November erkundigte sich das Unterhaus, wie es mit der Verschwörung im allgemeinen und namentlich mit den fünf Lords stehe, und am nächsten Tage beschloß das Oberhaus, man solle gegen die fünf Gefangenen vorgehen und zunächst Stafford vor Gericht stellen. Der 30. November wurde für die Verhandlung festgesetzt, und nach längerem Streite über die Gerichtsordnung am 23., 27. und 29. zogen sich die geistlichen Lords unter Protest zurück; der König ernannte den Earl of Nottingham zum Lord High Steward.

Es war ein Akt bewußter Bosheit, daß man gerade Stafford als das erste Opfer ausersah. “Da man ihn für furchtsamer hielt und für unfähiger, sich zu verteidigen, als die übrigen Lords, welche des gleichen Verbrechens wegen im Tower saßen, hatte man ihn absichtlich an erster Stelle vor die Schranken gestellt,” sagt Sir John Reresby. Auch Bischof Burnet nennt ihn einen “schwachen Mann”. Die Opposition hoffte, den armen Greis zu verwirren, in der Todesangst von ihm ein Geständnis zu erpressen, so endlich eine neue Waffe gegen die Katholiken und gegen den Herzog von York zu gewinnen und die Niederlage der Ausschlußbill vom 15. November auszuwetzen.

Der ehrwürdige Wilhelm Howard, Viscount Stafford war ein nachgeborener Sohn des herzoglichen Hauses Norfolk und der Oheim des damaligen Herzogs. Er hatte gute Geistesanlagen, war edelmütig, mildtätig, fromm, nüchtern, sanft, ein Freund der Gerechtigkeit. Er war mit Mary aus der Familie der Herzoge von Buckingham, der einzigen Erbin Lord Staffords, verheiratet. So nahm er nach englischem Gebrauche zugleich mit dem Besitztume Staffords dessen Titel an und wurde von Karl I. zum Viscount Stafford ernannt. Groß waren seine Opfer für die Sache des Königs während der Bürgerkriege, und er hätte einen anderen Lohn von Karl II. erwarten dürfen als die Bestätigung des Bluturteils. Seit der Restauration der Stuarts lebte er in Ruhe und Frieden auf seinen Gütern im Kreise einer frommen katholischen Familie, beglückt durch die Liebe einer tugendreichen Gattin und zahlreicher, folgsamer Kinder. Wie ein Blitz aus klarem Himmel fuhr die meineidige Verleumdung des Oates in diesen glücklichen Familienkreis und warf den bereits betagten, 66jährigen Mann in den Kerker. Die zwei Jahre im Tower hatten Stafford vollends schwach und gebrechlich gemacht, so daß unmittelbar vor der Gerichtsverhandlung das Haus der Lords noch den Beschluß faßte, er solle seines Alters und seiner schwachen Gesundheit wegen sitzen dürfen.

Der 30. November (a.St.) 1680 war der Beginn des siebentägigen Blutprozesses. “Westminster Hall war der Ort,” sagt der bereits angeführte Zeuge Sir John Reresby, “und ich glaube, es war die erschütterndste Verhandlung, welche ich jemals sah. Groß war die Spannung auf den Ausgang; denn es war zweifelhaft, ob noch die Mehrzahl an den Bestand einer Papistenverschwörung glaube oder nicht.” Für den König und die Königin war am oberen Ende der majestätischen Halle ein Thron aufgeschlagen. Für die Lords standen Sitze mit Polstern bereit, hinter ihnen war Platz für die Frauen und Töchter der Peers; den Gemeinen hatte man amphitheatralisch ansteigende Reihenbänke zugewiesen, welche bis an die Mauern des Saales hinaufreichten; den Gesandten wurden die Galerien geöffnet. Am unteren Ende der Halle befand sich die Anklagebank; rechts davon ein fünf Fuß hohes Gerüst für die Zeugen, links der Platz für die Advokaten, welche im Namen der Gemeinen den Prozeß führten.

Die Verhandlungen wurden mit allem Prunke umkleidet, den man erdenken konnte, gleichsam als wollte man das nackte Unrecht mit einem Purpurfetzen verhüllen. In feierlichem Aufzuge wurde der Lord High Steward von allen Richtern in Amtstracht, vom “Garter”, dem ersten Wappenkönige des Reiches, im Wappenrocke Seiner Majestät und vom Führer des schwarzen Stabes abgeholt. Seine Majestät hatte vorher den “weißen Stab” (the white wand) dem Zeremonienmeister übergeben, daß dieses Symbol der höchsten richterlichen Vollmacht Seiner Lordschaft dem High Steward (Großhofmeister) vorgetragen werde. Um 9 Uhr fuhr derselbe in der Prunkkutsche nach Westminster; er allein saß auf dem Rücksitze, während auf dem Vordersitze des Wagens der Wappenkönig und der Großsiegelbewahrer, beide barhaupt, Platz nahmen. Einer der Stabträger mit seinem Prunkzepter ritt rechts, der Führer des “schwarzen Stabes” mit dem königlichen “weißen Stab” links vom Wagen. In langer Reihe folgten die Kutschen der Richter und des Gefolges. An der Treppe des Herrenhauses angelangt, stiegen die Richter zu zwei und zwei, die Jüngeren voraus, hinauf, dann der Lord High Steward mit dem Wappenkönig, hinter ihm der Stabträger mit dem Prunkzepter und der Siegelbewahrer, und ganz zuletzt der Führer des “schwarzen Stabes” mit dem “weißen Stabe”.

In den Saal des Oberhauses trat der Lord High Steward mit den Pagen, welche seine Schleppe trugen; die Richter und das Gefolge blieben in der Vorhalle. Alle Lords erwarteten ihn in Scharlachgewändern, die Bischöfe in Chorhemden. Nachdem er auf dem erhabensten Polster (upon the uppermost woolsack) Platz genommen, wurde das Gebet gesprochen, dann das Dokument seiner Anstellung als Lord Großhofmeister zum Vorsitze des Oberhauses beim Gerichte über Stafford verlesen, und nun zogen sich die Bischöfe zurück, während die übrigen Lords in feierlichem Zuge sich mit dem Lord High Steward nach der Gerichtshalle, der Westminster Hall, begaben. Die Prozession durchschritt den “gemalten Saal” (Painted Chamber), die “Court of Requests”, bog dann links in den “Court of Wards” und betrat durch eine eigens für diesen Zweck gebrochene Tür die Westminster Hall.

Vorauf schritten die Gehilfen des Sekretärs des Parlamentes, der Kronsekretär des Kanzleigerichtes und der Sekretär des Parlamentes, dann zu zwei und zwei die Referenten des Kanzleigerichtes (Masters of Chancery). Ihnen folgte der erste Kronanwalt des Königs, dann sämtliche Richter aller Gerichtshöfe von Westminster (also der Court of Chancery, Court of Queen's Bench, Court of Common Plees und Court of Exchequer) zu zwei und zwei. Dem Richterstande folgte der Adel. Voraus die ältesten Söhne der Peers, denen sich vier Wappenherolde mit ihren Prunkzeptern und der Träger des “schwarzen Stabes” anschlossen. Dann kamen die Peers geordnet nach ihrem Alter und Range, voran waren die Baronets, die Viscounts, die Earls, dann der Lord Kämmerer des königlichen Haushaltes, die Marquis und Herzoge, die Großwürdenträger, der Lord Geheimsiegelbewahrer, der Lord Präsident des Geheimrates, wiederum vier Wappenherolde mit ihren Stäben, der Großsiegelbewahrer, einer der diensttuenden Kammerherren mit dem “weißen Stabe” und zu seiner rechten der “Garter”, der Wappenkönig. Endlich folgte der Lord High Steward mit seinen die Schleppe tragenden Pagen, und hinter ihm der Herzog von Cumberland als Prinz von Geblüt. Nachdem alle nach Rang und Alter, auch die Gemeinen, barhaupt auf ihren Bänken Platz genommen, empfing der Lord High Steward, auf dem erhabensten Polster thronend, vom “Garter” und dem diensttuenden Kammerherrn den “weißen Stab” und übergab ihn dem Träger des “schwarzen Stabes”, daß er ihn während der Verhandlung führe.

Jetzt befahl der Lord High Steward dem Rufer, Stillschweigen zu gebieten. Der Rufer, einer der Wappenherolde, rief: “Allen Personen, wes Ranges und Standes sie seien, ist strenge befohlen, Schweigen zu beobachten, unter Strafe der Gefangenschaft. Gott erhalte den König!” Lord High Steward: “Rufe den Lieutenant des Towers , daß er den Gefangenen vor die Schranken führe!” Rufer: “O ja! o ja! o ja! Lieutenant des Towers von London, führe vor deinen Gefangenen William Viscount Stafford unter Strafe auf Leib und Leben!” Hierauf führte der Lieutenant des Towers den Gefangenen vor die Schranken. Der Träger des “schwarzen Stabes bedeutete ihm, daß er sich niederknieen müsse. Nachdem der Greis eine Weile gekniet hatte, erlaubte ihm der Lord High Steward, sich zu erheben; dann sprach er den Angeklagten an und erörterte in längerer Rede, wie und weshalb ihn das Haus der Gemeinen des Hochverrates angeklagt habe. Unter anderem sagte er: “In dieser so großen und wichtigen Sache steht Ihr da, daß die gesamte Körperschaft des Hauses der Peers Euch richte, die höchste und edelste Versammlung dieses Landes oder vielleicht der ganzen Christenheit. Ihr dürft überzeugt sein: hier werden oder können keine falschen Gewichte oder Maßregeln in Anwendung kommen; hier wird die Waage genau gehandhabt, und jedes Körnlein von Nachsicht, das Euer Fall erlaubt, wird in die Schale gelegt werden. Aber wie es für meine Lords unmöglich ist, einen Unschuldigen zu verurteilen, ebenso unmöglich ist es für sie, einen Schuldigen freizusprechen.”

Diese Worte des Lord Großhofmeisters klingen wie der bitterste Hohn. Jetzt wurde die Anklageakte des Unterhauses verlesen, während welcher Stafford sich setzen durfte. Es folgte die Begründung derselben durch die drei Rechtsgelehrten, welche die Gemeinen hierfür gewählt hatten, die drei geriebensten Advokaten: Maynard, Sir Francis Winnington und Mr. Tresby. Zunächst versuchten sie den erschütterten und bei vielen, vielleicht der Mehrzahl, verlorenen Glauben an den Bestand einer Papistenverschwörung im allgemeinen zu befestigen, und dann erst gingen sie auf die Anklage Staffords im besondern ein. Diese Anordnung ermöglichte ihnen, noch einmal in die Länge und Breite alle Lügen vorzubringen. Wir werden ihnen natürlich nicht folgen; der ganze erste Tag des Prozesses wurde mit dieser allgemeinen Anklage gefüllt. Auch das Zeugenverhör bezog sich nur darauf. Zunächst trat ein gewisser Smith, ein unglücklicher, apostasierter Priester, auf. Dugdale sagte unter anderem, der Papst habe 10000 Pfd. St. für die Ausrüstung einer papistischen Armee in England gegeben; derselbe besitze ein tägliches Einkommen von 24000 Pfd. St. (über 4 Millionen Mark in heutigem Geldwert!) und habe auch sonst den Verschworenen alle mögliche Hilfe versprochen. Oates wiederholte sehr ausführlich seine alten Lügen. Ein ausgesprungener Dominikaner namens Dennis - ob der Mensch jemals das ehrwürdige Kleid des hl. Dominikus trug oder ob er auch das erlog, ist nicht gewiß - erzählte den staunenden Peers von England, die Dominikaner von Sigloe in Irland hätten den Franziskanern 40 Schilling (40 Mark) zu aufrührerischen Zwecken gegeben. Endlich berichtete noch ein gewisser Jenison ähnliche Märchen. Zum Schlusse des allgemeinen Schuldbeweises verlangten die Advokaten die Verlesung sämtlicher Gerichtsprotokolle gegen Mr. Coleman, den Sekretär der Herzogin von York, und gegen die Jesuiten. Umsonst sagte der Lord High Steward, das sei nicht nötig; es sei ja notorisch, daß dieselben verurteilt und hingerichtet wurden. Aber die Ankläger bestanden auf der Verlesung. Es wurde also alles verlesen und dann die Fortsetzung des Prozesses auf den nächsten Morgen vertagt.

Am folgenden Morgen, Mittwoch, 1./11. Dezember, begann nach dem gleichen feierlichen Aufzuge die Gerichtssitzung um 10 Uhr. Nach einigen Vorfragen, wie nahe der Rechtsbeistand dem Angeklagten stehen dürfe, begann das Verhör der Belastungszeugen mit Dugdale. Stafford verlangte dringend, der Zeuge müsse nach dem Gesetze Auge in Auge mit ihm seine Aussage machen. Dugdale behauptete, der Angeklagte habe Ende August oder Anfang September 1678 in einer Versammlung zu Stafford ausdrücklich für die Ermordung des Königs gestimmt. Diese Aussage wurde mit lautem Beifall begrüßt, wie die Gerichtsakten berichten.

Fox, der Biograph Jakobs II., ruft bei dieser peinlichen Szene aus: “Wer kann ohne Schauder von diesem Beifallsrufen lesen, als einer der Schurken vor Gericht frech beschwor, Stafford habe die Ermordung des Königs vorgeschlagen! Und wie peinlich muß dieses Gefühl erst sein, wenn man bedenkt, daß in diesen Ausbruch des Hasses sich die Stimmen von Männern mischten, deren Andenken jeder Liebhaber der englischen Verfassung zu Dank und Verehrung verpflichtet ist!” Der Lord High Steward hatte den Takt, die Versammlung ob ihres Benehmens zu tadeln. “Was soll das heißen?” rief er. “Um der Ehre und Würde eines öffentlichen Gerichtes willen: laßt uns die Sache nicht führen, als wären wir in einem Schauspielhause!”

Dugdale weigerte sich, das genaue Datum anzugeben. Nach ihm kam Oates mit seinen bekannten Lügen. Dann trat ein uns noch nicht bekannter Zeuge auf, ein gewisser Turberville. Der Mann hatte, wie Bischof Burnet uns erzählt, monatelang bei seinem Amtsbruder Dr. Lloyd, dem Bischofe von Saint-Asaph, sich “Konvertierens” halber aufgehalten und an dessen Tische gegessen. Auf öftere Anfrage in betreff der papistischen Verschwörung hatte er dem Bischofe immer geantwortet, er wisse nichts im besondern. Nun trat der Mann auf einmal mit der Behauptung auf, Stafford habe ihm in Paris den Auftrag gegeben, den König zu ermorden. Offenbar hatte Turberville entweder Dr. Lloyd früher belogen, oder er log jetzt, und wenn der anglikanische Bischof vor Gericht kam und seine Erfahrungen über den Zeugen vorbrachte, so war es um das Gewicht seiner Aussage geschehen. Es spielte sich nun ein nettes Stückchen anglikanischer Kasuistik ab, das wir unsern Lesern nicht vorenthalten dürfen. Wir übersetzen einfach Burnet: “Wenn er (Lloyd) aber gegen Turberville gezeugt hätte, so würde ihn das bei seinen Parteigenossen in ein sehr schlimmes Licht gestellt haben. Auf der anderen Seite jedoch handelte es sich um die Erfüllung einer Pflicht der Gerechtigkeit und um ein Zeugnis der Wahrheit zur Rettung eines Menschenlebens. Die Frage war sehr schwierig zu entscheiden(!). Er (Dr. Lloyd) beriet sich mit allen seinen Freunden und mit mir (Bischof Burnet) ganz besonders. Die bei weitem größere Mehrheit war der Meinung, daß er zum Schweigen verpflichtet sei (!)... So stimmte ich auch wie die übrigen”. Bischof Lloyd unterließ also seine Aussage, welche eine Pflicht der Gerechtigkeit und die Rettung eines unschuldigen Menschenlebens gebot, um bei den Whigs nur nicht anzustoßen, und zwar nach dem Rate der großen Mehrheit seiner Freunde. Bemerken wir nur noch, daß Burnet seinen Freund Dr. Lloyd “the most zealous man against Popery that i ever knew and the man of the most entire sincerity” nennt (“den größten Eiferer gegen das Papsttum, den ich jemals kannte, und den Mann der fleckenlosesten Redlichkeit”).

Stafford antwortete auf die Aussage der meineidigen Zeugen zunächst: der König habe gleich zu Anfang seiner Gefangennehmung sechs Lords in den Tower geschickt mit dem Angebote völliger Straflosigkeit, wenn er nur seine Schuld gestehen und die Mitschuldigen nennen wolle. Er sagte ferner: sieben Tage nach der Entdeckung der vorgeblichen Verschwörung sei er im Lande geblieben; man habe ihn auf die Gefahr aufmerksam gemacht, und wäre er schuldig, so würde er gewiß geflohen sein. Mord sei ihm etwas so Schreckliches, daß er nicht einmal jetzt durch den Tod Dugdales sein Leben retten wollte. Nach dieser allgemeinen Verteidigung verlangte Stafford die Protokolle der ersten Verhöre Oates und Turbervilles; er wolle aus der Zusammenstellung derselben mit ihren heutigen Aussagen diese Zeugen als meineidig erweisen. Man verweigerte es. Stafford bestand auf seinem Verlangen; er sagte in den Protokollen stehe 1673 und 1676 als die Zeit, die Turberville mit ihm in Douai und Paris über die Ermordung des Königs verhandelt haben wolle. Später habe er 1672 und 1675 angegeben. Nach langem Streite räumten die Sachverwalter des Unterhauses diesen “nebensächlichen Irrtum” des Zeugen ein. Stafford bestand auf der Vorlegung der Protokolle, um aus ihnen noch andere Widersprüche nachzuweisen. Es wurde eine Vorfrage daraus gemacht und entschieden, die Protokolle des Parlamentes sollen vorgelegt werden, nicht aber jene der Friedensrichter, auf die es gerade ankam. Dugdale sagte z. B. in seinem Verhöre zu Stafford das gerade Gegenteil vor dem Parlamente. Da aber nicht einmal die Protokolle des Unterhauses ohne einen Beschluß desselben vorgelegt werden durften, wurde die Verhandlung auf den folgenden Tag verschoben. Auch bat der greise Stafford, man möge ihm ein bißchen Schlaf gönnen, da er sich nicht mehr aufrecht halten könne.

Am folgenden Morgen dankte zunächst Stafford den Peers, daß sie ihm ein bißchen Schlaf gegönnt. Dann legten die Gemeinen das Protokoll vor, das, wie gesagt, von keiner Bedeutung war. Da nun Stafford einige dunkle Punkte aus dem Vorleben Turbervilles erwähnen wollte, erhoben die Advokaten eine neue Vorfrage über Verjährung. Daran schloß sich das Kreuzverhör Dugdales. Obschon die Advokaten dem Zeugen durch Zwischenrufe nach Möglichkeit halfen, gelang es Stafford doch einige widersprechende Zeitangaben festzustellen. Dann rief er Schutzzeugen auf. Unter anderem bezeugte ein Wilhelm Robinson, Dugdale habe ihn Mitte Sommer 1679 zu London in die Schenke “Harfe und Ball” genommen, ihm Bier u. s. w. bezahlt und “Geld genug” angeboten, wenn er nur gegen Stafford zeugen wolle, den er gar nicht kannte. Ähnlich sagte ein Johann Morrall, der Barbier von Ridgeley, aus: Dugdale habe ihn am 6. August 1679 in den “Schimmel” bestellt und ihm gesagt: “Du bist ein armer Teufel und lebst elend. Ich kann dir helfen; ich will dir 50 Pfd. St. bar bezahlen, wenn du so und so aussagen willst, und 50 Pfd. St. wenn du es getan hast.” Dasselbe bezeugte ein Schmied Samuel Holt, dem Dugdale im “Stern” zu Tixal 40 Pfd. St. für falsches Zeugnis anbot. Auch im Kreuzverhöre des Oates wies Stafford Widersprüche nach, ebenso in jenem Turbervilles. Die Wagschale schien sich zu Gunsten Staffords neigen zu wollen; da stand Shaftesbury auf und bat um Schluß der Sitzung, weil es schon spät sei.

Den vierten Tag des Prozesses füllten die Advokaten des Unterhauses mit dem Versuche aus, die Schutzzeugen Staffords als unglaubwürdig hinzustellen. Am fünften Tage rief der Angeklagte noch eine Reihe von Schutzzeugen auf und faßte dann, “sofern sein schwaches Gedächtnis und hohes Alter erlaubt”, die Verteidigung mit großer Klarheit und Überzeugung zusammen. “Er enttäuschte sie (seine Gegner),” sagt Sir John Reresby am bereits angeführten Orte “indem er seine Sache wunderbar verteidigte. Die drei Hauptzeugen waren Oates, Dugdale und Turberville; der erste schwor, er habe ihm eine Anstellung des Papstes als Zahlmeister der Armee, welche gegen den König geworben werden sollte, überbracht; der zweite, er (Stafford) habe ihm 500 Pfd. St. für die Ermordung des Königs geboten, und der dritte, er (Stafford) habe ihm zu einer anderen Zeit für dieselbe Freveltat einen Lohn versprochen. Und sie waren in diesen und ähnlichen Aussagen so bestimmt, daß ich, der ich da saß und fast den ganzen Prozeß anhörte, nicht gewußt hätte, was ich denken sollte, wären die Zeugen nur Männer von irgend welcher Glaubwürdigkeit gewesen. Ihre Aussagen waren aber so unzusammenhängend, und gegen Ende stellten sich solche Widersprüche heraus, daß ich angesichts derselben und in Erwägung des schlechten Rufes der Leute, welche gegen den Lord schworen, völlig von der Unwahrheit ihrer Aussagen überzeugt war.... Er hörte seine Ankläger und verteidigte sich mit großer Festigkeit und Entschlossenheit.”

Von Oates sagte Stafford unter anderem: “Nach seinem eigenen Geständnisse heuchelte er jahrelang, ein Papist gewesen zu sein, d. h. nach seiner Meinung einem abgöttischen Kulte anzugehören, und rühmt sich dessen sogar: ein solcher Mann ist kein zuverlässiger Zeuge. Wenn ich Richter wäre, würde ich auf das Zeugnis eines solchen Menschen keinen Hund hängen.” Auch die Rechtsfragen behandelte er mit großer Schärfe; namentlich machte er geltend, daß kein Kriminalfall gegen ein Mitglied eines Parlamentes von einem Parlamente auf ein anderes verschoben werden dürfe, und daß für keinen einzelnen Punkt der Anklage zwei übereinstimmende Zeugen vorhanden seien.

Es folgten zwei lange Reden von Sir William Jones und Mr. Powle, beide Mitglieder des Komitees des Unterhauses zur Verfolgung der Papistenverschwörung. Die beiden Herren überboten sich in gehässigen Ausfällen gegen die römische Kirche und suchten alle bösen Leidenschaften aufzustacheln. Namentlich pochte Powle darauf, daß ja Stafford notorisch ein Papist sei, als ob damit Grund genug zur Verurteilung gegeben wäre. Dann sprachen die beiden Advokaten im gleichen Sinne. Stafford hatte gesagt, seine Belastungszeugen seien mit Gold bezahlt. Der Lord High Steward gestand, daß ihnen Geld gegeben werde; es sei aber nicht für ihr Zeugnis, sondern für ihren Unterhalt. Stafford entgegnete darauf, es sei notorisch, daß ihnen außer den 10 Pfd St. wöchentlich, die jeder bekomme, sonst noch große Summen gegeben wurden. Über die Auslegung des Gesetzes, welches zwei Zeugen verlangt, wurden die Richter befragt. Richter Askins antwortete: Wenn man zugeben wollte, daß zwei Zeugen für die zur Last gelegten Anklagen nötig wären, so müßte man auch zugeben, daß die bereits Hingerichteten unrechtmäßig verurteilt wären(!). “Ein solcher Ausspruch,” entgegnete Stafford, “treibt mir trotz meiner Schwäche das Blut zum Kopfe!”

Am sechsten Tage (Montag, 6. Dezember) war Stafford so schwach und elend, daß er nur mit Mühe sich verständlich machen konnte. Er wollte durch den Gerichtsschreiber eine Bittschrift verlesen lassen, daß man ihn vor der Wut des Pöbels schütze, der ihn auf dem Wege vom Tower nach Westminster mit Schreien und Brüllen verfolge. Der Lord High Steward wollte es erlauben; aber die Advokaten der Gemeinen bestanden darauf, er müsse selbst lesen. An diesem Tage kamen die Verhandlungen zu Ende. In einer längeren Rede faßte Stafford noch einmal den Beweis seiner Unschuld zusammen, sprach in rührenden Worten von seiner Familie, von seinem treuen Weibe, seinem edeln Namen, seinem Sohne, dem er mehr Glück wünschte, als ihm zu teil wurde, und den er aufforderte, wie auch an ihm gehandelt würde, seinem Vaterlande treu zu dienen.

Hätte die Abstimmung des Oberhauses unter dem unmittelbaren Eindrucke dieser herrlichen Verteidigung stattgefunden, sie hätte am Ende doch eine Freisprechung gegeben. So aber verschob man dieselbe auf den folgenden Tag, wohl nicht ohne Absicht. Um 11 Uhr den 7. Dezember zogen die Peers wiederum in feierlicher Prozession nach der Westminster Hall und gaben unter Namensaufruf einzeln ihr: “Auf meine Ehre - schuldig oder nichtschuldig”, ab. Die Stimmen wurden gezählt: es waren 31 (32) nichtschuldig und 55 (54) schuldig. Dann ließ der Lord Großhofmeister den Gefangenen vorführen: “Mylord Stafford” redete er ihn an, “ ich habe eine traurige Nachricht für Euch. Ihre Lordschaften finden Euch des Hochverrates schuldig.” Der Verurteilte antwortete: “Gottes heiliger Name sei dafür gepriesen, Mylords!”

Wir denken, diese Worte voll des erhabenen Seelenadels mögen doch manchen Peer, welcher sein “Schuldig” gesprochen hatte, verwirrt haben. Der Lord High Steward fragte Stafford , ob er sonst noch etwas zu bemerken habe. Der Verurteilte sagte: “Ich gestehe, daß ich betroffen bin; denn ich hatte es nicht erwartet. Aber Gottes heiliger Wille geschehe .... ich will nicht murren. Gott verzeihe denen, welche falsch gegen mich schwuren.”

Dann begaben sich die Peers in das Herrenhaus, an dessen Schranken sofort die Gemeinen mit ihrem Sprecher erschienen und den Urteilsspruch im Namen der Gemeinen von ganz England forderten. Nach kurzer Beratung wurde das gewöhnliche barbarische Urteil des Hochverrates beschlossen. Dann zogen beide Häuser wieder in die Westminster Hall; Stafford wurde vorgeführt, und der Lord High Steward, der während der Verhandlung die Schranken des richterlichen Anstandes nicht verletzt hatte, ließ sich jetzt in seiner Rede zu Sätzen hinreißen, wie den folgenden: “Zweifelt nun noch jemand, wer den großen Brand von London anlegte? durch wen der Richter Godfrey ermordet wurde?” u.s.w. Selbst Burnet nennt diesen Ausfall “eine große Taktlosigkeit”. Nach dem Urteile erklärte Stafford nochmals in Gegenwart Gottes, er verzeihe allen von Herzen, und bat um die Gnade, daß sein Weib und seine Kinder ihn im Tower besuchen dürften. Der König begnadigte den Schuldlosen zur Enthauptung, stellte das Urteil unter dem großen Siegel aus und befahl, es am 29. Dezember zwischen 9 und 11 Uhr dem Lieutenant des Towers zur Vollstreckung zu übergeben. Ob er wohl daran dachte, daß es der Tag des hl. Thomas von Canterbury sei, der auch einem seiner Vorfahren auf dem Throne Englands die Palme des Martyriums verdankte?

Im Tower verwandte der ehrwürdige Blutzeuge alle Zeit dazu, sich in Gebet und Betrachtung zum Tode vorzubereiten. Er blieb voll Sanftmut, Heiterkeit, Gottergebenheit bis zum Ende. Als man ihm mitteilte, der König habe das Urteil bestätigt, sagte er zuerst : “Ich muß gehorchen.” Dann wandte er die Worte des Psalmisten auf den Tag der Hinrichtung an: "Dieses ist der Tag, den der Herr gemacht hat; laßt uns jubeln und froh sein an ihm!” Darauf tröstete er seine weinende Frau und sagte: “Komm, laß uns wieder zum Gebete gehen!” Auch Burnet bestätigt Staffords Mut. Derselbe habe ihn in den Tower bestellt, erzählt er, offenbar nur in der Absicht, seine Unschuld nochmals feierlich zu beteuern. In weniger als Jahresfrist, sagte er zu dem anglikanischen Prälaten, werde seine Unschuld ganz gewiß zu Tage kommen. Burnet wollte den Verurteilten zum Abfall von der katholischen Kirche verführen; aber Stafford schnitt ihm das Wort ab mit der Bemerkung, es sei jetzt keine Zeit zur Kontroverse, und er wolle in der katholischen Kirche sterben. “Er bereitete sich auf das Beste zum Tode vor“ fügt Burnet bei, “und er tat dies mit einem festen und unerschrockenen Herzen. Am Abend vor seiner Hinrichtung aß er wie gewöhnlich zu Nacht und schlief ruhig bis zum Morgen. Er starb ohne ein Zeichen von Furcht oder Verwirrung und stellte alles in Abrede, welches Zeugen gegen ihn beschworen hatten.” Als die Todesstunde sich näherte, erwartete er in heiliger Ungeduld die Ankunft des Lieutenants; er dürfe zwar seinen eigenen Tod nicht beschleunigen, doch würde ihm die Zeit zu lang, bis er sterbe, sagte er zu seinen Freunden. Ein Herr riet ihm, einen Mantel umzulegen, da es ein kalter Tag sei; “Ja” sagte er, "vor Kälte könnte ich zittern, vor Furcht aber nicht, wie ich zu Gott hoffe”. Als man ihm meldete, der Lieutenant sei da, brach er fröhlich auf und schritt rüstig durch eine Doppelreihe von Soldaten neben der Sänfte her, in welcher derselbe getragen wurde. Am äußeren Tore des Towers nahmen ihn die Sheriffs in Empfang und geleiteten ihn zum Schafott, welches auf dem nahen Tower Hill errichtet war, wo auch die seligen Fisher und Thomas More für ihren Glauben gestorben sind.

Vom Blutgerüst hielt der edle Blutzeuge eine längere Rede, in welcher er seine Unschuld beteuerte, seinen Feinden verzieh, für seinen König und seine Mörder in der rührendsten Weise betete. “Ich ende” sagte er zum Schlusse der ergreifenden Ansprache, “mit meinen herzlichen Gebeten für das Wohl seiner Majestät. Möge unser König sich alles Glückes in dieser und der künftigen Welt erfreuen; möge er sein Volk nach Gottes Gesetzen regieren, daß die Untertanen es empfinden, welchen Segen ihm Gott so wunderbar verliehen hat, und ihm pflichtschuldig gehorchen. Mit reumütigem Herzen bitte ich den allmächtigen Gott um Verzeihung für alle meine schweren Beleidigungen, die ich gegen die göttliche Majestät begangen, und hoffe durch die Verdienste und das Leiden Christi die ewige Glückseligkeit zu erlangen. In seine Hände befehle ich meinen Geist. Wenn ich irgend jemand Unrecht getan, so möge er es mir verzeihen.... Mein unschuldiges Blut bitte ich Gott nicht an diesem Volke zu rächen, noch an denen, die meinen Tod verschuldet haben. das sei mein Gebet in meinem letzten Atemzuge, und mit meinem letzten Atemzuge beteure ich nochmals meine Unschuld. Der allmächtige, allsehende und allgerechte Gott wird mir um meines unschuldigen Todes willen gnädig sein.”

“Die meisten Zuhörer,” sagt Bischof Challoner “schienen von sichtlichem Mitleid für ihn bewegt; einige nahmen, während er redete, die Hüte ab, und verbeugten sich zum Zeichen, daß sie ihm glaubten; andere riefen laut und unerschrocken: ‘Wir glauben Euch Mylord! Gott segne Euch Mylord!’” Stafford übergab mehrere Abschriften seiner Rede den Sheriffs, sie wurde gedruckt und fand noch allgemeineren Glauben als die gesprochene. Nach der Rede wandte sich der Verurteilte an seine Freunde, umarmte sie und nahm mit heiterer Miene Abschied von ihnen für diese Welt. Unter denselben war ein Karmelit der spanischen Gesandschaft, der ihn als Diener verkleidet auf das Blutgerüst bekleidet hatte; von diesem empfing er die heilige Lossprechung. Dann kniete er nieder, machte das Zeichen des Kreuzes, küßte den Block und betete verschiedene kurze Stoßgebete und legte so betend das Haupt auf den Block. Der Scharfrichter zögerte mit dem Todesstreich; so richtete sich Stafford auf den Knien nochmal auf und fragte, worauf er warte. “Auf ein Zeichen. Welches Zeichen wollt ihr geben?” “Keines. Bestimmt selbst die Zeit. Gottes Wille geschehe. Ich bin bereit” - Der Scharfrichter sagte: “Ich hoffe, Ihr vergebt mir?” - “Ich tue es,” antworte Stafford, bezeichnete sich nochmals mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und legte das Haupt auf den Block. Da sauste die Axt nieder und trennte sein Haupt vom Rumpfe. So starb der edle Sprosse eines der edelsten Geschlechter Englands am 29. Dezember 1680.

Der Leichnam des edeln Lords, des letzten Opfers, gegen welches Titus Oates als Zeuge auftrat, wurde in aller Stille im Tower begraben. Seine Voraussage ging in Erfüllung; in weniger als Jahresfrist glaubte die Mehrzahl seiner Landsleute an seine Unschuld. Der Seligsprechungsprozeß des ehrwürdigen Blutzeugen ist eingeleitet.

17. Kapitel: Der Erzbischof von Armagh

Shaftesbury hatte umsonst gehofft, der Prozeß gegen Stafford werde einen neuen Hebel gegen den Herzog von York bieten, oder der Verurteilte werde, um sein Leben zu retten, York des Hochverrates anklagen. Daß solche Zumutungen an Stafford nach seiner Verurteilung gestellt wurden, geht klar aus dem Bericht Bischof Burnets hervor. Shaftesbury wollte am 15. Dezember 1680 einen neuen Beschluß des Unterhauses gegen York veranlassen; der König hörte davon und berief dasselbe vor die Schranken des Oberhauses. Am 27. hielt Shaftesbury in Gegenwart des Königs eine wahre Brandrede; er sagte offen, die Nation könne den Worten des Königs keinen Glauben schenken; erst dann werde sie ihm Geld bewilligen, wenn durch den Ausschluß Yorks die protestantische Religion gesichert sei. Abermals stellte Karl II. an seinen Bruder das Ansinnen, zum Scheine zur anglikanischen Religion überzutreten. Fest und entschieden lehnte der Herzog ab. Da griff der König nochmals zu dem Mittel der Parlamentsauflösung; er vertagte dasselbe am 10. Januar 1681, löste es am 19. auf und berief ein neues auf den 21. März, und zwar nach Oxford. Die Einwirkung der Hauptstadt, welche auf seiten der Whigs stand, sollte durch diese Wahl gebrochen werden. Am Tage darauf schloß er mit Ludwig XIV. einen neuen Geldvertrag. Nun bedurfte er des Parlamentes nicht mehr. Als auch in Oxford das Unterhaus wieder den Ausschluß Yorks von der Thronfolge beantragte, wurde es schon am 28. März aufgelöst.

Auch die Papistenverschwörung hatte die Opposition wieder vor das Parlament gezogen. Ein gewisser Fitzharris hatte dazu die Veranlassung gegeben, eine Kreatur der Herzogin von Portsmouth. Der Mensch war einer revolutionären Flugschrift wegen eingekerkert worden. Um dem Galgen zu entgehen, ersann er jetzt ein neues Papistenkomplott. Es sei beschlossen, sagte er unter anderem, im Falle des Gelingens die protestantischen Führer des Unterhauses zusammen auszusieden, um so das Öl zur Salbung des künftigen papistischen Königs von England zu gewinnen. Shaftesbury wollte das Parlament über diese neue Schaudermäre verhandeln lassen; aber die Auflösung kam ihm zuvor. Vom Tage derselben an begann die Reaktion gegen die Whigs.

Shaftesbury und dessen Partei waren aber nicht gewillt, ohne einen neuen Versuch das Feld zu räumen. Abermals sollte die Waffe der Papistenverschwörung gebraucht werden. Ende Oktober 1680, gerade als das Parlament zusammentrat, welches über Stafford richtete, hatte Shaftesbury den katholischen Primas von Irland nach London bringen lassen; mit ihm wollte er es noch einmal versuchen, und das Gericht, dem der ehrwürdige Prälat zum Opfer fiel, überbot an Schamlosigkeit alle früheren.

Der ehrwürdige Oliver Plunket [1975 heiliggesprochen], Erzbischof von Armagh und Primas von ganz Irland, war im Jahre 1629 zu Loughcrew in der Grafschaft Meath in Irland von einer hochangesehenen, mit den edelsten Geschlechtern verbundenen Familie geboren. Früh zeigte er Neigung zum geistlichen Stande, erhielt von seinem Anverwandten Dr. Patrick Plunket, Titularabt von St. Mary in Dublin, den ersten Unterricht und ging 16 Jahre alt zur Vollendung seiner Studien nach Rom. 25 Jahre blieb er in der ewigen Stadt und wirkte von 1657 - 1669 als Professor der spekulativen, Kontroversial- und Moral-Theologie am Kollegium der Propaganda; früher schon hatte er den Doktortitel der Theologie erworben. Der Ruf seiner Tugend und Wissenschaft war groß. Als daher der erzbischöfliche Sitz von Armagh erledigt war, beschloß der Apostolische Stuhl am 9. Juli 1669, Dr. Oliver Plunket auf denselben zu erheben. Mitte März 1670 erreichte er seine Heimat, nachdem er am ersten Adventsonntag (30. November 1669) vorher in der bischöflichen Kapelle von Gent in aller Stille die bischöfliche Weihe erhalten hatte. Die Stellung eines Primas von Irland war damals für die menschliche Natur durchaus keine lockende. Bei der Verfolgung der katholischen Religion, welche nie ganz ruhte, schwebte sein Leben in beständiger Todesgefahr; dazu kam die äußerste Armut seiner Kirche. Während der anglikanische Primas von Irland aus den Gütern der Kirche von Armagh ein Jahreseinkommen von 5000 Pfd. St. (etwa ½ Million Mark nach jetztigem [um 1900] Geldwert) bezog, derjenige von Dublin 3000 Pfd. St., erhielt Plunket in ruhigen Zeiten 63 Pfd. St., in den Tagen der Verfolgung aber kaum 5 Pfd. St. jährliches Einkommen. Aber nicht um des irdischen Gewinnes noch um des irdischen Genusses willen hatte der apostolische Mann den ihm vom Papst anvertrauten Hirtenstab ergriffen, und er führte denselben eines Nachfolgers der Apostel und eines Heiligen würdig.

Wir können die apostolischen Arbeiten des ehrwürdigen Plunket auch nicht einmal in einem kurzen Abriß wiedergeben. Gleich zu Anfang seiner Laufbahn (17. Juni 1670) versammelte er die Oberhirten Irlands zu einem Nationalkonzil, und kurz vor seiner Gefangennahme, im August 1678, zu einem Provinzialkonzil. Er arbeitete mit der größten Aufopferung für seine eigene Herde, visitierte die Sprengel seiner Kirchenprovinz und segelte sogar nach den Hebriden und nach Schottland, deren Missionen er im Auftrage der Propaganda besuchte. Sein Hauptaugenmerk warf er aber auf die Heiligkeit und Reinheit des priesterlichen Standes und bot alles auf, unwürdige Glieder durch Liebe und Strenge zur Pflicht zurückzuführen oder doch wenigstens die Hartnäckigen durch geistliche Strafmittel unschädlich zu machen. Das zog ihm den Haß einiger dieser Unseligen zu und verhalf ihm in der Folge zur Marterkrone. Leiden aller Art dienten als Vorbereitung.

1673 hatte das englische Parlament auch für Irland "die Verbannung aller Bischöfe, Generalvikare, Äbte, die im Namen des Papstes geistliche Gewalt ausüben, namentlich aber die Austreibung des 'Peter Talbot, anmaßlichen Erzbischofs von Dublin', wegen offenkundigen Mangels an Loyalität und Verachtung der Gesetze, sodann die Unterdrückung aller Klöster, Seminarien und öffentlichen papistischen Schulen, die Verbannung aller Ordenspriester, Austreibung der irischen Papisten aus den Städten, Entwaffnung und Ausstoßung derselben aus dem Heere" (Killen, The ecclesiastical History of Ireland II, London 1875, 150. Bei Alphons Bellesheim, Geschichte der kathlischen Kirche in Irland, II, 594) verlangt. Am 10. Januar 1674 erging eine verschärfte Proklamation des Vizekönigs von Irland wider alle Bischöfe und Ordensleute.

Auch der Erzbischof von Armagh mußte flüchten. Unter dem Namen Thomas Cox schrieb er am 27. Januar 1674 an den Internuntius Falconieri nach Brüssel: "Kaum hatte ich das (die neue Proklamation) erfahren, da ergriff ich am Sonntag nach der Vesper, es war Petri Stuhlfeier, mit meinem Begleiter (Bischof Brenan von Waterford) die Flucht. Schnee und dichter Hagel fiel auf uns herab; ein schneidender Wind wehte uns entgegen, kaum vermochten wir die Augen zu öffnen. Oftmals schwebten wir in Gefahr, in Schluchten unsern Weg zu verlieren und im Schnee zu ersticken. Endlich erreichten wir das Haus eines verarmten Edelmannes, der nichts zu verlieren hatte; doch weilte ein Fremder bei ihm, dem er unsere Ankunft zu verheimlichen wünschte. Er bot uns eine große Dachstube, aber ohne Herd und Feuer, an, und hier wohnen wir seit acht Tagen. Möge das zur Ehre Gottes und zum Heile unserer Seele gereichen." "Legen wir uns zur Ruhe," heißt es in einem andern Briefe des ehrwürdigen Blutzeugen an den Internuntius, "so können wir durch das schadhafte Dach den gestirnten Himmel sehen; regnet es, so erhalten wir Güsse zur Erfrischung." Die Nahrung der beiden Bischöfe bestand aus Haferbrot und Milch. "Trotzdem würden wir eher vor Hunger und Kälte sterben, als unsere Herde verlassen; denn eine Schmach wäre es, wenn geistliche Krieger, die zu Rom ausgebildet wurden, zu Mietlingen herabsänken."

Ähnliche Drangsale hatten auch die übrigen Bischöfe Irlands zu ertragen. Außerdem litten sie bittere Not.

Noch unerträglicher wurden die Verhältnisse infolge des Titus-Oates-Sturmes. Zwar glaubte, wie aus seinen Privatbriefen hervorgeht, der Herzog von Ormond, der damalige Vizekönig von Irland, keineswegs an die vorgebliche Verschwörung. Gleichwohl ging er voran, als bestände eine solche, und verordnete am 14. Oktober 1678, daß „alle papistischen Titularbischöfe und Würdenträger und alle, welche im Auftrage des Stuhles von Rom eine Jurisdiktion ausübten, alle Jesuiten und andere Regularpriester” vor dem 20. November 1678 Irland zu verlassen hätten. Ähnliche Verordnungen folgten noch viele. Eine Proklamation versprach 10 Pfd. St. Belohnung für die Verhaftung eines Bischofs der Jesuiten, 5 Pfd. St. für jene eines Generalvikars oder Mönchs. Das erste Opfer war der greise Erzbischof Talbot von Dublin. Derselbe hatte sich schon 1673 nach Frankreich flüchten müssen, erhielt aber auf Verwenden des Herzogs von York von Ormond die Erlaubnis zur Rückkehr, um „in der Heimat sterben zu dürfen.” Jetzt ließ er ihn am 8. Oktober 1678 „auf einem Stuhle” in das Schloß von Dublin bringen und alle seine Schriften beschlagnahmen. Obschon nun dieselben nichts Belastendes enthielten, blieb der Erzbischof zwei Jahre im Kerker. Dann kam die Reihe an den Erzbischof von Armagh. Trotz dieser Vorgänge war derselbe im November 1679 nach Dublin gekommen, um seinem Anverwandten Patrick Plunket, dem greisen Bischofe von Meath, in der letzten Krankheit beizustehen. Bereits zehn Tage nach seiner Ankunft in Dublin wurde er von einem Agenten Shaftesburys aufgespürt und am 6. Dezember im Schlosse von Dublin eingekerkert. Es lag zunächst keine Klage auf Hochverrat wider ihn vor; volle sechs Monate war er nun als Bischof ein Gefangener wie der Erzbischof von Dublin, welcher in der anstoßenden Kerkerzelle krank daniederlag, bis ihn der Tod im Dezember 1680 zur ewigen Krone rief.

Aber endlich fanden sich die Zeugen, welche am Primas Rache nehmen wollten. Es waren ein gewisser Mac Moyer und Duffy, unselige Apostaten des ehrwürdigen Franziskaner-Ordens, welche P. Tyrrell, der spätere Bischof von Clogher, als Unverbesserliche aus dem Kloster St. Isidor verjagt hatte; diesen beiden gesellte sich, um das Kleeblatt voll zu machen, ein übel beleumundeter und wegen seines sittenlosen Wandels suspendierter Weltpriester bei, namens Edmund Murphy. Als Mac Moyer im Jahre 1678 vor dem Gericht von Dundalk den Erzbischof als Hochverräter anklagte, wurde nicht nur seine Klage abgewiesen, sondern er selbst wurde als Mitglied der Tory-Banditen, der damaligen Fenier Irlands, und anderer Verbrechen wegen eingekerkert. Er scheint im Gefängnis geblieben zu sein, bis es ihm glückte, seine Absicht, den Primas von Irland als Hochverräter an den Galgen zu liefern, dem Earl of Shaftesbury bekannt zu machen. Unter dem Schutz Hetheringtons, eines Agenten Shaftesburys, entkam er nun der Haft und legte seine Anklage dem Herzog von Ormond und dem Gericht von Dublin vor. Auch da fand er keinen Glauben. Williger war Shaftesbury; er rief Mac Moyer nach England, und dieser folgte mit seinen Helfershelfern dem Rufe. Der anglikanische Bischof Burnet charakterisiert diese Hauptzeugen gegen den Erzbischof von Armagh also: “Einige sittenlose irische Priester und andere von derselben Nation hörten, daß England um diese Zeit allen entschlossenen Schwörern (good swearers) ein geeignetes Ohr schenke, und erachteten sich für ein solches Geschäft wohl geeignet. So kamen sie denn herüber und beschwuren, es bestehe in Irland eine große Verschwörung, eine französische Armee ins Land zu bringen und alle Engländer zu ermorden. Die Zeugen waren brutale und verkommene Subjekte; dennoch nahm sie der Earl of Shaftesbury mit Freuden auf. Sie wurden vom Parlament zu Westminster examiniert, und man glaubte ihren Angaben. Auf diese Ermutigung hin rechnete man, daß Zeugen in hellen Haufen herüberkommen würden.”

Das Verhör vor dem Parlament, welches Burnet soeben erwähnte, bezieht sich nicht auf die erste Anwesenheit Mac Moyers und seiner Genossen in London im Frühjahr 1680; damals war kein Parlament versammelt. Sie wurden aber vor dem Privy Council verhört und kehrten mit Empfehlungsbriefen nach Irland zurück. Es ging jedoch nicht ganz nach ihrem Wunsche. Der Vizekönig verfügte trotz ihrer Einsprache, daß die Verhandlungen in Dundalk stattfinden sollten, und wie dieselben ausfielen, berichtet der Erzbischof in dem folgenden Brief vom 25. Juli 1680 an den apostolischen Internuntius Tanara:

„Ihr Brief vom 17. Juli tröstete mich inmitten meiner Trübsal und Leiden. Mac Moyer reichte sowohl vor als nach der Gerichtssitzung von Dundalk eine Denkschrift ein, daß der Prozeß nicht in Dundalk, wo man ihn zu gut kannte, zur Verhandlung käme, und daß man denselben auf September oder März verschiebe; aber der Vizekönig wollte davon nichts wissen. So wurde ich am 21. Juli unter Bedeckung nach Dundalk gebracht, welches 36 Meilen von Dublin entfernt ist. Dort übergab man mich dem königlichen Statthalter jenes Distriktes, der mich mit großer Höflichkeit behandelte, und am 23. und 24. Juli wurde ich vor Gericht gestellt. Eine lange Anklage wurde verlesen; aber am 24. wagte Mac Moyer nicht zu erscheinen, seine Angaben zu bestätigen und meine Verteidigung zu hören. Ich hatte 32 Zeugen bereit, Priester, Mönche und Laien, welche alles widerlegen konnten, was gegen mich beschworen war, nämlich: ich hätte 70.000 Katholiken angeworben, um alle Protestanten zu ermorden und die römische Religion und den papistischen Aberglauben hier einzuführen; ich hätte verschiedene Agenten in mehrere Königreiche geschickt, um Hilfe zu erbitten; ich hätte Festungen und Hafenplätze des Reiches besucht und ausgekundschaftet; ich hätte im Jahre 1678 ein Provinzialkonzil gehalten, um die Franzosen ins Land zu bringen. Auch Monsignor Tyrrell (Anmerkung von Spillmann: Bischof von Clogher, Mac Moyers früherer Guardian, der den zuchtlosen Mönch aus dem Kloster St. Isidor in Rom gejaht), den hochwürdigen Lukas Plunket, den Ordinarius von Derry, und Dr. Eduard Dromgole, einen ausgezeichneten Prediger, verklagte er in seinen Angaben. Sobald Murphy (der zweite Zeuge) hörte, die Gerichtsverhandlungen würden in Dundalk stattfinden, flüchtete er aus dem Königreich, und Mac Moyer gab an, er allein könne nicht gegen mich auftreten; er müsse vorher die Rückkehr Murphys abwarten. Die Verhandlung mußte also geschlossen werden; nach dem Gesetze des Landes habe ich mich nun an drei Gerichtsterminen zu stellen, bevor ich freigesprochen werden kann, und da in Dundalk vor Ende März (1681) keine Gerichtssitzung mehr sein wird, raten mir mein Anwalt und meine Freunde, eine Bittschrift einzureichen, daß die Sache in Dublin beim nächsten Allerheiligen-Termine entschieden werde; vielleicht wird es gestattet. Nach Schluß der Gerichtsverhandlung wurde ich auf Befehl des Vizekönigs nach dem königlichen Schloss von Dublin in meine liebe und teure Gefängniszelle zurückgeführt.... Da die Katholiken in der Grafschaft Louth zahlreicher sind als die Protestanten, hatte Mac Moyer vorausgesehen, es würden unter den Geschworenen sich gewiß einige Katholiken befinden, und da er überdies wußte, daß der Statthalter oder Sheriff, wie er seines Amtes wegen genannt wird, mir freundlich gesinnt ist, hatte er zum voraus eine Bittschrift eingereicht, daß kein Katholik als Geschworener zugelassen werde, und seine Bitte war gewährt worden. Ich erhob keinen Einwand: wußte ich doch wohl, daß alle Protestanten meiner Gegend ihn als einen Bundesgenossen der Tories kannten, und als solcher war er vor dem Kriminalgericht von Armagh im Jahre 1678 verurteilt und gestraft worden. Auch wußte ich, daß alle seine beschworenen Angaben gegen mich als erlogen betrachteten, und überdies war sein sittenloser Wandel notorisch, und so oft er vor Gericht erschien, war er eben betrunken. Murphy floh, denn er wußte wohl, daß die Jury von Dundalk ihn gehängt hätte. Er war vordem in Dundalk eingekerkert und aus dem Gefängnis entwischt; man hatte ihn mit einigen Tories aufgegriffen, deren gestohlene Beute er verbarg. Man sagt, er sei nach England gegangen, um vom König einen Gnadenbrief zu erlangen und dann als Zeuge gegen mich aufzutreten, nicht einer Verschwörung wegen, sondern weil ich päpstliche Jurisdiktion in diesem Königreiche ausübte. Auch Callaghan, ein anderer Zeuge, will dasselbe gegen mich beschwören, und das ist eine Anklage, welche ich für überaus glorreich erachte. Mehr als einmal habe ich durch Eure Exzellenz meine Vorgesetzen (die Propaganda) um Übersendung einer Unterstützung gebeten. In diesem Augenblick lastet auf mir eine Schuld von 500 Kronen. Wöchentlich muß ich hier für mein und meines Dieners Zimmer 1 Pfd. St. bezahlen. Mittel zur Bezahlung meiner Kost besitze ich nicht. Mein Diener bringt mir das Essen in einem Korb aus dem Hause zweier Katholiken.”

Aber nicht um diese Anklage war es Shaftesbury zu tun; der Primas von Irland sollte des Hochverrates überwiesen werden, und da er hierfür mit solchen Zeugen und vor einem Gerichtshofe in Irland keine Aussicht hatte, sorgte er dafür, daß der ehrwürdige Prälat rechtzeitig, zugleich mit der ganzen Sippe seiner sauberen Ankläger, nach London geliefert wurde, gerade als das Parlament zusammentrat.

„Ich bin,“ schrieb der ehrwürdige Blutzeuge am 21. Oktober 1680 dem Internuntius, „vor dem König und dem Parlament nach London zitiert und werde mich noch heute einschiffen. Alles zur größeren Ehre Gottes und zum Heile meiner Seele! Ein weiterer Angeber ist in der Person des Mönches Georg Coddan aufgetreten, der wegen eines Verbrechens eingekerkert wurde und seine Freiheit dadurch erkaufte, daß er sich zum Ankläger wider mich und den Domherrn Dr. Hugo von Armagh hergab. Dr. Hugo soll nach ihm päpstlicher Nuntius sein!“ Noch ein anderer unwürdiger Mönch namens Paul Gormley zeugte gegen Plunket, um so der verdienten Kerkerhaft zu entgehen. Dann bittet der Märtyrer den Internuntius um ein Almosen. „Bereits habe ich einen Teil der geringen Habe veräußert (um die hohen Gerichtskosten bestreiten zu können) und alles übrige, sogar Kelch und Kreuz, verpfändet. Feder, Tinte und Papier hat man mir genommen. Ich schreibe sub galli cantu, clam et furtive (zur Zeit des Hahnenschreis, heimlich und verstohlen)."

"Ich wurde Ende Oktober des letzten Jahres aus Irland nach dieser Stadt (London) gebracht", schrieb der Erzbischof den 16. Mai 1681 seinem Freund, dem Domherrn Gregor Joice (Joyce) von St. Gudula in Brüssel, „und den Leiden einer überaus strengen Kerkerhaft preisgegeben; jeder Verkehr mit meinen Freunden wurde mir untersagt, so daß kein menschliches Wesen als der Kerkermeister Zutritt zu mir hatte. Jetzt aber erhielt ich die Erlaubnis, an meine Verwandten und Bekannten zu schreiben, und so drängt es mich, Ew. Hochwürden mitzuteilen, wie meine Angelegenheiten stehen. Vor 14 Tagen wurde ich vor Gericht gestellt und angeklagt, daß ich den heiligen katholischen und apostolischen Glauben einführen und die protestantische Religion stürzen und vernichten wollte. Nach Verlesung der Anklage wurde jedoch der Prozeß auf den nächsten Gerichtstermin verschoben, daß ich meine Schutzzeugen von Irland vorladen könne ... Ich habe acht Zeugen eingeladen, um alles zu widerlegen, was Mac Moyer und seine Genossen gegen mich aussagen. Ich werde vor Gericht einen sehr schweren Stand haben, denn weder die Geschworenen noch die Richter kennen meine Verhältnisse oder jene meiner Ankläger. Ich bitte deshalb Ew. Hochwürden dringend, für mich milde Gaben zu sammeln und mir zuzusenden, was meine Freunde geben können, damit ich meine Zeugen unterhalten kann. Jeder derselben wird mich auf wenigstens 20 Pfd. St. kommen, in Anbetracht ihrer Reise und ihres hiesigen Aufenthaltes.“ So mußte also der arme Gefangene noch Geld betteln, nur um die Reise seiner Schutzzeugen ermöglichen zu können.

Inzwischen tat der Apostolische Stuhl alles, um das Leben des Erzbischofs von Armagh zu retten. Am 23.November 1680 rief der Internuntius Tanara zu Brüssel die Fürbitte des spanischen Gesandten an. Auch der französische Gesandte in London verwandte sich für ihn; beides ohne Erfolg. Mehr versprach man sich für das Verwenden des Kaisers. Bereits am 14. Dezember 1680 hatte Innozenz XI. durch seinen Staatsekretär dem Nuntius in Wien die Weisung zugehen lassen, durch den kaiserlichen Gesandten in London den Erzbischof von Armagh, „den Beschützer und Verkünder des katholischen Glaubens“, in schwerer Gefahr zu verteidigen. Am 1. Februar 1681 forderte der Staatssekretär den Nuntius auf, über den Erfolg der diplomatischen Vermittlung zu berichten. Alle Gesandten der katholischen Mächte sollten einen gemeinsamen Schritt versuchen: „damit ihre wirksamen und einhelligen Empfehlungen die baldige Befreiung des Erzbischofs bewirke.“ Da auch diese Mahnung den gewünschten Erfolg nicht hatte, schrieb der Kardinal-Staatssekretär den 26. April 1681 tadelnd an den Nuntius in Wien und beklagte sich über das Benehmen des kaiserlichen Gesandten, dessen „wenig geschicktes Auftreten bei andern Gelegenheiten“ bekannt sei.

Allerdings wäre es die höchste Zeit gewesen, dem gefangenen Erzbischof beizuspringen. Wohl noch bevor dieser letzte Brief seine Adresse erreichte, wurde der ehrwürdige Diener Gottes am 3. Mai zuerst vor die Schranken der King's Bench in Westminster gestellt. 35 Tage hatte man ihm gewährt, um seine Schutzzeugen vorzuladen; sie waren aber noch nicht erschienen, als er den 8. Juni wieder vor Gericht gestellt wurde. Umsonst machte er geltend, seine Boten hätten wegen stürmischer See von London bis Dublin 14 Tage gebraucht, und von Dublin hätten sie noch eine Strecke von 100 Meilen zurückzulegen bis in die Grafschaften von Armagh und Derry, wo seine Zeugen und seine Beweismittel seien; umsonst bat er um eine Frist, auch nur bis zum 21. des Monats.

Dieser schreienden Ungerechtigkeit gesellte sich eine zweite bei. Der Angeklagte hatte von den irischen Gerichten beglaubigte Abschriften der gegen die Belastungszeugen gefällten Urteile verlangt, welche für die Glaubwürdigkeit derselben vernichtend gewesen wären. Aber das wurde als eine Verletzung der Privilegien der irischen Nation verweigert. Umsonst hob der Erzbischof auch diese Vergewaltigung hervor. Das Gericht begann die Verhandlung.

Lord Oberrichter Sir Francis Pemberton hatte den Vorsitz; neben ihm saßen die Richter Dolbein und Jones. Gleich zu Anfang zeigten sie ihre Parteilichkeit. Der Angeklagte wünschte diejenigen aus der Liste der Geschworenen gestrichen, die zur Verurteilung Langhornes oder der fünf Jesuiten mitgewirkt hatten. Der Oberrichter wollte das nicht als einen Ausnahmegrund gelten lassen. Als dann der Angeklagte den ersten Zeugen Wyer fragte, warum er denn von der Verschwörung, um die er vorgeblich schon seit zehn Jahren Kenntnis hatte, der Regierung keine Anzeige gemacht, und derselbe dadurch etwas verwirrt wurde, kamen ihm die Richter gleich mit der Frage zu Hilfe: „Welchem Bekenntnis gehörten Sie damals an?“ und auf seine Antwort: „Dem römisch-katholischen“, bemerkte der Richter Dolbein höhnisch: „Kein Wunder, daß Sie ihn nicht verraten wollten!“

Die Hauptpunkte der Anklage faßt der Erzbischof also zusammen: "1. Daß ich durch einen gewissen Neal O'Neill, meinen Diener, Briefe an Msgr. Baldeschi, den Sekretär des Papstes, an den Bischof von Aix und an den Fürsten Colonna geschickt hätte, damit sie auswärtige Mächte zu einer Invasion Irlands anreizen möchten, ebenso einen Brief desselben Inhalts an den Kardinal Bouillon. - 2. Daß ich den Hauptmann Cona O'Neill an den französischen König mit der Bitte um Hilfstruppen geschickt hätte. - 3. Daß ich von der Geistlichkeit eine Steuer erhoben und eingetrieben hätte, um die Landung der Franzosen zu ermöglichen und ein Heer von 70.000 Mann zu besolden. - 4. Daß ich 70.000 Mann bereit gehalten und deren Namen auf Listen gehabt, und daß ich dem Mönche Duffy den Auftrag gegeben, eine Liste von 250 Mann in der Pfarrei Faughart in der Grafschaft Louth anzufertigen. - 5. Daß ich alle Festungen und Häfen Irlands untersucht und mich schließlich für Carlingford als den zu einer französischen Landung geeignetsten Hafen entschieden hätte. - 6. Daß ich verschiedene Beratungen und Versammlungen abgehalten, wobei Geld für die Invasion der Franzosen bewilligt wurde. - 7. Endlich sei vor etwa zehn oder zwölf Jahren in der Grafschaft Monaghan eine Versammlung gehalten worden; an derselben hätten 300 Edelleute aus drei verschiedenen Grafschaften, aus Monaghan, Cavan und Armagh, teilgenommen, und diese Edelleute hätte ich aufgefordert, sich zu waffnen und ihre Güter zuückzuerobern.“

Die Anklage war abgeschmackt lächerlich für alle, welche das Leben und die Verhältnisse des Erzbischofs kannten. Aber in England war man seit den letzten Jahren noch plumpere Verleumdungen gewohnt. Sie wurde verlesen, die schamlosen Zeugen traten auf; Sergeant Maynard, den wir schon im Prozesse gegen Stafford kennen lernten, und neben ihm Sir Robert Sawyer hielten ihre fanatischen Reden, und die Geschworenen sprachen über den wehrlosen Mann ihr „Schuldig“. Mit einem herzlichen Deo gratias hatte es der Erzbischof begrüßt. Auf die Frage des Lord Oberrichters Pemberton, was er zu seiner Verteidigung vorzubringen habe, hatte er gesagt: „Mylord, ich versichere Sie, ich habe kein Mittel zu meiner Verteidigung; man hat mir die erbetene Frist verweigert, um meine Schriftstücke und Zeugen, zehn oder zwölf an der Zahl, hierher zu bringen. Wären sie hier, oder wäre ich in Irland, wo man diese Leute und mich kennt, so wollte ich der Bosheit der ganzen Welt lachen. Als man aber in Irland gegen mich verhandelte, hatten sie nicht den Mut, vor Gericht zu erscheinen, wohl wissend, wie falsch und böswillig ihre Angaben seien.... Ich kann nichts anderes tun als beteuern, daß ihre Klage nichts als das offenbarste Lügengewebe ist.“

Das „Schuldig“ der Geschworenen wurde am 8. Juni zu Protokoll genommen, das feierliche Todesurteil aber erst acht Tage später, am 15. Juni, gefällt. Bei dieser Gelegenheit hielt Erzbischof Plunket nochmals eine herrliche Verteidigungsrede. Wiederum hob er hervor, wie jede Jury in Irland die Angabe, daß er eine Armee von 70.000 Mann angeworben, als Wahnsinn durchschaut haben würde. In den Provinzen von Ulster, wo er doch einzig einigen Einfluß gehabt, würden die Katholiken samt und sonders, Männer, Weiber und Kinder keine 70.000 Seelen zählen. Dazu komme die äußerste Armut des Klerus von Irland, bei der es ganz unmöglich wäre, das Geld für eine solche Armee aufzutreiben. „Hätte man mich der Verletzung des Prämunire (Anmerkung Spillmann: Dasselbe verbot unter anderem Annahme geistlicher Würden vom Papste ohne Bestätigung des Königs) und der Ausübung geistlicher Funktionen angeklagt, so würde man das glaublich gefunden haben. Aber, Mylord, ich erkläre als ein dem Tode verfallener Mann und so wahr ich auf die Erlösung durch meinen Heiland hoffe, daß ich an dem wider mich beschworenen Hochverrat so unschuldig bin wie ein neugeborenes Kind.“

Natürlich betonte der Lord Oberrichter das Zeugnis der Apostaten. „Ich berufe mich auf alle, welche Eurem Prozesse beiwohnten,“ deklamierte er, „ob ihnen auch nur ein Zweifel an Eurer Schuld gekommen sei. Denn bedenket wohl, Bekenner Eurer Religion, der Mehrzahl nach Priester, ja ich glaube, daß alle die heiligen Weihen empfingen, haben wider Euch gezeugt.“ - „Es waren drei,“ sagte Erzbischof Plunket, „an deren Besserung ich sieben Jahre gearbeitet hatte, Abtrünnige von unserm Glauben und feige Apostaten.“

Auch dem Primas hatte man das Angebot zu machen gewagt, er solle für falsches Zeugnis die Begnadigung einhandeln. Das glaubte er vor Gericht noch feststellen zu müssen und sagte also: „Wäre ich ein Mann, der sich um die Stimme des Gewissens nicht kümmerte oder der an den allmächtigen Gott, an seine Seele, an Himmel und Hölle nicht dächte, so hätte ich mein Leben leicht retten können. Denn von verschiedenen Personen wurde mir hier Begnadigung angeboten, wenn ich mich nur schuldig bekennen und andere anklagen würde. Aber, Mylord, lieber wollte ich zehntausendmal des Todes sterben, als jemand fälschlich anklagen. Und die Zeit wird kommen, da Ew. Lordschaft erkennen wird, was die Zeugen, welche gegen mich auftraten, für Menschen waren. Ich wiederhole Ew. Lordschaft meine Beteuerung, daß ich leicht mein Leben hätte retten können, wäre ich ein Mann ohne guten Grundsätze; aber lieber wollte ich zehntausendmal sterben, als einem Menschen einen Heller von seinem Gute, einen Tag seiner Freiheit oder eine Minute seines Lebens wegzunehmen.“

„Nur mit Bedauern sehe ich,“ sagte der Lord Oberrichter, „daß Ihr hartnäckig an den Grundsätzen Eurer Religion festhaltet.“
„Das sind die Grundsätze, von denen der allmächtige Gott selbst nicht abweichen kann,“ entgegnete mit Würde der Erzbischof.“

Das Urteil wurde in der gewöhnlichen barbarischen Form über den Primas gesprochen. Dann bot ihm der Richter die Hilfe eines protestantischen Geistlichen an. Der ehrwürdige Plunket sagte, diese könnten ihm nicht helfen; es seien Priester im Gefängnisse, welche ihn nach dem althergebrachten Gebrauche der Kirche absolvieren würden, und von ihr wolle er sich nicht trennen. Zugleich mit ihm wurde Fitzharrys zum Tode verurteilt; derselbe brach vom Schrecken überwältigt zusammen, während der Erzbischof mit Ruhe und Freude den Todesspruch vernahm.

Burnet behauptet, es sei ihm von glaubwürdiger Seite versichert, der Graf von Essex, früher selbst Vizekönig von Irland, sei von der Unschuld Dr. Plunkets so überzeugt gewesen, daß er sich um Begnadigung an den König gewandt habe, mit dem Bemerken, die Zeugen hätten offenbar meineidig geschworen. „Warum habt ihr das nicht vor Gericht bezeugt!?“ soll ihm der König entgegnet haben. „Dort hätte es ihm geholfen; ich aber darf keinen einzigen begnadigen. Sein Blut komme auf Euer Haupt und nicht auf meines!“ - Glaubte Karl II. wirklich, so leichten Kaufes jede Verantwortung mit den Worten des Pontius Pilatus von sich abwälzen zu können? Fox, der Biograph Jakob II. urteilte anders; er schrieb das harte Wort: „Auch nach der Auflösung des Parlaments, da der König von seinen Feinden nicht mehr bedrängt war, hielt er es doch nicht der Mühe wert, das Leben Plunkets, des papistischen Erzbischofs von Armagh, zu retten, dessen Unschuld er doch ohne Zweifel wohl kennen konnte.“

Der Brief, in dem der Erzbischof seinem Freund, dem Stiftsherrn Joice, nach Brüssel seine Verurteilung meldet, ist eines Blutzeugen würdig: „Die Todesstrafe,“ schrieb er, „ist über mich verhängt. Allein ich fürchte mich nicht; keinen Augenblick stört sie meine Ruhe; bin ich ja von dem mir zur Last gelegten Verbrechen des Hochverrates so frei wie ein gestern geborenes Kind. Aber mein Amt, meinen Stand und geistliche Tätigkeit habe ich offen bekannt, und da hierin die Ursache meines Todes liegt, so bringe ich freudig mein Leben zum Opfer. Weil ich der erste irische Bischof bin, der hierhergekommen ist, hoffe ich mit dem Beistande der Gnade Gottes andern Beispiel zu geben, daß sie den Tod nicht fürchten."

P. Teyling S.J. überreichte 1681 der Propaganda einen kurzen Lebensabriß (Brevis narratio) über das Gefängnis, die Anklage und den Tod des Erzbischofs Plunket. Darin wird erzählt, derselbe habe dreimal wöchentlich bei Brot und Wasser gefastet, was selbst den protestantischen Gefängniswärter mit Bewunderung erfüllt habe. Katholiken und Protestanten besuchten ihn im Kerker, die einen aus Ehrfurcht, die andern aus Neugierde. „Er empfing alle mit solcher Freude, Süßigkeit, Seelenruhe und Liebenswürdigkeit, daß die Katholiken sich erbauten, die Andersgläubigen aber zufrieden und billiger über die Katholiken denkend von ihm schieden.“ - Dem mit ihm zugleich eingekerkerten Benediktinerpater Corker sagte er wiederholt, daß er den Tod nicht fürchte. „Ich danke Ihnen,“ schrieb ihm der ehrwürdige Blutzeuge am Tage nach seiner Verurteilung, „für die Liebe, die Sie mir am 20. (Mai) und früher erwiesen haben; hienieden kann ich Ihnen das nicht vergelten, hoffentlich aber dort, wo unser wahres Vaterland ist. In der Tat verlieh mir Gott trotz meiner Unwürdigkeit die Gnade des Starkmuts, der keine Todesfurcht kennt (animam fortem, mortis terrore carentem). Vor dem obersten Richter jenes Gerichtshofes, wo falschen Zeugen der Zugang verwehrt ist, habe ich mich wegen vieler Sünden zu verantworten; was aber die gestrige Richterbank angeht, weiß ich mich keines der mir vorgeworfenen Verbrechen schuldig.“

„Mit der Steigerung der Gefahr schien die Freude des heiligen Blutzeugen zu wachsen; durch die Gewißheit des Todes empfing sie ihre Vollendung,“ sagt derselbe Zeuge, der ihm wahrscheinlich auch die Wegzehrung gespendet hat. Endlich kam der Tag, der das Opfer vollendete. Am 1. Juli (nach dem neuen Stil am 11., einem Freitage) wurde der edle Primas von Newgate nach Tyburn geschleift. P. Corker erzählt, wie bewunderungswürdig er sich auf den Tod vorbereitete und mit welch heiliger Ruhe er denselben erwartete. „Als er aus dem Gefängnishofe zur Hinrichtung geführt wurde,“ sagt dieser ehrwürdige Zeuge, „wandte er sich rings nach unsern Kerkerfenstern und gab uns fröhlichen Blickes mit erhobenen Händen seinen Segen.“ Unabsehbare Scharen drängten sich auf allen Wegen, Straßen und am Platze der Hinrichtung. Alles wollte den papistischen Primas sehen; denn so viele Priester und Ordensleute man zum Tode schleppen sah: die Hinrichtung eines Erzbischofs hatte man noch nicht erlebt. Und er starb eines Nachfolgers der Apostel würdig. Selbst Burnet muß gestehen: „Er starb mit großem Anstande und handelte in vielen Dingen eines Bischofs würdig.“

Auf der Richtstätte ergriff der Erzbischof nochmals das Wort und hielt eine denkwürdige Rede, die bald darauf in ganz Europa gelesen und bewundert wurde. Er hatte sie im Gefängnis sorgfältig ausgearbeitet und P. Corker zur Verbesserung zugesandt; ihm hatte er auch eine Abschrift hinterlassen, um so jeder Mißdeutung vorzubeugen. „Seine Rede,“ schrieb der Erzbischof Brenan von Cashel, „wird hier überall im Druck verbreitet und selbst von den Gegnern unserer Religion belobt. Sie können nicht umhin, seinen seltenen Mut und den Heroismus des angeblich Schuldigen zu bewundern, sowie das Verfahren und den Spruch der Richter zu verwerfen."

In dieser meisterhaften Rede widerlegte der Sterbende noch einmal kurz und schlagend die einzelnen Punkte der Anklage. Dabei mußte er natürlich auch von den meineidigen Zeugen reden, die wider ihn aufgetreten waren. Damit die protestantischen Zuhörer kein Ärgernis an dem Zeugnisse der unseligen Apostaten nehmen möchten, sagte er ihnen: „Diese schlechte Handlung fällt nur den betreffenden Personen zur Last und wirft kein schlechtes Licht auf den Orden des heiligen Franziskus noch auf die römisch-katholische Geistlichkeit. Es ist euch ja wohl bekannt, daß unter den zwölf Aposteln ein Judas Ischariot, und ein Gottloser, namens Nikolaus, unter den sieben Diakonen war. Und so wie einer der genannten Diakonen, nämlich der hl. Stephanus, für seine Mörder betete, so bete ich auch für jene, die mein unschuldiges Blut durch Meineid vergießen, mit dem hl. Stephanus sprechend: 'Herr, rechne es ihnen nicht zur Sünde an!' Von Herzen verzeihe ich ihnen sowie den Richtern, welche mir die nötige Frist zur Beibringung meiner Beweismittel und Zeugen aus Irland nicht gewährten und so mein Leben augenscheinlicher Gefahr aussetzten. Ich verzeihe ebenso allen, welche dazu beihalfen, mich aus Irland herzubringen und hier vor Gericht zu stellen, wo ein billiges Verfahren so gut wie unmöglich war. Endlich verzeihe ich allen, die mittelbar oder unmittelbar zu meiner Hinrichtung mitwirken. Alle, die ich durch Gedanken, Worte oder Werke jemals beleidigt habe, bitte ich um Vergebung. Möge der Allmächtige unserem Könige, der Königin, dem Herzog von York und der ganzen königlichen Familie Gesundheit, langes Leben, Glück in dieser Welt und endlich die ewige Seligkeit in der andern verleihen.“

Zum Schlusse flehte der Primas durch die Verdienste Christi, die Fürsprache seiner heiligen Mutter und aller Engel und Heiligen um die Verzeihung seiner Sünden und die ewige Ruhe. Dann betete er mit Andacht den Psalm Miserere und wiederholte die Anbefehlung seiner Seele in die Hände seines Heilandes, bis der Karren fortgezogen wurde und er nach kurzem Kampfe zur ewigen Krone einging.

So starb der letzte Blutzeuge auf englischem Boden. Wie er es gewünscht hatte, wurde sein Leib auf dem Kirchhof St.Giles in the Fields beigesetzt neben dem Grab der hingerichteten Jesuiten. Später wurden die Reliqiuen durch P. Corker nach dem Benediktinerkloster Lambspringe in der Diözese Hildesheim gebracht. P. Corker wurde in der Folge Abt von Lambspringe; von ihm rührt ein Denkstein in der dortigen Klosterkirche, welcher folgende lateinische Inschrift trägt: Reliquiae sanctae memoriae Oliveri Plunketi, Archiepiscopi Armachani, Hiberniae Primatis, qui in odium catholicae fidei laqueo suspensus, extractis visceribus et in ignem projectis, celebris martyr occubuit Londoni primo de Julii (stylo veteri) anno salutis 1681.“ - Im Jahre 1803 wurde das Kloster Lambspringe säkularisiert; seither dient die alte Klosterkirche als Pfarrkirche. Als nun später der Seligsprechungsprozeß begann, wollten die englischen Benediktiner die ehrwürdigen Überreste, welche mehr als ein Jahrhundert in ihrem Schutze geruht hatten, nach England übertragen. So wurde am 10. Januar 1883 mit Genehmigung der preußischen Regierung zur Eröffnung des Sarges geschritten; der Prior des englischen Benediktinerklosters Downside brachte die Gebeine des Erzbischofs in sein Kloster, und daselbst wurden sie am 31. Januar vorläufig beigesetzt, in Erwartung, daß die Kirche die öffentliche Verehrung derselben bald gestatten werde [Oliver Plunkett wurde 1920 selig- und 1975 heiliggesprochen].

Nach einem soeben (1900) erschienen Werke des Dominikaners Ambros Coleman wird das Haupt des ehrwürdigen Dieners Gottes jetzt im Kloster der Dominikanerinnen zu Drogheda aufbewahrt. „Das Haupt,“ sagt unser Gewährsmann, „ist mit silberweißen Haaren geschmückt und gut erhalten. Die Züge lassen auch jetzt noch das Antlitz des Erzbischofs erkennen und wecken im Gemüte des Beschauers die lebhafte Erinnerung an das Unrecht, das ihm widerfahren, an seine Unschuld und an seinen blutigen Tod, aber auch Entsetzen beim Gedanken an die Frevel seiner gefühllosen und meineidigen Mörder.“ Sein Name bildet den glorreichen Schluß der langen Liste von Martyrern, welche in England seit der sogenannten Reformation ihr Leben für die wahre Kirche hingaben und über deren Seligsprechung gegenwärtig verhandelt wird.

18. Kapitel: Das Ende der Titus Oates-Verschwörung

Am 1. Juli 1681 hatte der Primas von Irland auf dem Schafott zu Tyburn glorreich geendet, und schon am folgenden Tage, am 2. Juli, wurde der Earl of Shaftesbury auf Befehl des Königs verhaftet und in den Tower gebracht. Sechs Irländer, darunter fünf Protestanten, klagten ihn als Erfinder der ganzen vorgeblichen Verschwörung an, und die Zeugen, welche er selbst gegen Dr. Plunket von Irland herübergerufen und mit seinem Gelde unterstützt hatte, traten jetzt gegen ihn auf. Die Beweise waren so erdrückend, daß Karl II. mit Sicherheit die Verurteilung des Mannes erwartete, der von ihm dem englischen Volke gesagt hatte, ein König, der notorisch seiner Gemahlin die eheliche Treue breche, dürfe keinen Glauben von seinem Volke mehr fordern. Da aber die bezüglichen Verbrechen in London begangen waren, mußte Shaftesbury vor ein Londoner Gericht gestellt werden; das rettete ihn vor dem Galgen, den er mehr als verdient hatte. In London war nämlich die Partei der Whigs noch in voller Macht, und die Sheriffs, eifrige Parteigänger Shaftesburys, brachten eine Jury zusammen, welche aus lauter Whigs bestand. Das Verdikt derselben lautete auf Ignoramus („Wir wissen nicht, ob schuldig oder unschuldig“), und so wurde Shaftesbury am 4. Dezember 1681 freigesprochen. Der König war so empört über dieses Urteil, daß er die Privilegien der Stadt London konfiszierte.

Nicht so gnädig wie Shaftesbury erging es einem gewissen Stephan College, einem Hauptschreier in allen Pöbelaufläufen, der wegen seines fanatischen Katholikenhasses nur „der protestantische Schreier“ hieß. Derselbe wurde in Oxford vor Gericht gestellt, verurteilt und gehenkt. Die Whigs waren aber nicht gesonnen, die Verfolgung so stillschweigend und geduldig zu ertragen, wie es die Katholiken getan hatten. Es stellte sich jetzt heraus, auf welcher Seite die eigentlichen Verschwörer und Hochverräter standen. Dieselben Männer, welche am eifrigsten über das Papisten-Komplott geschrieen und Dutzende Unschuldiger an den Galgen, Hunderte in die Kerker gebracht hatten, schmiedeten jetzt selbst Mordpläne gegen den König und wollten die Fahne offener Empörung entfalten. Monmouth, die Earls Essex, Russell, Macclesfield, Howard von Escirck, der alte Republikaner Algernon Sidney, Hampden, und in Verbindung mit ihnen der Herzog von Argyle in Schottland, dem man zu diesem Zwecke 8000 Pfd. St. gebracht hatte, berieten den Plan, mit bewaffneter Hand vom Könige den Ausschluß Yorks von der Thronfolge zu erzwingen.

Das war die große Whigverschwörung. Shaftesbury, der sich an diesen Umtrieben beteiligte, schien das alles zu wenig, zu unsicher: er sammelte um sich einen engeren Kreis von Verschworenen, Rumsey und Walcot, zwei alte Offiziere aus der Zeit Cromwells, Ferguson, einen Presbyterianerprediger, Goodenough, einen fanatischen Parteiführer und Untersheriff von London. Diese faßten den Plan, den König und seinen Bruder Jakob zu morden; die Tat sollte an dem Landhause eines der Verschworenen, welches an der Straße von London nach Newmarket lag, geschehen, und von dem Namen dieses Landhauses „Rye House“ erhielt die Verschwörung ihren Namen: „Rye House Plot“. Der Mut Shaftesburys war aber bei weitem nicht so groß wie seine Schlechtigkeit; die Angst, der Plan möchte entdeckt werden, machte ihn fast wahnsinnig. Er prophezeite seinen Mitverschworenen den Galgen, wagte sich nicht mehr in seine Wohnung, schlich in London umher, bald da, bald dort verborgen; dann drängte er wieder Russell und die übrigen Mitglieder der großen Whigverschwörung zum entschiedenen Handeln, drohte, allein loszuschlagen, und versuchte, jedoch umsonst, die Londoner zu offener Empörung fortzureißen. Endlich siegte namenlose Angst über seine Wut gegen den König und den Herzog von York; er verzweifelte an dem Gelingen seiner Pläne, floh im November 1682 verkleidet nach Holland und starb am folgenden 21. Januar elend und verlassen in Amsterdam. Sein kläglicher Fall und sein Ende bildet in der Tat einen Beitrag zum Buche de morte Persecutorum!

Durch Shaftesburys Flucht waren die Leiter der großen Whigpartei stutzig geworden, während die Verschworenen des Rye House Plots unbeirrt die Ausführung ihrer Tat beschlossen. Der König war am 3.März 1683 nach Newmarket gegangen; auf seiner Rückkehr nach London sollte er ermordet werden; die Verschworenen wollten vor dem Rye House einen Wagen quer über den Weg stürzen, so die Kutsche aufhalten und den König durch die Hecken erschießen. Nach vollbrachter Tat wollten sie sich – so war der teuflische Plan beschlossen – auf einige Katholiken werfen, diese ermorden und dann aussprengen, das seien die Mörder gewesen und sie hätten dieselben in gerechtem Zorne gelyncht. Der Anschlag mißglückte durch einen Zufall, oder vielmehr durch Gottes gnädige Fügung. Ein Brand in Newmarket zwang den König acht Tage vor der festgesetzten Frist zur Rückkehr und verwirrte so die Pläne der Verschworenen. Sie glaubten sich entdeckt, und ein feiger Verräter aus ihrer Mitte, Josias Keeling, machte dem Geheimen Rate Anzeige von dem Mordplane. Einige hatten Zeit zur Flucht, darunter Monmouth und Ferguson, die übrigen wurden festgenommen.

Die Todesangst zwang Lord Howard Geständnisse ab, welche Lord Russell auf das Schafott brachten. In derselben Gerichtshalle von Westminster, in welcher die von ihm verfaßte Klageschrift gegen Stafford verlesen ward und in welcher er sein „Schuldig“ über den Unschuldigen gesprochen hatte, wurde er zum Tode verurteilt. Seine Parteigenossen sagen, der Spruch sei ungerecht gewesen; unter Wilhelm III. wurde derselbe wegen Formfehlern kassiert, und bis auf den heutigen Tag gilt Russell bei den Liberalen als der Märtyrer des erlaubten Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Unter den Fresken im Parlamentsgebäude prangt auch Russells Abschied von seiner Frau im Tower; daß derselbe Mann mitschuldig war am Tode Staffords, das hat man vergessen; uns aber will sein Tod durch Henkershand als eine Sühne für das unschuldige Blut Staffords und so vieler Katholiken, welche er bitter verfolgte, erscheinen, auch wenn es wahr ist, daß er nichts um die Mordpläne Shaftesburys gewußt hat. Sein Haupt fiel am 21. Juli 1683. Auch Algernon Sidney wurde hingerichtet. Der Earl of Essex aber griff dem Lauf der Gerechtigkeit vor; er schnitt sich im Tower den Hals durch.

Die Weltgeschichte ist zwar bei weitem noch nicht das Weltgericht. Aber ein Stück Vergeltung können wir in der Geschichte dieser wahren Verschwörung jener erdichteten gegenüber und in dem Lose der Männer, welche die erdichtete Katholikenverschwörung zum Zwecke ihrer politischen Pläne ausnützen wollten, nicht verkennen.

Auch ihr erstes Werkzeug, der meineidige Titus Oates, sollte wenigstens einen kleinen Teil seiner Strafe vor den Augen des Publikums erdulden, das seinen Meineiden zugejauchzt und seinen Opfern im Tode noch zugebrüllt hatte. Am 18./28. Juni 1684 wurde er wegen Beleidigung des Herzogs von York, den er einen papistischen Verräter genannt hatte, zu einer Geldstrafe von 100.000 Pfd. St. verurteilt, und da er dieselbe natürlich nicht bezahlen konnte, in den Schuldturm geworfen. Als dann der Herzog als Jakob II. den Thron Englands bestiegen, gab er Befehl, den Prozeß gegen Titus Oates wegen Meineid einzuleiten. Am 23. April (3. Mai) 1685 war er gekrönt worden, und schon am 8. / 18. Mai wurde Titus Oates wegen „absichtlichen, böswilligen und abscheulichen Meineides“ vor die Schranken von King's Bench gestellt. Er bat um Aufschub, und der Prozeß wurde bis zum 26. Mai verschoben. Dann aber brach der Schlag über den Schuldigen herein. Es wurden ihm zwei Meineide, welche er in dem Prozesse gegen P. Ireland S.J. geschworen hatte, schlagend nachgewiesen. Am Schlusse der Verhandlung hielt Richter Witkins die folgende Ansprache an den Schuldigen: „Titus Oates! Ihr seid zweier Meineide überwiesen. Ich sage Meineid, und muß das Wort doppelt wiederholen, denn ihr seid doppelt dieses Verbrechens schuldig. Es ist eines der größten Verbrechen, welche unser Gesetz kennt, und eines der größten Verbrechen seiner Natur nach. Aber Euer Meineid hat alle erschwerenden Umstände, die sich nur denken lassen, und wird dadurch noch strafwürdiger. Wenn ein Mann seinen Nebenmenschen mit dem Schwerte mordet, so hat er den Galgen verwirkt, vorausgesetzt, er tat es mit vorbedachter Bosheit. Aber wenn ein Mann unschuldiges Blut auf sich bringt durch einen böswilligen, vorbedachten falschen Eid, so ist das nicht nur eine Bluttat, sondern Mord durch verruchten böswilligen Meineid. Ich kann nicht umhin, einzugestehen, daß unser Strafgesetz in diesem Punkte mangelhaft ist, indem es für einen solchen Verbrecher nicht den Galgen bestimmt. Die schrecklichen Folgen, welche Euer Meineid nach sich zog, zeigen klar die Lücken unserer Strafbestimmungen. Sind sie doch derart, daß keines Christen Herz an sie denken kann, ohne zu bluten in der Erinnerung an das unschuldige Blut, das Euer Eid verspritzt hat; denn jeder vernünftige Mensch glaubt nun an die Unschuld und trauert um den Tod dieser Opfer. Gott sei Dank, sind jetzt unsere Augen geöffnet, und wahrlich, wir hätten unheilbar blind sein müssen, wenn sie nicht aufgegangen wären bei den Widersprüchen, Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten Eures Zeugnisses selbst, dann aber auch durch die positive, klare und direkte Aussage von 47 Zeugen, die übereinstimmend Euer Zeugnis widerlegten und gegen welche ihr keine andere Ausflucht hattet, als: es seien Papisten und römische Katholiken, eine ganz und gar nichtssagende Ausrede. Es waren übrigens neun oder zehn Protestanten darunter.... Ich bin nie ein grausamer Mensch gewesen, und immer habe ich mit Schmerzen ein Urteil über meine Mitbürger und Mitmenschen gefällt.... Aber im vorliegenden Falle, erwägend die Größe des Verbrechens und seine traurigen Folgen, kann ich nicht sagen, daß ich irgendeinen Schmerz beim Urteilsspuche empfinde.“

Das Urteil lautete:

„1. Der Gerichtshof verfügt über Euch eine Geldstrafe von 1000 Mark Silber für jeden der zwei Meineide;
2. daß Ihr aller geistlichen Kleidung beraubt werdet.
3. Der Gerichtshof verfügt, daß Ihr nächsten Montag vor dem Tore von Westminster Hall auf und an dem Schandpfahle eine Stunde stehet, mit einer Inschrift über Eurem Haupte, welche Euer Verbrechen nennt und mit welcher ihr vorher durch alle Gerichtshöfe von Westminster geführt werden sollt. Das ist die Strafe für Euern ersten Meineid.
4. Für den zweiten Meineid sollt Ihr am Dienstage mit derselben Inschrift vor der Royal Exchange eine Stunde am Schandpfahle stehen.
5. Nächsten Mittwoch sollt Ihr von Aldgate nach Newgate gepeitscht werden.
6. Nächsten Freitag sollt Ihr durch den gemeinen Henker von Newgate nach Tyburn gepeitscht werden.

Aber, Mr. Oates, wir dürfen nicht vergessen, daß Ihr mit Bezug auf verschiedene Zeitpunkte meineidig schwuret. Zu einem alljährlichen Gedächtnisse deshalb, und damit alles Volk, solange Ihr lebet, sich daran erinnere, haben wir überdies jährlich wiederkehrende Strafen für Euch verordnet:

1. Auf Lebenszeit habt Ihr den 24. April jedes Jahres zu Tyburn dem Galgen gegenüber zwischen zehn und zwölf Uhr eine Stunde in und am Pranger zu stehen.
2. Sollt Ihr jedes Jahr am 9. August hier vor Westminster Hall am Pranger stehen. Und damit man wisse, was wir damit bezwecken: es ist des Schwures wegen, den Ihr geleistet, daß Mr. Ireland zwischen dem 8.und 12. August in der Stadt gewesen sei.
3. Ebenso habt Ihr jeden 10. August bei Charing Croß eine Stunde am Pranger zu stehen und
4. jeden 11. August am Temple Gate.
5. Jeden 2. September (ein anderer notorischer Tag, der nicht vergessen werden darf) vor der Royal Exchange. Alles das sollt Ihr tun solange ihr lebt und sollt auf Lebenszeit in strenger Gefangenschaft bleiben.“

„Das ist das Urteil des Gerichtshofes,“ schloß der Richter, „und ich muß Euch offen gestehen: wenn es in meiner Macht gelegen hätte, so würde ich gerne das Todesurteil über Euch gefällt haben; denn Ihr habt es verdient.“

So stand also Titus Oates an den belebtesten Plätzen Londons als Meineidiger an dem Pranger und wurde durch den Henker denselben Weg, den seine Opfer zur Hinrichtung geschleift wurden, von der Newgate bis nach Tyburn gepeitscht, gerade in den Tagen, da sich mit seltenem Pompe das Parlament zum erstenmal um Jakob II. versammelte. Es besteht ein altes Bild, welches die Bestrafung des niederträchtigen Verbrechers darstellt. Das Hauptfeld in der Mitte zeigt den Titus Oates am Schandpfahle; der Kopf und die beiden Hände sind in eine Art Kreuzbalken eingezwängt; rund um ihn her steht der höhnende Pöbel. Ein anderes Feld darunter zeichnet ihn unter den Rutenstreichen des Henkers. Kleinere Medaillons geben die Köpfe der hauptsächlichsten Opfer seiner Meineide, und lateinische Verse, welche darunter stehen, schildern den Mann, seine Frevel und seine Strafe. Unter anderem liest man: Aspice tantorum causamque caputque malorum, und: Doctor fictus non fictos recipit ictus.

Solange Jakob II. regierte, wurde das Urteil an Titus Oates redlich vollstreckt. Als aber der Oranier Wilhelm III. den englischen Thron bestieg, öffneten sich für den Meineidigen die Kerkertüren. Ja der neue König begnadigte ihn nicht nur, er nahm ihn in seinen Schutz und warf ihm als Belohnung für die großen Dienste, die er der protestantischen Partei geleistet hatte, eine Pension von 400 Pfd. St. aus! Seine Strafe hatte ihn durchaus nicht gebessert. Er bot sich dem Parlamente an, alle seine früheren Aussagen aufs neue zu beschwören. Er soll zu London im Jahre 1705 gestorben sein; Näheres über seinen Tod ist nicht bekannt.

Oates' Helfershelfer waren vor den höchsten Richter gerufen, bevor Jakob II. König wurde. Ein altes Manuskript der Bibliothek von Stonyhurst berichtet, William Bedloe sei im August 1680 gestorben mit schrecklichen Flüchen und Lästerungen gegen diejenigen, welche ihn zu falschem Zeugnis gegen Unschuldige verführten. Die Zunge quoll dem Sterbenden aus dem Munde, so lang, schwarz und dick, daß er sie nicht mehr zurückziehen konnte, zum Schrecken aller Umstehenden. Sein Bruder, James Bedloe, starb im gleichen Sommer mit Flüchen gegen den Earl of Shaftesbury, der die Ursache der Verdammung seines Bruders sei und seiner eigenen, wie er fürchte. Dugdale starb, wahnsinnig vor Gewissensbissen; mit lautem Geschrei bat er die Leute, welche um sein Sterbebett standen, sie möchten den Lord Stafford forttreiben. Auch Castairs Tod war gräßliche Verzweiflung. Mit dem letzten Atemzuge schrie er den Umstehenden zu, sie sollten ihn wie einen Hund in eine Senfgrube werfen, denn es passe sich nicht für ihn, in einem christlichen Grabe zu ruhen.

Und Karl II., der trotz seines besseren Wissens, und von der Unschuld der Verurteilten überzeugt, dennoch ihre Todesurteile unterschrieb? Es ist bekannt, daß er auf seinem Sterbebett mit der katholischen Kirche ausgesöhnt wurde, deren Wahrheit er schon lange anerkannte, der zu folgen er aber aus politischen wie aus moralischen Gründen nicht den Mut gehabt hatte.

Den authentischen Bericht über seine Bekehrung verdanken wir seinem Bruder, dem Herzog von York, der nun als Jakob II. den Thron Englands bestieg. Er erzählt in seinen Memoiren: „Am 2. Februar (1685) traf den König ein schwerer Schlaganfall.... Am vierten Tage verschlimmerte sich sein Zustand so sehr, daß die Ärzte an seiner Genesung zweifelten. Es war also hohe Zeit daß er sich für die andere Welt vorbereitete. So kamen zwei (anglikanische) Bischöfe, um ihres Amtes zu walten, und lasen ihm aus der Liturgie die Gebete der Sterbenden vor. Als man zu der Stelle kam, wo man gewöhnlich den Kranken auffordert, seine Sünden zu beichten, bemerkte ihm der Bischof von Bath und Wells, daß er dazu nicht verpflichtet sei, und fragte ihn nach einer kurzen Ermahnung, ob er seine Sünden bereue. Als der König das bejahte, sprach er über ihn die Worte der Lossprechung und fragte ihn, ob er die Kommunion wünsche. Der König gab keine Antwort und mehrmals durch den Bischof gedrängt, erwiderte er nur, es sei noch Zeit oder er werde es sich überlegen.

Da der Herzog, der keinen Augenblick vom Bett Sr. Majestät sich entfernte, bemerkte, daß er trotz alles Drängens des Bischofs aus dessen Hand die Kommunion nicht empfangen wollte und er die religiöse Überzeugung des Königs wohl kannte, indem er mit ihm über diesen Punkt in letzter Zeit viel geredet hatte, glaubte er den günstigen Augenblick gekommen, ihn an diese Unterredungen zu erinnern. Er bat also die Anwesenden, sich für einige Augenblicke aus dem Zimmer zu entfernen, und sagte zum König, er freue sich herzlichst, daß Se. Majestät noch derselben Überzeugung sei, wie bei ihrer letzten Unterredung über die Religion, als der König ihm in seinem Privatzimmer eine eigenhändig geschriebene Abhandlung über die Kontroverspunkte gezeigt habe. Und er fragte ihn, ob er ihm einen Priester holen solle, worauf der König antwortete: 'Ja, ich bitte Sie darum, mein Bruder, um der Liebe zu Gott, und verlieren Sie keine Zeit!' Dann fügte er, die Folgen eines solchen Schrittes erwägend, alsbald bei: 'Aber wird das Sie nicht gar zu sehr verhaßt machen?' Der Herzog hatte niemals an die eigene Gefahr gedacht, wenn es sich um den Dienst Sr. Majestät handelte, nicht einmal bei irdischem Vorteil; jetzt aber war das Glück der Ewigkeit in Frage. Er antwortete also: 'Sire, und sollte es mich das Leben kosten, ich hole Euch einen.' Damit ging er in das anstoßende Zimmer, und da er daselbst keinen Katholiken fand, betraute er den Grafen von Castle Machlor mit dem Auftrage, sofort einen Priester zu bringen. Man suchte umsonst mehrere, und der Zufall wollte es, daß man keinen andern traf als P. Huddleston, den Benediktinermönch, der so viel dazu geholfen hatte, daß sich der König nach der Schlacht von Worcester retten konnte. Man führte ihn auf einer geheimen Treppe in ein Privatzimmer. Der Herzog verständigte darüber den König und dieser verfügte, daß alle mit Ausnahme seines Bruders sich zurückzögen. Aber Se. Königliche Hoheit hielt es für besser, daß der diensttuende Kammerherr Lord Bath und Lord Feversham im Zimmer blieben, da er es nicht für klug hielt, ganz allein bei Sr. Majestät zu bleiben, der äußerst schwach war.

Sobald alle das Zimmer verlassen hatten, rief der Herzog P. Huddleston herbei, den Se. Majestät mit großer Freude und Genugtuung empfing und ihm sagte, er wünsche im Glauben und in der Gemeinschaft der katholischen Kirche zu sterben. Alle Sünden des verflossenen Lebens seien ihm von Herzen leid, namentlich daß er seine Bekehrung so lange hinausgeschoben habe; doch hoffe er auf die Verdienste Jesu Christi; er habe keine Feindschaft, verzeihe seinen Feinden und bitte alle um Verzeihung, die er beleidigt habe, und sollte es Gott gefallen, ihm die Gesundheit wieder zu schenken, so sei er entschlossen, mit seiner Gnade sein Leben zu ändern. Dann legte er mit großer Zerknirschung eine Generalbeichte ab und betete mit viel Andacht und Schmerz den Akt der Reue. Das dauerte etwa eine Stunde. Er wünschte alle Sakramente der Sterbenden zu empfangen und fuhr inzwischen fort, oft mit zum Himmel erhobenen Händen fromme Stoßseufzer zu wiederholen. So rief er: 'Barmherzigkeit, mein süßer Jesus, Barmherzigkeit!' bis ihm der Priester die heilige Ölung spendete. Gerade als er damit zu Ende war, hatte man auch das heilige Sakrament herbeigebracht. Der Priester fragte Se. Majestät, ob er es zu empfangen wünsche. Er antwortete, es sei sein sehnlichster Wunsch, wenn er ihn dessen würdig erachte. Nach einer kurzen Vorbereitung nahte sich also der Priester (mit der heiligen Hostie) dem Bette. Da richtete sich der König mit den Worten auf: 'Laßt mich meinen göttlichen Heiland in einer geziemenden Stellung empfangen.' Aber wir baten ihn, er möge sich nicht zu sehr ermüden. So wiederholte er den Akt der Reue und empfing die Wegzehrung mit großer Frömmigkeit und Andacht. Dann hielt ihm P. Huddleston eine kurze Ansprache und verließ ihn in solcher Seelenruhe, daß er dem herannahenden Tod ohne jede Angst und mit christlichem Mute entgegensah.“ Der Herzog erzählt dann noch, wie hierauf das Zimmer wieder geöffnet wurde, wie der König mit allen Zeichen der Liebe von ihm und der Königin Abschied nahm und wie er „mit einem Worte nichts vernachlässigte, soweit die Kürze der Zeit es erlaubte, um sich mit Gott zu versöhnen und allen Genugtuung zu erweisen, die sich über ihn auf Erden beklagen konnten." "Bis eine Stunde vor seinem Ende blieb er bei klarem Verstande; dann verlor er das Bewußtsein und starb zwischen 11 Uhr und Mittag am Freitag den 6. Februar 1685."

Mag eine solche Bekehrung im letzten Augenblick gemeiniglich von zweifelhaftem Werte sein, so dürfen wir doch hier an ein Gnadenwunder glauben, das alle dem Gebete der Märtyrer zuschreiben, von denen ja keiner starb, ohne vorher für die Bekehrung und das ewige Heil seines Königs ausdrücklich gebetet zu haben. Seine Bekehrung und die Rettung seiner mit zahllosen und furchtbaren Sünden befleckten Seele ist dann in Wahrheit die heilige Vergeltung der Blutzeugen.

Jakob II. machte gut, soweit es ihm noch möglich war, was die feige Schwäche seines Bruders verschuldet hatte. Freilich die 25 Opfer, welche auf dem Schafotte geendet, die ungezählten, welche in den Gefängnissen starben, konnte er nicht zum Leben erwecken. Er konnte nicht einmal das Hab und Gut ersetzen, welches die Verfolgung den Katholiken geraubt hatte. Aber die Kerker öffneten sich, und die ehrwürdigen Bekenner atmeten auf, für einige Jahre wenigstens, bis die Regierung des Oraniers einen neuen Sturm über ihnen zusammenzog. Von den vier Lords, welche nach Staffords Hinrichtung im Tower blieben, war Lord Petre inzwischen gestorben. Die übrigen drei, Arundel, Bellasyse und Powis, ernannte Jakob II. zu Mitgliedern des Geheimen Rates; der letztgenannte trug ihm bei feierlichen Aufzügen das Reichsschwert vor.

Für die durch Henkershand oder Kerkerleiden hinweggerafften Opfer konnte freilich der irdische König nichts tun, als ihnen den Zoll seiner Verehrung spenden. Vom Tage ihres Todes an betrachteten die Katholiken nicht nur Englands sie als wahre Blutzeugen, gerade so gut wie die von Heinrich VIII. und Elisabeth um des Glaubens willen Hingerichteten. Als es daher in unserer Zeit endlich möglich war, den Seligsprechungsprozeß der englischen Märtyrer förmlich einzuleiten, wurden auf die der Riten-Kongregation eingereichte Liste auch die Namen von 37 Opfern aus den Tagen der Titus-Oates-Verschwörung gesetzt. Einige derselben sind zwar vom Apostolischen Stuhle vorläufig zurückgestellt, „bis sichere Beweise für ihr Martyrium beigebracht wären.“ (Anmerkung Spillmann: Die zwölf vorläufig vom Verzeichnis der Blutzeugen Gestrichenen sind: Die beiden unschuldig als Mörder Godfreys hingerichteten Laien Lorenz Hill und Robert Green; ferner die im Kerker oder infolge von Mißhandlung Verstorbenen: Thomas Jension S. J.; Wilhelm Lloyd, Weltpriester; Placidus Adelham O.S.B.; Wilhelm Atkins S. J.; Richard Birket, Weltpriester; Richard Lacey S. J.; Eduard Turner S. J.; Wilhelm Allison S. J.; Benedikt Constable O.S.B. und Wilhelm Bennet, Weltpriester, der zum Tode verurteilt wurde, den Titus Oates-Sturm jedoch überlebte und unter König Wilhelm II. abermals zum Tode verurteilt, 1691 zu Leicester im Gefängnis starb). Aber das Dekret der heiligen Kongregation der Riten vom 4. Dezember 1886 enthält doch 25 dieser Blutzeugen, für deren Martertod die eingereichten Dokumente genügten, ihnen den Titel „ehrwürdige Diener Gottes“ beizulegen, bis die spätere Prüfung sie als „selige Märtyrer“ bestätigt und der Ehre der Altäre für würdig erklärt. Möge den Katholiken Englands und der ganzen Welt diese Freude bald zu teil werden!

Die Namen der 25 christlichen Helden, die wir zum Schlusse nochmals zusammenstellen wollen sind:

Im Jahre 1678:
der ehrw. Eduard Coleman, Sekretär der Herzogin von York.
der ehrw. Eduard Mico S.J.
der ehrw. Thomas Bedingfield S.J.

Im Jahre 1679:
der ehrw. Wilhelm Ireland S.J.,
der ehrw. Johann Grove, Diener (wahrscheinlich Laienbruder) der Jesuiten in London
der ehrw. Thomas Pickering O.S.B., Laienbruder
der ehrw. Thomas Whitebread S.J., Provinzial
der ehrw. Wilhelm Harcourt S.J., Rektor
der ehrw. Johann Fenwick S.J.,
der ehrw. Anton Turner S.J.
der ehrw. Johann Green (Gavan) S.J.,
der ehrw. Franz Neville S.J.
der ehrw. Richard Langhorne, Rechtsanwalt
der ehrw. Wilhelm Plessington, Weltpriester
der ehrw. Philipp Evans S.J.,
der ehrw. Johann Lloyd, Weltpriester
der ehrw. Wilhelm Postgate, Weltpriester
der ehrw. Karl Mahony O.S.F.
der ehrw. Johann Wall O.S.F.,
der ehrw. Franz Levison O.S.F.
der ehrw. Johann Kemble, Weltpriester
der ehrw. David Lewis (Karl Baker) S.J.

Im Jahre 1680:
der ehrw. Thomas Twing, Weltpriester.
der ehrw. Wilhelm Howard, Viscount Stafford.

Im Jahre 1681 endlich:
der ehrw. Oliver Plunket, Erzbischof von Armagh.

So endete die letzte blutige Verfolgung der katholischen Kirche auf englischem Boden. Erst in unserer Zeit geht der Same herrlich und üppig auf, der in jenen Tagen der Trübsal in Blut und Tränen ausgestreut wurde. Wenn die sterbenden Opfer vom Schafotte aus, welches das fanatisierte Volk mit wüßtem No-Popery-Geschrei umtobte, einen Blick hätte werfen können auf die heranblühende katholische Kirche unserer Tage mit ihrer glänzenden Hierarchie, ihrem eifrigen Klerus, ihren zahlreichen und tätigen Orden, ihren Tausenden von Schulen und Kirchen; wenn sie die herrliche katholische Kathedrale hätten sehen können, welche sich jetzt St. Paul gegenüber in London erhebt – sie wären noch einmal so freudig den Tod der Schmach gestorben für ihren katholischen Glauben. Der alte Spruch: Sanguis Martyrum semen Christianorum („Das Blut der Martyrer ist der Same von Christen“) und das schöne Wort des hl. Ambrosius: „Durch den Tod der Märtyrer ist die Religion verteidigt, der Glaube vermehrt, die Kirche gekräftigt worden: Die Getöteten sind die Sieger, die Verfolger die Besiegten“, sind auch hier herrlich in Erfüllung gegangen.

A. M. D. G.

Ende.


Katholikendiskriminierung in Schweden

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