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Jesus und das Theodizeeproblem

Von P. Engelbert Recktenwald

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass in der Verkündigung Jesu das Theodizeeproblem überhaupt keine Rolle spielt? “Theodizeeproblem”, das heißt: Viele Christen werden von der Frage gequält, wie Gott all das Leid auf der Welt zulassen kann. Einige sind davon persönlich betroffen, andere werden von Nachrichten über das eine oder andere schlimme Schicksal arg mitgenommen. Und dann gibt es noch jene Atheisten, denen das Problem deshalb sehr willkommen ist, weil sie es als Argument gegen den Gottesglauben ins Feld führen können. Oft tun sie es triumphierend, weil viele Christen keine rechte Antwort darauf wissen und ins Stottern kommen. Wenn Gott das Leid verhindern könnte, warum tut er es dann nicht? Wie lähmender Mehltau legt sich diese Frage auch auf das Denken mancher Theologen, die, da sie Gott irgendwie entschuldigen wollen, es kaum noch wagen, Güte und Allmacht in Gott zusammen zu denken. Denn sie sagen sich: Entweder will Gott das Leid verhindern, kann es aber nicht; oder er kann es verhindern, will es aber nicht. Entweder fehlt ihm die Macht, dann ist er nicht allmächtig; oder es fehlt ihm der Wille, dann ist er nicht gütig. Aber beides zusammen? Wenn er uns vor Leid bewahren kann und es auch will, warum tut er es nicht?

Bis zu einem gewissen Grad kann ich diese Verlegenheit nachvollziehen. Und so habe ich mir die Frage gestellt: Was sagt eigentlich Jesus dazu? Und da macht man, wenn man die Evangelien liest, ganz schnell die Entdeckung: Das Theodizeeproblem beschäftigt ihn überhaupt nicht! Es existiert für ihn nicht. Aber es kommt noch “schlimmer”: Er geht geradezu zum Gegenangriff über und preist die Leidenden auch noch selig! Selig die Trauernden! Selig die Verfolgung leiden! Nachzulesen in den Seligpreisungen der Bergpredigt. Also keine verschämten Entschuldigungen, warum Gott leider keine andere Wahl habe, als das Leid zuzulassen. Statt dessen geradezu ein unbekümmerter Triumphalismus. Das klingt provozierend! Jesus kann sich das leisten. Warum? Weil er als der ewige Gottessohn die Perspektive Gottes innehat. Offensichtlich sieht aus dieser Perspektive die Sache ganz anders aus als aus unserer Froschperspektive. Gott hat den Überblick. Und offenbar verliert die Frage nach dem Leid in dieser Perspektive etwas von ihrer beklemmenden Last. “Die Leiden dieser Zeit sind nicht zu vergleichen mit der künftigen Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll” (Röm 8, 18), bringt es der hl. Paulus auf den Punkt, nachdem er auf dem Weg nach Damaskus vom Licht überwältigt wurde und für einen kurzen Augenblick an der göttlichen Perspektive teilhaben konnte.

Den Triumphalismus Jesu könnte man als Zynismus auffassen. Wie muss sich das in den Ohren eines Leidenden anhören, wenn da jemand kommt und ihn angesichts des Leidens selig preist? Ist das nicht eine unerträgliche Verharmlosung? Merkwürdigerweise werden die Seligpreisungen der Bergpredigt nie so empfunden - auch nicht von Ungläubigen. Im Gegenteil: Eine wahre Begebenheit aus der Zeit der Christenverfolgung in der kommunistischen Sowjetunion zeigt die Kraft, mit der die Worte Jesu das Herz berühren können: Als einmal das Moskauer Staatstheater ein das Christentum verhöhnendes Stück aufführte, sollte der Christusdarsteller die beiden ersten Seligpreisungen vorlesen und danach die Bibel voll Verachtung wegwerfen. Aber es kam anders. Der Schauspieler, bis dahin ein überzeugter Kommunist, las weiter: Seligpreisung nach Seligpreisung, unter dem gebannten Schweigen des Publikums, das von der Ergriffenheit des Schauspielers angesteckt wurde. Zum Schluss bekreuzigte er sich und brach in den Ruf des rechten Schächers aus: “Herr, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!” Seit diesem Abend ward der Schauspieler nie mehr gesehen, das Stück nie mehr aufgeführt.

Jesus kümmert sich nicht um das Theodizeeproblem, weil er Wichtigeres zu tun hat. Er ist wegen eines größeren Problems in diese Welt gekommen. “Wie kann Gott das zulassen?” ist ein intellektuelles Problem. “Wie kann ich gerettet werden?” ist ein existentielles Problem. Um dieses Problem zu lösen, hat Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt. Er ist gekommen, um uns zu retten. Wenn ich im Schlamassel stecke, ist mir einer, der mich tatkräftig herauszieht, lieber als einer, der mir erklären kann, warum ich drin stecke. Jesus ist nicht Wikipedia, um die Fragen unseres Kopfes zu beantworten, sondern der Erlöser, um die Wunden unseres Herzens zu heilen. Er befriedigt nicht unsere Neugier, sondern löscht unseren Durst nach Liebe und Heil.

Schauen wir auf die Opferseite und nehmen wir als Beispiel den gläubigen Christen Dietrich Bonhoeffer. Da sehen wir, dass der Seligpreisung auf Seiten Jesu der Dank auf Seiten der Bedrängten entspricht. Bonhoeffer befand sich im Dezember 1944 in Gestapo-Haft, in einem Kellergefängnis in Berlin, verfolgt und verlassen, dem Tod entgegen schauend. Aber statt mit Gott zu hadern, schrieb er sein berühmtes Gedicht: “Von guten Mächten treu und still umgeben.” Wie geht denn das zusammen? Hat er diese guten Mächte irgendwie erfahren, gespürt, wahrgenommen? Oder war vielleicht einfach nur sein Glaube so stark, dass er diese Zeilen mitten in der Verlassenheit schreiben konnte? Was für ein Glaubensheld! Er erinnert uns an die Glaubenshelden, die im 11. Kapitel des Hebräerbriefs aufgezählt werden. Wenn wir dieses Kapitel durchlesen, dann wird uns aufgehen, was für einen Zweck das Leiden offensichtlich auch haben kann: nämlich Glaubenshelden hervorzubringen!

In der dritten Strophe dichtet Bonhoeffer nun: “Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern / des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, / so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern / aus deiner guten und geliebten Hand.”

Schwerer Leidenskelch - geliebte Hand: Was für ein Gegensatz! Dass der Leidenskelch von einer Hand gereicht wird, die trotzdem als gut erkannt und geliebt wird, ist also kein Widerspruch. Bonhoeffer folgert nicht, wie viele von uns es wohl tun würden: Der Kelch ist schlecht, also ist die Hand, die ihn reicht, auch schlecht. Sondern genau umgekehrt: Die Hand ist gut, also ist auch der Kelch gut. Bonhoeffer beschwert sich nicht über den Kelch, sondern dankt für ihn. Unglaublich! Er stellt für unser natürliches Empfinden die Dinge auf den Kopf. Und so entspricht die Provokation dieses Dankes des Verfolgten exakt der erwähnten Provokation der Seligpreisung der Verfolgten durch Jesus. Das zeigt: Diese Seligpreisung ist kein Zynismus, sondern ein ungeahnter Kraftquell für jene, die sie betrifft.

Das also ist die erlösende Botschaft Jesu für unser Theodizeeproblem: Sie lehrt uns, Gott nicht im Schatten des Leidens, sondern das Leiden im Lichte Gottes zu betrachten. Dieses Licht leuchtete in den Herzen des Apostels Paulus, Bonhoeffers und all der anderen Glaubenszeugen so hell, dass keine Drangsal ihr Gottesbild verdunkeln konnte. “Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis”, heißt es im ersten Johannesbrief. Aus dieser Wahrheit konnte Bonhoeffer mitten im Leid Trost schöpfen - in der sicheren Hoffnung, dass sich das Leid einmal in nie endende Seligkeit verwandeln wird. Vier Monate später war es für ihn dann so weit: Das Todesurteil wurde vollstreckt, und der Weg - so dürfen wir hoffend annehmen - war für ihn frei, in die ewige Herrlichkeit einzugehen. Könnte er jetzt zu uns sprechen, was würde er uns wohl davon erzählen!

Wir haben also keinen Grund, an Gott wegen des Leids zu zweifeln oder ihn gar anzuklagen. Danken wir ihm vielmehr, dass er alles Bedrückende verwandeln kann und nie endendes Glück für uns bereithält. “Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten” (Röm 8, 28).

Diesen Text kann man auch hören.


Theodor Haecker: Versuch einer Theodizee

Recktenwald: Das Argumentationspotenzial der Langeweile. Eine Theodizee der besonderen Art.

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