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Piusbruderschaft, quo vadis?

Von P. Engelbert Recktenwald

"Unsere Gegner fürchten nichts mehr als eine Rückkehr der Priesterbruderschaft des hl. Pius X. in die volle kirchliche Gemeinschaft mit einem Nachfolger Petri, dessen Anhänglichkeit an die liturgische Tradition der Kirche sie teilen", schrieben Kurt Bantle, Dr. Rudolf Kaschewsky und Dr. Helmut Rückriegel (d.i. der Vorstand der UNA VOCE Deutschland e.V.) in einem flammenden Appell angesichts des Motu Proprio Summorum Pontificum an ihre "Freunde", die Priesterbruderschaft St. Pius X., in der UNA VOCE Korrespondenz 1/2008.

Doch die Piusbruderschaft sieht das anders. Sie möchte von Rom nicht anerkannt und als eine Gemeinschaft päpstlichen Rechtes errichtet werden, solange Rom nicht alle Bedingungen erfüllt, die die Piusbruderschaft aufstellt. Dazu gehören die Aufhebung der Exkommunikation der widerrechtlich geweihten Bischöfe und die "Bekehrung" Roms zur Tradition.

Das heißt: Die Piusbruderschaft stellt sich Verhandlungen mit Rom wie Verhandlungen mit möglichen Koalitionspartnern in der Politik vor. Dort ist jede Partei frei, eine Koalition einzugehen oder nicht. In der Kirche dagegen ist man zur Unterwerfung unter den Heiligen Stuhl verpflichtet. "Dem römischen Papst sich zu unterwerfen, ist für alle Menschen unbedingt zum Heile notwendig", lautet die Lehre, wie sie Bonifaz VIII. in der Bulle Unam Sanctam vorlegt und von der die Piusbruderschaft behauptet, sie anzuerkennen.

Der Gehorsam gegenüber dem Papst hat nur dort seine Grenzen, wo er etwas Verwerfliches gebieten würde. Die Bedingungen, die Rom der Piusbruderschaft stellt, enthielten und enthalten - auch nach deren eigenem Bekunden - nichts Verwerfliches. Damit ist für jeden, der am überlieferten Glauben festhält, die Sache klar: Eine Weigerung, sich Rom zu unterwerfen, kann nicht gerechtfertigt werden.

Nach Meinung der Piusbruderschaft ist die Zeit für eine Einigung noch nicht reif. Das ist die verräterische Sprache desjenigen, der eine Einigung mit Rom für die Sache freier Koalitionsverhandlungen hält.

Aber vielleicht hat die Piusbruderschaft doch gewichtige Argumente für ihre Haltung? Schauen wir uns den Rundbrief des Generaloberen Bernard Fellay vom 14. April 2008 an, in dem er seine Verweigerungshaltung begründet. Es ist übrigens derselbe Generalobere, der im Jahr 2000 auf eine entsprechende Interviewfrage von 30Giorni geantwortet hatte, er würde aus kindlichem Gehorsam gegenüber dem Haupt der Kirche gelaufen kommen, wenn der Papst ihn rufe. Die naive Annahme, das für bare Münze nehmen zu können, hatte damals Kardinal Castrillon Hoyos zur Hoffnung auf eine schnelle Einigung mit der Piusbruderschaft verleitet.

Im genannten Rundbrief erklärt Bischof Fellay, das Grundprinzip der Piusbruderschaft sei die Bewahrung des Glaubens. Das wäre natürlich nur dann ein Argument, wenn es unmöglich wäre, den Glauben zu bewahren, wenn man in Einheit mit Rom steht. Meint Fellay das wirklich? Das geht nicht eindeutig aus seinem Text hervor.

Fellay führt die Änderungen an, die nach dem II. Vatikanum die Sicht der Kirche auf sich selbst, auf die Welt, auf die Staaten und auf die anderen Religionen bestimmt haben. Er spricht von der Revolution von 1789, die in die Kirche eingedrungen sei. Um Papst Benedikt XVI. auf diese Revolution festzulegen, bringt er ein Zitat aus dem Jahr 1984, das lautet: “Die Aufgabe der 60er Jahre bestand darin, sich die besten Werte, die in zwei Jahrhunderten liberaler Kultur zum Ausdruck kommen, anzueignen. Dies sind in der Tat Werte, die, selbst, wenn sie nicht innerhalb der Kirche gereift sind, dort in deren Sicht der Welt gereinigt und korrigiert ihren Platz finden können. Das ist verwirklicht.” Dieses Zitat soll belegen, dass sich - abgesehen von der Freigabe der überlieferten Liturgie - nichts geändert habe: so als ob der Papst nicht gerade den größten Wert auf eine “Hermeneutik der Kontinuität” in der Konzilsinterpretation lege, um jedem Bruch der kirchlichen Lehrtradition den Boden zu entziehen.

Fellay wirft Rom vor, jedes negative Urteil über andere Religionen zu vermeiden: so als ob der Papst nie die Regensburger Rede gehalten hätte, die die Wut der muslimischen Welt provozierte. Ebenso ignoriert er de facto die im Sinne einer glaubenstreuen Ekklesiologie erfolgten Klarstellungen, die Rom zum “subsistit” gegeben hat, also zur Formulierung, dass die Kirche Christi in der katholischen Kirche subsistiere. Der klassische Vorwurf lautete, dass mit dieser Formulierung die Identität und die Einzigkeit der katholischen Kirche als der Kirche Christi aufgeweicht werde. Jeder Katholik, der diesen Namen verdient, freut sich über Klarstellungen, die einer heterodoxen Deutung dieser Formulierung den Boden entziehen. Doch wie reagiert Fellay? Er schreibt: “Die Kirche ist nicht die katholische Kirche, sie besteht in ihr (subsistit in). Mag man auch behaupten, sie bestehe nur in ihr, so ist doch festzustellen, dass man damit ein Wirken des Hl. Geistes und dieser Kirche Christi außerhalb der katholischen Kirche behauptet.” Fellay leugnet also ein Wirken des Hl. Geistes außerhalb der Kirche. Das ist nicht mehr katholisch. Der Satz, dass es außerhalb der Kirche keine Gnade gebe, wurde von Papst Clemens XI. verurteilt. Jede Gnade geht aber auf ein Wirken des Hl. Geistes zurück. Vom ursprünglichen Vorwurf an das subsistit bleibt also nicht mehr viel übrig.

Man gewinnt den Eindruck, dass Fellay an einer Interpretation des Konzils im Licht der Tradition kein Interesse habe. Verräterisch ist seine Stellungnahme zur römischen Verlautbarung: “Die kürzliche Klarstellung der Glaubenskongregation bezüglich des Wortes subsistit ist in dieser Beziehung sehr erhellend. Es wird dort behauptet, die Kirche könne keine Neuheiten lehren; dabei lehrt jedoch diese Klarstellung die auf dem Konzil eingeführte Neuheit ...” Fellay tut so, als ob die Klarstellung die Neuheit, also eine Abweichung vom bisherigen Glauben, bekräftige, und ignoriert, dass sie genau das Gegenteil tut. Und eine solche Priesterbruderschaft fordert theologische Verhandlungen! Da kann Rom gleich gegen Windmühlen kämpfen.

Fellay ignoriert alles, was Ratzinger sowohl als Kardinal wie auch als Papst unermüdlich für die Reinerhaltung des Glaubens getan hat, um bei seiner Diagnose zu bleiben, dass man heute nur im Kampf gegen die von Rom vorgegebene Richtung den Glauben bewahren könne. Es fällt schwer, Guido Horst die Zustimmung zu verweigern, wenn er kürzlich in der Tagespost schrieb: “Doch die Pius-Brüder haben sich schon längst aus diesem Krieg [zwischen gesundem Traditionalismus und nachkonziliarem Modernismus] ins Reich des Absurden verabschiedet.”

Doch selbst wenn der Kurswechsel Roms nicht stattgefunden hätte, wäre das kein Grund, eine Einigung mit Rom zu verweigern. Das Verhalten Erzbischof Marcel Lefebvres unter Paul VI. und in den Anfangsjahren des Pontifikats Johannes Pauls II. widerspricht der gegenwärtigen Haltung der Piusbruderschaft. “Lassen Sie uns das Experiment der Tradition machen!”, war seine Bitte, die er immer wieder an den Papst richtete. Nun möchte Rom dieses Experiment erlauben, aber die Piusbruderschaft will nichts mehr davon wissen. Sie möchte Zeiten abwarten, in denen die Tradition kein Experiment mehr ist.

Als Erzbischof Lefebvre die Einigung mit Rom vom 5. Mai 1988 platzen ließ, war der Grund kein theologischer, sondern ein psychologischer, wie er selber ausdrücklich feststellte: Er hatte kein Vertrauen, weil er die Zusagen Roms (Erlaubnis der überlieferten Liturgie, kanonische Errichtung und Anerkennung der Priesterbruderschaft) für eine Falle hielt. Inzwischen kann es keinen Zweifel daran geben, dass die ausgestreckte Hand des Heiligen Stuhles keine Falle ist, sondern ganz im Kontext eines ernsthaften Bemühens um eine echte liturgische und glaubensmäßige Erneuerung steht. Also auch jener Grund aus dem Jahre 1988 fällt heute weg.

Man hat den Eindruck, dass Fellay nicht, wie im Interview behauptet, auf den Papst zuläuft, sondern vor ihm wegläuft, und dies um so schneller, je mehr jener ihm entgegenkommt. Damit tut er das, was seine Gegner wollen. In diesem Punkt hat die UNA VOCE den Nagel auf den Kopf getroffen. Man könnte auch ein Wort Talleyrands auf die Piusbruderschaft anwenden: Ihre Verweigerungshaltung ist nicht nur Sünde, sondern ein Fehler.

Datum der Veröffentlichung: 9. Juli 2008

Eine niederländische Fassung dieses Beitrags findet man auf dem Weblog von David Oostveen.


Um den Glauben

Mein Weg mit der Piusbruderschaft und mit der Kirche

Von P. Engelbert Recktenwald

Dieser Artikel wurde im Januar 2009 für das Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus geschrieben, kurz vor der Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X.

Ich stamme aus dem Saarland, Bistum Trier. Hinter meiner Berufung zum Priester steht letztlich ein ganz einfacher Gedankengang: Wenn Gott existiert und ich das Optimum aus meinem Leben machen will, dann muss ich mein Leben ganz in den Dienst Gottes stellen. Viel habe ich auch den Ignatianischen Exerzitien bei der Piusbruderschaft zu verdanken. Die ersten machte ich im Alter von 17 Jahren, die zweiten ein Jahr später, und zwar bei P. Franz Schmidberger, der mich durch seinen Seeleneifer beeindruckte.

Auf der anderen Seite erlebte ich einen Religionsunterricht, in dem der Glaube systematisch zerstört wurde: Jesus war nicht der Sohn Gottes, mit der katholischen Kirche hatte er nichts am Hut und die Dreifaltigkeit ist eine Erfindung des griechischen Denkens. Über die Quelle dieser verderblichen Lehren hielt der zuständige Bischof jahrzehntelang seine schützende Hand, während auf der anderen Seite vor Erzbischof Lefebvre und seiner Bewegung gewarnt wurde, als ob von ihr der Untergang der Kirche ausginge. Damit war für mich klar, dass ein Studium im diözesanen Priesterseminar nicht in Frage käme. Meine Entscheidung zum Eintritt in Zaitzkofen beruhte auf der Überzeugung, dass die Differenzen mit Rom vorübergehender Natur seien. Die Sanktionen gegen den Erzbischof hielt ich für schreiendes Unrecht. Ich hoffte, dass ihm, der damals nicht müde wurde, den Kontakt mit Rom zu suchen, eines Tages Gerechtigkeit widerfahren würde. Dass sich die Piusbruderschaft einmal weigern würde, diese Gerechtigkeit in Empfang zu nehmen, und sich vom Opfer zum Täter wandeln würde, war damals für mich kaum absehbar. Tatsache ist jedenfalls, dass die Piusbruderschaft, die ich 1988, drei Jahre nach meiner Priesterweihe, verließ, eine andere war als jene, der ich mich 1979 angeschlossen hatte.

Der Wandel kam nicht plötzlich, sondern schleichend. Als die Kritik am Papst nicht nur schärfer, sondern in einzelnen Punkten sachlich unzutreffend und damit ungerecht wurde, sah ich mich im Gewissen genötigt, beim Erzbischof schriftlich dagegen zu protestieren. Das war im Frühjahr 1987. Die Folge war meine Versetzung vom Priesterseminar, wo ich Vorlesungen gab, ins Priorat von Stuttgart. Damit hatte ich gerechnet, auch wenn ich es nicht gewünscht hatte. Als P. Schmidberger mir als Begründung angab, ich hätte nicht den Geist des Erzbischofs und könne ihn deshalb nicht den Seminaristen vermitteln, mußte ich ihm Recht geben. Ich bin ihm deshalb auch niemals böse gewesen. An seiner Stelle hätte ich genau so gehandelt. Für jene Unehrlichkeit, wie sie modernistische Theologen praktizieren, die ihre Stelle missbrauchen, um andere Lehren zu verbreiten als jene, für die sie von der Kirche bestellt sind, habe ich Zeit meines Lebens nur Verachtung übrig gehabt.

An dieser Stelle muss ich eine Lanze für P. Schmidberger brechen. Die einen halten ihn für einen Hardliner, der den Erzbischof dazu gebracht habe, die Einigung vom 5. Mai 1988 wieder platzen zu lassen. Das Gegenteil ist der Fall. Er befürwortete die Verhandlungen mit Rom, verteidigte vor Kritikern die Aufrichtigkeit Kardinal Ratzingers, wünschte die Einigung und bezeichnete sie noch einige Tage, nachdem sie der Erzbischof durch die Ankündigung eigenmächtiger Bischofsweihen desavouiert hatte, als Geschenk der Muttergottes von Fatima. Auf der anderen Seite gab es Sedisvakantisten, die Schmidberger für einen Freimaurer hielten, weil er den Erzbischof zu Verhandlungen mit Rom drängte.

P. Schmidberger, den ich stets als fairen Vorgesetzten mir gegenüber erlebte, ging dann mit ins Schisma, weil er dem Erzbischof blind vertraute. Gleichgültig, wie seine Entscheidung ausfallen werde, es werde die richtige sein, hatte er mir in jener Zeit der Entscheidungsfindung gesagt. Ich zog das blinde Gottvertrauen vor. Auch wenn ich von meinem Naturell her eher lange brauche, um in Zweifeln zu einem klaren Ergebnis zu kommen, in der Frage der Bischofsweihen hatte ich eine ruhige, klare Gewissheit, die mich nie verlassen hat.

Etwa eine Woche vor den Bischofsweihen nahm ich telephonischen Kontakt mit Eduard Kamenicky auf, meinem geistlichen Vater. Er bestärkte mich und stellte mir den Glauben Abrahams vor Augen, der seine Heimat verließ, ohne zu wissen, wohin der Herr ihn führen würde. Zwanzig Jahre später muss ich sagen: Auch wenn mein Glaube längst nicht so groß war und ich eher skeptisch in die Zukunft blickte: Es hat geklappt! Keine Sekunde habe ich meinen Schritt bereut, und große Dankbarkeit gegenüber der Führung Gottes erfüllt mich.

Gerade weil ich dieses Glück auch meinen Mitbrüdern aus der Piusbruderschaft wünsche, bete ich für ihre Rückkehr und warne vor der Fortsetzung ihres Weges. Meine Kritik ist nicht Ausdruck der Missgunst, sondern des Gegenteils. Wie sehr sich die Piusbruderschaft verrannt hat, zeigt das Interview, das Bischof Tissier de Mallerais der Zeitschrift “Fideliter” gegeben hat und das am 10. Dezember 2008 auf der deutschsprachigen Website der Piusbruderschaft veröffentlicht wurde. Auf die Frage, welche Herausforderungen die Priesterbruderschaft und ihre Gläubigen in den nächsten Jahren annehmen müssten, antwortete er:
“Zuallererst unser Durchhalten in der Zurückweisung der Irrlehren des Zweiten Vatikanischen Konzils, zweitens unsere Stärke im Ablehnen jeder ‘Versöhnung’ mit dem besetzten Rom.”

Der zweite Punkt ist das Gegenteil der Haltung des Erzbischofs zu jener Zeit, als ich in die Piusbruderschaft eingetreten bin.

Der Vorwurf der Häresie an das Zweite Vatikanische Konzil ist neu. Zu meiner Zeit wurde das von P. Schmidberger noch ausdrücklich abgelehnt. Im selben Interview spricht Tissier “von schwerwiegenden Irrlehren von Papst Benedikt XVI.” Jegliche Einigung lehnt er ab, weil es sich bei der heutigen Kirche mit Benedikt XVI. an der Spitze um eine Parallelkirche handele, “die neue Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils”, die sich durch “das Fehlen jeglicher Religion” auszeichne. Nach ihm muss heute wohl der alte Grundsatz “Ubi Petrus, ibi Ecclesia” geändert werden in: “Wo Petrus, dort die Parallelkirche”. Wenn er von dieser Kirche getrennt bleiben will, ist dies nur eine andere Umschreibung des schismatischen Tatbestandes. Man kann nicht gleichzeitig das Schisma leugnen und die Trennung befürworten. Als Ausflucht dient dann nur noch die Unterscheidung zwischen dem wahren und dem besetzten Rom, eine Unterscheidung, die der traditionellen Ekklesiologie fremd ist und mit der man nun sein dialektisches Spiel treibt: Man behauptet die Einheit mit dem Papst, weil er Papst ist, und man lehnt die Einheit mit ihm ab, weil er ein Irrlehrer sei. Das erste tut man mit den Lippen, das zweite in der Tat. Man nennt sich katholisch und verhält sich schismatisch. Man betrachtet die Exkommunikation als Ehre, fordert aber ihre Aufhebung. Man möchte die Vorteile der Unabhängigkeit von Rom, nicht aber die Nachteile des Schismas. Kurz: Man will die Kuh gleichzeitig melken und schlachten.

Alle diese künstlichen Konstruktionen sind vollkommen unvereinbar mit der traditionellen Theologie. Wer der Tradition treu bleiben will, kann es heute innerhalb einer solchen Piusbruderschaft nicht mehr tun.

Wenn Rom die Exkommunikation aufhebt, ist dies kein Akt der Gerechtigkeit, sondern der Barmherzigkeit. Zweifellos geht es dem Papst in erster Linie um die Gläubigen, die Opfer der heutigen Verwirrung sind und denen gegenüber er seine väterliche Verantwortung als oberster Hirte der Kirche wahrnehmen will. Er wartet nicht wie der Vater im Gleichnis vom verlorenen Sohn darauf, dass der Sohn von selber zurückkommt, sondern geht dem verlorenen Schaf nach, um es aus den Dornen zu retten, und nimmt dabei auch eigene Verletzungen in Kauf, indem er die Kritik und Verkennung, die ihm nun von vielen Seiten drohen, erduldet. Ob wenigstens seitens der Piusbruderschaft die verletzende Kritik und die Beschädigung der päpstlichen Autorität aufhören wird? Wird sie eine ähnliche Größe zeigen wie Papst Benedikt XVI.? Diese Größe würde nicht in Triumphgeheul bestehen, sondern in demütiger Beschämung angesichts der großmütigen Geste des Papstes und in der Distanzierung in Wort und Tat von den unsäglichen Äußerungen aus den eigenen Reihen.

Der Kampf um den Glauben ist seit meiner Jugend zum Thema meines Lebens geworden. Heute steht der innerste Kern des Glaubens auf dem Spiel, der Glaube an die Gottheit Christi. Mit seinem Jesusbuch, das die Wurzel der heutigen Glaubenskrise anpackt, hat der Papst mehr zur Stärkung des Glaubens beigetragen als die Piusbruderschaft mit all ihrer Polemik gegen den Papst. Nicht Abkapselung ist das Gebot der Stunde, sondern Vernetzung im Dienst der Neuevangelisierung. Der Papst schreibt: “Es ist dringend notwendig, dass eine neue Generation von Aposteln entsteht, die im Wort Christi verwurzelt sind und bereit, überall das Evangelium zu verkünden.” Die Vernetzung soll die Kräfte bündeln und jedem in einem Spektrum von Apostolatsmöglichkeiten - angefangen vom Gebetsapostolat über das Schriftenapostolat bis zur Internetevangelisation - ein Feld anbieten, wo er seine Talente und Fähigkeiten für die Neuevangelisierung einsetzen kann.


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