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Themen68er |
Dossier über die Aufhebung der Exkommunikation Mit Dekret vom 21. Januar 2009, veröffentlicht am 24. Januar, hob Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der Bischöfe Bernard Tissier de Mallerias, Richard Williamson, Alfonso de Galarreta und Bernard Fellay auf, welche dieselben sich zugezogen hatten, als sie sich am 30. Juni 1988 gegen das Verbot des Papstes von Erzbischof Marcel Lefebvre zu Bischöfen weihen ließen. Volle Einheit? “Ob die Aufhebung der Exkommunikationen schon bedeutet, dass die volle Einheit zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und der Kirche wiederhergestellt ist, wage ich nicht zu behaupten. Denn auch die Exkommunikation des Patriarchen von Konstantinopel hat schon Papst Paul VI. aufgehoben, was nicht heißt, dass seither die volle kirchliche Einheit mit der Orthodoxie besteht. Was die Aufhebung der Exkommunikationen in diesem Fall bedeutet, ist also noch nicht klar.” Robert Spaemann in einem Gespräch mit Benjamin Greschner, dem Chefredakteur von kathnews, am 23. Januar, ein Tag vor der Bekanntgabe. Offizielle Presseerklärung der Priesterbruderschaft St. Petrus Freiburg (CH), den 24. Januar 2009: Seit ihrer Gründung bezeugte die Priesterbruderschaft St. Petrus ihre Anhänglichkeit sowohl an den Hl. Stuhl als auch an die Tradition der Kirche, indem sie inständig um eine Versöhnung der Bruderschaft St. Pius X. mit Rom betet. In dieser Stunde schließt sich die Priesterbruderschaft St. Petrus dem Wunsch des Hl. Stuhles an, „dass diesem Schritt nun eine umgehende Verwirklichung der vollen Gemeinschaft mit der Kirche seitens der ganzen Bruderschaft St. Pius X. folge, auf dass die wahre Treue und Anerkennung des Lehramtes und der Autorität des Papstes mit dem Beweis der sichtbaren Einheit bezeugt werde“ (aus dem Dekret der Bischofskongregation vom 21. Januar 2009). Die Priesterbruderschaft St. Petrus bringt ihre große Dankbarkeit gegenüber dem Hl. Vater zum Ausdruck. Sie sieht in dieser großzügigen Geste einen Aufruf zur Einheit aller Katholiken, gegenüber allen Widersprüchen unserer Zeit das Königtum Jesu Christi in der Welt auszubreiten. FSSPX: Wie geht es weiter? "... Die Priesterbruderschaft muss den Glauben der Kirche in vollem Umfang bejahen und die Konsequenzen daraus ziehen, dass der Papst nicht nur das Prinzip der Glaubenseinheit, sondern auch der disziplinären Einheit verkörpert. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zum Konzil sagen: Ich halte es für töricht, das Zweite Vatikanum gänzlich oder teilweise zu verwerfen. Das Konzil ist gültig. Die Gültigkeit hindert niemanden daran, einzelne Texte ungenau oder unglücklich zu finden. In diesem Fall gilt es, die Schwächen rational aufzuzeigen und zur Klarstellung beizutragen. Auf keinen Fall darf man das Konzil und die nachkonziliare Bewegung gleichsetzen. Nach dem Konzil ist vieles geschehen, woran die Konzilsväter nicht imTraum gedacht haben." Welche Antwort der Priesterbruderschaft auf die Versöhnungsgeste des Heiligen Vaters wäre aus Ihrer Sicht angemessen? "Die Priesterbruderschaft soll dem Papst vertrauen. Nach den weitgehenden Zugeständnissen, die er gemacht hat, ist es eine Pflicht der Dankbarkeit und eine Forderung der Vernunft, mit ihm zu einer Beendigung der irregulären Situation der Bruderschaft zu kommen. Ich sehe in der Aufhebung der Exkommunikation einen Akt der Selbstentäußerung des Heiligen Vaters, denn es ist fraglich, ob die ansonsten erforderlichen Voraussetzungen für einen Strafnachlass wirklich vorgelegen haben. Die Konsequenz sollte sein, dass sich die Bischöfe der Priesterbruderschaft der kirchlichen Rechtsordnung ohne Einschränkung unterstellen. Man kann nicht vollberechtigtes Glied der Kirche und des Klerus sein wollen, ohne die entsprechenden Pflichten zu übernehmen." Der emeritierte Mainzer Kanonist Prof. Dr. Georg May in einem Interview mit Regina Einig in der Tagespost vom 27. Januar 2009. Diener der Einheit “Herr, lass das Netz nicht reißen, und hilf uns Diener der Einheit zu sein”, heißt es in der Erklärung, die der Papst heute gegen Ende der Generalaudienz verlesen hat, um seine Motive zu erläutern, die ihn dazu bewogen, den Nachlass der Exkommunikation den vier Bischöfen zu gewähren, die 1988 von Erzbischof Lefebvre ohne päpstlichen Auftrag geweiht worden waren. Den vollständigen Wortlaut kann man sich auf einem Video anhören, das der Vatikan auf seinem Channel bei youtube veröffentlicht hat. Gegen ungerechte Vorwürfe hat Angelo Kardinal Bagnasco, der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, den Papst am 26. Januar verteidigt: “Leider hat es in letzter Zeit nicht an Reserven einiger Vertreter der italienischen Rabbinerkonferenz gefehlt. Sie haben dieses Jahr auch nicht am ,Tag des Dialogs zwischen Katholiken und Juden’ teilgenommen, der in Italien und einigen anderen Ländern begangen worden ist. Wir wünschen uns, dass diese Schwierigkeiten bald überwunden werden; gleichzeitig können wir aber auch die ungerechten Worte über das Handeln von Papst Benedikt XVI. nur verurteilen.” Stimmen zu den Vorgängen um die Piusbruderschaft "Schon Paul VI. in seinen letzten Amtsjahren und Johannes Paul II. waren sich bewusst, dass die Folgen der gutgemeinten Liturgiereform nach dem Konzil, vor allem jedoch das faktische Verbot der „Tridentinischen Messe“ - ob ganz auf Latein oder mit Passagen, wie den Lesungen aus der Bibel, in der Muttersprache - ein Fehler war. Aber auch die deutschen Bischöfe unter dem damaligen Münchner Kardinal Döpfner als Vorsitzendem der Konferenz (1965 bis 1976) und einflussreichem Konzils-Moderator waren so begeistert von ihrem Reformwerk, dass sie jede Kritik daran als Angriff auf den einzig wahren „konziliaren“ Weg der Kirche in die Zukunft verstanden." "Die vier lefebvrianischen Bischöfe wurden seinerzeit wegen ihrer rechtswidrigen Bischofsweihe vom Papst exkommuniziert. Die Aufhebung dieser Exkommunikation durch Papst Benedikt XVI. kann und darf nicht als Billigung der Äußerungen eines dieser Bischöfe - des Briten Richard Williamson - über den nationalsozialistischen Massenmord an Juden verstanden werden. Von diesem Bischof haben sich u.a. sowohl der vatikanische Mediensprecher P. Federico Lombardi SJ und Kardinal Walter Kasper, Vorsitzender der vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, als auch der deutsche Obere der lefebvrianischen Priesterbruderschaft, Franz Schmidberger, sogleich öffentlich distanziert...” "Williamsons Äußerungen haben Sie als „Schlag ins Gesicht des Heiligen Vaters“ bezeichnet. Aber hätte der Papst nicht auf eine Aufhebung der Exkommunikation verzichten sollen, solange der Geistliche bei seiner Holocaust-Leugnung bleibt? “Es gibt ein Sprichwort im Deutschen: Wenn man vom Rathaus zurückkommt, ist man immer gescheiter. Niemand kann immer alle Details des Kontextes überschauen, aber es sind grundsätzlich zwei völlig verschiedene Vorgänge. Die Aufhebung dieser Exkommunikation ist ein erster Schritt eines vermutlich längeren Prozesses, ein Schritt um psychologische oder auch juristische Hemmnisse für den Dialog mit dieser Bruderschaft Pius X. aufzuheben. Wir hier sind für die Einheit der Kirche, also auch für die Einheit mit dieser Bruderschaft. Der Philosoph Robert Spaemann hat, wie kathpress berichtet, die lefebvrianischen Bischöfe zur Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils aufgefordert. Nach wie vor seien sie suspendiert. “Um mehr zu erreichen, müssen sie differenzierter an die Erklärungen des Konzils herangehen.” Die Neue Zürcher Zeitung NZZ erinnerte am 27. Januar in einem Kommentar daran, dass die Aufhebung der Exkommunikation nicht das bischöfliche Amt betreffe. “Rehabiliert wurde Williamson als gewöhnlicher Katholik, nicht als ein vom Papst beauftragter Bischof und schon gar nicht als Holocaust-Leugner.” “Israels Botschafter beim Heiligen Stuhl, Mordechai Lewy, begrüßte Benedikts Erklärung dagegen ausdrücklich. Sie kläre vieles und helfe, Missverständnisse zu überwinden. Benedikt sei in Israel willkommen, so wie er es zuvor gewesen sei, erklärte Lewy auf die Frage, ob die Affäre die im Mai geplante Reise Benedikts ins Heilige Land gefährde.” Papstverleumdung in der Mitteldeutschen Zeitung Aufgehobene Exkommunikation Von P. Bernward Deneke Es musste etwas geschehen, denn die Schieflage in der Angelegenheit der Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde in zunehmendem Masse unerträglich. Da schaute man über Jahrzehnte hin zu, wie in der Kirche christliche Grundwahrheiten geleugnet, der Gottesdienst seiner Würde und Schönheit beraubt, die Morallehre verdreht und die Disziplin mit Füßen getreten wurde. Und gleichzeitig sahen sich Katholiken an den Rand gedrängt, die kein Jota und kein Strichleich vom Glaubensgut aufgeben wollten. Immer wieder haben sie selbst darauf hingewiesen: Wir wollen und tun doch nur, was die Kirche immer gewollt und getan hat! Jedenfalls kann man die Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht anklagen, ein Dogma, d.h. eine verbindliche Glaubenslehre, abzulehnen; hier hinkt der oftmals bemühte Vergleich mit den sogenannten Altkatholiken, die sich nach dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869-70) von der Kirche trennten, weil sie Primat und Unfehlbarkeit des Papstes nicht annehmen wollten. Nein, davon kann bei der Priesterbruderschaft nicht die Rede sein. Was man ihr vorwarf, war vielmehr die heftige Reaktion zuweilen auch Überreaktion auf wirklich schwerwiegende Missstände, die oft zu harsche und unerleuchtete Weise, mit "dem Konzil“ und seinen Folgen ins Gericht zu gehen, die offenen und scharfen Anklagen an die Adresse der letzten Päpste und die Maßnahme der unerlaubten Weihe von vier Bischöfen im Jahr 1988 durch Erzbischof Lefebvre. Diese zog die Exkommunikation für Weihende und Geweihte nach sich und zementierte das Zerwürfnis. Aber auf Dauer war das kein Zustand. Immer mehr Gläubige aus dem Umkreis der Bruderschaft beteten gemeinsam mit deren Priestern um eine Lösung. Zuletzt baten die vier Bischöfe auch ausdrücklich in Rom darum. Und Papst Benedikt XVI. hat den beherzten Schritt ihnen entgegen unternommen, indem er die rechtsgültige Exkommunikation aufhob und damit den Weg für eine Wiedervereinigung eröffnete. Ja, es ist noch immer ein Weg zurückzulegen, das muss bei aller Freude über diese Neuigkeit doch auch gesagt sein. Denn mit der Wegnahme der Exkommunikation sind keineswegs alle Hindernisse beseitigt, so dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. nun kirchlich anerkannt und ganz in das Gefüge der Kirche eingebettet wäre. In seiner Ansprache vom 28. Januar hat das der Heilige Vater anklingen lassen: "Ich habe diesen Akt der väterlichen Barmherzigkeit gesetzt, weil diese Bischöfe mir wiederholt ihr tiefes Leiden an der Situation bekundeten, in der sie sich befanden. Ich wünsche, dass auf diese meine Geste das umgehende Bemühen von ihrer Seite folgt, die weiteren notwendigen Schritte zu setzen, um die volle Einheit mit der Kirche zu verwirklichen. Auf diese Art sollen sie echte Treue und echtes Anerkennen des Lehramtes und der Autorität des Papstes und des Zweiten Vatikanischen Konzils bezeugen.“ Zur Klärung der Situation soll hier Georg May, der ehemalige Professor für Kirchenrecht an der Universität Mainz, zu Wort kommen. Er ist einer der profiliertesten und prominentesten Kämpfer für den überlieferten Glauben und die "Alte Messe“, geht also in vielem mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. einig. In einem Interview für "Die Tagespost“ (27.1.09) stellt er heraus, dass die Aufhebung der Exkommunikation "allein die Person der vier Bischöfe“ betrifft. Diese sind jetzt zwar "Bischöfe in der Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl“, doch befinden sie sich weiterhin solange in illegalem Status, "als die Bruderschaft nicht nach geltendem Kirchenrecht strukturiert ist.“ Von "erheblichen Meinungsverschiedenheiten“ spricht May auch im dogmatischen Bereich. Er hält es "für töricht, das Zweite Vatikanum gänzlich oder teilweise zu verwerfen. Das Konzil ist gültig. Die Gültigkeit hindert niemanden daran, einzelne Texte ungenau oder unglücklich zu finden. In diesem Fall gilt es, die Schwächen rational aufzuzeigen und zur Klarstellung beizutragen.“ In Fragen der Disziplin sieht der Kirchenrechtler noch manches, was „der vollen Integration“ entgegensteht. Daher folgert er: "Die Konsequenz sollte sein, dass sich die Bischöfe der Priesterbruderschaft der kirchlichen Rechtsordnung ohne Einschränkung unterstellen. Man kann nicht vollberechtigtes Glied der Kirche und des Klerus sein wollen, ohne die entsprechenden Pflichten zu übernehmen.“ Als Papst Paul VI. und Athenagoras, Patriarch von Konstantinopel, am 7. Dezember 1965 die gegenseitige Exkommunikation aufhoben, schien es vielen, das Morgenländische Schisma vom Jahr 1054 sei nun beendet, die Einheit der römisch-katholischen Kirche mit der Orthodoxie wiederhergestellt. Leider jedoch ist dieses Ziel bis heute nicht erreicht worden. Beten wir daher hoffnungsvoll darum, dass es zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und Rom wesentlich schneller gehe. Denn die krisengeschüttelte Kirche soll und will auf diese Priester und Gläubigen nicht verzichten! Dem Papst geht es um die Gläubigen Von P. Engelbert Recktenwald Die Zentralschweiz am Sonntag, die Sonntagszeitung für die Kantone Luzern, Zug, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri, veröffentlichte in der Ausgabe vom 1. Februar 2009 auf ihrer Meinungsseite zwei Stellungnahmen zur Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. Die Contra-Seite übernahm der Präsident des israelitischen Gemeindebundes in der Schweiz Herbert Winter. Für die Pro-Seite war ich von der Redaktion angefragt worden. Meine Stellungnahme möchte ich nun auch auf kath-info veröffentlichen. Die in Rot gesetzten Zusätze waren in der Printausgabe weggefallen. Dem Papst geht es um die Gläubigen In der Folge projizierte Bischof Lefebvre - dessen Vater übrigens von den Nazis umgebracht wurde - den Traditionsbruch auf das Konzil und fühlte sich bestätigt durch jene, die sich für den Traditionsbruch auch noch auf den Geist des Konzils beriefen. Angesichts der Alternative “Treue zum Glauben” oder “zum Papst” entschied er sich für Erstere. Statt nun im Dialog die Neuerungen des Konzils als legitime Fortentwicklung der kirchlichen Lehre plausibel zu machen, antwortete Papst Paul VI.mit disziplinären Maßnahmen: ein Vorgehen, das selbst Hans Küng damals [scharf] kritisierte: [“Keine Inquisition gegen Ecône!”] Wenn nun Benedikt XVI. das Versäumte nachholen und den Dialog fördern will, hat er es schwerer, weil der Druck zur Selbstrechtfertigung die Bruderschaft in radikalere Positionen getrieben hat. Er will Vertrauen schaffen und die Rückkehr einer in ihren Positionen geläuterten Bruderschaft ermöglichen. Als Anfang eines weiteres Verständigungsprozesses begrüße ich die Aufhebung der Exkommunikation. Die Generation Benedikt verteidigt den Papst Es zeugt von gedanklicher Jugend und Modernität, im Fall der Pius-Bruderschaft nicht um jeden Preis an bestehenden Regelungen festzuhalten, sondern die Einheit der Kirche im Blick eine Einladung zur Wiederaufnahme auszusprechen. Der Heilige Vater hat dazu erklärt, dass es sich bei der Aufhebung der Exkommunikation um den Startpunkt eines langen Weges der Pius-Bruderschaft zurück in die Kirche handelt. Er erwarte die Klärung ausbleibender Punkte. Der Heilige Vater und sein Ansinnen müssen dagegen verteidigt werden, in die gerechtfertigte Kritik an den erschreckenden Äußerungen von Bischof Williamson einbezogen zu werden. Der Papst kann nicht für die Äußerungen einzelner Mitglieder der Kirche verantwortlich gemacht werden. Dem Heiligen Vater als Oberhirte der Kirche lag die Einheit mit den über 600.000 katholischen Laien der Pius-Bruderschaft am Herzen. An einem Austausch oder gar einer Eingliederung von Ideen wie denen des Bischofs Williamson ist Papst Benedikt XVI. nicht interessiert. Er verurteilt diese selber aufs Schärfste, wie es für jeden wirklich Interessierten und wahrhaftig und fair arbeitenden Journalisten nachzulesen ist. Aus einer Stellungnahme der Generation Benedikt, die am 2. Februar veröffentlicht wurde. Den vollständigen Wortlaut kann man auf ihrer Website nachlesen. Klarstellungen der Priesterbruderschaft St. Pius X. “Geistlicherweise sind wir alle Semiten”, sagte laut Kathpress der Generalobere der Piusbruderschaft Bernard Fellay in einem Interview mit der französischen Zeitschrift Famille chretienne. Er machte sich damit einen berühmten Ausspruch von Pius XI. zu eigen und verwies auf das Beispiel des hl. Paulus, der sagte: “Wir sind Kinder Abrahams.” In einem Interview mit der Passauer Neuen Presse sagte er im Blick auf die Aussagen von Bischof Williamson: “Da bitte ich um Entschuldigung, vor allem diejenigen, die dadurch verletzt worden sind und ganz besonders das jüdische Volk.” P. Stefan Frey hat Bischof Richard Williamson, der für die Diakonatsweihen am 30. Mai in Zaitzkofen, dem deutschsprachigen Priesterseminar der Piusbruderschaft im Kreis Regensburg, vorgesehen war, ausgeladen: “Wir haben ihm mitgeteilt, dass wir ihn hier nicht mehr sehen wollen”, sagte er zu FOCUS. Solidarität mit dem Papst Auf der französischen Website von Eucharistie Miséricordieuse kann man sich einer Solidaritätskundgebung an den Papst anschließen. Auf einer weiteren Website kann man einen Brief zur Unterstützung des Papstes online unterschreiben. Der Brief ist in sieben Sprachen wiedergegeben: in französisch, englisch, spanisch, deutsch, italienisch, portugiesisch und polnisch. Sie sammelte bereits am ersten Tag (2./3.Februar) 10.000 Unterschriften, mit denen Katholiken ihre Solidarität mit dem Heiligen Vater ausdrücken. Später kamen vier weitere Sprachen dazu. Ende Februar gab es knapp 48000 Unterschriften. Überwindbare Krise Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat aufgrund des Eklats erklärt, es sei eine neue Eiszeit im Verhältnis zur katholischen Kirche ausgebrochen. Teilen Sie diese Meinung? Haben Sie jemals wirklich geglaubt, dass Papst Benedikt XVI. der Dialog mit dem Judentum kein wichtiges Anliegen sei? Aus einem Interview, das Gabi Fröhlich von der KNA mit Rabbi David Rosen führte, dem Vorsitzenden des Internationalen Jüdischen Komitees für Interreligiöse Beratungen (IJCIC) und beratenden Mitglied der Kommission des israelischen Oberrabbinats für die Beratungen mit dem Vatikan, in der Tagespost veröffentlicht am 31. Januar. Munteres Papst-Bashing Während sich das Papst-Bashing vor allem in Deutschland zu einem wahren Furor Teutonicus steigert, mehren sich die Stimmen, die die Kritiken kritisch hinterfragen. Gustav Seibt erinnert in der Süddeutschen Zeitung vom 3. Februar daran, dass der Papst keine Konsensverpflichtung gegenüber der globalen Öffentlichkeit, sondern nur gegenüber “Kern und Überlieferung seiner Glaubenslehre” habe. “Diese historischen, einer modernen Gesellschaft zutiefst fremden Bedingungen der Papstkirche sollte sich auch die liberale Öffentlichkeit immer wieder vor Augen rücken. Die radikale Zeitgeistbremse, die darin eingebaut ist, bedeutet auch eine Sicherung gegen Abirrungen gefährlichster Art, wie sie vor allem im frühen zwanzigsten Jahrhundert immer wieder drohten: Der Einspruch der Päpste gegen den rassistisch verschärften Nationalismus und die Behauptung der Menschenwürde gegen den Kommunismus gehören zu den großen Stunden der Kirchengeschichte ...” Ähnlich sieht es eine wahrscheinlich von Michael Charlier stammende Analyse auf der Website, die dem Motu Proprio Summorum Pontificum gewidmet ist: “Tatsächlich sind in der aktuellen Auseinandersetzung auch ein paar neue Töne aufgekommen, genauer gesagt, ein altes Motiv tritt unüberhörbar in den Vordergrund. Die säkulare Welt, vertreten durch so untadelige moralische Anstalten wie den SPIEGEL, die BILD-Zeitung, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Weltethos-Verwalter Küng, begnügt sich nicht länger damit, ihre politisch korrekten Ansichten gegen die des Papstes zu stellen, sondern sie stellt sie über Papst und Kirche: Seit Napoleons Zeiten hat ‘die Welt’ nicht mehr so demonstrativ die Unterwerfung des Papstes unter ihre Macht gefordert, wie man das in diesen Tagen beobachten kann. Exkommunikationen auszusprechen das ist heute das Privileg der Presse, und wen sie zum ‘Holocaustleugner’ erklärt, der verfällt der ewigen Verdammnis. Und nun soll sich der Papst vor ihrem ‘Weltgericht’ verantworten. Natürlich ist die Holocaustleugnung verdammenswert. Aber der springende Punkt im gegenwärtigen Papst-Bashing besteht in der Weigerung, zur Kenntnis zu nehmen, dass die vom Papst in die Wege geleitete Versöhnung mit einer Gruppe von 600.000 Katholiken nichts zu tun hat mit einer auch nur entfernten oder indirekten Billigung der Aussagen eines jener Bischöfe, deren “Begnadigung” ein Schritt auf diesem Wege ist. Das hat Joachim Kardinal Meisner in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger klargestellt: “Eine Exkommunikation ist wie auch ihre Aufhebung ein zunächst rein kirchenrechtlicher Akt ohne jede politische Absicht. Er betrifft allein theologische Aspekte. Hier ist es jetzt durch die unglaublich dummen und völlig indiskutablen Äußerungen von Bischof Williamson zu einer Verquickung gekommen, die viele nachvollziehbar irritiert und empört. Gerade deshalb aber muss man sehr genau hinsehen: Die aufgehobene Exkommunikation ermöglicht es den vier Bischöfen, nun wie katholische Laienchristen, nicht aber als Bischöfe am Glaubensleben der Kirche teilzunehmen. Damit haben sie wieder die Möglichkeit, die Sakramente zu empfangen. Dieses Anliegen bewegte das Herz des Papstes. Die weiter bestehende Suspendierung, die nur Kleriker trifft, verbietet ihnen jede Wirksamkeit als Bischöfe in der Kirche. Sie dürfen weder als Zelebranten der Messfeier vorstehen noch dürfen sie die Sakramente spenden. Das Aufsehen um das Williamson-Interview hat leider das eigentliche Anliegen des Papstes, der Einheit der Kirche zu dienen, überlagert.” Weitere Stimmen: Guido Horst in der Tagespost vom 3. Februar: Der Gute Hirte Benedikt XVI. “ist dem guten Hirten gefolgt, als er seine Herde kurz in den Bergen stehen ließ, um ein einziges verirrtes Lamm zu retten, das irgendwo in den Dornen hängen geblieben war und zu verloren gehen drohte. Das mag vielleicht kaum noch nachvollziehbar sein. Gewiss ist der Schritt auch völlig medieninkompatibel. Genuin christlich ist er dennoch und zeigt das ureigene Profil der Kirche wahrscheinlich mehr und aufreizender auf als viele gefälligere Schritte. BenediktXVI. hat getan, was er tun musste und das ist gut so.” Paul Badde in der Welt-Online vom 1. Februar zur Aufhebung der Exkommunikation. Angelas Idee Auf der Internetpräsenz der Welt gibt es eine Online-Umfrage, die danach fragt, ob es eine gute Idee von Angela Merkel war, sich in die Holocaust-Debatte einzuschalten und vom Papst eine Klarstellung zu fordern. Die Meinungslage: Nur 35 % der Abstimmenden halten diese Idee für gut, 65 % meinen, dass sie sich nicht einmischen solle. Das war der Stand am 5. Februar bei 4893 abgegebenen Stimmen. Moritz Schuller meinte übrigens zur Einmischung der “Königin der Klarstellung” im Tagesspiegel vom 4. Februar 2009: “Vor allem ist kaum zu erkennen, wie der Papst den Wunsch der Kanzlerin überhaupt erfüllen könnte. Merkel sagt, Papst und Vatikan müssten ‘eindeutig klarstellen, dass es keine Leugnung des Holocaust geben darf’. Der Holocaust wird überall auf der Welt geleugnet, immer wieder, heutzutage vor allem von Horst Mahler und Mahmud Ahmadinedschad. Mahler wird dafür in Deutschland verurteilt, mit Ahmadinedschad macht Deutschland gern Geschäfte.” Unterschlagene Taten und verkannte Absichten “Vergangene Woche wurde in Würzburg ein Weihbischof ernannt, der damit bekannt wurde, dass er seine Glocken gegen Neonazi-Aufmärsche hat läuten lassen. Das wird nicht erwähnt. Aber es ist derselbe Papst, der für diesen Bischof steht.” “Der Papst wollte versöhnen, er wollte doch nicht beleidigen, er wollte doch keinen Angriff machen und schon gar nicht gegen die Juden. Das liegt ihm doch total fern. Das muss man doch sehen. Wenn man ein bisschen die Augen aufmacht, ein bisschen lesen und schreiben kann, weiß man doch, dass der Papst und dass der Vatikan eine ganz klare Position zur Frage des Holocaust hat.” Eine Welle der Solidarität Forum deutscher Katholiken: Pro Missa Tridentina, Una Voce Deutschland und Pro Sancta Ecclesia: Das Priesternetzwerk: Das Opus Dei Ja zu Benedikt: Auf die Stellungnahme der Generation Benedikt habe ich bereits hingewiesen. Positives Pontifikat “In seinen vier Jahren ist der Papst doch nicht nur den Lefebvre-Leuten entgegengekommen. So vielen hat er die Hand gereicht, in alle Richtungen: sogar den chinesischen Parteibischöfen - einfach um sie zusammenzuführen mit der moralisch ja überlegenen Untergrundkirche. Und er hat Hans Küng die Hand gereicht, als einem der Ersten in seinem Pontifikat. Wenn Medien-Staatsanwälte auf schuldig plädieren, braucht es doch auch Verteidiger, die Fehler einräumen, aber auch das unendlich Positive dieses Pontifikats benennen.” Was unterschlagen wird “Jetzt wird die Regensburger Rede gegen den Papst wieder in Stellung gebracht [bis hin zur Verleumdung des Papstes]. Nicht gesagt wird, dass diese Rede zur Rede des Jahres 2006 erklärt wurde. Nichts gesagt wird von dem großartigen Empfang, den Benedikt XVI. in der Türkei fand. Nichts liest man von dem türkischen Journalisten, der den Papst vorher scharf kritisierte, und nach dem Türkei-Besuch schrieb: Ich liebe diesen Papst.” Prälat Arnold Poll in einer Zuschrift an die Tagespost, erschienen am 5. Februar. Des Papstes Pointe Die TAZ ist zwischendurch immer wieder für eine positive Überraschung zu haben. Heute erschien eine bemerkenswert differenzierende Analyse der gegenwärtig auf Hochtouren laufenden Kritik an Papst Benedikt XVI., die trotz einiger Fehler im Detail auf eine Verteidigung des Papstes gegen einige Vorwürfe und auf die Verneinung der Frage, ob “die ganze Amtszeit Benedikts” eine “Abfolge von Skandalen” sei, hinausläuft. Der Autor ist Rudi Thiessen, Religions- und Sozialwissenschaftler in Berlin. Er kommt auf die umstrittene Karfreitagsfürbitte ebenso zu sprechen wie auf die Regensburger Rede des Papstes. Zu diesem Punkt zitieren wir den entsprechenden Passus: “Natürlich wurde sofort seine Regensburger Vorlesung von 2006 erinnert, worin er einen byzantinischen Geistlichen aus dem 15. Jahrhundert zitierend, die islamische Welt beleidigt habe. Bei genauer Lektüre ging es Benedikt um die Ächtung eines jeden heiligen Krieges und eines jeden religiös motivierten Mordes und Terrors. Die Pointe dabei war, dass solche Taten gotteslästerlich, weil vernunftwidrig seien. Die Vernunft jedoch sei den Menschen von Gott gegeben, und deshalb seien sie ihr verpflichtet. Natürlich sei das einer rationalistisch, instrumentalistisch verkürzten Vernunft nicht mehr zugänglich und so plädierte der Papst für einen Vernunftbegriff, wie ihn in der deutschen Philosophie zuletzt Max Horkheimer und Theodor W. Adorno vertraten. Merkel und Friedman “Jeder bläst in jenes Horn, das dem Mund am nächsten ist. Die Kanzlerin blamierte sich durch ihr hochwohlmögendes Getöse als hätte Benedikt XVI. nicht bereits dutzendfach die Gräuel der Shoah verurteilt, zuletzt am Mittwoch vor Merkels Solo-Show. Michel Friedman blamierte sich unterdessen durch eine auch in diesem Fall hochtourige Rede, innerhalb derer er den Papst einen Lügner und Heuchler nannte und schrill eine unverrückbare Eindeutigkeit in moribus einklagte als lägen des Moralisten eigene unmoralische Verwicklungen schon Jahrzehnte zurück.” Aus: Alexander Kissler, Papst-Debatte: Die Kanzlerin und ihr Patient, in: ef-online von heute Wille zur Aussöhnung "Ich habe aber festgestellt, dass die Aufhebung der Exkommunikation insofern gute Früchte hat, als Bischof Fellay sich so klar geäußert hat und so sehr auf Seiten des Heiligen Vaters steht wie bisher noch nicht. Auch Pater Schmidberger hier in Deutschland hat sich ähnlich vernehmen lassen. So dass ich mir vorstellen könnte, dass doch ein sehr großer Teil der Piusbruderschaft auf jeden Fall jetzt auch eine vollkommene Aussöhnung mit dem Heiligen Stuhl und eine Regelung der Situation suchen wird. Ich glaube, dass Bischof Fellay da wirklich Führung übernommen hat ist ein neues Element, was sehr wichtig ist. Ich denke auch, dass die Mehrzahl der Gläubigen und der Priester, wenn sie in die Richtung geführt werden, eigentlich eine Aussöhnung mit Rom und eine vollkommene Ordnung der Situation wollen." Propst Gerald Goesche, Leiter des Instituts St. Philipp Neri in Berlin, im Interview mit Gudrun Sailer von Radio Vatikan. Benedikt und die Tradition: Französischsprachiges Video Das französische katholische Fernsehen KTO, ein Sender der Diözese Paris, hat anläßlich der Aufhebung der Exkommunikation am 5. Februar eine neunzigminütige Diskussionsrunde zum Thema Benedikt XVI. und die Tradition ausgestrahlt. An der Diskussion unter der Moderation von Philippine de Saint Pierre und Samuel Pruvot beteiligten sich der Pressesprecher der französischen Bischofskonferenz Bernard Podvin, Christoph Geffroy, Chefredakteur von La Nef, P. Philippe Piron von der Abtei Sainte-Anne de Kergonan, P. Jean-Robert Armogathe, Philosoph und Direktor der Zeitschrift Communio, Jean-Pierre Denis von der Zeitschrift La Vie, und P. Vincent Ribeton FSSP, Distriktsoberer der Priesterbruderschaft St. Petrus in Frankreich (Bild). Eingeblendet wurde auch ein Interview mit P. Alain Lorans von der Priesterbruderschaft St. Pius X. Tragische Rettung Ein flammendes Plädoyer für den Papst hat Martin Mosebach in der Spiegel-Ausgabe vom 9. Februar 2009 unter dem Titel Der Leib der Kirche. Warum der Papst tun musste, was er tat veröffentlicht. Angesichts der “empörten Verständnislosigkeit”, auf die die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfe gestoßen sei, klärt Mosebach zunächst darüber auf, was denn überhaupt im katholischen Verständnis ein Bischof ist und was eine Exkommunikation. Letztere ist kein Parteiausschluss, der nach politischen Kategorien beurteilt werden dürfte. “Zu Recht hat man die Exkommunikation als politisches Druckmittel, wie sie im Mittelalter oft angewandt wurde, verurteilt; die jüdische Philosophin Simone Weil nannte solche Exkommunikationen eine Todsünde der Kirche.” Die Kirche sei eine Gemeinschaft der Sünder. Deshalb würden Sünder nicht aus der Kirche ausgeschlossen, und eine Aufhebung der Exkommunikation bedeute umgekehrt keine moralische Anerkennung. Das Motiv hinter der Entscheidung des Papstes vermutet Mosebach in der den Papst “quälenden Vorstellung”, “diese Bischöfe könnten in ihrer Isoliertheit der Versuchung erliegen, das Schisma zu perpetuieren und weitere Bischöfe zu weihen. Die Sakramente bilden das Herz der Kirche; die Gefahr, dass über sie dauerhaft unter Bruch der Einheit verfügt würde, muss den Papst außerordentlich beunruhigt haben.” Ein weiteres Motiv dürfte ein therapeutisches gewesen sein, um der “wachsenden krankhaften Verengung der Geister” zu begegnen, die die geistige Atmosphäre in der Piusbruderschaft präge. Doch nicht nur bei Letzterer sieht Mosebach die Schuld an jener Verengung, sondern auch im Verhalten der Ortskirchen: “Die Piusbruderschaft wurde perfekt abgeschottet; an den Diskussionen der diskussionsfreudigen nachkonziliaren Kirche durfte sie nicht mehr teilnehmen.” Gerade die sich aus einer solchen Abschottung ergebende Gefährdung hätte für einen verantwortungsvollen Priester genügt, sich um sie zu kümmern. Doch der Einzige, so darf man Mosebach ergänzen, der das tat, war der Papst, und gerade das wurde und wird ihm von vielen Bischöfen übelgenommen. Doch Tragik spitzt sich für Mosebach noch durch den Umstand zu, dass gerade die Piusbruderschaft die einzige Gruppe war, die sich “die Bewahrung des größten Schatzes der Kirche zur Aufgabe gemacht hatte.” Damit meint er die überlieferte Liturgie, deren Bedeutung für die Kirche er nun beschreibt. “Diese große Form der Liturgie wurde durch die radikale Messreform Papst Pauls VI., ein in der Kirche bis dahin nicht erlebter Eingriff, aufgeweicht; sie zerfiel in tausend Improvisationen.” Mit seinem “Nein zu einem für die Kirche hochgefährlichen Zerfallsprozess” sei “Lefebvre in die Kirchengeschichte eingegangen”. Mit der Freigabe der überlieferten Liturgie sieht Mosebach die historische Aufgabe der Piusbruderschaft, nämlich das Sanctissimum der Kirche über die Krisenzeit hinüberzuretten, abgeschlossen. Mit der Aufhebung der Exkommunikation habe der Papst gerade der Konzilstheologie entsprochen. Die Ziele, die er verfolge, nämlich “die Wiederherstellung des sakralen Gesichts der Kirche” und ihrer “liturgischen Identität”, sei der säkularen Mehrheit fremd. Man könne nicht ausschließen, dass die Intoleranz gegenüber einer Korporation, die unter einem anderen Gesetz stehe, zunehme bis zu einem Ausmaß, wie es unter Bismarck geherrscht hatte. Benedikt XVI.: Ein Papst der Versöhnung “Aus meinen Vorlesungen beim Regensburger Dogmatiker Joseph Ratzinger weiß ich noch, wie sich durch seine Überlegungen wie ein roter Faden das Widerspiel von Macht und Liebe zog und dass nur die eine, die Liebe, den Menschen menschlich werden und Gott Gott sein lässt. Manchmal denke ich: Jetzt hat er im Angesicht der ihm bleibenden befristeten Zeit schier alles auf diese Karte gesetzt, um das jüngste Schisma zu heilen.” “Da ist zunächst der Papst, der allen Vorurteilen über ihn zum Trotz ein Mann des Ausgleichs und der Versöhnung ist. Schon Ratzinger war ein vorsichtiger Mann. Ein bedächtiger, der nicht vorschnell entschied. Diesen Charakterzug hat er auf der Cathedra Petri keineswegs abgelegt. Wie auch? Er gehört ebenso zu seinem Wesen wie die Sehnsucht nach Frieden und Einheit. Streit jenseits des auf der Wahrheitssuche befindlichen Intellektuellen mochte dieser fromme Mensch und gottesfürchtige Wissenschaftler noch nie. Dieser liebt vielmehr die Harmonie, das Schöne, das Gute, den Frieden. Er ist feinsinnig, sensibel, musisch begabt und aufmerksam. Und er lebt aus einem geradezu unerschöpflichen Gottvertrauen heraus. (...) Dieser Papst will die Einheit. Er will klären und versöhnen. Darin unterscheiden sich, wie man sieht, viele andere von ihm. Leider. Die so lange in Deutschland bedienten und gepflegten Klischees über Ratzinger-Benedikt bleiben auch künftig nichts als üble Verzerrungen.” “Aber jetzt muss sich zeigen, ob die Kraft der Liebe, die den Heiligen Vater bewegt, auch eine Wandlung in den Herzen vollzieht. Da mache ich kein Wahrscheinlichkeitskalkül, sondern denke: Ja, so sollte es sein. Ich glaube an die Kraft der Liebe. (...) Bewunderung und Sorge Was bedeutet für Sie als Vertreter der Petrusbruderschaft die Rücknahme der Exkommunikation der vier Bischöfe durch Papst Benedikt XVI: eher Erleichterung im Sinne der Einheit oder eher Sorge wegen der Gefahr, dass die Piusbruderschaft weiterhin die päpstliche Autorität und das II. Vatikanum nicht anerkennen könnte? Maußen: In gewisser Weise beides. Einerseits bewundere ich die große Demut des Hl. Vaters, der nichts unversucht lassen will, die Spaltung zu überwinden. Andererseits sehe ich mit großer Sorge, wie einige Vertreter der Piusbruderschaft nach wie vor über die heutige Hierarchie und das Konzil sprechen. Die Aufhebung der Exkommunikation ist nur ein erster, einseitiger Schritt in einem weiten Weg bis zur vollen Einheit. Aus einem Interview, das Ingrid Grohe von der Allgäu-Rundschau mit P. Axel Maußen, dem Oberen des deutschsprachigen Distrikts der Priesterbruderschaft St. Petrus, führte. Ausgabe vom 19. Februar 2009. "Blanker Kirchenhass" nur bei den Medien? Kardinal Walter Kasper hat die Kampagne gegen den Papst scharf kritisiert. In einem Interview mit Radio Vatikan sagte er über die “Diskussionen in den Medien”: “Man wird zugeben und einräumen müssen: Am Anfang sind dort Versäumnisse und Fehler in der Kommunikation gemacht worden. Das ist eindeutig, das ist klar. Aber die Diskussion, wie sie jetzt in Deutschland läuft, sprengt ja alle Maßstäbe. Was da zum Vorschein kommt, ist nicht nur Kritik an diesem oder jenem Verhalten der Kurie, sondern das ist einfach anti-römischer Affekt und zum teil einfach blanker Kirchenhass. Man macht den Papst lächerlich, nach dem Prinzip: Man schlägt den Sack und meint den Esel. Wenn man den Papst in dieser Weise heruntersetzt, und völlig ungerecht heruntersetzt, dann richtet sich das nicht nur gegen den Papst, dann richtet sich das gegen die katholische Kirche. Ich meine, die Katholiken müssten jetzt aufstehen, müssten sagen: das lassen wir uns nicht gefallen, das ist Intoleranz. Man stelle sich mal vor, man würde in dieser Weise über den Dalai Lama reden, dann wäre die Empörung sehr groß. Über den Papst ist das scheinbar möglich. Das geht nicht, das können wir uns nicht bieten lassen und das sollten wir auch deutlich sagen.” Das Kölner Domradio macht aus diesen Worten eine Medienschelte, indem es meint, der Kardinal habe den Umgang einiger Medien mit dem Heiligen Vater kritisiert. Diese Engführung ist fragwürdig. Auch katholische Theologen haben in der medialen Diskussion den Papst heruntergesetzt: Gotthold Hasenhüttl beispielsweise, “katholischer” Vertreter einer Gott-ist-tot-Theologie, wirft dem Papst Doppelzüngigkeit vor. Er lüge das Zweite Vatikanische Konzil um. Und der emeritierte Tübinger Theologe Peter Hünermann wirft dem Papst einen “skandalösen Amtsmissbrauch” vor. Wenig später hat Peter Hünermann den Ausdruck “Amtsmissbrauch” für das Handeln des Papstes zurückgezogen, weil derselbe "den Anschein erwecken könnte, der Papst habe böswillig gehandelt". Was man von Georg May lernen kann “Ich glaube, dass eine Deutung meines früheren Kollegen und Kirchenrechtlers Georg May in Mainz, die in der ‘Deutschen Tagespost’ erschienen ist, die mich zuerst verblüfft hat, nicht ganz aus der Luft gegriffen ist. Er sagt, der Papst hat mit der Aufhebung der Exkommunikation einen Akt äußerster Selbstentäußerung gesetzt. Er wollte sozusagen wirklich die Hand ausstrecken und hat also gehofft, dass das dann auch honoriert und eingelöst wird von der anderen Seite. Ich glaube, an der Deutung ist ein bisschen was dran.” Kardinal Karl Lehmann im Interview mit dem Deutschlandfunk vom 15. Februar über Georg May, der im Gegensatz zu vielen Bischöfen eine Einigung mit der Piusbruderschaft begrüßt (cf. sein Gespräch im Video). Was bedeutet die Dialogverweigerung mit der Piusbruderschaft? Er [der Vorsitzende der sogenannten Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch] hat den Dialog verweigert im Namen einer ganzen Bischofskonferenz. Wie kann es sein, daß die Deutsche Bischofskonferenz sich außerstande sieht, gemäß dem nach Auskunft nicht allein der “Europäischen Theologengesellschaft“ höchsten Auftrag der Kirche, dem ökumenischen und interreligiösen Dialog, mit der Piusbruderschaft zusammenzutreffen, die zwar nicht als Organisation, aber doch nach ihren Mitgliedern, innerhalb der Gemeinschaft der Kirche steht? Michael Charlier in seinem Kommentar Hat der Papst sich geirrt schon immer? vom 20. 2. 2009 Die antipäpstliche Kampagne in der Kritik Aber es gibt einen ganzen Berufszweig, dessen gesamte Tätigkeit und gesamte Berufsidentität nur einen Inhalt hat gegen den Papst zu sein. Und es muss Ihnen gesagt sein, wie schlimm sie sind. Man will den alten weißen Mann, der in seiner Güte, Geistesgröße und moralischen Konsequenz eine wandelnde Mahnung an das „bessere Ich“ und den inneren Schweinehund ist partout selbst in Schuld verstrickt, entlarvt, gedemütigt und zu Kreuze kriechen sehen. Das befriedigt nicht nur die Sensationslust. Es entlastet. Die Deutschen finden sich in ihrer Lieblingsrolle wieder: der des Gewissens der anderen. Sie spielen das Tribunal, dem man entkommt, indem man es wird (Odo Marquard). Während der aktuellen Krise hingegen verhalten sich manche Liberale so, als seien Nazis kurz vor der Machtübernahme im Vatikan. Man unterstellt dem Heiligen Stuhl, wenn er auf seiner hierarchischen Ordnung und den Bestimmungen des kanonischen Rechts beharre, wolle er die Demokratie infrage stellen und einen Kulturkampf gegen Protestanten, Juden und alle Andersgläubigen ausrufen. Nach der Logik des Skandals arbeiten derzeit viele Medien - bewusst oder unbewusst - am Projekt: "Benedikt muss zurücktreten!" Leider benehmen sich auch die liberalen Katholiken, wie der „ältere Bruder“ im Gleichnis Jesu, ja sogar noch schlimmer. Denn sie grollen nicht nur, sie wollen den Jüngeren zu den Schweinen zurückjagen! Statt den Papst bei seinem Bemühen um Einheit mit ihrem Gebet und ihrer Freude zu unterstützen, stellen sie ihren „Vater“ unter „Verdacht der Komplizenschaft“ und werfen auf die zurückkommenden Pius-Brüder Steine, schreien „Haut ab!“, versuchen sie zu vertreiben, schon bevor sie wirklich angekommen sind! Eine Spur kirchenrechtlicher Information hätte manchem Kommentator wohl gut angestanden. Gewiss hätte auch der in den letzten Tagen am meisten zitierte deutsche katholische Bischof die im Vatikan versäumten Erläuterungen dank seiner erprobten besten Beziehungen zu den Medien nachschieben, die Missverständnisse ausbügeln, die geistliche Dimension des Aktes ansprechen, mit dem Papst den Blick auf den Glauben und auf Gott lenken können. Doch er nutzte seine Stellungnahmen um von „der Leitung der Kirche etwas mehr politische Sensibilität“ zu fordern. Dass den Papst ein geistlich krankes Glied am Leib Christi seit Jahren schmerzt, gilt im besten Fall als Alterssentimentalität. Seine Verteidigung, dass er als Wahrer kirchlicher Einheit einer Gruppe von Christen auf deren Bitte hin die Versöhnungshand entgegenstrecken wollte, fand nicht statt. Statt dessen verlautbarte der deutsche Bischof lapidar: „Der Papst tut mir leid.“ Historische Gestalt Papst Benedikt wurde zu Unrecht angegriffen. Es wurden aggressiv Ressentiments geschürt, die man längst überwunden glaubte. Kein Zweifel, es traten ernst zu nehmende Mängel auf bei einigen Instanzen des Vatikans, die der Leiter des Pressesaals, Pater Lombardi SJ auch einräumte. Diese Mängel und Fehler wurden genutzt, um eine Lawine der Aggressionen loszutreten. In grober Weise wurden die Würde des Papsttums und selbst die Person von Benedikt XVI. verletzt. Viele betrieben schlicht Manipulation. Andere nutzten die Gelegenheit, um mit Häme die Wertfundamente unserer humanistischen Tradition beiseite zu schieben. Dieser unwürdige Umgang mit der Wahrheit fügte dem Dialog zwischen der Zivilgesellschaft und den großen Religionen erheblichen Schaden zu. Er ist ein Zeichen kultureller Dekadenz. So werden alte Vorurteile und primitive Instinkte wach gerufen. Es war der Versuch, eine unübersehbar moralische Größe zu verdunkeln, eines der großen Leuchtfeuer der Hoffnung für junge Generationen zu ersticken. Pater Joaquin Alliende, Internationaler Präsident von Kirche in Not, in einem Gebetsaufruf für den Papst vom Februar 2009. Öffnung zur Welt "Die sogenannte Welt, zu der hin Papst Johannes XXIII. vor genau fünfzig Jahren mit der Einberufung des Konzils die Türen und Fenster der Kirche weit aufstoßen wollte, hat nicht gehalten, was sie versprach. Statt dessen gehen Kindestötung und Embryonenverbrauch in immer größerem Ausmaß weiter. Gender ist die neue Zivilreligion, ein Menschenbild, das sich vom christlichen völlig unterscheidet. Diesen Unterschied arbeitet Papst Benedikt heraus. Und dabei steht er fest auf dem Fundament des letzten Konzils.” Guido Horst in Zerplatzte Träume, Editorial der Februarausgabe des Vatican Magazins. Der Kampf um die Einheit “Alle, die in diesem Augenblick vom Papst erwarten, dass er der Piusbruderschaft ein Ultimatum stellt, verkennen wohl die Dimension dieses jahrzehntelangen Ringens um die Einheit. Auch denjenigen, die sofort nach Bekanntwerden des unseligen Interviews drastische Maßnahmen gefordert haben, zeigt der Papst, dass er den begonnenen Einigungsprozess nicht leichtfertig preisgeben möchte. Sicherlich hätte er sich einfach von der Piusbruderschaft distanzieren können, um die Gemüter zu beruhigen. Genau dazu wollten viele, denen eine Einigung mit der Piusbruderschaft ohnehin ein Dorn im Auge wäre, den Papst drängen. Aber Benedikt XVI. versteht sich als guter Hirte, der dem verlorenen Schaf nachgeht.” Aus dem Artikel Der Kampf um die Einheit von Erich Maria Fink, in: Kirche heute, März 2009 Eine evangelische Nachrichtenagentur verteidigt den Papst Helmut Matthies, Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, hat im Februar in Idea-Spektrum im Zusammenhang mit der Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe Benedikt XVI. gegen ungerechte Kritik in Schutz genommen (online auf der Website der Loretto-Gemeinschaft nachzulesen). Matthies stellt heraus, “dass kaum ein anderer Papst sich so positiv zum jüdischen Volk geäußert hat wie der jetzige.” Viele, die ihn kritisierten, hätten aufgrund der Fakten besser geschwiegen. Zu ihnen gehört nach Matthies Michel Friedmann, der den Papst einen Lügner und einen Heuchler und Bischof Williamson einen gefährlichen Verbrecher nannte. “Dabei”, so Matthies, “hat auch Friedman Kriminelles getan, wurde er doch im Juli 2003 wegen illegalen Kokainbesitzes in zehn Fällen verurteilt. Dadurch, dass er sich zusätzlich Zwangsprostituierte von einer ukrainischen Menschenschmugglerbande besorgt und auch ihnen Kokain angeboten hatte, geriet er auch noch in den Dunstkreis der organisierten Kriminalität, was juristisch damals aber keine Rolle spielte. Er bat um eine ‘zweite Chance’. Er bekam sie schneller als andere. Noch bevor der Prozess gegen die Bande begann, gab es schon wenige Wochen nach dem Aufdecken der kriminellen Tat Friedmans eine sogenannte ‘Welcome-back’-Party. Mit dabei war Angela Merkel.” Dabei hatte Friedmann laut Matthies schon 1995 die christliche Religion in einem Artikel unter der Überschrift “Holt Jesus vom Kreuz!” als eine solche verunglimpft, die ihre Identität aus einem “Gewaltakt” definiere und sich deshalb nach ihrem Menschenbild fragen lassen müsse. Hinter der Behauptung, dass Jesus von Juden umgebracht worden sei, stünde die Entscheidung, “der Macht zuliebe zu lügen” und “die Gläubigen zu betrügen”. Zur Kritik der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), der Papst sei mit seiner Entscheidung bereit gewesen, eine menschenverachtendeÄußerung eines Bischofs in Kauf zu nehmen, reagiert Matthies mit der Beobachtung, dass es für den Papst ein Leichtes gewesen wäre, mit Verweis auf antisemitische Äußerungen Luthers ähnlich zu reagieren. Luther habe 1542 dazu geraten, die Synagogen und Schulen der Juden mit Feuer anzustecken. Idea nehme den Papst in Schutz, da hier einem Mitchristen böse mitgespielt worden sei. Verdrehungen Die Verdrehung grenzt an Irrsinn und macht dem Diabolus, dem Meister der Verdreher, alle Ehre: Wer gegen den Papst, den Stellvertreter Christi, Stellung bezieht, der sorgt sich um die Kirche. Wer treu an seiner Seite steht, ist ein böser, abgefallener Fundamentalist - eigentlich mit den Taliban vergleichbar. Und schließlich: Jahrhundertelang verteufelte man die kirchliche Strafe der Exkommunikation, jetzt wollte man sie herbeikreischen. Michael Müller zum Kesseltreiben gegen den Papst, im Editorial seiner Zeitschrift Komma, Nr. 59. Die Schande des barmherzigen Vaters In seinem wundervollen Buch Der ganz andere Vater beschreibt Kenneth E. Bailey, der sein Leben lang die Gebräuche des Nahen Ostens studiert hat, die Haltung des Vaters [im Gleichnis vom verlorenen Sohn], und erklärt sie aus der Sicht der Zeitgenossen Jesu: “Er rennt! Im Nahen Osten jedoch würde ein Mann in seinem Alter und in seiner Position immer sehr langsam und würdevoll schreiten. Wir können davon ausgehen, dass er in den 40 Jahren davor nirgends und niemals auch nur für irgendeinen Zweck rannte. Kein Dorfbewohner, der älter als 25 Jahre ist, würde jemals rennen. Und jetzt rennt dieser Vater die Dorfstraße hinunter. Damit das überhaupt geht, muss er sein Gewand wie ein Heranwachsender vorn in die Hand nehmen und anheben. So werden seine Beine sichtbar, was als sehr demütigend betrachtet wird. All dies stellt für ihn eine peinliche Schande dar. Die Herumlungerer auf der Straße werden davon abgelenkt, den Verlorenen zu peinigen (schlagen), und werden statt dessen hinter dem Vater herlaufen, voll Erstaunen, dass dieser geachtete Älteste sich nicht schämt, sich öffentlich so zu blamieren. Es ist sein Mitleid, das den Vater dazu motiviert, seinem Sohn entgegen zu rennen. Er weiß, was seinen Sohn im Dorf erwartet, und so nimmt er die Schande und Demütigung auf sich, die eigentlich den Verlorenen treffen soll.” Aus einem Artikel von Beatrix Zureich in der Zeitschrift Maria. Das Zeichen der Zeit, Nr. 135, 1. Quartal 2009 Wider die Sklerotisierung “Je mehr eine Gruppe angegriffen und stigmatisiert wird, um so fester schließen sich ihre Reihen und schottet sie sich gegen jeden Einfluß von außen ab. Das war schon bei den alten Römern so, die gegenüber der feindlichen Übermacht in Igelstellung gingen. Und kein Mensch wird bestreiten können, dass die Piusbruderschaft seit ihrer Gründung vn der neu etablierten ecclesiastical correctness in einer Weise ausgegrenzt, ja bekämpft wird, die in seltsamem Kontrast nicht nur zum Ökumenismus, sondern auch zu der Umarmung der anderen Religionen steht. Wie die Erfahrung zeigt, ist man eher bereit, Muslimen als Anhängern der Bruderschaft einen gottesdienstlichen Raum zur Verfügung zu stellen. Bedauerlicherweise aber kann diese menschlich durchaus begreifliche Abschottung sehr rasch zur Sklerotisierung und damit wiederum zum Verlust jenes missionarischen Potentials führen, der der Piusbruderschaft droht, wenn sie sich weiterhin dem Versöhnungsangebot Roms verweigert. Sie ist dann kein Organismus mehr, der sich bei aller elastischen Festigkeit, mit der er seine Identität bewahrt, doch für sein Umfeld aufzuschließen und es sich möglicherweise zu assimilieren vermag, sondern gleicht einem Panzer, in den nichts hineindrängt und aus dem vor allem nichts mehr hinausgelangt...” Der Philosoph Prof. Dr. Walter Hoeres in seinem Artikel Schuld und Wahrheit - zur Heftigkeit kirchlicher Kontroversen, erschienen in der UVK, 1. Quartal 2009. Hoeres ist ein Freund der Piusbruderschaft und nimmt sie gegen die Kritik von P. Bernhard Gerstle in Schutz. Hohl Dass der Papst als ersten Schritt eines vielleicht noch langen Aussöhnungsprozesses die Exkommunikation aufgehoben hat, versteht sich von seinem väterlichen Amt her wie von selbst. Wer diese Geste gerade gegenüber Katholiken, die nach eigenem Verständnis den ganzen, ungeschmälerten Glauben der Kirche vertreten wollen, nicht nachvollziehen kann, bei dem klingen ökumenische Beteuerungen gegenüber Andersgläubigen merkwürdig hohl. P. Bernward Deneke auf seiner Website. Ein Appell An die Mitglieder der Piusbruderschaft appellieren wir, sich der Großherzigkeit des Heiligen Vaters würdig zu erweisen und die kommenden Gespräche mit dem entschiedenen Willen zur vollen Eingliederung in die kirchliche Gemeinschaft zu führen, dabei nicht zu übersehen, daß auch das Zweite Vaticanum bei richtiger Würdigung - in der "Hermeneutik der Kontinuität" - inzwischen zur Tradition der Kirche gehört. Kurt Bantle, Vorsitzender der UNA VOCE Deutschland e.V., in der UVK, 1. Quartal 2009, S. 2 Welche Piorität setzt Benedikt XVI.? Und hier wird der Brief fast dramatisch. Benedikt XVI. spricht vom Verlöschen des christlichen Glaubens in weiten Teilen der Welt, von der wachsenden Orientierungslosigkeit der Menschheit, für die Gott aus ihrem Horizont verschwinde. Die Botschaft ist klar: Da, wo die Heilung von Brüchen möglich ist, gehört für den Papst „die leise Gebärde einer hingehaltenen Hand“ zu seiner Hirtenpflicht. Schließlich war es auch eine seiner ersten Gesten, den abtrünnigen Theologen Hans Küng zum freundschaftlichen Gespräch zu empfangen, was dieser ihm nun mit einer verbissenen Raserei heimzahlt. Aber die große Sorge des Papstes ist die, dass die Menschen keinen Zugang mehr finden zu Gott, und zwar nicht zu einer Idee von Gott oder zu einem vagen religiösen Gefühl, sondern zu dem Gott, „der am Sinai gesprochen“ und der sich im gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus zu erkennen gegeben hat. Es ist nicht der „rechte Rand“ der Kirche, den Papst Benedikt vorzugsweise beackert. Es ist die ganze Welt und es ist die ganze Kirche, die er zu „dem in der Bibel sprechenden Gott“ führen muss. Das ist die grundlegende Priorität der Kirche und des Nachfolgers des heiligen Petrus. Guido Horst in seinem Kommentar zum Papstbrief vom 10. März 2009 Ein offenes und starkes Wort, erschienen in der Tagespost vom 12. März. Warum wird der Dialog verweigert? Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat es entschieden abgelehnt, mit Vertretern der Pius-Bruderschaft überhaupt zu reden. Zwar mögen diese in manchen Teilen oder in mancher Hinsicht unwürdig sein aber auch Jesus hat mit Zöllnern und Sündern gegessen und geredet. Den Dialog zu verweigern, nährt nur den Verdacht, dass man sich seiner Sache vielleicht doch nicht so sicher ist. Aus: Guido Horst, Wieder ein “Sacco di Roma”, in: Vatican Magazin, März 2009; auch veröffentlicht auf kath.net. Zur Dialogverweigerung. Gefallen am Papstbashing? Scharfe Kritik an Reiner Schlotthauer, dem Chefredakteur der Rottenburger Kirchenzeitung Katholisches Sonntagsblatt, übt Bernhard Müller im Editorial der März-Ausgabe des PUR-Magazins: “Wer glaubt, der halbamtliche katholische Chefredakteur, der im Auftrag des Rottenburger Bischofs schreibt, würde den Papst in irgendeiner Form verteidigen, sieht sich getäuscht. Nein, alle diejenigen, die über Papst und Kirche herfallen, werden in Schutz genommen,” darunter die Presse und die Kanzlerin, deren “Courage” Schlotthauer gutheißt. Seiner Klage, dass in die vielen Menschen mit einem “rückwärtsgewandten Menschen-, Welt- und Gottesbild” zu lange “nachsichtig investiert worden” sei, hält Müller die Worte Jesu in Markus 2, 16-17 entgegen. Hirtensorge oder Ausgrenzung? Die Generation Benedikt hat dem Papst für seinen Brief gedankt, in dem er zur Causa Piusbruderschaft seine Entscheidung zur Aufhebung der Exkommunikation erläutert. Sie stimmt mit ihm darin überein, dass nicht die Entscheidung selber fehlerhaft war, sondern nur das Informationsmanagement. Doch gerade in der mangelhaften Informationspolitik sind ihm nach Meinung der Generation Benedikt “das katholische Establishment und mit ihm manche Bischöfe” nachgefolgt und haben bei vielen Laien Verunsicherung, Ratlosigkeit und Ärger hinterlassen. Den kirchlichen Institutionen in Deutschland wirft sie Egozentriertheit, offenes Selbstlob und mangelnde Solidarität mit dem Papst vor. Ersehntes Schisma? Hans Otto Seitschek, wissenschaftlicher Assistent am Guardini-Lehrstuhl der Ludwig-Maximilians-Universität München, sieht in der Kirche Deutschlands die Neigung, die partikulare eigene Sichtweise auf die Weltkirche zu projizieren, “bis hin zum Zweifel der deutschen Bischöfe an einer Einigung Roms mit der Pius-Bruderschaft, bevor überhaupt weitere Gespräche in Gang gekommen sind” (Tagespost vom 24. März 2009). Angesichts der Hamburger Erklärung der deutschen Bischöfe zur Piusbruderschaft fragt er kritisch, ob es “nicht viel eher im Sinne der Kirche” wäre, “mitzuhelfen, ein endgültiges Schisma, den schwerstmöglichen Schaden am Leib der Kirche, zu verhindern?” Meinungen Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, hat sich am 25.März 2009 in Berlin für islamischen Religionsunterricht eingesetzt, das Recht der Muslime bekräftigt, in deutschen Städten Moscheen zu bauen, und ihr Recht auf den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts befürwortet. Gleichzeitig warf er der Priesterbruderschaft St. Pius X. vor, die Demokratie (laut einer Meldung des Kölner Domradios) bzw. das “Verständnis von Demokratie” der deutschen Bischöfe (laut kathweb) anzugreifen und herabzusetzen. Die Vorstellung einer katholischen Staatskirche sei überholt. Schizophren? Rom ist eben nicht Hamburg [wo die deutsche Bischofskonferenz im März 2009 tagte]. Das wird einem auch vor Augen geführt, als DBK-Pressesekretär Pater Hans Langendörfer die “Petition Vaticanum II” entgegennimmt. Gerade hat man der Pius-Bruderschaft in absolutistischer Manier eine schmetternde Absage bezüglich einer Dialoganfrage erteilt, weiß man jetzt mit den Politisch-Korrekten der 68iger-Fraktion zu kungeln. Schizophrener könnte die Ausrichtung der Bischofskonferenz nicht sein. Die antirömische Petition, hinter der der Verein “Wir sind Kirche” steckt, sieht eine “Rückwärtsbewegung” im Vatikan, die in einer “antimodernistische[n] Exklave” enden könnte. Die “kritischen Katholiken” sind empört über das “erneute Zugehen des Vatikans auf die schismatische Traditionalistenbewegung” (...) In der Pressekonferenz sagt Zollitsch, er setze auf das Gespräch. Gottes Haus habe viele Wohnungen, die kritischen Katholiken hätten eine. Dann wird der Inhalt der Petition Vatikanum II in sanften, unverbindlichen und müden Tönen zurückgewiesen. Nur bei der Priester-Bruderschaft St. Pius X. wird der versöhnliche Zollitsch knallhart. Der Eindruck erhärtet sich, dass Zollitsch den “verlorenen Schafen” der Pius-Bruderschaft nicht einmal einen möglichen Mietvertrag zeigen würde. Aus: Jakob Schipp, Kasel und lila Seidenschal. Die Pius-Brüder stehen am Pranger, die “kritischen Katholiken” werden umschmeichelt; in: Komma 59/2009, S. 36 f. Entmumifizierter Hans Küng Der Papst hat keinen Krieg geführt. Auch hat er sich keine hohen Bonus-Zahlungen auf ein Privatkonto überweisen lassen. Oder sich mit Vatikangeldern auf den Finanzmärkten völlig verspekuliert. Er hat getan und gesagt, was er als oberster Hirte der Kirche tun und sagen musste. Dafür hat man ihn in Deutschland über Wochen lang fürchterlich im Stich gelassen. Besonders die Feuilleton-Chefs und Leitartikler, die sich vor Jahren noch vor lauter Papst-Begeisterung wanden, wenn sie ihrem Benedikt nach der Audienz die Hand reichen konnten, haben ihm den Rücken gekehrt. Dinosaurier des antirömischen Affekts zu besten Kirchenkampf-Zeiten wurden entmumifiziert, um nochmals ihre Blitze nach Rom schleudern zu können. Aus: Guido Horst, Der letzte Preis der Treue, in der Tagespost vom 16. April 2009. Geist der Versöhnung "Es macht traurig, dass in den verschiedenen Worten einzelner unserer Bischöfe, aber auch in der (..) Erklärung der Bischofskonferenz [vom 5. März 2009, cf. PDF-Dokument] nicht der Geist der hoffenden Sorge und der Versöhnung zu spüren ist, wie er dann aus dem persönlichen Brief des Hl. Vaters vom 10. März sehr deutlich wird.” Der Freundeskreis Maria Goretti in seinem Rundbrief Nr. 96 vom April 2009, S. 25. Tendenzjournalismus bei der dpa Als “ein Lehrbeispiel für Tendenzjournalismus”, der mit “seriösem Agenturjournalismus” nichts zu tun hat, kritisiert in der Tagespost vom 16. Juli 2009 Johannes Seibel einen Hintergrundbericht, den Bernward Loheide für die dpa geschrieben hat. Loheide nimmt die Tatsache, dass Papst Benedikt in seinem Schreiben zum Priesterjahr den hl. Pfarrer von Ars ausführlich zitiert, als Beleg für seine Diagnose, dass der Papst den Piusbrüdern nahesteht und die Kirche in ihre tiefste Krise seit 1945 führt. Peinlich. Ernüchternde Bilanz P. Franz Schmidberger FSSPX, Oberer des deutschen Distrikts der Priesterbruderschaft St. Pius X., hat Armin Schwibach ein Interview gegeben (kath.net vom 14. Februar 2012), in dem er die alten Vorwürfe gegen das Zweite Vatikanische Konzil wiederholt. P. Dr. Martin Lugmayr von der Priesterbruderschaft St. Petrus hat nun auf diese Kritik geantwortet, indem er u.a. die von P. Schmidberger herausgerissenen Zitate in ihren richtigen Zusammenhang stellt. Noch schärfer geht Theodor auf seinem Blog Summa summarum mit P. Schmidberger ins Gericht: “Was, Herr Pater, bleibt von ihrem Argument übrig, wenn man den Text von Lumen Gentium mit der ehrlichen Gesinnung liest, die einem Kind der Kirche (...) angemessen und selbstverständlich ist? Haben Sie diesen Text nie gelesen oder ist er für sie nur ein Steinbruch, aus dem man sich mit unlauteren Methoden bedient, um seine Ideologie zu transportieren? Schlimmer noch: Ist das vielleicht auch ganz allgemein Ihr Umgang mit den Texten der kirchlichen Tradition, die sie angeblich so hoch schätzen? Das mag Ihnen bei Ihrem Fanclub durchgehen, aber - Vorsicht! - es gibt Menschen, die Ihnen auf die Finger schauen und gegebenenfalls auch klopfen ...” Ihn aber, wie es dort geschieht, einen Demagogen und Falschmünzer zu nennen, setzt voraus, dass P. Schmidberger bewusst und mit Absicht so vorgeht, wie er vorgeht. Tatsächlich mag es erschreckend sein, dass ein seit über 30 Jahren mit Rom geführter Dialog keine anderen Früchte hervorbringt als die stupide Wiederholung plakativer, längst widerlegter Vorwürfe. Ich neige aber eher dazu, dahinter statt eines bösen Willens einfach mangelnde theologische Kompetenz und fehlendes Problembewußtsein. Sei es, wie es sei: Die Bilanz ist ernüchternd. Die Erfahrung scheint zu zeigen: Eine theologische Diskussion mit der Piusbruderschaft ist vergebene Liebesmüh. Gleichbehandlung! »Bei liberalen Katholiken wird die Wiedervereinigung Unruhe und Sorge verursachen. (…) So verweigere der Papst trotz des immensen Problemdrucks etwa der österreichischen Pfarrerinitiative den Dialog. (…) Stattdessen suche Papst Benedikt XVI. die Einheit mit den Traditionalisten.« So schreibt Peter Wensierski im SpiegelOnline vom 18. April 2012, Artikel Bruderkuss von Papst und Piusbrüdern. Dazu kommentierte Peter Esser: SEHR RICHTIG! ICH FORDERE GLEICHBEHANDLUNG! Eine Bitte an die Priesterbruderschaft St. Pius X. Die Arme von Papst Benedikt sind weit ausgestreckt - Gott allein weiß, wie viel es ihn kostet, dies so öffentlich und unmissverständlich vor der ganzen Welt zu tun! Kein Zweifel, dafür gilt das Wort des Evangeliums: Die Zeit ist erfüllt! Es gilt, das Jetzt zu ergreifen. Wie beim Ruf des Heilandes, so gilt auch hier: Kehrt um und glaubt! (Mk 1,15). Umkehr seitens von Rom würde sicher bedeuten, aus den Schattenseiten der vergangenen Jahrzehnte eindeutiger Konsequenzen zu ziehen. Derzeit ist der Heilige Vater der einzige, der das in klaren Worten tut. Aber immerhin, er ist ja nicht irgendjemand...! Seitens der Bruderschaft gilt es, das Wort des hl. Ignatius zu beherzigen: „voraussetzen, dass jeder gute Christ mehr bereit sein muss, die Aussage des Nächsten für glaubwürdig zu halten, als sie zu verurteilen“ (Exerzitien Nr. 22). Das gilt sowohl für das Zweite Vaticanum wie für das Messbuch Pauls VI. Vor allem aber: Es gibt kein ewiges Rom, in dem das heutige Rom auf Dauer ausgeschlossen wäre. Und es gibt kein wahres katholisches Leben, das sich länger als nur vorübergehend nicht in voller Einheit mit dem Heiligen Vater befindet. Die drei Bande der Kirche sind die Einheit des Glaubens, die Einheit der Sakramente und eben die Einheit mit dem Heiligen Vater. Das dritte Band mag gespannt sein, aber es darf nicht auf Dauer zerreißen. Die Kirchengeschichte ist voll von Beispielen, wie der Ärger über Rom zu einem Ohne-Rom geworden ist - die Spiritualen des Mittelalters, die Jansenisten und Gallikaner der Neuzeit, die Action Française eines Charles Maurras. Sie alle sind übel ausgegangen, trotz bester Vorsätze und tiefster Überzeugung. Prof. Dr. Andreas Wollbold in seinem Beitrag Fünf Jahre „Summorum Pontificum“. Eine geistliche Bilanz in der aktuellen Una Voce Korrespondenz Ironie Es ist nicht ohne Ironie, wenn die Piusbruderschaft, die für sich selbst gegenüber Rom das Recht auf Ungehorsam beansprucht, in ihrem Inneren die Folgsamkeit gegenüber dem Oberen einfordert. Ludwig Ring-Eifel in seinem Kommentar zum Ausschluss Richard Williamsons aus der Priesterbruderschaft St. Pius X., der am 4. Oktober 2012 erfolgte. Am 24. Oktober 2012 hatte die Leitung der Piusbruderschaft in einem Kommuniqué den Ausschluss bekanntgegeben und ihn begründet mit der Weigerung Williamsons, “den Respekt und den Gehorsam zu bezeigen, den er seinen rechtmäßigen Oberen schuldet.” |
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