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Wer ist ein Fundamentalist?

Von Robert Spaemann

"Ein Gespenst geht um in Europa" , so könnte man in Abwandlung des berühmten Anfangs des Kommunistischen Manifests sagen, das Gespenst des Fundamentalismus. Im Unterschied zur kommunistischen Bewegung handelt es sich allerdings wirklich um ein Gespenst. Was sich anscheinend hinter diesem Wort verbirgt, löst sich bei genauerem Hinsehen in eine Reihe von Bestandteilen auf, die nur durch diese magische Vokabel zusammengehalten werden. Die Vokabel sagt inzwischen wenig mehr aus, außer über den, der sie benutzt.

Das war einmal anders. Fundamentalisten nannten sich am Anfang unseres Jahrhunderts einige protestantische Gruppen in den Vereinigten Staaten, die an einer wörtlichen Bibeldeutung festhielten und zum Beispiel die Evolutionstheorie als Bestandteil des Schulunterrichts ablehnten: Die Welt durfte nicht älter als 6000 Jahre sein. Diese Position kann man nur verstehen auf dem Hintergrund des Protestantismus.

Die Reformation war ja selbst anfänglich eine fundamentalistische Bewegung. Sie wollte zurück zu den Fundamenten. "Die Schrift allein" war ihr Schlachtruf, und: "Das Wort sie sollen lassen stan" (Luther). Die anderthalbtausendjährige Entwicklung der Kirche, ihrer Lehre und ihrer sakramentalen Praxis erschien den Reformatoren nicht als Entfaltung eines Keims, nicht als Strom aus der Quelle, sondern als Entfernung vom Ursprung. Nur die Bibel sollte die Verbindung mit dem Ursprung garantieren. Aber kann ein Buch das? Bücher können immer verschieden ausgelegt werden. Schon im Anfang war darum die Reformation in sich gespalten und ließ keine Abendmahlsgemeinschaft aller reformierten Gemeinschaften untereinander zu. Dann kam die Aufklärung und die Mutmaßungen über die Entstehungsgeschichte dieses Buches, die schließlich zu einer weitgehenden Auflösung der fundamentalen Inhalte der christlichen Botschaft führten. Denn der Protestantismus hatte den Begriff einer sichtbaren, hierarchisch verfaßten und mit Lehrautorität ausgestatteten Kirche preisgegeben, einer Kirche, der Christus seine Gegenwart bis zum Ende der Zeiten versprochen hat. Nur eine solche Kirche aber hat die Vollmacht, eine legitime Entwicklung, die den Sinn des Evangeliums bewahrt und entfaltet, von einer illegitimen Entwicklung zu unterscheiden, die diesen Sinn entstellt. Rückbesinnung auf den Ursprung kann im Protestantismus nur bedeuten: fundamentalistischer Rückzug auf den Buchstaben einer Bibel, die angeblich der Auslegung nicht bedarf, sondern die sich selbst auslegt.

Bei manchen fundamentalistischen Sekten ist dieser Rückzug verbunden mit einer radikalen Distanz zur modernen Welt. Sie wählen freiwillig das Ghetto einer geschlossenen Lebensweit. Andere dagegen sind missionarisch und passen sich in ihren Missionsmethoden der modernen Welt äußerlich perfekt an. Das gilt zum Beispiel für die protestantischen Sekten, die heute in Südamerika der einheimischen katholischen Kirche Konkurrenz machen, vor allem dort, wo die romantische Rhetorik der Befreiungstheologie ihre Unfähigkeit erwiesen hat, die Lebenssituation der Menschen real zu verbessern.

Inzwischen ist nun aber das Wort Fundamentalismus seinem ursprünglichen, präzisen Sinn entfremdet und damit recht nichtssagend geworden. Es dient nicht mehr der neutralen Beschreibung oder auch Selbstbeschreibung bestimmter Gruppen, sondern es ist einfach ein Schimpfwort, eine Einschüchterungsvokabel zur diskriminierenden Kennzeichnung jeweils anderer. Man spricht von islamischen, katholischen, kommunistischen oder grünen Fundamentalisten. Gekennzeichnet werden jeweils Leute, die 1. bestimmte Überzeugungen nicht zu hinterfragen, d.h. nicht zur Disposition zu stellen bereit sind, die dagegen 2. bestimmte grundlegende Prinzipien der modernen Zivilisation hinterfragen und nicht mehr akzeptieren, Leute, die 3. ihre Überzeugungen gegen andere mit allen Mitteln durchsetzen wollen. Das 4. Kennzeichen besteht in der Regel in einer psychologischen Erklärung der fundamentalistischen Haltung. Fundamentalisten sind danach Menschen, die mit der Komplexität und raschen Veränderungsgeschwindigkeit der modernen Welt nicht zurechtkommen, verunsicherte, ich-schwache Menschen, die sich durch die Mündigkeit des Individuums überfordert fühlen und sich nach der Geborgenheit in einem einfachen Weltbild bzw. nach dem Konformismus überlieferter Lebensformen sehnen.

Das Irreführende in diesem polemischen Bild liegt darin, daß stillschweigend unterstellt wird, diese vier Merkmale hingen wesentlich zusammen. Wer etwas zweifelsfrei für wahr hält, ist unduldsam gegen andere, wer glaubt, mit der modernen Zivilisation sei etwas fundamental nicht in Ordnung, ist ich-schwach und fühlt sich ganz einfach bestimmten Herausforderungen nicht gewachsen. Wer also z.B. die jungfräuliche Geburt Jesu für eine absolute Wahrheit hält, der steht auf Kriegsfuß mit der modernen Wissenschaft, er ist zweitens intolerant und drittens geborgenheitssüchtig.

Aber wieso eigentlich? Die Wissenschaft lehrt uns, was die Menschen immer schon wußten, daß nämlich in der Regel und normalerweise Kinder nicht von Jungfrauen geboren werden. Bekanntlich ging auch der heilige Josef davon aus. Wenn er sich durch einen Engel über diesen besonderen Fall belehren ließ und wenn die Christen behaupten, daß es einmal eine Ausnahme von dieser Regel gab, nämlich als das ewige Wort Fleisch annahm, dann kann man das glauben oder nicht, die Wissenschaft hat dazu überhaupt nichts zu sagen. Sie spricht über die Welt, nicht über deren Ursprung, sie spricht über Regeln und Gesetze, nicht über das Einmalige.

Und wieso ist der intolerant, der etwas tatsächlich für wahr hält? (Absolute Wahrheit ist ja so etwas wie ein weißer Schimmel. Jede Wahrheit ist absolut, oder sie ist überhaupt keine Wahrheit.) Die gleiche Offenbarung, die uns mit göttlicher Autorität darüber belehrt, daß Jesus für unsere Sünden gestorben, am dritten Tag auferstanden ist und uns vom Tod errettet hat, lehrt uns auch, daß der Glaube eine übernatürliche Gnade, also unerzwingbar, ist. Das gleiche 2. Vatikanische Konzil, das die religiöse Toleranz als Pflicht lehrte, lehrte die "unhinterfragbare" Wahrheit des Dogmas. Intolerant sind unsere liberalen Antifundamentalisten. Denn sie lehren tatsächlich nicht, fremde Überzeugungen zu achten, sondern sie möchten es verbieten, überhaupt Überzeugungen zu haben. Und schließlich die Ich-Schwäche: Gewiß gibt es das Phänomen des Sektierers, der seinen Kopf bei der Gruppe oder deren Leitung abgibt. Aber gilt das für jeden Katholiken, der der Kirche den Glaubensgehorsam leistet, den das 2. Vatikanische Konzil so eindeutig verlangt? Tatsächlich wird der christliche Glaube im Neuen Testament als ein Akt und eine Haltung des Gehorsams beschrieben. Aber der Gehorsam ist nicht blind. "Ich weiß, wem ich geglaubt habe", schreibt der heilige Paulus. Der Gehorsam wird in Freiheit und Mündigkeit einer Person geleistet. Das Dogma ist ein eindeutiger Satz, der die Zustimmung freier, vernünftiger Wesen verlangt. Die heute gängige Alternative dazu ist die unreflektierte, halb unbewußte, passive Anpassung an gewisse Trends, deren Inhalt bezeichnenderweise nie klar formuliert wird. So soll es nach Ansicht der katholischen Liberalen nicht auf die Zustimmung zu den Texten des 2. Vatikanischen Konzils ankommen - die Progressisten stehen ja mit viel mehr Sätzen des Konzils auf Kriegsfuß als die Traditionalisten - sondern auf das Weitergehen in einer angeblich vom Konzil gewiesenen Richtung. Aber was diese Richtung ist, zu welchem Ziel sie führen soll, das soll sich wiederum nicht aus den Sätzen des Konzils ergeben, sondern das hat man zu fühlen, darüber hat man sich sozusagen augenzwinkernd zu verständigen, und es gilt als Mangel an Taktgefühl und gutem Willen, als Ausdruck entweder von Naivität oder von fundamentalistischem Starrsinn, wenn hier jemand um ausdrückliche Auskunft bittet. Überhaupt gehört ein gewisser Irrationalismus, Verdächtigung der Logik und eine seltsame Mischung von Sentimentalität und Erbarmungslosigkeit zu den Kennzeichen liberaler katholischer Antifundamentalisten.

Sie hätten es auch gerne, wenn sie die Liebe mancher Katholiken zum alten römischen Ritus unter Nostalgie verbuchen könnten. Gewiß, die Liebe zu überkommenen Formen des Kultes ist auch schon als solche etwas, das sich vor jeder Vernunftinstanz rechtfertigen kann. Aber hier geht es ja tatsächlich um mehr. Diese Katholiken können meist recht genau angeben, welche Inhalte unseres gemeinsamenkatholischen Glaubens mit dem Verlust dieser Formen und Texte verloren gehen oder doch in den Schatten treten.

Nein. So leicht sind wir nicht mit einem Schlag-Wort einzuschüchtern. Wir sind keine Fundamentalisten in dem ursprünglichen Sinn des Wortes, da wir an eine legitime Entwicklung des Christentums und der Kirche glauben. Wir sind auch keine Fundamentalisten in dem Sinn des Wortes, der zu Zwecken der Diffamierung erfunden wurde. Wir wollen keine blasphemischen Schriftsteller ermorden, wir sind keine sektiererischen Wissenschaftsfeinde, wir sind vielmehr genügend in wissenschaftlichem Geist geschult, um laienhafte Psychogramme, die auf Ferndiagnose beruhen, auf sich beruhen zu lassen. Wenn allerdings der Papst, wie man des öfteren hört, ein Ayatollah ist, wenn es sich bei dem neuen Katechismus der Katholischen Kirche um ein fundamentalistisches Machwerk handelt, kurz, wenn Fundamentalismus einfach ein diffamierendes Synonym für Rechtgläubigkeit ist, dann allerdings sind wir gern bereit, uns diesen Schimpfnamen als Ehrennamen zueigen zu machen.

Denn so übel ist er ja nicht, wenn man dabei an das Wort des heiligen Paulus denkt: "Ein anderes Fundament kann niemand legen außer dem, das gelegt ist, nämlich Jesus Christus" (1 Kor 3,11 ).

Dieser Text Spaemanns erschien zuerst im Rundbrief Nr. 5 von Pro Missa Tridentina im Mai 1993.


Spaemann über das Kirchenvolksbegehren


Gewalttätige Kurie

“Eine fundamentalistische Gruppe ist gewalttätig, selbst wenn sie niemanden tötet und niemanden schlägt. Die mentale Struktur des Fundamentalismus ist Gewalt im Namen Gottes.”

Das sagte diesen Monat Papst Franziskus im Interview mit der spanischen Zeitung La Vanguardia in Bezug auf die fundamentalistischen Gruppen in den drei monotheistischen Religionen Judentum, Islam und Christentum.

2010 bekam ich auf dem Zweiten Ökumenischen Kirchentag in München über die aufgedrehten Lautsprecher unfreiwillig einen Vortrag mit, der über christliche Fundamentalisten ging. Der mir unbekannte Vortragende verriet uns auch, welches die bedeutendste fundamentalistische Gruppe in der Kirche sei: die Kurie!

Ist diese Gruppe gewalttätig, auch wenn sie niemanden tötet oder schlägt? Nach Auskunft des Lexikons für Theologie und Kirche ja, und zwar wegen ihrer Lehre über die Homosexualität. Im zweiten Teil des Eintrags über “Homosexualität”, der sie unter soziologischem Aspekt behandelt, finden wir folgenden Text: “Homosexuelle Menschen sind in vielfältiger Hinsicht Opfer von Gewalt, nicht nur in ganz offensichtlicher Form bei Überfällen, Beraubungen bis hin zum Mord, sondern auch in subtiler Weise durch soziale Ausgrenzungen, Pathologisierungen ihrer Orientierung mittels medizinischer und psychologischer Theorien und nicht zuletzt auch durch offizielle kirchliche Verlautbarungen” (Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Fünfter Band, Herder 1996, Spalte 255).

Der Text stammt von Prof. Dr. Udo Rauchfleisch (Basel). Fachberater für Theologische Ethik, Sozial- und Kulturethik war Prof. Dr. Konrad Hilpert (Saarbrücken), Berater für theologische Ethik und naturwissenschaftliche Fragen Prof. Dr. Wilhelm Korff (München). Herausgegeben wurde das Gesamtwerk von Walter Kasper mit Konrad Baumgartner, Horst Bürkle, Klaus Ganzer, Karl Kertelge, Wilhelm Korff und Peter Walter.


Fundamentalismus

"Wenn ,Fundamentalismus' so etwas ist wie eine verkürzte Argumentation, die die Einsicht in andere Argumente und damit deren Integrierung verweigert, dann kann man diesen Vorwurf auch gegenüber den Argumenten, welche eine bestimmte Art der Selbstbestimmung absolut setzen, erheben. Selbstbestimmung als ,liberal' im Sinne von Freiheitsdenken zu reklamieren, Lebensschutz hingegen, der sich an realer Freiheit und Abhängigkeit orientiert, als ,fundamentalistisch' zu diskriminieren, ist mit dem Anspruch an einen fairen und offenen ethischen Diskurs nicht zu vereinbaren."

Aus: Dietmar Mieth: Grenzenlose Selbstbestimmung?. Der Wille und die Würde Sterbender. Patmos Verlag, Düsseldorf 2008. Zitiert von Michael Pawlik in seiner Rezension in der FAZ vom 14. Juli 2008.

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