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Über die kirchliche Glaubensregel

Von Matthias Joseph Scheeben (1835-1888)

Vorbemerkung:
Scheeben ist neben Johann Adam Möhler der bedeutendste deutsche Theologe des 19. Jahrhunderts. Bahnbrechend ist seine theologische Erkenntnislehre, darunter von besonderer Aktualität seine Ausführungen über die kirchliche Glaubensregel. Sie sind seinem "Handbuch der katholischen Dogmatik" entommen, Erstes Buch: "Theologische Erkenntnislehre":

Fünftes Hauptstück: "Die Geltendmachung des Wortes Gottes durch den Lehrapostolat oder die kirchliche Regelung des Glaubens und der theologischen Erkenntnis"

§ 28: "Die kirchliche Glaubensregel im allgemeinen und speziell aktiven Sinne".

397 I. Der Idee und Würde der christlichen Offenbarung gemäß ist das Wort Gottes nicht bloß deshalb bei der Kirche hinterlegt, damit es in ihr und durch sie überhaupt erhalten, fortgeplanzt und bezeugt werde, und damit die Glieder der Kirche es in oder bei ihr als ein objektiv und lebendig vorliegendes erfahren und erkennen und demgemäß es gläubig anerkennen und sich aneignen können. Es soll vielmehr in der Kirche so geltend gemacht werden, daß alle Glieder derselben zum gehorsamen, einträchtigen und gemeinschaftlichen Festhalten seines Inhaltes in dessen ganzer Reinheit, Fülle und Kraft verpflichtet und angehalten werden, daß es folglich als öffentliches, soziales Gesetz oder Regel des Glaubens und Denkens vorgeschrieben und durchgeführt werde und die ganze kirchliche Gemeinschaft beherrsche und durchherrsche.

398 II. Im Prinzip gegeben ist das Glaubensgesetz für die Kirche durch die göttliche Offenbarung selbst und die von den Aposteln vollzogene Promulgation derselben. Aber als aktuell geltendes und effektiv wirksames öffentliches Gesetz kann es nur bestehen durch die dauernde Promulgation und Handhabung desselben von seiten des fortlebenden Lehrapostolates, welcher in seiner Lehrgewalt die Macht besitzt, von allen Gliedern der Kirche den gehorsamen Glauben an die durch ihn bezeugte Offenbarung in dem von ihm zu erklärenden Sinne und in der von ihm zu entwickelnden Tragweite autoritativ zu fordern und so alle in vollkommener Einheit der Erkenntnis untereinander und mit sich selbst zu verbinden. Wie demnach das Wort Gottes selbst in seiner ursprünglichen Promulgation durch die Apostel die ursprüngliche, aber zugleich noch erst entfernte Regel bildet: so ist die stete promulgierende Aktion des Lehrapostolates vermöge seiner Lehrgewalt die nächste und unmittelbare Regel des allgemein in der Kirche festzuhaltenden oder des katholischen Glaubens, oder auch schlechthin die katholische Glaubensregel.

399 III. Weil der tatsächlich allgemein in allen Gliedern der Kirche vorhandene Glaube die vollste konkrete und lebendige Erscheinung und damit ein untrügliches Zeichen des die Kirche beherrschenden Glaubensgesetzes ist: so kann man allerdings auch den tatsächlich allgemeinen Glauben gegenüber dem einzelnen Gläubigen als eine Regel bezeichnen, nach welcher derselbe sich richten muß, und von welcher er nicht abweichen kann, ohne sich zugleich von der bestehenden Glaubenseinheit zu trennen und gegen das dieselbe beherrschende Gesetz des Glaubens aufzulehnen. Aber diese tatsächliche Allgemeinheit des einen Glaubens ist nicht das Glaubensgesetz selbst, noch dessen Prinzip, sondern Wirkung oder Zeichen desselben; und ebenso ist die tatsächliche Einheit oder Übereinstimmung des allgemeinen Glaubens noch nicht das einigende Band und das bestimmende Prinzip, durch welches ihr Dasein als ein notwendiges gefordert und wirksam herbeigeführt und erhalten wird. Sie ist also auch nicht diejenige Glaubensregel, durch welche das Wort Gottes seine eigene bindende und verbindende Kraft ausübt und seine königliche Majestät zur Geltung bringt; sie ist nicht diejenige, welche die Allgemeinheit des einen Glaubens als eine gesetzliche fordert, bewirkt und sichert und die Einheit des Glaubens aller als eine organische innerlich durch ein einigendes Prinzip bedingt und bestimmt, folglich den katholischen Glauben als solchen bestimmt und regelt. Diese Regel liegt offenbar nur in der Lehrgewalt des Lehrkörpers der Kirche, kraft welcher dieser das Wort Gottes als Glaubensgesetz promulgieren kann und soll.

Da aber der Lehrkörper selbst wieder in seinen Gliedern der Lehrgewalt des Hauptes unterstellt ist und durch dieses in der Einheit der Lehre zusammengehalten, resp. zu derselben angehalten werden kann und soll: so liegt die Regel des katholischen Glaubens ganz speziell und in letzter Instanz in der souveränen und zentralen Lehrgewalt des Papstes (resp. des Apostolischen Stuhles) als des unmittelbar Christi Stelle vertretenden Kanzlers Gottes auf Erden. Durch diese allein wird das Glaubensgesetz als ein von oben herab die ganze Kirche beherrschendes und von innen heraus die ganze Kirche einigendes vollkommen begriffen, und sie allein ist folglich auch schlechthin die ordentliche und dauernde lebendige Regel des katholischen Glaubens. Als solche erscheint sie schon in der alten Glaubensregel des Papstes Hormisdas, worin das Bekenntnis abgelegt wurde, dass man in allem dem Apostolischen Stuhle folge und alle seine Feststellungen verkünde, und dass eben die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit ihm entscheidend sei für die Teilnahme an der Gemeinschaft der katholischen Kirche.

400 Die unkirchliche Bewegung in der letzten Zeit ging, wie schon öfter bemerkt, davon aus, daß man kein eigentliches, die Gesamtheit der Gläubigen beherrschendes Glaubensgesetz und darum auch keine über der Gesamtheit stehende lebendige Regel des allgemeinen Glaubens anerkennen wollte. Man betrachtete die Gesamtheit der Gläubigen als ein freies Gemeinwesen, das namentlich in Sachen des Glaubens von keiner Macht über ihm geleitet und geregelt werde, und nur durch sein Gesamtzeugnis den Glauben, wie durch sein Gesamtwollen das Handeln des einzelnen regele und bestimme. Indem man aber so die tatsächliche und die effektive Katholizität des Glaubens für die einzige und die eigentliche Glaubensregel erklärte, setzte man an die Stelle des katholischen das protestantische Prinzip des freien ungebundenen Glaubens. Das Specifikum der eigentlichen katholischen Glaubensregel besteht nämlich nicht darin, daß sie durch die Gesamtheit konstituiert wird, sondern darin, daß eben die Einheit der Gesamtheit durch eine über ihr stehende Autorität bestimmt und bewirkt wird; sie zeigt nicht bloß an, was allgemein geglaubt wird, sondern bestimmt, was allgemein geglaubt werden soll.

Anmerkung PER: Diese Kritik Scheebens trifft auch auf die heute selbst unter Theologen anzutreffende Tendenz zu, die Nichtakzeptanz der kirchlichen Lehre (z.B. in der Sexualmoral) als Argument gegen die Lehre auszuspielen.

401 IV. Der Akt resp. der Komplex von Akten, wodurch das Wort Gottes aktuell und allgemein als Glaubensgesetz oder als regula fidei catholicae aufgestellt und aufrechterhalten wird, heißt in der technischen Sprache, ohne Rücksicht auf seine verschiedenen Formen, propositio ecclesiae. So im Conc. Vat. const. de fide c. 3: "Fide divina et catholica ea omnia credenda sunt, quae in verbo Dei scripto vel tradito continentur et ab ecclesia, sive solemni iudicio, sive ordinario et universali magisterio, tanquam divinitus tradita credenda propununtur." Es heißt 1) propositio, nicht im Sinne einer einfachen offiziellen oder selbst authentischen Vorlage oder Vortrags, sondern im Sinne einer autoritativen Promulgation eines bereits in der Offenbarung selbst von Gott gegebenen Gesetzes und der Vorschrift, den Inhalt der propositio zu glauben, so daß die Promulgation auch ihrerseits und in sich selbst eine gebieterische Forderung, die betreffende Wahrheit zu glauben, enthält. Das ist angedeutet in "credendum proponit" (was parallel ist mit dem "Doctrinam ab universa ecclesia tenendam definit" in der Const. de eccl. c. 4) und deutlich ausgesprochen darin, daß das solemne iudicium als die eine Form der propositio bezeichnet und dem magisterium ordinarium eben die gleiche Bedeutung wie jenem beigelegt wird. Es heißt 2) propositio ecclesiae = facta ab ecclesia, nicht in dem Sinne, daß sie von dem Gesamtkörper der Kirche ausgehe - sie ist ja vielmehr an den Gesamtkörper in seiner Eigenschaft als Glaubenskörper gerichtet (proponit oder definit doctrinam ab universa ecclesia tenendam oder credendam, s. oben) -, sondern so, daß unter der ecclesia proponens unmittelbar und formell die lehrende Kirche oder der apostolische Lehrkörper verstanden wird, dem allein in seiner Eigenschaft als öffentlicher Stellvertreter Christi und Organ des Heiligen Geistes die autoritative Promulgation des Wortes Gottes zusteht, und dessen Glieder als die Häupter und Hirten der Kirche den Glauben der Gemeinde zu leiten haben.

402 In der ältesten Zeit wurde die Glaubensregel z.B. von Origenes (De princ. praef.) einfach bezeichnet als praedicatio ecclesiastica, aber mit dem Zusatz manifesta, weil nur da, wo der Lehrkörper offen und entschieden seine volle Autorität für eine Lehre geltend macht, die letztere als durch die praedicatio förmlich promulgiert, d.h. offenkundig geltend gemacht erscheint. Wo die traditio ecclesiastica als canon des Glaubens aufgestellt wird, wie von Vinzenz von Lerin, ist dasselbe gemeint, wenn auch nicht so prägnant ausgesprochen; denn die offenkundige Überlieferung einer Lehre durch die Kirche ist ebenso wesentlich zugleich eine autoritative Forderung des Glaubens, wie jeder richterliche Lehrakt zugleich ein Akt der Überlieferung ist. So nimmt auch der heilige Thomas (in ep. ad Rom, c. 14, l. 3) es für gleichbedeutend, daß eine Wahrheit perfecte per ecclesiam manifestata, und daß sie per ecclesiam determinata sei. Wenn man in neuerer Zeit häufig das Bewußtsein der Kirche oder das Gesamtbewußtsein der Kirche als Regel des Glaubens bezeichnet hat, so können diese Ausdrücke einen guten Sinn haben, wie auch schon die Väter von einer conscientia fidei communis und einem catholicus intellectus gesprochen haben; aber sie können auch leicht irreleiten. Jedenfalls ist als eigentliche Regel des Glaubens nur das öffentliche, d.h. von der öffentlichen Autorität der Kirche offen ausgesprochene und als für alle Glieder maßgebend geltend gemachte Bewußtsein der Lehrer der Kirche zu betrachten.

403 V. Was näher die Art und Weise, wie die propositio ecclesiae stattfindet, und die Form, in welcher das Glaubensgesetz promulgiert wird und zur aktuellen Geltung gebracht wird, betrifft, so gestaltet sich dieselbe naturgemäß wie folgt.
1) Weil einerseits das durch die Organe des apostolischen Lehrkörpers mitzuteilende und zu bezeugende Wort Gottes als etwas durchaus Bestimmtes und Festes in die Kirche eintritt und wesentlich einen gehorsamen Glauben fordert, und so auch anderseits die Mitteilung und Bezeugung desselben notwendig auf die Erzeugung eines solchen Glaubens abzielt: so vollzieht sich ordentlicherweise die Promulgation des Glaubensgesetzes ipso facto durch die ordentliche und allgemeine Ausübung des Lehr- und Predigtamtes (das ordinarium und universale ecclesiae [docentis] magisterium, s. Conc. Vat. oben IV.), oder, was dasselbe ist, durch die lebendige Lehrtradition. Wo demnach tatsächlich und allgemein eine Lehre vom ganzen Lehrkörper entschieden und allgemein als Wort Gottes gelehrt wird, da ist auch die Pflicht, dieselbe zu glauben, allgemein promulgiert. So erscheint das Glaubensgesetz in der Kirche zunächst in der Form eines Gewohnheitsgesetzes und ist eben diese seine ordentliche und gleichsam angeborene Form. - 2) Erst aus Anlaß hartnäckiger Widersprüche oder auch infolge zeitweiliger und partieller Verdunkelung der Glaubenslehre wird es notwendig, durch formelle Akte der Lehrgewalt, durch feierliche Urteile (iudicia solemnia, Vat., s. oben IV.) das Glaubensgesetz als solches ausdrücklich zu formulieren und festzustellen, dasselbe als unbedingt maßgebende Regel des allgemeinen Glaubens einzuschärfen und so ihm den Charakter eines Statutar-, resp. eines geschriebenen Gesetzes zu geben, beziehentlich die ihm bereits als Gewohnheitsgesetz innewohnende Verpflichtungskraft zur Geltung zu bringen. Allerdings sind die autoritativen Bestimmungen und Feststellungen der kirchlichen Lehrgewalt insofern keine eigentlichen Gesetze, sondern bloße Urteile oder Entscheidungen, als sie nur ein von Gott gegebenes und in der Überlieferung der Kirche bezeugtes Gesetz deklarieren; ja meistens auch insofern, als sie ein bereits tatsächlich und notorisch geltendes Gesetz nur nachdrücklicher einschärfen und handhaben. Sie kommen aber darin mit dem Gesetze, resp. der souveränen Promulgation eines Gesetzes überein, daß sie, wie sie von souveräner und allgemeiner Autorität ausgehen, auch allgemein in der Weise eines Gesetzes verbinden und unter Umständen, wo das Vorhandensein des Gesetzes und damit dessen Verpflichtung bisher nicht allgemein anerkannt war, das Gesetz selbst in volle Kraft setzen und die allgemeine Verbindlichkeit der Befolgung desselben erzeugen können. Da diese zweite Form der propositio ecclesiae und des Glaubensgesetzes bestimmter und greifbarer ist als die erste, und so dieser nicht bloß zu Hilfe kommt, sondern auch nach Umständen sie erst herbeiführt oder doch ihren Bestand sichert: so hat sie einen relativen Vorzug vor dieser. An sich aber sind beide Formen der Glaubensregel ebenso gleichberechtigt und gleichwertig wie die beiden Formen der apostolischen Glaubensquelle und stehen auch in einem ähnlichen Wechselverhältnis zueinander wie diese.

404 Die liberalisierenden und darum gegen die feste, wirksam bindende Glaubensregel feindselig oder doch unfreundlich gestimmten Gelehrten haben, je nachdem sie ihnen unbequem wurde, bald die eine, bald die andere Form der Glaubensregel herabgesetzt. Solange kein kirchliches Urteil sie drückte, hieß es, man dürfe nur dasjenige als Glaubensgesetz ausgeben, was von der Kirche als solches richterlich entschieden oder definiert sei. (Vgl. hierüber besonders Kleutgen, Th. d. V. I. Bd., I. Abh., II. Hptst., II.) Sobald aber eine förmliche Entscheidung ihnen in den Weg kam, erklärten sie diese für eine bloß juristische, mechanische Formalität, deren "formelle Autorität" erst durch das magisterium ordinarium und universale, oder vielmehr durch das testimonium omnium fidelium zur zuverlässigen Glaubensregel werde.

405 Wie bei der zweiten Form des Glaubensgesetzes oder der Glaubensregel die Lehrgewalt des Lehrkörpers ausdrücklich hervortritt: so erscheint darin auch bei jedem vollgültigen Urteile ausdrücklich das Oberhaupt des Lehrkörpers als der oberste und zentrale Regulator des katholischen Glaubens, indem nur die von ihm ausgehenden und die von ihm bestätigten Urteile der übrigen Glieder des Lehrkörpers schlechthin als katholische Glaubensregel angesehen werden können. Bei der ersten Form hingegen tritt ebensowenig wie die Lehrgewalt überhaupt, so auch der oberste Träger derselben ausdrücklich hervor. Wie jedoch bei jedem Gewohnheitsgesetze der gesetzgeberische Wille des Souveräns, obgleich nicht formell dokumentiert, doch tatsächlich der eigentliche innere Grund der Verbindlichkeit des Gesetzes ist: so ist auch beim Glaubensgesetze die stillschweigende Sanktion der allgemeinen Lehre durch den Apostolischen Stuhl der eigentliche Grund der juristischen Kraft und der vollen allgemeinen Verbindlichkeit des Glaubensgesetzes. Eine formelle Sanktion ist zudem hier um so weniger notwendig, als schon das in der allgemeinen Lehre liegende authentische Zeugnis für das Gesetz Gottes dasselbe tatsächlich zur allgemeinen Kenntnis bringt. Es muß dies hervorgehoben werden, damit man sich bewußt bleibe, daß beide Formen auf demselben einheitlichen Organismus des Lehrapostolates beruhen, und daß folglich das Zentrum der Kirche in beiden Fällen das eigentliche Fundament der Glaubenseinheit bildet.

406 Die in der jüngsten Zeit oft gehörte Behauptung, daß das Urteil des Lehrkörpers oder seines Hauptes nur die Bedeutung haben könne, freventliche Widersprüche gegen das notorisch in der Kirche geltende Glaubensgesetz zurückzuweisen, nicht aber ein bis dahin nicht notorisch gültiges Glaubensgesetz, welches sogleich ohne Frevel von vielen bezweifelt und übertreten werden konnte, in Kraft zu setzen, also mehr nur einen polizeilich-richterlichen als legislatorischen Charakter haben könne, beruht zunächst auf einer doppelten falschen Voraussetzung. Einerseits setzt man voraus, daß überhaupt die ordentliche kirchliche Überlieferung immer gleich allgemein und ausdrücklich sein müsse, wonach selbst das ordentliche allgemeine Lehramt auf dem Wege allmählicher Entwicklung eine zeitweilig latent gewordene Lehre später nie mehr zu Geltung bringen könne; in dieser Voraussetzung wäre eine richterliche Entscheidung von Zweifeln allerdings nicht nur nie möglich, sondern auch überflüssig. Anderseits setzt man voraus, daß das Urteil der kirchlichen Lehrgewalt ein bloß juristischer und nicht zugleich ein charismatischer Akt, und dazu ein willkürlicher, nicht an ein vorausgehendes, aber durch ihn selbst peremtorisch festzustellendes Zeugnis gebundener Akt sei, resp. in sich selbst kein eminentes Zeugnis enthalte. In dieser Voraussetzung könnte allerdings das Urteil keine absolute Gewißheit erzeugen und darum keine Glaubensregel aufstellen, wo eine solche nicht bereits in voller Geltung war; aber dann wäre auch die Kirche hilf- und ratlos, wo die Bedürfnisse der Zeit eine solche Entscheidung erheischen; und überhaupt wäre ihre ganze Einrichtung mehr ein Mechanismus als ein lebendiger Organismus, weil sie nicht in sich selbst die notwendigen Mittel zu ihrer Erhaltung und Entwicklung besäße. Beide Voraussetzungen aber sind nach dem oben (§ 22) Gesagten ebenso absolut falsch, wie die darauf gestützte Behauptung absolut unkatholisch ist. Denn es war stets die Überzeugung aller Katholiken, daß der kirchliche Lehrkörper nicht bloß über freventliche Zweifel, sondern auch über solche Zweifel, die bislang als mehr oder minder scheinbar berechtigt und als praktisch erlaubt galten, peremtorisch und unfehlbar entscheiden könne. Einen Unterschied zwischen scheinbar berechtigten und freventlichen Zweifeln kann man schon deshalb hier nicht machen, weil eben die freventlichen Zweifel und Widersprüche stets mit der Prätension ihrer Berechtigung auftreten, in der Regel auch einen Schein von Berechtigung sich zu verschaffen wissen, folglich die Entscheidung des Lehrkörpers auch diesen gegenüber sehr leicht als inkompetent zurückgewiesen werden könnte und so wirkungslos gemacht würde.

407 VI. Die regulative Kraft der propositio ecclesiae, welche einerseits die gehorsame Annahme der vorgelegten Lehre von allen fordert und anderseits die unfehlbare Gewißheit derselben allen gewährleistet, erstreckt sich zwar zunächst, direkt und vorzüglich auf den Gehorsam und die Gewißheit des göttlichen Glaubens selbst, wie auch der formelle Inhalt der göttlichen Offenbarung der nächste und direkte Gegenstand der Vorlage und die Einheit des Glaubens der nächste und unmittelbare Zweck der kirchlichen Lehrgewalt ist. Wie jedoch die Lehrtätigkeit des Apostolates, um die Zwecke der Offenbarung vollständig zu realisieren und nicht bloß die Substanz des Glaubens, sondern auch dessen Integrität zu bewahren und damit auch jene vollständig zu entwickeln und geltend zu machen, über die Substanz des Glaubens hinausgreifen muß: so tritt sie auch nach dieser Seite unter Umständen als allgemein bindende und zugleich unfehlbar leitende Vorlage der betreffenden Wahrheiten auf. Weil sie aber hier nicht mehr den göttlichen Glauben, sondern nur überhaupt die gehorsame und zweifellose Annahme der betreffenden Wahrheiten verlangt und verbürgt (tenendum im weiteren Sinne, nicht credendum, definit, C. Vat. de eccl. c. 4): so erscheint sie hier als Regel der theologischen Erkenntnis (resp. Überzeugung) überhaupt, oder speziell als Regel des theologischen oder religiösen Denkens. Demnach gibt es in der Kirche neben oder vielmehr im Anschluß an das eigentliche Glaubensgesetz noch ein Gesetz (resp. eine gesetzliche Einheit und Allgemeinheit) des theologischen Denkens oder der religiösen Überzeugung, welchem jedes Glied der Kirche als solches oder jeder Katholik kraft seiner katholischen Profession sich nicht bloß äußerlich, sondern innerlich unterwerfen und konformieren muß, aber auch ohne Gefahr der Täuschung vertrauensvoll konformieren kann. Die Verletzung dieses Gesetzes aber involviert ebenso eine geistige Auflehnung gegen die Autorität der Kirche wie eine Verachtung ihrer übernatürlichen Wahrhaftigkeit; sie ist daher, wenn schon nicht direkt als Verleugnung der fides catholica, dann doch wenigstens als Verleugnung der professio catholica im allgemeineren Sinne des Wortes unter Umständen, d.h. insoweit die Unfehlbarkeit der Kirche in solchen Bestimmungen als Glaubenslehre betrachtet werden kann, aber auch und jedenfalls, soweit es sich um die Zensur von unmittelbar glaubenswidrigen Sätzen handelt, als indirekte Verleugnung der fides catholica zu betrachten. Weil jedoch die letzteren Wahrheiten nicht als unmittelbar von Gott kommend und daher auch nicht als an sich schon den Gehorsam des Glaubens fordernd vorgelegt werden: so tritt bezüglich ihrer die strenge Pflicht des Gehorsams in der Regel nicht so sehr auf Grund des magisterium ordinarium, als vielmehr auf Grund der allgemeinen praktischen Geltendmachung oder eines souveränen Urteils ein.

408 VII. Wie indes die kirchliche Überlieferung durch das magisterium ordinarium nicht immer ein ganz unzweideutiges und vollgültiges Zeugnis für alle und jede Lehre ablegt, aber darum doch das Zeugnis immer noch ein höchst beachtenswertes und moralische Gewißheit gewährendes sein kann: so sind auch nicht alle irgendwie richterliche, legislatorische oder analoge Akte eines jeden Trägers der Lehrgewalt, welche zur Regulierung und zum Schutze des Glaubens erlassen werden, absolute, d.h. unbedingt bindende und unfehlbare Regeln des Glaubens und Denkens, ohne jedoch darum sofort auch alle regulative Kraft zu verlieren. Sie können vielmehr unter Umständen, kraft einer auf der pietas fidei im weiteren Sinne beruhenden Präsumtion, relativ und moralisch in ähnlicher Weise wirken wie die absolute Regel, d.h. wenigstens ehrfurchts- und vertrauensvolle innere Annahme einer Lehre beanspruchen, so daß die Verweigerung der inneren Unterwerfung eine Unehrerbietigkeit und Verwegenheit involviert.

409 Das geschieht z.B. 1), wo die kirchliche Lehrgewalt allgemein den Vortrag bestimmter Lehren wegen ihrer Bedenklichkeit und Gefährlichkeit verbietet, wie das im 17. Jahrhundert öfter, besonders auch mit der Leugnung der Unbefleckten Empfängnis Mariä, geschehen, oder den Vortrag einer andern als einer überwiegend berechtigten gebietet (wie z.B. im Conc. Viennense bezüglich der Taufgnade geschehen), ohne zugleich peremtorisch die Annahme der Falschheit der ersteren oder der Wahrheit der letzteren zu fordern; hier erstreckt sich der juristische Gehorsam nur auf das äußere Verhalten; aber die Präsumtion, daß die Kirche nicht leicht in dieser Weise eine wahre Lehre verbreiten [Anm. PER: Wohl ein Schreibfehler; es müßte eher heißen: "verbieten"] oder eine falsche zur Geltung bringen könne, bewirkt die moralische Pflicht, in der Weise moralischer Gewißheit jene für falsch, diese für wahr zu halten. Es geschieht 2), wo zwar ein förmliches Urteil einer kirchlichen Autorität über die Lehre selbst vorliegt, aber nicht von der höchsten Autorität ausgegangen oder bestätigt ist; auch dieses Urteil verpflichtet zunächst bloß zum äußern Gehorsam, zur innern Konformation aber nur moralisch im Verhältnisse zur Präsumtion der Zustimmung der höchsten resp. der Gesamt-Autorität des Lehrkörpers. Es geschieht 3), wo eine Lehre selbst von der höchsten Autorität, z.B. in einer päpstliche Allokution oder Enzyklika zwar nachdrücklich empfohlen und eingeschärft, jedoch nicht geradezu vorgeschrieben wird, oder aber getadelt und gerügt, jedoch nicht förmlich verworfen wird. Bei solchen Akten kann die fragliche Präsumtion bald für die ganze Kirche, bald bloß für einen Teil, bald für alle Gläubige, bald bloß für die schlichten, ungelehrten gelten, bald der Pflicht des strengen Gehorsams und der vollen zweifellosen und untrüglichen Gewißheit nahekommen, bald bloß eine gewisse Willfährigkeit und Billigung erzeugen. Vgl. Al. Schmid, Wissenschaft und Autorität 114 ff.

410 So sehr man die Bedeutung der hier erwähnten Akte und der ihnen entsprechenden Regelung des Glaubens beibehalten muß, so sehr muß man sie von der eigentlichen und strengen Regel des Glaubens und Denkens unterscheiden, was am besten dadurch geschieht, daß man sie gegenüber der letzteren, als der gesetzlichen Norm des Glaubens und Denkens, als polizeiliche Normen bezeichnet. Speziell aber muß man diese polizeilichen Normen bezügliches ihres Einflusses auf die Regelung der innern Überzeugung wohl unterscheiden von den über den Bereich des göttlichen Glaubens hinausgreifenden gesetzlichen Regeln des theologischen Denkens (oben VI.) Beide haben nämlich das gemeinschaftlich, daß sie zwar nicht den Glauben selbst fordern, wohl aber die gläubige Gesinnung oder die pietas fidei, d.h. die Achtung und Ehrfurcht vor Gott und der von ihm bestellten Lehrautorität in Anspruch nehmen, um durch sie dem Denken seine rechte Richtung zu geben. Aber die letzteren nehmen die gläubige Gesinnung allgemein als wahren und unbedingten Gehorsam, die ersteren bloß als einfache Achtung und Ehrfurcht, die einen weiteren Spielraum übrig läßt, oder als einfache Pietät im gewöhnlichen Sinne des Wortes in Anspruch.

411 Würde man die sub VI. und VII. behandelten beiden Formen der Regelung des theologischen Denkens nicht unterscheiden, so müßte entweder die zweite in der ersten, oder die erste in der zweiten aufgehen. In jenem Falle könnte man nicht die Unfehlbarkeit der ersteren Form festhalten; in diesem müßte man der zweiten Form, wo sie nicht die Bedingung der ersteren zugleich erfüllt, allen Wert absprechen, wofern man nicht zugleich sich über die erstere mit hinwegsetzt. Der schroffe kirchliche Liberalismus (seit den Jansenisten ausgebildet und in der Aufklärungszeit auf die Spitze getrieben), der von Pietät nichts kennt, wählte natürlich den letzten Ausweg; der zahmere und wohlwollende (im 17. Jahrhundert durch Holden, Analysis fidei, im vorigen Jahrhundert durch Muratori, De ingeniorum moderatione, und Chrismann, Regula fidei, im gegenwärtigen besonders durch P. Ryder in England: Idealism in theology, vertreten) wählten den ersteren Ausweg als "versöhnende Mitte", brachte aber damit dem schroffen zersetzenden Liberalismus die zwingende Kraft und unfehlbare Wahrheit der feierlichsten und wichtigsten Lehrentscheidungen, wo sie nicht formell den Inhalt der Offenbarung aussprechen, zum Opfer. Vgl. hierzu den folgenden § 29 sub III. und IV.

412 VIII. Die oben erklärte propositio ecclesiae ist naturgemäß, wie die wahre und vollkommene, so auch die einzige unmittelbare Regel des Glaubens in dem Sinne, daß zu einer gegebenen Zeit die Autorität der gegenwärtigen lehrenden Kirche es ist, wodurch das Glaubensgesetz formell und unmittelbar seine volle Kraft und Wirksamkeit gewinnt. Damit ist aber nicht gesagt, daß bloß die jeweilige aktuelle und ausdrückliche Vorlage von seiten der gegenwärtigen Kirche als vollgültige Glaubensregel betrachtet werden könne. Denn die gegenwärtige kirchliche Autorität tritt kraft der Kontinuität mit der früheren ipso iure, ohne einen neuen Akt von ihrer Seite, für alles das ein, was früher durch dieselbe als Glaubensgesetz notorisch erklärt und gehandhabt worden ist, damit aber auch für alles, was in den von ihr anerkannten oder sanktionierten Quellen, Kanälen und Ausflüssen der kirchlichen Tradition notorisch als klar und vollgültig bezeugt vorliegt.

413 Aus diesem Grunde können und müssen in der Tat zwar nicht neben, sondern in engster Verbindung mit der lebendigen kirchlichen Autorität und in Beziehung auf dieselbe noch andere Medien als kirchliche Regeln des Glaubens und der theologischen Erkenntnis bezeichnet werden. Dieselben sind zwar schon an sich, in ihrer Eigenschaft als Erkenntnismedien in der Weise eine objektive Regel der aus ihnen zu schöpfenden Erkenntnis, wie jeder Beweis für eine Wahrheit zugleich ein Kriterium für das Urteil über dieselbe ist; sie können deshalb auch, soweit sie der gegenwärtigen Lehrverkündigung zeitlich oder logisch vorausgehen, für diese selbst eine Regel sein, nach welcher dieselbe sich richten kann und soll. Aber diese Art der Regelung ist auch von ganz anderer Art als die effektiv wirksame autoritative Regelung des allgemeinen Glaubens und muß folglich durch die Wirksamkeit der lebendigen kirchlichen Autorität ergänzt werden, was die Theologen dadurch auszudrücken pflegen, daß sie sagen: an sich seien jene Medien eine regula fidei remota, und sie würden erst zur regula proxima in Verbindung mit der Aktion der lebendigen kirchlichen Autorität.

414 Indes ist der relativ selbständige regulative Charakter dieser regulae remotae, sowie ihr Verhältnis zur lebendigen kirchlichen Autorität bei den einzelnen je nach nach ihrer eigentümlichen Natur wesentlich verschieden:

1. Die Heilige Schrift als urkundliches Wort Gottes empfängt von der kirchlichen Autorität in keiner Weise ihre innere Gewährschaft oder Autorität, sondern bloß die äußere Promulgation ihrer inneren Gewährschaft und der Richtigkeit ihres Textes, sowie die authentische Erklärung ihres Sinnes. Sie bildet daher eine unmittelbar göttliche, durchaus selbständige und vom kirchlichen Lehramte unabhängige Regel, welche diesem selbst für alle Zeiten von Gott als Regel seiner Lehre vorgezeichnet ist, aber allerdings erst durch dasselbe zur effektiven Regel des allgemeinen Glaubens wird.

2. Die Dokumente der kirchlichen Tradition der Vergangenheit sind insofern eine selbständige Regel, als sie der kirchlichen Predigt der Gegenwart gegenübergestellt werden; denn vor dieser vorhanden, sind sie auch für dieselbe maßgebend, während sie ihre eigene regulative Kraft nicht unmittelbar von Gott, sondern von der in ihr dokumentierten kirchlichen Predigt der Vergangenheit haben. Je nachdem sie diese kirchliche Predigt unmittelbar oder mittelbar, als vollgültige Instrumente von Glaubensgesetzen oder richterlichen Entscheidungen oder einfach als Zeugnisse, authentisch oder bloß historisch dokumentieren, haben sie eine höhere oder geringere innere Würde und Autorität, wie für den Beweis der kirchlichen Lehre der Vergangenheit, so auch für die Regelung der Lehre und des Glaubens der Gegenwart. Voran stehen a) die von der früheren Kirche promulgierten Glaubenssymbole und Glaubensentscheidungen, welche als ausdrückliche und ewige Glaubensgesetze in sich selbst und durch sich selbst förmliche und stetige Glaubensregeln (regulae fidei) genannt wurden. Daran schließen sich b) die Dokumente der heiligen Väter und der Theologen, welche als authentischer resp. authentisierter Ausdruck der früheren kirchlichen Lehre zwar nicht formell das Glaubensgesetz selbst repräsentieren, aber teils das Dasein desselben formell bezeugen resp. tatsächlich bekunden, oder vollends, wie es namentlich bei den Vätern der Fall ist, durch das kirchliche Gesetz, welches die Befolgung ihrer einstimmigen Lehre gebietet, eine entlehnte gesetzliche Kraft erhalten. Endlich kommen c) die einfach historischen Dokumente, welche als solche weder eine eigene noch eine entlehnte kirchlich-regulative Kraft haben, sondern bloß das Vorhandensein einer kirchlichen Regel mehr oder minder sicher konstatieren.

3. Aber auch in der unmittelbaren Gegenwart kann noch an eine gewisse und zwar lebendige Glaubensregel mit einer relativen Selbständigkeit und logischen Priorität gegen der kirchlichen Lehrautorität, namentlich der richterlichen Entscheidung derselben, und für diese selbst maßgebend, gedacht werden. Eine solche ist der sensus omnium fidelium et doctorum, inwiefern er als Widerhall der vorausgegangenen kirchlichen Predigt oder auch als Zeugnis des in der ganzen Kirche wirkenden Heiligen Geistes aufgefaßt wird. Aber diese Regel ist darum nicht das Glaubensgesetz selbst noch die eigentliche Promulgation desselben, sondern nur ein Zeugnis für seinen bisherigen Bestand und göttlichen Ursprung und erlangt daher ebenfalls ihre formelle juristisch regulative Kraft erst durch die Autorität der gegenwärtigen kirchlichen Lehrautorität.

415 Was insbesondere die Abhängigkeit der gegenwärtigen kirchlichen Lehrautorität von den erwähnten, in relativ selbständiger Weise neben und vor ihrer Tätigkeit existierenden Regeln betrifft: so ist dieselbe nur gegenüber der Heiligen Schrift, als einer speziellen ganz unmittelbaren Repräsentation der Autorität Gottes, eine Abhängigkeit der Unterordnung unter eine in gewisser Beziehung höhere Autorität. Gegenüber den vollkommen autoritativen Kundgebungen der früheren Kirche beruht jene Abhängigkeit nicht auf Unterordnung der späteren kirchlichen Autorität unter die frühere, sondern auf der juristischen Kontinuität oder Identität beider, indem die spätere Kirche, wenn sie die frühere verleugnen wollte, damit auch sich selbst verleugnen würde: diese Abhängigkeit schließt folglich die Gleichstellung beider nicht aus, sondern ein. Gegenüber der Lehre der Väter und Theologen resp. dem sensus fidelium et doctorum schließt die Abhängigkeit sogar nicht einmal eine Überordnung der kirchlichen Autorität über diese Regeln aus, indem jene diese nur als achtungswürdige Zeugnisse der ihr untergeordneten Glieder der Kirche zu adoptieren und genehmigen hat, nicht aber durch dieselben autoritativ geregelt wird.

Zur Fortsetzung:
§ 29: "Die kirchliche Regel des Glaubens und Denkens im objetiven Sinne: Katholische Wahrheit und katholisches Dogma. Einteilung und Kennzeichen derselben."


Weitere theologische und philosophische Werke in Auszügen:

Johann Adam Möhler: Symbolik

Martin Deutinger: Das Prinzip der neueren Philosophie

Richard Swinburne: Gibt es einen Gott?

Themen

Engel
Englandreise
Entmytholog.
Entweltlichung
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Evangelisierung II
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Exegese
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