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Fragwürdige Bischofsberater

Gerhard Kruip

Ein besonders nettes Willkommensgeschenk hat dem Papst zu seinem Deutschlandbesuch im September 2011 die Herder-Korrespondenz bereitet: In einem Sonderdruck Die Kirche in Deutschland vor dem Papstbesuch (Juli 2011) nutzt Prof. Dr. Gerhard Kruip (Mitinitiator des Memorandums und Teilnemer am Dialog-Forum in Mannheim) die Missbrauchsfälle, um eine Lockerung des Verbots der künstlichen Empfängnisverhütung und des vorehelichen Geschlechtsverkehrs zu fordern (Artikel Ins Mark getroffen. Wie kann die Kirche moralische Autorität zurückgewinnen?). Zu Recht geißelt er die Diskrepanz zwischen Verurteilung sexuellen Missbrauchs in der Lehre und gleichzeitigem Verzicht, ihn zu ahnden, in der Praxis als Doppelmoral. Um so perfider ist seine Ausweitung des Doppelmoralvorwurfs an das kirchliche Lehramt wegen dessen Festhaltens an den erwähnten Verboten. Und als ob letztverbindliche Entscheidungen des obersten Lehramtes für ihn keine Bedeutung hätten, bezeichnet Kruip “das Verbot der Priesterweihe für Frauen” als ungerecht.

Das Pikante an der Angelegenheit aber ist die Tatsache, dass Kruip, der in Mainz einen Lehrstuhl an der Katholisch-Theologischen Fakultät innehat, Berater der deutschen Bischöfe ist, nämlich der Kommission VI und der Unterkommission für Kontakte mit Lateinamerika der Deutschen Bischofskonferenz, außerdem Mitarbeiter in der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik der Deutschen Bischofskonferenz.

Auf diesem Hintergrund wird es verständlich, warum die Deutsche Bischofskonferenz jene Forderungen des Memorandums, die mit der Lehre der Kirche unvereinbar sind, nie klar zurückgewiesen hat.


Eva-Maria Streier

"Dass sich ein katholischer Verlag und eine katholische Journalistin in nicht unmaßgeblicher Weise an einem Feldzug beteiligen, dessen Ziel darin besteht, deutsche Forscher mit den jeweils neuesten embryonalen Stammzellen zu versorgen, mutet angesichts der unmissverständlichen Lehre der katholischen Kirche in dieser Frage zumindest befremdlich an."
So schreibt Stefan Rehder am 28. Oktober 2006 in der Tagespost. Bei dem katholischen Verlag handelt es sich um den Herder-Verlag, bei der katholischen Journalistin um Eva-Maria Streier, Mitglied der „Gesellschaft katholischer Publizisten Deutschlands e.V.“ (GKP), Mitglied des „Zentralkomitees Deutscher Katholiken“ (ZdK) und Beraterin der „Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz“. Sie hat mitgewirkt bei einem Buch, in dem DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker "den freien Zugriff der Wissenschaft auf menschliche Embryonen" (Rehder) fordert.

Zum Thema Stammzellen


Erhöhung

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich auf ihrer Vollversammlung im Frühjahr 2013 für eine Erhöhung des Anteils der Frauen in der Theologenausbildung und an verantwortungsvollen Stellen in der Kirche ausgesprochen. Ich wäre schon froh, wenn sich der Anteil gläubiger Katholiken, die auf dem Boden des Lehramtes stehen, in diesen Bereichen erhöhte.


Versagen und keine Selbstkritik

Prof. Dr. Manfred Spieker hat in der Tagespost (Ausgabe vom 22. Februar 2014) in einer ausführlichen Analyse (Umfrage im Sog der Politik. Defizitäre Antworten, ignorierte Fragen und ungewollte Offenbarungen) die zusammenfassende Antwort der Deutschen Bischofskonferenz auf den römischen Fragebogen zu den “pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung” einer vernichtenden Kritik unterzogen. Das Papier, ausgearbeitet vom Sekretariat der Bischofskonferenz, spiegelt die Haltung des Mainstreams katholischer Moraltheologen, die sich seit langer Zeit in vielen Punkten im Dissens zum kirchlischen Lehramt befinden. Nicht einmal als Minderheitenposition wird der Standpunkt der katholischen Lehre ausgearbeitet, wie dies etwa bei den Stellungnahmen des Deutschen Ethikrates üblich ist, im Gegenteil: Man bemüht sich, diese Position zu marginalisieren, indem man die Katholiken, die auf der Basis von Familiaris consortio die natürliche Empfängnisregelung der künstlichen Empfängnisverhütung vorziehen, als eine Minderheit von unter drei Prozent angegeben wird, und indem von jenen kirchlichen Bewegungen, die sich mit viel Engagement diesem Anliegen widmen, behauptet wird, sie seien “kein Massenphänomen”. Treffend schreibt Spieker dazu: Das Papier der Bischofskonferenz “akzentuiert die Fragen nach der Akzeptanz und ignoriert vielfach jene nach den pastoralen Anstrengungen zur Verbreitung und Vertiefung der kirchlichen Lehre. Wäre die Bischofskonferenz auf letztere auch nur halbwegs angemessen eingegangen, hätte sie selbstkritisch über das Versagen der Verkündigung und der Moraltheologie seit dem Konzil sprechen müssen.”
Ganz meine Rede, vgl. meine Glosse Nr. 11.


Prozeß der Selbstabschaffung

Nicht selten erliegen vor allem kirchliche Verantwortungsträger einer Haltung, die Kurt Tucholsky in seinem „Braut- und Sportunterricht“ von 1930 im Blick auf die Haltung der evangelischen Landeskirchen gegenüber den damaligen Zeitläuften als eine Haltung des „Wir auch“ verspottet hat. Weil die Kirchen hinter allem und jedem herrennen, um überall mit ihrem Segen dabeizusein, schaffen sie nach Tucholsky nichts mehr, sondern werden allmählich abgeschafft. Leider ist auch die katholische Kirche in Deutschland, wenn auch etwas zeitverschoben gegenüber der evangelischen Kirche, von diesem Prozeß der Selbstabschaffung bedroht.

Aus: Hubert Windisch, In guten und in bösen Tagen … Auf dem Weg zur Bischofssynode 2015, in: Una Voce Korrespondenz, 3. Quartal 2015, S. 338


Nur sechs von siebenundzwanzig?

Lehnen in Deutschland wirklich nur sechs von 27 Diözesanbischöfen ein Scheidungsritual ab? Hubert Gindert berichtet im FELS (Juli 2017), dass eine Leserin in dieser Sache alle deutschen Diözesanbischöfe angeschrieben habe. Nur sechs Bischöfe antworteten eindeutig, acht antworteten mit “mehr oder weniger höflichen Floskeln und Ausflüchten”, der Rest antwortete gar nicht. Hintergrund der Anfrage war eine Ausgabe der im Herder-Verlag erscheinenden Zeitschrift Gottesdienst (2/2017), in der für Scheidungsrituale geworben wurde. Dr. Francois Reckinger hatte im FELS vom März 2017 die Zeitschrift kritisiert mit den Worten: “Mit dem Leitartikel unter dem oben genannten Titel ‘Scheidungsrituale’ ist nun allerdings ein Grad des Widerspruchs gegenüber der geltenden kirchlichen Lehre erreicht, den wir als gläubige und gewissenhafte Christen – Laien und Amtsträger – nicht hinnehmen können und dürfen.”


Ausreden

Seit Jahren ignoriert die Kirchenführung in Deutschland die Glaubenskrise, die sich nicht nur an Austrittszahlen und dem Rückgang des Gottesdienstbesuchs zeigt. Wir kennen die Ausreden seit Jahrzehnten. Austrittsbewegungen, erklärte schon vor 25 Jahren der Münchner Kardinal Wetter beschwichtigend, seien kein spezifisch kirchliches Phänomen, sondern durchzögen die gesamte Gesellschaft. “Wir lassen uns keine Krise aufschwätzen” lautet seither der Tenor.

Bernhard Müller im Editorial im PUR-Magazin vom August/September 2018.


Noch ein Missbrauch

Auf einen Missbrauch eigener Art, nämlich den Missbrauch des Bischofsamtes, hat Gerhard Kardinal Müller in einem Artikel für die Tagespost im Februar 2019 aufmerksam gemacht: Es sein “ein Missbrauch des Bischofsamtes, die rechtmäßigen, das heißt in Schrift und Tradition begründeten Weisungen des Papstes und der zuständigen Kardinalskongregationen, die in seinem Auftrag und als Vertreter der römischen Kirche der universalen Kirche dienen, beiseite zu schieben. Bischof zu sein heißt nicht, machen zu können, was man gerade selbst für richtig hält, oder seine Mitarbeiter besonders im sensiblen Feld der Priesterausbildung machen zu lassen, was gerade im Mainstream liegt, um sich von kirchenfeindlichen Medien schmeicheln zu lassen.”


Nachhilfeunterricht aus Amerika

Aus Amerika kommt Nachhilfeunterricht in kirchlicher Morallehre. Aus einem offenen Brief von George Weigel an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx, den kath.net übersetzt hat.

Laut einem Bericht der „Catholic News Agency“ haben Sie vorgeschlagen, dass „die personale Bedeutung der Sexualität bislang keine hinreichende Beachtung von der Kirche erhalten hat“. Wirklich? Wurde des hl. Johannes Pauls II. Theologie des Leibes nicht ins Deutsche übersetzt? Oder wurde es etwa übersetzt, ist aber zu lang und zu schwierig, um von den deutschsprachigen Katholiken richtig aufgenommen zu werden? Gestatten Sie mir dann, auf die Seiten 347–358 von „Zeuge der Hoffnung“ (erschienen bei Ferdinand Schoeningh, 2002), die deutsche Übersetzung von „Witness to Hope“, dem ersten Band meiner Biographie von Johannes Paul II., aufmerksam zu machen. Dort finden Sie und Ihre Kollegen eine Zusammenfassung der Theologie des Leibes, einschließlich einer reichhaltigen personalen Erklärung der kirchlichen Ethik der menschlichen Liebe und ihrem biblisch verwurzelten Verständnis des Zölibats für das Reich Gottes.

Das Original erschien in First Things.


Strukturen der Sünde

Erlebt die Kirche vielleicht gerade eine historische Transformation? Eine Dynamik der neuen Zusammengehörigkeit und Glaubenstreue – wider einer Pastoral der nationalen Sonderwege und Kompromisse? Im Zeitalter der Globalisierung muss sich kein Katholik mehr mit lokalen Hirtenworten zufrieden geben, wenn deren katholische Substanz auf Miniaturgröße geschrumpft ist. Dort, wo die „Strukturen der Sünde“ ein nationales kirchliches System so prägen, dass eine authentische katholische Verkündigung und Binnenkultur nahezu verunmöglicht wird, darf der individuelle Gläubige die Hirten, an denen er sich persönlich orientieren möchte, in Übereinstimmung mit seinem Gewissen frei wählen.

Stefan Meetschen im Leitartikel der Tagespost vom 22. August 2019 über den synodalen Weg.


Das Waterloo der deutschen Kirche

Dass die Mission und Evangelisation hierzulande aber wieder zur Priorität Nummer Eins werden müsse, wie es im Papstschreiben an die Deutschen deutlich wird, ist den deutschen Bischöfen zwar geläufig (vgl. Anm. 38), aber ihnen ist die „soziale Seite“ des Evangeliums scheinbar wichtiger. (...) Massenhaft glauben selbst die Kirchenmitglieder nicht mehr an wesentliche Glaubensinhalte, wie etwa an den dreifaltigen Gott, die leibliche Auferstehung Christi oder dessen reale Gegenwart in der heilige Eucharistie; ein Drittel der deutschen Bevölkerung ist noch nicht einmal getauft. Kein Grund, sich um die „Gewinnung neuer Christen“ Gedanken zu machen? Dieser Frage stellten sich die deutschen Bischöfe noch vor zwanzig Jahren in ihrer kleinen Schrift „Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein“. Doch seitdem blieb die gute Frage weitgehend unbeantwortet, wie die kirchliche Statistik erbarmungslos zeigt. Die steigenden Zahlen der Kirchenaustritte und die abnehmenden Zahlen bei Taufen, Trauungen, Konversionen, Übertritten etcetera offenbaren ein sich abzeichnendes „Waterloo“ der katholischen Kirche in Deutschland.

Aus: Hinrich E. Bues, Sehnsucht nach dem Geist des Bonifatius, in der Tagespost vom 17. Oktober 2019. Es handelt sich um eine kritische Besprechung des bischöflichen Schreibens “Evangelisierung und Globalisierung”, das am 24. September 2019 vorgestellt worden war.


Eisiges Schweigen

Erinnert man sich noch an den ebenso wütenden wie pöbelhaften Proteststurm, mit dem der Essener Katholikentag von 1968 auf Pauls VI. längst als prophetisch erkannte „Pillenenzyklika“ Humanae vitae geantwortet hat? Damals hatten sich nur zwei der deutschen Moraltheologen - Gustav Ermecke und Bernhard Schöpf – auf die Seite des Papstes geschlagen. Sie wurden gnadenlos dafür abgestraft. Weiß man noch, dass Kardinal Döpfner, Vorsitzender der DBK, jenen Brief des Berliner Kardinals Bengsch an die DBK, in dem die Bischöfe der DDR sich zur Enzyklika des Papstes bekannten, einfach unterschlagen hat? Nur so konnte es zu jener „Königsteiner Erklärung“ kommen, in welcher die DBK den Gebrauch von Antikonzeptiva dem individuellen Gewissensurteil überließ. Damit war ein Dammbruch geschehen. Johannes Pauls II. wiederholte Aufforderung, die fatale Erklärung zu revidieren, wurde seitens der DBK mit eisigem Schweigen beantwortet.

Aus: Walter Kardinal Brandmüller, Wer im Glashaus sitzt, in der Tagespost vom 7. Mai 2020


Wegbewegt

Da hat sich über die Jahre etwas von der Weltkirche wegbewegt, zunächst in der alltäglichen Praxis, dann nach und nach in Verkündigung und angeordneten Seelsorgestrukturen. Bald ignoriert man einen Papstbrief, beginnt einen ‚Synodalen Weg‘ ohne die zeitgemäßen Schwerpunkte Evangelisierung und Ökologie, stellt alles Sakramentale unter ‚Machtverdacht‘, scheitert in einer Diözese mit einer Radikalreform und wundert sich jetzt, dass Rom ‚pastorale Umkehr‘ und altbewährte katholische Strukturen nicht als Widerspruch, sondern als Innen und Außen eines notwendigen missionarischen Aufbruchs sieht. Umkehr und Besinnung tun jetzt not. Sonst bricht etwas weg, was schon arg an den Rand gerutscht ist.

Der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs über die Kritik, die Felix Neumann auf katholisch.de an der römischen Instruktion Die pastorale Umkehr geübt hat.


Glaubenszerstörung

Besonders ärgerlich sind die herangezogenen Aussagen von Karlheinz Ruhstorfer: „Die Kirche zu gründen, lag Jesus selbst wohl fern.“ Ohne Stiftungswille Jesu wäre die Kirche ohne jede Legitimation und wäre die Rede von Kirche als Leib Christi reine Anmaßung. „Nach und nach bildete sich eine jüdische Sekte heraus, die Jesus als ihren Messias erkannte. Mehr noch, Jesus wurde im Glauben … schließlich zur Inkarnation Gottes. Er wurde selbst als Gott verehrt.“ Damit wird die Gottessohnschaft Jesu zum nachträglichen Interpretament ohne jeden Bezug zum historischen Jesus.

Aus dem Artikel Zwischen fünf und sechs. Warum das Material über den Synodalen Weg für den Religionsunterricht nicht einmal ein „Ausreichend“ verdient, von Michael Karger, in: Tagespost vom 6. August 2020. Karger rezensiert die Broschüre „Synodaler Weg“ (Sonderausgabe der Reihe „Themen im Religionsunterricht“ 2020) mit Unterrichtsmaterialien zum Synodalen Weg für Gymnasien (Auflage 12.000 Exemplare) herausgegeben vom Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, finanziert von der Deutschen Bischofskonferenz.


Angebliche Einmütigkeit

In der Zusammenfassung der Reflexionsberichte ist zu lesen: "Die Perspektive, die sich aus der gesamtkirchlichen Tendenz ergibt, einander synodal zuzuhören und die Erfahrungen und den sensus fidei [Glaubenssinn] der Gläubigen ernst zu nehmen, hat hier eine spürbare Wirkung". Es scheint, als ob die Autoren des Textes genau das nicht umgesetzt hätten. Anders ist es nicht zu erklären, dass dem Vatikan als offizielle deutsche Stimme die einmütige Zustimmung "der" Katholiken zum Synodalen Weg gesendet wird. Auch wenn es aktuell eine Minderheit ist, die zweifelt, dass Strukturreformen allein die Lösung sind und vielmehr nach Wegen aus der Glaubenskrise sucht, würde Synodalität bedeuten, auch ihr zuzuhören und einen Platz einzuräumen. Authentisch und korrekt wäre es gewesen, die Situation differenziert darzustellen: dass in Deutschland um die Kirche von morgen gerungen wird.

Aus: Theresia Kamp, "Die Katholiken sind überzeugt …": Ein Bericht an den Vatikan suggeriert Harmonie nach Jahren des Kirchenstreits, in der Communio-Online vom 24. Mai 2024.

Weitere Meldungen zum Synodalen Weg


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