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Die Bischofsweihen von 1988 Am 16. Juni 1988 veröffentlichte der Heilige Stuhl folgende Bekanntmachtung. Sie ist entnommen dem Buch Der Apostolische Stuhl 1988. Ansprachen, Predigten und Botschaften des Papstes. Erklärungen der Kongregationen. Vollständige Dokumentation; hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Redaktion des deutschsprachigen L'Osservatore Romano; Libreria Editrice Vaticana, Verlag J. P. Bachem, Köln, S. 1829-1834. Bekanntmachung des Hl. Stuhls vom 16.6.1988 Seine Exellenz, Msgr. Marcel Lefebvre, Gründer der Bruderschaft vom Hl. Pius X., hat am Mittwoch, dem 15. Juni 1988, seine Entscheidung öffentlich kundgetan, am 30. Juni diesen Jahres zur Weihe von vier Bischöfen, die von ihm auserwählt sind, voranzuschreiten ohne den notwendigen priesterlichen Auftrag. Nachdem der Heilige Stuhl mit tiefem Schmerz diese Haltung schismatischer Natur zur Kenntnis genommen hat, hält er es für seine Pflicht, hier zur geeigneten Kenntnis der Bischöfe und ihrer Gläubigen die folgenden Information vorzulegen: 1. Nach der Apostolischen Visitation bei der Priesterbruderschaft St. Pius X., die von Kardinal Gagnon ausgeführt worden war (November - Dezember 1987), hat der Heilige Vater in seinem Brief vom 8. April 1988 an Kardinal Ratzinger, den Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, deutlich seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, man möge alles, was möglich ist, tun, um den Bekundungen der Verfügbarkeit entgegenzukommen, die Alt- Erzbischof Lefebvre zu beweisen schien, um so zu einer Lösung zu gelangen, die es der Bruderschaft erlauben würde, einen rechtmäßigen Platz in der Kirche zu erlangen in voller Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl. Zu diesem Ziel fanden vom 12. bis 15. April 1988 Begegnungen statt zwischen theologischen und kanonistischen Experten der Kongregation für die Glaubenslehre und der Bruderschaft. Der zufrieden stellende Verlauf dieser Besprechung erlaubte es, am 4. Mai eine neue Begegnung zusammenzurufen mit persönlicher Teilnahme von Kardinal Ratzinger und Alt-Erzbischof Lefebvre, an deren Ende ein Protokoll erstellt wurde, das von beiden Seiten am 5. Mai unterzeichnet wurde. Dieses Dokument, auf der Basis eines gemeinsamen Einverständnisses vereinbart und dazu bestimmt, als Grundlage für das Werk der Versöhnung zu dienen, mußte noch der Prüfung und der endgültigen Entscheidung des Papstes unterbreitet werden. 2. Das Protokoll vom 5. Mai 1988 umfaßte eine Erklärung lehrmäßiger Art und den Entwurf einer juridischen Anordnung ebenso wie Maßnahmen, die dazu bestimmt waren, die kanonische Lage der Bruderschaft und der Personen, die mit ihr verbunden sind, zu ordnen. Im ersten Teil des Textes erklärte Msgr. Lefebvre in seinem Namen und im Namen der Priesterbruderschaft Pius X.:
Im zweiten Teil des Textes war über die kanonische Versöhnung der Personen hinaus im wesentlichen folgendes vorgesehen:
3. Am 6. Mai schrieb Msgr. Lefebvre jedoch an Kardinal Ratzinger, indem er darauf bestand, ohne die freie Vollmacht des Papstes zu berücksichtigen, die im Protokoll anerkannt war, daß die Bischofsweihe eines Mitgliedes der Bruderschaft, die von ihm vorgesehen war, am 30. Juni stattfinden könne, und er fügte noch hinzu, daß, wenn die Antwort negativ sein sollte, er sich im Gewissen verpflichtet sehe, gleichwohl diese Weihe vorzunehmen. Kardinal Ratzinger antwortete ihm unmittelbar, indem er ihn aufforderte, dieses sein Vorhaben zu überdenken, da es im Gegensatz stehe zum Protokoll, das am Tag vorher unterzeichnet worden war. 4. Schließlich trafen sich beide Würdenträger ein zweites Mal in Rom am Dienstag, dem 24. Mai. Bei dieser Begegnung teilte Kardinal Ratzinger Msgr. Lefebvre mit, daß der Heilige Vater geneigt sei, entsprechend den Kriterien und dem gewohnten Verfahren der Kirche einen Bischof zu ernennen, der mitten aus der Bruderschaft ausgewählt sei, und zwar in der Weise, daß seine Weihe am 15. August 1988 zum Ende des Marianischen Jahres stattfinden könnte, aber unter der Bedingung, daß der Gründer der Bruderschaft an ihn eine wirkliche Bitte um Versöhnung richte auf der Basis des bereits unterzeichneten Protokolls und daß er sich seiner Entscheidung unterordne bezüglich der Weihe eines Bischofs. Seinerseits legte Msgr. Lefebvre zwei Briefe vor, gerichtet an den Heiligen Vater und an Kardinal Ratzinger, in denen er auf dem Datum des 30. Juni bestand, und er legte wieder seine vorhergehende Forderung vor, drei Bischöfe zu ernennen, um das Leben und die Aktivität der Bruderschaft zu garantieren; er verlangte darüber hinaus, der Bruderschaft die Mehrheit der Mitglieder der künftigen römischen Kommission zuzugestehen. Zu diesem Zeitpunkt entschied man beiderseits, eine Pause des Nachdenkens einzulegen. 5. Auf Anweisung des Heiligen Vaters antwortete Kardinal Ratzinger Msgr. Lefebvre am 30. Mai. Dieser Brief beinhaltete folgende Bemerkungen: a) daß sich für die römische Kommission, eine Einrichtung des Heiligen Stuhls zum Dienst an der Bruderschaft mit beratendem Charakter von dem Augenblick an, da die Entscheidungen definitiv in der Zuständigkeit des Papstes seien, die Frage nach einer Mehrheit nicht stelle, und daß man sich an die Grundsätze halten müsse, die im Protokoll vom 5. Mai festgelegt seien; b) daß es für die Weihe eines Bischofs notwendig sei, daß Msgr. Lefebvre darauf verzichte, einen am 30. Juni zu weihen "mit oder ohne Einwilligung von Rom" und daß er sich in vollem Gehorsam der Entscheidung des Heiligen Vaters unterordne, dessen Bereitschaft ihm im übrigen bekannt war. 6. Am 2. Juni schickte Msgr. Lefebvre dem Heiligen Vater folgenden Brief:
Bezüglich dieses Briefes ist es nötig, die absolute Unbegründetheit der Argumentation von Msgr. Lefebvre hervorzubringen, wo er im Gegensatz zu all dem, was im Protokoll vom 5. Mai angenommen worden war, seine radikale Polemik gegen das II. Vatikanum wieder aufnimmt und behauptet, daß die Bischofsweihe dem Willen des Heiligen Stuhles nicht entgegengesetzt wäre. Im Blick auf diesen letzen Punkt ist es deutlich - wie aus dem Protokoll hervorgeht -, daß die vorgesehene Bischofsweihe erst hätte stattfinden können nach dem formellen Akt der Versöhnung und im Rahmen der umfassenden kanonischen Lösung, und daß die Auswahl des Kandidaten ebenso wie seine Ernennung der freien Entscheidung des Papstes vorbehalten sind. Unter Beachtung dieser Voraussetzungen wurde das Datum des 15. August 1988 angegeben. Da nun der Brief von Msgr. Lefebvre ausdrücklich den Prozeß der Versöhnung unterbricht, ist es klar, daß eine von ihm vollzogene Bischofsweihe dem Willen des Heiligen Stuhles entgegengesetzt wäre. 7. Mit Datum vom 9. Juni hat der Heilige Vater Msgr. Lefebvre den folgenden Brief geschickt:
8. Zusammenfassend ist es nicht überflüssig zu unterstreichen, daß bei allen Stufen des Prozesses, der oben beschrieben worden ist, der Papst dauernd auf dem laufenden gehalten worden ist und selbst die grundlegenden Richtlinien der Position des Apostolischen Stuhles gegeben hat. Darüber hinaus sind - und zwar immer auf seine Anordnung - die Kardinalpräfekten der Dikasterien und die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, die mehr mit dem Problem der Versöhnung mit der Bruderschaft St. Pius X. zu tun hatten, genau vom Kardinalpräfekten der Kongregation für die Glaubenslehre unterrichtet worden. Falls Msgr. Lefebvre tatsächlich zu den vorher angekündigten Bischofsweihen schreiten sollte, indem er so den Bruch mit dem Apostolischen Stuhl besiegelt, würden schwere kirchenrechtliche Konsequenzen erfolgen: den davon Betroffenen wurde ein "Monitum" geschickt, wie es von der kirchlichen Gesetzgebung vorgesehen ist. Indem der Hl. Stuhl diese Bemerkungen zur Information vorlegt, hat er auch die dringende Sorge, den Mitgliedern der Bruderschaft und den Gläubigen, die mit ihr verbunden sind, einen eindringlichen Appell zukommen zu lassen, daß sie ihre Position überdenken und mit dem Stellvertreter Christi vereint bleiben wollen, indem er ihnen zusichert, daß alle Maßnahmen ergriffen werden, um ihre Identität in der vollen Gemeinschaft der katholischen Kirche zu garantieren. Ende der Bekanntmachung des Hl. Stuhls vom 16.6.1988 Geplatzte Einigung Am 5. Mai 1988 unterschrieben Erzbischof Marcel Lefebvre und Joseph Kardinal Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation, ein Einigungsprotokoll als Ergebnis monatelanger Verhandlungen. Doch das Misstrauen und die Furcht, in eine Falle geraten zu sein, ließen den Erzbischof nicht los, und so kündigte er am Tag darauf in einem Brief an Kardinal Ratzinger an, am 30. Juni auf eigene Faust Bischöfe zu weihen. Ohne seine Unterschrift formell zurückgezogen zu haben, machte er damit die gerade errungene Einigung zu einer Farce. Die Gründer der Petrusbruderschaft machten diese Einigung zur Grundlage ihrer Gründung. Da der Erzbischof seine Unterschrift ausdrücklich im Namen aller Mitglieder seiner Gemeinschaft, der Priesterbruderschaft St. Pius X., gegeben hatte, bedeutete dies nichts anderes, als das vom Erzbischof begonnene Werk der Einigung fortzusetzen und zu vollenden. So sehr das Schwanken des Erzbischofs in diesem Fall bedauerlich war, so verständlich ist ein solches Schwanken in schwierigen Entscheidungen. Es bedeutet an und für sich das Gegenteil ideologischer Verhärtung. So hätte man erwarten können, dass er einfach interessiert abwartet, wie sich die Neugründung entwickelt, um herauszufinden, ob seine ursprüngliche Entscheidung die richtige war. Stattdessen stilisierte er die Frage zu einer kirchlichen Prinzipienfrage und gab an seine Gemeinschaft die Losung aus, die Petrusbruderschaft und das denselben Weg gegangene Benediktinerkloster Le Barroux wie Schismatiker anzusehen. Andererseits äußerte er die Zuversicht, dass die Piusbruderschaft schon nach etwa fünf Jahren so stark sein werde, dass sie von einer neuen Position der Stärke aus wieder Verhandlungen mit Rom in Angriff nehmen könne. Dieses Schwanken des Erzbischofs ist der Grund, warum sich heute in der Piusbruderschaft sowohl Befürworter wie Gegner einer Einigung mit Rom auf ihn berufen können. Beide Seiten beanspruchen für sich, die authentische Linie des Erzbischofs fortzusetzen und der Gegenseite Verrat am Geist des Erzbischofs vorwerfen zu können. |
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