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Glaube oder Ärgernis

Von Gerhard Hermes

Als Karl Barth mit seiner überraschenden Auslegung des Römerbriefes der neueren protestantischen Theologie den Fehdehandschuh hinwarf und ihrer aufklärerisch seichten Gottesvorstellung den Begriff des »ganz Anderen« entgegensetzte - es war kurz nach dem ersten Weltkrieg -, da bewirkte er ein Erdbeben, dessen Wellen lange Zeit auch in der katholischen Theologie zu spüren waren. Das Grundanliegen des großen Theologen: Anerkennung der absoluten Souveränität Gottes und der zentralen Stellung Christi - wurde als legitim bestätigt, wenngleich einige Wünsche offen blieben, auch bei der späteren Annäherung Barths an den katholischen Standpunkt. Heute nun scheinen in der gängigen Theologie, in der katholischen wie in der evangelischen, jene großen Einsichten verloren zu sein oder doch nur eine belanglose Rolle zu spielen. Und es gehört zu den schwer begreiflichen Sprüngen in der Entwicklung des Geistes, daß auf jene entschiedene und praktisch von der gesamten christlichen Theologie mit Beifall bedachte Hervorhebung der Absolutheit Gottes und Seines souveränen Wirkens in der Welt ein so harter Gegenschlag erfolgt ist, derart, daß sich nun in allen Bereichen christlichen Denkens und Lebens eine Haltung breitmacht, welche die wesenhafte Unterschiedenheit menschlichen und göttlichen Seins nicht mehr wahrhaben will und Gott selber in der Welt aufgehen läßt. Aber auch hier gilt, was wir anderswo schon betont haben: Was die Geistesgeschichte bestimmt, sind weniger intellektuelle Schritte und Einsichten, sondern wesentlich Willensimpulse, und es scheint das Schicksal der heutigen Menschheit zu sein, daß sie mit der Ablehnung der Oberhoheit Gottes sich andere Herren heranzieht, Sklavenhalter, die jedes geschichtliche Maß der Menschenverachtung und Grausamkeit weit hinter sich lassen. Der »Mensch in der Revolte« soll wohl mit letzter Klarheit und allem Schrecken erfahren, wozu der Menschgott wirklich fähig ist.

In dieser anstehenden Bedrängnis werden wir nicht einmal mit den theoretischen Schwierigkeiten fertig werden, geschweige denn mit den Schlägen des Feindes, wenn wir nicht im Glauben vollziehen, daß Gott der Herr, wenn auch nicht völlig im Barthschen Sinn, so doch in einem authentisch ,christlichen Verständnis wirklich der »ganz Andere ist«, unendlich verschieden von der Schöpfung und unendlich erhaben über sie - in Seinem Wesen und Sein, in Seiner Macht und Weisheit, in Seiner Gerechtigkeit und Seinem liebenden Erbarmen; wenn wir nicht mit aller Kraft des Herzens innewerden, daß all unser Heil »von oben« und nicht »von unten« ist, daß das »überselige Licht« des Glaubens reine Gnade ist und uns nur in Christus selber aufgeht. Wer sein geistiges Auge nicht so völlig auf das Licht des Glaubens einstellt, daß »sein ganzer Leib hell wird« (vgl. Mt 6, 22). das heißt auch, daß er die irdischen Dinge bis in ihre arme Stofflichkeit und letzte Bedürftigkeit von der sorgenden Güte des Vaters durchdrungen sieht, der kann nicht »die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe erfassen« und so »in der Liebe festgewurzelt und festgegründet sein« (vgl. Eph 3, 18). daß er standhält in den Drangsalen der letzten Tage. Wer von der Welt nicht hilflos gerüttelt und gebeutelt werden will, der braucht notwendig einen Standort außerhalb der Welt, von wo aus er sie beurteilt, wie Gott sie sieht, und das heißt, wie sie wirklich ist. Und eben dies stellt den christlichen Glauben völlig abseits und unendlich oberhalb aller natürlichen Gotteserkenntnis und Gottesahnung in den verschiedenen Religionen: während sie »aus der Welt« kommen und ihre Zweideutigkeit und Widersprüchlichkeit in sich aufnehmen, kommt der Glaube als Erkenntnislicht und als Erkenntnisinhalt »von oben« und nimmt teil an der Absolutheit des »ganz anderen« Gottes.

Es gibt neben Romano Guardini wohl keinen, der diesen Tatbestand so klar erkannt, in allen Konsequenzen durchdacht und immer wieder herausgestellt hat. Zusammengefaßt findet man seine Erkenntnisse über Offenbarung und Glauben in seinem postum (1976) erschienenen großen Werk »Die Existenz des Christen« (F. Schöningh, Paderborn). Dort schreibt er (S. 37): »Das Unheil des neuzeitlichen Verständnisses der Schrift besteht darin, daß mit dem alles tragenden Begriff der Offenbarung nicht ernst gemacht wird. Sie wird mit Begriffen gedacht, die aus der Religionspsychologie, der vergleichenden Religionswissenschaft stammen; was in diese Begriffe nicht paßt, müsse ausgeglichen oder ausgeschieden werden. Dabei wird aber das Eigentliche zerstört. Denn hier handelt es sich um Offenbarung, will sagen, um die Kundwerdung von etwas, das nicht von der Welt her, sondern nur von Gott selbst erfahren und mit seinen Gedanken gedacht werden kann. - Worum es im Grunde geht, ist eine "Auswanderung" aus der unmittelbar vertrauten Existenz; eine Ablösung vom Zunächst-Gegebenen. Es ist die Haltung, die nicht von der Welt her über die Offenbarung denkt und urteilt, sondern diese aus ihr selbst annimmt und von ihr her über die Welt urteilt: der Glaube.«

Man braucht die »moderne« Theologie nur ein wenig zu kennen, um zu wissen, wie völlig darin ein solches Denken auf den Kopf gestellt wird, und um zu begreifen, warum der große und im besten Sinn moderne Denker Guardini heute nicht mehr »zieht«, obwohl er regelmäßig die Antworten auf heutige Fragen vorausgenommen hat; vielleicht auch gerade deswegen.

Der Offenbarung ist wesentlich, so sagt er (S. 244), daß durch sie der Mensch in die Entscheidung zwischen »Ärgernis oder Glaube« gestellt wird. »Diese Alternative ist eine Grundkategorie des Evangeliums. In ihr drückt sich die Weise aus, wie die Offenbarung in das irdische Dasein trifft. Was sie sagt, ist keine einfache Folgerung aus diesem Dasein, sondern sie fordert es heraus, erschüttert es, richtet es. Sie bringt es in die existentielle Grundentscheidung: sich selbst zu behalten und damit die Offenbarung abzulehnen, oder sich selbst zu geben, das heißt glauben. Der Hörende 'nimmt Ärgernis', wenn er die Offenbarung ablehnt, weil sie der Würde Gottes oder der Würde des Menschen oder dem Sinn des Lebens widerspreche u. dgl. mehr. Die Gefahr, daß solches Ärgernis eintrete, ist der Offenbarung wesentlich. Der Glaube überwindet es und bejaht den Ruf. Er tritt ins Einvernehmen mit dem Ruf und findet in ihm die eigentliche Wahrheit.«

Es ist gewiß kein Zufall, daß für ein »weltoffenes« und »zeitgemäßes« Christentum das Ärgernis am innersten Kreis des konkreten Glaubensgeheimnisses hängt, an der sakramental-realen Gegenwart des Herrn, so wie es im Jüngerkreis ausbrach an der Verheißung dieses alle menschlichen Vorstellungen übersteigenden Wunders - in Kapharnaum. Wie diese Rede damals »hart« war, ärgerlich im tiefsten für die aus den Juden und den Jüngern, die nur die »vergängliche Speise« (Jo 6,27) suchten und sich nicht »vom Vater belehren« ließen (6,45), so ist ihre Wahrheit heute - und nicht zum ersten mal in der Kirchengeschichte - »unzumutbar« für die mit der Welt und ihrer Wissenschaft Fortgeschrittenen; aber statt sich der Entscheidung zu stellen und auch äußerlich »fort zu gehen« aus der Gemeinschaft der Jünger, machen sie aus der wirklichen, leibhaften Gegenwart Christi einen symbolischen Wert und, einen Gedächtnisbezug, und diese Manipulation der Wahrheit erlaubt ihnen zu bleiben, ohne zu glauben; so nehmen sie die Rolle des Judas auf, der offenbar in jener Stunde innerlich schon »fortgegangen« war, und reißen andere mit hinein in den Katarakt des Unglaubens.

Was wie in einem Brennpunkt an der Rede von Kapharnaum ins Licht gelangt: das absolut Neue und ganz und gar Andere der Wahrheit Christi, das zum Ärgernis werden muß - das erweist sich an der gesamten Glaubenslehre der Kirche, an der gesamten göttlichen Offenbarung: sie mag in einzelnen Punkten - etwa Dasein Gottes, sittliche Grundgesetze - von der natürlichen Erkenntnis angegangen werden, aber die Offenbarung geht immer entscheidend über sie hinaus und tritt regelmäßig in Gegensatz zum »natürlichen« Denken. Was könnte dieses z. B. aussagen über das innere Sein und Leben des Dreifaltigen Gottes, oder über die Art der Liebe Gottes, wie sie sich offenbart im stellvertretenden Leiden des Sohnes? Nichts. Das Sühneleiden Christi ist und bleibt Ärgernis für menschliches Denken, was sich heute wieder daran zeigt, daß im Verständnis der heiligen Messe das Opfer vor dem überbelichteten Gedächtnis- und Gemeinschaftsmahl in den Schatten treten muß.

Oder was kann die natürliche Erkenntnis Zuverlässiges aussagen über den Menschen? Wir stehen im allgemeinen noch so selbstverständlich in der christlichen Denktradition, daß wir vieles aus ihr unbesehen allgemein-menschlichem Erkennen zu verdanken glauben und die radikalen Unterschiede nicht bemerken. Was sagen uns denn die Philosophen, auf sich gestellt? Daß der Mensch Produkt des Zufalls ist oder, anders ausgedrückt, der Notwendigkeit; daß er eine Fehlentwicklung der Natur ist; daß er, in sich widersprüchig, nach nie endendem Leben hungert und doch ein »Sein zum Tode« ist; daß er, »hineingehalten ins Nichts«, nur in tragischer Revolte vor sich selbst bestehen kann. Diese Auffassungen sind möglich und, mehr oder weniger bewußt, Haltung der großen Masse. Wie radikal anders ist die Botschaft des Glaubens: Der Mensch ist von Ewigkeit her Gegenstand der Liebe des himmlischen Vaters, er findet in Ihm das göttlich-personale, unendliche Du, das ihm höchste Geborgenheit und zärtlichste Erfüllung schenkt. Sein Leben ist in allen Einzelheiten und »Zufällen« umfangen von dieser Liebe und getragen von dieser Macht, und selbst der Tod, die bittere Frucht der Sünde, wird in der »Taufe auf den Tod Christi« Heilmittel gegen ihre Folgen und Tor zum Leben.

Man muß also sehen, daß diese Inhalte für die Wege des menschlichen Denkens schlechthin unerreichbar sind und daß zu ihrer Erfassung ein eigenes Erkenntnisorgan vorausgesetzt ist, eben der Glaube als eingegossene übernatürliche Tugend. Man müßte auch sehen, wie verkehrt und hinderlich für ein gläubiges Eindringen in die Wahrheit Christi jene Haltung ist, die alles menschlich-einsichtig machen und - etwa im Religionsunterricht - nicht über die Erfahrungsebene des Schülers hinausgehen will. Sie rechnet nicht mit dem eingegossenen Licht, das nicht selten schon in Kindern eine erstaunliche Hellsicht schafft.

Es kommt wesentlich auf den Erzieher an, ob das Kind, der junge Mensch sozusagen selbstverständlich in das Gleichgewicht der ungeheuren Spannung hineinwächst, die zwischen der Offenbarung des absolut erhabenen und der des menschgewordenen Gottes waltet, so daß Ferne und Nähe, Erhabenheit und Innesein, Anbetung und Geborgenheit, Schauder und Entzücken in der Glaubenserfahrung zur Entfaltung kommen. Etwas derartiges gehörte ohne Zweifel auch zu der Aufgabe, der sich Jesus in der Zeit zwischen Auferstehung und Himmelfahrt unterzog. Mit Seinem plötzlichen Erscheinen und Verschwinden, mit Seinem Kommen und Gehen durch verschlossene Türen, mit dem Vertrauten und zugleich Fremden, das Seiner Gestalt, Seinem Gestus, Seinem Wort eignet, will er die Jünger an das Unglaubliche und doch Geglaubte »gewöhnen«, daß Er, der Sohn Mariens, den sie sehen, hören und betasten können, niemand anders ist als der ewige Sohn des Vaters, Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott; daß in diesem Menschen, der mit ihnen gegangen ist in aller Bedürftigkeit des Menschseins, der gleiche vor ihnen steht, der einst wiederkommen wird in großer Macht und Herrlichkeit, um Gericht zu halten über die Lebenden und Toten - wir verstehen, welche ungeheure Erschütterung die Jünger durchbeben und aus allen Bahnen des Gewohnten werfen mußte, und wir spüren, etwa aus dem Bericht über die Erscheinung am Seeufer, wie die Erschütterung mehr und mehr einschwingt in die feste Gewißheit: ER IST ES! Wie klingt das alles nach im Brief des Jüngers, der an seiner Brust liegen durfte und ihn auf Patmos in solcher Herrlichkeit sah, daß er »wie tot zu seinen Füßen niederfiel« - wir lesen gleich im ersten Satz: »Was von Anfang an war, was wir gehört und gesehen, was wir geschaut und mit unseren Händen betastet haben, ich meine das Wort des Lebens, das verkünden wir euch - das Leben ist sichtbar erschienen ... «

Vor uns aber, liebe Freunde, steht in diesen Tagen, die auf die Feste des Geistes, der Dreifaltigkeit, des Fronleichnams zueilen, die Aufgabe, tiefer und brennender der ungeheuren Spannung des christlichen Daseins inne zu werden, die Sichtbares und Unsichtbares, Zeit und Ewigkeit, Gott und Mensch, Kreuz und Herrlichkeit, Sterben und Auferstehung zueinander, ineinander fügt, und aus diesem Bewußtsein unserer Größe, unserer Würde, unserer unfaßbaren Begnadung alle Kraft für das Gottesreich der Kirche einzusetzen. So rufen wir denn, »vereint mit Maria, der Mutter Jesu«, um die Gaben, die uns lebendig und fruchtbar machen, um die Feuerzungen des Heiligen Geistes.


Freude in der Bedrängnis

Das Erstaunliche: Es gibt offensichtlich eine Freude, die größer ist als die Freude bei der Ernte. Sie scheint selbst in einer Zeit der Bedrängnis möglich zu sein. Der Beter bezeugt eine solche Erfahrung. Sie bewirkt, dass er in Ruhe schlafen kann: "In Frieden werde ich mich niederlegen und einschlafen, denn Du, HERR, so einsam ich auch bin, lässt mich ruhen in Sicherheit" (Vers 9).

Aus: Ludger Schwienhorst-Schönberger, Psalm 4 – "Du gabst Freude in mein Herz": Die Psalmen als Weg zur Kontemplation, Communio-online vom 10. Februar 2024.


Freiheit trotz Bedrängnis


Ein weiterer Artikel von Gerhard Hermes:

Das Wunder - Kern des Christentums

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