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Darwins Evolutionstheorie

Eine bleibende Herausforderung

Von Prof. Dr. Wolfgang Kuhn

Wolfgang Kuhn (1928-2001) war Professor für Biologie in Saarbrücken und Autor zahlreicher Bücher. Er verfaßte z.B. eine Methodik und Didaktik des Biologieunterrichts, eine zweibändige Exemplarische Biologie in Unterrichtsbeispielen, ein Lehrerhandbuch zur Humanbiologie, Schöner als Salomons Pracht und etwa 250 Beiträge in Fachzeitschriften. Außerdem publizierte er zu Grenzfragen der Biologie, z.B. Zwischen Tier und Engel. Die Zerstörung des Menschenbildes durch die Biologie, Biologischer Materialismus und Darwin im Computerzeitalter. Das Ende einer Illusion.
Der Aufsatz Darwins Evolutionstheorie. Eine bleibende Herausforderung erschien 1985 als Nr. 116 in der Reihe Kirche und Gesellschaft, herausgegeben von der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle Mönchengladbach.

Als im Jahre 1859 das Hauptwerk Charles Robert Darwins über “Die Entstehung der Arten” erschien, schrieb Fr. Engels, Mitverfasser des “Kommunistischen Manifests” von 1849 einen begeisterten Brief an seinen Freund Karl Marx, mit dem zusammen er den „Wissenschaftlichen Sozialismus" begründete. Dieser Darwin, heißt es in dem Brief, sei “ganz famos”. Die Teleologie, die Zweckmäßigkeit alles Lebendigen, bislang ein unlösbares Rätsel für jeden materialistisch-atheistischen Erklärungsversuch, sei nun endlich durch ihn "kaputtgemacht". Karl Marx erklärte denn auch bereits 1860, Darwins Evolutionstheorie diene ihm als naturwissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung des Klassenkampfs in der Geschichte und wollte Darwin sein Buch “Das Kapital” widmen, was dieser jedoch dankend ablehnte. Aber es läßt sich nun einmal nicht leugnen: Darwins Lehre ist nicht nur die “geistige Mutter von Marxens Klassenkampf” (M. Thürkauf), sondern, wie prominente Vertreter des Marxismus offen bekennen, die vermeintlich wissenschaftliche Basis ihres atheistischen Dialektischen Materialismus. Eine entsprechend unheilvolle Rolle spielte sie bezeichnenderweise auch in Mussolinis Faschismus und Hitlers Nationalsozialismus [1].

Dieser ideologische Mißbrauch einer angeblich wissenschaftlichen Theorie über die Entstehung der Arten gehört keineswegs der Vergangenheit an. Auch heute berufen sich Atheisten zur scheinbaren Rechtfertigung ihres Materialismus nach wie vor auf Darwin. Bei einer Umfrage unter Schülern erklärten kürzlich noch über 50%, nicht mehr an Gott zu glauben, weil durch die Darwinistische Evolutionstheorie längst bewiesen sei, daß es niemals eine göttliche Schöpfung gegeben habe und sowohl die Entstehung des Lebens als auch seine Höherentwicklung von einfachsten Formen bis hinauf zum Menschen ohne Plan und Ziel ganz “von selbst” erfolgt seit [2]. Keiner hat wohl ehrlicher die Rolle dieser evolutionistischen Theorie "fern von aller Wissenschaft" (L. v. Bertalanffy) gekennzeichnet als Sir Arthur Keith: “Die Evolution ist unbewiesen und unbeweisbar. Wir glauben bloß deswegen an sie, weil wir sonst an eine Schöpfung glauben müßten – und eine solche ist undenkbar” [Mit Hinweis auf diese Website hat mir ein aufmerksamer Leser von kath-info mitgeteilt, dass dieses weitverbreitete Zitat wohl unecht ist. PER]. Nirgendwo offenbart sich wohl deutlicher das für die darwinistische "Beweisführung" so kennzeichnende Palmström-Syndrom: daß “nicht sein kann, was nicht sein darf” (Chr. Morgenstern).

Was ist “Darwinismus”?

Nicht dasselbe wie Abstammungslehre oder Evolutionstheorie! Der Gedanke einer Umwandlung der Arten und allmählichen Höherentwicklung stammt nicht von Darwin, sondern ist sehr viel älter. Bereits in der griechischen Antike tauchte er auf (Empedokles, + 430 v. Chr.), und für viele überraschend vertraten auch bedeutende Kirchenlehrer wie Basilius (+ 379 n. Chr.), Chrysostomus (+ 407 n. Chr.) und Augustinus (+ 430 n. Chr.) die Überzeugung, Gott habe nicht jede Art von Lebewesen einzeln erschaffen, sondern der toten Materie den Auftrag erteilt, Lebewesen hervorzubringen. Augustinus nannte diese göttlichen Zeugungskräfte “rationes seminales” und meinte, nicht durch direktes, persönliches Eingreifen Gottes in das Naturgeschehen sollte die Erschaffung der ersten Lebewesen erklärt werden, sondern aus den – freilich von Gott stammenden! – Gesetzen und Kräften dieser Materie: “In prima institutione naturae non quaeritur miraculum, sed quid natura rerum habeat” [3].

Auch unter den bedeutenden Naturforschern gab es vor Darwin viele, die an der Artkonstanz zweifelten. Im Gegensatz zu Linné (+ 1778), dem Schöpfer unseres Systems der Pflanzen und Tiere, von dem der bekannte Ausspruch stammt: “Es gibt genau so viele Arten, als das unendliche Wesen zu Anbeginn geschaffen hat”, war Buffon (+ 1788) ebenso von einer allmählichen Entwicklung der Arten überzeugt wie Saint Hilaire (+ 1844). Eine Ursache für die Höherentwicklung aber glaubte erstmals Lamarck (+ 1829) angeben zu können. Die Organe, die in besonderer Weise beansprucht werden, so folgerte er, entwickeln sich entsprechend –und andere, die nicht gebraucht werden, verkümmern. Bekanntestes Beispiel für eine solche Entwicklung durch Gebrauch ist der lange Giraffenhals, den Lamarck auf das fortwährende Strecken nach den Blättern hoher Savannenbäume zurückführte. Dadurch sollen die Hälse dieser Tiere von Generation zu Generation immer länger geworden sein. Das Gegenbeispiel liefern Höhlentiere, die im Dunkeln ihre Augen nicht gebrauchen können und bei denen sie daher mehr und mehr verkümmern bis zum völligen Verschwinden. Diese Theorie, in der auch das Bedürfnis (le besoin) eines Tieres nach einer bestimmten Leistung oder Fertigkeit Ursache entsprechender Neubildungen sein soll, scheiterte indessen an der Erfahrungstatsache, daß sogenannte erworbene Eigenschaften nicht vererbt werden. Kinder von Leistungssportlern kommen nicht schon mit Muskelpaketen auf die Welt, sondern müssen selbst hart trainieren, bis sie die Erfolge ihrer Eltern erreichen. Darwin selbst äußerte einmal, der Himmel möge ihn bewahren vor dem “Lamarck'schen Unsinn”. Seine Antwort auf die Frage nach den Ursachen einer Höherentwicklung war nüchtern-sachlich, eine rein natürliche Erklärung ohne jeden metaphysischen Einschlag, weshalb man sie ruhig als materialistisch bezeichnen darf. Dadurch erst wurde die Evolutionstheorie zum Darwinismus oder darwinistischen Evolutionismus, einer unentbehrlichen Stütze des Materialismus. Nicht von ungefähr vertraute Darwin nach der Veröffentlichung der Entstehung der Arten seinem Tagebuch das erschütternde Bekenntnis an, er komme sich vor, als habe er einen Mord begangen!

Eine “herrlich einfache Idee”

Diese Charakterisierung des Materialismus durch den bekannten Physiologen Lecomte du Noüy trifft im vollen Wortsinn auf Darwins vermeintliche Lösung des Problems Zweckmäßigkeit und Ordnung alles Lebendigen ohne Schöpfung, also Plan und Ziel, zu. Vor allem in dieser Einfachheit, ja Naivität (P. P. Grassé), die sie auch und gerade Nicht-Fachbiologen so einleuchtend macht, liegt die Ursache der kritiklosen, ja kritikunfähigen Anerkennung des Darwinismus.

Darwin ging aus von Erfahrungen in der Tier- und Pflanzenzucht. Die Nachkömmlinge gleichen nicht in allen Merkmalen ihren Eltern. Sind die in Erscheinung getretenen Veränderungen – Darwin sprach noch von Variationen, da er den Begriff der Mutation, des Erbsprunges, noch nicht kannte – dem Züchter willkommen, so wählt er ihre Träger zur Weiterzucht aus. Die Erfolge einer solchen ständigen, gezielten Auslese sind allgemein bekannt. So entstanden beispielsweise Hunderassen wie Dackel durch Auslese und Kreuzung besonders kurzbeiniger und dadurch für die Verfolgung von Dachsen und Füchsen in ihren niedrigen Erdhöhlen geeigneter Mutationen – und die Windhunde durch eine entsprechende Auslese langbeinig-schmaler Tiere. Ebenso konnten durch sorgfältig geplante Auslese etwa besondere Milchleistungen bei Kühen erreicht oder eine Steigerung des Zuckergehaltes bei Rüben von ursprünglich nur 5,5% auf inzwischen mehr als 17% (bis 20%) erzielt werden.

Obwohl durch dieses Ausleseverfahren niemals die Grenzen der Art überschritten wurden, sondern lediglich Rassen innerhalb der jeweiligen Artgrenze herausgezüchtet wurden, behauptete nun Darwin, in der Natur entstünden neue Arten im Prinzip auf die gleiche Weise. Die Rolle des zielbewußt planend auslesenden Züchters spielt dabei der unerbittliche Kampf ums Dasein (Struggle for life). Beim Kampf um Nahrung und Geschlechtspartner siegt der Stärkere und Geeignetere (the fittest), er allein pflanzt sich fort und vererbt seine überlegenen Eigenschaften an die nächste Generation. Darwin erklärt mithin das Entstehen langhalsiger Giraffen ganz anders als Lamarck. In Dürrezeiten überlebten verständlicherweise nur solche Tiere, die besonders lange Hälse besaßen und infolgedessen auch das Laub der Savannenbäume abweiden konnten. Nur sie pflanzten sich also fort und vererbten ihre so nützliche Langhalsigkeit der nachfolgenden Generation. Von diesen Nachkommen überlebten in der nächsten Dürreperiode, nachdem auch die tieferen Zweige der Bäume alle abgeweidet waren, wiederum nur Tiere mit extrem langen Hälsen. Kein Wunder also und noch weniger die Folge irgendeines Planes oder Zieles im Evolutionsprozeß, wenn es heute nur noch sehr langhalsige Giraffen gibt, die mühelos sogar die Blätter der höchsten Zweige erreichen!

An ähnlichen Beispielen herrscht kein Mangel. Darwin zeigte, wie ein vermeintliches Ziel in der Höherentwicklung der Arten erreicht werden kann, ohne einen planenden, zielsetzenden Züchter, wie Zweckmäßigkeit von selbst und auf natürliche Art und Weise entsteht ohne schöpferische Intelligenz. Er hätte, wie weiland der Mathematiker und Astronom Laplace auf die Frage Napoleons, wo in seinem System denn Gott vorkomme, antworten können: ich bedarf dieser Hypothese nicht! Engels Begeisterung ist also verständlich!

Der englische Zoologe J. Huxley hat denn auch über hundert Jahre nach dem Erscheinen der “Entstehung der Arten” geschrieben: “Die natürliche Auslese verkehrt Ziellosigkeit in Richtung und blinden Zufall in offensichtliche Planmäßigkeit”. Somit lautet die einfache Formel für die scheinbare Erklärung ständiger Vervollkommnung, der Entstehung von Plan- und Zweckmäßigkeit ohne Schöpfer in der Welt des Lebendigen: “Natürliche Auslese plus Zeit” [4].

Die Selektion – nur eine Tautologie?

Noch zu Darwins Lebzeiten erkannte der berühmte Schweizer Botaniker Karl v. Naegeli jedoch, daß mit natürlicher Auslese oder kürzer Selektion keinesfalls das Entstehen von irgend etwas Neuem, das Werden irgendeiner höheren Form im Verlaufe der Evolution erklärt werden kann. Tatsächlich, so spottete er, verhält es sich damit beispielsweise etwa so, “als ob ich auf die Frage, warum dieser Baum Blätter habe, antworten würde: weil sie der Gärtner nicht abgeschnitten hat!” [5] Anders formuliert: die Selektion schafft nichts Neues. Allenfalls vermag sie Ungeeignetes, Lebensuntaugliches auszumerzen. Ja mehr noch: dieses verherrlichte Selektionsprinzip beruht in Wirklichkeit auf einer Tautologie, der überflüssigen Verdoppelung einer Aussage, die dadurch nur scheinbar bestätigt wird. Wolfgang Wickler umschreibt diesen beschämenden, weithin unbemerkten Sachverhalt folgendermaßen: “Die bestangepaßten Individuen einer Population, die man definiert als solche, die die meisten Nachkommen hinterlassen, werden die meisten Nachkommen hinterlassen” [6]. Zu einer entsprechenden Beurteilung kommt auch R. E. D. Clark. Er bezeichnet die natürliche Auslese oder Selektion der Geeignetsten als einen bloßen Gemeinplatz, der nichts anderes aussagt, als daß jene Organismen, die am besten zum Überleben geeignet waren, eben diejenigen seien, die überlebten. Darwin, so spöttelte er, machte allen Ernstes die banale Entdeckung, daß einzig und allein lebende Wesen die Eignung zum Leben besäßen! Arthur Koestler und Joachim Illies haben in neueren Veröffentlichungen wieder auf diesen Tautologie-Charakter der natürlichen Auslese hingewiesen. Aus der Sicht des Philosophen und Erkenntnistheoretikers hat Sir Karl Popper die Selektion der Tüchtigsten ebenfalls als Tautologie entlarvt, “denn sie definiert zunächst, daß Überlebende tüchtig sind und wundert sich dann, daß die Tüchtigen überleben [7].

Mutation – der “schöpferische Faktor"

Da also durch Selektion oder natürliche Auslese lediglich bereits Vorhandenes erhalten oder ausgemerzt, also gewissermaßen nur eine Wahl getroffen wird, muß alles Neue, Überlegene und im Kampf ums Dasein besser Angepaßte von einem anderen Evolutionsfaktor verursacht werden: von der Mutation. Man versteht darunter plötzlich auftretende, im Gegensatz zu den Variationen erbliche Veränderungen im Erscheinungsbild von Lebewesen, im Verhalten der Tiere oder auch in den physiologischen Reaktionen. Mutationen entstehen spontan durch eine Änderung in der Basensequenz der DNS (Desoxyribonucleinsäure) in den Genen (ErbmerkmaIsträger), durch tiefgreifende Änderungen in den Chromosomen oder Änderungen in der Chromosomenzahl (z. B. ihre Vervielfältigung: Polyploidie). Mutationen beruhen in jedem Fall auf einer Veränderung der Genetischen Informationen. Sie werden vom Neodarwinismus als die einzige bekannte Quelle neuen Materiales für genetische Variabilität und damit für die Evolution bezeichnet (L. v. Bertalanffy), denen ausschließlich das neue Material, das dann der Selektion im Kampf ums Dasein unterworfen wird, zu verdanken ist (Simpson 1969; Mayr 1970). Eine der wohl bekanntesten Mutationen stellt der Albinismus bei Tier und Mensch dar, der auf dem Verlust der Fähigkeit beruht, Pigmente, also dunkle Farbstoffe zu bilden. Die Haut bleibt infolgedessen hell und bräunt auch nicht in der Sonne, die Haare erscheinen weiß und die Iris (Regenbogenhaut) der Augen rot, da auch sie kein Pigment bilden kann und das Blut der Gefäße im Auge hindurchschimmert. Der berühmte Weiße Hirsch im Märchen, mit roten Augen und aus dem gleichen Grunde einer rosa Schnauze, ist ein Albino! Auch die sogenannten “Blutformen" verschiedener Bäume und Sträucher (Rotbuche, Ahorn, Hasel) sind Beispiele für Mutationen. Ihre Blätter sind durch den Farbstoff Anthozyan, der durch einen genetischen Defekt – eine Mutation also – nicht wie in den normalen Pflanzenblättern weiter abgebaut wird, rot gefärbt. Zu den häufigen Mutationen zählen auch die Schlitzblättrigkeit (z. B. ebenfalls beim Ahorn) und alle Hängewuchsformen (Weide, Ahorn, Birken u. a.). Schließlich handelt es sich ja bei unseren Haustieren und Nutzpflanzen ebenfalls um die Ergebnisse von Mutationen entsprechender Wildformen. Unter den physiologischen Veränderungen, die durch Mutationen hervorgerufen werden, sei hier nur die erbliche Diabetes oder Zuckerkrankheit erwähnt.

Bereits diese wenigen Beispiele zeigen das für nahezu alle bisher bekanntgewordenen Mutationen Kennzeichnende: sie verursachen Verkümmerungen und Verluste von Eigenschaften, bedingen also keinesfalls irgendwelche neuen im Sinne echter Neuerwerbungen! Ludwig v. Bertalanffy vergleicht die Mutation als einen gelegentlichen Fehler bei der Reduplikation des Genetischen Code der DNS (der Verdoppelung bei jeder Zellteilung) deshalb auch treffend mit einem Tippfehler, wie er beim Abschreiben eines Originals durch eine nicht besonders sorgfältige Stenotypistin zustandekommt. So wenig, wie etwa ein Gedicht Goethes durch einen derartigen Tipp- oder Druckfehler verbessert werden könnte, erzeugen demnach Mutationen irgendwelche Verbesserungen oder Vervollkommnungen organischer Strukturen oder der Leistungen eines Lebewesens. Tatsächlich rufen mehr als 99%(!) aller bekannten Mutationen Schädigungen bzw. Mißbildungen hervor [8]. Das gilt ebenso für alle durch Röntgenstrahlen, ionisierende Strahlen oder Chemikalien künstlich hervorgerufenen Mutationen. Auch ihre Richtung kann man nicht beeinflussen. Es gibt keine gesteuerten, gezielten Mutationen. Der Erfolg dieser Experimente ist stets ungewiß und bleibt völlig dem Zufall überlassen. Damit aber erweist sich die entscheidende Rolle der Mutation als einziger schöpferischer Faktor der gesamten Evolution als äußerst fragwürdig, ja unmöglich!

Gibt es positive Mutationen?

Als Standardbeispiel für eine positive Mutation, die – obwohl im Grunde genommen ebenfalls Defektmutation – einen Überlebensvorteil bedingt, dient in unseren Lehr- und Schulbüchern immer wieder die Sichelzellenanämie. Es handelt sich dabei um die Mutation eines Gens, dessen Defekt eine krankhafte Veränderung der Gestalt der roten Blutkörperchen zur Folge hat, die dadurch weniger Sauerstoff als normale Erythrozyten aufnehmen und transportieren können. Menschen, die nur ein einziges krankes Sichelzellen-Gen in ihrem (doppelten) Chromosomensatz haben – das zweite, entsprechende oder parallele Gen ist gesund –, in bezug auf dieses Genpaar also heterozygot sind, besitzen in malariaverseuchten Gegenden Gesunden gegenüber eine durch diese krankhafte Blutveränderung bedingte höhere Überlebenschance. Es gibt in diesen Malariagebieten mehr heterozygote Sichelzellenanämiekranke als in nicht-malariaverseuchten Gegenden, wo ihre Vitalität den homozygot Gesunden gegenüber deutlich geringer ist. Tragischerweise für den Neodarwinismus kann sich diese günstige Mutation, die in Wirklichkeit ja ebenfalls nur eine Verlustmutation darstellt, niemals homozygot (reinerbig) durchsetzen, also zur Bildung einer neuen, malariaresistenten Menschenrasse führen. Homozygot, das bedeutet: wenn beide betreffenden Gene des doppelten Chromosomensatzes krank sind, ist die Sichelzellenanämie letal, führt also zum Tode!

Trotz der Erfahrung, daß nahezu 100% aller Mutationen Verlustmutationen sind, nimmt die neodarwinistische Theorie nach wie vor an, daß ein – bislang, wie gerade das Sichelzellenanämiebeispiel zeigt, unbekannter! –minimaler Anteil an positiven Mutationen alleinige Ursache aller Neubildungen im Verlaufe der allmählichen Höherentwicklung ist. Einer Theorie, die allein materialistische, chemisch-physikalische Ursachen anerkennen will, bleibt jedoch keine andere Erklärungsmöglichkeit, da es eine alternative Schöpfung nicht geben darf. Aus dem gleichen Grund muß –wohl oder übel! – konsequenterweise daran festgehalten werden, daß die Mutation ein rein zufälliges Geschehen ist, also weder Sinn, noch Plan und Ziel kennt. Aber auch diese zwingende Voraussetzung einer neodarwinistischen Erklärung der Entstehung von Neuem und Höherem ist grundsätzlich unbeweisbar! Das geht – peinlicherweise – ja bereits aus der Definition des Zufalls als einer gesetzlosen Beliebigkeit (J. Illies) hervor. Wie sollte etwas Gesetzloses mit Hilfe von Naturgesetzen, die in ihrer Exaktheit und Berechenbarkeit doch das genaue Gegenteil beinhalten, als beliebig und unberechenbar bestimmt werden? Hans Sachsse hat zudem darauf hingewiesen, daß es – ebenfalls grundsätzlich – nicht möglich ist, eindeutig zu entscheiden, ob irgendein Geschehen wirklich einen Zufall an sich oder lediglich einen Zufall für uns darstellt, ob es also aufgrund unserer mangelnden Kenntnis aller Zusammenhänge in Wirklichkeit nur als Zufall erscheint. Jedenfalls ist die Verklammerung zweier angeblich voneinander unabhängiger Kausalketten, deren Überschneidung als Zufall bezeichnet wird (Monod), durch eine dritte, uns unbekannte, nicht mit Sicherheit auszuschließen. Aus alledem wird verständlich, warum der Philosoph David Hume den Zufall ein “Wort ohne Bedeutung" nannte. Und doch steht oder fällt die darwinistische Evolutionstheorie mit diesem bedeutungslosen Begriff!

Eine “Kombination von Urdummheit und Urbrutalität”

So nannte A. Neuhäusler die nach der darwinistischen Theorie als einzige schöpferischen Kräfte bei der Entstehung neuer Arten und während der gesamten Evolution wirksamen Faktoren Mutation und Selektion. Die ziel- und sinnlose, völlig zufällige Mutation ist die Urdummheit, weil ihr kein Plan, mithin keinerlei Geist zugrunde liegt. Die Selektion im unerbittlichen Kampf ums Dasein, die nicht minder blind ausmerzt, was weniger fit ist, nannte er treffend Urbrutalität. Zum Neodarwinismus wurde Darwins Theorie durch den Einbau der modernen Biologie in ihr Gedankengerüst (Illies), vor allem die Einbeziehung der Ergebnisse von klassischer – wie Molekulargenetik, der Populationsgenetik und der Serologie zum angeblichen Beweis auch einer physiologischen Verwandtschaft zwischen Arten. Im Prinzip hat sich dadurch allerdings nichts geändert. Es handelt sich ja dabei lediglich um Erweiterungen und die Versuche einer Bestätigung jenes Dogmas, an dem nicht gerüttelt werden darf: daß nämlich Mutation und Selektion alleinige Ursachen der Höherentwicklung sind. Das zeigt z. B. auch Darwins dritter Evolutionsfaktor, die Isolation. Man versteht darunter die Abtrennung kleiner Teile von Populationen (eine Population ist eine Gemeinschaft sich geschlechtlich fortpflanzender Individuen, die sich untereinander kreuzen und einen gemeinsamen Gen-Bestand, ihren “Gen-Pool" besitzen) durch geografische (Flüsse, Gebirge etc.) oder biologische (anderes Verhalten usw.) und andere Schranken, so daß neue Mutationen sich rascher durchsetzen können. Dadurch kommt es zur Bildung neuer Rassen, die zu echten Arten werden, sobald sich ihre Individuen nicht mehr fruchtbar mit der Ausgangsform der Ursprungspopulation kreuzen lassen. Es handelt sich also bei diesem Evolutionsfaktor tatsächlich nur um eine besondere Form von Selektion.

Zudem bleibt es nach wie vor umstritten, ob die Entstehung neuer Arten – die tatsächlich noch nie beobachtet, sondern stets nur rückblickend erschlossen werden konnte! – über die (beobachtbare) Rassenbildung führt. Es scheint dies vor allem deshalb wenig wahrscheinlich, weil Rassen gerade durch die Isolation eher Endstadien geografisch aufgespaltener Populationen darstellen, einseitig angepaßt an ganz bestimmte Umweltverhältnisse und dadurch gewissermaßen in eine ausweglose Sackgasse der Entwicklung geraten, als die Übergangsstadien zu irgend etwas Neuem! Die extreme Anpassung etwa des Pferdes an ein Leben in der Steppe durch Rückbildung seiner Zehen bis auf eine einzige an jedem Fuß schließt jede weitere Entwicklung der Extremität – etwa zu Flosse oder Flügel, Kletter- oder Graborgan – absolut aus (Dollo'sches Gesetz).

Keine Mutation überschreitet die Artgrenze!

Die zahllosen, bislang durch Strahlen oder Chemikalien ausgelösten Mutationen, die den natürlichen völlig entsprechen, haben keinerlei Hinweis auf irgendwelche die Grenzen der jeweiligen Art überschreitenden Umformungen oder gar die Bildung andersartiger, neuer Strukturen ergeben. Alle blieben innerhalb der Grenzen der Art (intraspezifische Mutationen). Sie bewirkten ausnahmslos nur Abänderungen von Organen oder Merkmalen, die vorher schon vorhanden waren. So wurden beispielsweise Individuen der Taufliege Drosophila melanogaster über tausend (!) Generationen hinweg immer wieder Strahlen ausgesetzt, die Mutationen auslösten. Die Ergebnisse der Untersuchungen an insgesamt mehreren Millionen (!) Tieren bestätigten die Erfahrung, daß nahezu alle Mutationen Verlustmutationen sind, also Schädigungen bewirken, und ergaben, daß sich zwar die Augenfarbe ändern kann, die Form der Flügel und Füße, daß die Organe verkrüppeln (z. B. als Stummelflügel, Klumpfüße etc.) und verkümmern, aber nicht in einem Fall irgend etwas Neues entstand – schon gar nicht eine andere Insektenart! Es besteht nicht der mindeste Zweifel daran, daß alle diese vielen Mutanten der Drosophila immer noch zur gleichen Art gehören wie ihre Vorfahren (R. Zdansky). Man hat auch bei anderen Lebewesen, sogar bei Säugetieren, vergleichbare Mutationen ausgelöst, doch das Ergebnis entspricht in allem dem der Drosophila-Erfahrungen: bis heute ist noch kein einziger Fall von Artgrenzen-Überschreitung bekanntgeworden! Somit erweist sich die Grundvoraussetzung der Neodarwinistischen Theorie gerade nicht als gesichertes Ergebnis wissenschaftlicher Forschung, sondern als unbewiesenes Dogma, als Glaubenssatz. Wenn nämlich etwas nicht durch Messung Erwiesenes, etwas Nichtmeßbares für wahr gehalten wird, so sagt Max Thürkauf, so gehört das in bezug auf die moderne Naturwissenschaft zum Bereich des Glaubens! Wie für jeden Glauben ist auch für diesen die Hoffnung auf Erfüllung bestimmter Erwartungen kennzeichnend. Da Kleinmutationen keine neuen Arten und noch weit weniger neue Baupläne wie etwa den der Wirbeltiere oder der Stachelhäuter hervorzubringen vermögen, setzt man seine Hoffnung auf Großmutationen, die sozusagen Riesensprünge darstellen über Art- und Klassen-, ja sogar Stammesgrenzen hinweg, etwa gemäß dem bekannten Ausspruch von Saint Hilaire: “Der erste Vogel kroch aus einem Reptilienei!”. Bislang konnte allerdings noch nie eine Großmutation beobachtet werden, weder in der Natur, noch im Experiment. Zudem wäre sie derart extrem unwahrscheinlich, da schlagartig völlig neue, fehlerfrei funktionierende Ganzheiten das Ergebnis sein müßten, daß man sie getrost als unmöglich betrachten kann.

Was vermag der Zufall wirklich?

Ungeachet all dieser Erfahrungstatsachen muß jedoch der Neodarwinismus an seiner “Kombination von Urdummheit plus Urbrutalität" festhalten, da nun einmal die einzige Alternative zum Zufall als Ursache alles Neuen und Höheren Plan, mithin also Schöpfung heißt! Doch damit steht die Theorie vor einem weiteren schwerwiegenden Problem. Ist es tatsächlich denkbar, daß “einzig und allein der Zufall jeglicher Neuerung, jeglicher Schöpfung in der belebten Natur zugrunde liegt? Der reine Zufall, nichts als der Zufall, die absolute, blinde Freiheit ...” [9] und, wie Darwin selbst sagte, die Wandlungsfähigkeit der Organismen ebensowenig einem Plan folgt wie die wechselnde Richtung des Windes? Kann allein durch sinnloses Zufallsgeschehen die gesamte unerhörte Ordnung und Zweckmäßigkeit des Lebendigen entstanden sein? Es hat schon seinen besonderen Grund, daß Darwin selbst einmal offen gestand, allein schon der bloße Gedanke an ein menschliches Auge versetze ihn in einen Fieberzustand! Das soll heißen: seine “so herrlich einfache” Theorie kann nicht erklären, wie eine derart hochkomplizierte Ganzheit sich allmählich aus weniger vollkommenen Vorstufen entwickelt. Arthur Koestler nannte denn auch – obwohl diese Erkenntnis für jedes beliebige Organ ebenso gilt – das Auge den “klassischen Stolperstein des Darwinismus”. Die lichtempfindliche Netzhaut, ihre sie mit Sauerstoff versorgenden Blutgefäße, der die Reize zu Gehirnzentren weiterleitende Sehnerv, die alles umhüllende, schützende Lederhaut, die durchsichtige Hornhaut (genau an der einzig richtigen Stelle!), die Pupille als Sehöffnung just vor einer Linse, die durch besondere Muskulatur in ihrer Brennweite veränderlich ist, die vor Verletzungen bewahrenden Augenlider – alles ist einander in der einzig sinnvollen, funktionsgemäßen Art und Weise zugeordnet! Alle Teile dieses Organes ergänzen sich gegenseitig zu einer höchst zweckmäßigen, vollendet ihrer speziellen Aufgabe gewachsenen Ganzheit!

Tatsächlich haben wir es auch hier wieder nicht nur mit einem, sondern gleich mit mehreren Problemen des Neodarwinismus zu tun. Einmal stellt sich nämlich die Frage, die Darwin “Fieber" verursacht: ist es wirklich möglich oder vernünftigerweise auch nur denkbar, daß rein zufällig die genannten (und das sind bei weitem noch nicht alle!) Voraussetzungen, die ein Auge zum Sehorgan geeignet machen, gerade so, also richtig zustandekommen und exakt zueinander passen? Und zum anderen: wie konnten die noch nicht vollkommenen Vorstadien einer allmählichen Entwicklung – welchen Organes auch immer! – der Selektion entgehen, da sie doch noch nicht funktionsfähig waren und somit keinen Überlebensvorteil erbrachten? Aber selbst wenn diese Zwischenstufen einer Entwicklung einen Auslesewert besessen hätten, – und hier würde der überzeugte Darwinist auf primitivere Augenformen wie etwa Pigmentbecherocellen bei Würmern, Grubenaugen und Lochkameraaugen bei Weichtieren verweisen –, so wäre gerade deshalb nicht einzusehen, weshalb sie sich, da sie doch ihrer Aufgabe erwiesenermaßen voll genügten, noch weiter hätten vervollkommnen sollen! Davon abgesehen lassen sie sich zwar zu einer recht anschaulichen theoretischen Entwicklungsreihe vom lichtempfindlichen Gewebe bis zum Wirbeltierauge zusammenstellen, aber in Wirklichkeit sind sie eben leider über gar nicht miteinander verwandte, verschiedene Tierstämme (Hohltiere, Stachelhäuser, Würmer, Weichtiere, Gliederfüßler) verstreut – ein Umstand, den man in unseren Schulbüchern geflissentlich verschweigt!

Ob nun Auge, Ohr, Verdauungstrakt, Drüsen- oder Nervensystem, stets ist das Problem das gleiche: die Wahrscheinlichkeit, daß derartig sinnvoll durchorganisierte und funktionierende Ganzheiten zufällig entstanden, ist allein schon mathematisch derart gering, daß sie längst nicht mehr in noch vorstellbaren Zahlen ausgedrückt werden kann. So ist vergleichsweise die Wahrscheinlichkeit dafür, daß eine Katze, die auf den Tasten einer Schreibmaschine herumhüpft, dabei zufällig Goethes Faust schreibt (1. und 2. Teil!), nach M. Thürkauf sehr viel größer als die, daß allein durch Zufallsmutationen der komplizierte Organismus einer Katze zustande kommt! Ein entsprechender Vergleich stammt von L. v. Bertalanffy. Es ist demnach immer noch viel wahrscheinlicher, daß während einer Explosion im Eisenwerk herumgewirbelte Metallteile zufällig so zusammenprallen, daß dabei ein fahrbereites Auto entsteht, als daß auch nur eine einzige lebende Zelle zufällig von selbst gebildet wird. Diese lebendige Zelle ist nicht nur viel komplizierter als das Auto, sondern vermag sich ja selbst zu reparieren, selbständig fortzubewegen und zu vermehren!

Das dritte Problem ist bis jetzt noch gar nicht berücksichtigt: daß nämlich echte Ganzheiten niemals nur durch eine Summierung ihrer verschiedenen Teile entstehen! So wenig, wie eine bloße Anhäufung, eine reine Summe also von Baumaterial, am Bauplatz wahllos abgeladen, jemals von selbst ein Haus ergibt, führt die allmähliche Summierung von Mutationen über längere Zeiträume hinweg irgendwann zu einem funktionsfähigen Organismus. Eine Ganzheit – ob Haus, Auto oder Computer – ist stets mehr und anderes als eine Summe ihrer Teile: das Ergebnis einer Integration der gegenseitigen Zu-Ordnung aller Teile nach einem Plan, auf ein bestimmtes Ziel hinorientiert. Ohne das Know-how, das Gewußt-wie, kurz: ohne Geist entsteht niemals eine echte Ganzheit! Ohne Plan und Ziel, ohne ordnenden Geist also ist keine Evolution von einfachen zu höheren Formen, von geringerer zu größerer Mannigfaltigkeit möglich.

Die Utopie vom Stammbaum

Wenn Mutation und Selektion nicht einmal ein Überschreiten von Artgrenzen ermöglichen, ist es freilich noch unverständlicher, wie eigentlich die höheren systematischen Kategorien, die Ordnungen, Klassen und Stämme entstanden sein sollen. Nach der neodarwinistischen Theorie bilden mehrere verwandte Arten eine Gattung, viele Gattungen eine Familie, schließen sich Familien zu Ordnungen zusammen usw. Man hält also, trotz aller Einwände, an der additiven Typogenese fest, obwohl bereits zu Darwins Lebzeiten L. Agassiz zeigen konnte, daß die verschiedenen systematischen Kategorien, etwa Familie, Ordnung, Klasse, durch bedeutsame qualitative Unterschiede gekennzeichnet sind. Qualitative Unterschiede aber können ebensowenig wie Ganzheiten das Ergebnis von Additionen, also reiner Summierung von Merkmalen sein! Die zahlreichen Versuche, Stammbäume zu konstruieren, die durch ihre Verzweigungen Verwandtschafts- und Abstammungsverhältnisse erkennen lassen, scheiterten alle an dem “frustrierenden Unternehmen der unauffindbaren Ahnenformen” (Illies). Tatsächlich sind alle diese vielen Verzweigungsstellen rein hypothetisch (und deshalb von ehrlichen Autoren stets nur gestrichelt gezeichnet!). Bis heute ist trotz eifrigen Suchens kein einziges echtes fossiles oder lebendes Zwischenglied gefunden worden, wie es an jeder Verzweigungsstelle zu fordern ist – etwa zwischen den Reptilien und den von ihnen abgeleiteten Vögeln. Der berühmte Archaeopteryx stellt keine Übergangsform zwischen beiden Klassen dar, sondern war trotz aller Reptilienmerkmale (langer Schwanz, bezahnte Kiefer u. a.) bereits ein echter, warmblütiger und Federn tragender Vogel. Nach neueren Funden ist es sogar wahrscheinlich, daß schon vor ihm weiterentwickelte Vögel gelebt haben. Ein “Schlüpfen des ersten Vogels aus einem Reptilienei”, also eine hypothetische Großmutation, die unmittelbar vom Reptil zum Vogel führte, ist wahrscheinlichkeitstheoretisch ebenso ausgeschlossen wie eine entsprechende Umwandlung durch sich summierende kleine Mutationsschritte. Der bekannte Physiker Walter Heitler hat diese Unwahrscheinlichkeit einmal errechnet, wobei er absichtlich von vereinfachten Bedingungen ausging. So nahm er beispielsweise an, es seien lediglich hundert solcher kleinen Mutationsschritte erforderlich gewesen, um aus einem kriechenden Reptil den fliegenden Urvogel Archaeopteryx hervorgehen zu lassen, und daß es in jedem erreichten Stadium dieser Evolution für die folgende Mutation nur zwei statt x-beliebiger Möglichkeiten gibt, von denen eine in die Richtung zum Urvogel weiterführt. Heitler selbst nennt diese Vereinfachung eine riesige Untertreibung. Dennoch: “Nach dem angenommenen Modell ist die Chance für den Archaeopteryx für 100 Mutationsschritte 1:2100. Wenn jeden Tag (!) eine solche Mutation stattfinden würde und die Population etwa eine Milliarde wäre, müßte das Universum zehnmal seine ganze Entwicklungsgeschichte durchlaufen, bevor ein einziger Archaeopteryx entsteht” [10].

Die anfängliche Ausrede der Darwinisten, das Fehlen von Zwischen- oder Übergangsformen sei durch die lückenhafte Fossilüberlieferung zu erklären, ist längst nicht mehr stichhaltig. “Das fossile Material, das zeitlich geordnet in den Schichtgesteinen der Erde vorliegt, spricht gegen eine kontinuierliche Umbildung und vor allem gegen ein allmähliches Auseinanderhervorgehen der Baupläne”, schreibt der Paläontologe Oskar Kuhn. “Nirgends sind Übergangsformen zwischen den Typen und Subtypen bekannt” [11]. Somit fehlt also, wie sogar G. Heberer zugeben mußte, dem hypothetischen Stammbaum der Baumstamm: wir kennen rezent und fossil lediglich Zweigspitzen oder Endknospen, die verschiedenen Arten nämlich, nicht jedoch die nach der Theorie zu fordernden Äste, aus denen sie hervorgegangen sind – und schon gar nicht die Abzweigungsstellen von irgendeinem Stamm, der sich als reines Wunschbild entpuppt hat. Was bereits vom Archaeopteryx festgestellt wurde, gilt gleichermaßen von allen anderen vorschnell als Übergangsformen erklärten Fossilien. Sie stellen – mit erheblichen Einschränkungen! – bestenfalls Modelle einer möglichen Zwischenstufe dar, sind jedoch aus anatomischen Gründen selbst mit Sicherheit keine solche gewesen!

Gegen den Mutations-Selektionsmechanismus als alleinige Ursache der Evolution sprechen auch die sogenannten lebenden Fossilien. Wenn es tatsächlich einen Zwang zur Höherentwicklung gäbe, einen Selektionsdruck, der nur den Tüchtigsten, den besser Angepaßten überleben läßt, dürften längst schon keine primitiven Lebewesen mehr existieren. Und doch haben gerade Bakterien, Einzeller, aber auch gewisse Weichtiere, Gliederfüßler und sogar Fische die längste Geschichte. Seit dem Erdaltertum haben sie ihre Gestalt nicht verändert, mußten sich demnach also allen Umweltveränderungen am erfolgreichsten angepaßt haben, ohne irgendeine Höherentwicklung zu durchlaufen! Das evolutionistische Denken steckt voller unlösbarer Widersprüche!

Dazu gehört auch die Tatsache, daß die Mannigfaltigkeit des Lebendigen weit über das nur zu seiner Erhaltung Notwendige hinausgeht, also niemals Produkt eines “Kampfes ums Dasein” sein kann. Adolf Portmann hat immer wieder eindringlich auf den “Darstellungswert” von Formmerkmalen (Geweihformen, Gebißdifferenzierungen usw.) und Zeichnungsmustern (Fell- und Gefiederfärbung, Schmetterlingsflügel-Mosaiken usw.) verwiesen, die keinen “Selektionswert” besitzen, sondern als sichtbare Zeugen einer “Innerlichkeit" zu verstehen sind.

Moses oder Darwin?

Diese seltsame Schein-Alternative, einstmals zum Buchtitel und kämpferischen Schlagwort hochgespielt, beruht auf einem tiefgreifenden Mißverständnis. Die Bibel, vor allem der Schöpfungsbericht der Genesis, ist ja keineswegs ein Lehrbuch der Naturgeschichte, sondern der Heilsgeschichte! Ihre Darstellungsweise ist dem damaligen Weltbild und Weltverständnis angemessen, um den Menschen verständlich zu sein. Schon die Fragestellung Schöpfung oder Entwicklung ist falsch! Für Gott, bei dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einem ewigen Jetzt zusammenfallen (“Ich bin der Ich bin"), kann es keinen Unterschied geben zwischen dem Augenblick der Schöpfung am Anfang und einer allmählichen Entwicklung auf Sein Geheiß hin. Nur aus unserer menschlichen Perspektive, unserer Gebundenheit an Raum und Zeit erscheint diese göttliche Schöpfung als ein Entfaltungsgeschehen über unvorstellbar lange Zeiträume hinweg. Wie bereits erwähnt, wiesen schon die alten Kirchenlehrer die Vorstellung, Gott habe jedes Lebewesen “nach seiner Art” gesondert erschaffen, als ein Mißverständnis der Bibel entschieden zurück. Der hl Basilius schrieb: “Es kam der Befehl, und sofort wurden die Flüsse fruchtbar und gebaren die Seen die ihnen eigentümlichen und natürlichen Tiergattungen. Nicht einmal das Wasser in Sümpfen und Lachen blieb müßig und teilnahmslos bei Vollendung der Schöpfung” [12]. Damit ist die moderne Vorstellung einer Creatio continua, einer fortgesetzten Schöpfung vorweggenommen: Gottes Schöpfung vollzieht sich in der Form einer grandiosen Evolution. Nicht die Tatsache der Evolution, sondern ihre rein materialistische Erklärung durch blinden Zufall und Auslese läßt sich nicht vereinen mit dem christlichen Schöpferglauben!

Sir Arthur Keith hat zweifellos recht: die darwinistische Theorie ist nicht beweisbar. In der Naturwissenschaft gilt lediglich als bewiesen, was im Experiment rekapituliert werden kann. Die Evolution läßt sich jedoch schon aus rein zeitlichen Gründen nicht im Labor wiederholen. Bislang ist es ja noch nicht einmal gelungen, auch nur eine einzige lebende Zelle künstlich zu erzeugen! Auch in Zukunft wird sich also nichts an dem Status der Theorie ändern. Mit dem Literaturnobelpreisträger Fr. Mauriac kann man von ihr sagen, daß sie in ihrem Vertrauen auf die Allmacht des Zufalls weit mehr “frommen Glauben” erfordert als das, woran “wir anderen armen Christen glauben”!

Anmerkungen:

[1] Kuhn, W., Auschwitz – Ende einer biologischen Weltanschauung. (Stimmen der Zeit 4/1964); ders., Die Schattenseite eines Mythos. Darwinismus als Wegbereiter des Neofaschismus; “factum” 11/12, 1982.

[2] Kretschmer, A., Schöpfung oder Evolution? Integral 6, 1981/19.

[3] Thomas v. Aquin, Summa theol. I. S. August. lib. 2 supra Genesim ad litt.

[4] Huxley, J., Entfaltung des Lebens. Hamburg 1954/63.

[5] Spülbeck, 0., Der Christ und das Weltbild der modernen Naturwissenschaft, Berlin 1959/184.

[6] Wickler, W., Zufall und Voraussagbarkeit in der Entwicklung und in den Reaktionsweisen der Organismen, Gesetzmäßigkeit und Zufall in der Natur, Würzburg 1968.

[7] Illies, J., Der Jahrhundertirrtum. Würdigung und Kritik des Darwinismus, Frankfurt 1983/56.

[8] Kahle, H., Evolution - Irrweg moderner Naturwissenschaft, Bielefeld 1980/30

[9] Monod, J., Zufall und Notwendigkeit, München 1973.

[10] Heitler, W., Evolution durch Physik? Nova Acta Leopoldina Nr. 218, Bd. 42, Evolution, Halle 1975/468.
[11] Kuhn, 0., Entelechie und Evolution; Naturf. Ges. Bamberg 53, 1979/145-1

Weitere Literatur:

Thürkauf, M., Die moderne Naturwissenschaft und ihre soziale Heilslehre – der Marxismus, Schaffhausen 1980.
Portmann, A., An den Grenzen des Wissens. Vom Beitrag der Biologie zu einem neuen Weltbild, Wien – Düsseldorf 1974.
Locker, A. (Hrsg.), Evolution – kritisch gesehen, Salzburg 1983.
Kuhn, W., Stolpersteine des Darwinismus, Berneck 1984.


Der Streit um die Evolution

Biologie als Leitwissenschaft?

Die Evolutionstheorie aus philosophischer Sicht.

DVD: Die wissenschaftliche Begründung des ID


Die beste Apologetik

Chestertons 1925 veröffentlichtes Buch „The Everlasting Man“, in dem er seine spirituelle Reise beschreibt, trug zur Hinwendung von C.S. Lewis zum Christentum bei. Er widerspricht darin dem von H.G. Wells propagierten Weltbild, dass der Mensch ein reines Zufallsprodukt der Evolution sei; der Mensch sei mehr als ein Tier, und Jesus sei mehr als nur ein außergewöhnlicher Religionsführer gewesen. In einem Brief aus dem Jahr 1950 nannte Lewis das Buch „die beste populäre Apologetik, die ich kenne“.

Aus: Jörn Schumacher, Pater Brown-Erfinder: Zum 150. Geburtstag von G. K. Chesterton, in PRO Mai 2024

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