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Themen68er |
Mea res agitur Von Dr. Eduard Kamenicky Ja oder nein? Wenn nicht alles, was seit der letzten Jahrhundertwende an religiöser Erziehung geleistet wurde, auf ein unentwirrbares Mißverständnis hinauslaufen soll, muß man wohl sagen: ja. Was hat uns denn die Kirche gelehrt? Was hat sie unermüdlich von allen Seiten beleuchtet? Was wollte sie bei den Christen zu allgemeinem Bewußtsein bringen? Doch dies: daß der Christ sich nicht für einen bloßen Gegenstand kirchlicher Betreuung halten dürfe; daß er in seinem Denken und Empfinden 'Kirche' nicht auf einen Kreis von Amtsträgern einschränken solle; daß Leben, Wachstum und Selbstbezeugung der Kirche vor der Welt nicht Leistung Einzelner sei, sondern von allen und von jedem verbürgt, bewirkt, als eigentliche Sendung seines christlichen Daseins bejaht werden müsse. Dies wurde so deutlich, daß darüber kein Zweifel bestehen kann. Das heißt mit anderen Worten und im Munde jedes glaubenden Gliedes der Kirche mit gleicher Berechtigung, ja Notwendigkeit: bei allem, was die Kirche tut und betrifft, handelt es sich nicht nur um etwas, das mich auch irgendwie angeht, streift, in Mitleiden- und Mitfreudenschaft zieht, sondern um meine ureigenste Sache, das Anliegen, den Zweck meines Lebens schlechthin. Ja, es ist gerade die Entdeckung der Kirche im Innersten eines Gläubigen das, was ihn zu lebendigem In-eins-Setzen seines eigenen Seins und Geschicks mit dieser aus Christi Herz und Geist geborenen Kirche hindrängt, und jener Vorgang immer neuen und also unsterblichen Kirche-Wollens und Kirche-Werdens des Menschen im Glauben die wunderbare Gnadenwirkung, die eben diese Kirche in der Geschichte allzeit gegenwärtig erhält. Es ist doch nicht eine dunkle Zwangsläufigkeit ohne Wagnis und Entscheidung des Einzelnen für Christus, worin Kirche wahrhaft west und 'überlebt', sondern dieses je besondere und doch unverwechselbare Erwachen zur Kirche, dieses Sich-Finden als Kirche, diese strahlende Erkenntnis, die das Licht Christi im geistigen Antlitz des Menschen, der sich als Christ begreift, immer neu aufleuchten läßt. Auch darüber wird es kaum grundsätzlich einander aufhebende Ansichten geben. Es ist vollkommen klar, welche Tugenden christlichen Lebens durch diese Einsicht betont werden: es ist die Tugend der Selbstverantwortung und der unverkürzten Mitverantwortung für die Kirche, die Tugend der Bereitschaft zum Einsatz für sie, die Tugend der Wachsamkeit, der Selbständigkeit im Urteil, der innersten Anteilnahme am Geschick der Kirche, die Tugend des persönlichen Entflammtseins für ihre Aufgabe, die Rettung der Seelen in das von Christus erschlossene Heil (jawohl: der Seelen, denn Krebsforschung, Seuchenbekämpfung und Entwicklungshilfe bleiben hier doch deutlich untergeordnet), die Tugend der Tapferkeit in allen Belastungen, welchen jeder, der Kirche an sich und in sich ernst nimmt, im Leben unterworfen sein wird. Selbst diese Feststellung darf einhellige Zustimmung erwarten, wofern Widerspruch um seiner selbst willen außer Betracht bleibt. Nun aber muß etwas höchst Merkwürdiges wahrgenommen werden, das sich durchaus nicht folgerichtig auf der Linie jener Gesinnung liegend erweist, zu der die Kirche sich selbst in ihren Gliedern mit so viel Geduld und Hingabe erzogen hat. Wir meinen jene seltsame Herauslösung der gekennzeichneten Haltung eines wachen, bewußten und mündigen Christen aus der Zielsetzung der Kirche und des christlichen Lebens überhaupt. Was geschah dabei? Aus der Selbständigkeit des Christen als Christ wurde da unversehens eine Unabhängigkeit des Menschen von jenem großen Zusammenhang, der als Überlieferung, das heißt als treues Weiterreichen von Christi Vermächtnis, die grundlegende Voraussetzung für jedes mögliche Sich-selber-als-Christ-Verstehen darstellt; aus dem Verantwortung-Tragen für die Kirche wurde ein kritisches Sie-zur-Verantwortung-Ziehen; aus der Freiheit des Urteils "über alles", das dem Geistesmenschen nach Paulus eignet, ein geistfernes Aburteilen dessen, was Kirche ist, lehrt und will; aus der Wachsamkeit für die Kirche das tief wurzelnde Mißtrauen gegen sie, ihre Leitung, ihre Verfassung und ihre Lebensgesetze; aus dem persönlichen Betroffensein von Kirche und dem Einsatz für sie die leidenschaftliche Anstrengung, sie nach den Forderungen des Ich als des kirchen-freien Kernes im natürlichen Menschen neu zu deuten und kämpfend umzugestalten. Daß eine solche, von kirchlichem Denken und Fühlen unberührte und abgetrennte Haltung die Schau eines anderen, innerweltlichen Heiles entwirft und mit einer zur Tollkühnheit überkippenden Tapferkeit sich seiner Verwirklichung verschreibt, ist nicht mehr verwunderlich. Daß aber in all diesen Erscheinungen ein umfassendes Mißverstehen dessen waltet, was Kirche je in den Gläubigen wachrufen wollte, und zu einem die Kirche zutiefst erschütternden Durchbruch kommt, sollte ebenfalls ohne große Mühe einsichtig sein. Zu dem genannten Merkwürdigen tritt jedoch noch ein Zweites, das nun geradezu kurios anmutet: wir meinen nicht nur die sehr weit gehende Duldung jener entarteten Form des Mündigseins, die wir eben skizziert haben, durch die kirchliche Obrigkeit, sondern die mit jener seltsamen Duldung verbundene Verdächtigung und Zurückweisung der anderen, der Kirche nicht kritisch begegnenden, sondern sich lebendig mit ihr eins wissenden Mündigkeit und Mitverantwortung für sie, die sich in einer solcher Gesinnung gemäßen Klarheit, Offenheit und selbstverständlichen Hintansetzung aller persönlichen Vorteile eben als Kirche für die Kirche, mit dem Zeugnis des Glaubens für die Wahrheit und die Ganzheit des Glaubens einsetzt. Es wäre nämlich ganz irrig zu meinen, das Bemühen der Kirche um die Erweckung ihrer Glieder zu reifem, selbständigem und verantwortetem Christsein hätte nur jene erstaunliche Frucht gezeitigt, deren wir oben gedacht haben. Sie hat auch ganz andere Ergebnisse aufzuweisen. Daß aber gerade dort der Ausdruck bewußten und mitverantwortlichen Kirche-seins der einzelnen Christen mit Argwohn betrachtet, ja abgelehnt wird, wo er im Sinne jener Kraft wirksam ist, welche der Kirche inmitten tausendstimmiger Selbstverneinung, die sie aus ihrem eigenen Schoß vernehmen muß, die Möglichkeit der Treue zu Christus und zu sich selbst bewahrt, während zu gleicher Zeit eine dreiste 'Mündigkeit', die sich über alles Gegebene erhaben und über alles Überlieferte endgültig hinausgewachsen dünkt, sich immer noch als Zeichen und Zeugnis kirchlichen Lebens und Fortschritts aller Achtung und Ermutigung erfreuen kann, ist - offen gesagt - unbegreiflich. Es geht um meine eigene Sache - das heißt im Munde jedes Gläubigen nicht zuletzt, daß auch ich, jawohl: auch ich Zeuge dafür bin, was Kirche, was katholisch und wahr ist. Die grundsätzliche Verneinung dieser Feststellung hieße, die Lehre der Kirche von der Kirche außer Kraft zu setzen. Daß freilich der törichte Beweisgang, der zuweilen angeboten wird: man sei katholisch, man glaube so, und weil man als Katholik so glaube, sei, was man für richtig halte, katholisch, nicht überzeugen kann, leuchtet ein. Es muß also eine Richtschnur geben, an der sich die Behauptung, katholisch zu sein, prüfen und bewahrheiten läßt. Hier spätestens endet aber die holde Selbsttäuschung des Sowohl - als auch. Und hier haben die, die in unbeirrbarem Glauben an dem festhalten, woran die Mutter Kirche immer festgehalten hat, nichts zu fürchten. Vielleicht den im letzten unerheblichen Spruch einer Stimme, die die Segel nach dem Winde zu setzen beliebt. Aber jedenfalls keine Entscheidung, die im Lichte der Wahrheit gefällt wird. Njet Von Eduard Kamenicky In Oesterreich erinnert man sich noch gut jenes Dezenniums, das von dieser knappen und doch so viel sagenden slawischen Negation beherrscht war. Vae liberatis! Freilich, in diesem Njet drückt sich mehr aus als rücksichtslose Machtpolitik, die auf jede Beschönigung ihrer intransigenten Haltung verzichten zu können glaubt. Wir dürfen nicht vergessen, daß dieses Wörtchen das Lieblingsvokabel des Teufels ist. Nicht erst Goethe hat ihn durchschaut als den Geist, der stets verneint. Vom "non serviam" Luzifers bis zum "non credimus" der Schriftgelehrten (aller Zeiten), von Adams Nein zu Gottes Geheiß bis zur wilden Aufbegehr des "Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche" (Lk 19,14) zieht sich der rote Faden der revolutionären Verneinung durch die Schöpfungsgeschichte. Die Bejahung der Kreatur durch Gott ist tausendstimmig, reich orchestriert und überquellend im Klang. Das dämonische SichVerweigern des Geschöpfes ist stumpf und einsilbig. Njet. Es gehört zu den zahllosen, unauflösbaren Widersprüchen der geistigen Szene, daß die sich in Weltumarmung und einem als "tout comprendre" aufgeputzten "tout pardonner" überschlagende Avantgarde das kläglichste und umfassendste Nein produziert, das sich im weiten Umkreis der Geistesgeschichte ausmachen läßt. Die emphatische Negierung aller Tradition attackiert zumindest Adel und Würde des Menschen - wenn man schon jede theologische Qualität einer solchen Attitüde ausklammern will -, des Menschen, sagen wir, den doch das Ankern in Tiefen geistiger Herkunft, das Vermögen zum Aufbau eines in sich werthaften Erbes, das Leben aus Quellen von Erkenntnis und am Strome begreifenden Zusammenhangs als das zu Geschichte befähigte Wesen vom Tier unterscheidet - wenn, wie bemerkt, fundamentalere Momente dieses einzigartigen Vorzuges unbedacht bleiben sollen. Das Nein zu Kultur, Geist, Zucht, Tugend, Verantwortung, Wert und innerer Größe ist ja nicht weniger als ein fanatisches Nein zum Menscher selbst, den die alles zernichtenden Künder des "Kommenden" in seinem suiziden Rasen wider sich entdecken und feiern. Eine Pointe von eigenartiger Wirkung ist nun die Transposition jenes Nein ins Ekklesiale, der Durchführung eines infernalischen Motives in Kirchentonart vergleichbar. An die Seite des säkularen Vandalen und Auslöschers des Geschichtsbewußtseins tritt der im Heiligtum die Axt schwingende Pfarrherr, in die Gefolgschaft der Naturschänder und der frivolen Meister skrupellosen Weltverschleißes der Altäre zertrümmernde Diakon. Sie sind ebenso zur Symbolfigur der Zeit geworden wie der die Bibel zerfetzende Exeget oder der mit seinen Ideen die Herde zerfleischende Experte der Pastoral-Theorie. Wahrhaftig, eine seltsame Zeif! Die Bibliker wütet gegen die Schrift, der Priester gegen das Priestertum; der Künstler zersetzt die Kunst, der Schriftsteller die Sprache; der Liturgiker negiert die Liturgie, der Theologe Gott. Wir leben in einer Epoche des Nein, die um ihres destruktiven Grundzuges willen eher den Namen einer Anti-Epoche verdiente. Der Kirche selbst ist dies alles zutiefst fremd. Sie kennt nur ein einziges Nein: das Nein zur Verneinung, das heißt theologisch: zu Sünde, Lüge und Häresie. Es stellt die unverzichtbare Kehrseite der umfassenden Seinsbejahung dar, die vom Geist Gottes in die Kirche immerfort überströmt. Sie hat in dieser Gesinnung geschichtlich ein so überzeugendes Ja zur Welt als dem Entfaltungsraum von Gottes Reich formuliert, daß sie wahrlich keiner Bekehrung zum Wertverständnis von Mensch und Dingen bedarf. Was ihr nottut, ist vielmehr das unbeirrte Leben aus solchem Geist der Bejahung, der mit der klaren Flut welterquickender Frische die Lauge alles bezweifelnder Zersetzung wegzuschwemmen vermag. Als Kirche ziemt uns ein kühnes Darleben jenes Ja, ungebeugt in den Stromschnellen der Verneinung, die über uns wegbrausen, in frohem Hoffen und stark. Es gilt nicht nur der Wahrheit des Glaubens und der Fülle des Lebens "kat'holon", es gilt dem ganzen Reichtum des überlieferten, dem Schatz von Kultur und Gesittung, christlicher Erziehung und Weltgestalt. Das Behüten des Bruders, die Sorge um das Seiende, das uns anvertraut ist, die liebende Hinwendung zu aller Kreatur in ihrem sinntiefen Gemeintsein von Gott wird da zur Tugend von besonderer Aktualität. Wir sollten Benedikt in uns entdecken, um aufs neue hineinzuwachsen in christliche Weltbetreuung, Franziskus in uns erwecken, um Jesus verwandt die Dinge zu lieben, nicht in ichbezogener, fordernder Unersättlichkeit, sondern in staunender Begeisterung für Gott. Wir sollten mit Ignatius wieder katholisch werden in der alles umgreifenden Freiheit, die Christus uns schenkt. In solchem Geist weiß sich die Kirche eins mit dem Herrn. "In Ihm gab es nur ein Ja." (2 Kor 1,19) Diese zwei Artikel erschienen erstmals in der von Kamenicky redigierten Zeitschrift Entscheidung (Mea res agitur 1972, Njet 1970) und wurden wiederveröffentlicht im Sammelband Ruinen im Licht. Kamenicky: Menschwerdung. Ein theologischer Begriff - und was er wirklich bedeutet Eine unmögliche Bitte? Wie kann der gute Wille eine Gabe sein? Eine Predigt von mir zum Sonntag nach Christi Himmelfahrt.
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