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Das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit (Fortsetzung)

Von Matthias Joseph Scheeben

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(Zu Seite 1) (Zu Seite 2)

_______________

§ 18. Fortsetzung. Weitere Erklärung der Namen des Heiligen Geistes

Der heilige Augustinus bedient sich zur spezifischen Qualifikation des Ausganges des Heiligen Geistes der treffenden, geistreichen Wendung: "exiit non quomodo natus, sed quomodo datus" (De Trin. l.5, c. 14). Die Richtigkeit dieser Bezeichnung werden wir am allerwenigsten beanstanden, da wir ihren Inhalt zur Grundlage unserer ganzen Deduktion gemacht haben. Nur glauben wir, wie aus allem Vorhergehenden erhellen wird, daß sie nicht die erschöpfende, adäquate Bezeichnung für unsern Gegenstand ist. Noch mehr würde sie an Wert verlieren, wenn man das "datus" auslegte als "dandus creaturis" und meinte, der Heilige Geist gehe deshalb nicht als "natus" aus, weil er einen derartigen Ursprung habe, daß er infolge desselben den Kreaturen gegeben werden könnte und in der Zeit wirklich gegeben wird. In diesem Falle würde der Ausgang nicht in seinem Wesen, von innen heraus, illustriert; es läge bloß eine Andeutung seines innern Charakters in einer dadurch begründeten Beziehung nach außen vor. Nur dann, wenn wir diese Andeutung verfolgen und ausbeuten und den Grund finden, weshalb der Heilige Geist eben als "dabilis" oder "dandus" bezeichnet wird, gibt sie uns einen befriedigenden Aufschluß. Dieser Grund aber ist kein anderer als der, daß der Heilige Geist auch in seinem ewigen Verhältnis zu Vater und Sohn als Gabe erscheint; nur deshalb, weil er der Ausfluß der Wechselliebe des Vaters und des Sohnes ist, kann er auch in besonderem Sinne als die Gabe Gottes an die Kreatur betrachtet werden, d. h. als die höchste Gabe und der Quellpunkt aller andern Gaben. Die zeitliche Hingabe des Heiligen Geistes an die Kreatur muß gleichsam als die Fortsetzung der ewigen Hingabe betrachtet werden, aus der er selbst hervorgeht, und die sich in ihm vollzieht auf ähnliche Weise, wie wir nicht von einer Ausgießung des Heiligen Geistes in die Geschöpfe reden könnten, wenn er nicht in seinem Wesen ein Erguß der göttlichen Liebe und des göttlichen Lebens wäre. Weil Vater und Sohn durch Liebe ihre Natur an den Heiligen Geist hingeben und ihn selbst als das Pfand ihrer Liebe sich wechselseitig hingeben und in Gemeinschaft besitzen, kann und muß vom Heiligen Geiste, auch abgesehen von seiner Beziehung nach außen, gesagt werden: "exit non quomodo natus, sed quomodo datus". Freilich, wenn man die Gabe identifiziert mit Geschenk [38], "donum", und das Geschenk als eine freie Gabe im gewöhnlichen Sinne begreift, als eine Gabe, deren Mitteilung der Geber ebensogut unterlassen als setzen kann: dann kann der Heilige Geist nur Gabe genannt werden in seiner Beziehung zur Kreatur.

Allein das eigentliche Wesen der Gabe besteht doch zuletzt darin, daß sie überhaupt ein Ausfluß der Liebe ist, abgesehen davon, ob die Liebe eine notwendige oder nicht notwendige ist. In jedem Akte der Liebe und in jeder Wirkung derselben, selbst in der notwendigen, findet sich übrigens eine gewisse Art von Freiheit, nicht die Freiheit der Herrschaft über den Akt wie bei der Wahlfreiheit, aber doch die Freiheit der Unabhängigkeit, kraft deren der Liebende nur liebt, weil ihm der Gegenstand seiner Liebe wohlgefällt, kraft deren er ferner nur wirkt, weil er durch sein Wohlgefallen dazu angetrieben wird. In diesem Sinne sagten die Scotisten, die Spiration des Heiligen Geistes sei, obgleich notwendig, doch eine freie, im Gegensatz zur Zeugung. Die letztere, sagten sie, erfolge aus Naturnotwendigkeit [39], die ohne Dazwischenkunft des Wohlgefallens der Liebe sich offenbare und nur von demselben begleitet werde; die erstere erfolge aus dem Wohlgefallen der Liebe und des Willens, dem übrigens hier die Notwendigkeit seines Wirkens zur Seite stehe. Mit dieser feinen Distinktion, die des "doctor subtilis" würdig ist, aber auch nur selten ganz verstanden wurde, und ebenso mit der größten Vorsicht behandelt werden muß [40], machte Scotus Opposition gegen den heiligen Thomas, der den Heiligen Geist "necessitate naturali" von Vater und Sohn ausgehen läßt. So sehr auch Scotus selbst sich hier dem heiligen Thomas schroff gegenübergestellt, so sehr auch von den Thomisten und der Mehrzahl der Theologen darob bekämpft wurde: in der Sache scheinen beide, Scotus und Thomas, übereinzukommen. Denn Scotus leugnet nicht, daß die Notwendigkeit, womit der Heilige Geist hervorgeht, in der göttlichen Natur wurzele; und der heilige Thomas ist damit einverstanden, daß der Heilige Geist nicht auf dem Wege der unwillkürlich, ohne Dazwischenkunft des Willens, sich entfaltenden Natur, sondern eben nur durch die, kein anderes Gesetz berücksichtigende, bloß ihrem eigenen Drange, ihrem Wohlgefallen folgende Liebe hervorgebracht werde [41].

Ähnlich wie Scotus hatten schon seine erlauchten Vorgänger in der Franziskanerschule, Alexander von Hales und der heilige Bonaventura (In I Sent. dist. 10, a. 1, q. 1 et sqq.), den "modus procedendi per voluntatem" dem "ex natura" gegenübergestellt und den ersten näher als den "modus procedendi per liberalitatem", durch Freigebigkeit, also in der Form einer freigebigen Spende bezeichnet. Und in der Tat können wir den der Liebe, auch der notwendigen, eigentümlichen Mitteilungsdrang oder ihre Freude am Geben kaum anders als mit dem Ausdruck Freigebigkeit bezeichnen. Wenngleich der Ausdruck sehr leicht zu Mißverständnissen führen kann, so hat er doch auch anderseits einen so tiefen Kern von Wahrheit, daß wir ihn nicht so leicht über Bord werfen können. Setzen wir aber an die Stelle der freigebigen Spende die liebevolle Hingabe oder die "largitio" und statt der Freigebigkeit den Mitteilungsdrang oder die "largitas" der Liebe, dann haben wir den reinen Kern der durch die Jünger des heiligen Franziskus, die sich wie ihr Meister besonders auf die Geheimnisse der Liebe verstanden, vertretenen Anschauung, welche übrigens, obgleich von ihnen schärfer betont, im Grunde das Gemeingut der katholischen Schulen war. Genauer würde freilich der Ausdruck sein, wenn gesagt würde, der Heilige Geist gehe aus als "donatio", doreá, Schenkung; denn dadurch wird deutlicher bezeichnet, daß er einerseits in seinem Wesen die Frucht einer Schenkung ist und die schenkende Liebe in sich trägt, und daß er anderseits das Prinzip aller den Kreaturen geschenkten Liebe ist.

Von dieser Anschauung aus begreift sich dann leicht, wie der Heilige Geist auch in seinem ewigen Verhältnisse zu Vater und Sohn als "donum" gedacht und benannt werden könne und folglich das "procedit ut datus", wie oben gesagt, recht treffend dieses Verhältnis veranschaulicht. Der Heilige Geist ist nämlich eben kraft seiner hypostatischen Eigentümlichkeit die erste und höchste Gabe und zugleich die Quelle und das Ziel aller andern Gaben, namentlich der übernatürlichen Gaben, welche Gott aus absolut freier, aus gnädiger Liebe seinen Geschöpfen spendet. Die erste und höchste Gabe, die Gott seinen Geschöpfen zuwendet, ist die Liebe, die er auf sie überträgt, und somit auch das unendliche Pfand, in dem diese Liebe niedergelegt ist. Und durch diesen ersten Erguß seiner selbst, in dem er in seiner ganzen unendlichen Größe flutet, tritt der Strom der überfließenden göttlichen Liebe auch nach außen hervor, um die Geschöpfe mit dem Reichtum ihrer Gaben zu überfluten. Namentlich geschieht das, wie wir später sehen werden, bei der Mitteilung der Gnade, wodurch die Kreatur zur Teilnahme an dem Gott eigentümlichen Leben, zu einer übernatürlichen Verbindung mit ihm und zum Genusse derselben Süßigkeit und Seligkeit erhoben wird, welche die göttlichen Personen im Heiligen Geiste besitzen und genießen; und eben hier erscheint der Heilige Geist auch in sich selbst als die höchste Gabe und Gnade, welche Gott seinen Kindern schenkt. Im Sinne der persönlichen göttlichen Liebe, welche den Kreaturen alles Gute und ebenso alles sich selbst durch innigste Vereinigung schenkt, ist der Heilige Geist in seiner Person die göttliche Gnade, "gratia" im erhabensten und vollsten Sinne des Wortes und heißt als solche die "gratia increata".

Aber auch gerade diese zarte Beziehung des Heiligen Geistes zu den Kreaturen, welche in dem Namen "donum" ausgedrückt ist, wird ungleich kräftiger und lebendiger durch den allumfassenden, ausdrucksvollen Namen "Geist" hervorgehoben. Als Geist, als Odem Gottes sehen wir ihn aus dem Herzen der Gottheit in die Kreatur hinüberwehen und ein lebendiges Band um beide schlingen; sehen wir ihn mit der in ihm wohnenden lieblichen Wärme das Geschöpf durchdringen, erquicken, mit unaussprechlicher Wonne erfüllen; sehen wir ihn seine Liebesglut der Kreatur mitteilen und aus dem Lichte des Sohnes, aus dem er hervorgeht, die Funken leuchtender Gotteserkenntnis hinübertragen und zur hellstrahlenden Flamme anfachen; sehen wir ihn das Geschöpf mit seiner eigenen Lebenskraft durchströmen, es von Tod und Korruption befreien und mit unsterblichem Leben erfüllen: sehen wir ihn endlich als das "osculum suavissimum", wie der heilige Bernhard sagt, worin Gott seinen Liebesbund mit der begnadeten Kreatur besiegelt.

So ist dieser Name ebenso unaussprechlich lieblich und süß, wie er wahr und bezeichnend ist; oder vielmehr gerade deshalb ist er so süß und lieblich, weil er so wahr und bezeichnend ist. Denn weil er eben die reinste Blüte der göttlichen Liebe so treffend bezeichnet, drückt er gerade das aus, was in der Gottheit das Süßeste und Lieblichste ist; er drückt es überdies auf eine so lebendige Weise aus, daß sich kein stärkerer Ausdruck denken läßt. Oder wo erscheint die dritte Person mehr als "die Wonne, das Glück, die Seligkeit in der Trinität, als die Süßigkeit des Erzeugers und des Erzeugten", wie der heilige Augustinus sie nennt [42], und darum auch als der Born aller Süßigkeit für uns, als in dem Bilde des Odems der Liebe und des Lebens, der zugleich mit wohltuender Wärme und erquickender Kühle das ganze Wesen dessen, von dem er ausgeht, und dessen, zu dem er hinüberweht, umsäuselt und durchdringt? Und verstehen wir nicht auch gerade aus dieser Benennung der dritten Person am besten, warum dieselbe in Bezug auf uns der Paraklet, der Tröster genannt wird, sie, die mit lindem Hauche den Brand unserer Wunden kühlt, die wie ein starker Wind die niedergebeugte Seele erhebt; sie, in der uns das liebende Vaterherz Gottes entgegenschlägt und unsere bange Seele seiner väterlichen Umarmung entgegenführt?

Was aber diesen göttlichen Odem des Vaters und des Sohnes vorzüglich mit himmlischer Süßigkeit durchwürzt, was ihn als überaus köstlichen, aus der Glut der göttlichen Liebe aufwallenden Duft [43] erscheinen läßt: das ist die hohe Würde und der Adel derjenigen Personen, die, in der glühendsten Liebe zerschmelzend, den Geist, den Odem aus ihrem Herzen aufsteigen lassen; das ist ferner die unendliche Vollkommenheit und Reinheit des Liebesfeuers, welches diese Personen verzehrt, das ist mit einem Worte die Heiligkeit der liebenden Personen und ihrer Liebe.

Obgleich der Vater und der Sohn heilig sind - sonst könnten sie ja nicht einmal etwas Heiliges hervorbringen - oder vielmehr gerade deshalb, weil sie heilig sind, ist der Geist, den sie aushauchen, auf eine ganz besondere Weise heilig; er ist die Blüte und der Duft der Heiligkeit des Vaters und des Sohnes, wie er die Blüte und die Spitze ihrer Geistigkeit ist. Mit Recht wird also ihm, als der die Heiligkeit der andern in sich repräsentierenden Person, das Prädikat derselben ganz vorzüglich angeeignet, wird er sogar schlechtweg die Heiligkeit Gottes oder die Heiligkeit des Vaters und des Sohnes genannt, nicht als wenn Vater und Sohn erst durch ihn heilig würden, sondern weil beide in ihm ihre Heiligkeit offenbaren.

Wenn wir daher die dritte Person ausdrücklich in ihrer Relation zu den andern Personen bezeichnen, als Geist des Vaters oder des Sohnes oder beider zugleich, pflegen wir das Beiwort "heilig" nicht hinzuzufügen; wir sagen dann nicht: der heilige Geist des Vaters und des Sohnes, weil der von den göttlichen Personen ausgehende Geist nur ein heiliger sein kann und die Heiligkeit hier durchaus selbstverständlich erscheint. Denn gerade als Ausfluß der höchsten Geistigkeit Gottes, als deren Spitze und Blüte, ist die dritte Person wesentlich heilig, da die Heiligkeit im Grunde mit der ungeschmälerten und in ihrer ganzen Reinheit ausgestalteten Geistigkeit zusammenfällt. Heben wir aber bei dem Namen "Geist" nicht ausdrücklich seine Beziehung auf die spirierenden Personen hervor, dann nennen wir ihn immer "Heiliger Geist", um anzudeuten, daß wir nicht an den Geist irgend einer Kreatur denken, welcher auch unlauter sein kann, sondern an den Geist der lautersten, erhabensten und unwandelbaren Güte und Liebe, der kein anderer sein kann als der Geist Gottes.

Indes gibt es noch einen andern, obgleich dem vorhergehenden innig verwandten Grund, weshalb bei der dritten Person in Gott die Heiligkeit nicht nur zutrifft, sondern auch als charakteristisches Merkmal besonders betont wird. Die dritte Person ist, wie wir schon öfter gesehen, als der gemeinschaftliche Liebes- und Lebensodem der bei den andern auch das Pfand ihrer Liebe sowie das Band und das Siegel ihrer absoluten physischen und moralischen Einheit. Was ist es aber, was dem Liebespfande sowie dem Bande und Siegel der Einheit die Beschaffenheit verleiht, wodurch sie ihre wesentliche Bestimmung erfüllen? Ist es nicht beim Pfande die Kostbarkeit der Gabe, beim Bande die Festigkeit, beim Siegel die unverfälschte und unfälschbare Lauterkeit? Wo nun die Liebe und die Einheit eine göttliche ist, muß da nicht beim Pfande seine unendliche Kostbarkeit, beim Bande seine absolute Unverletzlichkeit und Unantastbarkeit, beim Siegel seine absolute Reinheit und Unverfälschtheit ausgedrückt und betont werden? Aber alle diese erhabenen Eigenschaften werden in der einfachsten und großartigsten Weise ausgesprochen in dem einen Worte: Heiligkeit. Das Heilige bedeutet uns das erhabenste, verehrungswürdigste, somit das kostbarste Gut; heilig nennen wir die festesten, unverbrüchlichsten Bindungen und Verpflichtungen, heilig auch die unverbrüchliche Treue, womit sie unterhalten und gehalten werden; heilig ist uns endlich das Lautere, Makellose, das in keiner Weise getrübt oder gefälscht werden kann, besonders die von jeder gröberen oder feineren Selbstsucht, geschweige denn von schmutziger Sinnenlust getrübte Liebe. Indem wir also den Geist des Vaters und des Sohnes den Heiligen Geist nennen, erscheint er uns wie ein unendlich kostbarer, aus ihrem Liebes-. und Lebenshauche krystallisierter Diamant von unerschütterlicher Festigkeit und der lautersten Reinheit, in welchem in unaussprechlich erhabener Weise Vater und Sohn ihre Liebe verpfänden, ihren Bund befestigen, besiegeln und krönen. Kurz, wir betonen beim Geiste die Heiligkeit in ähnlicher Weise, wie wir beim Sohne seine Gleichheit mit dem Vater betonen, die ihn eben als den wahren und vollkommenen Sohn des Vaters darstellt; wie wir endlich beim Vater selbst die Einheit hervorheben, kraft deren er das Urprinzip der beiden andern Personen und das einfache Zentrum ist, von dem die beiden wie zwei Strahlen in geordneter Reihenfolge ausgehen.

Die heiligen Väter scheinen zuweilen das Prädikat der Heiligkeit beim Heiligen Geiste davon abzuleiten, daß gerade er die Heiligkeit der Kreatur mitteile. "Die Kraft der Heiligung", sagt der heilige Cyrill von Alexandrien (Thesaur. assert. 34, p. 352), "welche vom Vater natürlicherweise ausgeht und die Kreaturen heiligt und vervollkommnet, nennen wir den Heiligen Geist." Aber die Kraft zu heiligen kommt dem Heiligen Geiste doch wiederum nur deshalb zu, weil er die Heiligkeit selbst, und die Heiligkeit, welche er mitteilt, nur eine Nachbildung seiner eigenen ist. Darum hatte der heilige Cyrill kurz vorher gesagt (L. c. p.351): "Heilig wird der Geist genannt, weil er wesentlich heilig ist. Denn er ist die natürliche, lebendige und subsistierende Tätigkeit Gottes, welche die Kreaturen vervollkommnet, indem sie dieselben durch Mitteilung ihrer selbst heiligt."

Auf dieses Verhältnis des Heiligen Geistes zur Heiligung der Kreatur werden wir später zurückkommen, wie wir überhaupt die aus seinem hypostatischen Charakter entspringenden Beziehungen zur begnadigten Kreatur und die denselben entsprechenden Namen noch näher zu erörtern haben. —

Wenn es uns so, wie wir hoffen, von unserem Standpunkt aus gelungen ist, den kirchlichen Namen der göttlichen Personen in der ganzen Stärke ihrer Bedeutung gerecht werden, dann haben wir darin den besten Beweis für die Richtigkeit des Standpunktes, von dem wir ausgegangen sind. "Muß doch die kirchliche Spekulation", wie Dieringer sehr treffend bemerkt (Lehrbuch der kathol. Dogmatik. Vierte Aufl. S. 192), "von der Überzeugung ausgehen, der kirchliche Sprachgebrauch (welcher zugleich der der Offenbarung selbst ist) sei der analogisch richtigste, den es für uns in dieser Sache überhaupt gibt, und das in demselben Bezeugte sei in der Objektivität noch unendlich vollkommenere Wirklichkeit, als diese Ausdrücke es besagen können." Aber auch umgekehrt ist unsere Darstellung ein Beweis dafür, welcher Reichtum und welche Tiefe des Gedankens in diesen Ausdrücken liege. Denn obgleich es nur analoge Ausdrücke sind, so ist doch ihre Analogie so reich, so konsequent, so lebendig, daß ihr Verständnis uns die klarste und anschaulichste Vorstellung von dem erhabenen Mysterium gibt, und daß wir in der Aufstellung dieser Namen das Werk der unendlichen Weisheit derjenigen Personen bewundern müssen, die sich uns vermittelst derselben offenbaren wollten.

§ 19. Die Dreieinigkeit in der Dreifaltigkeit

Bisheran haben wir uns bemüht, unter Voraussetzung der Einheit und Einfachheit des göttlichen Wesens, aus dem Glaubenssatz der innern Produktionen die Dreifaltigkeit der Personen in demselben nach ihren wichtigsten Momenten konsequent und stufenweise, von der einfachsten und unbestimmtesten bis zur konkretesten Auffassung fortschreitend, zu entwickeln. Wir glauben gezeigt zu haben, wie sich die geheimnisvolle Lehre von der göttlichen Dreifaltigkeit in den Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist, vom Standpunkt des Glaubens aus wissenschaftlich begründen, entwickeln und erklären und, wenn man will, konstruieren läßt.

Es bleibt uns nur noch übrig, nachzuweisen, daß in der Dreifaltigkeit in Gott sich zugleich die größte Einheit findet, daß sie, obgleich eine Vielfältigkeit im realsten Sinne des Wortes, nichtsdestoweniger nach allen Richtungen hin von der höchsten Einheit getragen, durchdrungen und durchwaltet ist. Die Ringe, wodurch diese Einheit hergestellt wird, haben wir schon bei der Entwicklung der Dreifaltigkeit gefunden; wir brauchen daher nur auf diese zurückzublicken. Einheit herrscht hier überall. Eine ist die göttliche Natur und Substanz in allen drei Personen, und diese hinwiederum sind eins mit der Wesenheit, von der sie sich reell nicht unterscheiden, und in der Wesenheit auch unter sich, - sie sind ein höchstes Wesen, "una summa res". Der Übergang der Wesenheit aus einer Person in die andere bringt keine Trennung oder Teilung in dieselbe hinein; vielmehr kann sie nur dadurch auf eine andere Person übergehen, daß diese in Beziehung zur ersten Person tritt und in der Wesenheit zur Einheit mit derselben verbunden wird.

Eines ist ferner das erste Prinzip, einer der ursprüngliche Inhaber der göttlichen Natur; und die Verschiedenheit der Personen geht gerade von diesem einen Prinzip aus. Die Verschiedenheit bricht aus der Einheit hervor und wird durch dieselbe auch wieder zusammengehalten. Denn die übrigen Personen sind nur deshalb von der ersten verschieden, weil sie aus derselben ihren Ursprung haben und kraft dieses Ursprungs zu derselben in Beziehung stehen.

Aber dieser Ursprung ist zugleich ein innerer, aus dem Innersten der produzierenden Person auftauchend und in ihrem Innersten verbleibend. Der Sohn tritt bei seiner Zeugung nicht aus dem Schoße des Vaters heraus; er bleibt in demselben wohnen; er unterscheidet sich vom Vater, ohne sich von ihm zu trennen. Und der Heilige Geist ebenfalls entfernt sich in seinem Ursprung nicht vom Herzen des Vaters und des Sohnes; er bleibt mit demselben untrennbar verbunden wie die Flamme mit der Glut, der sie entspringt, wie die Blüte mit der Pflanze, der sie entsproßt. Die Ordnung der Ursprünge in Gott weist also nicht bloß auf ein einheitliches Urprinzip hin, sie läßt auch keine Trennung von demselben aufkommen. Sie bewirkt einen bloßen persönlichen Unterschied.

Doch auch dieser Unterschied ist nur ein relativer, d. h. er liegt nur in der Beziehung der Personen aufeinander und namentlich der zweiten und dritten auf die erste. Diese Beziehung scheidet die eine Person von der andern, ihr gegenübertretenden, auf welche sie sich bezieht; aber zugleich verbindet sie beide miteinander, in der Wirklichkeit und in unserem Gedanken; denn das Relative kann als solches ohne das, worauf es bezogen wird, weder sein noch gedacht werden. Der Vater kann nicht ohne den Sohn Gott sein und die göttliche Natur besitzen, Vater und Sohn nicht ohne den Heiligen Geist. Jeder besitzt die Natur in sich und für sich, aber nur insofern er sie zugleich aus dem andern oder für den andern besitzt: aus dem andern, von dem er sie empfängt, für den andern, dem er sie gibt. Der Unterschied im Besitze schließt also die Gemeinschaft desselben nicht nur nicht aus, er schließt sie wesentlich ein.

Diese Verbindung und Gemeinschaft zwischen den Personen als solchen tritt noch mehr hervor, wenn wir betrachten, daß nicht nur je zwei Personen untereinander in unmittelbarer Beziehung und Verbindung stehen, sondern daß auch jede Person in ihrer Art ein Mittel- und Brennpunkt ist, auf den sich die übrigen beiden beziehen und in dem sie sich untereinander verbinden. Der Vater verbindet die beiden übrigen Personen mit sich und in sich als deren gemeinschaftliche Wurzel und Quelle; denn er ist das gemeinschaftliche Prinzip beider: das des Sohnes ist er allein, das des Heiligen Geistes mit dem Sohne, aber darum doch nicht bloß mittelbar, nicht bloß durch den Sohn, sondern ebenfalls unmittelbar. In umgekehrter Weise verbindet der Heilige Geist mit sich und in sich den Vater und den Sohn, nicht als deren Prinzip, sondern als deren gemeinschaftliches, unmittelbares Produkt, und noch mehr, wenn wir ihn genauer auffassen, als das Produkt ihrer gegenseitigen Liebe, in dem sie ihre Einheit darstellen und sich als eines Geistes zeigen. Er ist die Krone, das Siegel der Einheit in der Dreifaltigkeit, wie der Vater die Wurzel und Quelle derselben. Der Sohn endlich ist weder Prinzip noch Produkt zweier anderer Personen; er ist Produkt des Vaters und Prinzip des Heiligen Geistes. Aber eben als solches behauptet auch er eine zentrale Stellung, ist auch er ein Ring, der die übrigen Personen in sich zu einer goldenen Kette zusammenschließt. Sein Ausgang vom Vater ist die wesentliche Vorbedingung, gleichsam der Durchgangspunkt für den Ausgang des Heiligen Geistes, so zwar, daß das Verhältnis des letzteren zum Vater ohne ihn gar nicht gedacht werden kann. Wie der Unterschied des Heiligen Geistes vom Vater, so ist auch seine Verbindung mit demselben nur im Sohne und durch den Sohn denkbar.

Nirgendwo sehen wir also in der göttlichen Dreifaltigkeit einen Riß, eine Trennung, eine Scheidung, nicht einmal einen Unterschied, der nicht schon in sich selbst zugleich das Prinzip der Verbindung und Einheit trüge. Alles ist hier Einheit, Verbindung, Harmonie im höchsten und schönsten Sinne des Wortes. Die Dreifaltigkeit hebt die Einheit und Einfachheit Gottes nicht nur nicht auf: diese Einheit und Einfachheit offenbart sich vielmehr erst in ihrer vollen Macht und Größe durch die Dreieinigkeit, durch die absolute Eintracht und Harmonie, womit sie die Dreifaltigkeit in Gott durchdringt und durchwaltet. Hier erscheint sie eben als eine überaus reiche, lebendige Einheit, ebenso reich an Bewegung wie an Ruhe, an Mitteilsamkeit wie an Selbstgenügsamkeit, an Mannigfaltigkeit wie an Einfachheit, an Gemeinsamkeit wie an Selbständigkeit.

Das ist das große Wunder, das übernatürliche Geheimnis, welches der Glaube unserer Betrachtung darbietet, das Geheimnis, dem unsere Vernunft ohne den Glauben sich nicht nahen, das sie auch durch den Glauben nicht in sich selbst schauen, geschweige denn in seinen Tiefen erschöpfen und ergründen kann, das sie aber nichtsdestoweniger im Spiegelbilde des Glaubens zu betrachten vermag und als ein unermeßliches Lichtmeer, als ein unendlich reiches System der lichtvollsten und erhabensten Wahrheiten erkennt und bekennt. Es ist ein Geheimnis, das gerade deshalb, weil es so hoch über sie hinaus liegt, unsere Vernunft anziehen muß und auch durch den geringsten Einblick, den es ihr in seinen Schoß gewährt, sie mit namenlosem Entzücken erfüllt.

C. Die Vereinigung von Licht und Dunkelheit in der Erkenntnis des Mysteriums

§ 20

Müssen wir aber nicht vielleicht fürchten, durch die wissenschaftliche Konstruktion oder vielmehr Rekonstruktion, die wir an dem Mysterium vorgenommen und vermittelst welcher wir von demselben einen gründlichen, klaren und allseitigen Begriff geben wollten, im Widerspruch mit unserer eigenen Theorie, das geheimnisvolle Dunkel desselben über Gebühr aufgehoben zu haben?

Keineswegs. Wir haben nicht prätendiert, die Wirklichkeit seines Inhaltes mit der bloßen Vernunft nachzuweisen; wir haben sie uns durch göttliche Offenbarung zeigen lassen, indem wir die Wirklichkeit einer Idee, der Idee der innergöttlichen Produktionen, welche das ganze Dogma wurzelhaft in sich trägt, aus dem Glauben herübernahmen und unsern weiteren Deduktionen zu Grunde legten; nur auf dieser Grundlage haben wir weitergebaut, auf sie stützt sich in letzter Instanz unsere ganze Überzeugung von der Wirklichkeit der einzelnen Momente des Mysteriums.

Was aber die Dunkelheit, die Unbegreiflichkeit des Inhaltes selbst betrifft, so bleibt sie nach wie vor bestehen. Nur in schwachem Dämmerlicht zeigt sich uns seine wahre Gestalt; die Dunkelheit überwiegt das Licht. Die Begriffe, durch die wir den Inhalt des Mysteriums erfassen und uns vorstellen, sind nur analoge, von endlichen und sogar sinnlichen Dingen übertragene, die schon deshalb, weil ihrer viele sind, den Reichtum ihres Objektes in seiner absoluten Einfachheit nicht ganz darzustellen vermögen. Die Begriffe der Produktion, der Produkte der Erkenntnis und Liebe, der Hypostase und der Person, der Zeugung und der Hauchung: alle sind sie aus den geschaffenen Dingen entnommen, und obgleich wir auch die Einschränkungen bestimmen konnten, unter denen sie auf Gott anwendbar sind, so sind das doch vorherrschend negative Bestimmungen, die wir nach Maßgabe der Offenbarung und unseres natürlichen Gottesbegriffes machen und durch welche der vorgestellte Gegenstand nicht so klar vor unsere Augen tritt, wie er in der lebendigen Wirklichkeit ist.

Nichtsdestoweniger reichen diese in ihrem analogen Werte erkannten analogen Begriffe hin zu der Einsicht, daß dieselben sich notwendig bedingen, postulieren und bestimmen, daß, die objektive Wahrheit eines von ihnen vorausgesetzt, auch die übrigen notwendig objektive Wahrheit haben müssen. So wahr können wir diesen notwendigen Zusammenhang der Begriffe begreifen, daß wir einen evidenten innern Widerspruch darin finden würden, wenn einer von ihnen nicht mit den übrigen auf den Gegenstand angewendet werden sollte. So wäre es z. B. ein evidenter Widerspruch, wenn wir in Gott Produktionen annehmen, aber diese Produktionen nicht als Personalproduktionen, ihre Produkte nicht als wirkliche Personen annehmen wollten; ebenso wäre es ein innerer Widerspruch, wenn wir die Produkte nicht ihrem Produzenten an Zeit und Vollkommenheit gleichstellen oder die Personen vom Wesen real unterscheiden wollten.

Anderseits können wir durch die richtig bestimmten analogen Begriffe auch diejenigen Widersprüche, welche für die vernünftige Auffassung im Dogma zu liegen scheinen, als nicht evident entschieden zurückweisen. Dieser anscheinenden Widersprüche gibt es hauptsächlich drei: 1. der reale Unterschied der Personen untereinander, trotzdem daß sie mit dem Wesen und durch das Wesen untereinander eins sind; 2. die Gleichewigkeit der Personen, trotzdem daß die einen den andern ihren Ursprung verdanken; 3. die Gleichheit der Würde und Vollkommenheit in den Personen, trotzdem daß die einen von den andern als ihrem Prinzip abhängen [44]. Die hier vorgebrachten Widersprüche bestehen nur so lange zu Recht, als die in ihnen gegenübergestellten Begriffe nicht in ihrer analogen Anwendbarkeit scharf bestimmt sind. Wir können keinen realen Unterschied zwischen Wesen und Person in Gott annehmen, aber wohl einen virtualen, kraft dessen die eine "summa res", die wir Gott nennen, sich zugleich als Person und Wesen und nach beiden Rücksichten in verschiedener Weise geltend macht, indem sie als Person relativ, als Wesen nicht relativ erscheint und folglich als Person von dem Terminus ihrer Relation sich real unterscheidet [45]. Die produzierten Personen könnten nicht gleich ewig mit der produzierenden sein, wenn sie durch einen vorübergehenden Akt, nicht durch einen in der ewigen Begründung der einen durch die andere liegenden Akt hervorgebracht würden; aber in der letzteren Weise können und müssen wir die göttliche Produktion denken. Deshalb nennen wir ja die produzierende Person in der Kirchensprache nicht "causa" (Ursache), sondern "principium" (Grund), weil jener Ausdruck mehr einen aus dem fertigen Wesen hervortretenden Akt, dieser eine überhaupt einem Wesen zukommende, begründende Kraft andeutet. - Die produzierten Personen könnten ferner der produzierenden nicht an Würde und Vollkommenheit gleich sein, wenn sie kraft der Produktion schlechthin von ihr abhängig wären, wenn die erste Person ohne sie, sie nicht ohne diese bestehen könnten. Wohl aber können sie der produzierenden Person gleich sein, wenn diese wesentlich auf die Produktion angewiesen ist und nur in ihrer Produktivität ihre eigene Subsistenz besitzt; wenn ferner die gemeinschaftliche Wesenheit ihrer Natur nach ebensosehr in der einen als in der andern Person, und zwar in jeder in Beziehung auf die andere zu sein verlangt.

So begreifen wir in der Trinität den notwendigen Zusammenhang der einzelnen auf sie angewandten Begriffe und sehen zugleich ein, daß kein evidenter Widerspruch in denselben gefunden wird.

Aber die Einsicht in den Zusammenhang der einzelnen Begriffe ist nicht die Einsicht in die absolute Einheit des Objektes in sich, welches durch die Begriffe nur in gebrochenen Strahlen dargestellt wird. Und die Einsicht in die Widerspruchslosigkeit der Begriffe geht eben nur bis auf einen gewissen Punkt, auf dem sie stehen bleibt. Sie ist nur eine negative, eine Einsicht in die Nichtevidenz der vorgebrachten Widersprüche, nicht eine positive, kraft welcher man die Widerspruchslosigkeit ohne die Versicherung des Glaubens behaupten könnte. Sie beruht mehr auf einer scharfen Abgrenzung der Begriffe durch negative Bestimmungen als auf einer positiven, erschöpfenden Durchdringung ihres Objektes. Die analogisch bestimmten Begriffe, wodurch wir die Widersprüche lösen, bleiben eben in sich selbst immer sehr dunkel und lassen uns ihren Gegenstand nicht einmal eigentlich anschauen, geschweige denn durchschauen. Was es nämlich heiße, um bei den eben erwähnten Hauptschwierigkeiten zu bleiben, daß eine produzierende Person nur als produzierend eine bestimmte Person ist und daß deren Produktion nicht in einem vorübergehenden Akt, sondern in der ewigen Relation der einen Person auf die andere liegt; in welcher Weise ferner der bloß virtuelle Unterschied zwischen Person und Natur den realen Unterschied der Personen in der Einheit der Natur aus sich hervorgehen läßt: das begreifen wir nur sehr unvollkommen, und zwar deshalb, weil wir das Verhältnis der Person zur Natur und zu ihrer eigenen produktiven Tätigkeit, in der Weise, wie es in Gott ist, in der Kreatur nirgendwo vor Augen haben.

Indes genügt gerade der Umstand, daß in Gott alles anders ist als in den Kreaturen, um so mehr zu der Einsicht, dem anscheinenden Widerspruch in unsern mangelhaften Begriffen brauche darum kein realer zu Grunde zu liegen [46]. Mit andern Worten: je mehr wir das Mysterium auch nach der vollendetsten analogen Vorstellung noch als unvorstellbar, als Mysterium achten, desto weniger werden wir versucht sein, eine Unvereinbarkeit seiner einzelnen Momente anzunehmen und aus der unerfaßlichen Erhabenheit ein düsteres Gewirr von Widersprüchen, aus dem blendenden Lichte ein ödes Dunkel zu machen.

"Qui scrutator est maiestatis", sagt die Heilige Schrift, "opprimetur a gloria Spr 25, 27). Das ist namentlich bei unserem Mysterium, welches die ganze Größe der Majestät Gottes enthält, in doppeltem Sinne wahr. Wer es mit seiner bloßen Vernunft erforschen will, ohne sich auf die gnädige Herablassung Gottes in seiner Offenbarung zu stützen, und es wagt, mit dem Maßstab seiner natürlichen Begriffe dessen Inhalt auszumessen, der wird von der Herrlichkeit des Mysteriums so geblendet, daß er nichts von demselben sieht und statt der wahren Majestät ein selbstgebildetes Idol anbetet. Wer aber in dem demütigen Bewußtsein, daß er das Mysterium der Majestät des dreifaltigen und dreieinigen Gottes mit seiner Vernunft weder erreichen noch ausmessen kann, an der Hand des Glaubens an dasselbe herantritt, der wird ebenfalls geblendet, aber so, daß das Licht der Majestät doch wenigstens dämmerhaft in sein Auge eindringt und sein Herz mit himmlischer Wonne entzückt. So heranzutreten, ermuntert und ermutigt uns der Psalmist, wenn er spricht: "Tretet zu ihm heran und werdet erleuchtet, und euer Angesicht wird nicht beschämt werden.” (Ps 33, 6)

Den Nutzen für Geist und Herz, welchen selbst die mangelhafte Erkenntnis dieses Mysteriums uns gewährt, werden wir genauer kennen lernen, wenn wir die subjektive und objektive Bedeutung erforschen, welche das Geheimnis in dem Organismus der christlichen Offenbarung besitzt. Diese eigentümliche Bedeutung des Mysteriums der Dreifaltigkeit und seiner Erkenntnis wollen wir zum Gegenstand einer besondern Untersuchung machen. In der Regel spricht man wenig oder gar nicht davon; oder wo man darauf zu reden kommt, erhebt man sich selten zu einem genauen Verständnis der Aufgabe. Die Aufgabe ist in der Tat eine schwierige, und wir müssen daher hier besonders den Leser um Nachsicht bitten, wenn wir ihn nicht leicht und schnell auf wohlgebahntem Wege zum Ziele führen.

D. Die Bedeutung des Mysteriums der Trinität

I. Die philosophische Bedeutung des Mysteriums

§ 21

Man spricht heutzutage sehr viel von der philosophischen Bedeutung des Dogmas von der göttlichen Trinität. Man meint, wenn es keine philosophische Bedeutung habe, brauche sich die Wissenschaft nicht viel darum zu kümmern; es würde dann ein transzendentes Dogma sein, das einfach als Gegenstand des unwissenschaftlichen Glaubens zu betrachten sei. Indem man dann glaubt, dem Dogma eine Ehre anzutun, wenn man ihm eine philosophische Bedeutung beilege, sucht man eine solche auch wirklich ausfindig zu machen: man geht so weit, daß man ihm die allerwesentlichste philosophische Bedeutung beimißt und behauptet, es könne überhaupt keine gesunde, wahre Philosophie geben, die nicht auf dieser Lehre fuße oder darauf zurückkomme.

So bestechend auch diese Sätze klingen, so herrscht doch in ihnen große Verworrenheit.

Wenn man fragt, ob die Trinität eine philosophische Bedeutung habe, antworte ich mit "ja" oder mit "nein", je nachdem man die Frage auffaßt.

Die Philosophie kann man im engeren und im weiteren Sinne nehmen. Im allgemeinen bezeichnet sie die Liebe zur Weisheit und die Weisheit selbst, also auch die göttliche, übernatürliche Erkenntnis und Wissenschaft, die uns durch den Glauben vermittelt wird. Im engeren Sinne ist sie die menschliche Weisheit, rein vernünftige Erkenntnis und Wissenschaft.

Versteht man die Frage im letzteren Sinne, wie sie gewöhnlich verstanden werden soll, so ist sie absolut zu verneinen und nur in einer gewissen Beziehung und Einschränkung zu bejahen.

Schlechthin kann man ja nur denjenigen Wahrheiten philosophische Bedeutung zuschreiben, die selbst philosophisch, d. h. durch das Organ der Philosophie erkennbar sind oder doch wenigstens als unumgänglich notwendig erscheinen für die Erklärung und Begründung der Objekte der Philosophie. Darf man aber die Trinität in diese Kategorie hineinziehen? Keineswegs. Wenn sie in der Weise, wie wir es oben bewiesen, eine geheimnisvolle, eine übernatürliche Wahrheit ist, kann sie weder eine Vernunftwahrheit sein noch zur Erklärung und Begründung der Vernunftwahrheiten unbedingt notwendig erscheinen. Für die Philosophie ist sie wirklich transzendental; sie liegt über ihren Bereich, über ihr Gebiet unendlich weit hinaus, und man tut ihrer Erhabenheit wahrlich keine Ehre an, wenn man sie aus ihrer Höhe herabzieht, um sie in das philosophische Gebiet einzuschließen.

Man fürchtet, ohne Annahme der Trinität dem Pantheismus zu verfallen oder wenigstens den Pantheismus nicht allseitig überwinden zu können, was doch eine Hauptaufgabe der Philosophie sei. Doch warum diese Furcht? Genügt es nicht, um den Pantheismus zu widerlegen und auszuschließen, die Existenz des einen, selbständigen, unendlichen, persönlichen Gottes nachzuweisen? Kann man keinen Begriff von der Einheit des wahren Gottes haben ohne den Begriff der Trinität? - Aber die Tätigkeit Gottes, sagt man, wird sie nicht notwendig als eine Entwicklung Gottes in der Welt erscheinen, wenn wir nicht nachweisen können, daß sie im Innern der Gottheit produktiv ist? Auch das nicht. Wir begreifen Gott als unendlich tätig in der Erkenntnis und Liebe seiner selbst; wir begreifen, daß Gott deshalb sich selbst zu seiner Seligkeit genügt und daher keiner Tätigkeit nach außen bedarf. Wem das nicht genug ist, um jeden pantheistischen Gedanken ferne zu halten, den werden auch die innern Produktionen in Gott nicht eines Besseren belehren. Oder haben wir es nicht im System Günthers gesehen, wie man eben von den innern Produktionen der Gottheit zu den äußern überging und die letzteren als die notwendige Entwicklung und Ergänzung der ersteren darzustellen suchte? War das auch kein ausgesprochener Pantheismus, so führt es doch in letzter Analyse darauf hinaus, wie alles, wodurch die Welt als der notwendige Nachsatz des Unendlichen hingestellt wird.

Sollen wir aber darum vollständig leugnen, daß die Trinitätslehre eine große Bedeutung für die Philosophie habe, namentlich für die Vermeidung des Pantheismus? Wir leugnen nur, daß sie der Philosophie auf ihrem Gebiete notwendig sei zur Erklärung des Ursprungs der Welt und ihres Verhältnisses zu Gott. Wir geben zu, daß sie der Philosophie in dieser Beziehung sehr nützlich ist. Denn in der Tat, je deutlicher wir durch sie die Art und Weise erkennen, in der Gott subsistiert und persönlich ist, desto entschiedener können wir ihn in seiner selbsteigenen Persönlichkeit von der Welt unterscheiden; und wenn wir wissen, daß Gott in seinem Innern eine unendliche Produktivität entfaltet, begreifen wir desto vollkommener seine Freiheit in Bezug auf seine Wirksamkeit nach außen. Doch auch diesen Nutzen schöpft die Philosophie aus der Trinitätslehre nicht als aus einer zu ihrem Fonds gehörigen Wahrheit, da dieselbe für sie immer transzendental bleibt und nicht durch die Vernunft, sondern durch den Glauben dem philosophierenden Geist nahegelegt wird. Die Philosophie schöpft also aus fremden Quellen, wenn sie aus der Trinitätslehre für sich profitieren will, und so dürfen diejenigen, welche die Philosophie als solche ganz gegen den Glauben absperren wollen, am allerwenigstens von einer philosophischen Bedeutung der Trinitätslehre sprechen.

So viel bleibt immer bestehen: die Vernunft und der natürliche Mensch kann und braucht diese für ihn transzendentale Wahrheit nicht zu erkennen. Der natürliche Mensch kann und braucht nur um sein natürliches Verhältnis zu Gott zu wissen; er soll Gott verehren als seinen höchsten Schöpfer und Herrn, er soll sich ihm in tiefster Ehrfurcht unterwerfen, ihn anbeten, ihm dienen; dazu reicht die Erkenntnis der Einheit und Unendlichkeit Gottes hin; mehr zu erkennen, hat er weder die Pflicht noch das Recht.

Wenn Gott also dieses Geheimnis offenbart, so hat er dabei höhere Zwecke als die Entwicklung und Vollendung des natürlichen Menschen als solchen. Diese Offenbarung ist etwas in jeder Beziehung Übernatürliches wie das Geheimnis selbst; sie steht daher notwendig in Verbindung mit einer übernatürlichen Erhebung des Menschen und hat für denselben eine übernatürliche Bedeutung. Wie sie selbst wesentlich eine theologische Wahrheit ist, die nur durch den Glauben erkannt werden kann, so ist auch ihre eigentliche Bedeutung zu suchen in ihrem Verhältnis zur höheren theologischen Erkenntnis selbst und zu dem von derselben umspannten Kreise von höheren, übervernünftigen Wahrheiten; dieselbe ist somit nicht so sehr eine philosophische als eine rein theologische.

II. Theologische Bedeutung des Mysteriums

a) Die Bedeutung, welche dem Dogma von der Trinität an sich betrachtet für Gott selbst zukommt, oder die Bedeutung seiner Offenbarung im Glauben

§ 22

Sehen wir zunächst, welche Bedeutung die Offenbarung und die derselben entsprechende Erkenntnis der Trinität an sich, abgesehen von den Beziehungen, in denen das Objekt dieser Erkenntnis zu andern mit ihm zusammenhängenden Objekten steht, haben kann und in der Tat besitzt. Das heißt mit andern Worten: warum und wozu hat Gott diese für unsere Vernunft transzendentale Wahrheit offenbart und sie uns zu glauben vorlegt? Wir werden sehen, daß diese Gründe und Zwecke ebenfalls übernatürlich und, als über die Berechnung unserer Vernunft hinausliegend, ebenfalls transzendentale Wahrheiten sind.

Man pflegt wohl zu sagen, Gott habe dieses unbegreifliche Mysterium offenbart, um unsere Vernunft durch die Unbegreiflichkeit desselben zu demütigen und uns die Gelegenheit zu einem für ihn selbst höchst ehrenvollen, blinden, unbedingten Gehorsam des Glaubens zu geben. Das ist wahr; aber weit entfernt, daß diese Verdemütigung die Erhebung, diese opferwillige Verzichtleistung auf unser eigenes Urteil den Reichtum der Gnade vonseiten Gottes ausschließen sollte, wissen wir vielmehr, daß die Verdemütigung vor Gott der Weg zur höchsten Erhebung ist, daß die opferwillige Verzichtleistung Gott gegenüber uns den reichsten Gewinn bringt. Verdemütigung unsererseits und ehrenvolle Herablassung von seiten Gottes, Opfer unsererseits und Reichtum der Gnade vonseiten Gottes halten gleichen Schritt miteinander, schließen einander ein. Je mehr wir einsehen und gestehen müssen, daß wir unsererseits weder die Macht noch das Recht haben, die Dreifaltigkeit in Gott ohne den Glauben zu erkennen und nach dem Glauben zu begreifen, um so ehrenvoller, erhebender ist es für uns, daß wir dieses erhabene Mysterium wenigstens durch den Glauben erkennen dürfen. Je mehr wir bei diesem Glauben auf unser Urteil verzichten müssen, desto reicher werden wir dadurch belohnt, daß wir uns das Urteil, die Wissenschaft aneignen dürfen, die Gott allein besaß, die keiner Kreatur zugänglich war.

Die Offenbarung der Trinität ist ein Akt der zartesten Liebe und vertraulichsten Herablassung, durch welche Gott die Kreatur auf übernatürliche Weise ehren und beseligen, sich selbst auf übernatürliche Weise verherrlichen will.

1. Wenn irgend wo, so ist es hier wahr, was der Sohn Gottes selbst sagt: "Nun werde ich euch nicht mehr Diener nennen, ich nenne euch Freunde, weil ich euch alles, was ich von meinem Vater gehört habe, mitteile (Jo 15,15). Dem Knechte ziemt es nicht, in das innere Gemach der Familie seines Herrn einzutreten, und so kommt es der Kreatur an sich bloß zu, Gott als ihren Herrn zu ehren; nicht darf sie es wagen, einen Blick in die Mysterien seines Schoßes und seines Herzens zu tun. Wenn sie dazu zugelassen wird, tritt sie eben dadurch schon in eine gewisse Freundschaft zu Gott; denn nur Freunden offenbart man seine innersten Mysterien [47] sie steigt unendlich hoch über ihre Niedrigkeit empor und, eingeweiht in die Mysterien ihres Herrn, fühlt sie sich auch ihrerseits zu allen übrigen Vorrechten sowohl als Pflichten eines wahren Freundes berufen.

2. Denn wie schon die Offenbarung dieses Mysteriums, als ein außerordentlicher Beweis der göttlichen Liebe gegen uns, eine unendliche Dankbarkeit und Gegenliebe verlangt: so muß noch mehr das Mysterium selbst uns zu einer übernatürlichen, kindlichen Liebe gegen Gott entflammen. Die natürliche Kreatur erkennt Gott mehr als das absolute Sein, von dem jedes andere Sein abhängt, wie auch im Alten Bunde Gott sich darstellte als den, der ist, ohne den nichts ist, und der deshalb als der absolute Herr aller Wesen über uns thront. Auch so verdient Gott unsere Liebe, weil er auch dadurch seine Güte kundgetan, daß er andern Wesen das Dasein gegeben. Aber der Reichtum der göttlichen Güte tritt doch erst in der göttlichen Dreifaltigkeit hervor; hier erscheint uns Gott in einer ewigen, notwendigen, absoluten Hingabe und Mitteilung seines ganzen Wesens; hier sehen wir, daß er nicht bloß gut ist durch den Besitz unendlicher Güter, sondern auch gut und unendlich gut in der vollständigsten Mitteilung seiner Güter [48]. Muß er also uns hier nicht noch unendlich liebenswürdiger erscheinen als zuvor? Muß unsere Liebe zu ihm nicht ohne Vergleich lebendiger und zärtlicher werden, wenn wir sehen, wie der Vater sein ganzes Wesen dem Sohne gibt und dann mit seinem Sohne in einer so wunderbaren Liebe vereinigt bleibt, daß aus dieser Liebe eine dritte Person hervorgeht, in der sich beide umarmen? Kein Wunder daher, wenn mit dem Christentum, welches die deutliche Erkenntnis der Trinität zuerst in die Welt brachte, auch eine neue Quelle nie gekannter göttlicher Liebe der Welt aufging, wenn an die Stelle der ehrfurchtsvollen Scheu vor dem höchsten Wesen, die im Alten Bunde, im Gesetze der Knechtschaft, herrschte, eine entzückende, wonnevolle Bewunderung der göttlichen Güte trat. Freilich wirkte dabei mit, daß Gott der Vater seinen eingeborenen Sohn aus Liebe zur Welt für dieselbe hingegeben hatte. Aber diese Sendung des Sohnes zu den Menschen, diese übernatürlichen Liebe Gottes zu den Geschöpfen wirkte gerade deshalb so mächtig auf die Geister und Herzen, weil jene Sendung eine Offenbarung und Fortsetzung der trinitarischen Produktion war und das ewige Verhältnis zwischen Vater, Sohn und Heiliger Geist auch nach außen hervortreten ließ. Doch darauf werden wir später zurückkommen.

3. Die vertrauliche Einführung in das Mysterium der Dreifaltigkeit wirkt also zunächst eine übernatürliche, erhabene und zärtliche Liebe zu Gott, eine freundschaftliche Liebe. Zugleich aber gibt sie uns ein Pfand, daß wir als Freunde Gottes auch berufen seien zur unmittelbaren Anschauung seines Wesens, wie es an sich ist, zur Anschauung Gottes von Angesicht zu Angesicht. Oder ist es nicht wahr, daß wir schon durch den Glauben an die Trinität Gott nicht mehr bloß so erkennen, wie er nach außen erscheint, sondern wie er in sich selbst ist, in sich selbst subsistiert? Ist aber einmal der Schleier, der das Innere der Gottheit vor dem Auge des Geschöpfes verhüllt, gelüftet, ist einmal die Kreatur auf den Flügeln des Glaubens Gott so nahe gebracht, daß sie die geheimnisvollen Namen und Verhältnisse der göttlichen Personen erfährt: dann fühlt sie in sich auch die Sehnsucht und mit der Sehnsucht das Vertrauen, daß der schon gelüftete Schleier dereinst ganz fallen werde, daß die Personen, die sich ihr bereits aus der Ferne zeigen, sich auch von Angesicht zu Angesicht offenbaren werden.

Die übernatürliche Seligkeit, welche die Kreatur in der Anschauung Gottes genießt, wird also durch die Offenbarung der Trinität eingeleitet und antizipiert; der Glaube an die Trinität ist der Vorgeschmack der seligen Anschauung Gottes; er baut unserer Seele eine Brücke zum Himmel, er trägt sie, während sie noch auf Erden weilt, in den Schoß Gottes empor; er führt sie ein in die Freude ihres Herrn. Und wenn die süßeste Würze der Seligkeit Gottes selbst in der Gemeinschaft und Wechselbeziehung der Personen besteht, dann gibt uns auch schon der Glaube an die Trinität etwas von der innersten Süßigkeit und Lieblichkeit Gottes zu kosten.

So ist die Offenbarung der Trinität nicht nur eine höchst gnadenvolle, übernatürliche Auszeichnung für die Kreatur; sie führt dieselbe auch zu einer übernatürlichen Vereinigung mit Gott, hienieden durch eine Liebe, im Jenseits durch einen Genuß, wie die Natur keine Liebe, keinen Genuß kennt.

4. Es versteht sich von selbst, daß diese Offenbarung anderseits ebenso ehrenvoll für Gott selbst ist. In allen Werken Gottes nach außen kommt der Kreatur der Nutzen, Gott die Ehre zu. Der Nutzen der Kreatur und die Ehre Gottes gehen Hand in Hand. Der Nutzen der Kreatur ist desto größer, je mehr Gott sich ihr mitteilt; je mehr sich aber Gott mitteilt, desto mehr offenbart er sich selbst, desto mehr verherrlicht er sich. Je mehr er die Kreatur erhebt, desto mehr erhebt er auch sich selbst, nicht durch Zuwachs, sondern durch Entfaltung seiner Größe.

Wenn nun Gott schon dadurch so sehr verherrlicht wird, daß er in der geschaffenen Natur, in der sinnlichen und unsichtbaren Welt mit ihren zahllosen Abstufungen, Gliederungen und Geschlechtern von Wesen aller Art seine Macht, Weisheit und Güte erscheinen und erkennen läßt: wie sehr wird er dann nicht sich verherrlichen, wenn er die unendliche Fruchtbarkeit seines Schoßes, die überströmende Fülle seines Herzens offenbart, wenn er uns das Zeugnis erkennen läßt, das der Herrlichkeit des Vaters der ihm wesensgleiche Sohn, der Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes der beiden gleiche Heilige Geist gibt! Auch die Geschöpfe geben Zeugnis von der Herrlichkeit Gottes: “Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und die Werke seiner Hände verkündet das Firmament” [Ps 19, 2]. Aber das Zeugnis der Kreaturen ist nur ein matter, verschwindender Nachklang des Zeugnisses, welches der Vater von seinem eigenen Worte erhält; ihre strahlenden Gestalten sind nur ein dunkler Schatten gegenüber dem Sohne, der als Licht vom Lichte ein reiner Spiegel der Schönheit seines Vaters und ein Abbild seines Wesens ist. Und der Liebesjubel der Kreaturen ist kaum hörbar neben jenem unaussprechlichen Liebesseufzer, den Vater und Sohn im Heiligen Geiste aushauchen; alle Fluten des Lebens und der Seligkeit, welche die Herzen und Adern der Geschöpfe erfüllen, sind verschwindende Bächlein neben jener unerschöpflichen Lebensflut, die Vater und Sohn im Heiligen Geiste entströmt. Wie ganz anders verherrlicht sich also Gott vor unsern Augen, wenn er die Dreifaltigkeit der Personen offenbart und diese göttlichen Personen als Zeugen ihrer eigenen Herrlichkeit hinstellt, als wenn er bloß die Geschöpfe als Boten derselben an uns abordnet! Wenn diese Verherrlichung eine natürliche, so ist jene eine übernatürliche, wenn diese eine endliche, so ist jene eine unendliche. Beide Arten sind also wesentlich, himmelweit voneinander unterschieden, und diesen Unterschied müssen wir uns nachdrücklich zum Bewußtsein bringen und uns nie verwischen lassen; denn nur aus dem Unterschiede und Gegensatze des Natürlichen und Endlichen zum Übernatürlichen und Unendlichen können wir die ganze Größe und Erhabenheit des letzteren begreifen und festhalten.

Ist es also nicht wahr, daß die Offenbarung und die Erkenntnis der Dreifaltigkeit der Personen eine überaus hohe und große Bedeutung für uns hat, trotzdem oder vielmehr gerade weil es eine übernatürliche und übervernünftige, eine für Natur und Vernunft transzendentale Wahrheit ist? Gerade deshalb, weil sie die Natur und Vernunft so hoch übersteigt, hebt uns Gott durch die Offenbarung derselben über unsere Natur und unsere Vernunft empor und läßt uns vermittelst seiner Gnade zum Gipfel seiner Mysterien hinaufsteigen. Das Mysterium ist transzendental für die rein menschliche, natürliche Wissenschaft und Philosophie; aber gerade deshalb bildet es den Gegenstand einer übermenschlichen Wissenschaft und Philosophie, der Theologie, in der nicht der Mensch die Wahrheit sucht, sondern Gott sein eigenes Wissen mitteilt. Wie die göttliche Natur in ihrer Einheit der höchste Gegenstand, der Schlußstein der Philosophie, so ist die Dreifaltigkeit der Personen der höchste und zugleich am meisten charakteristische Gegenstand, das Zentrum und der eigentlichste Kern der Theologie.

b) Bedeutung der Trinität in ihrer realen Offenbarung und Entfaltung

§ 23. Die reale Offenbarung der Trinität geschieht nicht formell durch eine den einzelnen Personen eigene Wirksamkeit.
Die sogenannten Appropriationen

Die Bedeutung der Dreifaltigkeit und Dreieinigkeit der Personen in Gott können und müssen wir aber noch nach einer andern Seite hin betrachten. Bisher haben wir sie bloß als eine Wahrheit für sich ins Auge gefaßt; sie steht aber auch in Beziehung zu andern Wahrheiten, zu andern Dogmen, und in dieser Beziehung erscheint ihre Bedeutung noch viel großartiger und umfangreicher. Hier ist sie der Ausgangs- und Zielpunkt einer ganzen Ordnung von Wahrheiten, die nur in Bezug auf sie verstanden und dargestellt werden können, der Quellpunkt eines ganzen wissenschaftlichen Systems, das sich aus ihrem innern System herausbildet und fortbildet, in dem sie sich selber als in ihrem realen Spiegelbild offenbart. Und so tritt sie von neuem vor unsere Erkenntnis, gibt uns nicht nur die Erkenntnis ihrer selbst, sondern auch die Erkenntnis ihrer realen Offenbarungen, welche dann hinwiederum uns zu einer volleren, anschaulicheren Erkenntnis ihrer selbst führen. Wir werden sehen, daß die Trinität auch hier wieder als übernatürliche Wahrheit sich bewährt, als ein wahres Mysterium, dessen Bedeutung gerade darin liegt, daß es die Quelle und der Mittelpunkt anderer Mysterien ist, in denen es sich offenbart.

Um dieses gründlich zu erkennen, müssen wir untersuchen, in welcher Weise die Trinität als solche überhaupt nach außen hervortreten und mit den Dingen außer ihr in Berührung treten könne.

Vor allem ist es klar, was wir schon früher hervorgehoben haben, daß die Dreifaltigkeit der Personen oder die göttlichen Personen als solche in ihren gegenseitigen Beziehungen und Unterschieden nach außen nicht formell hervortreten durch ihre Wirksamkeit und Tätigkeit. Das könnte nur dann stattfinden, wenn jede Person nach außen eine ihr ausschließlich eigentümliche Tätigkeit offenbarte, infolge deren eine jede zu der ihr eigentümlichen Wirkung bzw. zum Substrat derselben in eine besondere Beziehung träte und folglich auch sich allein, im Unterschiede von den übrigen Personen, in dieser Wirkung offenbarte [49]. Aber die Kirche lehrt das Gegenteil, und schon eine oberflächliche Betrachtung des Dogmas läßt uns den Grund dieser Lehre finden.

Die göttlichen Personen unterscheiden sich nur in ihren gegenseitigen Beziehungen, und diese Beziehungen, insofern damit eine Tätigkeit verbunden ist, betätigen sie auch nur untereinander. Der Vater in Gott kann sich für sich allein nur als Vater des Sohnes betätigen, indem er denselben zeugt; und Vater und Sohn können sich im Gegensatz zum Heiligen Geiste nur darin betätigen, daß sie denselben aushauchen. Wie schon die spirierende Tätigkeit dem Sohne nicht im Unterschiede vom Vater, sondern in der Einheit mit ihm zugeschrieben werden muß, so muß a fortiori jede andere Tätigkeit allen drei Personen, nicht ihren Unterschieden, sondern ihrer Einheit nach, zugeschrieben werden. Wie also nach der Kirchenlehre Vater und Sohn ein Prinzip des Heiligen Geistes, so sind alle drei Personen ein Prinzip aller Werke nach außen. Kraft dieser Einheit in der Wirksamkeit, die in der Wesenseinheit gründet, ist bei allen Werken eine Person nicht mehr beteiligt als die andere; alle wirken gleichmäßig durch eine Weisheit, einen Willen, eine Macht.

Das gilt nicht nur von allen natürlichen Werken Gottes nach außen, sondern auch von den übernatürlichen, z. B. den Werken der Gnade und der Inkarnation. Alle Theologen stimmen darin überein, daß die Inkarnation, obgleich sie im Sohne allein stattgefunden, doch durch die gemeinsame Tätigkeit aller drei Personen vollzogen sei [50]. Ebenso lehren sie von der Gnade, die ganze Dreifaltigkeit sei die Ursache der Gnade in uns, obgleich die Mitteilung derselben in der Regel dem Heiligen Geiste zugeschrieben wird.

Aber wie kommt es denn, daß in der Heiligen Schrift und der Kirchensprache den einzelnen Personen konstant eine besondere Wirksamkeit beigelegt wird, wie dem Vater die Schöpfung, dem Sohne die Erlösung, dem Heiligen Geiste die Heiligung?

Vorab ist zu bemerken, daß die Erlösung im eigentlichen Sinne, die Erlösung durch Loskaufung und Verdienst, dem Sohne Gottes ausschließlich eigen ist; aber als solche ist sie nicht eine rein göttliche, sondern eine gottmenschliche Tätigkeit, die dem Sohne deshalb ausschließlich zukommen kann, weil er allein Mensch ist. Was aber die rein göttlichen Tätigkeiten betrifft, so ist der Sprachgebrauch nicht so konstant, daß nicht das, was in der Regel einer Person beigelegt wird, zuweilen auch den andern beigelegt: würde. Die Tätigkeit, welche den einzelnen Personen beigelegt wird, gehört ihnen wirklich an; insofern schließt diese "appropriatio" (Zueignung), wie die Theologen sie nennen, die "proprietas" ein; aber diese "proprietas" (Eigentümlichkeit) ist keine ausschließliche Eigentümlichkeit, wovon die andern Personen ausgeschlossen wären. Wenn man daher einer Person eine bestimmte Tätigkeit stehend beilegt, will man bloß das Eigentum, welches sie an derselben hat, betonen, hervorheben, und das aus einem doppelten Grunde: einmal um die einzelnen Personen in ihren wirklichen Unterschieden unserer Vorstellung näherzubringen, und wiederum um die von Gott ausgehenden Tätigkeiten schöner und lebendiger zu charakterisieren.

Obgleich nämlich alle göttlichen Eigenschaften und Tätigkeiten den drei Personen gemeinschaftlich sind, so haben doch einzelne derselben eine besondere Ähnlichkeit und Verwandtschaft mit dem eigentümlichen Charakter der einzelnen Personen und finden daher in denselben ihren persönlichen Ausdruck, ihren besondern Repräsentanten. So sahen wir früher, daß der Sohn als das Wort, als der Ausdruck der Weisheit des Vaters, auch der persönliche Repräsentant derselben, und der Heilige Geist ebenso als Ausfluß der Liebe der Repräsentant der Liebe ist. Auf analoge Weise ist der Vater als das ursprüngliche Prinzip in der Gottheit, als der erste Inhaber des göttlichen Seins, durch dessen geistige Aussprache er den Sohn zeugt, der Repräsentant der göttlichen Macht. Ist es also zu verwundern, wenn auch die Betätigung der göttlichen Macht sowie die der Weisheit und Liebe je einer Person als der Repräsentantin der betreffenden Eigenschaft durchgängig zugeschrieben wird? [51]

Werden nicht zunächst die Personen selbst, indem sie als Repräsentanten einer bestimmten Eigenschaft und als Träger bestimmter Tätigkeiten hervortreten, lebendiger und deutlicher in ihren Unterschieden vorgestellt? Für uns, die wir die Personen nicht in sich selbst schauen, die wir überhaupt die Dinge nur nach ihren Tätigkeiten zu beurteilen pflegen, ist diese Scheidung und Verteilung der Tätigkeiten fast eine Notwendigkeit, um die Personen voneinander zu unterscheiden und für jede von ihnen ein lebendiges Interesse in uns zu erwecken. Diese Notwendigkeit wird noch dadurch gesteigert, daß die zweite Person durch die Menschwerdung eine ihr wirklich ausschließlich eigentümliche Tätigkeit vor unsern Augen entfaltet hat. Würde nun dem Vater und dem Heiligen Geiste nicht ebenfalls eine besondere Tätigkeit zugeschrieben, so träten diese beiden Personen für unsere Anschauung ganz in den Hintergrund. Das ist hauptsächlich die Ursache, weshalb im Symbolum die gesamte Tätigkeit Gottes nach außen nach verschiedenen Momenten an die drei göttlichen Personen verteilt wird, damit eine jede als tätig erscheine und in der Tätigkeit einer jeden zugleich ihr persönlicher Charakter hervorleuchte.

Anderseits aber erscheint auch die Tätigkeit Gottes in einem schöneren Lichte, wenn die verschiedenen Arten und Momente derselben bestimmten Personen angeeignet werden. Jede Tätigkeit Gottes nach außen ist die Ausprägung, Offenbarung einer göttlichen Vollkommenheit. Wie nun die göttlichen Vollkommenheiten fester, klarer und großartiger hervortreten, wenn ich sie in ihrem persönlichen Repräsentanten, als wenn ich sie in sich selbst betrachte: so tritt auch die Ausprägung oder Offenbarung jener Vollkommenheiten kräftiger und lebendiger vor unsere Augen, wenn wir sie als von dem Repräsentanten der letzteren ausgehend betrachten. Oder ist es nicht ungleich erhabener und lebendiger, wenn ich sage: Gott der Vater, die Urquelle des göttlichen Seins, hat die Welt erschaffen, der Welt das Dasein gegeben, als wenn ich sage: Gott hat die Welt erschaffen? Ist es nicht etwas anderes: das ewige Wort hat uns die Weisheit gegeben, das Ebenbild des Vaters hat uns gebildet, der Abglanz des ewigen Lichtes hat uns erleuchtet, als: Gott hat uns die Weisheit gegeben, uns gebildet und erleuchtet? Gibt es keine lebendigere Vorstellung, wenn es heißt: der Geist Gottes schwebte über den Wassern, der Geist Gottes belebt alles, was da lebt, der Heilige Geist heiligt und reinigt die Kreatur, der Geist der göttlichen Liebe träufelt seinen Gnadentau auf uns herab, als wenn gesagt wird: Gott schwebte über den Wassern, Gott gab uns das Leben, die Heiligkeit und die Gnade?

Aus denselben Gründen geschieht es, wenn häufig in der Schrift- und Kirchensprache ein und dieselbe Wirksamkeit den einzelnen Personen auf verschiedene Weise beigelegt wird. Gewöhnlich geschieht das in der Form: der Vater wirkt durch den Sohn im Heiligen Geiste. Hier werden nämlich die verschiedenen göttlichen Eigenschaften, die bei jeder göttlichen Wirksamkeit beteiligt sind, an ihre Repräsentanten verteilt. Man will sagen: Gott äußert seine Macht durch seine Weisheit in seiner Liebe. Wird das aber nicht unendlich prägnanter und lebendiger ausgedrückt, wenn es heißt: der Vater, als der Repräsentant der göttlichen Macht, wirkt durch sein Wort, den Ausdruck seiner Weisheit, und im Heiligen Geiste, dem Ergusse seiner Liebe? Indessen hat diese Redeweise ihre eigentliche und tiefste Bedeutung darin, daß sie anzeigen soll, wie die eine und gemeinsame göttliche Tätigkeit den einzelnen Personen wirklich eigentümlich ist. Denn wie die Natur aus dem Vater durch den Sohn in den Heiligen Geist übergeht, so geht auch die durch die Natur vollzogene Tätigkeit aus dem Vater durch den Sohn in den Heiligen Geist über, und diese Ordnung, nach welcher die göttliche Tätigkeit den einzelnen Personen zukommt und ohne Aufhebung ihrer Gemeinsamkeit an dieselben verteilt wird, läßt sich auf keine Weise kürzer und bündiger bezeichnen als durch den Ausdruck: der Vater wirkt durch den Sohn im Heiligen Geiste. Keineswegs soll also damit gesagt sein, daß die einzelnen Personen auch nur auf eine andere Weise nach außen wirken. Vielmehr folgt eben aus der gegebenen Erklärung des Ausdrucks, daß alle drei Personen dieselbe Wirksamkeit und Wirkungsweise nach außen haben und nur auf verschiedene Weise in den Besitz derselben gelangen.

Obgleich demnach die Appropriation, die Aneignung der göttlichen Tätigkeiten und Wirkungsweisen nach außen an die einzelnen Personen ihren guten Grund und ihre hohe Bedeutung für unsere Erkenntnis hat: so bleibt es doch immer wahr, was wir oben ausgesprochen, daß die Personen durch ihre Wirksamkeit nicht nach ihren innern Unterschieden und Beziehungen nach außen hervortreten oder eine reale Bedeutung für die Außenwelt gewinnen.

§ 24. Die reale Offenbarung und Entfaltung der Trinität geschieht durch die übernatürlichen Werke der Inkarnation und der Gnade

Welche andere Art von Bedeutung werden wir aber dann noch der Dreifaltigkeit der göttlichen Personen für die Außenwelt zuschreiben? Die, daß die göttlichen Personen durch ihre gemeinschaftliche Wirksamkeit und Wirkungsweise ihre innern Verhältnisse und Bezüge nach außen ausdehnen und weiterführen bzw. nachbilden und reproduzieren und dadurch eine Ordnung der Dinge hervorrufen, die als eine reale Entfaltung und Offenbarung des innern Kernes jenes Mysteriums erscheint und nur in und aus demselben gründlich und vollkommen verstanden und begriffen werden kann.

Diese Offenbarung der Dreifaltigkeit ist eine reale, im Gegensatz zur bloß logischen und subjektiven, wie sie durch den Glauben geschieht, ist aber mit dieser aufs innigste verflochten. Diese Entfaltung geht ferner hervor aus der wirklichen Dreifaltigkeit der Personen, nicht bloß aus dem Schatten derselben, den appropriierten Eigenschaften, und enthält daher auch den tiefsten Grund für die Berechtigung und Bedeutung der Appropriationen.

Wie die Dreifaltigkeit selbst eine übernatürliche und geheimnisvolle Wahrheit, so muß auch die Ordnung der Dinge, in welcher sie sich nach außen entfaltet, übernatürlich und geheimnisvoll sein; letztere muß sich ebenfalls als ein spezifisches Objekt des übernatürlichen Offenbarungsglaubens herausstellen und mit der Trinität ein System von Mysterien bilden, die, für die bloße Vernunft verborgen und unzugänglich, gleichwohl in sich selbst lauteres Licht sind und sich gegenseitig Licht und Klarheit zuströmen. Versuchen wir daher wenigstens einige Strahlen dieses Lichtes mit den Augen unseres Glaubens aufzufangen.

Zuerst wollen wir zeigen, daß es in der Tat nur übernatürliche geheimnisvolle Werke Gottes sind, die in der besagten Weise an die Dreifaltigkeit der Personen in Gott anknüpfen und mit ihr innerlich zusammenhängen. Wir beweisen es durch eine einfache Induktion.

Wir haben eben ausdrücklich zwei Arten unterschieden, in denen die trinitarischen Verhältnisse nach außen hervortreten: durch Ausdehnung und Fortführung - und durch Nachahmung und Reproduktion. Erstere findet statt, wenn eine göttliche Person als solche in ihrem eigentümlichen persönlichen Charakter aus Gott heraustritt und auch in ihrem Heraustreten aus Gott dasselbe Verhältnis zu den übrigen Personen bewahrt oder sozusagen mit sich nach außen trägt, welches sie im Innern der Gottheit hatte. Das ist geschehen - und auf eine andere Weise kann es auch nicht geschehen - dadurch, daß eine göttliche Person sich mit einer geschaffenen Natur hypostatisch vereinigte und durch diese Vereinigung in die geschaffene Welt eintrat.

Das zweite ist der Fall, wenn Gott eine Kreatur, ein außer ihm stehendes Wesen in ein ähnliches Verhältnis zu sich setzt, wie dasjenige ist, in dem die göttlichen Personen zueinander stehen, oder auch die Kreatur so ausstattet, daß die in ihr stattfindenden Vorgänge ein treues Bild der trinitarischen Vorgänge in Gott bilden. Es wird sich jedoch später zeigen, daß auch bei dieser Nachbildung eine gewisse Fortführung der ewigen Produktionen und ein gewisser Eintritt ihrer Produkte in die Kreatur gedacht werden muß.

Beide Arten der Offenbarung und Entfaltung sind, wenn nicht in gleich hohem Grade, so doch mit gleichem Rechte absolut übernatürlich für die Kreatur und deshalb auch absolut geheimnisvoll.

Von der ersten ist das von vornherein evident: keine geschaffene Natur ist von Haus aus hypostatisch mit einer göttlichen Person vereinigt, noch kann sie irgend welche Anwartschaft auf eine solche Vereinigung haben.

Bei der zweiten springt das nicht so sehr in die Augen. Man könnte glauben, das Verhältnis, in welchem die Kreatur, die vernünftige namentlich, von Haus aus zu Gott stehe, sei schon ein Bild desjenigen, in welchem die göttlichen Personen zueinander sich befinden, oder auch die natürlichen Vorgänge in dem Selbstbewußtsein und der Gotteserkenntnis der vernünftigen Kreatur entsprächen als Abbild den trinitarischen Vorgängen in Gott. In diesem Falle wäre die reale Offenbarung der Trinität keine geheimnisvolle und übernatürliche mehr, und die Trinität selbst würde von dieser Seite wenigstens ihren übernatürlichen Charakter und ihre übernatürliche Bedeutung verlieren.

Diese Auffassung ist nicht ohne Schein, und der Schein beruht auf einer gewissen Wahrheit, die aber nur halb verstanden und nicht scharf aufgefaßt ist.

Der Ausgang der Kreatur von Gott ist ohne Zweifel in etwa dem Ausgang des Sohnes aus dem Vater ähnlich; aber die Unähnlichkeit überwiegt die Ähnlichkeit. Die Kreatur als solche geht nicht aus dem Schoße Gottes hervor, sie wird durch die Macht Gottes aus dem Nichts hervorgezogen. Sie empfängt ferner in keiner Weise die Natur Gottes, sondern eine andere fremdartige Natur. Beides gilt auch noch von den vernünftigen Geschöpfen insbesondere: obgleich sie den unvernünftigen gegenüber Ebenbilder Gottes genannt werden und sind, so ist doch ihre Natur noch immer wesentlich ungleichartig mit der göttlichen, und nur in einem sehr metaphorischen Sinne kann man ihren Ursprung aus Gott mit der Zeugung des Sohnes aus dem Vater vergleichen und ihn Zeugung aus Gott nennen. Im eigentlichen Sinne wird an der Kreatur nur dann die ewige Zeugung aus Gott nachgebildet, wenn Gott dieselbe über ihre eigene Natur hinaus zur Teilnahme seiner eigenen Natur erhebt, aus dem Schoße der Gottheit die derselben eigentümliche Heiligkeit und Herrlichkeit über sie ausbreitet und sein eigenes Leben in sie ausgießt. Aber diese Zeugung und das darauf beruhende Verhältnis zu Gott ist offenbar höchst übernatürlich und geheimnisvoll; es entsteht nur dadurch, daß die Kreatur durch eine wundervolle gnadenreiche Adoption in den Schoß Gottes an die Seite des eingeborenen Sohnes hineingezogen wird.

Wenn sich in einer solchen Nachbildung das Verhältnis des Sohnes Gottes zum Vater wirklich in seinem eigentümlichen Charakter offenbart, so ist doch diese Offenbarung selbst für die Vernunft nicht nur nicht wahrnehmbar, sondern auch unbegreiflich. Es ist also eine Offenbarung, die selbst an dem geheimnisvollen Charakter ihres Urbildes teilnimmt, eine Offenbarung nicht für die Vernunft, sondern für den übernatürlichen Glauben, den der Geist Gottes in die Tiefen der Gottheit einführt.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bilde des trinitarischen Prozesses in dem Innern der vernünftigen Kreatur, in welchem sich jenes reflektieren soll. Einen gewissen Reflex des trinitarischen Prozesses finden die Väter und Theologen in der auf sie selbst gerichteten Tätigkeit der vernünftigen Kreatur. Indem diese sich selbst erkennt, spricht sie ein geistiges Wort ihrer selbst aus, und vermittels der in diesem Worte sich vollziehenden Selbsterkenntnis ergießt sie sich in der Liebe zu sich selbst, wie Gott in dem trinitarischen Prozesse das Wort seiner selbst ausspricht und durch das Wort im Heiligen Geiste seine Liebe aushaucht. Aber wir haben schon gesehen, wie unvollkommen diese Ähnlichkeit ist; und damit erst ein wirklicher Reflex des trinitarischen Prozesses in Gott zustande käme, wäre es notwendig, daß jener natürliche psychologische Prozeß sich ebenfalls um Gott als seinen Mittelpunkt und Inhalt drehte. Das letztere geschieht in etwa schon in der natürlichen Erkenntnis und Liebe Gottes: aus dem Lichte, in dem Gott ihr hier erscheint, zeugt die Seele ein Erkenntniswort, in dem sie Gott ausspricht, und durch die aus dieser Erkenntnis ausströmende Liebe sucht sie sich mit Gott und Gott mit sich zu verbinden. Aber weil jenes Licht bloß ein natürliches, in der geschaffenen Natur liegendes, nicht das Licht Gottes selbst ist, weil ferner Gott hier nur durch seine Wirkungen, nicht durch sein Wesen der Seele erscheint, so ist auch die der Seele mitgeteilte Zeugungskraft keine göttliche, der des ewigen Vaters gleichartige, ihr Wort kein unmittelbarer reiner Ausdruck der göttlichen Wesenheit, also auch kein eigentliches Bild des ewigen Wortes, ihr Liebeshauch endlich nicht erfüllt und durchduftet von der eigentümlichen Kostbarkeit und Süßigkeit der göttlichen Güte, wie sie in dem Heiligen Geiste weht und lebt. Kurz, diesem Bilde fehlt eben die göttliche Lebendigkeit und Kraft seines Ideals.

Wenn also das göttliche Ideal in seinem göttlichen Glanze in der Seele widerstrahlen soll, kann das nicht anders geschehen als dadurch, daß die Seele auf übernatürliche Weise ihrem Ideale ähnlich gemacht, daß sie, über ihre eigene Natur erhoben, der göttlichen Natur teilhaft wird, um so auch die der göttlichen Natur eigentümlichen Vorgänge in sich nachbilden zu können. Ist nämlich die Seele wahrhaft der göttlichen Natur teilhaft, hat Gott sein eigenes Licht über sie ausgegossen, dann erscheint er ihr auch in seiner Wesenheit, die für jedes fremde Licht unzugänglich ist; dann zeugt die Seele aus diesem Lichte ein dem ewigen Worte ebenbürtiges Wort, in welchem sich die göttliche Wesenheit und ihr ewiges Wort abspiegelt; dann umschlingt sie auch mit ihrer Liebe den ihr in seiner Wesenheit gegenwärtigen Gott, ihre Liebe wird ganz von ihrem göttlichen Gegenstande durchdrungen und durchwürzt, und die Flamme, in der sie auflodert, der Odem, in dem sie sich ergießt, ist der lebendige gleichartige Ausdruck des ewigen Liebesergusses in Gott, als welchen wir den Heiligen Geist erkannt haben.

Auch der Reflex des trinitarischen Prozesses in der Kreatur ist also wesentlich übernatürlich und deshalb weiterhin wahrhaft geheimnisvoll; denn das Prinzip und die Tätigkeiten, wodurch und worin er sich vollzieht, entziehen sich dem Auge der natürlichen Vernunft; nur in ihrem eigenen Lichte können sie erkannt werden. Nur durch ihr eigenes Licht offenbaren sie ferner das Ideal, dessen Reflex sie sind. Dasselbe göttliche Licht, wodurch wir instand gesetzt werden, die trinitarischen Vorgänge in Gott nachzubilden und sie in uns zu erkennen, setzt uns zugleich in den Stand, das göttliche Ideal anzuschauen; denn mit der unmittelbaren Anschauung des göttlichen Wesens, die es herbeiführt, offenbart es uns auch notwendig die Personen, in denen dieses Wesen subsistiert.

Damit haben wir bewiesen, daß die Nachbildung der Trinität an und in der vernünftigen Kreatur, sofern sie nicht nur überhaupt analoge Verhältnisse und Prozesse, sondern solche enthält, in denen die Natureinheit und Göttlichkeit der ewigen Personen hervortritt, oder mit andern Worten, insofern sie die Dreifaltigkeit zugleich als Dreieinigkeit und göttliche Dreieinigkeit darstellt, ebenso wie die Trinität selbst nur ein übernatürliches Mysterium sein kann.

Zugleich ist aber damit durch erschöpfende Induktion überhaupt bewiesen, daß die Werke Gottes, mit denen seine Dreifaltigkeit in lebendiger Beziehung steht, nur übernatürliche, geheimnisvolle sein können.

Teilweise haben wir damit auch schon erkannt, welches diese Beziehungen sind. Eine dieser Beziehungen ist nämlich die, daß die trinitarischen Verhältnisse durch die besprochenen Werke nach außen in realer Weise offenbart werden, die Kreaturen also, in welchen jene Werke sich vollziehen, zur realen Verherrlichung des Mysteriums der Trinität bestimmt werden, und daß folglich die Trinität zu der durch jene Werke begründeten mystischen Ordnung der Dinge sich in ähnlicher Weise verhält wie die Wurzel zu der ihre innerste Kraft, ihren innersten Gehalt offenbarenden Pflanze.

Wie aber diese Ordnung der Dinge eine reale Offenbarung der trinitarischen Wurzel, so ist diese Wurzel auch der reale Grund, worauf jene Ordnung ruht und woraus sie hervorwächst; und nicht nur dies; als wahrhaft lebendige Wurzel ist sie auch in jene Ordnung hinein verflochten, indem sie ihre eigenen Verzweigungen in dieselbe hineintreibt. Gerade von diesen beiden Charakteren der Wurzel hängt es ab, daß das aus ihr Hervorwachsende auch eine reale Offenbarung ihrer selbst ist.

Wir wollen uns bemühen, diese beiden Charaktere an der Trinität zunächst in Beziehung auf die einfache Gnadenordnung aufzuweisen, da wir zur Erklärung ihrer Beziehung auf die durch die Inkarnation gegründete Ordnung das ganze Mysterium der Inkarnation hier erörtern müßten, was besser späterhin an eigener Stelle geschieht.

§ 25. Die Trinität, die Wurzel der Gnadenordnung, als der Grund, worauf dieselbe ruht und woraus sie verstanden wird

Wenn durch die Mitteilung der göttlichen Natur an die vernünftigen Geschöpfe in der erklärten Weise die innergöttlichen Verhältnisse und Vorgänge nach außen nachgebildet und reproduziert werden, dann erscheint die Trinität als der Möglichkeitsgrund, als das Ideal und das Ziel der übernatürlichen Gnadenordnung in den Geschöpfen. Das innerste Wesen der Trinität liegt in der wesenhaften Mitteilung der göttlichen Natur an andere Personen; und so muß auch ihre eigentümliche Bedeutung darin bestehen, daß auf ihrem Grunde, nach ihrem Vorbilde und zu ihrer Verherrlichung eine gnadenreiche Mitteilung der Teilnahme an der göttlichen Natur nach außen stattfindet; und daß sie folglich für die durch diese Mitteilung hervorgerufene Ordnung der Dinge die Wurzel bildet, woraus dieselbe entspringt.

Für uns insbesondere tritt diese Bedeutung der Trinität in Kraft, wenn auch wir zur Teilnahme an der göttlichen Natur berufen sind. Dann verlangt es nämlich unser Beruf und unsere Stellung zu Gott, daß wir den Grund, das Vorbild und das Ziel unserer Erhebung und unsere Beziehung zu demselben kennen lernen. Ja es ist sogar eine Unmöglichkeit, unsern Beruf und unsere Stellung vollkommen kennen zu lernen, ohne daß wir auf ihren Grund und ihr Ideal zurückgehen, ohne sie namentlich nach diesem Ideale zu messen und aus demselben zu begreifen. Demgemäß wird das Dogma der Trinität, wie objektiv die Wurzel der in der Gnade entfalteten Ordnung, so auch subjektiv der Lichtkern, der sie beleuchtet und aus dem wir sie zu verstehen haben.

Erklären wir das im einzelnen.

Unser natürliches Verhältnis zu Gott, als unserem Schöpfer und Herrn, erklärt sich einfach aus der Unendlichkeit der göttlichen Natur und unserer Abhängigkeit von derselben. Darin allein, daß Gott das Sein selbst, das unendliche Sein ist, finden wir den Möglichkeitsgrund, das Ideal und das Motiv unseres Daseins. Weil Gott das Sein selbst ist, deshalb kann er endlichen Wesen das Dasein geben; in der Anschauung seiner Vollkommenheit findet er das Vorbild und Ideal ihrer Wesenheit, und in der Liebe zu dieser Vollkommenheit besitzt er den Beweggrund, dieselbe in Nachbildern zu vervielfältigen und zu verherrlichen.

1. Nicht so mit der Gnade der Kindschaft, mit der gnädigen Mitteilung der göttlichen Natur an die Geschöpfe. Die Macht, seine Natur nach außen mitzuteilen, Kinder aus Gnade zu zeugen, begreifen wir in Gott nicht auf Grund seiner Schöpfermacht, sondern als Korrelativ der unendlichen Zeugungskraft, durch die er seine Natur wesenhaft mitteilt und einen natürlichen, ihm gleichen Sohn zeugt. Nicht die Schöpfermacht, sondern nur die Zeugungskraft in Gott läßt uns die Zeugung von Adoptivkindern als möglich denken.

2. Schon die Idee der Adoptivkindschaft hat zu ihrer Voraussetzung die natürliche Sohnschaft. Wir würden uns nicht eigentlich als Adoptivkinder Gottes denken können, wenn uns nicht die natürliche Sohnschaft als das Ideal vorschwebte, dem wir durch die gnädige Adoption Gottes konfirmiert werden sollen; und Gott selbst kann die Idee, sich Adoptivkinder zu schaffen, aus keinem andern Ideale gewinnen als aus dem seines eigenen Sohnes. In der Tat lehrt uns auch der Glaube, daß er uns nach dem Bilde seines eingeborenen Sohnes zeugt und uns vorher bestimmt hat, ihm gleichförmig zu werden.

3. Weil aber das Ideal, ist die natürliche Kindschaft des Sohnes Gottes zugleich das Motiv für Gott, uns zu seinen Adoptivkindern anzunehmen. Nur deshalb, weil Gott einen Sohn in seinem Schoße besitzt, in dem er sich mit unendlicher Liebe wohlgefällt, kann er sich auch bewogen fühlen, das Bild, welches er in seinem Schoße trägt, außer sich zu vervielfältigen und dadurch sowohl seine unendliche Zeugungskraft, als auch seinen Sohn selbst, der in jedem seiner Brüder wiedergeboren wird, desto mehr zu verherrlichen. Die Kreaturen kann er mit väterlicher Liebe nur in seinem eingeborenen Sohn umfangen; nur die Liebe, die er zu diesem trägt, kann für die Kreatur so fruchtbar werden, daß sie dieselbe in seinen Schoß emporträgt und zu seinem übernatürlichen Ebenbild macht. -

Nichts ist also so wahr, als daß die Lehre von der Zeugung des Sohnes Gottes aus dem Vater allein uns den Schlüssel gibt zum Verständnisse unserer Erhebung zu Kindern Gottes, und wir brauchen daher keinen Anstand zu nehmen, zu behaupten, daß Gott eben deshalb, um uns über unser übernatürliches Verhältnis zu ihm aufzuklären, das Innere der Dreifaltigkeit offenbart habe. Er gibt sich uns nicht nur als Gott, sondern als Vater kund, damit wir erkennen, wie und warum er auch unser Vater sein kann und sein will; und wenn er von uns das gläubige Bekenntnis verlangt, daß er Vater seines eingeborenen Sohnes sei, so will er, daß wir eben damit ihn auch als unsern Vater aussprechen und bekennen; wenn er verlangt, daß wir an seinen Sohn glauben, so will er, daß wir eben damit auch uns als seine Kinder bekennen. Aber wie wurzelt denn, wird man fragen, unsere Adoption zu Kindern Gottes in der Prozession des Heiligen Geistes?

Sie wurzelt schon deshalb in dieser, weil sie in dem Ausgang des Sohnes vom Vater und in dessen Verhältnis zum Vater wurzelt. Denn dieses Verhältnis schließt wesentlich die Prozession des Heiligen Geistes, in dem Vater und Sohn ihre Einheit besiegeln, ein und ist nur in und mit derselben vollkommen erkennbar. Da die ganze Trinität einen einzigen unteilbaren Organismus bildet, so muß die Bedeutung, die wir einem Teile desselben zuschreiben, auch dem Ganzen, folglich auch wenigstens mittelbar, dem andern Teile beigelegt werden.

Allein die Beziehung des zweiten Ausgangs in Gott auf die Gnade der Kindschaft ist überdies eine unmittelbare, teilweise noch mehr unmittelbare als die des ersten. Die Mitteilung der göttlichen Natur an die Geschöpfe geht nämlich nicht auf dem Wege der Natur von Gott aus, sondern auf dem Wege der Liebe, der Gabe, der Freigebigkeit. Was den Modus anbelangt, in dem sie vollzogen wird, hat sie also ihr Ideal und ihren Möglichkeitsgrund mehr in dem Ausgang des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn, als im Ausgang des Sohnes.

Im Sohne erkennen wir nämlich bloß eine Mitteilung der göttlichen Natur auf dem Wege der Natur durch eigentliche Zeugung, während wir als Adoptivkinder nicht durch Zeugung, sondern durch reine Gnade und Liebe dieselbe erhalten. Für diesen Weg der Mitteilung finden wir die Wurzel nur in demjenigen innergöttlichen Prozesse, der selbst auf dem Wege der reinen, wenn auch notwendigen Liebe und Freigebigkeit die göttliche Natur mitteilt. Der Heilige Geist, als die erste vollkommenste und innerste Frucht der sich selbst mitteilenden göttlichen Liebe, ist der Keim und die Wurzel aller übrigen Früchte, die Gott durch diese seine Liebe hervorbringt. In seinem Ausgang erkennen wir nach einer andern Seite als beim Sohne den Möglichkeitsgrund einer weiteren Mitteilung der göttlichen Natur durch herablassende Liebe, das vollkommene Ideal des in endlichen Bächen nach außen hervortretenden Liebesergusses und zugleich das Motiv, die Liebe des Vaters zum Sohne, die sich im Heiligen Geiste schon so unendlich fruchtbar und wonnereich geoffenbart hat, noch weiter über das Innere der Gottheit hinaus an den Geschöpfen zu offenbaren.

So hat die Mitteilung der göttlichen Natur an die Geschöpfe, so hat die Gnadenordnung in beiden innergöttlichen Ausgängen gleichmäßig ihre Wurzel, aber darum nicht zwei voneinander unabhängige Wurzeln, sondern eine zweifibrige Wurzel, in welche sie sich hinabsenkt, aus der sie hervorwächst. Denn wie jene beiden Prozesse nur ein organisches Ganzes bilden, wie einer durch den andern bedingt und ergänzt wird: so bedingen und ergänzen sie sich auch in ihrer Beziehung auf die Mitteilung der göttlichen Natur nach außen, indem jeder in seiner Weise, aber in wechselseitiger Abhängigkeit dieselbe begründet, so zwar, daß der Ausgang des Sohnes vorzugsweise als Ideal das Wesen und die Denkbarkeit des Verhältnisses, in das wir zu Gott als Mitbrüder des Sohnes treten sollen, der Ausgang des Heiligen Geistes hauptsächlich als Motiv und Maßstab den Modus der Verwirklichung desselben begründet.

Ohne den Ausgang des Heiligen Geistes, mit bloßer Rücksicht auf den des Sohnes, könnte man glauben, die göttliche Liebe, die doch ebensosehr fruchtbar sein muß wie die göttliche Erkenntnis, müsse sich mit Notwendigkeit nach außen ergießen, und so würde die Freiheit derselben beeinträchtigt. Diese Freiheit und damit die reine überfließende Gnade, wodurch Gott sich zu den Geschöpfen herabläßt, wird erst daraus begriffen, daß die göttliche Liebe in sich selbst ein Produkt hervorbringt, in das sie sich ganz ergießt. Ohne den Ausgang des Sohnes aber läßt sich der des Heiligen Geistes überhaupt nicht denken, weil er denselben in seinem Begriffe wesentlich voraussetzt. Auch soll ja durch die liebevolle Mitteilung der göttlichen Natur an die Geschöpfe zwischen ihnen und Gott nicht das Verhältnis hergestellt oder reproduziert werden, welches zwischen dem Heiligen Geiste und den spirierenden Personen besteht - sonst müßten die Geschöpfe Geister, nicht Kinder Gottes genannt werden, sie müßten nicht bloß mit Gott verbunden, sondern auch das Band einer solchen Verbindung sein. Nein, nur das Verhältnis zwischen Vater und Sohn, dessen Frucht der Heilige Geist ist, und in dem sich Gott besonders ob dieser Frucht so wohlgefällt, soll durch dieses Wohlgefallen an die Kreatur übermittelt, in ihr reproduziert werden.

Um also die volle Wahrheit auszudrücken, müssen wir sagen: wie der erste Ausgang im zweiten abschließt, so ist er auch in ihm und durch ihn der Grund und die Wurzel seiner Nachbildung in der Kreatur. Der zweite, die innern Ausgänge und Mitteilungen abschließende Ausgang ist gleichsam der Konduktor für die Überleitung des ersten nach außen in die Kreatur. Die Mitteilung der göttlichen Natur vom Vater in den Sohn durch die Zeugung kann nur in der weiteren Mitteilung derselben durch die Liebe an den Heiligen Geist ihren Weg in die Kreatur finden. Und so erscheint der Heilige Geist wie als das Resultat der Einheit von Vater und Sohn, so als Vermittler der diesem Verhältnisse nachgebildeten Einheit Gottes mit der Kreatur.

Ist es also nicht wahr, daß die Kenntnis von der Prozession der dritten Person in der Gottheit zum vollen Verständnis unserer übernatürlichen Beziehungen zu Gott ebenso notwendig ist als die Kenntnis der Zeugung des Sohnes, und daß folglich die Kenntnis der Dreifaltigkeit überhaupt auf das innigste mit der unseres eigenen übernatürlichen Zustandes zusammenhängt? Ist es nicht wahr, daß dieses an sich für das Geschöpf transzendentale Dogma, sobald wir selbst durch die Gnade über unsere Natur emporgestiegen und der göttlichen teilhaft geworden sind, in die innigsten Beziehungen zu uns tritt und für uns auf dieser Höhe aufhört, transzendental zu sein? Ist es ferner nicht klar, daß in der übernatürlichen Gnadenordnung die Dreifaltigkeit in Gott aus der absoluten Einheit, in der sie für sich, der bloßen Vernunft und Natur gegenüber, dasteht, als solche sich auch nach außen entfaltet und mit der ihr nachgebildeten, an sie angeschlossenen Gnadenordnung auf das innigste verflochten erscheint? Leuchtet es nicht ein, warum die Offenbarung des Neuen Bundes im Gegensatz zu der des Alten, indem sie uns den klaren Begriff und den reichen Inhalt der Kindschaft Gottes übermittelt, sich auch immer bemüht, nicht sosehr den einen Gott, als die einzelnen Personen in ihren besondern Verhältnissen hervorzuheben und zu dem Ende auch den einzelnen Personen einzelne bestimmte Verhältnisse und Wirkungen in Bezug auf uns beizulegen?

Denn gerade die große Bedeutung, welche die Proprietäten der einzelnen göttlichen Personen durch unsere Adoption zu Kindern Gottes für uns erlangen, gibt auch den Appropriationen von göttlichen Eigenschaften und Tätigkeiten ihren hohen Wert und einen besonders tiefen Sinn.

Früher haben wir nämlich gesehen, daß diese Appropriationen bei Gott angewandt werden, um sowohl die Person, der eine Eigenschaft oder Tätigkeit als der Repräsentantin derselben zugeschrieben wird, als auch diese Eigenschaften und Tätigkeiten selbst durch den besondern Glanz, den sie von ihrem Repräsentanten erhalten, in ein helleres Licht zu setzen. Wo aber ist es mehr geboten, die einzelnen göttlichen Personen in jeder möglichen Weise hervorzuheben und zu kennzeichnen als hier, wo wir in einem so lebendigen Rapport zu ihnen stehen? Und wo müssen die Eigenschaften, Tätigkeiten und Verhältnisse Gottes zur Kreatur mehr durch Beziehung auf die einzelnen Personen hervorgehoben werden, als auf dem Gebiete der Gnade, wo sie sich so enge an den hypostatischen Charakter derselben anschließen? Ja, die Appropriation wird hier oft so stark, daß sie sich kaum von der Proprietät unterscheiden läßt. Zeigen wir das an Beispielen.

Im Grunde sind wir durch die Gnade Kinder Gottes, nicht bloß des Vaters, sondern aller Personen in Gott, weil alle uns ihre Natur mitteilen. Aber weil dieses unser Verhältnis zu Gott gebildet ist nach dem Ideale des Verhältnisses zwischen Sohn und Vater, deshalb bezeichnet uns die Heilige Schrift durchgängig als Kinder des Vaters und Brüder des Sohnes. Ebenso ist es nicht der Heilige Geist allein, der durch die Gnade uns belebt und gleichsam als die Seele unserer Seele in uns wohnt. Aber gleichwohl nennt uns die Heilige Schrift in der Regel nicht Tempel des Vaters oder des Sohnes, weil das Einhauchen des göttlichen Lebens am klarsten in der Person hervortritt, welche in der Tat der persönliche Odem desselben ist. Daher erscheint der Vater speziell als derjenige, welcher uns als seine Kinder zeugt (und er tut das wirklich, obgleich nicht ohne die andern Personen), der Heilige Geist als derjenige, der, ausgehaucht von Vater und Sohn, uns das Leben des Vaters und Sohnes einhaucht. Der Sohn aber erscheint weder als Erzeuger noch als Beleber, sondern als derjenige, welcher in uns wiedergeboren wird, in uns von neuem zu sein und zu leben beginnt, und zwar wiedergeboren wird aus dem Vater, von dem er sein ewiges Sein hat und der sein Bild in uns abermal ausprägt, und durch den Heiligen Geist, der als göttliche Person von ihm ausgeht, aber eben deshalb auch das Leben, das er von ihm empfangen, in sein Abbild hinüberträgt. Strenggenommen könnte man auch vom Vater und dem Heiligen Geiste sagen, daß sie in uns zu sein und zu leben anfangen, nicht aber, daß sie in uns wiedergeboren werden, weil sie ihr eigenes Sein und Leben nicht durch Geburt haben.

§ 26. Die Dreifaltigkeit abermals als Wurzel der Gnadenordnung: ihre Verzweigung in dieselbe durch Fortsetzung der trinitarischen Produktionen und Einführung ihrer Produkte in die Außenwelt oder durch die Sendungen der göttlichen Personen

Dem Gesagten gemäß haben wir die Dreifaltigkeit der Personen insofern als die Wurzel einer übernatürlichen Ordnung der Dinge in den Geschöpfen der Gnadenordnung zu betrachten, als die letztere auf ihr und aus ihr als ihrem Grunde sich entwickelt und aufbaut und somit als Nachbildung ihrer innern Verhältnisse und Produktionen auch eine reale Offenbarung derselben ist.

Wenn die Trinität aber eine wahrhaft lebendige Wurzel ist, dann muß sie nicht nur jene Ordnung aus sich hervorgehen lassen und sie tragen; sie muß sich auch in dieselbe hineinleben, ihre Äste in sie hineinverzweigen, sie nach allen Seiten hin durchdringen; denn nur so erscheint sie mit ihrem Produkte zu einem organischen lebendigen Ganzen verflochten, wie auf botanischem Gebiete die Wurzel mit der Pflanze, die aus ihr entspringt und mit ihr einen Organismus bildet.

Auch in diesem Sinne bewährt sich die Dreifaltigkeit der göttlichen Personen als die Wurzel der Gnadenordnung, indem sie die Äste ihres innern Organismus in den ihr nachgebildeten Organismus verzweigt: d. h. indem sich in der Gnadenordnung eine Fortführung der ewigen Produktionen und Ausgänge und eine reale Einführung der ewigen Produkte derselben in die begnadete Kreatur darstellt. Wir finden nämlich in der Heiligen Schrift und den Vätern, wie zum Teil schon angedeutet, viele Ausdrücke, welche ohne Zweifel mehr aussagen, als eine bloße Nachbildung der ewigen Produktionen und Produkte in der Kreatur. Es ist die Rede von einer realen Einkehr des Sohnes Gottes in uns, wodurch er in uns wiedergeboren wird, besonders von einem Aufleuchten desselben in unserem Innern, wodurch er uns den Vater offenbart. Vorzüglich aber geht durch die ganze Heilige Schrift des Neuen Bundes die Idee einer Ausgießung des Heiligen Geistes in die Kreatur, wodurch er in derselben wohnt und sie mit den göttlichen Personen, von denen er ausgeht, verbindet.

Es ist klar, daß nach dieser Anschauung die Beziehung der Dreifaltigkeit zur Außenwelt noch stärker und inniger, ihre Bedeutung für dieselbe noch weit größer und folgereicher erscheint. Wir können sie aber nicht besser entwickeln, als wenn wir die Sendungen der göttlichen Personen, welche in den heiligen Schriften des Neuen Bundes eine so bedeutende Rolle spielen, einem eingehenderen Studium unterwerfen. Diese Sendungen sind nach der Ansicht aller Theologen als eine zeitliche Fortführung der ewigen Prozessionen von innen nach außen und als die Einführung ihrer Produkte in die Kreatur zu betrachten; und zugleich lehren die Theologen, daß dieselben im eigentlichen und strengen Sinne (abgesehen von der Inkarnation) nur in und mit der heiligmachenden Gnade stattfinden (S. Thomas I p., q. 43, a. 3. Vgl. unter den Kommentaren bes. Suarez und Ruiz an dieser Stelle). Das, was die Heilige Schrift und die Väter über dieselben sagen, bietet uns die sichersten Anhaltspunkte für unsere Idee und trägt in sich die beste Bürgschaft für ihre Wahrheit und ihre Bedeutung.

Da gewöhnlich von diesem Gegenstande wenig die Rede ist, so müssen wir etwas weiter ausholen. Wegen der Schwierigkeit der Sache müssen wir den Leser hier abermals um Geduld und Nachsicht bitten. Wir hoffen aber auch, das Wort des heiligen Augustinus: “nec laboriosius aliquid quaeritur, nec fructuosius invenitur”, welches er von dem innern Wesen der Dreifaltigkeit gesprochen, werde sich auch in Bezug auf ihre äußere Entfaltung, und zwar ebensosehr oder noch mehr seinem zweiten als seinem ersten Teile nach bewahrheiten.

Die Sendungen der göttlichen Personen

§ 27. Allgemeine Vorbegriffe über die Sendung; Unterschied der realen von der symbolischen

Eine Sendung kann vorab nur denjenigen göttlichen Personen zukommen, welche von einer andern Person ausgehen; denn es ist dem Gesandten wesentlich, daß er von einer andern Person abgeordnet werde. In der Tat sagt auch die Heilige Schrift nur vom Sohne und dem Heiligen Geiste, daß sie gesandt werden; vom Vater sagt sie nur, daß er den Sohn und den Heiligen Geist sende, vom Heiligen Geiste nur, daß er gesandt werde, vom Sohne bald, daß er gesandt werde vom Vater, bald, daß er den Heiligen Geist sende.

Aber dieser Ausgang hat bei den beiden göttlichen Personen zwei Eigentümlichkeiten, die ihn von dem Ausgang, wie er in den Geschöpfen bei der Sendung stattfindet, wesentlich unterscheiden. Bei der letzteren nämlich steht der Gesandte unter der Autorität, unter der Gewalt desjenigen, der ihn sendet, und indem er sich an das Ziel seiner Sendung begibt, den ihm gewordenen Auftrag erfüllt, entfernt er sich von dem, der ihn gesandt hat und von dem er ausgeht. In Gott ist das anders. Der Sohn und der Heilige Geist stehen nicht unter der Autorität des Vaters, sie sind ihm gleich an Macht und Autorität. Sie gehen daher nur insofern vorn Vater aus, als sie aus ihm, als ihrem “auctor”, ihren Ursprung haben. Doch ist darum die Sendung bei Gott nicht weniger vollkommen in ihrem Begriffe als bei den Geschöpfen; denn da der Sohn und der Heilige Geist nur aus dem Vater überhaupt ihr Dasein haben und das sind, was sie sind, so können sie auch nicht anders irgendwo sein als aus dem Vater und durch den Vater, als von ihm, ausgehend. Ebenso kann in Gott die gesandte Person, wenn sie irgendwo zu sein oder zu wirken beginnt, sich niemals von der sendenden Person trennen, weil beide in ihrem Wesen, in ihrer Substanz und in ihrer Tätigkeit durchaus eins sind. Überall, wo die gesandte Person zu sein oder zu wirken beginnt, ist auch die sendende, kraft der “circumincessio”, bei ihr, mit ihr oder vielmehr in ihr ebenfalls da, wenn auch nicht in derselben Weise, wie sie dort ist.

Dazu kommt, was die Bewegung betrifft, welche an der gesandten Person bei ihrem Gehen oder Kommen nach außen gedacht werden muß, noch Folgendes. Die göttlichen Personen allesamt sind vermöge ihrer Unendlichkeit und. Allgegenwart von Ewigkeit her ihrer Substanz nach überall, wo sie immer sein können; sie können also nicht ihrer Substanz nach in der Zeit irgendwo zu sein anfangen, wo sie noch nicht waren; eine lokale Bewegung kann bei ihnen nicht stattfinden. Nur in der Veränderung der Art und Weise, in der diese Personen und ihre Substanz andern Wesen gegenwärtig werden, an dieselben herantreten und mit ihnen in Beziehung kommen, kann eine Veränderung stattfinden und eine Bewegung der Personen gedacht werden. Ja im Grunde ist diese ewige substantielle Gegenwart bei jeder andern entweder stillschweigend vorausgesetzt (z. B. bei der Taube über dem Jordan, die zwar an sich bloß ein Bild des Heiligen Geistes war, wie eine Statue das Bild des Königs ist, in der aber doch der Heilige Geist substantiell wirklich wohnte) oder ausdrücklich gefordert, wie bei allen Wirkungen, die einer göttlichen Person zugeschrieben werden; denn da die Kraft Gottes identisch ist mit seiner Substanz, so muß er auch mit seiner Substanz überall dort sein, wo er wirkt.

Betrachten wir nun näher die Art und Weise, in welcher die einzelnen göttlichen Personen, die dem Gesagten gemäß eins sind in der Substanz und mit der Substanz von Ewigkeit überall gegenwärtig sind, auch ohne die Substanz in keiner Weise irgendwo gegenwärtig sein können, als vom Vater ausgehend, in der Zeit auf eine neue Weise der Kreatur gegenwärtig werden und so außer Gott zu existieren beginnen können: so liegt es zunächst, an die Wirksamkeit zu denken, welche sie an und in der Kreatur zu entwickeln beginnen. In der Tat pflegt auch die Heilige Schrift das Wirken Gottes in der Kreatur überhaupt als ein Kommen Gottes zur Kreatur, als eine Heimsuchung derselben vonseiten Gottes darzustellen und diese Heimsuchung selbst, je nachdem die Wirkung eine vorübergehende oder bleibende ist, als ein Vorübergehen oder als ein Wohnenbleiben aufzufassen. Noch mehr. Die Heilige Schrift redet sehr oft davon, daß die Personen gesandt werden, eben um eine Tätigkeit in der Kreatur auszuüben. So schickt Gott sein Wort, um das Eis zu schmelzen, und läßt seinen Geist wehen, um die Wasser fließen zu machen. So fleht der Weise, daß Gott ihm die Beisitzerin seines Thrones (seine persönliche Weisheit) schicken wolle, um ihn zu erleuchten; so bittet die Kirche mit den Worten der Schrift: "emitte Spiritum tuum et creabuntur", So sagte der Heiland selbst vom Heiligen Geiste, daß er ihn senden werde, um uns zu trösten und in alle Wahrheit einzuführen.

Allein, wenn man bloß auf die Tätigkeit sieht, zu welcher und in welcher eine göttliche Person gesandt werden soll, kann die Sendung derselben nur in einem teils inadäquaten, teils auch sogar uneigentlichen Sinne verstanden werden. Denn im vollen und eigentlichen Sinne kann ich nur dann sagen, eine Person werde von der andern gesandt, wenn sie so von derselben ausgeht, daß sie allein für sich an einer besondern Stelle oder an der gemeinsamen in besonderer Weise auftritt und existiert. Nun ist aber jede Wirksamkeit nach außen allen Personen absolut gemeinsam; die wirkende Kraft besitzen alle drei unteilbar in derselben Vollkommenheit. Durch die Wirksamkeit als solche kann also keine göttliche Person speziell für sich nach außen hervortreten. Das ist so wahr, daß selbst die Sendung des Sohnes in der Inkarnation, insofern die Annahme der menschlichen Natur nicht in ihrem Terminus oder Ziele, sondern in ihrem Ursprung, als Auswirkung der Vereinigung der menschlichen Natur mit dem Logos, betrachtet wird, nicht als ein dem Logos eigentümliches, sondern als ein ihm mit den übrigen Personen gemeinschaftliches Wirken und Auftreten betrachtet werden muß und von allen Vätern und Theologen betrachtet wird. Nur durch Appropriation kann nach dem früher Gesagten eine Wirksamkeit nach außen einer Person kat’ exochén zugeschrieben werden - und dann ist die Sendung selbst auch nur eine appropriative, somit uneigentliche, weil die Grundbedingung der Sendung, der Unterschied und der Ausgang der gesandten Person von der sendenden hier nicht hervortritt. Im besten Falle bedeutet dieselbe nur so viel, daß die sendende Person eben in und mit der von ihr hypostatisch ausgehenden Person irgendwo zu wirken beginne und diese mit ihr an dem betreffenden Orte wirken und auftreten lasse, dieselbe mit sich dorthin führe; aber dann ist die Sendung nur eine inadäquate, da sie zwar den Ausgang involviert, aber zugleich mehr die Gemeinsamkeit des äußern Auftretens als eine Besonderheit in demselben durchblicken läßt.

Sieht man also bloß auf die Wirksamkeit der göttlichen Person, dann läßt sich eine Sendung der einzelnen nach ihrer hypostatischen Eigentümlichkeit nicht im eigentlichen und vollen Sinne begreifen. Aber ebensowenig läßt sich dieselbe ohne jede göttliche Wirksamkeit begreifen; denn jede Einführung Gottes oder einer göttlichen Person in die Kreatur kann nur durch eine von Gott ausgehende Wirksamkeit hergestellt gedacht werden. Diese einführende Tätigkeit, die an sich allen Personen gemeinschaftlich, ist eben darum auch jeder einzelnen in ihrer Totalität eigen und kann somit jeder einzelnen ebensogut wie allen zusammen beigelegt werden. Wenn daher wirklich eine spezielle Vor- oder Einführung einer ausgehenden Person stattfindet, so kann ich die Tätigkeit, wodurch dieselbe zustande kommt, ebensogut der produzierenden Person zuschreiben wie der ausgehenden. Im ersten Falle sagen wir, daß die produzierende Person die ausgehende in die Kreatur hineinlege, sie der Kreatur gebe; im zweiten, daß die ausgehende Person von der produzierenden in die Kreatur, der sie sich selbst gegenwärtig macht, sich selbst hinbegebe, zu derselben komme. Und nehmen wir dann, da beides zugleich wahr ist, beides zusammen, daß nämlich die ausgehende Person zugleich in die Kreatur hineingegeben wird und sich selbst hineinbegibt, dann haben wir den Vollbegriff der sendenden Tätigkeit. Denn weder ein bloßes Hingeben einer Sache, die sich nicht selbst bewegt, noch ein bloßes Kommen, ohne daß ein anderer als Urheber des Kommens mitgedacht wird, erfüllt den Begriff der Sendung; sondern bloß die Hingabe, mit der ein selbständiges Hingehen des Hingegebenen verbunden ist, nennen wir Sendung im aktiven Sinne, und nur dasjenige Kommen eines Wesens, welches die Hingabe, die Urheberschaft eines andern einschließt, bezeichnen wir als Sendung im passiven Sinne bzw. als Auswirkung, Erfüllung der Sendung.

59. Folge

Nun aber müssen wir zusehen - und das ist die Hauptsache -, worin denn eigentlich der Terminus, das Produkt der sendenden resp. der die Sendung auswirkenden Tätigkeit bestehe. Das Produkt ist, wie schon gesagt, die Einführung der betreffenden Person in die Kreatur, das Sein derselben in der Kreatur, und zwar ein solches Sein, daß es der gesandten Person eigentümlich, nicht ihr mit den sendenden gemeinschaftlich ist.

Daß dieses besondere Sein nicht formell eine bloße Gegenwart der Kraft und der Wirksamkeit nach sein kann, wurde schon bewiesen, und die Annahme einer bloß derartigen Gegenwart würde uns im Zirkel herumführen. Wie kann also sonst eine göttliche Person für sich allein auf eine besondere Weise in der Kreatur sein und in dieselbe eingeführt werden?

Es kann dies schon dadurch geschehen, daß die Person durch irgend ein Sinnbild (wie der Heilige Geist durch die bei der Taufe im Jordan erscheinende Taube) in ihrem hypostatischen Charakter sich darstellt, d. h. dargestellt wird durch ihre eigene Tätigkeit und die derjenigen göttlichen Personen, von denen sie selbst ausgeht. Denn wenn eine geschaffene Person den Heiligen Geist bloß unter einem von ihr verfertigten oder einem bereits vorhandenen Bilde der Taube sich selbst oder andern vorstellen wollte, würde man nicht sagen und nach dem Vorhergehenden auch nicht sagen können, daß der Heilige Geist gesandt werde - gesandt werden kann er ja nur von denjenigen Personen, bei denen er ist und denen er angehört; hier aber würde er vielmehr gesucht von denen, die ihn nicht bei sich haben und ihn sich erst zu vergegenwärtigen wünschen.

Diese Art von Sendung ist zwar eine der gesandten Person hypostatisch eigentümliche - denn jede Person hat etwas Eigentümliches, welches durch einen besondern Begriff aufgefaßt und so auch durch ein besonderes Bild dargestellt werden kann -, aber auch nur eine symbolische, da die göttliche Person hier nur durch ein sie vorstellendes sinnliches Symbol der Kreatur vergegenwärtigt wird, obgleich jene Person, wie z. B. der Heilige Geist in der Taube, im Symbol auch substantiell wohnt wegen ihrer Allgegenwart.

In der Regel nennt man die symbolische Sendung schlechtweg die sichtbare Sendung, weil das Symbol, um für uns Symbol zu sein, etwas sinnlich Sichtbares sein muß, oder auch äußere Sendung im Gegensatz zu derjenigen, welche in das Innere unserer Seele ausläuft. Sichtbar im vollsten Sinne und zugleich äußerlich ist aber auch die realste Sendung des Sohnes Gottes durch die Inkarnation; somit bezeichnen diese Ausdrücke nicht speziell und ausschließlich die erste Art von Sendung, die wir besprachen.

Dieselbe ist ihrer Natur nach offenbar noch sehr unvollkommen, da eine bloß symbolische Vorstellung doch nicht eigentlich ein Sein des Vorgestellten im Bilde genannt werden kann; das Vorgestellte ist im Bilde bloß für denjenigen, welcher das Bild sieht und es mit seinem Ideale in Verbindung bringt. Daher hat diese Art von Sendung auch ihren Zweck nicht in sich selbst; wo sie vorkommt, dient sie nur dazu, die andern Arten von Sendung, die in sich selbst abschließen, zu begleiten und sinnlich zu veranschaulichen. So sollte die Taube bei der Taufe am Jordan die Verbindung des als Träger der menschlichen Natur gesandten Sohnes Gottes mit seinem himmlischen Vater im Heiligen Geiste veranschaulichen [52], die symbolische Sendung des Heiligen Geistes am Pfingsttage - unter dem Bilde des brausenden Windes und der feurigen Zungen - seiner innern Sendung in die Herzen der Apostel als Folie dienen. Die beiden letzteren Arten der Sendung - in der Inkarnation und in der Gnade - können wir daher im Gegensatz zur symbolischen reale, wirkliche Sendungen nennen, obgleich auch unter ihnen die zweite noch einige Analogie mit der symbolischen Sendung hat. Denn auch sie bringt nicht so sehr eine reale Einheit der gesandten Person mit der geschaffenen Natur hervor, als eine Erscheinung der ersteren in der letzteren, aber eine so unmittelbare, so reale Erscheinung, daß darin zugleich eine überaus innige Verbindung der göttlichen Person mit der Kreatur gegeben ist.

Anmerkungen:

[38] Unser "schenken" hat ursprünglich nicht den Begriff der freien Gabe, sondern den des Aus- und Eingießens, in welchem Sinn es noch jetzt gebraucht wird. Die Verbindung der beiden Bedeutungen des Wortes gibt ihm einen so vollen und plastischen Sinn in der Anwendung auf den Ursprung des Heiligen Geistes, wie ihn das Lateinische und Griechische "dare" – didónai im Sprachgebrauch nicht hat, obgleich deren Wurzel "da" mit der Wurzel "dha": tränken, säugen, nahe zusammenhängt.

[39] Die Naturnotwendigkeit ist bei den materiellen Naturen eine blinde, bei den geistigen, besonders bei der göttlichen, eine durchaus lichte, weil diese Naturen selbst Licht sind. Die materielle Natur wirkt unbewußt, dem Lichte eines höheren, sie bewegenden Agens folgend, welches ihr das Ziel ihres Wirkens vorstellt. Gott wirkt in der Zeugung des Sohnes eben durch das Licht, das seine Natur konstituiert; aber gerade deshalb auch nicht so, daß ihm bei seiner Wirksamkeit das Licht vorleuchtet, ihm die Güte und Zweckmäßigkeit seines Wirkens. vorhaltend und dadurch ihn zum Wirken bestimmend. Nicht der Drang seiner Liebe, sondern der Drang seiner Natur als solcher, die einen Ausdruck sucht, bestimmt also hier die Notwendigkeit des Wirkens.

[40] Es liegt nämlich sehr nahe, bei dieser Auffassung die Idee der Wahlfreiheit des Willens zu verkümmern. In der Tat beriefen sich die Jansenisten für ihre Willensnotwendigkeit auf diese Lehre des Scotus. Scotus selbst glaubt durch seine Anschauung die Wahlfreiheit nicht nur nicht zu verkümmern, sondern erst recht aus dem innersten Wesen des Willens zu erklären. Die Wahlfreiheit des Willens (die "libertas arbitrii in arbitrando secundum deliberationem oppositorum") ist ihm nur ein abgeleitetes Moment aus der in allen Akten des Willens bestehenden Freiheit, nur zu handeln nach vorausgehender Erkenntnis aus Liebe zum Zwecke. Das "liberum" ist ihm so viel wie "voluntarium". Vgl. Johannes de Rada, Controv. inter S. Thom. et Scot. tom. I, eontrov. 13; Phil. Dechamps, De Haeresi Janseniana 1. 3, e.22.

[41] Vgl. Scotum Q. quodl, 16; imprimis additione editoris ad n. 10. - Ruiz (De Trin. disp. 92, sect. 3, n. 19-20) nennt zwar die Spiration des Heiligen Geistes eine "operatio naturalis", erklärt aber ausdrücklich, daß sie nicht in dem vollen Sinne "naturalis" sei wie die Zeugung des Sohnes. Letzterer werde unwillkürlich, unabhängig von der "voluntas generandi", gezeugt. Die Spiration aber sei ein "actus spontaneus, libenter, delectabiliter et quasi eligibiliter volitus, procedens a principio se ipsum movente in bonum praesupposita illius cognitione perfectissima".

[42] De Trin, l. 6, c. 10. "Ille igitur ineffabilis quidam complexus Patris et Imaginis (Filii) non est sine perfruitione, sine caritate, sine gaudio. Illa ergo dilectio, delectatio, felicitas, sive beatitudo, si tamen aliqua humana voce digne dicitur, usus ab illo (nempe Hilario) appellatus est breviter, et est in Trinitate Spiritus Sanctus, non genitus, sed genitoris genitique suavitas, ingenti largitate atque ubertate perfundens omnes creaturas pro captu earum, ut ordinem suum teneant et locis suis adquiescant." Anderswo (Contra Maxim. Arian. l. 2, c. 16, n. 3) versteht er unter dem "oleum exultationis", von dem die Heilige Schrift (Ps 44, 8) redet, den Heiligen Geist. Der heilige Ambrosius hatte schon denselben Gedanken und belegt ihn mit vielen Schriftstellen (De Spir. S. c.7 ct 8).

[43] Wie die heiligen Väter nach dem Vorgang der Schrift den Heiligen Geist das vom Vater und Sohn ausfließende Öl oder Salbe nennen, um den Erguß der göttlichen Liebe als einen überaus lieblichen, sanften, freudenvollen zu bezeichnen, so nennen sie ihn auch gerne den Duft des Vaters und des Sohnes, des letzteren insbesondere. So sagt z. B. der heilige Athanasius (Ep. ad Serap. 3, n. 3): "Diese Salbung ist der Odem des Sohnes, damit derjenige, welcher den Geist hat, sage: Wir sind der gute Geruch Christi." Die Substanz des Vaters und des Sohnes ist dann das Arom, woraus der Duft des Heiligen Geistes aufsteigt. "Wie der Duft der Arome", sagt der heilige Cyrill von Alexandrien (In Io l. II, c.2), "aus ihnen in den Geruchsinn aufsteigt, deren Kraft von Natur und immer in sich tragend: Ähnliches oder vielmehr noch Größeres wirst du von Gott und seinem Geiste denken. Denn er ist der lebendige, kraftvolle Duft der Substanz Gottes, der von Gott das Göttliche in die Kreaturen hinüberträgt und letztere Gottes teilhaft macht. Denn wenn der Duft der Arome seine eigentümliche Kraft in den Kleidern zurückläßt und sie gleichsam in sich verwandelt, wie sollte dann der Heilige Geist uns nicht der göttlichen Natur teilhaft machen? ..."

[44] Kuhn (Die christliche Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit 502 ff.) führt eben diese drei Punkte an als diejenigen, welche "uns unbegreiflich, d. h. undurchdringlich bleiben", aber doch so, daß sich das Nichtvorhandensein eines evidenten Widerspruchs, einer wirklichen Ungereimtheit nachweisen lasse. Sie lassen sich vielleicht auf zwei zurückführen, nämlich auf das Verhältnis der Person zur Wesenheit und zu ihrer produktiven Tätigkeit, da die Gleichzeitigkeit resp. Gleichewigkeit des Produktes mit dem Produzenten sich an Beispielen aus der geschaffenen Welt noch ziemlich klarmachen läßt. So sind das Licht und sein Abglanz gleichzeitig, und letzterer besteht auch immer in fortwährender Abhängigkeit vom ersten. Wäre das Licht von Ewigkeit da, würde auch sein Abglanz ewig sein und ewig von ihm abhängen. Nun ist aber in Gott der Sohn eben der Abglanz des ewigen, geistigen Lichtes im Vater.

[45] Virtueller Unterschied ist der rechte Name für die Unterschiede, welche wir bei Gott in demselben Subjekte machen. Daß zwischen den Personen, den einzelnen Subjekten als solchen, ein realer Unterschied besteht, beeinträchtigt formell nicht die göttliche Einfachheit. Die Einfachheit schließt formell nur diejenigen realen Unterschiede aus, welche in demselben Subjekte bestehen; denn nur unterschiedene Dinge in demselben Subjekte setzen sich zu einem Ganzen zusammen. Der Unterschied, den wir, zum Behufe der Unterscheidung der Personen untereinander trotz der Einheit des Wesens, zwischen Person und Wesen machen, kann kein realer sein in dem Sinne, als wenn Person und Wesen zwei verschiedene, sich ergänzende Realitäten wären. Und doch kann er anderseits wiederum kein bloß subjektiver, keine bloße "distinctio rationis" sein, weil der reale Unterschied. der Personen untereinander dadurch bedingt wird. In irgend welcher Weise muß er also ein objektives Fundament haben ("distinctio rationis cum fundamento in re", wie die Schule sagt). Dieses objektive Fundament kann nur darin liegen, nicht daß in dem Objekte zwei verschiedene Realitäten (Person und Wesen) sich darbieten, sondern daß ein und dieselbe Realität (die eine "summa res simplex omnino", die wir Gott nennen) in dem unendlichen Reichtum ihrer Einfachheit den verschiedenen Realitäten, die wir in unsern Begriffen uns vorstellen, äquivalent sich darstellt, folglich trotz ihrer Einfachheit oder vielmehr wegen ihrer Einfachheit unter verschiedenen Werten ("rationes" nennt sie der heilige Thomas, "valores" der heilige Augustinus in De trin. 1. 15, c. 7) aufgefaßt werden muß; und nach diesen einzelnen Werten, die sich an der Sache ins Auge fassen lassen und die sich bei einer genaueren, allseitigeren Betrachtung der Sache herausstellen (daher die "distinctio" kat’ epínoian bei den griechischen Vätern), macht dieselbe sich auch objektiv auf verschiedene Weise geltend, so daß ich von ihr in der einen Beziehung aussagen kann, was ich in der andern leugnen muß. So sind Vernunft und Wille zwei verschiedene, in der einfachen göttlichen Natur liegende Werte, von denen der erste, und er allein, in der göttlichen Erkenntnis, der zweite, und nur er allein, im göttlichen Wollen sich geltend macht; und obgleich beide eine durchaus einfache Realität sind, so kann ich doch nicht sagen, daß diese eine Realität nach dem ersten Werte sich als das geltend macht, was sie nur ist, insofern sie den zweiten in sich enthält. Auf ähnliche Weise sind auch in der "summa res", die wir Gott nennen, Person und Natur verschiedene Werte, die sie zwar ungeteilt, aber doch jeden nach seiner vollen Geltung in sich enthält. In Gott gibt es wahrhaft Person und Wesenheit, ein besitzendes Subjekt und eine Natur, die es besitzt. Obgleich nun die "summa res" in der größten Einfachheit, ohne alle Zusammensetzung, zugleich besitzendes Subjekt und Gegenstand des Besitzes ist, so liegt doch kein Widerspruch darin, daß sie sich als besitzend in anderer Weise geltend macht denn als Gegenstand des Besitzes. In ersterer Beziehung kann sie die Wesenheit mitteilen und so den Besitz vervielfältigen, während sie in letzterer nur mitgeteilt werden kann, ohne vervielfältigt zu werden.
Da wir die verschiedenen Werte der "summa res" nur durch die Einzelbegriffe der Vollkommenheiten, denen sie in der Kreatur entsprechen, uns vorstellen können, so müssen wir in unserem Geiste, um den Reichtum des Objektes uns vorzustellen, die verschiedenen Begriffe zu einem Gesamtbilde wirklich zusammensetzen. Aber auf das Objekt selbst dürfen wir diese Zusammensetzung nicht übertragen. Da ist es nur eine einfache Realität, die ihren Reichtum uns in verschiedenen gebrochenen Strahlen offenbart, aber alle diese Strahlen aus sich wie aus einem einfachen Punkte nach verschiedenen Seiten ausgehen und darum auch den Blick des Beschauers, von welcher Seite er die Sache betrachten möge, bei der Verfolgung der Strahlen immer in denselben Punkt münden läßt.

[46] Vgl. Kuhn, Die christliche Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit, besonders § 35: Die Denkbarkeit der göttlichen Trinität, das Beste und Gründlichste, was in der neuesten Zeit über diesen Gegenstand geschrieben worden.

[47] “Est hoc amicitiae proprium, quod amico aliquis sua secreta revelet: quum enim amicitia coniungat affectus, et duorum faciat quasi cor unum, non videtur extra cor suum aliquis protulisse, quod amico revelat; unde et Dominus dicit discipulis: Iam non dicam vos servos, ... vos autem dixi amicos ...; quia omnia, quae audivi a Patre meo, revelavi vobis (Io 15, 15).” S. Thom., Sum. contra gent. l. 4, c. 22.

[48] Der heilige Bonaventura bezeichnet (Itiner. mentis ad Deum c. 5 et 6) die Standpunkte des natürlichen und des vom Geiste Gottes durch Christus gehobenen Menschen nach den eben angegebenen Rücksichten. Als Ursprung des geschaffenen Seins muß Gott reines Sein haben, aber durch seine Offenbarung stellt er sich als das überschwengliche, überreiche Sein in der Mitteilung seiner Unendlichkeit dar. Alexander von Hales (2, q. 90, m. 1, a. 1) meint sogar an einer Stelle, die Dreifaltigkeit in Gott sei eben der spezifische Gegenstand der übernatürlichen Liebe zu Gott im Unterschiede von der natürlichen, und zwar deshalb, weil sie auch der spezifische Gegenstand der übernatürlichen Erkenntnis durch den Glauben sei. Das stimmt, genauer gefaßt, mit dem überein, was wir in “Natur und Gnade” über das formelle und spezifische Objekt der übernatürlichen Liebe gesagt haben.

[49] Die Philosophen, welche der Trinität gerne einen Platz in ihrem philosophischen System anweisen wollten, belieben die göttlichen Personen als die drei göttlichen Potenzen zu betrachten, von welchen die geschaffene Welt getragen wird. Sie meinen damit das Dogma ideal aufzufassen, im Gegensatz zu der bloß begrifflichen Fassung, wie sie den schlichten Gläubigen zukomme. Ja freilich: wenn man die Wirklichkeit nach selbstgemachten Idealen zustutzen, nicht die Ideale der Wirklichkeit anpassen will. Von der wahren idealen Auffassung haben diese Herren keine Ahnung; durch die Verdrehung des Dogmas verlegen sie sich selbst den Weg dazu. - Die Personen sind, wenn man will, die Repräsentanten der göttlichen Potenzen, insofern es überhaupt in der höchsten Aktualität und Einfachheit Gottes Potenzen und verschiedene Potenzen geben kann, nicht formell die Potenzen selbst; sonst könnte es ja keinen realen Unterschied zwischen den Personen als solchen geben, da er zwischen den Potenzen als solchen unmöglich ist.

[50] "Incarnationem quoque huius Filii Dei tota Trinitas operasse dicenda est, quia inseparabilia sunt opera Trinitatis. Symb. fid. Conc. Tolet. XI, a. 675."

[51] Über das Prinzip und die Klassifikation der einzelnen Appropriationen vgl. Bonavent., Brevil. p. I, c. 6; S. Thom., Summa I, q. 39, a. 7 et 8. Die Appropriationen des Heiligen Geistes, bei dem sie in der Heiligen Schrift am häufigsten und in der mannigfaltigsten Weise vorkommen, werden wir am Schlusse dieses Hauptstückes ausführlich aus dem heiligen Thomas darlegen.

[52] Die Taube ist das zarteste und lebendigste Symbol des Heiligen Geistes; durch ihre Gestalt und Farbe stellt sie uns die Reinheit und Lieblichkeit, durch ihren schnellen und doch ruhigen Flug die unendlich lebhafte und doch zugleich unendlich friedliche Bewegung, durch ihre Seufzer den Ausdruck der unendlichen Liebe dar, den wir im Heiligen Geiste erkannt haben. Und wie sie bei der Taufe am Jordan in der Zeit zwischen dem Vater und seinem menschgewordenen Sohne schwebte, von jenem zu diesem herabsteigend, so schwebt der Heilige Geist in der Ewigkeit kraft seiner Beziehung zu beiden über und zwischen Vater und Sohn, beide unter seinen Flügeln deckend; beide in sich zu seliger Umarmung entgegenführend, ihre Liebe krönend und vollendend.

Fortsetzung auf Seite 4


Jesus Christus anziehen

Eine Predigt zum Ersten Adventssonntag.

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