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Gabriel Garcia Moreno

Heute vor 150 Jahren, am 2. April 1861, wurde Gabriel Garcia Moreno ordentlicher Präsident von Ecuador, nachdem er schon dreieinhalb Monate als Interimspräsident fungiert hatte. Aus diesem Anlass stellen wir ihn hier ausfühlich vor, und zwar nach der Darstellung von Ludwig von Hammerstein SJ in: Charakterbilder aus dem Leben Kirche, Erster Band, Trier 1897, von mir teilweise bearbeitet und ergänzt durch den einschlägigen Beitrag von Ludwig Dressel SJ in Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon, Zweite Auflage in neuer Bearbeitung, begonnen von Joseph Cardinal Hergenröther, fortgesetzt von Dr. Franz Kaulen, Professor der Theologie zu Bonn, Achter Band, Freiburg im Breisgau 1893, Sp. 1904-1912 und anderen Quellen.

Gabriel Garcia Moreno wurde am Vorabend des Weihnachtsfestes 1821 zu Guayaquil, an der Küste von Ecuador, geboren, als der jüngste von acht Geschwistern. Sein Vater, Gabriel Garcia Gomez, ein Kaufmann, entstammte einer altkastilischen Familie und war von Spanien nach Südamerika übergesiedelt. Seine Mutter Mercedes war in Ecuador gebroen. Beide Eltern waren gläubig und fromm. Sie hatten zur Zeit der spanischen Herrschaft ein großes Vermögen besessen. Seit der Losreißung von Spanien - 1809 war die Unabhängigkeit ausgerufen, aber erst 1822 tatsächlich errungen worden - waren sie jedoch infolge der verschiedenen Revolutionen verarmt. Während die übrigen Kinder noch eine höhere Ausbildung erhalten hatten, konnten die Eltern daher dem jüngeren, Gabriel, eine solche nicht mehr bieten, zumal der Vater im Jahre 1834 starb. Die Mutter selbst hatte ihrem Kleinen den Elementarunterricht erteilt. Später nahm sich ein Ordensmann, Pater José Betancourt OdeM, seiner an, um ihn im Lateinischen zu unterrichten. Er besuchte das Colleg San Fernando in Quito, der Hauptstadt Ecuadors. Als er sechzehn Jahre alt war, hätte er die Universität von Quito besuchen sollen. Doch es fehlten ihm die Mittel. Eine ältere Dame in Quito, Schwester des Pater Betancourt, nahm indes den Knaben auf und teilte mit ihm ihren spärlichen Unterhalt. So war einstweilen für dessen Fortkommen gesorgt. Mit großer Auszeichnung widmete sich Gabriel der Philosophie, Poesie, Literatur, Mathematik und Geschichte. Bereits im Jahre 1839 war er Mitarbeiter des ausgezeichneten französischen Ingenieurs Sebastian Wisse, welcher sich mit topographischen Aufnahmen des Landes beschäftigte. Von zerstreuenden Vergnügungen hielt der Jüngling sich fern. Trotz des eisernen Fleißes, mit welchem er seinen Studien oblag, fand er jedoch Zeit, oft dem Gottesdienst beizuwohnen und wöchentlich die heiligen Sakramente zu empfangen.

Sein Eifer, seine Fortschritte und sein sittliches Betragen erwarben ihm die Achtung der Lehrer und Mitstudierenden. Wenngleich sehr heftig von Temperament, wußte er jedoch mit allen gut auszukommen. Die Lebendigkeit, Gewandtheit und Schlagfertigkeit seiner Reden, die Sicherheit, der edle Anstand in seinem Auftreten und seine eiserne, von religiösen Grundsätzen getragene Charakterfestigkeit zogen schon damals die Augen aller auf sich. Hochgestellte Eltern sahen es gerne, wenn ihre Söhne dem armen Guayaquilener sich anschlossen, und gestatteten ihm freien Zutritt in ihre Familienkreise.

Im Jahre 1840 beendigte er seinen philosophischen Kursus und mußte nun endgültig die Berufswahl treffen. Er wählte die Rechtswissenschaft.Vermutlich schwebte ihm der Gedanke vor, dass er durch sie seinem Vaterlande, welches er glühend liebte, am wirksamsten nützen könne. Die Jurisprudenz hinderte ihn jedoch nicht, den Ingenieur Wisse bei seinen Expeditionen an die Vulkane Ecuadors zu begleiten. Auch veröffentlichte er eine Abhandlung über die Untersuchung des Pichincha. Diese geologischen Ausflüge dienten ihm als Erholung von den übrigen Studien. Zugleich auch sollten sie ihn den sittlichen Gefahren der Hauptstadt entziehen. Moreno hatte nämlich durch seine hohe geistige Begabung und sein annehmendes Äußere Zutritt in den vornehmsten Salons erhalten. Es scheint, dass die Verführung näher an ihn herantrat; er fühlte die Lust zur Arbeit erlahmen. Er bemerkte die Gefahr, und um dieselbe noch gründlicher als durch jene Ausflüge zu beseitigen, ließ er sich das Haupthaar vollständig abrasieren.

Im Jahr 1844 schloss Garcia Moreno seine Rechtsstudien durch eine glänzende Doktorpromotion ab. Er schritt jetzt zur Praxis unter der Leitung des ausgezeichneten Dr. Ramon Borza. Ein Jugendfreund forderte ihn auf, die Geschichte Ecuadors zu schreiben. Moreno antwortete: “Es ist besser, sie zu machen.” Und er hat sie gemacht.

Es ist bekannt, wie die südamerikanischen Republiken, ihren Vulkanen gleich, seit der Losreißung von Spanien in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts von steten Revolutionen heimgesucht und von der Willkür liberaler Tyrannen mißregiert wurden. So erging es auch der Republik Ecuador. Moreno wollte seinem Vaterlande beispringen; und da ihm einstweilen kein anderes Mittel zu Gebote stand als die Presse, so gründete er im April 1846 das politische, satirisch-humoristische Blatt El Zurriago, die Geißel. Den Zweck dieses Blattes verkündet dessen erste Nummer in folgenden Worten: “Nachdem wir es müde geworden, so viel ungerechte Umtriebe, die aus Mangel an freimütiger Census jeden Tag sich mehren, ruhig mitanzusehen und stillschweigen über uns ergehen zu lassen, haben wir beschlossen, die ‘Geißel’ zu schwingen, in der guten Absicht, jeden falschen Patrioten, jeden verkehrten Liberalen, jeden ehrlosen Deputirten, jeden schamlosen Beamten, jeden ehrgeizigen Scharlatan, jeden niederträchtigen Betrüger nach Gebühr zu züchtigen. Wer keiner dieser Klassen angehört, hat von uns nichts zu fürchten. Wir werden das Verdienst und gute Handlungen lobend anerkennen, Fehler, die nicht böswillig geschehen, entschuldigen, mit Schwäche und Unglück Mitleid haben; unbarmherzig dagegen werden wir das hochaufgeschossene Laster und die verdeckte Bosheit, die Käuflichkeit und den Nepotismus, die politische und religiöse Heuchelei, die Schmeichelei, die Gemeinheit, die Treulosigkeit verfolgen. Die ‘Geißel’ wird ihre Hiebe unparteiisch und gerecht austeilen und, gleich dem Blitze niedriges Strauchwerk verschonend, auf die hochragenden Palmen es absehen.”

Später gründete und redigierte er die Blätter El Vengador (der Rächer) und El Diablo (der Teufel). Er arbeitete den Übergriffen der liberalen Regierung, der Invasion des Expräsidenten Flores und den anarchischen Wühlereien im Inneren der Republik entgegen. Alles staunte über die Kühnheit, Gewandtheit und geistige Kraft des jungen Publizisten. Sogar die Regierung, die doch so viele herbe Dinge von ihm hatte hören müssen, konnte nicht umhin, schließlich seinem Mut, seiner Klugheit und seinem Scharfblick ihre Anerkennung öffentlich zu bezeugen. Im Jahre 1847 übertrug sie ihm die gefahrvolle Aufgabe, den Aufstand in Guayaquil zu unterdrücken. Nach acht Tagen hatte er die Aufgabe zur Verwunderung aller gelöst.

1846 wurde Moreno zum Stadtrat von Quito ernannt, regelte als solcher die Finanzen und verbesserte das Polizeiwesen sowie die gesamte innere Verwaltung. Daneben setzte er seine juristischen Arbeiten fort, und zwar unter der Leitung des früher genannten Advokaten und eines Dr. Joaquin Enriquez, des ersten Juristen von Ecuador. Dieser erteilte ihm unter dem 13. März 1848 das folgende Zeugnis:

“Während dieser Zeit gab er in die Augen fallende Beweise jener frühreifen Talente, die er, wie allbekannt ist, besitzt. Die Lösung der ihm überwiesenen Fragen beschränkte sich nicht auf die Behandlung des fraglichen Gegenstandes und auf ein einfaches Raisonnement auf Grund des während seiner Studien Gelernten. Sein seltener Scharfsinn gab ihm ein, darüber sich zu verbreiten, wo die herrschenden Rechtslehren einer Verbesserung und das gebräuchliche Gerichtsverfahren einer Änderung bedürfen. Sein beharrlicher Fleiß im Studium der Rechtswissenschaft und alles dessen, was auf sie Bezug hat, sein äußerst feines Gefühl für das Gute und Rechte machen ihn zu einem ausgezeichneten Meister in seinem Berufe, zu einem hervorragenden Rechtsgelehrten, welchem man unbedenklich die Aufgabe anvertrauen kann, Eigentum, Ehre und Leben seiner Mitmenschen zu verteidigen. Dabei besitzt Garcia Moreno, wie allgemein bekannt ist, sehr ausgebreitete Kenntnisse in der Literatur und andere außergewöhnliche Vorzüge, deren unser Vaterland heute mehr denn je bedarf. Das allgemeinen Wohl, der Fortschritt, der Ruhm Ecuadors ist der Abgott seines Herzens; ihm hat er bis heute alle seine Arbeiten und Anstrengungen geopfert. - Dieses sind die Gründe, weshalb der Unterzeichnete die Überzeugung hegt, Herr Moreno verdiene dem edlen Stande der Advokaten eingereiht zu werden; er werde in jeder Stellung die Pflichten seines Berufes zum Besten seines Vaterlandes erfüllen und allen dartun, wie wahrheitsgetreu der Inhalt dieses Zeugnisses ist.”

Zur Advokatur zugelassen, erwarb sich Garcia Moreno das allgemeine Vertrauen. Das zeigt nachstehender Vorfall. Er bat ihn jemand, seinen Prozess zu führen. Moreno verweigerte es, weil er die Sache als eine schlechte erkannte. “Gleichviel”, versetzte der Klient, “Sie würden sie zu einer guten gemacht haben, wenn Sie dieselbe verteidigt hätten.” Moreno tat es jedoch nicht. Armen hingegen, die sich an ihn wandten, lieh er gern seinen Beistand; Bezahlung nahm er von ihnen niemals an.

In der neuen Stellung wollte Moreno sich einen eigenen Herd gründen. Sennora Rosa Ascasubi, eine junge, reich begüterte Dame aus den angesehensten Familien Ecuadors, reichte ihm ihre Hand. Die vollste Übereinstimmung der Anschauungen und der Herzen machte die Ehe zu einer sehr glücklichen.

Um das Jahr 1851 zeigte Moreno sich wiederum als Schriftsteller. Die Jesuiten waren durch die liberale Regierung aus Neu-Granada vertrieben. Dank der Tätigkeit Morenos fanden sie gastliche Aufnahme in Ecuador. Doch die “liberale” Toleranz Neu-Granadas verfolgte sie auch hier und ließ ein Pamphlet voll der üblichen Verleumdungen erscheinen. Moreno trat demselben entgegen mit einer Schrift, in welcher er sagt: “Höchst wahrscheinlich wird man mich, weil ich diese Verteidigung schrieb, einen Fanatiker oder wohl gar einen Jesuiten heißen. Was liegt daran? Ich bin Katholik und bin stolz darauf, es zu sein, wenn ich mich auch nicht zu ein eifrigen Christen zählen kann. Ich liebe mein Vaterland aus Herzensgrund und halte es für meine Pflicht, zu seinem Wohle beizutragen. Deshalb war es mir sowohl wegen meiner religiösen Überzeugung, als auch wegen meiner Ansicht vom wahren Patriotismus nicht möglich, in dieser Frage zu schweigen, bei welcher mein Glaube und mein Vaterland in gleicher Weise beteiligt sind; denn hier handelt es sich ebenso sehr um die gebieterischen Forderungen der Zivilisation, als um die Ehre der Kirche. Von jeher trieb mich mein Charakter an, die Sache der Schwachen und der unschuldig Verfolgten zu meinigen zu machen; denn mich empört jede gewaltsame Unterdrückung, von wen sie auch ausgehen mag, und ich verabscheue jene rohe Gefühllosigkeit, die ebenso gleichgültig ist gegen das Opfer wie gegen die Henker ...
Was uns betrifft, so wissen wir, dass der Krieg erklärt ist, aber nicht den Jesuiten, sondern dem Priestertum und dem katholischen Glauben. Man wird zuerst die Jesuiten proscribieren, hierauf den Weltklerus, schließlich alle Kinder der Kirche. So wird der Abgrund gegraben werden, welcher Neu-Granada und Ecuador, sowie alle katholischen Republiken verschlingen wird, wenn wir die Feigheit soweit treiben, uns den höllischen Forderungen der roten Bande zu unterwerfen. Aber nein, dies wird nicht geschehen; niemals wird das Licht des Glaubens unserer Väter über unserem Ecuador erlöschen. Um ihn zu verteidigen, wird der Klerus Entschlossenheit zeigen, und das Volk wird nicht in stummer Ergebung verharren! Wir werden unter der Anführung der ewigen Vorsehung in den Kampf gehen. Wenn wir wie einst die Israeliten durch die Fluten des Roten Meeres hindurchgehen müssen, wird Gott seinem auserwählten Volke wieder einen Weg durch sie bahnen, und wir werden, am anderen Ufer angelangt, den Triumphgesang des Sieges und der Befreiung anstimmen!”

Der Kampf zwischen Christentum und Antichristentum entbrannte. General José María Urbina (auch Urvina), ein Freimaurer, hatte sich verräterischer Weise der Person des Präsidenten Diego de Noboa y Arteta (8. Dezember 1850 - 26. Februar 1851) bemächtigt und sich am 17. Juli 1851 mit Hilfe der von ihm erkauften Armee zum Präsidenten gemacht. Auf Grund eines alten spanischen Gesetzes ließ er die Jesuiten mit brutaler Rohheit aus dem Lande jagen. Gern hätte Urbina auch die Bischöfe und Weltpriester vertrieben. Doch das ging nicht so leicht. Daher suchte er den Klerus zu demoralisieren. Auf Grund josephinischer Gesetze wählte er zu Oberen der Seminare Leute, die ihm ergeben waren. Unter dem Vorwand, die Kasernen reichten für die Truppen nicht aus, ließ er die Söldlinge unter einem Dache wohnen mit den jungen Klerikern. Für die Einführung von französischer Schmutzliteratur wurde gesorgt. Den Soldaten ward jeder Unfug gestattet. Offizieren, Richter und Priester wurden hingemordet. Güterkonfiskation, Verbannungs- und Todesurteile waren etwas Gewöhnliches. Vornehme Damen, selbst junge Mädchen, wurden aus politischen Gründen ins Gefängnis geworfen oder in ein Kloster gesteckt. Die Staatseinnahmen wurden verschleudert. Wenn das Volk sich erkühnte, gewissenhafte und energische Deputirte zu wählen, dann sorgte Urbina für Ungültigkeitserklärung der Wahlen.

Ein Mann wie Moreno konnte solchem Treiben nicht müßig zuschauen. Er griff abermals zur Feder. Urbina ließ ihn am 15. März 1853 einfachhin aufgreifen und nach Neu-Granada deportieren. Moreno wurde von Kerker zu Kerker geschleppt, entkam aber und ging nach Peru. Jetzt wählte ihn die Stadt Guayaquil zum Senator für den Kongress. Gestützt auf die Unverletzlichkeit der Parlamentsmitglieder, kehrte Moreno nach Ecuador zurück. Doch Urbina kümmerte sich nicht um die Konstitution, ließ Moreno abermals festnehmen und nach Peru deportieren. Moreno benutzte die Zeit seiner Verbannung, um nach Paris zu gehen und seine Ausbildung zu vervollkommnen.

Von Paris schrieb er einem Freunde: “Ich studiere täglich sechzehn Stunden, und wenn der Tag achtundvierzig Stunden hätte, würde ich vierzig Stunden den Studien widmen.” Das Theater besuchte er niemals. Seine Erholung war an den Sonntagen ein Ausflug in die Umgebung von Paris. Neben seinen naturwissenschaftlichen Studien beschäftigte er sich unter anderem mit den neunundzwanzig Bänden von Rohrbacher “Universalgeschichte der katholischen Kirche”. Ihm waren aus der Seele gesprochen die Grundsätze Rohrbachers: “Die katholische Kirche ist die Königin der Welt, welcher sowohl die Fürsten als auch die Völker gehorchen müssen. Sie ist die geistige Seele des großen sozialen Organismus; der Staat ist nur der materielle Leib. Also kein Kampf zwischen Staat und Kirche, kein Zwiespalt mehr, sondern die innigste Harmonie durch die Unterordnung des Staates unter die Kirche in allen religiösen Dingen.”

Vier Jahre war Urbina Präsident gewesen. Ihm folgte am 16. Oktober 1856 der gleichgesinnte General Francisco Robles. Der Kongress erließ im Jahre 1856 eine Amnestie für die politischen Verbannten, und so konnte auch Moreno in sein Vaterland heimkehren. Robles setzte die Gewaltherrschaft Urbinas fort. Am 1. Mai 1859 kam es zu einer Revolution. Robles ward für abgesetzt erklärt und eine provisorische Regierung von sechs Mitgliedern, mit Garcia Moreno an der Spitze, aufgestellt. Die Mehrzahl der Provinzen schloß sich der neuen Regierung an; nur Guayaquil und Cuenca verblieben bei Robles und Urbina.

Wir können die Wirrsale der nun folgenden Entwicklungen nur in einigen Zügen wiedergeben. Robles und Urbina wurden überwunden. General Guillermo Franco nahm Robles gefangen und erklärte sich in der Küstenstadt Guayaquil selbst zum Präsidenten. Moreno eilte dorthin, schlug seinem Rivalen Franco vor, sie sollten, um Blutvergießen zu meiden, beide abdanken. Franco wich aus. Moreno verließ Guayaquil. Ihm wurden alsbald Meuchelmörder nachgesandt; aber Moreno entging ihnen durch seine genaue Kenntnis der Wege und seine Gewandheit im Reiten. Todmüde kam er in Riobamba (Luftlinie 150 km nordöstlich von Guayaquil) an, wo er ein Corps stehen hatte. Nachdem er sich zur Ruhe gelegt, wird er plötzlich durch Lärm aufgeschreckt. Franco hatte unter den Truppen eine Rebellion anzetteln lassen. Cavero, der Anführer der Truppen, tritt zu Moreno ins Zimmer und befiehlt ihm, auf seine Stellung als Präsident zu verzichten. “Niemals”, antwortet Moreno. Nun läßt Cavero ihn verhaften mit der Bemerkung: Der nächste Tag werde sein letzter sein, wenn er auf seinem Entschluss verharre.

Moreno wurde ins Gefängnis abgeführt, bereitete sich auf den Tod vor, überlegte dann aber auch, wie er sich retten könne. Einem Freund gelang es, ihn durch einen Diener aufmerksam zu machen, daß er die Eisenstäbe vor dem Fenster durchfeilen und so entkommen könne; vor der Stadt werde er ein gesatteltes Pferd finden. Moreno entgegnete dem Diner: "Sage deinem Herrn, daß ich allerdings von hier fortgehen werde, aber nicht durch das Fenster, sondern auf demselben Weg, auf dem ich hereingekommen bin." Er hatte damit gerechnet, daß die Soldaten der Wache sich dem Plündern und Trinken überlassen würden; es waren nämlich die ehemaligen Leute Urbinas. So geschah es. Nur ein Mann blieb als Wache zurück. Moreno trat zu diesem Menschen und sprach: "Wem hast du den Eid der Treue geschworen?" Der Soldat antwortete: "Dem Oberhaupt des Staates." Moreno sprach: "Das legitime Oberhaupt des Staates bin ich. Mir schuldest du Gehorsam und Treue. Deine Offiziere sind Rebellen und Meineidige. Schämst du dich nicht, ihnen Beistand zu leisten und so deinen Gott und dein Vaterland zu verraten?" Der Soldat fiel auf die Knie und bat um Gnade. Moreno fuhr fort: "Ich will dir Gnade erweisen, wenn du mir gehorchst und deine Pflicht tust."

Don Garcia verließ nun ungehindert das Gefängnis. Von einem treuen General begleitet, jagte er mit verhängtem Zügel von Riobamba nach Calpi. Eine Stunde nach seiner Flucht traf er daselbst vierzehn Getreue. Kühn, wie er war, eilte Moreno an der Spitze dieser Schar nach Riobamba zurück. Hier fand er alles in Auflösung. Einige Anführer waren beutebeladen mit ihren Kompagnien verschwunden, andere waren betrunken und lagen im tiefsten Schlaf. Moreno ließ die schlimmsten derselben aufgreifen, hielt mit seinen vierzehn Gefährten Kriegsrat über sie, gab den Schuldigen Zeit, sich auf den Tod vorzubereiten und ließ sie erschießen. Die Ordnung war wieder hergestellt.

Noch stand Guayaquil unter Franco unbesiegt da. Die Stadt von der Landseite zu nehmen, schien unmöglich; von der See aus aber konnte Moreno in Ermangelung einer Flotte nichts machen. Mit der Hilfe des Generals Juan José Flores (1800-1864), welcher einst an der Seite Simon Bolivars (1783-1830) gefochten, machte jedoch die Kühnheit Morenos möglich, was unmöglich schien. Guayaquil ward am 24. September 1860 genommen, an dem Tage, an welchem die Kirche das Fest "der Mutter der Barmherzigkeit" feiert. Moreno bestimmte, daß fortan dieser Tag "zum Dank für den erlangten Schutz der Himmelskönigin und zur Erlangung ihrern ferneren Hilfe" alljährlich von der Armee gefeiert werde.

Nachdem der Friede zurückgekehrt, schritt Moreno zu den nötigsten Reformen. Die Finanzen waren unter der liberalen Regierung zerrüttet. Moreno ordnete und hob sie. Sein eigenes Präsidenten-Gehalt setzte er auf die Hälfte herab. Die Zügellosigkeit der Armee ward in strenge Schranken gebracht. Das Schulwesen wurde gehoben. Für die Indianer wurden Missionare berufen. Der Bau ordentlicher Verkehrsstraßen ward in Angriff genommen. Vor allem aber sollten die sozialen Kräfte der Kirche von den hemmenden Fesseln "liberaler" Knechtung befreit werden. Denn in der Knechtung der Kirche durch die Staatsgewalt und in der hieraus entspringenden Versumpfung des Klerus erblickte Moreno das Grundübel Ecuadors. Das hatte er bereits im Jahre 1854 dem Freiherrn Kuno Damian von Schütz-Holzhausen (1825 - 1883), der vierzehn Jahre in Südamerika lebte, erklärt. Diesem Grundübel abzuhelfen, sandte Moreno im Jahre 1861 an Pius IX. einen Bevollmächtigten, den Dr. Ignacio Ordonez, einen zwar jungen, aber fähigen, charakterfesten und sittenreinen Priester. Pius IX. empfing ihn gütig; und als der junge Priester das Bedenken äußerte, ob er seiner Aufgabe gewachsen sei, entgegnete der Papst: "Muß man denn ein Metternich sein, um mit Pius IX zu verhandeln."

Die Instruktion, welche Garcia Moreno seinem Gesandten erteilt, war kurz und bündig. Sie lautete: "Ich will die vollständige Freiheit der Kirche und die ebenso vollständige Reform des Welt- und Ordensklerus. Ich bitte den Papst, uns einen mit genügenden Vollmachten versehenen Nuntius zu schicken, um die Reform bei allen durchzuführen." Über ein Konkordat zur Freierklärung der Kirche einigte man sich leicht. Hinsichtlich der Reform des Klerus wünschte Pius IX. mehr die Milde walten zu lassen. Ordonez kehrte nach Quito zurück. Aber Moreno sandte ihn wieder nach Rom mit der Erklärung, daß Milde hier nichts nütze. Pius IX. überzeugte sich, daß Moreno Recht habe, und ermächtigte seiner Delegaten, Msgr. Francesco Tavani (1831-1905), zu allen erforderlichen Schritten. Am 22. April 1863 wurde das Konkordat in der Kathedrale zu Quito mit großer Feierlichkeit von dem Präsidenten der Republik und dem päpstlichen Delegaten unterzeichnet. Das Tedeum wurde angestimmt, Artilleriesalven erdröhnten, und von den Türmen der Stadt flatterten in friedlichem Verin die Banner des Papstes und der Republik.

Es begann jetzt ein neues Leben. Unwürdige Mitglieder des Klerus wurden ausgeschieden, musterhafte Welt- und Ordensgeistliche vom Ausland herbeigezogen, drei neue Bistümer errichtet. Pius IX. hatte dem Bevollmächtigten Ecuadors erklärt: “Ihr Präsident will sein Land regenerieren, sowie die Bevölkerung durch Emigranten aus allen Ländern Europas vermehren. Sagen Sie ihm, dass er, um dieses Resultat zu erzielen, Kreuze aufpflanzen muss. Überall, wo man ein Kreuz aufpflanzt, scharen sich Ansiedler um dasselbe, und wäre es auf dem Gipfel des Chimborazo. Ihre Diözesen sind zu groß, als dass sie ein einziger Mann verwalten könnte.”

Doch wiederum hatte Moreno mit den revolutionären Umtrieben der Liberalen und Freimaurer zu kämpfen, die vom Ausland unterstützt wurden und vor Meuchelmord nicht zurückschreckten. Nur eine Episode sei hier erwähnt. Am 31. Mai 1865 hatten die Anhänger des im Ausland weilenden Urbina durch List und Verrat zwei ecuadorianische Schiffe weggenommen. Eines derselben, die Washington, war ein Transportschiff der Regierung und führte Waffen und sonstiges Kriegsmaterial. Das andere war ein Kriegsschiff, der Guayas. Mit vier Schiffen lagen jetzt die Urbinisten bei Jambeli vor Anker, um Guayaquil zu blockieren.

Moreno erfuhr vom Bubenstück. Obgleich von Arbeiten erschöpft und krank, warf er sich aufs Pferd, bloß von seinem Adjutanten begleitet. Am 8. Juni, tief in der Nacht, erschien er plötzlich in Guayaquil. Der liberale Stadtrat war im Begriff, sich den Aufrührern anzuschließen. Da tritt ein Beamter in den Saal mit dem Ruf: “Garcia Moreno!”

Sofort änderte sich die Lage. Guayaquil war für den Augenblick gerettet. Aber Moreno wollte auch die Piraten mit den gestohlenen Schiffen verfolgen. Doch wie? Er besaß keine Flotte. Da erschien der “Talca”, ein englischer Kauffahrteidampfer. Moreno kaufte ihn und rüstete ihn aus mit fünf starken Kanonen und hundertzweiundfünfzig Mann; dazu gesellte er den “Smyrk”, einen Flußdampfer. Mit diesen zwei Schiffen verließ Moreno am 25. Juni 1865, abends 7 Uhr, den Hafen von Guayaquil. Man glaubte, er gehe einem sicheren Tod entgegen. Am anderen Morgen um 7 Uhr hatte man die Stellung der feindlichen Schiffe erkundet. Der “Guayas” und der “Bernardino” mit der “Galjasse” lagen im Hafen von Jambeli, der “Washington” ziemlich weit entfernt in der Buch von Jeli. Die überraschten Insurgenten der ersteren drei Schiffe gaben Feuer aus allen Stücken, als Moreno mit dem “Talca” auf sie lossteuerte. Moreno kommandierte den Seinigen: “Kein unnützes Feuer! Den Säbel zur Hand und gerade auf den Guayas los!” Im rechten Augenblick ließ Moreno fünf Kanonenschüsse abfeuern. Eine Kugel riß eine Bresche in den Hinterteil des “Guayas”, andere beschädigten den “Bernardino”. Jetzt rannte der “Talca” gegen den “Guayas”. Es entspann sich ein verzweifelter Kampf. Moreno blieb Sieger. Von seinen Leuten waren nur sieben verwundet und ein Artillerieoffizier gefallen. Nachdem der “Guayas” erobert, wurden auch der “Bernardino” und die “Galjasse” mit geringer Mühe genommen.

Während dieses Kampfes wandte sich der “Smyrk” gegen den “Washington”, an dessen Bord Urbina und Robles waren. Der “Washington” hatte Abends zuvor die Stadt Santa Rosa ausgeplündert. Zur Feier dieses Sieges hatten Offiziere und Soldaten bis tief in die Nacht gezecht; die Mehrzahl war berauscht und schlief; der “Washington” selbst aber lag wegen der Ebbe auf dem Sand. Da fährt eine Kanonenkugel gegen das Schiff; Panik ergreift alle. Ehe noch der “Smyrk” anlegt, stürzen sich Offiziere, Soldaten und Matrosen ins Wasser, um ans Ufer zu schwimmen. Waffen, Munition, Kasse und die ganze Korrespondenz Urbinas fielen die Hände Morenos. Zwei Stunden, nachdem der “Smyrk” sich vom “Talca” getrennt, kam er zurück mit dem eroberten “Washington”, mit dessen noch geladenen Kanonen Urbinas und der übrigen Hinterlassenschaft des Feindes.

Die siegreich Flotte mit den erbeuteten Schiffen segelte jetzt zurück nach Guayaquil. Nur der “Guayas” fehlte; er war infolge seiner Beschädigung gesunken. In der Nähe der Stadt ward der “Smyrk” vorausgesandt, die Siegesnachricht zu verkünden. Am Quai harrte eine Menschenmenge in ängstlicher Stimmung. Da erschallt ein Ruf: “Der Smyrk kommt!” Die Spannung wächst aufs Höchste. Hat Moreno gesiegt oder Urbina? Nun landet der “Smyrk” und verkündet den Sieg. Bald erscheint auch der “Talca”. Auf seiner Kommandobrücke steht Garcia Moreno. Neben dem “Talca” fahren als Siegesbeute der “Washington” und der “Bernardino”. Jubel erfüllt die Stadt. Eine spanische Fregatte salutiert mit dem Donner ihrer sämtlichen Kanonen. Alle Strandbatterien werden gelöst, und das feierliche Geläute aller Glocken begrüßte den Sieger.

Mit dem 30. August 1865 endete die vierjährige Präsidentschaft Morenos. Dem Herkommen gemäß gab er dem Kongress einen Rechenschaftsbericht über seine Verwaltung. Er schloß mit den Worten: “Ich schwöre, dass ich das Vaterland gerettet habe trotz Ihrer Kongresse.” Das durfte er sagen; denn die Gesetzgebungsmaschine hatte seinem großartigen Wirken vielfach einen Hemmschuh bereitet. Der Kongress entgegnete: “Die Regierung mußte fortwährend Krieg führen; einem Gefühle der Menschlichkeit nachgebend, bedauern wir, dass ecuadorianisches Blut vergossen wurde. Aber gleichzeitig fügen wir hinzu, dass sich der Präsident mit unsterblichem Ruhme bedeckt hat, indem er der Republik jedesmal Ordnung und Frieden wieder verschaffte, so oft man versucht hat, beide zu stören. Angesichts dieser Selbstverleugnung, seiner ungeheuren Anstrengungen, seiner heldenmütigen Opfer erklären wir, dass das Staatsoberhaupt sich in hohem Grade um das Vaterland verdient gemacht hat.”

Von dem Präsidentenposten zurückgetreten, ward Moreno am 27. Juni 1866 als Gesandter nach Peru und Chile geschickt. Seine Gegner hatten beschlossen, ihn aus dem Wege zu schaffen. Am 2. Juli, bei der Landung in Callao, versuchte Juan Viteri, ein Verwandter Urbinas, den Meuchelmord. Moreno erhielt zwei Wunden; doch seine Geistesgegenwart rettete ihm das Leben.

Jerónimo Carrión y Palacio (1804-1873), Morenos Nachfolger auf dem Präsidentenstuhl, huldigte einem verderblichen Schaukelsystem. Er ward vom Kongress am 6. November 1867 zur Abdankung genötigt. Fast wären die Urbinisten wieder ans Ruder gekommen; indes auf Betreiben Morenos, welcher die Provinz Pichincha als Senator im Kongress vertrat, ward am 24. Dezember 1867 Juan Javier Espinosa (1815-1879) zum Präsidenten gewählt.

In der Nacht vom 15. auf den 16. August 1868 verwüstete ein furchtbares Erdbeben die Provinz Ibarra. Zwei wütende Erdstöße, von unten nach oben gerichtet, folgten einander in wenigen Sekunden. Fast meterhoch fühlten die Menschen sich emporgeschleudert, und es war ihnen, als tue sich die Erde auf, um die Stadt zu verschlingen. Ibarra lag in Trümmern, und ebenso die Städtchen Otavalo und Cotacachi. Amtliche Berechnungen zählten 50-55.000 Tote. Stumpfsinn und Verzweiflung bemächtigte sich der Überlebenden. Man versäumte es, diejenigen zu retten, die noch gerettet werden konnten. Dagegen rotteten sich Leute zusammen, die gleich Schlachtfeldhyänen mordeten und plünderten. Die Indianer drohten mit einem Aufstand zur Vernichtung ihrer Unterdrücker. Niemand gehorchte mehr dem Statthalter von Ibarra. Daher blieben die armen Verschütteten tagelang ohne Hilfe. Die Brücken und Wege waren zerstört. So dauerte es sechs Tage, bis die Unglücksbotschaft nach Quito gelangte. Sofort ward Garcia Moreno vom Präsidenten zum Statthalter der Provinz Ibarra erannt und mit “allen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Vollmachten” ausgerüstet. Alsbald saß Moreno zu Pferde und brachte Rettung. Die Ordnung ward wieder hergestellt, Spitäler wurden errichtet, Witwen und Waisen nach Quito gebacht, für Abwendung der Hungersnot gesorgt. Moreno selbst rettete Hunderten das Leben und spendete aus seinem geringen Vermögen 1000 Pesos.

In einer Dankschrift sagten die Bürger von Ibarra: “Die Hilfe, welche uns Garcia Moreno angedeihen läßt, dieser Mann, der auf eine Eingebung des Himmels zum bürgerlichen und militärischen Oberbefehlshaber ernannt wurde, ist eine derartige, dass uns die Worte fehlen, um unseren Retter zu feiern. Man möchte sagen, dieser erlauchte Held sei ganz ausschließlich von Gott geschaffen worden, um uns in diesem großen Mißgeschick zu trösten. Bloß die Tränen, die unseren Augen entströmen, können ihm die Rührung unserer Herzen beim Anblick seiner Hingebung bezeugen. Bald werden wir, dank der unermüdlichen Tatkraft, die ihn charakterisiert, der Kühnheit seiner Ideen und der Sicherheit seiner Maßregeln, unsere soziale und politische Auferstehung feiern können. Wir werden keine Schatten mehr sein, die auf einem mit Tausenden von Leichen bedeckten Schauplatz der Verzweiflung umherirren. Niemals wird die Provinz Ibarra seines Namens vergessen, nie das Banner Ecuadors einen seiner glänzendsten Sterne verlieren.”

Im August 1869 erlosch die Präsidentschaft Espinosas. Die Konservativen wollten Moreno wählen; dieser aber befürwortete die Wahl Dargueas. Da aber Darguea ablehnte und die Gefahr drohte, dass Francisco Javier Aguirre, ein Urbinist, gewählt werde, erklärte sich Moreno bereit zur abermaligen Übernahme des Präsidentenstuhles. Diese Verhandlungen hatten schon Ende 1868 stattgefunden. Unterm 18. Dezember des Jahres erließ Moreno ein Programm, in welchem es heißt:

“Zum Schlusse bin ich es der Nation schuldig, die Prinzipien anzugeben, nach welchen ich mein Verhalten richten werde, wenn sie mir die Ehre erweist, mich zur Regierung zu berufen. Achtung und Schutz für die katholische Kirche; unerschütterliche Ergebenheit für den Heiligen Stuhl; eine auf den Glauben und die Moral gegründete Erziehung; Ausbreitung des Unterrichts auf allen Stufen; Vollendung der begonnenen Straßen und Anbahnung neuer Wege nach den Bedürfnissen und Hilfsmitteln des Landes; Garantien für die Personen, das Eigentum, den Handel, die Landwirtschaft und die Industrie; Freiheit für alle und für alles, das Verbrechen und die Verbrecher ausgenommen; gerechte, rasche und nachdrückliche Bestrafung der Demagogie und der Anarchie; Aufrechterhaltung unserer guten Beziehungen mit allen unseren Bundesgenossen; Beförderung aller ehrenwerten Bürger zu Anstellungen je nach ihren Vediensten und Fähigkeiten. Dies ist mein Programm. Ich will alles, was dazu beitragen kann, aus Ecuador ein sittliches und freies, ein reiches und wahrhaft zivilisiertes Land zu machen. Das sind meine Prinzipien; das wird die Richtschnur meines Verhaltens sein, wenn die Volkswahl mich zur Ausübung der Regierungsmacht berufen wird.”

Dieses Programm nahm den Urbinisten jede Hoffnung, in gesetzlicher Weise ans Ruder zu kommen. Sie drohten daher mit Meuchelmord und offener Revolution. Zu Cuenca brüllte der aufgehetzte Pöbel: “Es lebe Aguirre! Tod dem Garcia Moreno! Nieder mit dem Konkordat! Tod dem Papst! Tod dem Klerus!”

Moreno lebte damals in stiller Zurückgezogenheit auf seinem Gut Guachalá und beschäftigte sich mit Landwirtschaft. Plötzlich, nachts gegen 11 Uhr, - es war zu Anfang des Jahres 1869 - meldete ihm sein indianischer Diener: es seien Kavalliere (Reiter) in den Hofraum gesprengt und wollten ihn sprechen. Er griff zu seinem Säbel, nahm in die andere Hand seine Revolver und trat in die Haustüre. Doch nicht Urbinisten waren es, sondern die ergebensten Freunde. Sie setzten ihn von der Lage der Dinge in Kenntnis und forderten ihn auf, dem Staatsstreich Urbinas mit einem anderen Staatsstreich zuvorzukommen. So ungern Moreno wieder den politischen Kampfplatz betrat, konnte er doch das Vaterland nicht im Stich lassen. Nach einigen Stunden jagte er in der Mittel seiner Freunde nach Quito.

Der Staatsstreich Morenos gelang. Die Urbinisten, wleche auf den 18. Januar ihre Empörung festgesetzt, wurden niedergeworfen. Eine Nationalversammlung ernannte am 15. Mai 1869 Garcia Moreno zum interimistischen Präsidenten. Doch Moreno schlug die Wahl standhaft aus, und so wählte man seinen Schwiegervater, Manuel Ascasubi. Moreno riet zu einer Änderung der Konstitution, so dass der Präsident nicht mehr auf vier, sondern auf sechs Jahre gewählt würde, nach Ablauf dieser Zeit wiedergewählt werden könnte und auch den revolutionären Umtrieben gegenüber größere Vollmachten erhielte.

Auf den 29. Juli 1869 war die Wahl eines definitiven Präsidenten anberaumt. Eine feierliche Messe zur Anrufung des Heiligen Geistes ging derselben voraus. Alle Stimmen, mit Ausnahme einer einzigen, fielen auf Garcia Moreno. Doch Moreno lehnte ab. Die Versammlung erklärte, keinen anderen wählen zu wollen als ihn. So mußte er denn annehmen und leistete am 30. Juli in der Kathedrale, umgeben von den bürgerlichen und militärischen Autoritäten, den folgenden Eid auf die neue Verfassung: “Ich schwöre bei Gott, meinem Herrn, und bei diesen heiligen Evangelien, treu mein Amt als Präsident der Republik zu erfüllen, die katholische, apostolische und römische Religion zu bekennen, die Unantastbarkeit und Unabhängigkeit des Staates zu bewahren, die Konstitution und die Gesetze zu beobachten und auf ihre Beobachtung zu dringen. Wenn ich Wort halte, sei Gott meine Hilfe und meine Verteidigung; wenn nicht, seien Gott und das Vaterland meine Richter!”

Die liberalen Gegner Morenos planten wiederum Empörung und Meuchelmord. Als eine Verschwörung entdeckt und Cornejo, einer der Verschworenen, zum Tode verurteilt war, heuchelte dieser Reue und bat demütig um Gnade. Moreno verwandelte die Todesstrafe in achtjährige Verbannung. Kaum über die Grenze gelangt, veröffentlichte Cornejo gegen den Präsidenten ein infames Pamphlet, in welchem er sagte: “Die Ermordung eines solchen Ungeheuers ist einfach ein Akt berechtigter Notwehr.”

Noch einmal mußte Moreno einen anarchistischen Aufstand in Cuenca niederwerfen. Dann hatte er einige Ruhe, um an der Hebung der sozialen Zustände Ecuadors zu arbeiten. Das tat er denn auch mit ungemeiner Klugheit, Energie und großem Erfolg.

Für die Schulen wurden tüchtige Lehrkräfte herangezogen aus Europa und Nordamerika. Die Zahl der Schulen steigerte sich in den Jahren 1869 bis 1875 von 200 auf 500, die der Schüler von 13.000 auf 32.000. Gymnasien wurden gegründet in Quito, Cuenca, Riobamba und Guayaquil. An der Universität wurden neue Lehrstühle und daneben in Quito ein großes Polytechnikum errichtet. Als Professoren, namentlich für die naturwissenschaftlichen Fächer, berief der Präsident u. a. die deutschen Jesuiten Christian Bötzkes, Eduardo Brugier, Albert Claessen, Ludwig Dressel, Josef Epping, Ludwig Heis, Josef Kolberg, Hans Menten, Emil Müllendorf und Theodor Wolf. Keine Kosten wurden gescheut bei Ausstattung der Kabinette, Sammlungen und der prachtvollen Sternwarte. Für die medizinische Fakultät wurden Professoren aus Frankreich herbeigezogen, für Musik und Kunst Künstler aus Rom, tüchtige Handwerker aus Deutschland. Zur besseren Schulung der Armee wurde eine Kadetten-Anstalt errichtet. Für Arme und Kranke wurde gesorgt. Wie Moreno in Beziehung dachte, zeigt folgender Vorfall: Beim Antritt seiner ersten Präsidentschaft erinnerte ihn seine Gemahlin, es gehöre sich, dass er den Ministern, Diplomaten usw. ein offizielles Bankett gebe. Moreno erwiderte, sein Vermögen gestatte ihm einen solchen Luxus nicht. Die Gemahlin wollte die Kosten übernehmen und überreichte ihm fünfhundert Pesos (etwa 2000 Mark). Moreno nahm sie, ging aber damit ins Hospital und erklärte nachher seiner Frau, die ihn fragte: “Ich habe gedacht, eine gute Mahlzeit würde den Kranken besser bekommen als den Diplomaten. Deshalb habe ich das Geld in das Hospital getragen, wo man mir erklärte, dass man für fünfhundert Pesos ein treffliches Mittagsmahl herstellen könne.”

Für Theater sorgte Moreno nicht, erklärte dagegen einigen Personen, die ein solches beantragten: “Die reichen und hohen Herren, die infolge ihrer Untätigkeit an Langeweile leiden und nach Vergnügungen lüstern sind, mögen ein solches nur bauen; ich werde sie nicht im mindesten daran hindern. Die Nation aber ist arm, und ich müßte mir ein Gewissen daraus machen, wollte ich ihre geringen Einkünfte zu so etwas verbrauchen, wollte ich dem Volke die Mittel für das Notwendige, Nützliche und Angenehme entziehen, um sie Nebensächlichem, nur Ergötzlichem zuzuwenden. Das arbeitsame Volk begehrt keine Theater; was es wünscht und mit Recht erwartet, das ist, dass man es nicht samt Tieren und Lasten in die Abgründe stürzen lasse, wenn es von Quito nach Guayaquil ziehen muss.”

Die Hebung der Verkehrsstraßen war in der Tag eine dringende Notwendigkeit, und auch in dieser Beziehung leistete Moreno Erstaunliches.

In den abgelegenen Urwäldern lebten etwa 200.000 wilde Indianer. Sie führten fast alle ein Nomadenleben. Moreno sandte ihnen Missionare und erlebte in sechs Jahren den unglaublichen Erfolg, dass ein großer Teil der Indianer feste Sitze annahm, dass in jeder ihrer Hauptansiedlungen eine Schule und ein Gotteshaus sich erhoben und dass in mancher dieser Ansiedelungen sonntags über tausend bekehrte Indianer dem Gottesdienst beiwohnten.

Woher aber nahm der Präsident die Mittel für seine großartigen Unternehmungen? Bei seinem Regierungsantritt war der Staatsschatz erschöpft durch die liberale Misswirtschaft. Moreno wußte die Finanzen so geschickt zu ordnen, dass dieselben unter seiner Herrschaft trotz jener Unternehmungen sich wesentlich hoben.

Ebenso minderte sich unter ihm die Zahl der Verbrechen. Im Juni 1873 durfte er einem Freund schreiben: “Gott segnet uns; denn das Land macht sichtbare Fortschritte. Überall zeigt sich die Reform der Sitten dank den Jesuiten, Dominikanern, Redemptoristen, Augustinern und anderen Ordenspriestern, welche unsere guten, selbst äußerst eifrigen Priester unterstützen. Unberechenbar ist die Zahl derjenigen, welche während dieser Fastenzeit durch die Buße wiedergeboren sind. In unserer Jugend zählte man jene, welche ihre religiösen Pflichten erfüllten; heute zählt man diejenigen, welche sie vernachlässigen. Nicht minder erstaunlich ist andererseits der materielle Fortschritt. Man könnte wirklich sagen: Gott stützt uns mit seiner Hand, wie es ein liebevoller Vater mit seinem Kinde tut, wenn er ihm hilft, die ersten Schrittchen zu machen.”

Neben diesem Wirken für das Sozialwohl seines Vaterlandes behielt Garcia Moreno die allgemeinen Interessen der Christenheit im Auge. Am 20. September 1870 hatte die italienische Revolution ihren Einzug gehalten in die ewige Stadt. Moreno ließ durch seinen Vertreter dem Vertreter des Königs von Piemont folgenden Protest überreichen:

“Der Minister des Äußeren der Republik Ecuador hat die Ehre, scih an den Minister des Äußeren Seiner Majestät des Königs Viktor Emmanuel zu wenden wegen der unerwarteten und schmerzlichen Ereignisse, die am 20. September vorigen Jahres die Hauptstadt des katholischen Erdkreises getroffen haben.

Wenn die katholische Kirche in ihrem Haupte, in der geheiligten Person ihres erhabenen Oberhirten angegriffen ward, indem man ihm sein weltliches Besitztum geraubt und ihm so die einzige und notwendige Garantie der Freiheit und Unabhängigkeit in Ausübung seiner göttlichen Sendung entrissen hat, dann hat jeder Katholik, und noch viel mehr jede Regierung, welche eine beträchtliche Zahl von Katholiken als Untertanen besitzt, nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht, gegen ein so schmähliches, sakrilegisches Attentat zu protestieren. Wenn trotzdem die Regierung des Unterzeichneten damit bis heute zögerte, so geschah dieses, um abzuwarten, bis da dazu mehr berufenen mächtigeren Staaten Europas den Ruf ihres Protestes gegen die ungerechte und gewaltsame Okkupation Roms würden haben ertönen lassen, und um zuzusehen, ob nicht Ihre Majestät der König Viktor Emmanuel, den Regungen der Gerechtigkeit folgend und den geheiligten Charakter des schutzlosen greisen Papstes achtend, freiwillig von dem Wege der Usurpation abgehen und dem Heiligen Stuhle das geraubte Besitztum zurückgeben würde.

Da bis heute keine Macht des alten Kontinents ihre Stimme erhoben, da die Truppen Seiner Majestät des Königs Viktor Emmanuel Rom zu vergewaltigen fortfahren, so erfüllt die Regierung von Ecuador, ungeachtet ihrer Schwäche und weiten Entfernung, ihre Pflicht zu protestieren. Sie protestiert vor Gott und der ganzen Welt im Namen der niedergetretenen Gerechtigkeit und ganz besonders im Namen des katholischen Volkes von Ecuador gegen die ungerechte, gottlose Invasion Roms, gegen die Entziehung der Freiheit, welche man gegen den ehrwürdigen Vorsteher der katholischen Kirche sich erlaubt hat, gegen eine Entziehung der Freiheit, die man durch hinterlistige Versprechungen, welche ebenso oft gebrochen als erneuert werden, nur zu verdecken sucht, die man durch lächerliche Garantien einer unmöglichen Unabhängigkeit bemäntelt, endlich gegen alle Folgen, welche zum Nachteil des Heiligen Vaters und der katholischen Kirche aus dem unehrenvollen Missbrauch der Gewalt sich schon ergeben haben oder noch ergeben werden.”

Das war eine Sprache, würdig eines katholischen Regenten! Und sie kam diesem Regenten von Herzen. Moreno war gläubiger, praktischer Christ durch und durch. Er huldigte dem Grundsatz: “Bete und arbeite.” “Ein Regent”, sprach er, “lebt, um zu arbeiten, aber nicht um zu prassen.” Moreno arbeitete für zehn. Dabei aber hielt er täglich eine halbe Stunde Betrachtung und hörte täglich die heilige Messe. Wenn er Tage und Nächte hindurch geritten war und in der Frühe des Morgens nach Quito zurückkehrte, dann war sein erster Gang wieder zur heiligen Messe. Täglich betete er auch den Rosenkranz; und wenn er im Urwald bei den Indianern übernachtete, kniete er auf dem bloßen Boden zum Rosenkranzgebet im Verein mit seinem Adjutanten und den Indianern. Die “Nachfolge Christi” von Thomas von Kempen war sein steter Begleiter. Die Fastengebote der Kirche beobachtete er treu, ohne sich dispensieren zu lassen, wozu doch seine übermäßigen Arbeiten ihn berechtigt hätten. Besonders übte er die Demut, und nie sprach er von seinen Verdiensten. Als man ihm anbot, seine Beichtvater wolle zu seiner Wohnung kommen, um ihm den viertelstündigen Weg in die Kirche zu sparen, entgegnete er: “Ehrwürdiger Pater, es ist doch wohl am Sünder, seinen Richter aufzusuchen, und nicht am Richter, dem Sünder nachzulaufen!”

Als die Mutter Morenos im Alter von 94 Jahren gestorben war, erwiderte der Präsident ein Beileidsschreiben seines Vetters, des Erzbischofs von Toledo, mit folgenden Worten:
“Ich bin überzeugt, dass Gott bereits ihren wunderbaren Tugenden belohnt hat. Mehr als alles schmückte ihre schöne Seele der lebendigste Glaube, der mir jemals vorgekommen ist, ein Glaube, wahrhaftig fähig, Berge zu versetzen. Von Natur äußerst schüchtern, war sie mutig bis zum Heroismus, wenn es galt, eine Pflicht zu erfüllen; dann bebte sie vor keiner Widerwärtigkeit, ja vor keiner Gefahr zurück. Wie oft bemühte sie sich schon in meiner Kindheit, mit mir dem größten Eifer begreiflich zu machen, dass das einzige, wovor wir uns hinieden zu fürchten haben, die Sünde ist. Sie sagte mir, ich würde immer glücklich sein, wenn ich die zeitlichen Güter, die Ehre und selbst das Leben lieber zu opfern vermöchte, als je Gott zu beleidigen. Ich könnte diesen Brief nicht zu Ende bringen, wenn ich sagen wollte, wie meine Mutter war, und was ich ihr alles verdanke. Die größte Gunst, womit Sie mich ehren können, ist die, wenn Sie für sie beten und sie dem Gebete aller Glieder unserer Familie empfehlen.”

Ein deutscher Professor am Polytechnikum zu Quito schrieb über den Präsidenten: “Ich hatte oft Gelegenheit, mit Garcia Moreno zu verkehren, und immer gin ich erbaut von ihm weg. Als ich ihn zu wiederholten Malten auf seinem Landgut besuchte, wo er mit seiner Familie zur Erholung weilte, war er die Gemütlichkeit selbst, ohne seinen Ernst zu verleugnen. Wenn es am Morgen Zeit zur heiligen Messe war, begab sich Garcia Moreno in die Sakristei, legte selbst die Meßgewänder zurecht und half dem Priester beim Ankleiden; dann trug er vor dem Priester hergehend das Meßbuch an den Altar und diente ihm vor allen Hausgenossen und Dorfbewohnern beim heiligen Opfer. Könnten Sie nur die hohe, imposante Gestalt des Präsidenten, seine eisernen, aber angenehmen Gesichtszüge, sein schneeweißes Haar, seine militärische Haltung sehen, dann würden Sie verstehen, welche Achtung er einzuflößen vermag. - Wahre Gottesfurcht, aufrichtiger Glaube und glühende Andacht prägten sich in seinem Äußeren aus, wenn er betete. Man mußte ihn sehen und hören, wenn er jeden Sonn- und Festtag seiner Dienerschaft den Katechismus erklärte; wenn er mit seiner Frau und seinem Söhnchen dem Gottesdienste beiwohnte, das Allerheiligste zu einem Kranken begleitete, oder wenn er in öffentlichen Prozessionen mit Sammlung und Würde, entblößten Hauptes inmitten seiner Beamten, der Monstranz folgte; dann hatte man den Schlüssel zu dem Wesen dieses außerordentlichen Mannes; dann wußte man, dass in lebendigem Glauben und tiefer Frömmigkeit die Wurzeln seiner Kraft ruhten.”

Ein solches Leben mußte natürlich den Hass der Ungläubigen und der schlechten Katholiken erregen. Moreno wurde daher vielfach der Gegenstand von Beschimpfungen und Verleumdungen. Wie er sich dem gegenüber verhielt, zeigen folgende Worte, die er an einen Ordensmann richtete. Er sprach: “Machen Sie es wie ich! Legen Sie den Schimpf zu Füßten des Kreuzes nieder und verzeihen Sie den Schuldigen! Bitten Sie Gott auch, dass er mir hinreichende Kraft gebe, nicht bloß Gutes zu tun denen, welche die Flut ihres Hasses, die sie im Herzen tragen, durch Wort und Schrift über mich ergießen, sonder ich mich vielmehr freue vor Gott, in Vereinigung mit unserem Heiland etwas leiden zu müssen. Es ist für mich ein wahres Glück und zugleich eine unverdiente Ehre, in Gesellschaft der Orden, der Bischöfe und selbst des Heiligen Vaters die Schmähungen der Revolution über mich ergehen zu lassen.”

“Welches Glück”, sprach Moreno bei einer anderen Gelegenheit, “welches Glück und welche Ehre wäre es für mich, wenn ich mein Blut für Jesus Christus und seine Kirche vergießen dürfte!”

Er sollt es vergießen. - Wenn ein Land wie Ecuador, größer als ganz Deutschland und wohl auch reicher an Hilfsquellen, dauernd einen Garcia Moreno zum Regenten gehabt hätte, dann würde es auf dem Wege sozialer Blüte vorangeschritten sein wie kein zweites Land unseres Erdballs. Das aber konnten die Liberalen und besonders die Freimaurer nicht dulden. Es hätte ja ihre Fabel von der Kulturfeindlichkeit der katholischen Kirche zerstört! Es hätte auch ansteckend wirken können für andere katholisch sein sollende Staaten! Darum mußte in Ecuador die katholische Regierung gestürzt werden, ähnlich wie es seiner Zeit den Regierungen von Frankreich, Spanien, Portugal und Italien geschehen ist. Wenn alsdann nach Beseitigung einer wahrhaft katholischen Regierung eine liberale Mißwirtschaft durch die Loge an die Stelle trat, dann konnte man wieder mit Fingern darauf hinweisen, wie gerade die katholischen Länder im Niedergang begriffen seien und von steten Revolutionen heimgesucht würden.

Schon im Jahre 1873 schrieb Moreno an einen Freund: “Man hat mich von Deutschland aus benachrichtigt, dass die Logen dieses Landes jenen von Amerika befohlen hätten, Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, um die Regierung von Ecuador zu stürzen.” Noch am Vorabende seines Todes teilte er seinen Ministern mit, dass auf Veranlassung von geheimen Gesellschaften in Deutschland seine Ermordung beschlossen sei. Er aber erklärte: “Wie soll ich mich vor jenen schützen, denen mein Christentum ein Dorn im Auge ist? Wenn ich mich dazu verstände, nach ihrem Gefallen zu handeln, ließen sie mich in Ruhe, ich verdiente aber den Tod. Da diese Leute Gott nicht fürchten, haben sie mein Leben in ihrer Hand. Ich kann weder Gott veranlassen, mit andere Vorschriften zu geben, noch will ich einen anderen Weg gehen als denjenigen, den er mir vorzeichnet.”

Am 4. August 1875 schrieb er einem Freund: “Ich werde ermordet werden. Ich bin glücklich, für den Glauben zu sterben. Wir werden uns im Himmel wiedersehen.” Am 5. August verlangte ein Priester dringend beim Präsidenten vorgelassen zu werden. Er erklärte diesem: “Man hat Sie davon in Kenntnis gesetzt, dass die Freimaurer Ihren Tod beschlossen haben; aber man hat Ihnen nicht gesagt, dass das Todesurteil schon in den nächsten Tagen vollzogen werden soll.” Moreno erwiderte: “Es sind mir schon die gleichen Warnungen zugekommen, und nach reichlichem Nachdenken habe ich erkannt, dass die einzige Maßregel, die ich treffen kann, darin besteht, mich bereit zu halten, vor Gott zu erscheinen.”

Am 30. August 1875 sollte die Präsidentschaft Morenos zu Ende gehen: doch schon im Mai desselben Jahres war von 23.000 Wählern auf weitere sechs Jahre gewählt worden. Zu dieser neuen Amtsführung wollte er sich den Segen des Statthalters Christi erbitten. Er sandte diesem seinen letzten Brief, in welchem er sagt: “Heute, da die Logen der Nachbarstaaten auf Veranlassung von Deutschland her insgeheim über die Mittel beraten, wie sie mich ermorden sollten, nachdem sie vorher jede Art von frecher Beleidigung und abscheulicher Verleumdungen gegen mich gespieen haben, bedarf ich mehr als je des göttlichen Schutzes, um zu leben und zu sterben für die Verteidigung unserer heiligen Religion und dieser teuren Republik, welche zu regieren mich Gott berufen hat. Welch größere Ehre kann mir widerfahren, Heiligster Vater, als mich um der Liebe willen zu unserem göttlichen Erlöser verachtet und verleumdet zu sehen! Aber welch noch größeres Glück, wenn Ihr Segen mit vom Himmel die Gnade erwirkt, mein Blut für denjenigen zu vergießen, welcher, obgleich Gott, das seinige für unsam Kreuze vergießen wollte!”

Die Verschworenen, durch Urbina von Peru aus geleitet, hielten ihrem geheimen Zusammenkünfte in dem Haus des peruanischen Gesandten. Am 6. August sollte der Mordplan ausgeführt werden; es war der erste Freitag des Monats, und als solcher dem göttlichen Herzen Jesu besonders geweiht. Um 6 Uhr morgens hörte der Präsident eine heilige Messe und empfing die hl. Kommunion. Es sollte die Wegzehrung sein für seine letzte Reise. Zweimal schon hatten die Verschworenen eine Gelegenheit bestimmt, bei welcher der Meuchelmord verübt werden sollte. Beidemal wurden sie durch unvorhergesehene Zwischenfälle gehindert. Nun beschlossen sie, dem Präsidenten während des ganzen Tages nachzugehen, bis sich ein günstiger Augenblick fände. Um Mittag ging der Präsident zum Regierungspalast. Unterwegs besuchte er seine Schweigereltern und nahm zärtlichen Abschied von seiner Gemahlin, die gerade dort weilte. Ehe er das Regierungsgebäude betrat, besuchte er die gegenüberliegende Kathedrale und betete kniend vor seinem Gott und Heiland. Dann erhob er sich. An der Treppe, die zur Säulenhalle des Regierungspalastes führt, näherte sich ihm Faustino Rayo, einer der Verschworenen, grüßte und stieg hinter ihm die Stufen hinan. Bei der zweiten Säule zog er ein Schwert und spaltete dem Präsidenten den Schädel. Moreno wandte sich um wollten seinen Revolver aus der Brusttasche ziehen. Aber gegen seine Gewohnheit hatte er diesmal den Rock zugeknöpft. Das gab dem Rayo Zeit, ihm die rechte und den rechten Arm zu zerhauen. Drei andere Verschworene feuerten ihre Revolver auf den Präsidenten ab. Moreno suchte sich gegen eine Säule zu lehnen, stürzte aber den Rand der Säulenhalle auf das Straßenpflaster. Rayo eilte ihm nach, ihn noch weiter zu zerfleischen. “Gott stirbt nicht”, mit diesen Worten soll der Präsident ihn empfangen haben, als dem einzigen Laut, den er vernehmen ließ. Alles war in wenigen Sekunden geschehen. Der Adjutant hatte sofort die Wache herbeigeholt. Rayo floh. Ein Soldat eilt ihm nach und stößte ihm das Bajonett durch den Leib. Man jagt dem Mörder eine Kugel durch den Kopf. So hatte Rayo noch früher als sein Opfer vor dem ewigen Richter zu erscheinen. In seinen Taschen fand man als Judaslohn peruanische Bankanweisungen von hohem Wert.

Der sterbende Präsident ward unter lautem Wehklagen des Volkes in die Vorhalle der Kathedrale getragen. Dort, am Fuße des Missionskreuzes, welches er ein Jahr zuvour auf seinen Schultern getragen, empfing der die letzte Ölung. Dann verschied er. Es war der 6. August 1875.

Drei Tage blieb die hehre Leiche, von den Garden umgeben, in der Kathedrale ausgesetzt. Ganz Quito legte Trauer an. Unaufhörlich wallten Prozessionen von Leidtragenden zum toten Präsidenten, um noch einmal das Antlitz ihres ermordeten Vaters zu sehen. Am 9. August ward die Leichenfeierlichkeit begangen. Auf dem Sarkophag standen in großen Buchstaben die Worte: “Dem Regenerator des Vaterlandes, dem unbezwinglichen Verteidiger des Glaubens.”


Hl. Ezechiel Moreno

Personen
(Auswahl)

Lewis C. S.
Malagrida G.
Marescotti J.
Manning H. E.
Marillac L.
Maritain J.
Martin Konrad
Massaja G.
Meier H.
Mieth Dietmar
Mixa Walter
Mogrovejo T.A.
Moltke H. v.
Montalembert
Montecorvino J.
Moreno E.
Moreno G. G.
Mosebach M.
Müller Max
Muttathu-padathu
Nies F. X.
Nightingale F.
Pandosy C.
Paschalis II.
Pieper Josef
Pignatelli G.
Pius XI.
Postel M. M.
Poullart C. F.
Prat M. M.
Prümm Karl
Pruner J. E.
Quidort
Radecki S. v.
Ragueneau P.
Rahner K.
Ratzinger J.
Reinbold W.
Répin G.
Rippertschwand
Rudigier F. J.
Ruysbroek
Salvi Lorenzo
Sanjurjo D. S.
Saventhem E.
Schamoni W.
Schreiber St.
Schynse A.
Sierro C.
Silvestrelli C.
Simonis W.
Solanus
Solminihac A.
Spaemann C.
Spaemann R.
Stein Karl vom
Steiner Agnes
Sterckx E.
Stern Paul
Stolberg F. L.
Talbot Matt
Therese
Thun Leo G.
Tolkien J.R.R.
Tournon Ch.
Vénard Th.
Vermehren I.
Vianney J. M.
Walker K.
Wasmann E.
Waugh E.
Wimmer B.
Windthorst L.
Wittmann G. M.
Wurmbrand R.
Xaver Franz


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