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Präfekt der Glaubenskongregation

Am 25. November 1981 wurde Joseph Kardinal Ratzinger von Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der Glaubenskongregation berufen. Vier Jahre zuvor war er von Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt und zum Kardinal erhoben worden. Am 28. Februar 1982 verabschiedete er sich von seiner Diözese, um sein neues Amt in Rom anzutreten.

Die Kardinäle Wojtyla und Ratzinger hatten sich auf der Bischofssynode im Oktober 1977 erstmals und beim Konklave 1978 näher kennengelernt. "Ich habe mich mit ihm spontan sehr gut verstanden, aber daß er an mich denken würde [bei der Besetzung der Präfektenstelle in der Glaubenskongregation], das ist mir nicht durch den Sinn gegangen." So äußert sich Kardinal Ratzinger in seinem Gespräch mit Peter Seewald, das 1996 unter dem Titel "Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende" erschienen ist (S. 89). Darin beschreibt er auch seine Auffassung von diesem Amt und den Stil, den er anstrebte: Dialog mit den Theologen und den Bischöfen: "Wir haben die Kontinente bereist, haben überall mit den Glaubenskommissionen und dortigen Bischöfen gesprochen" (S. 92). Einen fruchtbaren Dialog führte er z.B. mit Gustavo Gutiérrez, dem Begründer der Befreiungstheologie. "Wir sind in einen Dialog mit ihm eingetreten - den ich zum Teil auch ganz persönlich geführt habe - und dabei in ein immer besseres Einverständnis gekommen. Das hat uns geholfen, ihn zu verstehen, und er hat andererseits die Einseitigkeit seines Werkes eingesehen und es wirklich weiterentwickelt auf eine sachgerechte und zukunftsfähige Form von ‘Befreiungstheologie' hin" (S. 100). Heute sei weithin anerkannt, daß die damals sehr kritisierten Weisungen in Sachen Befreiungstheologie nötig waren. Es habe eine Politisierung des Glaubens und eine Zerstörung des eigentlich Religiösen gedroht.

Die mit dem Amt verbundene Macht ist nach Ratzinger "nun wirklich sehr gering. Wir können eigentlich immer nur an die Bischöfe appellieren, die ihrerseits wiederum an die Theologen appellieren müssen oder an die Ordensoberen" (S. 93).
Der Vorgänger von Kardinal Ratzinger, Franjo Kardinal Seper, hatte sich 1972 über die mangelnde Zusammenarbeit der Bischöfe und deren Nachlässigkeit gegenüber Abirrungen beklagt.

Die Vorstellungen, die der Bischof Ratzinger von seinen Pflichten hatte, beschreibt er ebenfalls im Gespräch mit Seewald: Aus der prophetischen Aufgabe der Kirche ergibt sich ihre Pflicht, sich nicht mit dem Zeitgeist zu liieren, sondern den Mächtigen ins Gewissen zu reden, auch den Intellektuellen. "Als Bischof fühlte ich mich verpflichtet, mich dieser Aufgabe zu stellen. Zudem waren die Defizite zu offenkundig: Ermüdung des Glaubens, Rückgang der Berufungen, Sinken des moralischen Standards gerade auch unter den Menschen der Kirche (...) Mir klingen immer wieder die Worte der Bibel wie der Kirchenväter im Ohr, die die Hirten mit großer Schärfe verurteilen, die wie stumme Hunde sind und, um Konflikte zu vermeiden, das Gift sich ausbreiten lassen. Ruhe ist nicht die erste Bürgerpflicht, und ein Bischof, dem es nur darauf ankäme, keinen Ärger zu haben und möglichst viele Konflikte zu übertünchen, ist für mich eine abschreckende Vision" (S. 87 f).

Es ist bekannt, daß der skeptische Journalist Peter Seewald, der mit dem damals üblichen Bild des Panzerkardinals im Kopf an die Interviews mit Kardinal Ratzinger herangegangen war, durch die Begegnung mit diesem in Wahrheit demütigen Mann so beeindruckt wurde, daß er den Weg zurück in die katholische Kirche fand. In einem Interview antwortete Seewald auf die Frage, was Ratzinger am besten könne: "Zuhören."

Einen Schlüssel zum Verständnis der schwierigen Aufgabe als "Glaubenswächter", die er auch als Papst selbstverständlich nicht abgelegt hat, gibt Ratzinger in einer Predigt aus seiner Münchener Zeit, die in dem Buch "Zeitfragen und christlicher Glaube" erschienen sind: "Nicht die Gelehrten bestimmen, was am Taufglauben wahr ist, sondern der Taufglaube bestimmt, was an den gelehrten Ausführungen gültig ist. Nicht die Intellektuellen messen die Einfachen, sondern die Einfachen messen die Intellektuellen (...) Hier wird nun das ganz demokratische Element sichtbar, das in der Aufgabe des kirchlichen Lehramtes liegt. Diesem ist es aufgetragen, den Glauben der Einfachen gegen die Macht der Intellektuellen zu verteidigen. Seine Aufgabe ist es, dort zur Stimme der Einfachen zu werden, wo die Theologie das Glaubensbekenntnis nicht mehr auslegt, sondern es in Besitz nimmt und sich über das einfache Wort des Bekenntnisses stellt" (S. 21).

Deshalb ist diese Hirtenaufgabe eine Pflicht der Liebe. Wenn sie vernachlässigt wird, und das scheint im Blick auf manche Theologieprofessoren wie z.B. Walter Simonis der Fall zu sein, brauchen sich die Bischöfe über die mangelnde Glaubensweitergabe nicht zu beklagen, auch nicht über einen angeblichen römischen Zentralismus. Die Glaubenskrise in der Kirche ist teilweise selbstgemacht. Und nötig wäre nicht weniger, sondern mehr Gebrauch der gottgebenenen Autorität im Dienst des Glaubens gegen alle Falschlehrer.


Theologisches Genie

"Die Mehrzahl seiner Studenten wurde zu seinen Freunden. Wie beliebt er war, zeigt ein Beispiel: Der niederländische Reformtheologe Schillebeeckx hielt einen Vortrag über den neuen Weg der Kirche. Am nächsten Tag fand eine Podiumsdiskussion mit den Professoren Küng, Seckler, Ratzinger und Neumann statt. Bei der heftigen Diskussion kam Professor Ratzinger zunächst nicht zu Wort. Er saß nur da und hörte aufmerksam zu. Plötzlich brachen Sprechchöre auf: 'Ratzinger soll sprechen! Ratzinger soll sprechen!' Auch ich habe eingestimmt. Danach wurde ihm das Wort erteilt, und er fasste innerhalb einer Viertelstunde den Vortrag und die bisherige Diskussion so brillant zusammen und zog so verständliche Schlussfolgerungen daraus, dass der Moderator sagte, dies sei das richtige Schlusswort gewesen, mehr gäbe es nicht zu sagen."

Dr. Irmgard Schmidt-Sommer hörte Joseph Ratzinger, als dieser von 1966 bis 1969 in Tübingen Vorlesungen gab. In einem Interview, das im Juli/August 2005 im PUR-Magazin erschien, gibt sie den gewaltigen Eindruck wieder, den Ratzinger machte. Ihn persönlich beschreibt sie als “ausgesprochen bescheiden, liebenswürdig, humorvoll und zurückhaltend charmant. Er beantwortete in den Seminaren jede Frage, die ihm gestellt wurde. Der Student fühlte sich von ihm wirklich ganz ernst genommen. Er hatte nie eine professorale Überheblichkeit.”


Eine große Persönlichkeit

"Die große Persönlichkeit des Heiligen Vaters kann man unmöglich in ein paar Worten zusammenfassen. Er ist ein ungeheuer begabter Mann, der ganz große Gaben von Gott mitbekommen hat. Selbst seine Gegner gestehen, dass er ein Mann mit einem außergewöhnlichen Intellekt ist. Er hat mit diesen Gaben nie sich selbst in den Vordergrund gestellt, sondern immer Gott und der Kirche gedient und damit der Sache des Glaubens ungeheure Dienste erwiesen. Er war die rechte Hand von Johannes Paul II. und hat dabei die großen geistigen und religiösen Auseinandersetzungen mitgestaltet. Er hat die Fähigkeit, den Schatz des Glaubens auch in ganz einfachen Worten zum Ausdruck zu bringen. Das hat uns immer fasziniert. Er überblickt die großen schwierigen Fragen der Bioethik, in der Auseinandersetzung mit den anderen Religionen, in der Ökumene. Kardinal Ratzinger ist uns immer vorgekommen wie ein Adler, der über uns schwebst, runterschaut und dabei alles im Blick behält.”

P. Hermann Geißler im Interview mit dem PUR-Magazin vom Juni 2005. Geißler hatte bis zur Papstwahl zwölf Jahre mit Kardinal Ratzinger in der Glaubenskongregation zusammengearbeitet.


Eine Leuchte

“Ich habe einiges von ihm gelesen und ich finde, er ist wirklich eine Leuchte.” Das sagte 2004 Hans Magnus Enzensberger über Kardinal Ratzinger. In der Reihe Die Andere Bibliothek gab Enzensberger im Jahr 2000 Chestertons Hauptwerk Orthodoxie heraus, mit einem Vorwort von Martin Mosebach.


Unbestechlich

Den Kampf gegen jeglichen Missbrauch und die vorbehaltlose Aufklärung dieser dunklen Seite der Kirche hat keiner so zielstrebig geführt wie er. Dass er unbestechlich ist, müssen ihm selbst seine schärfsten Kritiker und Feinde bescheinigen, an denen es ihm Zeit seines Lebens nie mangelte; ein eifernder Jakobiner war er deshalb dennoch nie.

Paul Badde über Benedikt XVI., Welt-online vom 16. April 2012


Ratzingers Stil

Ich erinnere mich daran, wie ich ihn als Professor an der Universität erlebte. Ich hatte zuvor in Münster (Westfalen) bei einem damals sehr berühmten Professor der Dogmatik studiert, ihn in Vorlesungen und Seminaren gehört. Aber dieser berühmte Theologe ließ keine Diskussion zu – er hatte selbst alle Antworten. Dann kam ich in das Doktorandenkolloquium von Professor Ratzinger. Dort herrschte eine ganz andere Stimmung. Es gab eine Freiheit der Diskussion und eine Offenheit, sowie auch die Herausforderung, die Wahrheit zu suchen und sich mit anderen Positionen auseinander zu setzen. (...) Papst Benedikt scheut sich nicht, sich mit den echten Problemen auseinander zu setzen und aufmerksam zuzuhören, auch wenn jemand spricht, der der Kirche gegenüber kritisch eingestellt ist. Einwände nimmt er ernst.

Vincent Twomey im Interview mit Michaela Koller, Pur-Magazin Juni 2011


Zurückhaltend

Persönlich kenne ich Joseph Ratzinger seit 1971 und bin ihm in sämtlichen Ämtern begegnet, als Professor, Erzbischof von München und Freising, als Kardinal und Papst. Ich habe ihn als sehr einfachen und schlichten, sehr gebildeten und hochintelligenten Menschen erlebt. Es wird oft gesagt, der Papst sei menschenscheu gewesen. Ich möchte lieber sagen: Er ist zurückhaltend, um ein guter Zuhörer zu sein und um die Anderen “groß werden” zu lassen.

Erzbischof Ludwig Schick von Bamberg in seinem Beitrag zum Papstrücktritt in Kirche heute, April 2013, S. 13.


Vertrauen in die Vernunft

Wenn Joseph Ratzinger über Aufklärung spricht, meint er nicht das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert, sondern er spricht von der Aufklärung durch die klassische griechische Vernunft. Da zeigt er auf, dass das Christentum nicht die griechische Götterwelt übernommen hat, denn es hat nicht Zeus getauft und Athene, sondern es hat die griechische Vernunft einbezogen. Nicht nur Paulus, sondern auch andere „übersetzen“ sie ins Christentum. Denn die Vernunft ist eine Fähigkeit im Menschen, die keine Standesunterschiede, keine sozialen Klassen aufbaut. Sondern sie ist ein Vermögen, mit dem man die Welt durchdringt. An dieser Stelle sieht Ratzinger eine Gemeinsamkeit mit allen Nicht-Gläubigen, indem wir über die Vernunft Position beziehen, nämlich die Behauptung aufstellen, dass diese Welt lesbar, nicht irrsinnig und nicht undurchschaubar einem blinden Fatum unterworfen ist.

Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz im Interview mit Guido Horst, aus: Vertrauen in das Fleisch - und in die Vernunft, Tagespost vom 11. Mai 2013, S. 13


Als Kardinal Ratzinger am Reden gehindert wurde

Eine persönliche Erinnerung von Andreas Ziemann

Ende der siebziger Jahre muß es gewesen sein, als der damalige Rektor der Ludwig-Maximillian-Universität zu München (LMU) Nikolaus Lobkowicz Kardinal Joseph Ratzinger, damals Bischof von München-Freising, zu einem Vortrag in die Große Aula der Universität geladen hatte. Für die zu dieser Zeit an der LMU noch relativ stark vertretenen kommunistischen Studentengruppen galt dies als eine Provokation, zumal der Rektor für deren Veranstaltungen ein striktes Raumverbot verhängt hatte.

Den Kommunisten galten die „bürgerlichen“ Universitäten allemal als Kaderschmieden des Kapitals. Hinzu kam, dass die LMU dem Kultusminister Hans Maier unterstellt war, einer der zahlreichen rechten Hände von Franz-Josef Strauß. Der Rektor Lobkowicz wiederum galt als einer der rechten Hände von Hans Maier.

Alle drei waren katholisch, daher nicht marxistisch, daher reaktionär und Kardinal Ratzinger galt als der – natürlich ebenfalls reaktionäre – Diener von all diesen und war zuständig für das „Opium fürs Volk“. Aufgrund dieser messerscharfen und unwiderlegbaren marxistischen Analyse war uns klar: Der Kardinal musste am Reden gehindert werden – die Kommunisten wollten nun ihrerseits ein „Raumverbot für den Kardinal“ durchsetzen.

Die Taktik: Rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltung sollten möglichst viele Plätze der Großen Aula von Mitgliedern und Symphatisanten der kommunistischen Gruppen besetzt werden. Beim Einzug des Rektors mit dem Kardinal sollten sie alle „Großer Gott wir loben Dich“ anstimmen und alle 11 Strophen solange wiederholen, bis der Kardinal die Große Aula „freiwillig“ verlassen würde. Dazu wurden auf allen Plätzen Liederzettel verteilt – denn man ging davon aus, dass auch die Nichtkommunisten aus Höflichkeit mitsingen würden, bevor sie merkten, was gespielt wurde.

Und so war es dann auch. Zu Beginn sangen alle Anwesenden mit, auch Rektor Lobkowicz. Aber schon nach der dritten Strophe kam Verdacht auf – denn an der Stelle „Alles ist Dein Eigentum“ brachen die Kommunisten in lautes Gelächter aus – von wegen Abschaffung des Privateigentums.

Dennoch, die Durchführung klappte wie geplant und ich - Student und eifriger kommunistischer Kader - begeistert mitsingend mittendrin. Hatte doch Karl Marx schon gesagt: „Man kann die versteinerten Verhältnisse nur dadurch zum Tanzen bringen, indem man ihnen ihre eigene Melodie vorspielt“.

Nach kurzer Zeit war Kardinal Ratzinger klar, dass er sich trotz des Mikrofons kein Gehör würde verschaffen können, und die Veranstaltung wurde in einen anderen Raum außerhalb der Universität verlegt.

Damit war die Sache noch nicht erledigt – zumindest nicht für mich: Zwanzig Jahre später hatte ich auf Wegen, die letztlich nur Gott allein versteht, zur Kirche zurückgefunden und jedes Mal, wenn ich „Te Deum laudamus...“ hörte, wurde mir äußerst mulmig, denn jetzt wurde „Großer Gott wir loben Dich“ gesungen. Und damit kam jedesmal die Erinnerung an den kleinen Mann in Priesterkleidung, der da allein vor ca. 600 Leuten stand und wartete, dass man ihn reden ließ und der, als er merkte, was gespielt wurde, milde lächelnd den Saal verließ, begleitet von rhytmischem Klatschen und Sprechchören wie: Ra Ra Ratzinger.

Da ich inzwischen schon einige seiner Bücher gelesen hatte, war mir auch klar, daß er nichts versäumt hatte, als wir ihn am Reden hinderten, wir dagegen viel, da wir uns am Hören gehindert hatten. An Pfingsten im Jahr 2000 schließlich – wieder einmal war ein Te Deum zum Dank angestimmt worden - konnte ich mich endlich vor lauter Scham, die mit jeder Zeile, die ich von ihm las, größer wurde, zu einer Entschuldigung durchringen. Schriftlich. Beim Präfekten der Glaubenskongregation persönlich. Das Schreiben steckte ich in einen Umschlag mit der Adresse: Kardinal Ratzinger, Vatikan, Rom, Italien – in der Hoffnung, das würde ankommen. Es kam an.

Vier Wochen später erhielt ich von Kardinal Ratzinger einen Brief mit einer persönlichen handgeschriebenen Antwort. Vier oder fünf Zeilen des Inhalts: Gerne nehme er meine Entschuldigung an; dass seine Bücher mir hilfreich seien, freue ihn, und daß ich den Weg zur Kirche gefunden habe, sei schon ein „Großer Gott wir loben Dich“ wert.

Große befreiende Freude.

Schließen möchte ich mit zwei brandaktuellen Sätzen, die G.K.Chesterton zwar nicht über Papst Benedikt XVI. geschrieben hat, sondern über den heiligen Thomas von Aquin: „St. Thomas muss sich eine ganze Anzahl von Feinden gemacht haben, obgleich er kaum irgend jemand als Feind behandelte. Leider wirkt Milde oft aufreizender als ihr Gegenteil.“


Missbrauch in der modernen Liebeskirche

Tagespost: Sie haben in Ihrem Beitrag dargelegt, wie Kardinal Ratzinger an einer Verschärfung des Strafrechts arbeitete. Können Sie erklären, warum es bis Ende des zwanzigstens Jahrhunderts so kompliziert war, einen kirchlichen Strafprozess gegen Missbrauchspriester zu führen?

Graulich: Das ist auch heute noch kompliziert, deshalb werden auch in der Kirche wenige echte Strafprozesse geführt und vieles wird auf dem Verwaltungsweg entschieden. Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich an der (von Papst Benedikt XVI. gewünschten) Reform des kirchlichen Strafrechts mit. Dadurch habe ich mich sehr intensiv mit der Materie auseinandersetzen müssen. Im Laufe der Zeit habe ich dabei erkannt, dass das Strafrecht, wie es derzeit im Codex des Kirchenrechts steht, eigentlich gemacht wurde, um nicht angewandt zu werden. In der "Liebeskirche", wie sie nach dem 2. Vatikanischen Konzil verstanden wurde - eine Kirche, die nicht mehr straft, dagegen fast ausschließlich von Barmherzigkeit spricht - hatte man für das Recht allgemein wenig Verständnis und schon gar nicht für das Strafrecht. Entsprechend dieser Logik gab es Engführungen. So wurde der Strafprozess sehr stark auf den Schutz des Beschuldigten ausgerichtet.

Aus einem Interview der Tagespost mit Markus Graulich, Mitarbeiter im Päpstlichen Rat für die Interpretation der Gesetzestexte, Tagespost vom 4. März 2021. Damit bestätigt er die Diagnose Ratzingers, von der ich schon in meinem Artikel über Kardinal Lehmann geschrieben hatte: “In seinem Brief an die irischen Katholiken beklagt Benedikt XVI. die 'wohlmeinende aber fehlgeleitete Tendenz, Strafen für kanonisch irreguläre Umstände zu vermeiden.' Diese Vermeidung wurzelt in der Ideologie, die Kirche als Liebeskirche einer angeblich mehr oder weniger menschenfeindlichen Rechtskirche entgegenzusetzen. In einer Liebeskirche sind Strafen verpönt und Kirchengesetze überflüssig. Diese Denunziation des Kirchenrechts war in mancher zeitgeisthörigen Strömung moderner Theologie sehr beliebt. Auch hier hätte man sich ein kritisches Wort des Kardinals zum Irrweg moderner Theologie gewünscht.”
Im Tagespost-Interview korrigiert Graulich die falsche Darstellung Ratzingers im neuen Buch von Doris Reisinger und Christoph Röhl.

Zum Thema: Benedikts Ursachenanalyse zum kirchlichen Missbrauchsskandal


Kardinal Ratzinger über den Verrat am Konzil

Kardinal Ratzinger über die Liturgiereform

Kardinal Ratzinger über das bischöfliche Amt


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