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Stolbergs "Geschichte der Religion Jesu Christi"

1806 begann das monumentale fünfzehnbändige Werk "Geschichte der Religion Jesu Christi" zu erscheinen, über welches niemand Geringeres als der verstorbene Kardinal Leo Scheffczyk seine Doktorarbeit gemacht hat. Autor des Werkes ist Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (1750–1819).

Stolberg gehörte einer lutherischen Adelsfamilie an, die durch den Dreißigjährigen Krieg verarmt war. Er wurde am 7. November 1750 in Bramstedt im damaligen Herzogtum Holstein geboren und studierte in Halle und Göttingen Rechtswissenschaft. In Göttingen schloß er Freundschaft mit Johann Heinrich Voß (1751-1826), der mit ein paar Kommilitonen am 12. September 1772 den Hain-Bund gegründet hatte, einen Freundeskreis national und liberal gesinnter Dichter, die Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) als Vorbild verehrten. Stolberg, der sich schon früh in der Dichtkunst geübt hatte und dessen Familie mit Klopstock befreundet war, wurde im Dezember desselben Jahres zusammen mit seinem Bruder Christian in den Hain-Bund aufgenommen. 1775 trat er der Hamburger Freimaurerloge "Zu den drei Rosen" bei. Er behielt aber seinen pietistisch geprägten Glauben und ging bald wieder auf Distanz zur Freimaurerei.

1775 lernte Stolberg auf einer Reise Voltaire kennen und vor allem Johann Caspar Lavater (1741-1801), den für eine religiöse Erneuerung wirkenden evangelischen Zürcher Prediger und Schriftsteller, mit dem er Freundschaft schloß. Er trat in den Dienst des Herzogs von Oldenburg, der gleichzeitig protestantischer Fürstbischof von Lübeck war, und wurde schließlich 1791 Regierungspräsident im Hochstift Lübeck und Domherr von Lübeck. In dieser Stellung setzte er sich für die Bauernbefreiung ein. Stolberg pflegte Kontakte u.a. zu Goethe, Johann Gottfried Herder, Johann Georg Hamann, Matthias Claudius und Friedrich Heinrich Jacobi.

Zunehmend beunruhigte er sich über das Eindringen des Unglaubens in den Protestantismus und dessen Theologie. "Das neue Halbchristenthum, welches den Sohn Gottes nur zum größten und besten Gesandten Gottes macht, kann nicht bestehen, da ihm die Bibel auf allen Seiten widerspricht" (Brief an Jacobi vom 28. April 1788, zitiert in Manfred Weitlauff, Die Konversion des Grafen Friedrich Leopold zu Stolberg zur katholischen Kirche (1800) und seine ‘Geschichte der Religion Jesu Christi' (1806-1818), in: Für euch Bischof, mit euch Christ. Festschrift für Friedrich Kardinal Wetter zum siebzigsten Geburtstag, hg. von Manfred Weitlauff und Peter Neuner, St. Ottilien 1998, S. 271-321). Wenn sie, so schreibt Stolberg über die von der Aufklärung infizierten Theologen, "die Gottheit Christi und seine Versöhnung leugnen, so halte ich's für Frevel, sie Christen zu nennen" (Brief vom 23. Januar 1781, bei Weitlauff).

Mit Gewinn dagegen vertiefte er sich in die "Nachfolge Christi" des Thomas von Kempen und in die Schriften der katholischen Theologen François Fénelon und Franz von Sales. Auch der Tod seiner innig geliebten Frau Agnes von Witzleben am 16. November 1788 trug dazu bei, seine Gedanken auf die Ewigkeit zu richten. Entscheidend jedoch wurde für ihn die Begegnung mit Amalie von Gallitzin (1748-1806) und ihrem Kreis im Juli 1791 in Münster. "Wenn Fenelon eine Tochter, die ihm ähnlich gewesen, zurückgelassen hätte, so müßte sie sein wie die Gallitzin" (Brief vom 8. Juli 1791). Ab 1793 kam es zu einem intensiven theologischen Gedankenaustausch in Briefen und gegenseitigen Besuchen.

Am 3. Januar 1792 wurde er auf seiner Italienreise von Papst Pius VI. (1775-1799) in Privataudienz empfangen und von dessen Persönlichkeit beeindruckt. Vor allem aber war er kurz zuvor von der feierlichen und würdevollen Liturgie des päpstlichen Hochamtes am Weihnachtsfest ergriffen worden. Doch wäre er niemals allein aufgrund von Gefühlen katholisch geworden. Er wollte und konnte dies nur tun, wenn er auch mit seinem Verstand und aus voller Überzeugung dem ganzen Inhalt des katholischen Glaubens zuzustimmen imstande war. Deshalb setzte er sich intensiv, "unter Zweifeln und Qualen" damit auseinander. Er studierte die Beschlüsse des Konzils von Trient, den Römischen Katechismus, die Werke Bossuets, Johannes Taulers u.v.a. Allerdings ging er diesen Weg nicht allein, sondern zusammen mit seiner zweiten Ehefrau Sophie Gräfin von Redern, die er am 15. Februar 1790 geheiratet hatte. Schließlich, nach einem "siebenjährigen Kampf", in der sie die katholische Kirche immer mehr als die "Eine große Mutterkirche" erkannten, "die in den großen Gräueln der Zeit ihre heiligende Kraft so wunderbar offenbart" (Brief vom 16. März 1798), überschritten sie gemeinsam den Rubikon: Am Pfingstsonntag des Jahres 1800, am 1. Juni, wurden sie in der Hauskapelle der Fürstin Gallitzin von Bernhard Overberg in die katholische Kirche aufgenommen.

Dieser Schritt erregte ungeheures Aufsehen. Jacobi kündigte ihm die Freundschaft, Johann Heinrich Voß verfolgte ihn mit haßerfüllten Pamphleten. Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorp, der Fürstbischof von Lübeck und Regent des Herzogtums Oldenburg, entließ Stolberg auf dessen Gesuch hin mit ehrlichem Bedauern. In den Kreisen der Romantik löste das Vorbild Stolbergs eine Reihe von Konversionen aus, deren bekannteste die Friedrichs von Schlegel im Jahre 1808 ist.

Stolberg zog mit seiner Familie nach Münster. Dort begann er mit der Unterstützung seiner Freunde aus der Gallitzinschen "familia sacra" sein Werk "Geschichte der Religion Jesu Christi", das von 1806 bis 1818 in fünfzehn Bänden in Hamburg erschien, bei Friedrich Perthes, dem Schwiegersohn des Matthias Claudius, den übrigens Stolberg in den Gallitzin-Kreis eingeführt hatte. Stolberg erzählt in diesem Werk die Geschichte der Menschheit von Adam an bis zum Tod des hl. Augustinus am 28. August 403, "die Geschichte der geoffenbarten Erbarmungen Gottes gegen das Menschengeschlecht, durch seinen Sohn; und der Weise, wie die Menschen Seine Offenbarungen annahmen, oder verwarfen" (Stolberg in der Einleitung). Es handelt sich um "eine Weltgeschichte in heilsgeschichtlicher Deutung also oder - genauer - eine Welt- und Menschheitsbetrachtung vom Standpunkt des christologischen Dogmas" (Weitlauff, S. 301). Vorbild waren ihm dabei die Werke von Claude Fleury, Louis-Sébastian Tillemont und Augustin Calmet, Hauptquelle die Heilige Schrift, Hauptmitarbeiter der Exeget Johann Hyacinth Kistemaker, Korrektoren Overberg und die Drosten.

Die Dissertation, die Scheffczyk über dieses Werk unter Franz Xaver Seppelt erstellt hat, trägt den aufschlußreichen Untertitel "Die Abwendung der katholischen Kirchengeschichtsschreibung von der Aufklärung und ihre Neuorientierung im Zeitalter der Romantik". "Die Doktorarbeit von Scheffczyk untersucht (ohne unkritische Glorifizierung) dieses wichtige Werk, das die katholische Kirchengeschichtsschreibung aus den flachen Wassern der Aufklärung herausführte. Unter dem Einfluss der Romantik sieht Stolberg die Kirche in einem neuen Licht, das heißt die Kirche als übernatürliche Wirklichkeit, die sich in der Geschichte konkretisiert als lebendige Überlieferung, als Einheit von Leben und Lehre. Die Beschäftigung mit den Epochen der Aufklärung und der Romantik hat Scheffczyk zweifellos geholfen, die verspätete Neuauflage der ‘Aufklärung' in der Nachkonzilszeit zu überwinden" (Manfred Hauke in seinem Nachruf auf Leo Kardinal Scheffczyk, "Theologisches", Januar/Februar 2006).

Das nach streng historisch-kritischen Maßstäben unbefriedigende Geschichtswerk zog einerseits den Spott der Aufklärer auf sich, etwa eines Heinrich Eberhard Gottlob Paulus und natürlich auch den seines ehemaligen Freundes Voß, andererseits hinterließ es bei aufgeschlossenen Geistern wegen seiner heilsgeschichtlichen Tiefendimension großen Eindruck und führte zu Konversionen, so daß Friedrich von Schlegel 1816 schreiben konnte: "Wie viele Seelen durch Stolberg's Geschichte der Religion Jesu Christi zur Erkenntnis der katholischen Wahrheit gelangt sind, wird erst an jenem Tag offenbar werden, an welchem Alles offenbart wird. So oft ich mich bei Conversionen, die Gottlob zahlreicher werden in unserer Zeit, nach den Gründen erkundigte, so hörte ich fast stets den Namen Stolberg's und seiner Geschichte nennen" (zitiert bei Weitlauff S. 318). In den "Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur" veröffentliche Schlegel 1808 eine ausführliche Rezension der ersten beiden Bände.
In seinem "epochemachenden" (Janssen) Werk eröffnete Stolberg "dem Studium der Kirchengeschichte, das bis dahin von einer febronianistischen und josephinistischen Mentalität bestimmt war, einen neuen, zwar apologetischeren, aber auch universalistischeren Horizont, der der eigentlich religiösen und heilsmittlerischen Sendung der Kirche in der Entwicklung der Menschheit gerechter wurde" (Roger Aubert im HKG, Bd. VI/1, S. 291 f).

Das Werk wurde ins Französische und Italienische übersetzt. Friedrich von Kerz und Johann Nepomuk Brischar setzten es in 38 weiteren Bänden bis zum Jahr 1245 fort. Es inspirierte den Maler Johann Friedrich Overbeck, der 1813 katholisch wurde, und gab auch Ignaz von Döllinger Impulse. Vor allem aber ließ sich Johann Theodor Katerkamp (1764 - 1834), einer der führenden Kirchenhistoriker seiner Zeit, in seiner fünfbändigen Kirchengeschichte von Stolberg inspirieren und beeinflußte seinerseits Johann Adam Möhler.

Daneben schrieb Stolberg noch kleinere Werke wie das Leben Alfreds des Großen, das des hl. Vinzenz von Paul (das Clemens Brentano sehr gefiel), "Betrachtungen und Beherzigungen über die heilige Schrift" und das "Büchlein von der Liebe". 1813 besuchte er auf Anregung Overbergs hin mit Frau und Tochter die 2004 seliggesprochene Dülmener Seherin Anna Katharina Emmerick und legte in einem "Öffentlichen Brief" an seine Freunde Zeugnis von ihr ab. Dadurch wurde erstmals Clemens Brentano, der ab 1818 ihr Schreiber werden sollte, auf die sie aufmerksam.

Stolberg, Vater von 18 Kindern, starb am 5. Dezember 1819 auf Schloß Sondermühlen, Melle, bei Osnabrück, wo er zuletzt gewohnt hatte.

_____________

Anna Katharina Emmerich

Am 22. Juli 1813 besuchte Graf Friedrich Leopold zu Stolberg die stigmatisierte Anna Katharina Emmerich in Dülmen. Begleitet wurde er dabei von seiner Frau und dem Dechanten Overberg. Er schreibt über den Besuch:

“Overberg meldete uns bei Anna Katharina. Morgens 9 Uhr führte er uns zu ihr. Ihr kleines Zimmerchen hat nur einen Eingang und liegt an der Straße, so dass man hineinsehen, also nichts darin verbergen kann, was nicht von der Straße aus bemerkt werden könnte. Sie ist im höchsten Grad reinlich; in dem kleinen Stübchen ist nicht der mindeste Geruch. Sich zu zeigen, ist ihr ein großes Leiden. Sie empfing uns mit herzlicher Freundlichkeit. Overberg bat sie für uns, dass sie die Hände unter dem Tuche hervornahm, unter dem sie dieselben verborgen zu halten pflegt. Es war Freitag. Die Dornwunden hatte stark geblutet. Sie nahm nun Haube und Tuch ab. Stirn und Kopf waren wie von großen Dornen durchstochen; deutlich sah man die frischen, zum Teil noch mit frischem Blut erfüllten Wunden, und der ganze Kreis um den Kopf war beblutet. So natürlich hat kein Maler dieses Dornwunden gemalt. - Die Wunden auf dem Rücken der Hände und Füße sind weit stärker, als die auf der inneren Fläche, und die Wunden an den Füßen größer, als in den Händen. Alle bluteten zugleich.

Die Ärzte behaupteten das Wunder der Sache früher und lauter, als die Geistlichen, weil jene nach sicheren Regeln der Wissenschaft die vorliegende Erscheinung zu beurteilen evidente Angaben haben. Sie sagen, es sei unmöglich, solche Wunden im gleichen Zustande durch Kunst zu erhalten, da sie weder eitern, noch sich entzünden, noch heilen. Sie sagen auch, es sei natürlich nicht zu erklären, dass sie bei diesen an sich schon unbegreiflichen Wunden und bei der unablässigen Pein, welche sie nie ganz verläßt, nicht verschmachte, nie etwas blaß und ihr Blick voll Leben des Geistes und der Liebe sei” (zitiert in: Leo von Hammerstein, Charakterbilder aus dem Leben der Kirche, Band 2, Trier 1900, S. 328).


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Der Vater der Taubstummen

Am 5. Dezember 1807 wurde in Dattenhausen bei Ziertheim, zwischen Neresheim und Dillingen an der Donau, Johannes Evangelist Wagner als sechstes Kind einer alteingesessenen Bauersfamilie geboren. Von 1820 bis 1828 besuchte er das Gymnasium in Dillingen, danach begann er am Dillinger Lyceum das Philosophiestudium bei Professor Franz Anton Nüßlein (1776 - 1832). Zwei Semester lang studierte er in München, wo Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Joseph Görres dozierten und wo er sich mit des Letzteren Sohn Guido anfreundete.

1830 trat er ins Dillinger Priesterseminar ein, das seit 1824 von Lorenz Benedikt Schlichting (1781 - 1843) geleitet wurde. Die Dozenten waren Schüler von Johann Michael Sailer (1751 - 1832), der von 1784 bis 1794 in Dillingen gelehrt hatte. “Sailers Geist ging durch sie auf den jungen Theologen Wagner über, dessen Inneres der beste Ackerboden für diese Saat war” (Friedrich Zoepfl, Johannes Evangelist Wagner, in: Georg Schwaiger, Bavaria Sancta, Bd. 1, Regensburg 1970, S. 368). Am 31. Mai 1833 wurde Wagner vom Augsburger Bischof Ignaz Albert Riegg (1824 - 1836) zum Priester geweiht. Sein Leitspruch war: “Ganz sein; was ich tue, will ich ganz tun.”

Nach einer fünfmonatigen Kaplanszeit in Wittislingen, dem Begräbnisort Dietpirchs, der Mutter des Bistumspatrons Ulrich, und einer dreijährigen bei St. Moritz in Augsburg kam er auf Veranlassung Schlichtings hin als Präfekt und Repetitor ins Priesterseminar nach Dillingen. Im selben Herbst 1836 eröffneten die Franziskanerinnen in Dillingen ein Mädcheninstitut. Wagner fungierte dort wie auch bei den Kandidatinnen des Franziskanerinnenklosters als Beichtvater. 1842 wurde er Nachfolger von Maurus Hagel OSB (1780 - 1842) als Professor für Dogmatik am Lyceum. Nach 21 Jahren, am 22. Juli 1863, wurde er von Bischof Pankratius von Dinkel (1858 - 1894) zum Regens des Priesterseminars berufen. “23 Jahre (1863 – 1886) lang hatte die Diözese Augsburg durch ihn einen Regens, von dem die Priester sagten: ‘Man spürte so recht den Geist eines Heiligen im Seminar wehen’” (Sr. M. Gertraud Feihl, pdf-Datei). Wagner war eine große Erzieherpersönlichkeit, die durch Gewissenhaftigkeit, Humor und Güte die Menschen gewann und formte. Professor Dr. Valentin Thalhofer (1825 bis 1891) urteilte über ihn: “Er ist nahezu der edelste und uneigennützigste, opferwilligste Mann, den ich kennenlernte. Durch und durch ein rechter priesterlicher Charakter, ein überaus wohlwollender treuer Freund.”

“So tief sich Wagners Tätigkeit als Regens in die Erinnerung und die Herzen seiner Mitmenschen einprägte, stärker lebte er fort und lebt er heute noch in dem segensreichen Werk, das er nicht in beruflicher Verpflichtung, sondern im freien Drang seines Herzens schuf, in der Betreuung körperlich und geistig behinderter Mädchen. Er stand noch in der Vollkraft seines Lebens, als sich sein Arbeitsfeld ungeahnt weitete” (Zoepfl). Am 3. Mai 1847 wurde in Dillingen offiziell eine Taubstummenschule eröffnet, die folgende Vorgeschichte hatte: Bereits seit 1834 war dem Dillinger Schullehrerseminar, das auch der Ausbildung für den Taubstummenunterricht diente, eine Klasse taubstummer Kinder angegliedert. Die tauben Mädchen kamen bei den Franziskanerinnen unter. Ab 1838 ließ sich auch Wagner als Taubstummenlehrer ausbilden. Als das Lehrerseminar 1841 nach Lauingen verlegt wurde, bestürmten die Eltern der Mädchen die Franziskanerinnen, “ihre Mädchen weiter bei sich zu behalten” (Zoepfl), denn bei ihnen wurden sie aufs beste versorgt und lernte zusätzlich Handarbeit, Gratenarbeit und Haushalt. “Wagner, der inzwischen als Geistlicher Direktor im Kloster ein und aus ging, erlebte an der Pforte die Sorgen und Tränen der Mütter. Im Herzen tief bewegt, reifte der große Entschluss in ihm: Wir gründen eine Schule für taubstumme Mädchen” (Feihl). Wichtigste Helferin dabei war ihm Schwester Oberin Maria Theresia Haselmayr. Zwei Franziskanerinnen machten in München am Königlichen Taubstummeninstitut eine Ausbildung als Taubstummenlehrerinnen.

Nach einer fünfjährigen Probezeit wurde die Schule “von der schwäbischen Kreisregierung 1852 als ‘Kreis-, Lehr- und Erziehungsanstalt für taubstumme Mädchen’ anerkannt” (Zoepfl). Wegen der hervorragenden Qualität in pädagogischer und menschlicher Hinsicht wurde die Schule immer beliebter. Die Zahl der Schülerinnen wuchs, und Wagner mußte ein großeres Gebäude erwerben, das 1855 bezogen werden konnte. “Die Taubstummen selber bildeten mit den Schwestern eine Haus- und Lebensgemeinschaft, in der sie sich geborgen wussten. Als Hausvater besuchte Wagner fast täglich ‘seine Anstalt’. Er ermutigte die Schwestern und ging durch die Arbeitsräume, wo er vieles zu loben fand. In seiner Freizeit durchbohrte er im Arbeitssaal sogar Dirlitzenkerne, aus denen Rosenkränze gefertigt wurden. Wagner gab Religionsunterricht im Institut, hörte aufmerksam alle Sorgen und Nöte an, denn er trug die letzte Verantwortung für das Haus. ‘Vater der Taubstummen’ nannten ihn die Leute, denn unermüdlich ging er den begonnenen Weg weiter” (Feihl). Wagner war seiner Zeit weit voraus: “Auch stellten die Taubstummen Devotionalien und Handarbeiten her. Ein besonders anspruchsvoller und einträglicher Erwerbszweig war die Kunststickerei. Liturgische Priestergewänder und Fahnen gingen aus der Dillinger Taubstummenanstalt in alle Welt hinaus. Längst bevor Begriffe wie 'Beschäftigungstherapie' und 'Werkstätte für Behinderte' geprägt waren, deutete Wagner den Sinn solcher Heimarbeit von Gehörlosen in dem markanten Ausspruch: 'Wer uns Arbeit gibt, gibt uns Brot. Wir wollen nicht betteln, sondern arbeiten'” (H. J. Mann, Der Vater der taubstummen Mädchen. Johann Evangelist Wagner (1807-1886) und seine 'Wohltätigkeitsanstalten', in: U. Pirk, B. Menacher, M. Lindauer, M, 150 Jahre Regens-Wagner-Institut Dillingen 1847-1997, Dillingen 1997, 30-50, zitiert von Manfred Berger im BBKL).

Es folgten sechs weitere Gründungen: 1869 im Fuggerschloß Glött ein Heim für geisteskranke und epileptische Mädchen, welches zum Vorbild für Dominikus Ringeisen und dessen Gründung in Ursberg wurde; 1872 in Zell an der Roth bei Hilpoltstein ein Heim für taubstumme Mädchen; 1878 in Hohenwart bei Schrobenhausen eine Taubstummenanstalt; 1881 in Schloß Karlshof zu Lauterhofen eine Kretinenanstalt; im selben Jahr in Schloß Holnstein bei Beilngries ein Erziehungsheim für Schwachsinnige; 1885 in Michelfeld bei Eschenbach eine Versorgungsanstalt für taubstumme Mädchen. Sein Werk hat die Zeiten überdauert: Es gibt heute 14 regionale Regens-Wagner-Zentren mit fast 6500 behinderten Menschen.

Am 15. August 1885 wurde Wagner von einem Gehirnschlag getroffen, dessen schmerzliche Folgen er vierzehn Monate lang mit großer Geduld ertrug. Er starb schließlich am 10. Oktober 1886. Nach seinem Tod kamen bis 1924 Gründungen in Lautrach, Burgkunstadt, Holzhausen, Absberg und Unterhaching (1962 nach Erlkam verlegt) hinzu.

Am 19. März 2001 eröffnete Bischof Viktor Dammertz das diözesane Verfahren für den Seligsprechungsprozeß. Bischof Walter Mixa konnte am 8. August 2007 dem Papst die “Positio” überreichen. “Bei der ‘Positio’ handelt es sich um eine 1615 Seiten umfassende Zusammenfassung der Akten des Bischöflichen Gerichtes sowie der Zeugenaussagen und Gutachten der Historischen und der Theologischen Kommission, die jeweils zur Überprüfung der so genannten ‘causa’, das bedeutet des Grundes für eine Seligsprechung von Regens Wagner, einberufen worden sind” (Bistum Augsburg).


Friedrich Ludwig Zacharias Werner
- Dichter, Konvertit und Priester

Von Joachim Specht

Am 19. April 2010 jährte sich zum 200. Mal die Konversion eines Mannes, der sich vom freigeistigen Dichter zum eifrigen katholischen Priester gewandelt hat.

Friedrich Ludwig Zacharias Werner wurde am 18. November 1768 im ostpreußischen Königsberg als Sohn protestantischer Eltern geboren. Dort wirkte sein Vater als Professor der Geschichte und Beredsamkeit. Gegenüber dem Hause eines Onkels befand sich die katholische Kirche; schon als Junge habe Werner sich dort namentlich von der Fronleichnamsprozession und dem sogenannten Heiligen Grab am Karfreitag angezogen gefühlt. Sein Vater verstarb bereits 1782. Der junge Mann studierte ab 1784 Jura und Kameralwissenschaften an der Universität Albertina zu Königsberg, nebenbei besuchte er auch die dortigen philosophischen Kollegien Immanuel Kants. 1789 veröffentliche Friedrich Ludwig Zacharias Werner sein Erstlingswerk, einen Gedichtband, dem Zeitgeist entsprechend, von Hohn und Spott gegen die Kirche durchdrungen. Das Titelbild stellte die „Trauer“ am Grabe  Jean-Jacques Rousseau  dar, da er den deistischen Philosophen als sein geistiges Vorbild betrachtete. Daneben verfasste der Gelegenheitspoet Theaterrezensionen für die örtliche Presse. Es folgten Jahre unsteten Lebenswandels, geprägt von zahlreichen Liebesabenteuern, aber auch von der Suche nach dem Lebenssinn. 1793 stellte man Zacharias Werner als preußischen Regierungssekretär an, in welcher Eigenschaft er schließlich nach Warschau versetzt wurde. Dort trat er seinen religiös-mystischen Neigungen folgend in die Freimaurerloge ein und schloß nacheinander drei Ehen, die jedoch schnell zerbrachen. Neben seiner Beamtentätigkeit widmete sich der junge Mann besonders der Dicht- und Theaterkunst.

1804 brachte der Tod seiner geliebten Mutter eine schwere Erschütterung in Werners Leben. In Warschau schloß er bald Freundschaft mit E. T. A. Hoffmann, der die Musik zu einem seiner Dramen komponierte. Schließlich erreichte er Ende 1805 seine Versetzung nach Berlin, wo er u.a. mit den Romantikern Johann Gottlieb Fichte, Johannes von Müller, Alexander von Humboldt und August Wilhelm Schlegel in Verbindung trat. Zu Beginn des Jahres 1806 begann Werner mit der Niederschrift seines bekanntesten Dramas „Martin Luther“ oder „Die Weihe der Kraft“, das der berühmte Regisseur und Schauspieler August Wilhelm Iffland im Juni am preußischen Nationaltheater in Berlin sehr erfolgreich zur Aufführung brachte. Der gefeierte Iffland spielte hierbei selbst die Hauptrolle. Ab 1807 hielt sich Werner, ständig literarisch schaffend, an verschiedenen Orten auf und trat überall mit führenden Personen des Geisteslebens in Kontakt. Noch im gleichen Jahr bereiste er die Rheingegend und wandte sich zum Winteraufenthalt nach Weimar. Hier verkehrte er viel mit Johann Wolfgang von Goethe, der dort am 30. Januar 1808 auch seine Tragödie ''Wanda'' uraufführen ließ. In Werner gärte es und er fühlte eine sich steigernde Affinität zum Katholizismus in sich, worin ihn jedoch immer wieder sein sittenloser Lebenswandel hemmte. In Wien freundete er sich mit dem romantischen Dichter Anton Passy an, dem er 1822 die Primizpredigt halten sollte, zu München mit den Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling und  Friedrich Heinrich Jacobi. Mit dem bayerischen Kronprinzen Ludwig – später König Ludwig I. – durchreiste er 1808 die Schweiz und beide besuchten in Interlaken die berühmte Literatin Madame de Staël, die ihm zu einer Romreise riet. Diesen Vorschlag befolgte Werner binnen Jahresfrist.

Am 9. Dezember 1809 kam er in der Hauptstadt der Christenheit an und hier trat die große Wende in seinem Leben ein. Anfangs führte Friedrich Ludwig Zacharias Werner sein gewohntes Leben fort, hatte jedoch nach eigenem Bekunden am Petrusgrab ein tiefes Bekehrungserlebnis. Bei dem römischen Professor und späteren Kardinal Pietro Ostini (1775-1849), der das Zentrum eines Kreises deutscher Künstler in Rom bildete, konvertierte er am Gründonnerstag, den 19. April 1810, zum Katholizismus. Bekannten und Freunden, die seinen Schritt als religiös romantische Schwärmerei bespöttelten, gab der Dichter zur Antwort, er habe diesen für die Ewigkeit entscheidenden Schritt aus „reiner Absicht und mit vernünftiger Überlegung“ getan. Es sei für ihn ein unverdientes Glück, katholisch geworden zu sein, und er würde diesen  Glauben nicht mit einem Kaisertum über die Erde vertauschen wollen. Edle, vernünftige Leute könnten ermessen, was es heiße „41 trostlose Jahre nach Wahrheit, Gewißheit und Frieden zu durchschmachten“.

Dem Konvertit gelang es, mehrere andere in Rom lebende Deutsche zum Katholizismus zu bekehren, als Bekanntesten den Nazarenermaler Friedrich Overbeck. Wegen seines Glaubenseifers gaben sie ihm den Kosenamen „Santo Wernero“. In völliger Abkehr von seinem bisherigen Leben strebte Zacharias Werner das Priestertum an. 1813 verließ er Rom und trat zu Aschaffenburg ins Klerikalseminar ein, wo er am 16. Juni 1814 die Priesterweihe empfing, nachdem er zuvor seine zahlreichen Irrtümer und besonders sein Lutherdrama verurteilt und widerrufen hatte. Dann begab er sich nach Wien und erlangte während des Kongresses durch populäre, wortgewaltige und bildhafte Predigten, verbunden mit seiner betont preußischen Aussprache, große Bekanntheit. Er galt den Zuhörern als wieder erstandener Abraham a Sancta Clara; viele dort gerade anwesende Adelige und Fürstlichkeiten suchten mit Vorliebe seine Predigtunterweisungen auf. In der Kaiserstadt traf Zacharias Werner den Generalvikar der Redemptoristen, Pater Clemens Maria Hofbauer. Der spätere Heilige, um den sich zahlreiche Wiener Romantiker gesammelt hatten, wurde von tiefgreifender Bedeutung für seine weitere seelische Entwicklung. Laut dem jüdischen Konvertiten Johann Emanuel Veith ließ sich Werner von Hofbauer führen „wie ein empfindsames hilfloses Kind von seinem Vater“.

1816-1817 weilte er bei der Familie des Grafen Choloniewski zu Kamieniec in Russisch- Polen, wo er auch zum Ehrendomherr avancierte, ab 1819 lebte der Priester wieder in Wien. Noch eifriger als zuvor wirkte er hier nochmals als Volksprediger, besonders an der Ursulinenkirche. Friedrich Ludwig Zacharias Werner kränkelte ab 1821 und starb am 17. Januar 1823 in der Habsburgermetropole. Seinem Wunsche gemäß hat man ihn auf dem Friedhof in Maria Enzersdorf neben seinem 1820 verstorbenen Lehrmeister Klemens Maria Hofbauer begraben. Dieser war Werner 1820, kurz nach seinem Tode erschienen, um ihm sein späteres Ende anzukündigen.

Im Hinblick auf die späte Konversion und sein vorheriges Leben beschrieb Zacharias Werner seine eigene Existenz mit den Worten des Hl. Augustinus: „Herr spät fing ich an Dich zu lieben“ und fügte treuherzig hinzu: „Aber es ist doch besser spät als nie!“

Personen
(Auswahl)

Lewis C. S.
Malagrida G.
Marescotti J.
Manning H. E.
Marillac L.
Maritain J.
Martin Konrad
Massaja G.
Meier H.
Mieth Dietmar
Mixa Walter
Mogrovejo T.A.
Moltke H. v.
Montalembert
Montecorvino J.
Moreno E.
Moreno G. G.
Mosebach M.
Müller Max
Muttathu-padathu
Nies F. X.
Nightingale F.
Pandosy C.
Paschalis II.
Pieper Josef
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Pius XI.
Postel M. M.
Poullart C. F.
Prat M. M.
Prümm Karl
Pruner J. E.
Quidort
Radecki S. v.
Ragueneau P.
Rahner K.
Ratzinger J.
Reinbold W.
Répin G.
Rippertschwand
Rudigier F. J.
Ruysbroek
Salvi Lorenzo
Sanjurjo D. S.
Saventhem E.
Schamoni W.
Schreiber St.
Schynse A.
Sierro C.
Silvestrelli C.
Simonis W.
Solanus
Solminihac A.
Spaemann C.
Spaemann R.
Stein Karl vom
Steiner Agnes
Sterckx E.
Stern Paul
Stolberg F. L.
Talbot Matt
Therese
Thun Leo G.
Tolkien J.R.R.
Tournon Ch.
Vénard Th.
Vermehren I.
Vianney J. M.
Walker K.
Wasmann E.
Waugh E.
Wimmer B.
Windthorst L.
Wittmann G. M.
Wurmbrand R.
Xaver Franz


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