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In memoriam Cordelia Spaemann

Von Bernhard Müller

Am 24. April 2003 starb in Freising Cordelia Spaemann (geb. Steiner), geboren am 12.11.1925 in Berlin, Studium der Germanistik und Anglistik, 3 Kinder.

Was den öffentlichen Ruhm anbelangt, lebte sie im Schatten ihres berühmten Ehemanns, des deutschen Gegenwartsphilosophen Robert Spaemann. Dabei war sie eine hochgebildete, mit vielfältigen Geistesgaben ausgestattete Frau. Ihre Erzählungen wurden durch einen angesehenen österreichischen Literaturpreis für Kurzprosa geehrt. Die Laudatio auf Cordelia Spaemann hielt damals Bischof Egon Kapellari. Daneben stehen Theaterstücke, Gedichte, Liedtexte, aber auch literaturtheoretische und volkskundliche Arbeiten, wie z. B. über Liedgeschichte, Wallfahrtsgeschichte usw., aber auch über Tolkien und das Phänomen der phantastischen Literatur. Ihre Litanei von den Namen Gottes fand Aufnahme in das „Gotteslob“. Ihre Vorträge und Aufsätze über Themen wie Fernsehen und Sterbekultur erfuhren breites Echo. Besonders am Herzen lag ihr die Vermittlung des großen, 250 Seiten umfassenden Gedichtes „Anathemata“ von David Jones, das viele für die bedeutendste christliche Dichtung des 20. Jahrhunderts halten und das sie durch ihre kongeniale Übersetzung erstmals in Deutschland bekannt machte. Cordelia Spaemann war immer ganz ihren künstlerischen, wissenschaftlichen und geistlichen Anliegen zugewandt und ganz und gar desinteressiert an persönlichem „Erfolg“.

Wer sie kannte, erzählt von ihrer Offenheit für alles Schöne, von ihrer unbedingten Wahrhaftigkeit, ihrer Gerechtigkeitsliebe, ihrer besonderen Liebe zu einfachen Menschen und von ihrem Eintreten für Unterdrückte, Benachteiligte und Diffamierte. „Political correctness“ war für sie weder in der bürgerlichen Gesellschaft noch in der Kirche eine erstrebenswerte Tugend.  „Sie liebte das Leben, aber sie hing nicht am Leben. Ihre letzte Sehnsucht galt dem himmlischen Vaterland“, sagte P. Bernhard Gerstle von der Petrusbruderschaft bei seiner Ansprache während des Requiems für die Verstorbene, die mitten in der Osteroktav an den Folgen eines Schlaganfalls, den sie am Karsamstag erlitten hatte, diese Welt verließ.

53 Jahre war sie mit Professor Robert Spaemann verheiratet, dessen Vater, der 1942 als Witwer zum Priester geweihte Heinrich Spaemann, sie in den katholischen Glauben eingeführt hatte. Katholisch geworden aber war sie nicht durch den Anstoß ihres späteren Schwiegervaters, sondern aufgrund ihres eigenen religiösen Weges.

Ihre Eltern standen dem Religiösen gleichgültig gegenüber. Dennoch, davon war Cordelia Spaemann überzeugt, führte die göttliche Vorsehung sie zur Kirche. Zunächst war da eine „Klostertante“, die weit entfernt von Berlin in der Klausur eines Provinzklosters lebte und das vierjährige Mädchen während eines Sommeraufenthalts im Kloster  heimlich taufte. Von dieser Taufe ließ sie eine Art amtliches Papier anfertigen, mit Zeugenunterschrift und Stempel. Dieses „Dokument“ verhinderte, dass Cordelia Spaemann bei ihrer Konversion 1947 - sie war damals 22 Jahre alt - durch Kaplan Heinrich Spaemann zum dritten Mal getauft wurde. Denn ein zweites Mal war sie schon während der Nazizeit getauft worden. Bei ihrer Anmeldung zur Grundschule hatte sich für die Eltern zum ersten Mal die Frage ihrer Religionszugehörigkeit gestellt  - und sie schickten das Kind, wohl weil die Mutter Jüdin war, in den israelitischen Unterricht. Nach der beginnenden Judenverfolgung entschieden die Eltern, Cordelia sollte einer möglichst unauffälligen Religion angehören und meldeten sie zur evangelischen Taufe an.

Nie in ihrem Leben verbog sie sich. Als Mitglied der Gotteslob-Kommission erregte sie Aufsehen, weil sie den Liedteil in der Frankfurter Allgemeinen und in der Zeitschrift Communio einer scharfen Kritik unterzog, da altes Lied- und Gebetsgut rücksichtslos über Bord geworfen wurde, weil es angeblich nicht mehr in die moderne Zeit passte.

Vor 15 Jahren war sie zusammen mit ihrem Mann auch eine der ersten, die sich für die mit Rom verbundene Petrusbruderschaft einsetzte, die die alte Liturgie weiterführte und dem Einbruch des Profanen in den Raum des Heiligen  zu bremsen versuchte.

Cordelia Spaemann war eine von vielen unterschätzte Frau, weil sie, ganz gegen den Trend, lieber ihre Schwächen zeigte, ihre Vorzüge aber auch ihre Frömmigkeit dagegen verbarg. Deshalb kniete sie in der Kirche auch nie in der ersten Reihe, über Gott und den Glauben sprach sie eher schüchtern, und fromme Worte kamen nur selten über ihre Lippen. Darum, meint Pater Gerstle, konnte wohl kaum einer ahnen, dass, wenn ihr Mann unterwegs war, sie oft stundenlang im Gebet versunken allein zu Hause im Schein einer Kerze saß und täglich den Rosenkranz betete.

Dieser Artikel erschien zuerst im PUR-Magazin.

Ein Beitrag von Cordelia Spaemann:
David Jones - Dichter und Maler


Edzard Schaper

Heute vor 100 Jahren, am 30. September 1908, wurde im damals preußischen Ostrowo, Provinz Posen, der Schriftsteller Edzard Schaper geboren. Protestantisch erzogen, wurde er nach einer orthodoxen Phase 1951 katholisch. Von den Nazis war er in Abwesenheit zu Tode verurteilt worden. 1940 nach Finnland geflohen, fand er nach dem Zweiten Weltkrieg in der Schweiz eine Heimat. In seinen Romanen bearbeitete er unter anderem das Thema der verfolgten Kirche und des Glaubens inmitten einer atheistischen Welt. Schaper starb am 29. Januar 1984 in Bern. Ein Interview aus dem Jahr 1971 kann man sich auf dieser Podcast-Seite anhören.


Erik von Kuehnelt-Leddihn

Am 31. Juli 1909 wurde in Tobelbad bei Graz Erik Maria Ritter von Kuehnelt-Leddihn geboren, “vielleicht der letzte Universalgelehrte” (Georg Alois Oblinger im PUR-Magazin, Ausgabe Juli/August 2009). Der “kämpferische Ritter”, der zwanzig Sprachen beherrschte, führte zeit seines Lebens einen “Zweifrontenkrieg gegen den Sozialismus-Kommunismus und gegen Pharisäertum und Kleinbürgertum” (Oblinger). Sein erster Roman Jesuiten, Spießer, Bolschewiken, der 1933 erschien, wurde von den Nazis verboten. Außerdem sind von den 36 Büchern, die der Vielgereiste veröffentlichte, “sein metapolitisches Hauptwerk” Freiheit oder Gleichheit aus dem Jahr 1953 erwähnenswert und Die falsch gestellten Weichen (1985). Nach dem Konzil nahm er den Kampf gegen den Modernismus auf und publizierte im Rheinischen Merkur, im FELS, in der Zeitbühne und in vielen amerikanischen Zeitschriften. Er “wandte sich heftig gegen die Linkskatholiken, die eine Versöhnung von Kirche und Moderne anstrebten. Zuletzt bezog er Stellung gegen den kirchlichen Linkstrend in seinen Büchern Kirche und Moderne (1994) und Kirche kontra Zeitgeist (1996)” (Oblinger). Hinzuzufügen wäre noch Narrenschiff auf Linkskurs von 1977.

Die Tagespost würdigt Kuehnelt-Leddihn zum 100. Jahrestag seiner Geburt in ihrer Ausgabe vom 25. Mai 2009. Für Stephan Baier war Kuehnelt-Leddihn “einer der originellsten katholischen Querdenker Österreichs im 20. Jahrhundert”, der die Fähigkeit hatte, “zu fessen und zu faszinieren, zu provoziernen und durch die Provokation zum Nachdenken anzuregen.” Seine Überzeugung, “dass der Mensch zur Bestie wird, wenn er sich von Gott losreißt” (Baier), konnte der Ritter beispielsweise an den unvorstellbaren Grausamkeiten der Französischen Revolution veranschaulichen. Er starb am 26. Mai 1999 in Lans, Tirol.

Zu seinem 85. Geburtstag hatte die Presse geschrieben: “Seine Bildung ist phänomenal, seine Logik verblüffend, seine Vielseitigkeit bewundernswert; seine vitale Fähigkeit, nicht nur andere, sondern auch sich selbst immer wieder zu ärgern, beeindruckt nicht minder als sein Humor. An Kuehnelt-Leddihn vorbeigehen kann man wirklich nicht.”


Hildegard Burjan

Hildegard Burjan, geborene Freund, wurde am 30. Januar 1883 in Görlitz als zweite Tochter ihrer jüdischen, aber nicht religiösen Eltern Abraham Adolph Freund und Berta Sochaczewska geboren. Görlitz, Hauptstadt der Lausitz, gehörte damals zu Preußisch-Schlesien.

1895 zog die Familie nach Berlin, 1899 nach Zürich. In Basel bestand Hildegard am 19. März 1903 mit Auszeichnung ihre Reifeprüfung. Anschließend studierte sie in Zürich Germanistik und Philosophie. Sie hörte u.a. den Moralpädagogen Friedrich Wilhelm Foerster (1869-1966) und den Kulturphilosophen Robert Saitschik (1868-1965), nach Oswald Spengler der letzte universal gebildete Mensch seiner Zeit. Wie groß Saitschicks Einfluß auf Hildegard war, läßt sich aus ihrem Tagebucheintrag erahnen: “Den Eindruck, den dieser seltene Mann auf mich machte, werde ich nie vergessen... Ein Mensch, der bei jedem das Edle, das in ihm schlummerte, und sei es noch so wenig, zu wecken versteht, und der so schön den Weg zu allem Guten, Hohen zeigt, der einem das Leben lebenswert erscheinen läßt, steht über aller Kritik. Da gibt es nur eines und das ist: kämpfen gegen seine eigenen Schwächen und Fehler, um wenigstens im Leben einmal auf seinem Platz einen kleinen Teil von dem zu verwirklichen, was er voll und ganz ist” (I. Burjan-Domang, Hildegard Burjan. Frau der sozialen Tat, Salzburg 1950, zitiert in: Ferdinand Holböck, “Wir haben den Messias gefunden!” Die selige Edith Stein und andere jüdische Konvertiten vor und nach ihr, Stein am Rhein 21987, S. 131).

Im Januar 1905 lernte Hildegard Freund den Studenten Alexander Burjan kennen. Burjan, 1882 in Györ (Raab) in Ungarn geboren, stammte ebenfalls aus einer jüdischen, aber religionslosen Familie. Auch er hörte die beiden genannten Professoren und war beeindruckt. Am 17. März 1905 verlobten sich Hildegard und Alexander. Da dieser nach dem Abschluss seines Studiums am 28. November 1905 (am selben Tag, als in Zürich Hildegards Vater starb) eine Anstellung als Diplom-Ingenieur in Berlin fand, zog auch Hildegard im selben Jahr nach Berlin, um Sozialpolitik und Nationalökonomie zu studieren, blieb aber in Zürich inskribiert.

Entscheidend für ihren inneren Werdegang war die Tatsache, dass ihr großes Vorbild, Professor Saitschik, immer mehr mit dem Katholizismus sympathisierte. Das war für sie ein Anlass, sich mit der katholischen Glaubenslehre zu beschäftigen. Sie wollte aus Überzeugung, nicht aus Begeisterung für einen Menschen, ihre Glaubensentscheidung treffen.

Am 2. Mai 1907 heiratete sie in Berlin-Charlottenburg Alexander. Am 8. Februar 1908 promovierte sie in Zürich in Philosophie.

Durch das Studium katholischer Bücher näherte sich Hildegard intellektuell zwar immer mehr dem katholischen Glauben an, den letzten Ausschlag, katholisch zu werden, aber gab ihr die Erfahrung selbstloser Liebe von katholischen Ordensschwestern. Diese Erfahrung machte sie im katholischen St.-Hedwig-Krankenhaus, wohin sie sich wegen einer schweren Nierenerkrankung, die mehrere Operationen nötig machte, für sieben Monate einliefern ließ. “So etwas wie diese Schwestern”, schrieb sie später in einem Brief an Anna Weltmann, “kann der natürliche, sich selbst überlassene Mensch nicht vollbringen. Fr. W. Foerster und R. Saitschik konnte mich nicht (von der Richtigkeit des katholischen Glaubens) überzeugen, da habe ich nun aber (an den Schwestern) das Wirken der Gnade erlebt. So konnte mich nichts mehr (von der Konversion) zurückhalten” (Louis Bosmans, Hildegard Burjan, Leben und Werk, Wien 1982, zitiert in Holböck).

Als Hildegard am Ostersonntag, den 11. April 1909, plötzlich von einem akut lebensgefährlichen Rückschlag geheilt wurde, nachdem die Ärzte sie bereits aufgegeben hatten, nahm sie bei P. Franz Rauterkus SJ (1869-1940) Konvertitenunterricht. Vier Monate später, am 11. August 1909, wurde sie getauft. Ihre Taufpatin wurde Anna Weltmann.

Obwohl Hildegard Burjan durch ihre Erkrankung und die Operationen während ihres ganzen Lebens nie mehr ohne Schmerzen war, bekannte sie: “Seit ich katholisch war, bin ich wirklich glücklich.” Zu ihrer Schwester Alice sagte sie: “Da ich dich so lieb habe, würde ich dich auch gerne so glücklich sehen.” Auch nachdem Alice jeden Gedanken an eine Konversion kategorisch ablehnte, blieb Hildegard ihr gegenüber ausgesprochen liebevoll, ohne jemals ihren Konversionsversuch zu wiederholen.

Ende August 1909 zog das Ehepaar Burjan nach Wien. Dort wurde Hildegard schwanger. Da die Ärzte die Schwangerschaft für höchst lebensbedrohlich hielten, drängten sie zur Abtreibung. Hildegard aber lehnte entschieden ab mit den Worten: “Das wäre Mord! Wenn ich sterbe, so bin ich eben ein Opfer meines Mutterberufes, aber das Kind soll leben.” Sie starb nicht und gebar am 27. August 1910 eine Tochter, die auf den Namen Elisabeth getauft wurde. Vier Tage zuvor war zu ihrer großen Freude ihr Mann katholisch geworden.

In den folgenden Jahren setzte sich Hildegard Burjan leidenschaftlich und unermüdlich für notleidende Menschen ein. Dabei scheute sie auch vor politischem Engagement nicht zurück und wurde 1919 als erste und einzige christliche Frau Abgeordnete des österreichischen Parlaments. Aus christlicher Verantwortung setzte sie sich für eine soziale Gesetzgebung ein. Erzbischof Gustav Kardinal Piffl von Wien nannte sie “das Gewissen des Parlaments”. Darüberhinaus gründete sie den “Verband der christlichen Heimarbeiterinnen”, den Verein “Soziale Hilfe” und - zusammen mit Ignaz Seipel (1876-1931) - die Schwesterngemeinschaft “Caritas socialis”.

Die Gefährlichkeit des aufkommenden Nationalsozialismus sah sie ganz klar. Zusammen mit Bischof Johannes Maria Gföllner von Linz warnte sie eindringlich vor Hitler.

Verzehrt von Krankheit und vielfältiger, aufopfernder Tätigkeit, starb sie am 11. Juni 1933, dem Dreifaltigkeitssonntag. “Dreifaltigkeitssonntag! Was für ein wunderschöner Tag zu sterben!”, rief sie aus. Belastet wurde sie nur vom Gedanken, bei der Erziehung ihrer Tochter Lisa versagt zu haben, für die sie zu wenig Zeit gehabt hatte.

In der Wiener Dr.-Seipel-Gedächtniskirche (Christkönigskirche) wurde ihr zu Ehren ein Gedenkstein aufgerichtet mit der Inschrift: “Der edlen und großen Frau Dr. phil. Hildegard Burjan, die aus heroischem Glaubensmut ihr Leben dem Dienste Gottes in den Werken der Nächstenliebe opferte ...”

1963 leitete Franz Kardinal König ihren Seligsprechungsprozess ein. Am 10. März 2009 hat das Wiener Parlament der großen Frau in einer Veranstaltung gedacht.

Am 29. Januar 2012 wurde sie im Wiener Stephansdom von Angelo Kardinal Amato seliggesprochen.


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