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Gerd-Klaus Kaltenbrunner

Von Dr. phil. Pirmin Meier

Gerd-Klaus Kaltenbrunner (* am 23. Februar 1939 in Wien als Sohn eines kaufmännischen Angestellten, gestorben am 12. April 2011 in Lörrach) war ein deutsch-österreichischer Philosoph, humanistischer Schriftsteller, Ideenhistoriker, Essayist und Publizist. Seinen Eltern verdankt er gemäß Auskunft in einem Fragebogen "Österreichertum, Ordungsliebe und christlichen Glauben katholischer Prägung." Nach dem Studium der Rechtswissenschaften, der Philosophie und Soziologie in Wien betätigte er sich als Verlagslektor in Süddeutschland, dann als politisch-historischer Publizist. Kaltenbrunner wurde in der Zeit des Kalten Krieges einer der bedeutendsten theoretischen Denker des politischen Konservatismus, den er sowohl gegen den Nationalismus wie auch gegen Klerikalismus und reine Strukturerhaltung abzugrenzen verstand. Für ihn war ein aufgeklärter Konservativismus eine Art "Technik des nichtkatastrophischen Wandels", bei dem jedoch auf ein Fundament übergreifender Werte geachtet wird. Diese Werte waren bei Gerd-Klaus Kaltenbrunner in gleicher Weise in Theologie, Philosophie, Geschichtsschreibung, Literatur und Mystik beheimatet. Dies ist u.a. nachzulesen in seinen Standardwerken "Rekonstruktion des Konservatismus", "Wege der Weltbewahrung", "Europa - seine geistigen Quellen in Porträts aus zwei Jahrtausenden" (drei Bände). "Vom Geist Europas" und seinen Spätwerken "Johannes ist sein Name. Priesterkönig, Gralshüter, Traumgestalt" sowie "Dionysius vom Areopag - Das Unergründliche, die Engel und das Eine".

Gerd-Klaus Kaltenbrunner war einer wenigen deutschen Rechtsintellektuellen von hohem geistigem Rang, auch ein Meister des belletristischen Essays: in dieser Hinsicht so etwas wie ein Enzensberger des deutschen Konservativismus. Für einige Jahre erlangte er mit Erfolg einen gewissen Einfluss auf den konservativen, traditionsbewussten und religiösen Flügel der Unionsparteien in der Bundesrepublik Deutschland, nämlich mit der vor 37 Jahren von ihm gegründeten gut beachteten Buchreihe "Initiative" des Herder-Verlages. Diese Reihe, welche zwischen 1974 und 1988 in insgesamt 75 Bänden mit ausgezeichneten Mitarbeitern erschien, bildete eine bürgerlich-konservative Alternative zu dem damals den Zeitgeist prägenden Suhrkamp-Verlag. Interessante Bände galten dem Thema Terrorismus, oder - in der Schweiz besonders geschätzt - "Lob des Kleinstaates - Vom Sinn überschaubarer Lebensräume" (1979), noch 2010 von Hans Peter Fagagnini, ehemaligem Generalsekretär der Schweizer Christdemokraten, im Buch "Unser aller Sonderfall" mit Anerkennung zitiert.

Indem Kaltenbrunner zur Blütezeit des Suhrkamp-Verlages den damaligen Vertretern der sogenannten Kritischen Theorie den Fehdehandschuh zuwarf, begab er sich auf ein Feld des geistigen Kampfes, in welchem er als Einzelgänger und konservativer Schöngeist bestenfalls für die Ehre der Opposition einstehen konnte. Dass die Auseinandersetzung geführt wurde, war wichtiger, als dass sie zu gewinnen war. Der Mainstream des kritischen Denkens, wenn man das so sagen darf, gehörte auf Dauer eindeutig der Suhrkamp-Linie mit Adorno, Horkheimer und Habermas, wobei dann freilich durchaus auch bei diesen Autoren und bei Suhrkamp generell mit der Zeit wertkonservative Ansätze auszumachen waren. Nicht ganz zufällig erschienen in den siebziger und den frühen achtziger Jahren die Werke des konservativ-pazifistischen Schriftstellers Reinhold Schneider (1903-1958) nicht mehr bei Herder, sondern bei Suhrkamp und Insel. Interessant ist, dass sich Suhrkamp, zum Beispiel mit dem Schweizer Schriftsteller E.Y. Meyer (* 1946), früh mit ökologischen Fragen auseinandersetzte, welche Themen nach Kaltenbrunner in der Tradition der Romantik eigentlich von den Konservativen hätten aufgegriffen werden müssen.

Kaltenbrunner ist es indes nicht gelungen, so etwas wie das konservative Gewissen der nichtsozialistischen Parteien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu werden. In diesen Kreisen wurden seine Bücher zwar zum Teil mit Interesse gelesen, aber über alles gesehen schwebten seine konservativen, mystischen und manchmal elitären Visionen über ein christliches Europa im Geiste eines Novalis eine Spur über der Wirklichkeit. Kam dazu, dass Kaltenbrunner außer von konservativen Kreisen zunehmend von neu-deutschnationalen Intellektuellen beansprucht wurde, etwa der Wochenzeitung "Junge Freiheit", die regelmäßig Artikel von ihm, und - als er nicht mehr schrieb - über ihn veröffentlichte. Nicht zu ihrem Nachteil, bleibt doch dem Gesamtwerk von Gerd-Klaus Kaltenbrunner eine nachhaltige humane Substanz eigen. Zur Hauptsache trifft jedoch das Totschlagwort "deutschnational" das Wesen von Kaltenbrunner nicht. Der Philosoph, von dem er bei seiner Kritik am Marxismus und an der Moderne vor allem ausging, war der bayrische Oberstbergrat Franz von Baader (1765-1841), welcher bekanntlich im Nationalismus den zur Masse potenzierten Egoismus und also eine politische Verirrung sah. Von Baader hat Kaltenbrunner die berühmten "Sätze zur erotischen Philosophie" neu herausgegeben. Auch war Kaltenbrunner von Jugend an stark vom Gründer der Paneuropa-Bewegung, Graf Richard von Coudenhove-Kalergi (1894-1972), geprägt.

Der späte Kaltenbrunner verlor sich indes mehr und mehr in einen esoterischen Katholizismus. Angeblich oder wirklich sympathisierte er mit den sogenannten Sedivakantisten, also denjenigen, welche glauben, die katholische Kirche habe sich seit dem Tod von Papst Pius XII. von ihrem ursprünglichen Wesen wegbewegt. Der Thron des Papstes sei seither von Pseudo-Päpsten usurpiert, eine Meinung, die übrigens zu ihrer Zeit auch von mittelalterlichen Mystikern vertreten wurde. Im publizierten Werk des großen Gelehrten Gerd-Klaus Kaltenbrunner habe ich indes keine Stellen gefunden, die als Ausdruck von religiösem Fanatismus und Sektierertum zu deuten sind. Auch äußerte er sich nachweislich positiv über den gegenwärtigen Papst Benedikt XVI. Die Breite seines Allgemeinbildungs-Horizontes mag von wenigen anderen Gelehrten erreicht worden zu sein, übertroffen wurde Kaltenbrunner kaum. Es mochte indes sein, dass die gewaltigen Schätze seiner Gelehrsamkeit ihn mit der Zeit zu einer Überschätzung des Gedankens der Elite veranlassten. "Elite", wie auch "Was ist deutsch" sind Buchtitel, die bei Gerd-Klaus Kaltenbrunner 1988 und 1990 zu finden sind. Er scheint indessen dieses Gedankengut nicht mehr weiterverfolgt zu haben. Wie kaum ein zweiter deutscher Gelehrter seiner Generation ist er nach einer Phase fast unübersehbarer Fruchtbarkeit beinahe plötzlich verstummt. Mit seinem 1300-Seiten Werk "Dionysios vom Areopag" (1996) nahm er gleichzeitig Abschied vom deutschen Geistesleben wie auch von der Politik. In den letzten 15 Jahren seines Lebens war fast nichts mehr von ihm zu vernehmen.

Die hohe Anerkennung, die er als Literat zumal in bürgerlich-konservativen Kreisen genoss, kulminierte unter anderem im Konrad-Adenauer-Preis für Literatur (1986) wie auch im hoch angesehenen Balthasar-Gracian-Preis für Essayistik (1986). Ebenfalls ausgezeichnet wurde er mit dem Mozart-Preis der Goethe-Stiftung Basel, einem der Kulturpreise des ebenso umstrittenen wie bedeutenden deutschen Mäzens Alfred Toepfer (1894-1993). Die Laudatio auf ihn hielt damals der Schweizer Publizist Prof. Dr. phil. Eduard Stäuble (1924-2010).

Aus dem Lager der deutschen Rechten - im Geiste Kaltenbrunners mit Rechtsextremismus nicht zu verwechseln - kam auch nach dem Verstummen des Autors noch und noch großes Lob. Neben dem noch weit stärker beanspruchten Ernst Jünger war Kaltenbrunner sozusagen der "Superstar des neuen deutschen Konservatismus", wie sich der Politologe Claus Leggewies (geb. 1950) ausdrückte. Aber das Christliche stand dem Verstorbenen vergleichsweise weit näher als das Nationale, was sich zum Beispiel in seinen in den frühen 90-er Jahren publizierten Heiligenbiographien über die Mystikerin Anna Katharina Emmerich (1774 - 1824) "Die Seherin von Dülmen und ihr Dichter-Chronist" und "Tacui - Johannes von Nepomuk" offenbart. Das letztere Buch heisst, in der Übersetzung des Titels aus dem Lateinischen: "Ich habe geschwiegen". Für die letzten 15 Jahre seines Lebens wurde diese lateinische Formel für Kaltenbrunner zum Lebensmotto schlechthin.

Als Publizist und Schriftsteller, selber Verfasser von Heiligenbiographien, versuchte ich mehrmals, mit Gerd-Klaus Kaltenbrunner persönlichen Kontakt aufzunehmen. Bald brachte ich in Erfahrung, dass er weder über ein Auto noch über einen Telefonanschluss noch über Rundfunk, Fernsehen und Internet verfügte, "Goethe und Schopenhauer sind auch ohne diese vermeintlich unentbehrlichen Dinge ausgekommen", schrieb er mir, mit der Andeutung, dass keiner der heute Schreibenden eine diesen großen Denkern adäquate Lebensleistung erbracht hätte. Seit den siebziger Jahren lebte Gerd-Klaus Kaltenbrunner im "Oelmättle" am Dorfrand von Kandern, unweit Badenweiler. Zweimal versuchte ich, mich bei ihm zu melden, aber da war auch keine Türklingel. Ein Einsiedler unserer Zeit. Ein Leser, Denker und Beter, der in seinen späten Jahren auch auf das Schreiben verzichtete und eine Art Mystiker geworden ist. "Alles was ich geschrieben habe ist Stroh, im Vergleich zu dem, was ich schaue", äußerte sich Thomas von Aquin (1224-1274) im letzten Jahr seines Lebens rückblickend auf sein gewaltiges Werk.

Gerd-Klaus Kaltenbrunner war gebürtiger Oesterreicher, streng katholisch erzogen, hat sich aber immer als Deutscher empfunden. Die deutsche Spaltung nach dem zweiten Weltkrieg tat ihm gleichsam physisch weh. Es habe keinen Tag gegeben, da er nicht darunter gelitten habe, bekannte Kaltenbrunner einmal. Ähnlich litt der Katholik Kaltenbrunner wohl nur noch am Verlust der alten Messe und generell am Verlust an Spiritualität, wie dieser sich sowohl in der protestantischen als auch in der katholischen Ausprägung des Christentums aus seiner Sicht zunehmend bemerkbar machte. Die Zurückwendung bzw. Hinwendung zur Mystik scheint für Gerd-Klaus Kaltenbrunner die entsprechende Antwort auf dieses Leiden an unserer Zeit gewesen zu sein. Gerd-Klaus Kaltenbrunner war der wohl bedeutendste und auch charakterlich sauberste Intellektuelle der deutschen Rechten in seiner Generation. Für seine geistige Leistung hätte er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels wohl ebenso gut verdient wie zum Beispiel der Schweizer Diplomat und humanistische Schriftsteller Carl Jacob Burckhardt (1954), dessen Biographie nachträglich noch den einen oder andern düsteren Flecken abbekommen hat. Für Kaltenbrunners Rolle im deutschen Geistesleben gilt, was er selber über den französischen Theosophen René Guénon (1886-1951) geschrieben hat:

"Das Schweigen des öffentlichen Kulturbetriebs konnte nicht verhindern, dass Guénons Werke eine geistig hochstehende Leserschaft gefunden haben und von ihm eine tiefe, wenngleich verborgene Strahlkraft ausgeht. Nur in Deutschland scheint die Stunde von René Guénons Einbürgerung noch nicht geschlagen zu haben. Seine Werke werden auch dann noch gültig sein, wenn die Massen der heute kursierenden okkultistischen und aftermystischen Literatur längst vergessen sind."

Dass der späte Kaltenbrunner zu einem Repräsentanten der Mystik wurde, verbindet ihn mit einem der größten romantischen Dichter und Denker: Clemens Brentano (1778-1842). Von diesem stammen Worte voller Poesie, die sich auch als Epitaph auf Kaltenbrunner eignen würden:

"Stern und Blume Geist und Kleid Lieb Leid und Zeit und Ewigkeit."


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