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Franziskus Solanus Dem folgenden Text liegt die für kath-info frei bearbeitete Biographie von Ida Hellinghaus zugrunde, Der heilige Franziskus Solanus, Apostel von Peru und Tucuman, Trier 1912, erschienen als achtes Bändchen in der Reihe Aus allen Zonen. Bilder aus den Missionen der Franziskaner in Vergangenheit und Gegenwart, hg. von P. Gutbert Groeteken O.F.M. 1. In der Heimat (1549-1589) Der hl. Franziskus Solanus wurde am 10. März 1549 in Montilla geboren. Montilla war damals die Hauptstadt der Markgrafschaft Priègo, im Gebiet Cordobas, im spanischen Andalusien, in der Nähe des Flusses Jenil (Genil). Es hatte etwa 13000 Einwohnern. Sein Vater Matthias Sanchez Solano war zweimal Gouverneur von Montilla gewesen, seine Mutter Anna Ximénes wurde in der ganzen Stadt “die Edle” genannt. Bereits am Tage der Geburt empfing der kleine Solano die heilige Taufe. Auf Wunsch der Mutter, die eine besondere Verehrung zum großen Armen von Assisi hegte, wurde ihm der Name Franziskus beigelegt. Er wurde fromm erzogen und bemühte sich frühzeitig, seinen lebhaften Geist und sein feuriges Temperament durch Selbstbeherrschung und Selbstverleugnung in den Griff zu bekommen. Dadurch erlangte er eine für sein Alter bewundernswerte Charakterfestigkeit, die ihm bei seinen Altersgenossen großes Ansehen und hervorragenden Einfluß verlieh. Zur Ausbildung wurde er dem Jesuitenkolleg von Montilla anvertraut, das 1558 von Antonio de Córdoba y Figueroa SJ gegründet worden war. Er lernte unter anderem Violine, ging oft zur hl. Kommunion und las begeistert die Biographien der Heiligen. Nach seiner Studienzeit trat er in das Franziskanerkloster seiner Vaterstadt ein. Im April 1569 empfing er das Ordenskleid. Sein Novizenmeister wurde Petrus de Ojeda. Im Kloster zu Montilla herrschte eine strenge Zucht, die vom hl. Petrus von Alcantara (1499-1562) noch eine wesentliche Verschärfung erfahren hatte. Doch Solanus war sie nicht streng genug. Unter seinem Gewand trug er einen rauhen, mit Spitzen versehenen Gürtel. Ein paar zusammengefügte rauhe Bretter oder ein ausgehöhlter Lindenstamm dienten ihm zum Lager, ein Holzblock als Ruhekissen. Bei allen Strengheiten und Entsagungen war er stets heiter und guter Laune. In den Rekreationen zeigte er sich als einen der fröhlichsten. Am 25. April 1570 wurde er zur hl. Profess zugelassen. Drei Jahre später wurde er ins Kloster Maria de Loreto versetzt, wo ein Gnadenbild der Muttergottes verehrt wurde. Hier studierte er Theologie. 1576 empfing er die Priesterweihe. Zunächst wurde er mit der Leitung des Kirchenchors beauftragt. Als sein Vater starb, erlaubten ihm seine Oberen, seine erblindete und kranke Mutter zu besuchen, um sie zu trösten und aufzurichten. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass ihm statt Loreto das Kloster zu Arrizafa, nahe bei Cordoba, als künftiger Wirkungskreis angewiesen sei. Franziskus hatte die weite Reise von Loreto nach Montilla zu Fuß gemacht, wie es damals Brauch war. Als er sein väterliches Haus betrat, wurde er von den Dienern nicht erkannt; aber gewohnt, die Franziskaner mit aller Höflichkeit zu empfangen, führten sie ihn gleich erfurchtsvoll zur alten Dame, die sich gerade im Garten befand. Die tiefgebeugte Blinde konnte ihren Sohn nicht mehr sehen, erkannte ihn aber sofort an der Stimme, schloss ihn tiefbewegt in die Arme und weinte Tränen der Rührung und Freude. Solanus durfte einige Zeit im Kloster zu Montilla bleiben und besuchte von hier aus öfter seine Mutter, die dann jedesmal einen Festtag verlebte. Gleich in den ersten Tagen holte sich unser Heiliger vom Obern des Klosters die Erlaubnis, wie ehemals der seraphische Vater, betteln zu dürfen. Es wurde ihm gewährt, und nun zog der Sohn des ehemaligen Gouverneurs von Haus zu Haus, um als freiwilliger Bettler milde Spenden für das Kloster in Empfang zu nehmen. Die Bewohner von Montilla reichten dem berühmten Sohne ihrer Stadt gern ihre Gaben, erbauten sich an seiner Demut und Frömmigkeit und priesen die edle Mutter glücklich, ein solches Kind zu haben. Es konnte nicht ausbleiben, dass der Heilige wegen seiner außergewöhnlichen Tugenden große Verehrung genoss. Das widerstrebte aber seiner Demut und Bescheidenheit, und so freute er sich aufrichtig, als der Ruf seines Oberen an ihn erging, seine Vaterstadt zu verlassen, um im Kloster St. Franziskus von Arrizafa seine fernere Wirksamkeit auszuüben. Dieses Kloster war im Jahre 1416 von Ferdinand von Rota gegründet worden und war berühmt wegen der dort befindlichen Reliquien von der Geißelsäule, der Krippe, dem Grab der Gottesmutter sowie der heiligen Märtyrer von Marokko aus dem Franziskanerorden. Trotz seines Widerstrebens wurde Solanus hier mit dem verantwortungsvollen Amt eines Novizenmeisters betraut. Er behandelte alle seine Anbefohlenen mit väterlicher Liebe und engelhafter Milde. Beging einer einen Fehler, so geschah es nicht selten, dass der Novizenmeister selbst die Strafe dafür auf sich nahm, dadurch aber bei dem Schuldigen mehr erreichte als durch die härtesten Vorwürfe. Er genoß die uneingeschränkte Hochschätzung, das vollkommene Vertrauen und die aufrichtige Liebe seiner Novizen. Als er einmal gefragt wurde, was die gottgefälligste Buße sei, antwortete er: “Der sicherste Weg, um sich einen Schatz von Verdiensten zu erwerben, ist die Geduld, womit man sich allen Mühen und Widerwärtigkeiten unterwirft, besonders solchen, die uns von unseren Nächsten, unseren Verwandten, den Ordensgliedern, mit denen wir leben, bereitet werden.” Wegen seines Geschicks und Erfolgs in der Leitung der Novizen wurde er von seinen Oberen mehrmals im Amt bestätigt. Als das Noviziat 1581 in das Kloster Franzisko de Monte verlegt wurde, mußte auch Solanus mitziehen, um auch hier die jungen Zöglinge zur Tugend und Vollkommenheit anzuleiten. Das Kloster liegt auf einer Felsenhöhe der Sierra Morena, mehrere Stunden von jeder menschlichen Wohnung entfernt. Nach einiger Zeit wurde Solanus - zu seinem eigenen Schrecken - zum Guardian ernannt. Als Vorgesetzter machte er sich zum Diener der Diener Christi und suchte allen alles zu werden. Er verband weise Strenge mit väterlicher Milde und übte einen solch segensreichen Einfluß aus, dass das Kloster sich bald eines ausgezeichneten Rufs erfreute. Bei all seinen Obliegenheiten als Ordensoberer fand Solanus immer noch Zeit, mit dem Bettelstab die benachbarten Orte Aldamuz, Villa Franca, Montoro und andere zu durchziehen, um Liebesgaben für sein armes Kloster und Nahrung für seine Brüder zu sammeln. Die kranken Ordensbrüder pflegte er mit eigener Hand und leistete ihnen jeglichen Dienst. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit seiner Geige suchte er sie zu trösten und aufzurichten. Dennoch hielt sich Solanus für ungeeignet und bat seine Oberen so lange, bis sie ihn tatsächlich wieder von seinem Amt abberiefen und auf dem nächsten Provinzialkapitel einen anderen wählten. Unserem Heiligen wurde nun das Predigtamt übertragen. Unermüdlich zog er von Ort zu Ort, um durch seine Predigt zur Umkehr vom Bösen und zur Tugend und Gottesfurcht zu mahnen. Seine Worte hatten Erfolg: Zahlreiche Sünder bekehrten sich und begannen ein neues Leben. Als man ihn einst fragte, woher er solche Kraft und Weisheit schöpfte, gab er die Antwort: “In einem verborgenen Plätzchen der Kirche ist es, wo Gott, der beste und weiseste Lehrer, mich unterweist.” Schon die ganze Erscheinung des Heiligen wirkte auf die Menge. Die hagere, aszetische Gestalt, der herzgewinnende, überaus freundliche Wesen zog alle an. Hörte man nur, dass er irgendwo predige, strömte das Volk zusammen, um seinen Lehren zu lauschen. Gern pflegte er auch die Kinder um sich zu sammeln. Er lehrte sie, mahnte sie zum Guten und betete mit ihnen. Rührend war es zu sehen, wie die Schar sich mit heller Begeisterung um den Heiligen drängte. Mit dem Ruf “Der Heilige ist da” stürmten sie heran, um fromme Geschichten zu hören. Im Jahr 1583 brach in Andalusien die Pest aus und forderte zahlreiche Opfer. Auch die Stadt Montoro wurde von ihr heimgesucht. In einiger Entfernung von der Stadt errichtete man ein eigenes Hospital für die Pestkranken und legte in der Nähe desselben einen Friedhof an. Franziskus erbat sich von seinem Oberen die Erlaubnis, das Hospital aufzusuchen, um den Pestkranken beizustehen, ihnen die Tröstungen der Religion zu spenden und sie auf ihren letzten Gang vorzubereiten. Der Obere wollte ihn nicht der sicheren Todesgefahr aussetzen. Doch der Heilige bat und flehte so lange, bis er endlich die Erlaubnis erhielt. Zur Begleitung wurde ihm Pater Bonaventura mitgegeben, der ebenso wie er von glühender Liebe zu den Kranken erfüllt war. Freudigen Mutes verließen die Brüder unter den Segenswünschen des Oberen und des ganzen Konvents das Kloster, um ihren edles Liebeswerk anzupacken. Man begrüßte die Brüder als rettende Engel. Neuer Mut und neues Gottvertrauen erwachten in den Kranken. Die bloße Gegenwart dieser Ordensleute, die ihr Leben für sie zu opfern bereit waren, verbreitete Frieden und Hoffnung bei den Unglücklichen. Besonders war es Franziskus Solanus, dem alle Herzen entgegenschlugen. Er war unverdrossen bemüht, zu helfen und zu lindern, salbte die Wunden, bereitete die Mahlzeiten, ordnete die Ruhelager, scheute vor keiner Mühe und Beschwerde zurück. Vor allem ließ er sich die Sorge für die Seelen angelegen sein. Er stellte ihnen diese Heimsuchung als ein “großes Jubiläum” dar, das vom Vater gesendet zum Vater führen solle, ermunterte sie zum geduldigen Ausharren, spendete ihnen die Sakramente, stärkte die Sterbenden für ihren letzten Gang und verharrte, nachdem er ihnen die Wegzehrung gereicht hatte, betend und segnend an ihrem Lager, bis ihr Geist emporgestiegen war zur ewigen Ruhestätte. Hatte der Kranke seine Seele ausgehaucht, so begrub er ihn mit eigenen Händen und versah die Gruft mit einem schlichten Kreuzlein. War ein Kranker vollständig genesen, so führte er ihn zum nahen Fluss, wusch ihn mit eigener Hand, besorgte ihm frische Kleidung und begleitete ihn in seine Wohnung. Dann ging es wieder eiligst zurück, um anderen Kranken beizustehen. Die Kraft zu diesem Liebesdienst fand er bei dem Geliebten seiner Seele, mit welchem er inmitten seiner Arbeiten einen innigen Verkehr unterhielt. Er pries sich glücklich, in den Kranken seinem Heiland selbst dienen zu können. Doch es folgte eine harte Prüfung: Sein Gefährte, P. Bonaventura, wurde von der furchtbaren Krankheit heimgesucht und starb. Solanus litt sehr unter dieser Trennung. Er fand nur Trost im Gedanken an den herrlichen Lohn, der seinen Mitbruder dort oben erwartete. Er begrub ihn unter Tränen auf dem Pestkirchhof und pflanzte ein großes Holzkreuz auf die Ruhestätte seines geliebten Freundes. Bald wurde er selbst von der Pest befallen und sein Leben stand in großer Gefahr. Mit vollkommener Geistesruhe sah er dem letzten Stündlein entgegen, ja, er freute sich in dem Gedanken, bald zum ewigen Frieden einzugehen. Aber Gott hatte es anders beschlossen, da er ihm im fernen Westen noch ein großes Arbeitsfeld bestimmt hatte. Solanus wurde wieder gesund und gab sich nun wieder mit unermüdlicher Sorge der Krankenpflege hin, bis endlich die Plage wich und er seinen Wirkungsort verlassen konnte. Mit großem Jubel wurde er von seinem Oberen und seinen Mitbrüdern empfangen, die das Tedeum anstimmten. Einige Monate später wurde Franziskus zum Kloster St. Ludwig berufen. Dieses Kloster liegt in der Nähe von Granada. Es war von Königin Elisabeth erbaut und nach dem hl. König Ludwig von Frankreich benannt worden. Auch hier erbat sich unser Heiliger die Erlaubnis, die Kranken pflegen zu dürfen. Aufschluß über seine Motivation gibt seine Antwort auf die Frage, die der frühere Guardian ihm einmal stellte, nämlich weshalb er so sehr nach der Krankenpflege verlange und ihretwegen sogar das Gebet unterlasse. Er antwortete: “Den Kranken beizustehen ist ein Gebot unserer hl. Regel, und so möchte ich lieber im Gehorsam bei den Kranken bleiben, als nach eigenem Willen dem Gebet obliegen.” Mit Erlaubnis der Oberen besuchte er auch das Hospital des hl. Johannes von Gott (1495 - 1550), das dieser 1540 gegründet hatte, um dort die Preßhaften zu pflegen. Desgleichen suchte er die Gefängnisse auf, um den Gefangenen beizustehen. Diesen Tätigkeiten widmete sich Solanus, bis seine eigentliche Lebensaufgabe sich vor ihm auftat. II. Der Apostel von Tucuman (1589-1602) In Franziskus Solano wuchs immer mehr der Wunsch, sein Leben der Mission zu widmen, und zwar am liebsten in Afrika. In Marokko hatten bereits fünf Mitglieder seines Ordens die Märtyrerkrone errungen. Sein Verlangen wurde immer größer, so dass er eines Tages mit seiner Bitte vor den Ordensgeneral trat. Doch zu seiner größten Betrübnis wurde ihm die Erlaubnis verweigert. Und doch sollte sein Wunsch bald in Erfüllung gehen. König Philipp II. von Spanien (1556-1598) hatte sich damals mit der Bitte an den Ordensgeneral der Franziskaner gewandt, Missionare nach dem neuentdeckten Erdteil Amerika zu senden, um daselbst das Licht des Evangeliums verbreiten zu helfen. Unter jenen, die zu diesem Missionswerk ausersehen wurden, war nun auch unser Heiliger. Er stellte sich dem Pater Balthasar von Navarra, der als Bevollmächtigter für die Provinz Tucuman ernannt war, zur Verfügung, da er wusste, dass gerade in diesem Land ein reiches Arbeitsfeld winkte, wo Mühen und Beschwerden, ja vielleicht auch Marter und Tod auf ihn warteten. Franziskus Solanus verabschiedete sich von den Seinen, namentlich von seiner hochbetagten, blinden Mutter, und trat die Reise an. Das Schiff, das die Missionare nach der neuen Welt bringen sollte, hieß Santa Catalina und stand unter der Führung des Don García Hurtado, Marquis von Cancti, Vizekönig von Peru. Es beförderte ca. 70 Missionaren aus verschiedenen Orden (Franziskaner, Dominikaner, Augustiner, Mercedarier und Jesuiten) und etwa 300 Soldaten. Das Schiff segelte von Sevilla ab, und zwar zuerst über den Guadalquivir, an dessen Mündungsstadt Sanlúcar de Barrameda es im Februar 1589 in See stach. Trotz der lärmenden Umgebung setzte Franziskus sein inneres Leben fort und befolgte die Anweisungen des seraphischen Vaters (des hl. Franz von Assisi), “seinen Körper zur Einsiedelei zu machen, deren Klausner die Seele ist”. Sein überaus gewinnendes Wesen erschloss ihm die Herzen der Matrosen und Soldaten. Mit Vertrauen nahte man sich ihm, um ihn in inneren Angelegenheiten um Rat zu fragen. Jeder ging getröstet und gestärkt von ihm. Der Heilige erreichte sogar, dass bald gemeinschaftlich gebetet und gesungen wurde. Unter Begleitung seiner geliebten Geige, die ihn in die neue Welt begleitete, stimmte er Lieder zu Ehren Gottes und Mariens an. Als sich das Schiff endlich der Insel Dominica (Kleine Antillen) näherte, erfüllte große Freude die Reisenden. Man beschloss, kurze Rast zu machen. Der Nachen wurde angelegt, die Reisenden zerstreuten sich in verschiedenen Gruppen auf der Insel. Gegen vier Uhr ertönte die Schiffsglocke als Signal zur Rückfahrt. Gruppenweise wurden die Reisenden wieder abgeholt, doch Solanus und seine Mitbrüder wurden vergessen, weil sie gerade an einer abseits gelegenen Uferstelle ihre Ordenskleider wuschen. Vergebens versuchten sie durch Schreien und Winken die Besatzung des abfahrenden Schiffes auf sich aufmerksam zu machen. Allein auf dieser von Kannibalen, den Kalinagos, bewohnten Insel zurückzubleiben, bedeutete den sicheren Tod. Doch der Heilige blieb inmitten seiner angsterfüllten Brüder ruhig und fröhlich und spielte auf seiner Geige. Gegen zwei Uhr in der Nacht kam endlich das Schiff zurück, da man unterwegs ihre Abwesenheit bemerkt hatte. Bald kam man zur 1533 gegründeten Hafenstadt Cartagena de Indias an der kolumbianischen Karibikküste, wo man Anker warf und zwei Tage blieb. Dann gings weiter nach Porto Velo, später Puerto Bello jetzt Portobelo genannt (wo keine sieben Jahre später der berühmte Freibeuter Francis Drake sterben sollte), in dessen Hafen das Schiff am 7. Mai 1589 landete. Nun wurde die Reise zu Fuß fortgesetzt, um den Isthmus von Panama zu durchqueren, und nach einer Wanderung von fast 100 Kilometern durch den Urwald kam man glücklich in der 1519 gegündeten Stadt Panama am Stillen Ozean an. In Panama, wo bereits 1513 ein Franziskaner auf den neuerrichteten Bischofssitz berufen worden war, gab es ein Franziskanerkloster. Hier kehrten die Brüder ein, um auf eine Reisemöglichkeit nach Peru zu warten. Doch Solanus gönnte sich keine Ruhe und widmete sich den Kranken in den Spitälern. Nach vier Monaten Wartezeit, im November 1589, kam endlich ein Schiff, dessen Kapitän - es war Juan de Morgana aus Aragon - sich bereiterklärte, die Missionare mitzunehmen. Doch was der hl. Solanus nun erleben musste, “war der schrecklichste der Schrecken: Er befand sich auf einem Sklavenschiff mit mehr als achthundert Negern aus Afrika. In die Goldbergwerke Perus sollten sie gebracht werden. Mit schweren Ketten waren sie zusammengeschmiedet, dass jede Möglichkeit der Flucht, ja schon der Bewegung ausgeschlossen war. Ohne Kleidung, ohne Lager, ohne Speise und Trank waren sie in der brütenden Hitze, im Gestank ihres Unrates, in Finsternis und Schwüle eingeschlossen. Jeden Tag erlagen neue Opfer den Grausamkeiten und Entbehrungen. Die einzigen Menschen, die zu diesen Sklaven hinabstiegen, waren Rohlinge mit entsetzlichen Peitschen. Franz Solan drängte so lange in die Sklavenhändler, bis ihm erlaubt wurde, sich unter den Gefangenen aufzuhalten. Was sollte er ihnen geben, welche Erleichterung ihnen zuwenden können als sein Mitleid, seine Tränen, sein Geigenspiel und kleine Liebesdienste wie ein Schluck Wasser oder ihnen den Schweiß abzuwischen? Während der ganzen Fahrt war er immer nur bei seinen Sklaven zu finden” (P. Arnulf Götz O.F.M., Heilige, Märtyrer und Helden. Aus der Missionsgeschichte des Ordens des heiligen Franziskus, Aschaffenburg 1957, S. 180 f). Er verkündete ihnen das Evangelium und konnte schon damit beginnen, jene, die bereit waren, zu taufen, als das Schiff in der Nähe der Insel Gorgona, ca. 100 Meilen vom Land entfernt, plötzlich von einem Orkan überrascht wurde. Furcht und Entsetzen ergriff die Reisenden und steigerte sich bald zur Todesangst. Plötzlich wurde das Schiff gegen ein Korallenriff geschleudert. Ein Leck entstand, und nun drang von allen Seiten das Wasser hinein. Das Schiff war verloren. Man löste das kleine Rettungsboot vom Schiff, um wenigstens für einige die Rettung zu ermöglichen. Zwar ging nur eine verschwindend kleine Zahl hinein, und auch für diese war es ein gefährliches Unternehmen. Auch Solanus wurde bedrängt, den kleinen Nachen zu besteigen. Aber er war durch nichts zu bewegen, die dem Untergang geweihten Sklaven zu verlassen. Lieber wollte er mit ihnen sterben, als sie nun im Stich zu lassen. Das drängende Flehen des Heiligen, die Sklaven loszuketten, stieß beim Kapitän auf menschenverachtenden Widerstand. Erst als er die Unterstützung eines panamesischen Handelsmannes namens Ferrer de Ajala gewann und dieser mit vorgehaltener Pistole den für die Ladung zuständigen Superkargo dazu zwang, kamen die Sklaven los. Auf diese verfehlte der heroische Opfermut des Heiligen nicht seinen Eindruck. Mit dem Kreuz in der Hand mahnte er sie mit flammenden Worten zum Vertrauen auf den Allmächtigen und unterwies sie über die Taufe. Mit ausgestreckten Händen baten die Sklaven darum. Da taufte sie der Heilige mit dem eindringenden Meereswasser. Das Schiff zerbrach schließlich, mit gewaltigem Krachen sank der hintere Teil herab. Mit ihm wurde eine große Zahl armer Menschen in den Fluten begraben. Die anderen hielten sich krampfhaft an den letzten Planken des Wracks, bis an den Hals von den Fluten umhüllt, alle in Angst und Not dem Tod entgegenschauend. Nur Solanus blieb ruhig und gefasst und fuhr unermüdlich fort, sie auf das Ende vorzubereiten. Er wies sie hin auf den barmherzigen Gott, auf die Freuden des Jenseits, mahnte alle, Reueakte zu erwecken, und erteilte die sakramentale Lossprechung. Doch es stellte sich die entsetzliche Frage, wie lange die als Rettungsplanken dienenden Wrackreste noch über Wasser bleiben würden? Wie lange würden die Schiffbrüchigen die Kraft haben, sich festzuklammern? Sie litten entsetzlich unter Hunger und Durst. Die Süßwasserbottiche waren zerschlagen. Auffindbare Lebensmittel waren durch die salzige Flut ungenießbar geworden. Solano verkündete plötzlich, von einem prophetischen Licht erleuchtet, dass innerhalb von drei Tagen die Rettung käme. Dies erschien den Überlebenden unglaublich, und es bedurfte der ganzen Beredsamkeit des Heiligen, um sie vor der äußersten Verzweiflung zu bewahren. Da zeigte sich ein kleiner Hoffnungsstrahl: Eine Welle spülte ein Paket mit Kerzen heran, deren sich die Missionare bei der hl. Messe zu bedienen pflegten. Man beschloss, sie in der Nacht anzuzünden, um dadurch vielleicht die Aufmerksamkeit anderer Schiffe auf sich zu lenken. Mittlerweile war die Schaluppe, die einen Teil der Reisenden aufgenommen hatte, unter tausend Mühen und Gefahren ans Land gekommen. Man hatte kaum noch Hoffnung, Solanus und seine Gefährten wiederzusehen. Trotzdem richtete man den Blick nach jener Richtung hin, wo man das Wrack vermutete, und da geschah es denn wirklich, dass man deutlich das Licht wahrnahm, das von dort herüberschien. Da sich allmählich auch der Sturm gelegt und die See beruhigt hatte, entschlossen sich einige tapfere Männer, hinüberzufahren, um den Unglücklichen Rettung zu bringen. Unbeschreiblich war die Freude der Schiffbrüchigen, als endlich die Erlösung nahte - und zwar an dem Tage, den Solanus vorausgesagt hatte! Jeder beeilte sich, in den Nachen zu steigen. Solanus aber wartete bis zuletzt, da er erst alle geborgen wissen wollte. Zwei- oder dreimal musste die Schaluppe hin- und zurückfahren, um die Schiffbrüchigen an Land zu bringen. Als nun die Reihe endlich an Solano kam, hatte der Wind die Barke bereits eine ziemliche Strecke fortbewegt. Er entledigte sich seines Habits, machte ein Paket daraus und warf es ins Meer. Dann schwamm er, das Missionskreuz in der Hand, durch die Wellen und erreichte glücklich die Barke. Im selben Augenblick wurden die letzten Trümmer des Wracks von den Wellen verschlungen. Man kann sich den Jubel und den Dank der Geretteten gegenüber ihrem Retter vorstellen. Ehe sie sich vom Ufer entfernten, bat der Heilige noch ein wenig zu warten, bis das Paket mit seinem Mantel angekommen sei, “denn”, so sprach er, “Vater Franziskus hat mir beim Eintritt in seinen Orden sein Kleid gegeben. Er wird es mir jetzt auch wieder zurückbringen.” Und noch war keine halbe Stunde vergangen, als der Mantel heranschwamm. Doch das lebensgefährliche Abenteuer war noch längst nicht vorüber. Das Land, wohin sie verschlagen waren, erwies sich als öde und unfruchtbar. Wohin man schaute, fand man nichts als Sand, Felsenklippen und dürres Gesträuch. Wenigstens ein Bach mit Süßwasser ward gefunden, der sie vor dem Verdursten bewahrte. Die wilden Kräuter und Wurzeln, auf die sie stießen, um ihren Hunger zu stillen, war ihnen unbekannt. So mussten sie stets befürchten, sich zu vergiften. Und dies traf auch tatsächlich ein, so dass schon Tote zu beklagen waren, die unter großen Schmerzen starben. Da befahl der Heilige, fortan jede Nahrung vor ihrem Verzehr zunächst zu ihm zu bringen. Er prüfte und segnete sie, und seitdem kam keine Vergiftung mehr vor. Auf unbegreifliche Weise gelang es dem Heiligen, Fische und Krabben zu fangen, um den Hunger seiner Brüder zu stillen. Aus Baumrinden und Zweigen errichtete er eine kleine Kapelle zu Ehren der Himmelskönigin, stellte in derselben ein Muttergottesbild auf, das beim Schiffbruch glücklich gerettet war, schmückte es mit Seidenstoffen, die das Meer dort ans Ufer gespült hatte, und verbrachte dort Stunden innigen Gebetes. Morgens und abends vereinigte er sich mit den Gefährten an dieser Stätte und stimmte mit ihnen das Salve Regina, mater misericordiae an, das wohl selten mit größerer Andacht und Inbrunst gesungen wurde, wie von diesen armen Schiffbrüchigen. Selbst die rauhesten Matrosen lernten in dieser Zeit wieder das Beten. Ein großes Opfer war es für den Heiligen, auf die heilige Eucharistie verzichten zu müssen; von allem, was für die Darbringung des heiligen Opfers erforderlich war, war nichts gerettet worden. Leider führten die vielen Entbehrungen oft zu Murren und Klagen. Auch entstanden bei Verteilung der Nahrungsmittel nicht selten Missgunst und Neid. Es kam sogar eines Tages zu heftigem Zank und Streit. Der Heilige mahnte und warnte, betete und opferte. Er entzog sich selbst Speise und Trank, um es den Hungernden zu spenden. Er geißelte sich bis aufs Blut, um für ihre Fehler und Schwächen zu büßen und Gottes Barmherzigkeit für die Unglücklichen zu erflehen. Nach ernstlicher Überlegung, wie man der trostlosen Lage am schnellsten ein Ende bereiten könnte, bot sich Pater Balthasar de Navarra an, mit einem Dutzend ruderfähiger Matrosen in der notdürftig ausgebesserten Schaluppe nach dem 100 Meilen entfernten Panama zurückzukehren, um Hilfe zu holen. Das war ein gefährliches Unternehmen, das mit Sicherheit im Tod enden würde, wenn während ihrer Fahrt ein neuer Sturm losbrechen würde. Und damit musste man in dieser Jahreszeit immer rechnen. Von den heißen Wünschen und Gebeten der Zurückbleibenden begleitet, brachen sie auf. Tage und Wochen vergingen, ohne dass sich an der Lage der Gestrandeten etwas änderte. Täglich hielten sie Ausblick, ob am Horizont sich die Segel des Rettung bringenden Schiffes zeigen würde. Zaghaftigkeit und Mutlosigkeit nahmen immer mehr zu, als sie schon 50 Tage vergeblich geharrt hatten und Weihnachten vor der Türe stand. Selbst die Tapfersten begannen zu klagen und die Toten um ihr Schicksal zu beneiden: “Warum sind wir nicht im Sturme umgekommen? Dann wären unsere Leiden mit einem Male beendet gewesen, während wir hier langsam zu Tode gequält werden!” Franziskus Solanus, dem das Leid der Bedrängten zu Herzen ging, hörte nicht auf, zu beten und den Himmel zu bestürmen. Plötzlich, am Heiligen Abend, fühlte er sich wunderbar gestärkt, und wieder wurde er von einem prophetischen Licht erleuchtet. Eine Stimme sagte ihm mit überzeugender Klarheit, dass die Hilfe nahe sei. Es riss ihn fort in die Mitte seiner verzweifelten Schicksalsgefährten, und wie ein Friedensengel der heiligen Nacht verkündigte er ihnen die Erlösung und forderte sie auf, Freudengesänge anzustimmen und Gott Preis und Dank zu sagen. Seine Fröhlichkeit teilte sich ihnen mit. Hingerissen von seinen Worten, dass sich in drei Tagen die ersehnte Rettung zeigen werde, feierten sie fröhlichen Herzens das Weihnachtsfest und sangen jubelnd die alten, ewig schönen Lieder vom Christkind in der Krippe. Was der Heilige verkündete, ging in Erfüllung. Am dritten Tage nahte die Erlösung. Mit Tagesanbruch hatten sich bereits alle am Ufer versammelt. In hoffnungsvoller Erwartung richtete man den sehnenden Blick aufs Meer. Da wurde plötzlich ein Mast sichtbar. Jubelgeschrei erhob sich am Ufer. Immer näher kam das mit Lebensmitteln reich befrachtete Schiff, das der langen Verbannung ein Ende bereiten sollte. Mit Begeisterung wurden die Abgesandten empfangen. Innige Dankbarkeit hegten alle gegen den ehrwürdigen Pater Balthasar, der sein Leben für sie in Gefahr gebracht hatte, nicht weniger aber gegen Franziskus Solanus, der alle Entbehrungen und Bedrängnisse mit ihnen geteilt hatte, der ihnen Vater, Tröster und Freund geblieben war. Nach einer feierlichen Dankandacht in der kleinen Kapelle zogen alle, das Muttergottesbild vorantragend, zum Ufer, um sich einzuschiffen. Sie gelangten zum peruanischen Hafen Paita (Payta), wo sich die Ordensleute von den übrigen Reisenden trennen mußten. Nachdem sie sich mit dem nötigsten Vorrat versehen hatten, wanderten sie barfuß, aber mutigen Schrittes nach Lima, ihrem nächsten Reiseziel. Im Januar 1590 kamen sie nach Lima, der Stadt des Goldes, des Reichtums und der Sünde. Im Kloster St. Franziskus von Jesus, dem franziskanischen Stützpunkt der südamerikanischen Mission, das fast 200 Brüder zählte, erholten sie sich zunächst sechs Monate lang von den Strapazen der Reise und bereiteten sich auf ihre Mission vor. Dann suchten sie das ihnen angewiesene Feld ihrer zukünftigen Wirksamkeit auf, nämlich Tucuman, das große Flußgebiet des Rio de la Plata, das heute eine Provinz Argentiniens bildet. Es war eine Gruppe von fünf Brüdern: P. Balthasar von Navarra, P. Franziskus Solano und drei weitere Brüder, die sich auf die beschwerliche Reise von 700 Meilen machten, ohne einheimische Führer. Nur ausgerüstet mit Brevier und Kreuz und für Notfälle auch mit Holzsandalen, überquerten sie die Cordilleren wie auch die Anden, voneinander getrennt durch die Sierra Nevada, und danach die Urwälter des heutigen Boliviens. Der Weg wartete demnach mit fast unüberwindlichen Schwierigkeiten und Gefahren auf: Steile Gebirgshöhen wechselten mit schwindelnden Abgründen, öde Steppen mit undurchdringlichen Wäldern, mächtige Flüsse mit reißenden Gebirgsbächen. Dazu kamen Gefahren durch Raubtiere wie dem Jaguar und durch giftige Schlangen. Hatten auf den Höhen der Anden Schnee und Eis und grimmige Kälte geherrscht, so wurden die Wanderer in den Llanos Boliviens, diesen öden Salzsteppen, nicht selten von unerträglicher Hitze gequält. Unsere Missionare aber ließen sich nicht schrecken. Sie verließen sich auf Gottes mächtigen Schutz. Besonders war es der hl. Franziskus, der durch nichts zu entmutigen war, der durch seine Fröhlichkeit seine Gefährten aufheiterte, sie stärkte und aneiferte. Oft stimmte er, wenn seine Reisegenossen verzagen wollten, ein Lied an zur Ehre Gottes oder Mariens, und alsbald waren sie wieder voll des Mutes. So kamen sie denn endlich ans gewünschte Ziel. Es handelte sich um das Kolonistendorf Talavera, im Urwald von Tukumanien, am Salado. Es waren übrigens nicht die ersten Missionare, die in dieses Land geschickt wurden. Vor ihnen hatten dort bereits andere höchst segensreich gewirkt. Vor allem verdient der aus dem spanischen Marchena stammende Bruder Ludwig Bolanos (Luis de Bolaños, 1539 - 1629) genannt zu werden, ein Vorkämpfer für die Reduktionen, der die Sprache der Indianer so beherrschte, dass er die Grundlehren des Christentums und den Katechismus in die Guaraní-Sprache und fünf weitere Sprachen übersetzte. Nachdem er Priester geworden war, arbeitete er mit unermüdlichen Eifer an dem Heile der Seelen und spendete etwa 30.000 Menschen die hl. Taufe. Später war es der hl. Ildefons von Sankt Bonaventura aus Andalusien, der gleichfalls zahllose Seelen evangelisierte. Leider hatte das Leben und Beispiel der gewinnsüchtigen spanischen Eroberer, die die Indianer für ihre materiellen Zwecke ausbeuteten und sie oft nicht besser als Tiere behandelten, manches Gute erstickt, so dass Unglaube und Lasterhaftigkeit wieder ihr Haupt erhoben. Da war es der hl. Franz Solano, der, mutig die Hand an die Wurzel legend, vor allem das Gesetz der Liebe predigte, durch Liebe anzog, in Liebe wirkte. Wie ein Vater nahm er sich der Indios an, suchte ihnen erst Vertrauen einzuflößen, sie dann von der Verwerflichkeit ihrer Irrtümer zu überzeugen und sie zur wahren Liebe und Verehrung des Vaters im Himmel zu entflammen. Was die mächtigen Spanier durch all ihren Glanz und Reichtum sowie durch ihr herrisches, militärisches Wesen nicht erreicht hatten, das erreichten hier arme Missionare, bekleidet mit dem rauhen Bußgewand. Die Indianer sahen zu ihnen auf wie auf Gesandte einer höheren Welt und begegneten ihnen mit Ehrfurcht und Ehrerbietung. Um ihre Seelen zu gewinnen, unterzog sich Franziskus den härtesten Bußübungen, betete und opferte. Oft fand man ihn in der Missionskapelle vor dem Altar, mit ausgebreiteten Armen Gottes Erbarmen anflehend für die armen Irregeleiteten. Mit allem Eifer begann Solanus, die Sprache der Indianer zu erlernen, der Stämme von Socotonio und Magdalena. Die tokonitische Sprache war äußerst schwer, aber bereits nach 14 Tagen beherrschte er sie so sehr, dass er seinen Lehrmeister, den spanischen Kommandanten Andreas Garcia de Velves von Talavera, übertraf. Die Eingeborenen war darüber außer sich vor Verwunderung. Sie schrieben dies geheimen Zauberkünsten oder aber der Macht ihrer Gottheit Attaguschu zu. Diejenigen aber, die sich bereits durch sein Wort bekehrt hatten, wußten, dass es die Gnade dessen war, der da gesprochen hat: “Nicht ihr seid es, die da reden, sondern der Geist Gottes, der in euch ist.” Es wird erzählt, dass er einst, als er verschiedenen Stämmen das Wort Gottes verkündete und sich dabei nur seiner kastilianischen Sprache bediente, von jedermann verstanden wurde, gleich als ob er in der eigenen Sprache eines jeden geredet hätte. Der Heilige ermüdete nie in seinem apostolischen Eifer. Er zog von einem Stamm zum anderen, nicht achtend der Anstrengungen und der Gefahren, die ihn umgaben. Durch nichts ließ er sich abschrecken, das Beispiel des Guten Hirten nachzuahmen, der dem verirrten Schäflein nachgeht, um es den Dornen zu entreißen und auf gute Weide zu führen. Hier und dort traf er zu seiner Freude auch solche an, die bereits das Evangelium angenommen hatten. Er freute sich, ihnen die so lange entbehrten Gnadenmittel der Kirche spenden, sie aneifern, stärken und ermutigen zu können. Überall nahm er sich mit besonderer Liebe der Kranken an, tröstete sie und bereitete sie auf das Ewige Leben vor. Eines Tages rief man ihn zu einem schwer kranken Indianer, der gänzlich der Sprache beraubt war. Leider verstand der Heilige die Sprache dieses Stammes nicht, um sich ihm verständlich machen zu können. Er betete zum Herrn und befahl - einer höheren Eingebung folgend - dem Kranken, sofort zu sprechen. Und siehe da, dieser begann zu reden, ließ sich durch den Heiligen, den er nun verstand, unterrichten und empfing die heilige Taufe, die ihm die Pforten der Seligkeit öffnete. Dieses Ereignis wurde durch den Benefiziaten Christoph Valdés bezeugt. Einer der hervorstechendsten Charakterzüge des Heiligen war seine große Sanftmut und Geduld. Dadurch zog er mit unwiderstehlicher Gewalt die Herzen an sich. Während sich die Spanier durch ihr herrisches, gewalttätiges Wesen bei den Indianern unbeliebt, ja verhasst machten, gewann Franziskus durch seine Liebe ihr Vertrauen. Selbst die verstocktesten Sünder fassten Zutrauen zu ihm. Aus allen Gegenden kamen sie, um ihn zu hören und sich durch seinen Rat leiten und helfen zu lassen. Sie fühlten, dass er ein Freund war, der nicht an sich, sondern nur an ihr Wohl dachte. Nachdem er zu Socotonio und Magdalena gewirkt hatte, begab er sich in die Gegend von Talavera und gewann auch hier durch seine Milde und Güte die Herzen der Eingeborenen. Sein Einfluss wurde immer segensreicher. Unzählige bekehrten sich durch sein Wort zum Glauben an Jesus. Tugend und Sitte verbreiteten sich immer mehr. Mit besonderer Liebe nahm er sich der Kinder an. Er sah in ihnen die Lieblinge Gottes, suchte sie zum Guten anzuhalten und vor dem Bösen zu warnen. Er erzählte ihnen vom himmlischen Vater, der alle Kinder - mögen sie weiß oder schwarz oder roter Hautfarbe sein - mit gleicher Liebe umfaßt und alle in den Himmel aufnehmen will. Rührend war die Anhänglichkeit der Kleinen. Wenn sie ihn erblickten, liefen sie mit den Worten: "Da ist der Heilige!" freudestrahlend auf ihn zu, um seinen Segen zu empfangen. Die Franziskaner beschränkten sich nicht auf die Mission, sondern leisteten auch Entwicklungshilfe. Zu Talavera wie auch zu Socotonio und Magdalena hatten sie Anstalten gegründet, in denen Landwirtschaft und mechanische Künste gelehrt wurden. Solanus übernahm selbst die Leitung und besuchte sie oft. Stets verband er aber die Besuche mit der Verkündigung des Wortes Gottes und dem Spenden der Sakramente. Mittags zog sich der Heilige auf einen benachbarten Hügel zurück, um sein Mittagsbrot einzunehmen und die Gelegenheit zu benützen, zu beten und innere Einkehr zu halten. Franziskus beschränkte seine Seelsorge nicht auf sie ansässigen Indianer. Wenn er hörte, dass ein Kazike oder Anführer eines Stammes in der Nachbarschaft umherschweifte, bemühte er sich, ihn aufzusuchen und die Erlaubnis zu empfangen, vor dem ganzen Stamm das Evangelium zu verkünden. Meistens gelang es ihm, durch sein mildes, liebevolles Wesen die Gunst des Häuptlings zu gewinnen und die Indianer durch sein Wort zu erreichen. Oft geschah es, daß er sie in ihren Tänzen und Waffenspielen unterbrach, die sie ihren Gottheiten zu Ehren aufführten, um ihnen die Augen zu öffnen und vom Götzendienst zur Verehrung des wahren Gottes zu führen. Auf seinen Wanderungen zu diesen umherschweifenden Menschen kam er bis nach Santiago d'Estero, 28 Grad südlicher Breite, von da nach Rioxa, einem Städtchen an der Grenze zu Chile, am Fuße der Anden. Die hier ansässigen Spanier, die durch die reichen Silberminen hierhergelockt waren und oft von den Indianern bedroht wurden, freuten sich über die Ankunft des Heiligen, von dessen mächtigem Einfluß sie sich eine Minderung der Gefahr erhofften. Es dauerte nicht lange, dass Solanos Predigten den gewünschten Erfolg hatten. Viele bekehrten sich, ließen sich taufen, siedelten sich in Rioxa an und es kehrte Frieden ein. Das aber erregte die Wut der benachbarten Gebirgsstämme. Unter 45 Anführern stürmten sie eines Tages hervor und besetzten den naheliegenden Hügel. Es war gerade Gründonnerstag. Ehrfurchtsvoll und begeistert wohnten die Neubekehrten den erhabenen Zeremonien des hohen Tages bei und dachten an keinen feindseligen Überfall. Plötzlich ertönte Kriegsgeschrei, Trommelschlag und das Schmettern des Tritionhorns. Die feindlichen Horden überschwemmten die Stadt, fest entschlossen, alles niederzumetzeln, was ihnen in den Weg trat. Furcht und Entsetzen verbreitete sich unter den Bewohnern. Die Frauen weinten und klagten, die Männer rüsteten sich unter Pietro Cotero, ihrem Anführer, zur verzweifelten Gegenwehr. Nur Franziskus bliebt ruhig und unverzagt. Mutig trat er vor die Horden. Der Anblick des Unerschrockenen übte eine geheimnisvolle Macht aus. Er begann zu reden, und sie, welche zum Morden und Sengen herangezogen waren, hörten schweigend auf seine Worte von Frieden und Liebe. Unter den Indianern waren verschiedene Sprachen und Dialekte, aber alle verstanden ihn. Und nun vollzog sich eine merkwürdige Wandlung: Die blutdürstigen Menschen fielen dem Heiligen zu Füßen und begehrten die Taufe. Die Anzahl derer, die sich auf der Stelle bekehrten und am nächsten Tag betend des Karfreitagsleidens des Herrn gedachten, betrug 9000. Zunächst blieb der Franziskus noch einige Zeit in Rioxa, um die Neubekehrten im Glauben zu bestärken. Dann setzte er seine Missionsreise fort. Er wandte sich nach Nordosten und zog durch Cajamarca bis nach San Miguel im Tal Calchaquin. Sein Ruf war ihm vorausgeeilt, so dass er überall auf bereite Herzen stieß und Tausende für Christus gewinnen konnte. Von San Miguel begab er sich an einen kleinen Ort, der den Namen des Landes Tucuman tug. Die Gegend dieses Ortes war paradiesisch schön. Dem Rio Dolce, der sie durchfloss, verdankte sie eine üppige Vegetation. Hier fand der Heilige nur wenige Eingeborene. Die meisten hatten die Gegend verlassen, um sich die Spanier vom Hals zu halten und ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Franziskus zog ihnen wie ein treuer Hirte nach und kam bald in eine Gegend, die im Osten von Paraguay, im Süden von Morästen und Sandwüsten, im Westen von den hohen Gipfeln der Anden begrenzt wurde. Hier wohnten zerstreut mehrere Stämme, die sich oft gegenseitig befehdeten und nur einig waren, wenn es darum ging, gemeinsam gegen die Spanier zu kämpfen. Sie führten ein unstetes Leben, hatten keine feste Wohnsitze und waren fast unbekleidet. Sie lebten von Jagd und Fischerei und scheuten auch nicht davor zurück, Menschenfleisch zu essen. Bereits im Jahre 1556 war der spanische Kommandant Andreas Manso in die Region vorgedrungen. Er und seine Mannschaft wurde aber überfallen und grausam getötet. Die Wilden hatten das Fleisch der Feinde verzehrt und aus der abgezogenen Haut Kriegstrophäen verfertigt. Zur Erinnerung an das wilde Gemetzel nannte man die Ebene zu beiden Seiten des Flusses Pilco-Majo die Ebene von Manso. Seit dieser Zeit hatte es kein Spanier mehr gewagt, diese Gegend aufzusuchen. Doch Solanus schreckte vor keiner Gefahr zurück. Zu groß war sein Verlangen, Seelen zu retten, und sollte es ihm auch das Leben kosten. Die geistige Not, die trostlose Unwissenheit der Indianer ging ihm tief zu Herzen. Er dachte nur an ihr Seeleheil. Mit dem Kreuz in der Hand durchwanderte er die Kordilleren von Clinigua. Und das Wunder geschah: von allen Seiten kamen die Wilden herbei, um diesen seltsamen Mann zu sehen, der in allen Sprachen redete und den ein jeder von ihnen verstand. Viele bekehrten sich. Die Gewässer des Rio Bermejo, die Pilco Majo und des Solado spendeten Unzähligen das Taufwasser, das sie dem ewigen Verderben entriss. Die Sitten besserten sich bald in staunenswerter Weise. Das Kriegs- und Nomadenleben wich einem geordneten, sesshaften Leben. Auch wenn manche wieder in die alten Gewohnheiten zurückfielen, faßte das Christentum immer festere Wurzeln. Die Ehrfurcht und Dankbarkeit, die die Indianer dem Heiligen entgegenbrachten, wuchsen immer mehr, so dass sein Andenken noch weit über seinen Tod hinaus erhalten blieb und in Wort und Lied gefeiert wurde. Nachdem Solanus die Provinz Chaco lehrend durchwandert hatte, kam er zum großen Paraguay. Weit und breit war kein Boot zu sehen, auf dem er den Fluss hätte überqueren können. Schon jubelten die Indianer bei dem Gedanken, ihren geliebten Vater behalten zu können. Doch da breitete Solanus, nachdem er die Indianer ein letztes Mal ermahnt und gesegnet hatte, seinen Mantel über das Wasser, der ihn zum Erstaunen aller Anwesenden zum jenseitigen Ufer hinübertrug. Solanus durchzog die Gegenden von Paraguay und Uruguay. Er durchwanderte dürre Salzsteppen und grasbedeckte Pampas. Weder Hunger noch Durst, weder Mühe noch Gefahren konnten ihn davon abhalten, die Seelen aufzusuchen, um ihnen die Lehre des Heils zu verkünden. Dann überschritt der den La Plata und gelangte nach Santa Fé und von da nach Neu-Cordoba. Tausende Menschen, Spanier wie Indianer, hörten seine Worte, ließen sich von seinem glühenden Seeleneifer anstecken und bekehrten sich. Der Heilige ging stets barfuß. Niemals versah er sich mit dem geringsten Vorrat. Alles überließ er vertrauensvoll demjenigen, der da gesprochen hat: “Euer Vater weiß, dass ihr dessen alles bedürft!” Wie schon die Überquerung des Paraguay zeigte, waren dem Heiligen Wunder nicht fremd. Im Gegenteil: Gott begnadigte ihn mit der Gabe der Wunder so sehr, dass die Kirche ihn den Thaumaturgen, den Wundertäter des Westens nennt. Einige Wunder mögen hier Erwähnung finden. Dem Heiligen wurde eines Tages gemeldet, dass in Talavera seit langer Zeit die größte Wassernot herrsche, so dass die Einwohner sich schweren Herzens dazu entschlossen hätten, ihre Heimat zu verlassen und sich in anderer Gegend anzusiedeln. Solanus suchte den Ort auf und offenbarte den Bewohnern, dass nicht weit von Talavera eine Quelle verborgen sei, die ihrer Not abhelfen würde. Obwohl man ihm zunächst wenig Glauben schenkte, folgte man ihm doch neugierig an die bezeichnete Stelle, wo er ihnen mit dem Stock genau angab, wo sie graben sollten. Trotz ihrer Zweifel begannen sie zu graben - und siehe da, eine frische, klare Quelle sprudelte hervor und lieferte Wasser im Überfluß, so dass sogar zwei Mühlen in Bewegung gesetzt werden konnten. Heute noch [1912] zeigt man die Quelle als “Quelle des heiligen Solanus”, und manche Heilungen sind durch die gläubige Anwendung des Wassers erfolgt. Als bald darauf der Heilige in die 1573 von Hieronymus Cabiera gegründete Stadt Cordova kam, herrschte auch hier seit vier Tagen die größte Wassernot. Dumpfe Verzweiflung bemächtigte sich der Gemüter. Einige Soldaten ließen sich sogar zu Ausbrüchen der schändlichsten Gotteslästerung hinreißen. Dies schnitt dem Heiligen durch die Seele. Er flehte den Herrn an, der Sünde Einhalt zu tun, den bedrängten Einwohnern aber zu Hilfe zu kommen. Dann wies er den Pater Andreas de Fizaguirra an, auf den Gipfel des benachbarten Hügels zu steigen. Hier werde er an einer öden Stelle ein gefaltetes Papier und nicht weit davon einen großen, runden Stein finden. Diesen möge er aufheben, und es werde sich ihm alsbald eine Quelle zeigen. Der Ordensmann bestieg in Begleitung einer großen Volksmenge den Hügel und fand wirklich alles so, wie der Heilige gesagt hatte. Eine frische Quelle sprudelte unter dem Stein hervor zur großen Freude der nach Wasser lechzenden Menge. Zum Andenken an dieses wunderbare Ereignis wollte der Ordensmann das gefaltete Papier mitnehmen, aber es war nirgends mehr zu finden. Als Solanus einst in einem Dorfe krank darniederlag, wurde ihm vom Geiste Gottes eine arme Indianerin gezeigt, die Sklavin eines gewissen Peter Lotelo, die in Verzweiflung und Lebensüberdruß ihrem Leben ein Ende machen wollte. Da er selbst nicht imstande war, ihre zu Hilfe zu kommen, bat er den ihm bekannten Priester Emanuel Munez, doch eilends auf den nahen Hügel zu steigen, um jene Arme dem sicheren Verderben zu entreißen. Der Priester ging, traf aber unterwegs einen Bekannten, der ihn ins Gespräch zog. So verspätete er sich und kam an, als der Selbstmord schon geschehen war. Bei seiner Rückkehr fand er den Heiligen in Tränen. Derselbe wußte bereits, was geschehen war, und beweinte das traurige Ende der Armen. Nach seiner Genesung nahm er baldmöglichst Veranlassung, ernste Worte über den Selbstmord zu reden, und in der Folge kam das Verbrechen nicht mehr vor. Die begeisternden Predigten des Heiligen, die zahlreichen Wunder, die Gott durch ihn wirkte, verschafften ihm einen außerordentlichen Einfluß auf die Herzen. Alle erkannten die übernatürliche Macht, die ihm innewohnte, und glaubten seinen Worten. In der Pfarrei St. Michael in der Provinz Tucuman fanden - wie in Spanien - regelmäßige Stierkämpfe statt. Wie dort, so gab es auch hier begeisterte Anhänger des barbarischen Spieles, und Spanier und Indianer, die sich sonst oft blutig befehdeten, fühlten sich einig in ihrer leidenschaftlichen Liebhaberei für dieses Vergnügen. Da geschah es einst, dass ein wütender Stier die Schranken durchbrach und sich auf die Zuschauer stürzte, manche tötend, andere verwundend. Gerade in diesem Augenblick näherte sich der hl. Franziskus dem Schauplatz, und der Stier stürzte wütend auf ihn los. Aller Blicke waren auf ihn gerichtet. Man war sicher, dass er ein Kind des Todes sei. Aber da geschah das Unerwartete: Der Heilige zeigte dem Tier seinen Strick, und der Stier ich zurück. Darauf legte ihm Solanus den Strick um das Maul, und ruhig kehrte das Tier um. Das Volk war außer sich vor Verwunderung. Der Gouverneur drückte ihm sein Erstaunen aus, dass er auf solche Weise die wilden Tiere bändigen konnte. Der Heilige aber wies alles Lob von sich und zeigte auf denjenigen, dem alles gehorchen muss. Ein anderes Mal stürzt sich in derselben Gegend ein wilder Stier auf ihn. Der Heilige fiel auf die Kniee und streckte dem Tier seine geweihten Hände entgegen. Da beugte auch der Stier die Kniee und zog sich dann friedlich in die Wildnis zurück. Ein drittes solches Ereignis geschah, als Solanus in Begleitung des Kommandanten Andreas Garcias, der zu Ross saß, auf dem Weg zur Schule in Talavera war. Als unerwartet ein wilder Stier auf sie losstürzte, gab der Gouverneur dem Pferd die Sporen und suchte sich durch eilige Flucht zu retten. Doch dann gedachte er des Missionars, den er in so großer Gefahr zurückgelassen hatte. Er kehrte um - und war nicht wenig erstaunt zu sehen, wie der Stier sanft und zahm wie ein Hund neben dem Heiligen herlief. Solanus gab dem Tier seinen Segen, und es ging friedlich davon. In Cordova bestand die Missionstätigkeit des hl. Solanus weniger in der Verbreitung des Christentums, - da dasselbe bereits früher Eingang dort gefunden hatte - als vielmehr in der Bekämpfung der Lauheit und Lasterhaftigkeit der Spanier, die durch ihr schlechtes Beispiel viel Ärgernis gaben und das Bekehrungswerk bei den Indianerns oft aufs ungünstigste beeinflussten. Allmählich gelang es ihm, durch Wort und Beispiel eine Besserung herbeizuführen. Die Beichtstühle wurden umlagert, neue Kirchen gebaut, der religiöse Eifer entfacht. Obwohl seine Violine nur noch zwei Saiten hatte, begeisterte er am Weihnachtsfest die Gottesdienstbesucher durch sein Spiel. Eines Tages erfuhrt der Heilige, dass einige Stämme in der Nachbarschaft von Santiago d’Estero sich in blutigem Bruderkrieg befehdeten. Er zog hin und konnte durch seine Mahnung die Zwistigkeiten beenden und in Versöhnung und Freundschaft umwandeln. Nach segensreicher Wirksamkeit in Neu-Cordova kehrte Solanus nach Rioxa zurück, wurde aber infolge der vielen Mühen und Strapazen bald so schwach und krank, dass er für einige Zeit das Bett hüten musste. Um diese Zeit tagte im Tal de Jauja bei Lima das Ordenskapitel unter dem Vorsitz des P. Franz Anton von Ortiz, des Generalbevollmächtgten für die Provinzen Perus. Hier wurde Franziskus Solanus, dessen Heiligkeit und Eifer weithin berühmt geworden waren, einstimmig zum Kustos der Kustodie Tucuman erwählt. Solanus schrak vor diesem Amt zurück und bat flehentlich, ihn bei seiner Missionstätigkeit zu lassen und einer geeigneteren Persönlichkeit das ihm zugedachte Amt zu übertragen. Seine Bitten fanden aber kein Gehör. So musste er sich in demütigem Gehorsam fügen. Sobald er konnte, trat er sein Amt an und begann, die Klöster zu besuchen, die ihm als Kustos anvertraut waren. Überall wurde er mit Jubel und Begeisterung aufgenommen. Er lebte in Gott und für Gott und suchte in allem ihn allein. Manche Nacht verbrachte er im Gebet und in Bußübungen. Rastlos war er bestrebt, auch die ihm Anvertrauten zu einem Leben inniger Gottverbundenheit hinzuführen. Nachdem das vorgeschriebene Jahr verstrichen war, bat er seine Oberen, ihn jetzt von seinem Amt zu entbinden und ihn wieder zu seinen Indianern gehen zu lassen. Schon glaubte er, dass sich sein Wunsch erfüllte, da man einen neuen Kustos für Tucuman ernannte. Der Heilige wurde jedoch nach Lima berufen und erhielt zu seiner Bestürzung den Auftrag, die Leitung eines neuen Klosters daselbst zu übernehmen. Diese unerwartete Wendung erfüllte ihn mit großer Betrübnis. Aber er gehorchte. Etwas anderes kam für ihn nicht in Frage. So trennte er sich schweren Herzen von seinem geliebten Tucuman. Um sich und anderen den Abschied zu erleichtern, reiste er in aller Stille ab. Kurz vor seiner Abreise hatte er noch einige Prophezeiungen ausgesprochen, die in der Folge wörtlich in Erfüllung gingen: Ein angesehener Reicher hatte ihm Geld zur Bestreitung der nötigen Reisekosten angeboten. Franziskus wies die Summe lächelnd zurück mit der Bemerkung, dass er, der Reiche, eines Tages selbst so arm sein werde, dass er sogar auf Kosten der Almosen der Gläubigen begraben werden müsse. Vier Jahre später trat der Reiche in den Franziskanerorden ein und starb also wirklich in größter, franziskanischer Armut. Auch andere Ereignisse verkündete der Heilige voraus, so den Untergang der Stadt Talavera, die Gründung einer Stadt zwischen Santa Fé und San Miguel, die Bekehrung der Bewohner des Chaco, die Entdeckung neuer Minen u.a. Auf Seiten der Indios stieß die Kunde von der bevorstehenden Abreise des Heiligen auf größten Schmerz. Weinend umringten sie den geliebten Vater, klagten laut und waren so betrübt, dass auch der Heilige sich der Tränen nicht erwehren konnte. Einer der Häuptlinge bat Solanus, ihm als Andenken seinen Strick zu überlassen. Er erfüllte diesen Wunsch. Der Strick ward in der Folge zu einer kostbaren Reliquie. Heute noch wird er in der Kirche von Santiago d’Estero mit anderen Reliquien des Heiligen aufbewahrt und verehrt. Auch Rioxa erhielt manche kostbare Reliquie, so den kleinen Tragaltar, dessen sich Franziskus auf seinen Missionsreisen zu bedienen pflegte und der später in das Kloster von Buenos Aires gelangte. Das Kloster zu Cordova bekam einen Rosenkranz, den der Bischof und Ordensgeneral Mgr. Bustos von Solanus erhalten hatte, Talamuchita ein von ihm selbst geschriebenes Ritualmanuskript. Die schönsten Reliquien aber, die Talavera - das heutige Tramas - Socotonio, Magdalena und die anderen Stätten der apostolischen Tätigkeit unseres Heiligen bewahrten, waren die Tugenden und reinen Sitten der Bewohner, die auch ferner nach seinen Lehren handelten, die ihn in allen zeitlichen und geistlichen Anliegen als Freund und Beschützer anriefen. Der Abschied vom Lande Tucuman fiel unserem Heiligen unsagbar schwer. Niemals sollte er dieses geliebte Land, mit einen wilden Höhen, seinen Tälern und Flüssen, seinen treuen Indios vergessen. Auch wenn er sich mit ganzer Kraft seiner neuen Aufgabe widmete, so kehrten seine Gedanken doch immer wieder nach Tucuman zurück, und oft hat er später seine Oberen gebeten, wieder zu seinen geliebten Rothäuten zurückkehren zu dürfen. Vielleicht wäre ihm dieser Wunsch auch gewährt worden, wenn die Oberen nicht wegen seiner geschwächten Kraft Gefahr für seine Gesundheit befürchtet hätten. So sollte er Tucuman nie mehr wiedersehen. Die Reise nach Lima betrug 700 Meilen. Solanus legte sie allein und ohne Führer zurück. Er war jetzt 53 Jahre alt. 1602 kam er in Lima, dem Ort seiner zukünftigen Wirksamkeit, an. Seine Kräfte begannen bereits nachzulassen, und nur noch acht Jahre apostolischer Wirksamkeit sollten dem eifrigen Glaubensprediger beschieden sein. III. Der Apostel von Peru (1602-1610) Die Stadt Lima, die ihren Namen von dem Tale Rimac erhalten hat, war von Francisco Pizarro (1478-1541) als Hauptstadt gegründet worden und liegt in herrlicher Lage. Obschon die Stadt nur 12 Grad vom Äquator entfernt ist, wird das Klima durch die kühle Brise des nahen Ozeans und die Kordilleren günstig beeinflußt. Das schöne Tal Rimac war nach einer Gottheit benannt, der die heidnischen Indianer Menschenopfer darbrachten. Sein Name heißt soviel wie der “Sprechende”. Lima wurde auch wohl “Stadt der Könige” genannt, da sie am Dreikönigstage 1535 gegründet worden war. Noch erinnern die Wappen der Stadt daran, in welchen man u. a. einen achtzackigen Stern und drei Kronen erblickt. Die Stadt bildet ein rechtwinkliges Dreieck, dessen Längsseite von dem Flusse Simac begrenzt wird. Die Länge beträgt etwa zweidrittel Meilen, die größte Breite eine halbe Meile. Eine steinerne, mit 34 Bastionen versehene Mauer umgibt die Stadt, die Häuser sind niedrig, aber bequem eingerichtet und sehr freundlich. Sie sind ziemlich leicht gebaut, da sich die Bewohner nicht gegen den Regen zu schützen brauchen. Denn es regnet selten in diesem Tal. Im Inneren der Stadt befinden sich Weinberge, schöne Gärten und Obsthaine. Die größte Plage Limas sind die häufig und plötzlich auftretenden Erdbeben, denen die leichten Häuser aber im allgemeinen gut widerstehen können. Die alten Kirchen Limas waren von großer Pracht und aufs herrlichste ausgeschmückt. Gold und Silber. Alles wurde aufgeboten, um die Gotteshäuser äußerlich und innerlich aufs würdigste auszustatten. Die Kathedrale ist dem hl. Johannes dem Evangelisten geweiht und wurde La Majore genannt. Der ehrwürdige Hieronymus von Loaisa (Loayza) aus dem Predigerorden war der erste Erzbischof der Stadt. Er gründete 1551 die erste Hochschule in Amerika, die Universität de San Marcos. Das Bistum Lima wurde 1541 errichtet, 1546 zum Erzbistum und 1572 zum Primatialsitz von Peru erhoben. Bedeutsam war das Wirken des heiliggesprochenen Erzbischofs Toribio Alfonso de Mogrovejo (1579-1606), der heute der Patrons des Bistums ist. Die Franziskaner besaßen in Peru bereits mehrere Klöster, darunter auch in Lima selbst. Zunächst gehörten sie als Kustodie zur Provinz des hl. Evangeliums in Mexiko. Dann wurden sie zu einer eigenen Provinz unter dem Namen der zwölf Apostel errichtet. Diese wurde 1565 gelegentlich der Tagung des Ordenskapitels aufgeteilt in die beiden Provinzen St. Franziskus von Quito und St. Trinitas und St. Antonius von Charcas. Das alte Siegel stellt die hll. Apostel Petrus und Paulus dar mit Franziskus in der Mitte. Alle drei befinden sich in einer Barke und werfen das Fischernetz aus. Jeder von ihnen trägt sein Zeichen, nämlich Schlüssel, Kreuz und Schwert. Oben schwebt schützend der Heilige Geist. Über ihren Häuptern glänzen 21 Sterne. Die Provinz St. Antonius wurde später wieder der von Peru angegliedert. Diese erstreckte sich von Truxillo ibs Potosi - 1300 Meilen weit. Zu ihr gehörten 18 Klöster, und zwar 11 in spanischen und 8 in indianischen Städten. Das Kloster zu Lima war von P. Franz de la Paz gegründet worden. Dieser war von der Insel St. Domingo herübergekommen. Doch schon 1536 mußten die Ordensleute das Kloster verlassen, da sie infolge der blutigen Kämpfe zwischen Spaniern und Eingeborenen beständig bedroht waren, und es wurde ein anderes gegründet. Solanus erhielt den Auftrag, in dem neuen Kloster Unserer Lieben Frau von den Engeln zu Lima das strenge Leben der Rekollekten einzuführen. Wenngleich er nicht eigentlicher Guadian war, so ruhte doch, da dieser beständig kränkelte, die ganze Last und Verantwortung auf ihm. Als ein Jahr später P. Johann de Monte Major zum General ernannt wurde, wurde Solanus zu seiner größten Betrübnis zum Guardian erwählt. Traurig zog er sich an eine einsame Stelle des Gartens zurück, um seinem Schmerz freien Lauf zu lassen. Erst schien man wirklich seinen Wunsch berücksichtigen zu wollen, indem die Ernennung vorläufig zurückgezogen wurde. Als aber der neue General immer mehr die außerordentliche Begabung des Heiligen erkannte, zögerte er nicht länger, ihn definitiv zum Guardian zu bestimmen. Dieser ließ nichts unversucht, um von dem Posten, für den er sich ganz und gar untauglich hielt, entbunden zu werden. Er ging selbst nach St. Magdalena zum General und flehte ihn so lange an, bis dieser endlich nachgab. Auf seine Bitte wurde er nach Truxillo, 80 Meilen von Lima entfernt, gesandt. Hier hoffte er, in völliger Zurückgezogenheit seinem Gott dienen zu können. Doch nicht lange sollte er sich dieser Ruhe erfreuen. Im Jahre 1603 kam ein neuer Kommissar nach Amerika, der berühmte P. Juan Venido, der nachmalige Bischof von Lima, ein sehr energischer, tatkräftiger Mann. Dieser ernannte Solanus erst zum Guardian von Truxillo, und nachdem er immer mehr zur Erkenntnis der seltenen Geistesgaben des Heiligen gekommen war, schon nach einem Jahr abermals zum Obern von Unserer Lieben Frau von den Engeln zu Lima. Vier Monate bekleidete der Heilige das neue Amt, während derer er immer wieder darum bat, davon befreit zu werden. Unbeschreiblich war seine Freude, als seine Bitte endlich erfüllt wurde. Vor versammelter Genossenschaft warf er sich dem Kommissar zu Füßen, bekannte laut seine Unwürdigkeit und bat, ihm den letzten Platz unter den Brüdern zu geben. Der Kommissar mußte sich Gewalt antun, als er mit anscheinend großer Strenge erklärte, er solle tatsächlich den letzten Platz einnehmen, da seine Widersetzlichkeit nichts anderes verdiene. Doch Solanus küßte dem Obern dankbar die Hand, freute sich und tanzte wie ein Kind. Von jetzt an betrauten ihn die Oberen mit keinem besonderen Amte mehr, sondern überließen ihn der göttlichen Gnade, die - davon waren alle überzeugt - auch ferner Großes durch in wirken würde. Trotz seiner geschwächten Gesundheit suchte Solanus mit größtem Eifer die Obliegenheiten eines Religiosen zu erfüllen. Er vekündete in begeisternden Worten das Lob Gottes auf der Kanzel, war unermüdlich tätig im Beichtstuhl, nahm sich liebevoll aller Sündern und Bedrängten an. Oft stellte er sich in heiligem Eifer auf die öffentlichen Plätze und mahnte, das Kreuz in der Hand, mit flammender Rede, den Weg der Sünde zu verlassen und Buße zu tun. Immer mehr strömte das Volk zusammen, um auf den gottbegnadeten Apostel zu hören. Bald vollzogen sich in der Stadt die größten Wunder der Bekehrung. Diese hatte die Stadt auch bitter nötig, da in ihr Sünde und Verderbnis überhand nahmen. Selbst manche Priester waren lau geworden und erregten durch ihren Lebenswandel großes Ärgernis. Da waren es der heilige Solanus und einge seiner Zeitgenossen, die einen erfreulichen Wandel schafften. An dieser Stelle wollen wir kurz auf die anderen Heiligen eingehen, die ungefähr zur gleichen Zeit in diesen Ländern der Neuen Welt lebten und durch Wort und Beispiel unzählige Seelen auf den Weg des Heils geführt haben. Zunächst erwähnen wir den hl. Ludwig Bertrand, der im Jahre 1526 zu Valencia geboren, im Alter von 18 Jahren dem Orden des hl. Dominikus beitrat und - entflammt vom hl. Eifer für die Rettung der Seelen - trotz tausenderlei Gefahren und Hindernisse an der Küste Perus überaus segensreich gewirkt und unendlich viele den Banden des Teufels entrissen hat. Dieser “Ordensmann vor Gott”, wie er genannt wurde, war in hohem Maße durch die Gabe der Wunder ausgezeichnet. Als seine Feinde ihn einst vergiften wollten, nahm er ohne Zögern den ihm dargereichten Trunk, der ihm aber nicht im geringsten schadete, so dass seine Angreifer voll Erstaunen über dieses Wunder in sich gingen und sich bekehrten. Leider vereitelten die Spanier oft durch ihre Habsucht und ihren ärgerniserregenden Wandel vieles Gute, das die Missionare wirkten, so dass Ludwig nach einem mühe- und leidensreichen Schaffen im Jahre 1569 nach Spanien zurückkehrte, um dort seine weiter Apostelarbeit zu entfalten, bis er im Jahre 1581 am 9. Oktober in seiner Vaterstadt Valencia gottselig entschlief. Durch das schlechte Beispiel der Spanier wurde das Schaffen der Missionare oft in Frage gestellt. - Allein die göttliche Vorsehung erweckte bald einen Mann, der nicht allein der Apostel der Indianer, sondern auch der Spanier werden sollte. Es war das der bereits genannte hl. Erzbischof Turibius, der unermüdlich tätig war, das religiöse Leben zu heben, Mißbräuche abzuschaffen, verbessernd und veredelnd auf die Sitten der Priester und Laien einzuwirken und - wie Franz Xaver der große Apostel von Indien - so ein Apostel der neuen Welt wurde, der besonders in Peru ein christliches, zivilisiertes Volk erzog. Nächst seiner Arbeit verdankte er das aber auch besonders dem beständigen Gebete - dem öffentlichen wie dem privaten - und den heroischen Bußwerken, denen er sich für das Heil der Seelen unterzog. Gott begnadigte seinen Diener in hohem Maße mit der Gabe der Wunder; auf sein Gebet hin wichen Krankheiten aller Art, erhielten Blinde das Gesicht, Taube das Gehör; ja, manche Totenerweckungen werden von ihm berichtet. Er starb am 23. März 1606 zu Sagna in Peru, nachdem er 24 Jahre seiner Diözese als treuer, opfermutiger Hirt vorgestanden hatte. Er wurde im selben Jahr heiliggesprochen wie Franziskus Solanus. Außer diesem apostolischen Dreigestirn - Ludwig Bertrand, Turibius und Franziskus Solanus - müssen wir auch der beiden hehren Frauengestalten Südamerikas gedenken, die durch das Vorbild ihrer Tugenden viele für Christum gewannen. Es sind das die “Rose von Lima” und die “Lilie von Quito”. Erstere - die hl. Rosa - wurde am 20. April 1586 zu Lima geboren und auf den Namen Isabella getauft, später aber Rosa genannt. Das musterhafte, engelreine Leben der Heiligen faßt einer ihrer Geschichtschreiber zusammen in die Worte: “Die selige Jungfrau von Peru ist eine geschlossene Rosenknospe durch ihre Liebe zur Einsamkeit, eine duftende Rose durch den Glanz ihrer Tugenden, eine gebeugte Rose durch die Strenge ihrer Buße.” Bereits im 5. Lebensjahr machte Rosa das Gelübde ewiger Jungfräulichkeit. Nach unglaublichen Schwierigkeiten erhielt sie die Erlaubnis, sich mit dem Gewand des hl. Dominikus zu bekleiden, und nun richtete sie sich im väterlichen Hause eine kleine Einsiedelei ein, wo sie ihre Zeit zwischen Arbeit und Gebet teilte. Man nannte sie wegen ihres musterhaften Wandels die Rose ohne Dornen, indes fehlte es bei Rosa auch nicht an spitzen Dornen, die sie aber sorgfältig zu verbergen wußte. Sie legte sich die härtesten Bußübungen auf, unterzog sich den strengsten Kasteiungen, wurde dafür aber auch himmlischen Trostes gewürdigt. Sie starb am 24. August 1617 und wurde bereits 1668 von Clemens IX. seliggesprochen und ein Jahr später zur besonderen Patronin Perus bestimmt. Unter Clemens X. erfolgte ihre Heiligsprechung, und Leo XIII. ernannte sie zur Patronin des katholischen Amerika. Wie Lima seine Rose, so besaß Quito seine Lilie. Es war die selige Marianne von Jesus, die daselbst am 31. Oktober 1618 als Sproß der Familie De Perédes y Florès geboren wurde und sich schon früh durch Spuren außergewöhnlicher Heiligkeit auszeichnete. In ihrem 8. Lebensjahre weihte sie sich Gott allein und nannte sich von nun an Maria-Anna von Jesus. Wegen ihrer außerordentlichen Frömmigkeit war sie um diese Zeit bereits zur hl. Kommunion zugelassen worden. Maria-Anna war in der Tat ein gottbegnadetes Kind und wurde wegen ihrer hervorragenden Tugenden überall nur die Heilige genannt. Gott führte seine Dienerin durch die Schule harter Leiden; freudig ertrug sie aber alles, Krankheiten und Widerwärtigkeiten, und pries sich glücklich, dem göttlichen Dulder immer ähnlicher zu werden. Als im Jahre 1645 in Quito die Pest ausbrach und zahllose Opfer forderte, außerdem heftige Erdbeben die Gegend bedrohten, bot sich Marianne als Opfer für ihre leidenden Mitmenschen an, - und Gott schien das Opfer annehmen zu wollen; die Erdbeben hörten auf, die Epidemie ließ nach; Marianne aber wurde von heftiger Krankheit ergriffen, die sie einem frühen Grabe zuführte. Sie starb am 26. Mai 1645, im Alter von 26 Jahren. Als sie den letzten Atemzug getan hatte, hatte die Pest ihr letztes Opfer gefordert. Im Jahre 1853 wurde sie von Pius IX. seliggesprochen. Nennen wir nun noch die beiden berühmten Dominikaner Limas - Martin de Perrès und Johann Massias. Ersterer wurde im Jahre 1659 zu Lima geboren und zeichnete sich schon früh durch große Tugend und Frömmigkeit aus. Er trat in den Orden des hl. Dominikus ein, begehrte aber nur, einfacher Laienbruder zu werden. Bald schon war er für alle ein bewunderungswürdiges Vorbild der Pflichttreue, der Demut, der Gottes- und Nächstenliebe. Sogar die Tiere fanden einen liebevollen Beschützer an ihm. Er starb am 3. Dezember 1639, wie er es vorhergesagt hatte, und wurde 1836 von Gregor XVI. seliggesprochen. IV. Der eifrige Apostel Franziskus Solanus benutzte, wie wir sahen, alle Zeit und Kraft, um in wahrhaft apostolischer Weise auf die Sitten der sehr verkommenen Stadt Lima einzuwirken. Mit dem Kreuz in der Hand durchwanderte er die Straßen und Plätze, und wo er nur Menschen beisammen fand, verkündigte er ihnen in begeisternden Worten die Lehre des Heils. Er scheute selbst nicht davor zurück, die Theater und Vergnügungslokale aufzusuchen, die Bühne zu besteigen und den Zuschauern ein eigenes Schauspiel zu bieten, indem er auf das Kreuz wies, die Liebe des leidenden Gottmenschen darstellte, die einzelnen Leidensmomente vorführte und die Zuschauer mahnte und beschwor, jenen zu lieben, der sich für uns bis zum Tod erniedrigt, der - obschon über den Seraphim thronend und das ganze Weltall in seiner Hand tragend - doch aus Liebe zu uns Menschen unendliche Leiden und Schmerzen auf sich genommen hat. Als er eines Tages solch eine zündende Predigt anläßlich eines fragwürdigen Stücks gehalten hatte, verließen die Schauspieler die Bühne und das Publikum wurde von großer innerer Bewegung und Reue ergriffen. Seinen Eifer und seine Begeisterung für Gottes Ehre und des Nächsten Heil schöpfte unser Heiliger aus dem Gebet und der Betrachtung. Vor einem Bild des hl. Bonaventura, des seraphischen Lehrers, zu dem er eine besondere Andacht hegte, kniete er stundenlang in Gebet und Andacht versunken, vertiefte sich in die Betrachtung der göttlichen Geheimnisse und entfachte dadurch immer mehr die Gottesliebe in seinem Herzen. Eines Tages begab er sich in Begleitung des Bruder Juan Gomez zum Marktplatz, wo sich eine Art Börse befand. Er merkte sofort, dass man es mit der Redlichkeit und Ehrlichkeit nicht immer genau nahm, sprach daher, von apostolischem Eifer beseelt, mahnende Worte und beschwor die Beteiligten, des liebenden Heilandes zu gedenken, ihn nicht von neuem zu kreuzigen. Die Wirkung seiner Predigt war ganz ungewöhnlich. Solanus wartete nicht, bis er eine Volksmenge beisammen fand. Traf er auch nur einige, so begann er sein Predigtamt, und bald schon mehrte sich die Zahl, und der Zuhörer wurden so viele, dass man kaum durch das Gedränge kommen konnte. Er pflegte sie dann unter frommen Gesängen und den Klängen der Geige auf einen größeren Platz zu führen, wo sie ihn umringten, um auf seine Worte zu lauschen. Er besuchte die Klöster, die Spitäler, die Gefängnisse, die Werkstätten, um überall Seelen für Christum zu gewinnen, um Verirrte auf den rechten Weg zurückzuführen. Im Kloster der Menschwerdung befand sich eine Klosterfrau, die einen gefährlichen Feind zu bekämpfen hatte - den religiösen Überdruss. Nichts befriedigte sie, alles verursachte ihr Ekel und Widerwillen. Eine einzige Unterredung mit unserem Heiligen bewirkte, dass Frieden und Freude in ihr Herz zurückkehrten. In einem anderen Kloster, dem der Unbefleckten Empfängnis, war ebenfalls eine Nonne, die die größten Anfechtungen hatte und im Begriffe stand, auszutreten. Der Heilige mahnte sie in eindringlichen Worten, und schon bald änderte sich ihr Sinn, und der erste Eifer kehrte zurück. Die Schwestern des St. Josephsklosters hatten oft die Freude, den Heiligen bei sich zu sehen und geistliche Vorträge von ihm zu erhalten, und machten unter diesem Meister des geistlichen Lebens die größten Fortschritte. Eines Tages nahte sich dem Pater Juan Lainez ein Mann, ganz in Tränen aufgelöst, und flehte ihn an, ihm sofort die Beichte zu hören, indem er hinzufügte, dass ein ihm unbekannter Pater zu ihm gekommen sei, sich vor ihm auf die Knie geworfen und ihn beschworen habe, seine mit Sünden beladene Seele in einer guten Beichte zu reinigen und den guten Gott nicht mehr zu beleidigen. In diesem Augenblick kam zufällig der Heilige vorbei, den der Reumütige sofort als jenen wiedererkannte, dessen Mahnung eine so gewaltige Sinnesänderung in ihm hervorgerufen hatte. Er legte seine Beichte ab und führte in Zukunft eine höchst erbauliches Leben. Auch einem anderen jungen Weltmenschen, den er zufällig traf, stellte der Heilige sein bisheriges leichtsinniges Leben, die Torheit des Weltdienstes und die Schönheit der Tugend in so eindringlichen Worten vor Augen, dass dieser über das Gehörte ernstlich nachdachte, sich mit der Gnade Gottes immer mehr von der Torheit der Weltliebe überzeugte und sich entschloss, mit allem Sündenleben gründlich zu brechen und Gott allein zu dienene. Er trat bald darauf in den Franziskanerorden ein. Der große Gottesgelehrte Albert d’Acuna, der sich mit Solanus gern über geistliche Dinge unterhielt, versicherte später, dass diese Gespräche nicht allein ihm selbst, sondern auch allen Anwesenden stets unschätzbaren Gewinn gebracht hätten. Das Wort des Heiligen hatte solche Kraft, dass es bei den schrecklichsten Ereignissen sofort Ruhe zu schaffen vermochte. Im Jahre 1609 wurde Lima von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht. Am Morgen danach fanden in der Franziskanerkirche öffentliche Andachten vor dem ausgesetzten Allerheiligsten statt, und das Gotteshaus war bis auf den letzten Platz mit Andächtigen gefüllt. Plötzlich entstanden wieder unheilverkündende Erdstöße und riefen eine ungeheure Panik hervor. Alle suchten sich durch eilige Flucht zu retten, und das Gedränge wurde lebensgefährlich. In diesem Moment erschien der Heilige und gebot Stille. Mit ernsten Worten hielt er den atemlos lauschenden Zuhörern ihre Sünden vor und mahnte sie, den gerechten Richter zu fürchten und ihn fortan nicht mehr zu erzürnen. Statt der Angstschreie hörte man nur noch Gebete. Alle gingen in sich und gelobten Besserung. Das Erdbeben aber war zu Ende. Nicht selten geschah es, dass der Heilige während der Predigt in Verzückung geriet, so etwa, als er einmal am Fest Mariä Heimsuchung über die Worte des Magnifikat “Mein Geist erfreut sich” predigte und die Würde derjenigen pries, in welcher das ewige Wort Fleisch angenommen hat. Besonders überwältigend waren seine Predigten über das Leiden des Herrn. Sprach er von der Liebe des Gekreuzigten, so vermochte er kaum die Tränen zurückzuhalten. Wenn er dann tiefbewegt und stumm auf das Kreuz zeigte, so geschah es nicht selten, dass die Zuhörer in Tränen ausbrachen und die wunderbarsten Bekehrungen erfolgten. Als wahrer Sohn des Heiligen von Assisi befolgte Solanus stets den Rat des hl. Franziskus, Laster und Tugend, Strafe und Lohn dem Volke vorzustellen, alles aber mit verständiger Kürze. Alles, was er sagte, kaum aus liebendem Herzen, und daher drang es gewaltig in die Herzen seiner Zuhörer und zeitigte die schönsten Früchte. Wie bereits erwähnt, sah es in Lima in mehrfacher Hinsicht sehr traurig aus. Mit dem Reichtum seiner Bewohner waren auch Luxus und Vergnügungssucht gestiegen und alle Arten heidnischer Laster breiteten sich aus. Darüber weinte der Heilige oft die bittersten Tränen. Er war gewiss, dass sich eines Tages der Zorn Gottes über die unglückliche Stadt entladen würde. Es war an einem Nachmittag des Jahres 1604, als unser Heiliger nach der Vesper sein Kloster verließ und an der Tür den Bruder Pförtner um sein Gebet bat, da er eine schwere Mission zu erfüllen habe. Bald begann er vor einer großen Menge, die sich draußen um ihn scharte, eine herzerschütternde Predigt zu halten, die er unter das Bibelwort stellte: “Alles, was in der Welt ist, ist Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens.” Er hielt dem Volk seine Habsucht und Verdorbenheit, seinen Leichtsinn und Stolz vor und kündigte das drohende Strafgericht Gottes an, wofern sie nicht Buße tun würden. Er schloss seine Predigt mit den Worten: “Eure Leiber sind Tempel des Heiligen Geistes. Ihr aber habt sie durch eure Sünden entheiligt. Ja, öffnete eure Wohnungen, eure Leiber dem Verderben, und ich sage euch, dass ihr bald alle umkommen werdet!” Die Worte des Bußpredigers machten einen gewaltigen Eindruck. Wie ehedem in dem gottlosen Ninive, so fürchtete auch hier jeder das mit so überzeugender Bestimmtheit angekündigte Strafgericht. Ja, man glaubte, er rede von einem wirklichen Untergang der Stadt, der sicher eintreten werde, hatte ihnen doch die Erfahrung gezeigt, wie manche Prophezeiungen des Heiligen schon in Erfüllung gegangen waren. Furcht und Entsetzen bemächtigte sich der Gemüter. Man drängte sich zu den Beichtstühlen, um wenigstens dem ewigen Verderben zu entgehen, wenn dann der zeitliche Untergang nicht mehr fern sein sollte. Die rührendsten Szenen von Versöhnung und Friedensstiftung ereigneten sich. Gestohlenes Gut wurde zurückgegeben, Verleumdungen wurden widerrufen, Ärgernisse wieder gut zu machen gesucht. Es war eine wahrhaft gründliche Buße, der sich alle - vornehm oder gering - zu unterziehen suchten. Man veranstaltete öffentliche Gebete, um den Zorn des Himmels zu entwaffnen, machte feierliche Bittgänge, übte Werke der Abtötung und Selbstverleugnung. Die in Lima herrschende allgemeine Erregung kam auch dem damaligen Vizekönig Caspar de Zuniga y Azevedo (1604-1606), einem edlen Spanier, zu Ohren. Dieser wußte nicht recht, wie er sich zu der Sache stellen sollte. Er versammelte seine Räte und selbst den berühmten hl. Erzbischof Turibius zu sich bitten, um mit ihm über die Angelegenheit zu sprechen. Man beschloss, den Generalkommissar von Peru, der sich um diese Zeit in Lima befand, mit der Untersuchung der Sache zu beauftragen. Dieser befahl, Solanus von den königlichen Rat zu führen. Der Bote entledigte sich des Auftrags in etwas ungeschickter Weise, sprach von Vizekönig, Erzbischof, einem Gerichtsdiener, der Solanus erwarte, um ihn vor Gericht zu bringen, so dass alle in banger Erwartung waren, was geschehen würde. Nur Solanus behielt seine volle Ruhe. Einem Ordensbruder, der seine Befürchtung um ihn ausdrückte, erwiderte er: “Bruder Johannes, ich habe nur nach Gottes Befehl gehandelt.” Im königlichen Palast angekommen, wurde er vom Generalkommissar aufgefordert, dieselbe Predigt, die er dem Volke gehalten und worin er ihm das zukünftige Strafgericht verkündet habe, noch einmal vorzutragen. Mutig begann der Heilige vor der erlauchten Versammlung zu reden und erzielte jetzt bei den Großen dieselbe Wirkung wie vordem beim Volke. Tröstend fügte aber Solanus hinzu, dass er nicht so sehr vom zeitlichen, als vielmehr vom ewigen Untergang geredet habe. Man ließ ihn diese Beruhigung aufschreiben und mit seinem Namen unterzeichnen. Darauf heftete man die Erklärung an eine öffentliche Säule. Der Vizekönig setzte sein Siegel darunter, fügte aber die Worte hinzu: “Fahren wir fernerhin in unseren Sündenleben nicht fort!” Man konnte nicht daran zweifeln, dass der Heilige, vom Geiste Gottes erleuchtet, gesprochen, und dass, wenngleich er den sittlichen Untergang gemeint, Gott es zugelassen hatte, dass das Volk seine Worte auf den Untergang der Stadt bezog und dadurch zur Reue und Umkehr kam. V. Die Sehergabe des Heiligen Nach einiger Zeit kehrte der Heilige wieder nach Truxillo zurück, wo er bald - trotz seines Sträubens - zum Guardian ernannt wurde. Es war am Fest des hl. Didacus, dem 12. November 1603, als er von der Kanzel aus das Wort Gottes verkündete und dabei vorhersagte, dass die Stadt bald untergehen würde - samt der Kirche, in der sie gegenwärtig seien, dass aber die Kanzel unversehrt bleiben würde. Die Vorhersagung ging nach 15 Jahren in Erfüllung. Am 14. Februar 1618, acht Jahre nach dem Tod des Heiligen, wurde die Stadt samt der Kirche durch ein Erdbeben zerstört. Als die Erderschütterungen begannen, kniete eine arme Frau andächtig betend in der Kirche. Da sie sich an die Prophezeiung des Heiligen erinnerte, flüchtete sie sich vertrauensvoll unter die Kanzel. Und tatsächlich blieb die Kanzel unversehrt, während alles ringsum zustört wurde. Die Frau aber war gerettet. Einem jungen Edelmann, Louis de Ayala, kündigte Solanus eines Tages an, dass er später Jesuit werden würde, obschon derselbe gegenwärtig noch keineswegs an dergleichen dachte. Aber schon bald trat Louis wirklich in den Orden der Gesellschaft Jesu ein und bewahrte dem Heiligen zeitlebens die dankbarste Gesinnung und grenzenloses Vertrauen. Das zeigte sich auch, als eines Tages sein Vater Ferrier de Ayala tödlich erkrankte und von den Ärzten bereits aufgegeben wurde. Vertrauensvoll suchte er das Kloster Unserer lieben Frau von den Engeln auf, um den Heiligen um seine Fürbitte anzuflehen. Solanus befand sich seit einigen Tagen in Exerzitien, so dass keinerlei Nachricht an ihn gelangen konnte. Plötzlich steht der Heilige auf und begibt sich ins Sprechzimmer, und ehe noch Louis sein Anliegen vortragen konnte, sagt ihm der Heilige zweimal: “Dein Vater ist zwar sehr krank; die Krankheit wird aber nicht zum Tode führen.” Freudig kehrte Pater Louis zurück, und schon bald war der Vater vollständig genesen. Eines Tages begegnete ein Mann in der Umgebung des Klosters unserem Heiligen. Dieser schritt auf ihn zu und kündigte ihm mit ernsten Worten an, dass seine Lebenstage gezählt seien, dass er darum sein verbrecherisches Leben bereuen, sich auf den Tod vorbereiten und Buße tun solle. Ganz bestürzt ging der Mann - er war wirklich ein Verbrecher - in sich und bekehrte sich. Noch im selben Jahr starb er. Einst klagte Georg Lopez dem hl. Franziskus Solanus, dass seine Gattin schwer erkrankt sei und dass die Schwiegereltern, mit denen er nicht auf bestem Fuße lebte, ihm angekündigt hätten, dass, falls ihre Tochter stürbe, das ganze Vermögen an sie zurückfallen würde. Solanus beruhigte ihn, indem er ihm mitteilte, dass seine Gattin allerdings sterben, vor ihrem Tode aber einem Töchterchen das Leben schenken werde, so dass die Drohungen der Schwiegereltern vereitelt werden würden. Und so geschah es. Wir wissen, dass das Auge der Spiegel der Seele ist und dass sich die mannigfachsten Gefühle, die das Herz bewegen, sei es Schmerz oder Freude, Furcht oder Hoffnung, in demselben oft widerspiegeln. Aber die tiefsten, geheimsten Abgründe der Seele wird auch der gewiegteste Menschenkenner nicht zu durchdringen vermögen. Der gerechte Richter allein ist es, der mit seinem alles durchforschenden Auge bis auf den Grund der Seele schaut, dem kein Geheimnis verborgen ist. Es hat aber einzelne Auserwählte gegeben, die, von dem göttlichen Menschenkenner erleuchtet, die innersten Empfindungen in den Herzen ihrer Mitmenschen erkennen konnten. Sie besaßen die sogenannte Seelenschau. Zu diesen gehört in hervorragender Weise unser Heiliger. Hier folgen in Kürze einige Beispiele. Eine Edelfrau namens Johanna de Sylva, Mutter des Jesuitenpaters Bonaventura de Salinis und Corduba, war bedenklich erkrankt und wurde oft von Pater Solanus besucht. Eines Tages traf derselbe mit dem Provinzial Juan Sebastian Parricius am Krankenbett zusammen. Sie unterhielten sich über geistliche Dinge, und die Kranke fühlte sich nach diesen Reden wunderbar gestärkt und getröstet. Bald fiel sie in einen leichten Schlummer, und die beiden Ordensleute zogen sich etwas zurück. Während sie noch in lebhafter Unterhaltung begriffen waren, wurde Solanus von plötzlicher Angst erfasst. Er eilte zu der Kranken zurück, die gerade von den heftigsten Versuchungen gequält wurde, indem ihr der Teufel vorspiegelte, dass ihre Leiden an Dauer und Größe die Leiden des Gottmenschen überträfen. Der Heilige kennt, noch ehe er ein Wort darüber vernommen hat, genau, was in der Seele der Kranken vorgeht, betet für sie und mit ihr, bis die Versuchung glücklich überwunden ist. Als es schlimmer mit der Kranken wurde und das Ende näher kam, blieb der Heilige bei ihr, um ihr den Übergang in die Ewigkeit zu erleichtern. Die Kranke lag da - ein Bild des Jammers; - denn sie hatte unbeschreibliche Schmerzen zu leiden. Plötzlich setzte sie sich aufrecht, und ihr Antlitz glänzte vor heiliger Freude. Alle Anwesenden war über diese Wandlung höchst überrascht. Solanus nähert sich ihr. Vom Geist Gottes erleuchtet, wußte er genau, was in ihr vorging, beglückwünschte sie und befahl ihr, zu berichten, “was der himmlische Bote gesagt habe.” Da erzählte die Kranke ganz ergriffen, dass der Schutzengel ihr die frohe Botschaft verkündet habe, dass ihr Gott die Sünden verziehen hätte, und dass ihre irdischen Bande bald gelöst seien und sie eingehen werde zur himmlischen Herrlichkeit. Bald danach entschlief sie sanft und gottselig im Herrn. Ein Franziskanerbruder, Bernard Arias mit Namen, hatte während seines Noviziats mit heftigen Versuchungen zu kämpfen. Als er eines Tages unserem Heiligen die hl. Messe diente, stürmten wieder allerlei böse Gedanken auf ihn ein; der Teufel spiegelte ihm vor, dass das Klosterleben zu hart für ihn sei, dass er besser daran tue, in die Welt zurückzukehren. Der Heilige sah seinen Kampf und sprach nachher mit leisen, aber eindringlichen Worten zu ihm: “O mein Bruder, denke doch nicht daran, das hl. Kleid auszuziehen; höre nicht auf die teuflische Stimme und sei auf deiner Hut, damit du nicht betrogen werdest.” Der Bruder war tief ergriffen, dass der Heilige, den er als Neuling noch kaum kannte, im Innersten seines Herzen zu lesen vermochte, dachte über seine Worte nach, handelte nach seinem Rate und wies jede Versuchung von sich. Einst trat ein Fremder ins Kloster, um einen befreundeten Ordensmann zu besuchen. Da begegnete ihm unser Heiliger, der ihn mit den Worten anredete: “Bedarfst du eines Freunde?” Der Fremde meinte, er spreche von dem, den er gerade besuchen wollte, und bejahte die Frage. Der Heilige sah ihn liebevoll an und belehrte ihn, dass es nur einen wahren Freund gebe, den ewigen Gottessohn, den er durch schwere Sünden von sich gestoßen habe, ermahnte ihn dann eindringlich, sich zu bekehren, da er in größter Gefahr schwebe und da die Stunde nahe sei, wo er die Welt verlassen müsse. Getroffen von den Worten des Heiligen und zugleich gerührt von der Gnade, entschloss sich der Mann, eine gründliche Beichte abzulegen, indem er noch um etwas Zeit zur Vorbereitung bat. Der Heilige aber führte ihn in seine Zelle und erinnerte ihn an alle, auch die geheimsten Sünden, zuletzt noch an eine gewisse Person, deren Umgang für ihn die nächste Gelegenheit bedeute. Der Pönitent legte eine reuevolle Beichte ab und bekehrte sich vollständig. Einst kam Gregor Lopez zu unserem Heiligen und wünschte bei ihm zu beichten. Dieser aber mahnte ihn mit ernsten Worten, zuvor den Hass gegen einen Feind zu unterdrücken und sich mit demselben zu versöhnen. Ganz erschüttert, dass der Heilige die geheimsten Falten seines Herzens zu lesen vermochte, ging Lopez in sich, reichte seinem Gegner die Hand zur Versöhnung und kehrte dann erleichtert zu dem Heiligen zurück, um eine gründliche Beichte abzulegen. Ähnlich war es mit Maria de Valera, die wegen Erbschaftsangelegenheiten mit ihrem Bruder im Streit lebte. Diese kam eines Tages zu dem Heiligen und empfahl sich angelegentlich seinem Gebete. Solanus mahnte sie, erst allen Groll aus ihrem Herzen zu reißen und sich mit ihrem Bruder zu versöhnen; alsdann könne sie auf Gottes Erbarmungen hoffen. Maria de Valera ging in sich und suchte die Angelegenheit mit ihrem Bruder in friedlicher Weise zu ordnen, und reiche Gnaden und Segnungen wurden ihr auf das Gebet des Heiligen hin zuteil. Eines Tages begegnete Solanus einem jungen Edelmann. Der Heilige mahnte ihn mit eindringlichen Worten, doch nicht zum beabsichtigten Duell zu gehen, damit ihm kein Unheil begegne. Ganz überrascht und ergriffen, gab dieser seine Absicht auf und versöhnte sich mit dem Gegner. Eine andere Begebenheit betraf einen verstockten Sünder. Obwohl der Heilige ihm zuredete, von seinen bösen Wegen abzustehen und sich zu bekehren, verharrte er in seinen Gewohnheiten. Er mied Franziskus fortan, wo er nur konnte. Doch der Heilige ging ihm nach und hatte endlich Erfolg, als er ihm auf den Kopf all die geheimen Sünden und Laster zusagte, von denen er auf natürliche Weise unmöglich Kenntnis haben konnte. Auf diese Weise war die Gabe der Seelenschau in vielen Fällen das wirksamste Mittel, das Franziskus anwandte, um die Sünder zur Besinnung und Umkehr zu bewegen. Besonders in den letzten Lebensjahren mehrten sich die Wunder, die er wirkte, so sehr, dass er den Namen “Wundertäter des Westens” erhielt. Darunter gibt es auch Naturwunder wie dieses: Eines Tages kam Franziskus an einen reißenden Fluss. Keine Brücke führte hinüber, kein Fahrzeug war am Ufer, um ihn hinüberzutragen. Da breitete er in festem Vertrauen auf Gottes mächtigen Schutz seinen Mantel aus über die brausenden Wellen und gelangte darauf glücklich ans jenseitige Ufer. Einst machte Solanus mit 20 Gefährten den etwa 26 Meilen weiten Weg von St. Miguel nach Santiago d’Estero. Gegen Abend wurden ihre Schritte gehemmt durch einen mächtig angeschwollenen Gebirgsbach, so dass sie nicht weiter konnten. Sie mußten die Nacht im Freien verbringen und wurden, da sie keinen Proviant mitgenommen hatten, furchtbar vom Hunger gequält und noch mehr von den in dieser Gegend lästigen Mosquitos, die ihnen keinen Augenblick Ruhe ließen. Solanus setzte wie immer sein Vertrauen auf den Schutz des Allmächtigen und verkündete den Gefährten mit großer Bestimmtheit,dass der Fluss am anderen Morgen gegen 9 Uhr sich beruhigen würde, so dass sie die Reise alsdann sicher fortsetzen könnten. Sodann warf er eine Angel aus und fing mehrere große Fische, die er selbst zurichtete und briet und den Gefährten vorsetzte. Zugleich flehte er zu Gott, sie während der Nacht vor den gefürchteten Insekten zu bewahren. Gott erhörte sein Gebet und gewährte ihnen vollkommene Ruhe. Wie es der Heilige vorausgesagt hatte, war der Fluss am folgenden Morgen in seine Ufer zurückgetreten, so dass sie ihn leicht durchqueren konnten. Kaum aber hatten sie das jenseitige Ufer erreicht, als er auch schon wieder mächtig anschwoll, und alle erkannten, dass sie die wunderbare Hilfe nur dem Heiligen zu verdanken hatten. In jenen Regionen, die Solanus lehrend und segenspendend durchwanderte, gehörten zu den am meisten gefürchteten Plagen die Heuschrecken, die in ganzen Schwärmen heranrückten und der Ernte unberechenbaren Schaden zufügten. Von dieser Plage wurde einst der Kapitän Andreas von Inoisa heimgesucht. Er wandte sich vertrauensvoll an den hl. Solanus und bat ihn um seine Hilfe. Dieser bediente sich der kirchlichen Exorzismen, besprengte die Gefilde mit Weihwasser und gebot den Tieren, sich aus dieser Gegen zu entfernen, ihnen gleichzeitig die Richtung angebend, in die sie fliegen sollten. Die Tiere gehorchten, verließen die Gegend und flogen in großen Scharen in die ihnen bezeichneten Regionen. Man staunte über das Wunder, fragte sich aber zugleich, warum der Heilige, statt die Tiere zu vernichten, sie in andere Gegenden gewiesen habe. Lächelnd erwiderte ihnen der Gottesmann, dass dieselben Insekten, die hier der Ernte schadeten, dort hinter den Bergen den Wilden als Nahrung dienten, und dass diese die Ankunft der Tiere, die sie vielleicht schon sehnlichst herbeigewünscht hätten, nur willkommen heißen würden. Als einige Jahre nach dem Tod des Heiligen wieder ein Heuschreckenschwarm die Gegend verwüstete, wandten sich die Bedrängten in Erinnerung an das frühere wunderbare Ereignis an den hl. Solanus, fest vertrauend, dass er ihnen auch jetzt seine Hilfe nicht versagen werde. Und siehe - kaum hatten sie ihr Gebet beendigt, als die Plagegeister sich zurückzogen und die Gegend verschonten. Von den zahlreichen Heilungswundern sei hier nur jenes erwähnt, das Solanus an Mcijhael de Belilla, einem Buchhändler in Lima, wirkte. Dieser lag an heftigem Fieber krank darnieder. Der Arzt gab keine Hoffnung mehr und riet, ihn versehen zu lassen. Man schickte zum Franziskanerkloster, und dieses beauftragte Solanus, zu dem Kranken zu gehen,um ihm in den letzten Stunden beizustehen. Am Krankenbett befand sich auch ein Jesuitenpater, und er und Solanus beteten die Sterbegebete. Gegen 7 Uhr abends kam der Arzt und erklärte, dass der Kranke nur noch vier Stunden zu leben haben werde. Nun trat der Heilige ans Bett, las dem Sterbenden ein Evangelium vor und wandte sich darauf an seinen Begleiter mit den Worten: “Kehren wir ins Kloster zurück; hier haben wir nicht mehr zu schaffen.” Weinend erwarteten die Angehörigen das angekündigte nahe Ende. Aber plötzlich erhob sich der Kranke und erklärte, dass alle Schmerzen verschwunden seien und er sich vollkommen wohl befinde. Alle waren überzeugt, dass er die wunderbare Genesung dem hl. Solanus verdanke. VI. Das Sterben des Heiligen Im Mai 1610 wurde Franziskus Solanus von ernster Krankheit befallen, die ihn aufs Bett warf. War unser Heilige während seines ganzen Lebens ein Muster der Geduld gewesen, so ertrug er besonders seine letzte Krankheit mit staunenswerter, rührender Ergebung. Vor sich hatte er sein Kruzifix gestellt, dessen Anblick ihn immer wieder tröstete und aufrichtete. Er dankte seinem Heiland, dass er jetzt, wo er seinen Leib selbst nicht mehr kasteien konnte, ihm darin gewissermaßen zu Hilfe kam, indem er ihn mit Krankheiten und Leiden heimsuchte. Die heftigsten Schmerzen vermochten nicht, ihn vom Gebet und von der Betrachtung abzuhalten. In seiner Gegenwart durfte nur noch von Gott und göttlichen Dingen geredet werden. Mit besonderer Vorliebe ließ er sich die Betrachtungen des ehrwürdigen Ludwig von Granada vorlesen, die ihn oft zu Tränen rührten. Nach jedem Abschnitt ließ er Pausa machen, um über das Gehörte nachzudenken, und gab dann durch seinen beliebten Ausspruch “Gott sei gespriesen!” das Zeichen zum Weiterlesen. Immer wieder betete er die Psalmen “Lauda anima mea Dominum” und “Benedic anima mea Domino” und forderte die Anwesenden auf mitzubeten. Oft auch ließ er sich die Passion unseres Herrn nach Johannes vorlesen. Kam man an die Kreuzigung, so pflegte er seinen dankbaren Blick aufs Kreuz zu richten mit den Worten: “O treuer Freund, o wahrer Vater, sei gepriesen, sei unendlich gepriesen, dass Du durch Deine Güte den Tod des Kreuzes für mich hast leiden wollen, für einen so Elenden, wie ich es bin.” Eines Tages sprach er zu seinem Beichtvater: “O mein Vater, helfen Sie mir Gott loben”, und rief dann in überwallendem Gefühl aus: “Mein Gott, Du bist mein Schöpfer, mein König, mein Vater! Du bist mein Glück, Du bist mein alles!” Und als ihn der Beichtvater an den Himmel und die reinen Freuden der Seligen erinnerte, indem er mit den Worten schloß: “O Vater Franziskus, wie groß wird die Freude sein, die wir einst in der hl. Stadt genießen, die da erbaut ist von kostbaren Gesteinen, deren einziges Licht das Lamm ist”, geriet der Heilige in Verzückung. Er richtete sich auf, was ihm sonst unmöglich war, saß da wie den irdischen Dingen entrückt, mit weitgeöffneten Augen, ausgebreiteten Armen, mit so überaus seligem Ausdruck, dass die Anwesenden, die das Wirken Gottes in ihm erkannten, sich ehrfurchtsvoll zurückzogen und ihn allein mit demjenigen ließen, der ihn durch seine Gegenwart so wunderbar beglückte. Noch auffallender erwies sich die göttliche Gnade gegen den Heiligen, als er, wie wir bereits berichteten, am Dreifaltigkeitssonntag derart in Verzückung geriet, dass er wunderbarerweise plötzlich das Bett verlassen konnte, durch den Korridor eilte, immer nur ausrufend: “Preisen wir Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist!” Auf darauffolgenden Fronleichnamsfest wurde er abermals einer besonderen Gnade des himmlischen Bräutigams gewürdigt. Sein Beichtvater, P. Franz de Mendoza, öffnete in der Frühe das Krankenzimmer, um zu sehen, ob Solanus irgend etwas bedürfe. Da hörte er den Heiligen, der ganz allein war, mit lauter Stimme sprechen: “Venite, adoremus et procidamus ante Deum!” “Kommt, lasset uns anbeten und uns niederwerfen vor Gott!” Dabei wies er in eine Ecke des Zimmers, wo er die Majestät Gottes zu erblicken schien. Sein Antlitz war wie verklärt und strahlte in überirdischem Glanz. Plötzlich bemerkte er den Beichtvater, der sich aber dann bescheiden zurückzog, um ihn nicht zu stören. Die Krankheit verschlimmerte sich von Tag zu Tag, und die Ärzte, Peter Rodriguez und Martin Sanchez, hielten es für geraten, dass ihm die heilige Wegzehrung gereicht wurde. Als der Heilige das vernahm, sprach er mit heiterer Ruhe: “Es ist zwar noch Zeit; aber warum sollte ich einen so liebwerten Gast nicht gern bei mir aufnehmen?” Und mit großer Andacht empfing er das hl. Viatikum. Es war das vierzehn Tage vor seinem Tod. Fast schien es, als ob die heilige Wegzehrung ihm neue Kräfte gegeben habe, so dass Pater Juan Venido, der nachmalige Bischof von Orense, meinte, er würde sich noch den Portiunkula-Ablass (am 2. August) gewinnen können. Der Heilige gab zur Antwort: “Ich werde jenen Ablass gewinnen, der uns am Feste meines teuren Vaters Bonaventura (am 14. Juli) bewilligt ist.” Man erriet sofort, dass er damit seinen Sterbetag bezeichnen wollte. So sprach er auch zwei Tage vor seinem Tod, als mehrere Brüder bereits das Ende nahen glaubten, zum Pater Franziskus Nunez: “Sagen Sie den ehrwürdigen Brüdern, dass sie sich ruhig zum Schlafe niederlegen; ich werde heute noch nicht sterben, sondern erst am Fest meines Vaters Bonaventura.” Wie Franziskus Solanus ehemals so gerne im Verein mit den Vögeln Gottes Lob besungen hatte, so kamen jetzt die gefiederten Sänger ans Fenster des Krankenzimmers und erfreuten den Heiligen durch ihre lieblichen Melodien. Durch nichts ließen sie sich vertreiben. Sogar nachts verharrten sie auf ihrem Posten. Noch einmal versuchte der böse Feind, diese heilige gottbegnadete Seele dem Himmel zu entreißen. Worin die Versuchungen bestanden haben, wissen wir nicht. Es wird aber berichtet, dass der Heilige etwa fünf Tage vor seinem Tod sich mit den Worten an Bruder Juan Gomez gewandt habe: “Sehen Sie nicht, Bruder, dass Gott mit großer Barmherzigkeit gegen mich verfährt, da er mir die nötige Kraft verleiht, meinen Feind zu besiegen und zu verbreiben?” Als der Wärter zwei Tage später das Lager des Heiligen ordnen wollte, sprach dieser mit Tränen in den Augen: “O Herr Jesus, warum musstest Du gekreuzigt werden, während ich Dienste von Deinen Dienern empfange! Du hängst nackt am Kreuze, während ich warm eingehüllt werde. Dur wirst gegeißelt und gekrönt, während man mich mit Liebe und Sorge umgibt, mit Erleichterungen überhäuft.” Ebenso brach er am folgenden Tag, als mehrere Brüdern ihn besuchten, in die Worte aus: “O Gott meiner Seel, sei gelobt und gepriesen! Welche Güte hast Du mir erzeigt, ... ich hätte verdient, von allen verlassen zu sterben, und siehe, nun umgeben mich Deine Engel, diese meine Ordensbrüder, und dienen mir mit so vieler Liebe und Sorge! Ich freue mich, ich bin glücklich, o mein Herr, dass Du mein Gott bist. O, wie bist Du doch lieb und gut!” Und mit begeisterten Worten mahnte er sie Anwesenden, den guten Gott wiederzulieben. Am 12. Juli empfing er die heilige Ölung. Viele Brüder waren im Sterbezimmer versammelt und erbauten sich an der Heiligkeit des Kranken. Mit rührender Demut erbat er sich die Gunst, ihn auf der nackten Erde sterben zu lassen und ihm den ältesten, ärmsten Habit als Leichenkleid zu geben. Dann bat er die Brüder um Verzeihung für alles etwaige Ärgernis, das er ihnen gegeben, für alle seine Fehler und Vergehungen. Er mahnte sie zur Treue im Dienste Gottes, umarmte einen nach dem anderen und nahm in rührendster Weise Abschied von einem jeden. In der folgenden Nacht lag er da wie unbeweglich, so dass man schon glaubte, er sei verschieden. Da rief er plötzlich mit lauter Stimme: “Laetatus sum in his, quae dicta sunt mihi: in domum Domini ibimus!” “Ich habe mich gefreut, da man mir sagte: Wir werden eingehen zum Hause des Herrn!” Eine überirdische Seligkeit erstrahlte aus seinem Antlitz. Einer der Brüder richtete die Bitte an ihn, dort oben seiner zu gedenken, worauf er freudig erwiderte: “Ja freilich, ich gehe zum Himmel, aber nur durch die Verdienste des Leidens und Todes unseres Herrn Jesus Christus; denn ich bin der größte Sünder. Sei versichert, dass, wenn ich im Vaterlande bin, ich Dir stets ein Freund sein werde.” Der letzte Tag brach an. Es war das Fest des hl. Bonaventura. Eine merkwürdige Veränderung vollzog sich an dem Kranken. Das Fieber hatte nachgelassen, der Körper schien von neuem Leben durchdrungen zu sein, das Antlitz war wie verklärt. Alle Brüder umstanden das Sterbebett. Franziskus ließ Psalmen und Hymnen anstimmen und das Magnifikat singen, nach jedem Gloria seinen Lieblingsspruch sprechend: “Glorificetur Deus! Gott sei gepriesen!” Als echter Missionar bat er dann, ihm das Credo vorzusingen. Die Vögel schienen es mit ihrem Gesang begleiten zu wollen. Der Heilige aber neigte nach jedem Artikel wie zustimmend das Haupt, gleich als wolle er für jedes Glaubensgeheimnis eine letzte Kraft seines hinsterbenden Körpers einsetzen. Man kam zu der Stelle: “Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex Maria Virgine. Et homo factus est.” In diesem Augenblick ertönte das Glöcklein, das die Wandlung der feierlichen Messe zu Ehren des hl. Bonaventura ankündigte. Einen letzten Blick warf der Heilige auf sein Kruzifix. Dann faltete er kreuzweise die Hände über der Brust zusammen und hauchte noch einmal: “Glorificetur Deus! Gott sei gepriesen!” Es war sein letztes Wort. Die Seele schied und ruhte am Herzen ihres Gottes. Es war am 14. Juli 1610 an einem Freitag, morgens 11 Uhr, als der Heilige, erst 61 Jahre alt, seine reine Seele in die Hand seines Schöpfers zurückgab. Die sterblichen Überreste des Heiligen wurden von den Brüdern in die Krankenkapelle getragen. Zahlreiche Anhänger kamen, um den Heiligen noch einmal zu sehen und an seiner Leiche zu beten. Aber sah denn so eine Leiche aus? Der durch Fasten und Nachtwachen abgezehrte Körper war von zarter, fleckenloser Klarheit; das Antlitz, früher gebräunt von der tropischen Hitze des Südens, weiß wie Schnee, die Augen weit geöffnet und wie verklärt. Ein süßer Wohlgeruch ging vom Heiligen aus und erfüllte das ganze Gemach. Immer mehr drängten sich die Scharen, um den sterblichen Überresten des Heiligen ihre Verehrung zu bezeigen. Jeder wollte ein Andenken an ihn haben, und wohl viermal mußte das Leichenkleid erneuert werden, da immer wieder Teilchen abgeschnitten und als kostbare Reliquien mitgenommen wurden. Erst gegen Abend zerstreute sich die Menge etwas. Nun konnten auch die Brüder hinzukommen, die die ganze Nacht betend an der Leiche verharrten. Während der drei folgenden Nächte ereignete sich etwas Wunderbares. Eine Feuersäule stieg über dem Kloster auf und zwar gerade über der Stelle, wo der Heilige im Todesschlummer lag, und erhellte die Finsternis. Bereits zwei Stunden vor Morgenanbruch drängten sich die Scharen wieder zu den Klostertoren heran, die die Nacht verschlossen waren, und begehrten stürmisch Einlass. Die Nachricht vom Tode des Heiligen hatte sich mittlerweile in der ganzen Stadt verbreitet, und immer größer wurde die Menge der Besucher. Sämtliche Klöster der Stadt waren durch ihre Oberen vertreten. Der Erzbischof von Lima, Bartholomäus Lobo Guerrero (1607 - 1622), erschien mit dem ganzen Kapitel, ferner der Vizekönig, der ausdrücklich gebeten hatte, mit der Beisetzung bis zu seiner Ankunft zu warten, die königlichen Garden, die Senatoren, eine große Menge von Offizieren. Alle betraten die Totenkapelle und küssten ehrfurchtsvoll die Füße des armen Franziskaners. Der Vizekönig erbat sich als Andenken die Matratze, worauf der Heilige ausgesetzt war, und bewahrte sie als kostbare Reliquie. Er und der Erzbischof baten sogar um die Gunst, den ehrwürdigen Leichnam von der Kapelle zur großen Kirche tragen zu dürfen, wo man einen Katafalk errichtet hatte. Eine unübersehbare Menge begleitete den Zug, so dass selbst die Kirche, so groß sie war, die Menschen kaum aufnehmen konnte. Es wurde das heilige Meßopfer für den Verstorbenen dargebracht, das von dem ehrwürdigen P. Venido, dem Kommissar aller franziskanischen Provinzen Südamerikas, zelebriert wurde, während der Domchor den Trauergottesdienst mit seinem Gesang begleitete. Die Leichenrede hielt der ehrwürdige P. Juan Sebastian, Provinzial der Gesellschaft Jesu. Gott ehrte die Leiche seines treuen Dieners durch die Menge der Wunder, die in diesen Tagen geschahen. Manche Kranke des Hospitals zu Lima wurden geheilt. Die Patres Juan Sedano und Luis Pacheco, zwei Franziskaner, litten lange schon an hartnäckigen Kopfschmerzen, wurden aber am Todestage des Heiligen ganz davon befreit, der eine, indem er dessen Hand auf seinen Kopf legte, der andere, indem er andächtig eine Reliquie berührte. Ein gewisser Christoph Vives litt seit langer Zeit an heftigem Asthma, das trotz aller ärztlichen Hilfe nicht besser wurde. Er betete andächtig an der Leiche des Heiligen und verspürte sofortige Heilung. Desgleichen wurde Anna de Prado, die ebenso von quälendem Asthma geplagt wurde, wegen gleichzeitigen heftigen Fiebers aber nicht selbst kommen konnte, geheilt, nachdem sie ein Stück des Habits unseres Heiligen auf die Brust gelegt hatte. Ein siebenjähriges krankes Kind sprach am Todestag des Heiligen zu seinen Eltern: “Führt mich zu Pater Solanus, er wird mich heilen.” Man trägt es hin und führt es gesund zurück. Ein anderes Kind, das wegen schweren Magenleidens von den Ärzten bereits aufgegeben war, legt ein Stückchen von dem Habit des Heiligen auf den Magen und ist alsbald vollkommen geheilt. Maria Euphemie de Parajia hatte seit zwei Jahren ein schweres Herzleiden. Sie legte ein Stückchen von dem Habit des Heiligen aufs Herz und war gesund. Maria Gutierrez von Medina hatte unter dem linken Arm eine Geschwulst, so dass sie den Arm nicht bewegen konnte. Unter den größten Schwierigkeiten war sie bis zur Leiche des Heiligen gekommen, küßtehier ehrfurchtsvoll die Füße, betete vertrauensvoll, riss dann das Pflaster, das ihr der Arzt verordnet hatte, von der Wunde, legte ein Stückchen von dem Habit des Heiligen darauf und wurde vollständig geheilt. Als achtzehn Jahre später in der Kathedrale die Aufforderung erlassen wurde, die durch den Heiligen erfolgten Wunder zu berichten, weigerte sich dieselbe Frau, ihr Zeugnis abzugeben. Da erschien die Geschwulst von neuem, die Schmerzen kehrten wieder. Sie bereute ihr Verhalten, beteten inbrünstig am Grabe des Heiligen, und Gott erbarmte sich ihrer und heilte sie, so dass sie jetzt zwei Wunder bezeugen konnte. Größer noch waren die Seelenwunder, die Gott durch den Heiligen wirkte. Zahlreiche Bekehrungen erfolgten, Beichtstühle wurden umlagert, Gewohnheitssünder besserten sich von ihren Lastern und führten fortan ein frommes Leben. Und wie Solanus sich im Leben stets als Friedensengel gezeigt hatte, so auch nach seinem Tod. Die erbittertsten Herzen versöhnten sich, die heftigsten Gegner reichten sich die Hand zum Frieden. Unter dem Altar der Friedhofskapelle fand der große Apostel und Wundertäter des Westens seine letzte Ruhestätte. Nach der feierlichen Beisetzung, woran geistliche und weltliche Würdenträger sowie eine unübersehbare Menge Volkes teilnahm, fiel es dem Vizekönig ein, dass man es versäumt hatte, sich das Bild des geliebten Toten zu verschaffen. Er ließ einen Maler kommen und Grab und Sarg öffnen, und es entströmte ein lieblicher Wohlgeruch. Der Leichnam war völlig unversehrt. Er wurde in seiner verklärten Schönheit gemalt und darnach wieder beigesetzt. Am 26. Juni 1626 wurde vom Rat der Stadt Lima eine Versammlung anberaumt, auf der man beschloss, beim Heiligen Stuhl die Seligsprechung zu beantragen und seine Katholische Majestät zu bitten, diesen Antrag tatkräftig zu unterstützen. Man fügte hinzu, dass unter allen Schätzen, die die neue Welt liefern könne, Lima keinen kostbareren anzubieten vermöge. Schon ehe der Heilige Stuhl gesprochen hatte, begannen die Bewohner Limas, die Bilder des Heiligen zu schmücken und ihn zum Patron der Stadt zu erwählen. Diesem Beispiel folgten bald andere Städte des Königreiches, so La Plata und Carthagena, später Santiago in Chile, Cusco, Salinas, Potosi u.a. nach. Selbst die königliche Flotte des Stillen Ozeans erwählte den Heiligen zu ihrem besonderen Schutzpatron. Im Mai 1631 waren zwei spanische Schiffe, mit Gold- und Silberschätzen von Peru beladen, aus dem Hafen von Callao abgesegelt, um nach Panama zu fahren. Unterwegs wurden sie von einer plötzlich auftretenden Windstille zurückgehalten. Der Befehlshaber des zweiten Schiffes, des Admiralsschiffes Hurtado de Mendoza, wandte sich an P. Ildefons Quota, der sich an Bord befand, um nach Rom zu reisen und dort Bericht zu erstatten über alles, was von dem Leben und den Wundern des Heiligen bekannt geworden war, und bat ihn um das Bild des hl. Solanus, das jener bei sich hatte. Gern erfüllte der Pater die Bitte. Das Bild wurde an dem Mast befestigt, und die ganze Mannschaft kniete nieder und rief den Heiligen um seine Fürbitte an. Wie Augenzeugen später berichteten, erhob sich bald schon ein günstiger Wind und ermöglichte die Weiterfahrt. Mit jubelnder Begeisterung und unter Freudensalven wurde das Schiff “Franziskus Solanus” getauft. Die Ordenoberen der Stadt Lima hatten mittlerweile auch alles Material über die Wunder sammeln lassen, die während des Lebens des Heiligen und nach seinem Tode geschehen waren. Selbst der Magistrat wandte der Sache sein ganzes Interesse zu und ernannte einen Prokurator, der gemeinsam mit dem Orden arbeiten sollte. Unter Leitung des Herrn Gonzalez de Campo, Erzbischofs von Lima, begann der Prozess, wozu 304 Zeugen geladen wurden. Es befanden sich unter ihnen die ausgezeichnetsten Persönlichkeiten, so der Marquis von Montes Claros, Vizekönig von Peru, die Bischöfe von Arem, von Guamagna und von Paraguay, fünf Provinziale der Orden des hl. Dominikus, des hl. Augustinus und der Gesellschaft Jesu, Generalbevollmächtigte von West-Indien und andere geistliche und weltliche Würdenträger. Gleichzeitig fanden geistliche Gerichte in Spanien statt unter Leitung der Erzbischöfe von Sevilla und Granada, sowie der Bischöfe von Cordova und Malaga. Zehn Jahre dauerte es, bis die notwendigen Informationen und Zeugnisse gesammelt und die Verhandlungen abgeschlossen waren. Danach wurde alles von dem General der Franziskaner, Pater Benignus von Genua (1618 - 1625), der Ritenkongregation vorgelegt, die die Sache eingehend prüfte. Eine Abschrift erhielt auch König Philipp von Spanien, der sich beim Papst sehr für die Angelegenheit verwandte. Trotzdem kam sie unter den Päpsten Paul V. (1605-1621) und Gregor XV. (1621-1623) zu keinem Abschluss. Erst Urban VIII. (1623-1644) nahm sie wieder auf und erließ ein feierliches Dekret, worin er bestimmte, dass weiter gesammelt und besonders alle Wunder, die Gott durch den Heiligen gewirkt habe, zusammengestellt werden sollten. Das Dekret wurde in Lima am 27. Februar 1628 unter feierlichem Gepränge verkündet. Der Leib des Heiligen wurde erhoben und in einem Sarg von Zedernholz ausgesetzt. In großen Scharen strömte das Volk herbei, um dem geliebten hl. Solanus den Tribut treuer Verehrung zu zollen. Madame Mencia de Sylva und Cordova, die von dem Heiligen große Wohltaten empfangen hatte, ließ in der Franziskanerkirche eine prachtvolle kleine Kapelle herrichten, die seine Überreste aufnehmen sollte. Am 7. November 1632 kam der bereits erwähnte Pater Ildefons in Rom an, um dem Papst ein Werk von 2114 Seiten über das Leben und die Wunder des Solanus zu unterbreiten. Papst Urban wollte aber die weisen Vorschriften der Kirche, die einen Zeitraum von mindestens 50 Jahren bis zur Kanonisation verlangten, nicht umgehen und untersagte vorläufig alle Feste und öffentlichen Andachten zu Ehren des Heiligen. Das Volk war äußerst bestürzt. Warum sollte man eine Verehrung einstellen, die durch so viele und auffallende Wunder von Gott selbst gutgeheißen worden war? Nach langem Sträuben, ja selbst Demonstrationen leistete das Volk Gehorsam in der Erwartung, um so eher die Kanonisation zu erwirken. Die Ordensleute von Lima trugen unter allgemeiner Trauer die Überreste des Heiligen wieder zurück in die Totenkapelle. Niemand aber konnte es dem Volke verwehren, seinen lieben Heiligen auch ferner anzurufen, ihn als Patron und Beschützer zu verehren, und immer wieder erscholl die Kunde von neuen Wundern, die Gott auf Fürbitte seines Dieners gewirkt hatte. Am 29. April 1670 bestieg Clemens X. den Stuhl Petri. Er fuhr fort, die Sache eifrigst untersuchen und prüfen zu lassen, und erließ endlich am 25. September 1674 ein Breve, worin es heißt, dass nach den eingehendsten Verhandlungen der hl. Kongregation Franziskus Solanus anerkannt sei als einer, der die theologischen und sittlichen Tugenden in heroischem Grade ausgeübt, und dass Gott ihn durch eine große Zahl Wunder verherrlicht habe. Zwei der allerletzten werden noch besonders erwähnt, nämlich die Heilung des Didacus de Savedra, der auf Fürsprache des Heiligen von einem hartnäckigen, nach Aussage der Ärzte unheilbaren Geschwür befreit wurde, und die Heilung eines Sklaven, der an einem gefährlichen Lungenleiden erkrankt war und auf die Fürsprache Solanus’ plötzlich genas. Am 25. Januar 1675 erschien endlich das Breve der Seligsprechung Quemadmodum Coelestis Imperator, in dem es heißt: “Gleichwie der himmlische König und Meister, unser Herr Jesus Christus, der in der Höhe des Himmels zur Rechten des Vaters sitzt, die Krone der Herrlichkeit jenen seiner Streiter gibt, die, ausgestattet mit der Kraft von oben, mutig auf Erden gekämpft haben, indem sie durch den Geist die Werke des Fleisches überwanden, nicht allein dadurch, dass sie ihren Willen mit all seinen Lüsten kreuzigten und dadurch Gott ein Opfer von süßem Wohlgeruch darboten, sondern auch, indem sie herrliche Siege über die Gottlosigkeit davontrugen und die Völker, die Gott nicht kannten, zur Erkenntnis der Wahrheit und auf den Weg des Heils führten, so wünschen auch wir, die wie obgleich unwürdig auf Erden seine Stelle vertreten, in den Fußstapfen unseres Meisters wandelnd, in dem Maße, wie es unsere Schwachheit gestattet, ihren Kult und ihre Verehrung auf Erden zu fördern, soviel es nützlich sien kann zur Ehre Gottes, zur Wohlfahrt der Kirche, zur Erbauung der Gläubigen, zum Heile der Seelen.” Dann folgt der Hinweis auf die Tugenden des “Apostels von Peru” und auf die zahlreichen Wunder, die Gott durch ihn gewirkt habe, darauf die feierliche Seligsprechung, sowie die Erlaubnis, seine Reliquien und Bilder zu verehren, Messen zu Ehren des Seligen zu lesen und Feste zu feiern. Das Volk war begeistert. Unter feierlichem Gepränge wurden die sterblichen Überreste des Seligen in die Kapelle getagen, die schon so lange dafür hergerichtet war. In Scharen strömte das Volk herbei, das zum größten Teil zwar den lieben Heiligen nicht mehr persönlich gekannt, das aber die Liebe und Verehrung zu ihm als teures Vermächtnis seiner Vorfahren übernommen und treu bewahrt und auch selbst zahlreiche wunderbare Gebetserhörungen durch ihn erfahren hatte. Und da auch fernerhin immer wieder neue Wunder auf seine Fürbitte geschahen, dauerte es nicht mehr lange, bis endlich auch die Heiligsprechung erfolgte. Am 27. Dezember 1726 erließ Papst Benedikt XIII. folgende Bulle:
So war also Franziskus Solanus in die Zahl der Heiligen aufgenommen, gleichzeitig mit dem hl. Peregrinus Laziosi von Forli und dem hl. Johannes vom Kreuz. |
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