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Das Leben des heiligen Franz Xaver Von Wolfgang Reithmeier, bearbeitet von Joseph Firnstein und Paolo D'Angona Erstes Kapitel Geburt und Erziehung des heiligen Franz Xaver. - Seine natürlichen Eigenschaften. - Seine Studien. Seine Bekehrung und Vereinigung mit dem heiligen Ignatius Franz Xaver wurde am 7. April im Jahre 1506 auf dem Schlosse Xavier, zwei Stunden von Pamplona, der Hauptstadt des ehemaligen Königreichs Navarra, geboren. Sein Vater war Don Johann Jasso, einer der ausgezeichnetsten Staatsräte Johanns III. von Aragonien. Seine Mutter hieß Maria Azpilcuete y Xavier und war die Erbin der beiden berühmten Häuser Azpilcuete und Xavier. Sie hatten mehrere Söhne, wovon die älteren den Beinamen Azpilcuete trugen, der jüngste aber, Franz, den Namen Xavier, damit der berühmte Name Xaver, der nur noch in der Mutter fortlebte, mit ihr nicht erlöschen möchte. Die Vorsehung, welche Franz Xaver zur Bekehrung zahlloser Völker bestimmt hatte, gab ihm alle notwendigen Eigenschaften und Kräfte, welche das Amt eines Apostels erfordert. Er hatte einen starken Körperbau, ein lebhaftes und feuriges Temperament, einen hohen Geist, der fähig war, das Größte zu unternehmen, einen unerschrockenen Mut, ein gefälliges Äußeres, eine einnehmende Heiterkeit und Liebenswürdigkeit; er hatte einen sehr großen Abscheu gegen alles, was die Reinheit des Herzens verletzen könnte, dabei aber eine besondere Neigung und Liebe zu den Wissenschaften. Seine Eltern, die ein christliches Leben führten, flößten ihm die Furcht Gottes schon von früher Kindheit an ein und verwandten auf seine Erziehung eine besondere Sorgfalt. Seine Liebe zur Wissenschaft war auch zur Zeit, als es galt, sich für einen Stand zu entscheiden, das siegende Element über die bei seinen Brüdern ihm vorleuchtende militärische Laufbahn, und so wählte er für sich die wissenschaftliche Ausbildung. Da Gott ihm eine leichte Auffassungsgabe, ein treues Gedächtnis und einen durchdringenden Verstand verliehen hatte, so machte er in verhältnismäßig kurzer Zeit nennenswerte Fortschritte. Sobald er sich die erforderlichen Kenntnisse erworben hatte, schickten ihn seine Eltern nach Paris auf die Hochschule, die damals für die beste von ganz Europa gehalten wurde und wohin der junge Adel von Spanien, Deutschland und Italien sich begab, um geistige Bildung zu erwerben. Er kam in seinem achtzehnten Lebensjahr nach Paris, wo er zunächst Philosophie studierte. Man kann kaum glauben, mit welchem Eifer er die ersten Schwierigkeiten der Logik überwand. Selbst die spitzfindigsten und langweiligsten Untersuchungen ermüdeten ihn nicht; seine natürlichen Anlagen entwickelten sich, sein Urteil wurde geschärft; alle seine Mitschüler suchte er zu übertreffen. Xaver war nur darauf bedacht, ein ausgezeichneter Philosoph zu werden, als ihn sein Vater zurückrufen wollte, nachdem er kaum zwei Jahre seinem Studium gewidmet hatte. Diese Absicht teilte er jedoch, ehe er sie ausführte, seiner Tochter Magdalena Jasso mit, die als Äbtissin dem Klarissenkloster zu Gandia vorstand. Diese Magdalena, ehemals die beliebte Hofdame der Königin Isabella, hatte das Hofleben mit dem Kloster vertauscht und ein sehr strenges Leben während ihres Noviziates geführt, so daß sie von Gott viele Gnaden und Offenbarungen erhielt. Schon in den ersten Jahren ihres Klosterlebens zeigten sich an ihr Spuren prophetischer Gabe, so sichtbar, daß man nicht mehr zweifeln konnte, sie sei vom Geiste Gottes durchdrungen. Sechs Jahre vor ihrem Tode erhielt sie den Brief über die Abberufung Xavers von ihrem Vater. Kaum hatte sie ihn erhalten, als sie von Gott über den Inhalt erleuchtet wurde, und diesem göttlichen Lichte folgend dem Vater antwortete: er solle sich, so viel auch der Unterhalt ihres Bruders Franz auf der Universität kosten möge, wohl hüten, ihn von dort abzuberufen; denn Franz sei ein Auserwählter, bestimmt der Apostel Indiens und eine der stärksten Säulen der Kirche zu werden. Don Jasso nahm die Antwort seiner Tochter als einen Ausspruch des Himmels an, und dachte nicht mehr daran, seinen Sohn von der Universität zu nehmen. Xaver setzte seine Studien in der Philosophie fort, nach deren Vollendung er den Magistergrad erlangte, so daß er nun selbst Vorlesungen in Philosophie halten konnte. Nun hatte er seine Laufbahn begonnen, um Ehre und Lob zu ernten. Auf menschliches Lob war er stolz und er setzte seinen Ruhm darein, sich in den Wissenschaften auszuzeichnen, während seine Brüder durch Heldenmut die Ehre ihres Hauses zu vergrößern suchten. Aber Gott hatte andere Absichten als Xaver. Nicht um eitle, vergängliche Ehre zu erlangen, hatte er seine wissenschaftliche Bildung in Paris erhalten. Gerade als Xaver seinen philosophische Kurs eröffnete, kam Ignatius von Loyola nach Paris und wohnte in dem Collegium der heiligen Barbara, wo auch Xaver und Lefebre (Peter Faber) wohnten. Der heilige Ignatius, der sich mit dem Gedanken trug, eine Vereinigung von Männern zu gründen, um mit ihnen am Seelenheil des Nächsten zu arbeiten, suchte diese beiden jungen Männer, die ihm für seinen Plan tauglich schienen, zu gewinnen. Auf Peter Faber konnte er leicht einwirken, weil dieser ohnehin keine Anhänglichkeit an die Welt hatte; schwerer war es ihm, auf Franz Xaver Einfluß auzuüben, der, voll ehrgeiziger Gedanken, mit Verachtung den Vorschlag des heiligen Ignatius verwarf, ja, er spottete sogar bei jeder Gelegenheit über die ärmliche Lebensweise und hielt sie für ein Zeichen einer niedrigen Seele. Aber Ignatius ertrug seinen Spott mit Geduld und gab seinen Gedanken, Xavers Herz umzustimmen, nicht auf. Bei jeder Gelegenheit erinnerte er Xaver an die Worte unseres Heilandes: "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber an seiner Seele Schaden litte?" Xaver jedoch war gegen diese Worte gleichgültig. Weil also Ignatius sah, daß er auf diese Weise nichts erreichen konnte, schlug er einen anderen Weg ein und griff ihn auf seiner schwächsten Seite an. Er lobte bei jeder Gelegenheit die ausgezeichneten Talente Xavers, schien sich über dieselben zu freuen und gab sich Mühe, ihm Schüler zu verschaffen, indem er junge Leute bis zum Hörsaal führte. Xaver war besiegt. Von diesem Augenblick an betrachtete er Ignatius mit anderen Augen. Bald zeigte sich eine Gelegenheit, wo ihm Ignatius eine Gefälligkeit erweisen konnte. Xaver kam in Geldverlegenheit; Ignatius, der eben von einer Reise aus England und Flandern zurückgekehrt war, gab ihm aus dem erhaltenen Almosen eine Unterstützung und gewann dadurch das Herz des jungen Mannes. Auch hatte dieser die Abkunft des Ignatius in Erwägung gezogen und bald erkannt, daß er aus einem höheren Beweggrund diese Lebensweise ergriffen habe. Die Lutheraner suchten damals besonders auf der Universität von Paris die geistreichtsten jungen Leute zu gewinnen; sie hatten dazu geheime Proselytenmacher zu Paris, um im Verborgenen ihre Irrtümer unter den Studierenden zu verbreiten. Xaver fand Wohlgefallen an den neuen Meinungen. Er würde sich ihnen hingegeben haben, hätte ihn nicht Ignatius davor zurückgehalten. Er selbst sagt es uns in einem Brief an seinen älteren Bruder Don Azpilcuete. Der Brief ist datiert vom 25. März 1535. In diesem Jahr reiste Ignatius nach Spanien, wohin ihm Xaver den Brief als Empfehlungsschreiben mitgab. In diesem erwähnt er mit Dankbarkeit Ignatius' Opferbereitschaft, mit der er alle finanziellen Verlegenheiten, in die Xaver geraten war, bereinigte, und fährt dann fort: "Aber ungleich wichtiger als alles dieses ist die Sorge, womit er (Ignatius) meine unvorsichtige Jugendlichkeit vor dem sicheren Verderben bewahrte, das mir durch den Umgang mit ketzerisch gesinnten Männern drohte. Gegenwärtig befinden sich nämlich auf der Universität in Paris viele solche junge Leute in meinem Alter, die mit herrlichen Geistesgaben ausgestattet sind und, im Umgang überaus angenehm, unter dieser schönen Außenseite ihre Glaubens- und Sittenlosigkeit verbergen. Er allein hat mich in meiner jugendlichen Unerfahrenheit vor dem Gift dieser falschen Freundschaften bewahrt; er hat mich auf ihre Werke der Finsternis aufmerksam gemacht; seiner Liebe allein verdanke ich es, dieser schrecklichen Gefahr entronnen zu sein. Falls es in meiner Macht stünde, würde ich dieses Glück mit dem Preis der ganzen Welt, wie ich glaube, nicht teuer genug erkauft haben. Schuldete ich dem Magister Ignatius keine andere Wohltat, so wäre diese allein so groß, daß ich nicht einsehe, wie und wann ich sie durch die Tat in würdiger Weise erwidern, oder auch nur durch meine Dankbarkeit einigermaßen vergelten könnte. Denn ohne diese Dazwischenkunft wäre ich nie den Verbindungen mit diesen jungen Leuten entgangen, deren Äußeres zwar einnehmend, deren Inneres aber vom Gift des Lasters und der Häresie angesteckt war, wie ihr Betragen und die Ereignisse in der Folge es bewiesen." Eines Tages fand Ignatius den Xaver offener und empfänglicher für das Gute als gewöhnlich, und da wiederholte er ihm die Worte: "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber an seiner Seele Schaden litte?" Dann wies er ihn darauf hin, daß ein so edles Herz sich nicht darauf beschränken dürfe, nach den eitlen Ehren der Welt zu streben, sondern nach der himmlischen Weisheit, welche der einzige würdige Gegenstand eines treuen Dieners sei. Selbst der gesunde Verstand gebiete, das ewig Dauernde einem Traumbild vorzuziehen. Xaver fühlte, erschüttert durch den heiligen Ernst seines Lehrers, die Nichtigkeit aller irdischen Größe, und ein Funke der Liebe zu den himmlischen Gütern fing an, in seinem Herzen aufzukeimen. Aber nicht sogleich hatte die Gnade den Sieg davongetragen. Erst nach langen inneren Kämpfen und reiflicher Überlegung entschloß er sich, sein Leben nach den strengen Anforderungen des Evangeliums zu ordnen und in den Fußpuren desjenigen zu wandeln, der ihn seine Verirrungen kennen gelehrt hatte. Er übergab sich nun der Leitung des heiligen Ignatius, der ihn auf dem Weg der Vollkommenheit schnell vorwärts führte. Er lernte zuerst seine vorherrschende Leidenschaft bekämpfen, und da er wußte, daß er sich bisher der eitlen Ruhmbegierde hingegeben hatte, bemühte er sich, weil er sein Nichts und seine Sünden vor Gott erkannte, sich zu demütigen und gering zu schätzen. Seinen stolzen Geist bändigte er durch Kasteiung seines Fleisches, seinen Leib durch Bußgürtel, Fasten und andere strenge Übungen. Als die Ferienzeit herangekommen war, machte er die geistlichen Übungen nach der Anleitung des heiligen Ignatius mit solchem Eifer, daß er, zurückgezogen von den Zerstreuungen der Welt, vier ganze Tage ohne Speise zubrachte. Sein Geist war Tag und Nacht mit himmlischen Dingen beschäftigt, betrachtete mit beharrlichem Eifer die großen Wahrheiten des Christentums, besonders die Geheimnisse der Menschwerdung Christi und das Werk der Erlösung nach dem Exerzitienbüchlein des heiligen Ignatius, so daß er in einen anderen Menschen umgewandelt schien. Die Demut des Kreuzes erschien ihm liebenswürdiger als alle Herrlichkeit der Welt. Vermöge dieser neuen Stimmung wurde es ihm leicht, ein ehrenvolles und einträgliches Kanonikat in Pamplona auszuschlagen, das man ihm angetragen hatte. In der Einsamkeit bildete er erst den festen Entschluß aus, Gott auf allen möglichen Wegen zu verherrlichen und sein ganzes Leben dem Seelenheil des Nächsten zu weihen. Nachdem er seinen philosophischen Kurs, der nach damaligem Gebrauch dreieinhalb Jahre dauerte, vollendet hatte, begann er auf den Rat des heiligen Ignatius mit dem Studium der Theologie. Ignatius eröffnete ihm inzwischen den Entschluß, in das Heilige Land zu reisen, um an der Bekehrung der Juden und Ungläubigen zu arbeiten. Außer Peter Faber hatte Ignatius bereits noch vier Andere für seinen Plan gewonnen. Alle sieben faßten nun einstimmig den Entschluß, sich durch ein ausdrückliches Gelübde zu verpflichten, alle Güter zu verlassen und die Reise nach Jerusalem zu machen; falls sie aber innerhalb eines Jahres keine Gelegenheit fänden, sich einzuschiffen, so würden sie sich dem Papst zu Füßen werfen, ihm ihre Dienste für die Kirche anbieten und die Bereitwilligkeit erklären, überall hinzugehen, wohin sie zu senden ihm gefiele. Dieses Gelübde legten sie am Feste der Himmelfahrt Mariä im Jahre 1534 auf dem Montmartre ab. Die Heiligkeit dieses Ortes, der vom Blut der Martyrer getränkt ist, machte auf Franz Xaver einen solchen Eindruck, daß in ihm die Sehnsucht entstand, seinen Heiland als Martyrer verherrlichen zu können. Zweites Kapitel Franz Xaver reist nach Venedig - Seine Reise nach Rom - Seine Einsamkeit, seine erste heilige Messe - Xaver wird krank, sein Aufenthalt in Bologna - Er wird zum Missionar in Indien ernannt - Seine Reise nach Lissabon - Aufenthalt daselbst Nachdem alle Gefährten des heiligen Ignatius im nächsten Jahr ihre theologischen Studien vollendet hatten, reisten sie am 15. November 1536 von Paris ab, um sich nach Venedig zu begeben, wo sie verabredungsgemäß Pater Ignatius treffen sollten, der schon früher, um Geschäfte in der Heimat zu ordnen, nach Spanien abgereist war. Kurz vor der Abreise hatte sich Xaver, den sein Eifer manchmal zu weit trieb, seine Arme und Schenkel mit dünnen Schnüren gebunden, um für sich für jene Regung der Eitelkeit zu bestrafen, die ihn bei der Erinnerung, die jungen Leute seines Alters im Laufen und Springen übertroffen zu haben, angewandelt hatte. Er glaubte nicht, daß ihn diese Schnüre im Gehen hindern würden; indes bald schwollen ihm die Beine an, und die Schnüre drangen so tief in das Fleisch ein, daß man sie kaum mehr sehen konnte. Den dadurch verursachten Schmerz ertrug er mit viel Geduld; jedoch bald konnte er nicht mehr weitergehen; die Ursache seines Unwohlseins konnte nun nicht mehr verborgen bleiben. Seine Gefährten riefen einen Wundarzt herbei, dieser aber erklärte, das Übel sei unheilbar, denn die Einschnitte, die man machen könnte, würden die Schmerzen nur vermehren. Peter Faber, Laynez und die Anderen verbrachten die Nacht im Gebet, und schon am nächsten Morgen fand Xaver beim Erwachen die Schnüre abgefallen und die Schenkel frei von jeder Geschwulst; nur die Male von den Schnüren waren noch sichtbar. Alle dankten Gott für die wunderbare Heilung und setzten trotz der rauhen Winterzeit ihre Reise weiter fort. Inzwischen nahm Xaver jede Gelegenheit wahr, seinen Gefährten zu dienen und ihnen Liebesdienste zu erweisen. So wanderten sie durch Lothringen und durch Deutschland zu Fuß über die Alpen nach Italien. Am 8. Januar 1537 kamen sie in Venedig an, wo sie zu ihrer größten Freude Pater Ignatius antrafen. Sie verteilten sich dort in die Spitäler der Stadt, um die Kranken zu pflegen, bis sie eine Gelegenheit finden würden, in das Heilige Land zu reisen. Unserem Xaver wurde das Spital der Unheilbaren zugeteilt. Bei Tag verband er die Wunden der Kranken, richtete ihnen die Betten und erwies ihnen alle Dienste, die ihm die Liebe eingab; die Nacht hindurch gönnte er sich nur wenig Ruhe, die übrige Zeit brachte er, wie sein Heiland, im Gebete zu. Nicht bloß in körperlichen Leiden unterstützte er die Kranken, sondern bemühte sich auch, obwohl der Landessprache unkundig, mit ihnen von Gott und göttliche Dingen zu reden, ermahnte Leichtsinnige zur Buße, indem er ihnen begreiflich zu machen suchte, daß, wenn auch ihre leiblichen Krankheiten unheilbar wären, die Gebrechen ihrer Seelen es nicht seien, und daß, wie groß die Sünden auch sein mögen, die wir begangen haben, wir doch jederzeit auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen sollen. Eine besondere Vorliebe hatte er für diejenigen, die mit ekelhaften Krankheiten angesteckt waren. Einer dieser Unglücklichen hatte ein schauderhaftes Geschwür, dessen Geruch unerträglich war. Niemand wagte es, sich dem Unglücklichen zu nähern. Xaver selbst fühlte einen großen Abscheu, als er ihn bedienen sollte. Aber er erinnerte sich der Lehre des Ignatius, daß man nur so weit in der Tugend Fortschritte mache, wie man sich selbst überwinde, und daß man die Gelegenheit, Gott ein großes Opfer zu bringen, nicht ungenutzt vorübergehen lassen dürfe. Er faßte Mut, näherte sich dem Kranken, umarmte ihn, drückte den Mund auf das Eitergeschwür und sog den Eiter heraus. In demselben Augenblick war der Ekel überwunden, und dieser einmal errungene Sieg über sich selbst befreite ihn für immer davon und erlangte ihm die Gnade, gegen nichts mehr Ekel zu empfinden. Zwei Monate hatte unser Franz Xaver mit diesen Liebensdiensten und anderen Übungen christlicher Frömmigkeit zugebracht. Der heilige Ignatius schickte seine Gefährten nach Rom, um vor ihrer Abreise in das heilige Land von Papst Paul III. den Apostolischen Segen zu erbitten. Bei ständigem Regen und Mangel an Nahrungsmitteln mußten sie vieles auf dieser Reise nach Rom erdulden. Xaver, von Liebe zum Leiden erfüllt, richtete seine Gefährten immer wieder auf, wenn ihre Kräfte erschöpft waren und ihr Mut zu sinken begann. In Rom angekommen, war es Xavers erste Sorge, die Kirchen zu besuchen und sich am Grab der heiligen Apostel Petrus und Paulus dem Dienst des Evangeliums zu weihen. Danach wurden Xaver und seine Gefährten durch den spanischen Doktor Peter Ortiz, der sie von Paris aus kannte, in den Vatikan zum Heiligen Vater geführt, der sie sehr wohlwollend aufnahm, ihnen den Segen für die Reise in das Heilige Land erteilte, und denjenigen, die noch nicht Priester waren, die Erlaubnis gab, sich die heiligen Weihen von jedem jedem beliebigen katholischen Bischof spenden zu lassen. Nach Venedig zurückgekehrt, legte Xaver mit den anderen in die Hände des Päpstlichen Nuntius, Hieronymus Veralli, das Gelübde der Armut und Keuschheit ab, und übernahm dann wieder sein früheres Amt im Spital der Unheilbaren. Der bereits ausgebrochene Krieg zwischen den Türken und Venetianern hatte den Verkehr mit dem Orient aufgehoben, so daß in diesem Jahre nicht einmal das gewöhnliche Pilgerschiff nach Jerusalem abgehen konnte. Dies war für Xaver ein überaus großer Schmerz, denn er sah sich nicht bloß der Hoffnung beraubt, die heiligen Orte, wo der göttliche Heiland gewandelt, seine Wunder gewirkt und sein Blut zur Erlösung der Menschen vergossen hatte, zu besuchen, sondern auch des Glückes, zur Verherrlichung des göttlichen Namens sein Blut zu vergießen und die Krone des Martyrertodes zu erlangen. Er bereitete sich nun zur Feier seiner ersten heiligen Messe vor. Er zog sich in einen vier Meilen von Padua entfernten Marktflecken zurück, wo er eine ganz verfallene Hütte fand, die ihm für seinen Zweck passend schien. Hier verbrachte er vierzig Tage, schlief auf der Erde, war jedem Ungemach der Witterung preisgegeben, lebte von etwas Brot, das er sich in der Umgebung erbettelte. Sein Geist aber genoß in der Betrachtung der himmlischen Wahrheiten Trost und Freude. Nach vierzig Tagen lehrte er die Unwissenden in den Dörfern und Flecken dieser Gegend, besonders in Monfelice, wo das Volk sehr roh und in den Pflichten des Christentums sehr wenig unterrichtet war. Er hielt täglich Christenlehre und seine Worte, vom Geist der Buße durchdrungen, brachten große Wirkungen hervor. So verbrachte er zwei bis drei Monate. Danach empfing er die heilige Priesterweihe mit tiefster Andacht, Ehrfurcht und Demut aus den Händen des Vinzenz Nigusanti, Bischofs von Arba. Es war der 24. Juni 1537, an dem Xaver mit der priesterlichen Würde beschenkt wurde. Ignatius ließ schließlich seine Gefährten nach Vicenza reisen, wohin sich auch Xaver nach seiner Geistessammlung begab, um sein erstes heiliges Meßopfer darzubringen. Bei dieser heiligen Handlung vergoß er so viele Tränen, daß dies alle Anwesenden rührte. Sein ununterbrochener Eifer in Liebesdiensten und die ihn verzehrende Glut der Frömmigkeit griff seine Kräfte und seine Gesundheit so heftig an, daß er wenige Tage nach seiner ersten heiligen Messe krank wurde und in ein Spital gebracht werden mußte. Das Spital aber war arm und mit Kranken so überfüllt, daß ihm nur die Hälfte eines sehr schlechten Bettes in einer Kammer, die von allen Seiten offen war, gegeben werden konnte. Ebenso dürftig und ärmlich war die Nahrung. Aber je größer das irdische Elend, desto reicher war der Trost des Himmels. Xaver hatte eine ganz besondere Andacht zum heiligen Hieronymus. Immer, wenn er eine Stelle in der Heiligen Schrift nicht verstand, nahm er zu ihm seine Zuflucht. Der Heilige erschien ihm eines Nachts von himmlischem Glanz umgeben, tröstete ihn in seiner Krankheit und verkündete ihm zugleich, daß ihn noch größere Trübsal in Bologna erwarte, wo er und einer seiner Gefährten den ganzen Winter zubringen müßten. Durch diese Erscheinung fühlte sich Xaver so gestärkt, daß er bald ganz gesund wurde. Der heilige Ignatius sandte Xaver wirklich mit Bobadilla nach Bologna, ohne von der Erscheinung Xavers etwas gewußt zu haben. Sobald er in Bologna angekommen war, begab er sich zum Grab des heiligen Dominikus, um dort das Meßopfer darzubringen, weil er diesen Ordensstifter besonders verehrte. Zunächst wohnte er im Spital. Eine fromme Jungfrau, die seine Andacht und Glut bei der Feier des heiligen Opfers sah, erkannte in ihm einen Auserwählten des Herrn und bat ihren Onkel dringend, er möge Xaver in sein Haus aufnehmen. Dieser, Hieronymus Casalini, ein durch Geburt und Tugenden hervorragender Geistlicher, besuchte den spanischen Priester im Spital und drang in ihn, in seinem Hause zu wohnen, womit Xaver schließlich einverstanden war; aber niemand konnte ihn überreden, bei Tisch sein Gast zu sein, sondern er erbettelte sein Brot von Haus zu Haus und lebte von den Almosen, die ihm gereicht wurden. In der Kirche der heiligen Luzia, wo Casalini Pfarrer war, feierte er die göttlichen Geheimnisse, hörte die Beichten aller Personen, die ihn darum baten, besuchte dann die Gefängnisse und Spitäler, unterrichtete die Kinder in der christlichen Religion und predigte dem Volk. Weil er in der Landessprache zu wenig bewandert war, bediente er sich einer Mischung der französischen, spanischen und italienischen Sprache; aber er sprach mit solcher Kraft und Frömmigkeit, das niemand auf seinen Akzent oder die sonstigen sprachlichen Fehler achtete. Seine Zuhörer hörten ihn wie einen Gesandten des Himmels an. Sie warfen sich nach seiner Predigt zu seinen Füßen, und baten ihn, er möge ihre Beichten hören. Diese ununterbrochenen Anstrengungen während eines so rauhen Winters erschöpften abermals seine Kräfte, so daß er viel kranker wurde, als zuvor, womit sich die Prophezeiung des heiligen Hieronymus bestätigte. Denn ein bösartiges, hartnäckiges, viertägiges Fieber schwächte ihn und ließ ihn so sehr abmagern, daß er nur noch einem Knochengerippe glich. Jedoch erschien er, ungeachtet dieser Schwäche, auf den öffenlichen Plätzen, um die Vorübergehenden zur Buße zu mahnen. Wenn ihm vor Schwäche die Stimme brach, so sprach statt seiner - als ein Bild des Todes - sein blasses Gesicht, und schon seine Gegenwart brachte wunderbare Früchte hervor. Hieronymus Casalini machte sich die Unterweisungen und Beispiele des heiligen Mannes wohl zu Nutze, so daß er in kurzer Zeit zu einer hohen Stufe der Heiligkeit gelangte. Er beobachtete den heiligen Xaver überall. Und von diesem tugendhaften Geistlichen weiß man, daß Xaver den ganzen Tag arbeitete und die Nacht im Gebet verbrachte; daß er an Freitagen, an denen er die Votivmesse vom heiligen Leiden Christi las, viele Tränen vergoß und oft in Ekstase geriet, daß er zwar wenig sprach, aber alle seine Worte voll Geist und Frömmigkeit waren. Während dieser Beschäftigungen wurde Xaver von Pater Ignatius, der bereits dem Heiligen Vater seine und seiner Gesellschaft Dienste angeboten hatte, nach Rom berufen. Paul III. nahm diese neuen Arbeiter gerne an und wollte, daß sie in Rom unter der Autorität des Heiligen Stuhles ihre Predigten beginnen sollten. Die wichtigsten Kirchen wurden ihnen als als ihr Arbeitsfeld zugewiesen; Xaver erhielt die Kirche des heiligen Laurentius in Damaso. Sobald ihn das viertägige Fieber verlassen hatte und er wieder zu Kräften gekommen war, begann er mit neuem Eifer und mitreißender Beredsamkeit seine Predigten. Der Tod, das Gericht und die Hölle waren die gewöhnlichen Gegenstände seiner Vorträge. Diese schrecklichen Wahrheiten trug er er einfach, aber auf eine so ergreifende Weise vor, daß das Volk, das in großer Zahl hinzuströmte, um ihn zu hören, immer in tiefem Stillschweigen die Kirche verließ, und mehr daran dachte, sich zu Gott zu bekehren, als den Prediger zu loben. Die Hungersnot, die damals Rom heimsuchte, gab den zehn Patres Gelegenheit, das Elend einer großen Menge Unglücklicher, die ohne Hilfe auf den öffentlichen Plätzen der Stadt dahindarbten, zu lindern. Xaver war der Eifrigste, wenn es darum ging, die entlegensten Orte aufzusuchen und Almosen zu erbitten, um sie zu unterstützen. Er nahm sie auf seine Schultern, trug sie in die für sie bestimmten Häuser und erwies ihnen jeden möglichen Dienst. Govea, ein Portugiese, ehemaliger Vorsteher des Kollegiums zur heiligen Barbara in Paris, war unterdessen mit wichtigen Aufträgen des Königs Johann III. nach Rom gekommen, und hatte sich von den großen Erfolgen überzeugt, die die Patres in der Haupstadt der Christenheit durch ihren Eifer, ihr Gebet und ihr Beispiel zuwege brachten. Er schrieb seinem König, daß so wohlunterrichtete, demütige, liebevolle, eifrige, unermüdliche, leidensbereite Männer, die nichts als die Ehre Gottes suchten, völlig geeignet seien, den Glauben nach Ostindien zu tragen; er merkte aber auch an, daß man sich, um diesen Zweck zu erreichen, an das Oberhaupt der Kirche wenden müsse, dem sie sich bedingungeslos zur Verfügung gestellt hätten. König Johann III., ein gottesfürchtiger Monarch, war über diese Nachricht sehr erfreut. Er beauftragte sogleich seinen Gesandten, Don Pedro Mascarenhas, sich an den Heiligen Vater zu wenden, um wenigstens sechs dieser Männer zu erhalten. Sobald der Heilige Vater den Vorschlag Mascarenhas vernommen hatte, überließ er die Auswahl dem heiligen Ignatius, der bei ihm in hohem Ansehen stand. Ignatius antwortete Mascarenhas, daß er ihm von den zehn Männern nur zwei geben könnte; und er nannte den Portugiesen Simon Rodriguez und den Spanier Nikolaus Bobadilla. Rodriguez machte sich sofort auf den Weg nach Lissabon. Bobadilla, der erst mit dem Gesandten abreisen sollte, wurde aber bald nach seiner Ankunft in Rom von einem Fieber befallen, so daß er nicht imstande war, die Reise anzutreten. Der heilige Ignatius wollte ihn nun durch jemand anderen ersetzen, und er erkannte, von Gott erleuchtet, daß Franz Xaver das auserwählte Werkzeug Gottes sei. Sogleich ließ er ihn zu sich kommen und sagte ihm, vom Geist Gottes erleuchtet: "Xaver, ich habe Bobadilla für Indien ernannt - aber heute ernennt der Himmel dich, und dies verkündige ich dir im Namen des Statthalters Jesu Christi. Nimm das Amt, mit dem dich Seine Heiligkeit durch mich betraut, so auf dich, als wenn Jesus Christus selbst es dir gäbe, und freue dich, daß du die Gelegenheit hast, dem großen Verlangen zu genügen, das wir alle hegen, den Glauben über die Meere zu tragen. Es ist nicht nur Palästina, nicht eine Provinz Asiens, sondern es sind unermeßliche Länder, unzählige Reiche, es ist eine ganze Welt; nur ein so weites Feld entspricht deinem Eifer und deinem Mut. Gehe dorthin, mein Bruder, wohin dich die Stimme Gottes ruft, wohin dich der Heilige Stuhl schickt, und entzünde alles mit dem Feuer, das in dir brennt." Wegen dieser Worte des Ignatius war Xaver tief beschämt und gerührt; und mit Tränen in den Augen sagte er demütig zu ihm, es wundere ihn sehr, wie man einen so schwachen Menschen dafür in Erwägung ziehen könne, und ihm ein Amt anvertraue, für das man ein Apostel sein müsse. Er sei aber bereit, den Befehlen des Himmels zu gehorchen und alles zu tun und zu leiden, was dem Heil der Inder förderlich sei. Dann aber ließ er der Freude Raum, die er tief in seiner Seele empfand, und sagte voll Vertrauen zu Pater Ignatius, daß seine Wünsche erfüllt seien, denn schon lange habe er sich nach Indien gesehnt, und er hoffe nun dort die Gnade zu erlangen, die ihm für das Heilige Land verweigert wurde: nämlich für Jesus Christus zu sterben. Voll Freude fügte er hinzu, daß ihm jetzt alles deutlich sei, was ihm Gott bisher unter verschiedenen geheimnisvollen Bildern gezeigt habe. Xaver hatte nämlich nachts öfter geträumt, er trage auf seinen Schultern einen großen Mohr, und diese Träume hätten ihn so ermüdet, daß er im Schlaf große Pein erlitt und außer Atem kam, so daß jene, die bei ihm in selben Zimmer schliefen, durch sein Seufzen aufwachten. Als einmal in einer Nacht Peter Laynez aufwachte, fragte er ihn nach der Ursache seiner Klagen, woraufhin Xaver ihm den Traum erzählte. Ein anderes Mal sah er in einem Traumgesicht unermeßliche Meere mit schroffen Felsen und sturmbewegten Wellen, wüste Inseln, von wilden Menschen bewohnte Länder, und überall Hunger, Durst und Not, dazu unendlich viel Arbeit, blutige Verfolgungen und Todesgefahren. Bei diesem Anblick rief er aus:"Noch mehr, o Herr, noch mehr!" Pater Simon Rodriguez, der diese Worte deutlich hörte, fragte ihn, was sie bedeuten sollten, aber erst als er sich nach Indien einschiffte, beantwortete er ihm seine Frage. Xaver hatte die Sendung nach Indien erst einen Tag vor der Abreise des Gesandten Mascarenhas erfahren; nur soviel Zeit blieb ihm übrig, sein Unterkleid ausbessern zu lassen, seinen Freunden Lebewohl zu sagen und sich vom Heiligen Vater den Segen zu erbitten. Paul III. war hoch erfreut, zu sehen, daß sich unter seinem Pontifikat die Tore Indiens öffneten; er empfing Xaver mit seiner ganzen väterlichen Güte und ermahnte ihn, sich einer so hohen Bestimmung würdig zu machen und mutig der ewigen Weisheit zu vertrauen, die uns immer Kraft gibt, die uns anvertrauten Ämter zu erfüllen, selbst wenn sie über die menschlichen Kräfte zu gehen scheinen; er werde viele Leiden erdulden müssen, sagte er, weil Gottes Sache nur auf dem Weg des Kreuzes gedeihen könne, und wolle man die Ehre des Apostelamtes übernehmen, so müssen man auch den Spuren der Apostel folgen, deren Leben fortwährendes Kreuz und Leiden gewesen sei. Der Himmel sende ihn auf den Spuren des heiligen Apostels Thomas zur Eroberung der Seelen; er solle mutig arbeiten, den Glauben in jenen Ländern, wo ihn dieser große Apostel gepflanzt hatte, wieder zu beleben, und sollte er sein Blut für die Ehre Jesu Christi vergießen müssen, so solle er sich glücklich schätzen, als Martyrer sterben zu können. Diese Worte aus dem Mund des Statthalters Jesu Christi machten auf den Geist und das Herz Franz Xavers einen solchen Eindruck, als wenn Gott selbst gesprochen hätte. Diese Worte erfüllten ihn mit göttlicher Kraft; und in seinen in tiefster Demut gegebenen Antworten zeigte er eine solche Seelengröße, daß Paul III. schon damals ein sicheres Vorzeichen all der wunderbaren Ereignisse zu sehen meinte, die in der Folge eintraten. Der Heilige Vater wünschte ihm den besonderen Schutz Gottes, umarmte ihn mehr als einmal und erteilte ihm den Apostolischen Segen. Xaver verließ nun Rom mit dem portugiesischen Gesandten Mascarenhas am 16. März 1540. Sein Besitz bestand in einem Brevier. Er warf sich dem heiligen Ignatius zu Füßen und bat ihn um seinen Segen. Als er danach Abschied von Laynez nahm, übergab er ihm eine kleine Schrift, die er selbst aufgezeichnet und unterschrieben hatte. Diese Schrift wird noch in Rom aufbewahrt. Darin heißt es, daß er die Regel und die Konstitutionen billige, welche Ignatius und seine Gefährten entwerfen würden, daß er Ignatius und im Fall, daß dieser verhindert wäre, Peter Faber zum Generaloberen wähle; daß er sich durch die drei Gelübde des beständigen Gehorsams, der Armut und der Keuschheit Gott als Mitglied der Gesesllschaft Jesu weihe für die Zukunft, wenn sie durch Apostolische Vollmacht zu einem geistlichen Orden erhoben werden würde. Letzeres geschah noch vor Ende des Jahres (27. September) auf eine wunderbare Weise, wie in der Lebensbeschreibung des heiligen Ignatius ausführlich erzählt wird. Die Reise nach Lissabon wurde zu Fuß zurückgelegt. Xaver erhielt von dem Gesandten ein Pferd, das er aber während der ganzen Reise zur allgemeinen Verfügung der Reisegesellschaft stellte. Er versah die niedrigsten Dienste, er half überall, wo er helfen konnte, und bemühte sich, die Anwesenden durch sein Wort und sein Beispiel zu erbauen. Ihre Reise ging durch Loreto, wo sie mehr als acht Tage verweilten; dann setzten sie ihren Weg über Bologna fort. Von Bologna aus schrieb Franz Xaver einen Brief an Ignatius. Die ganze Stadt Bologna geriet bei der Durchreise Xavers in Bewegung. Alle liebten und verehrten ihn wie einen Apostel. Groß und Klein wollte ihn sehen; die meisten eröffneten ihm ihren Gewissenszustand; mehrere wollten mit ihm nach Indien reisen, alle weinten bei seiner Abreise, weil sie dachten, ihn nie wiederzusehen. Der Pfarrer von St. Lucia, Hieronymus Casalini, zeigte sich aus diesmal als Freund. Xaver mußte bei ihm wohnen, und in seiner Kirche hörte Xaver zahllose Beichten. Auf der Reise nach Lissabon ereigneten sich einige denkwürdige Vorfälle, die wie hier nicht unerwähnt lassen können. Ein Diener des Gesandten, der überall für die Unterkunft der Reisenden zu sorgen hatte, der aber ein heftiger, aufbrausender Mensch war, hatte von seinem Herrn Verweise erhalten, weil er in seinem Dienst nachlässig gewesen war. Darüber war er so aufgebracht, daß er, sobald sich der Gesandte entfernt hatte, in höchste Wut geriet. Xaver, der ihn hörte, sagte zunächst nichts, um ihn nicht noch mehr zu reizen. Als aber dieser Mensch am nächsten Morgen gewohnheitsgemäß vorausritt, setzte ihm Xaver nach und traf ihn nach kurzer Zeit an, als er unter seinem von einem hohen Felsen herabgestürzten Pferd lag."Unglücklicher", sagte er zu ihm, "was wäre aus dir geworden, wenn du durch diesen Sturz gestorben wärst?" Diese wenigen Worte öffneten dem leidenschaftlichen Menschen die Augen, und er bat Gott mit reumütigem Herzen um Verzeihung. Xaver stieg dann von seinem Pferd, setzte ihn darauf, und führte ihn bis zur Herberge. Als eines Tages der Stallmeister des Mascarenhas über einen schmalen, aber ziemlich tiefen und reißenden Fluß reiten wollte, riß ihn der Wasserstrom samt dem Pferd fort und alle glaubten, er sei verloren. Erschüttert von der Gefahr, in der das Heil dieses weltlich gesinnten Menschen schwebte, der früher von Gott zum Ordensstand berufen worden, aber dem Zug der Gnade nicht gefolgt war, fing er an, für ihn zu beten; auch der Gesandte, der ihn sehr liebte, und alle seine Leute beteten. Kaum hatten sie den Himmel um Hilfe angerufen, als sogleich Mann und Roß, die schon daran waren, zu ertrinken, wieder aus dem Wasser emporkamen und an das Ufer getrieben wurden. Der Gesandte und alle seine Leute zweifelten nicht, daß dieser Mensch durch das Gebet des Heiligen gerettet worden sei. Xaver jedoch schrieb darüber bei seiner Ankunft in Lissabon am 3. Juli 1540 an die Väter und Brüder der Gesellschaft Jesu nach Rom: "Gott, der Herr, erhörte die innigen Gebete, die der Gesandte mit seinem ganzen Gefolge für den Unglücklichen verrichtete, der unfehlbar verloren schien. Durch ein offensichtliches Wunder entging er dem sicheren Tod in den Fluten." Als die Reisenden Frankreich bereits verlassen hatten und bei Navarra über die Pyrenäen gegangen waren, kamen sie in die Nähe des Schlosses Xavier. Der Gesandte wies ihn darauf hin, er solle diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, und seine Mutter und Verwandten besuchen, um ihnen das letzte Mal ein Lebewohl zu sagen. Aber der Heilige wollte die Straße nicht verlassen, sondern setzte seine Reise fort und antwortete Mascarenhas, er wolle das Wiedersehen mit seinen Eltern und Verwandten auf ihre Zusammenkunft im Himmel verschieben, denn jetzt würde eine Begegnung nur Traurigkeit verursachen, im Himmel dagegen werde er ewig mit seinen Lieben vereint werden und bleiben. Von diesem Beispiel der gänzlichen Lostrennung von der Welt und allen ihren Freuden wurde der Gesandte zutiefst bewegt und entschloß sich, sich ganz Gott hinzugeben. Gegen Ende des Monats 1540 kamen sie in Lissabon an. Die Reise hatte drei Monate gedauert. Sofort bei seiner Ankunft suchte Franz Xaver im Spital Allerheiligen den Simon Rodriguez auf, der sich dort ganz vom Fieber entkräftet befand. Eben zeigten sich bei Rodriguez wieder alle Anzeichen eines neuen Anfalls dieser regelmäßig wiederkehrenden Krankheit, als Xaver eintrat und ihn umarmte. Die Freude darüber war so groß, daß ihn die Schwäche ganz verließ, und er dann nie mehr einen Anfall erlitt, wie Xaver selbst in einem Brief an Ignatius schreibt. Drei oder vier Tage nach ihrer Ankunft in Lissabon wurden beide an den Hof gerufen. Der König und die Königin empfingen sie sehr freundlich. Sie fragten, schreibt Xaver, wodurch wir veranlaßt worden seien, uns in eine neue Gesellschaft zusammenzuschließen. Besonders erfreut waren sie über die Art und Weise, wie bei unserer Verfolgung schließlich die Wahrheit ans Licht kam. (Xaver spricht hier von der Verfolgung der Gesellschaft in Rom.) Der König ließ unterdessen seine beiden Kinder kommen, den Infanten Don Johann und die Infantin Maria, und stellte sie den beiden Missionaren vor. Ehe diese sich entfernten, ersuchte sie der König, die Seelsorge über die hundert Edelknaben zu übernehmen. Er wollte ihnen eine anständige, bequeme Wohnung geben. Aber sie blieben während ihres gesamten Aufenthaltes im Spital. Sie wollten nicht einmal die Kosten des Lebensunterhaltes annehmen, sondern lebten von Almosen, um die sie Leute baten, und in Armut. Xaver unterrichtete die jungen Menschen am Hof, bediente Tag und Nacht die Kranken im Spital, besuchte die Gefangenen und trug den Kindern den Katechismus vor. Er wollte anfangs nicht in den Kirchen Lissabons predigen; erst auf Zureden des Königs und den Wunsch des Erzbischofs von Lissabon ließ er sich dazu bestimmen. Xaver erhielt während seines Aufenthaltes in Lissabon mehrere Briefe von Martin von Azpilcuete, bekannter unter dem Namen Navarrus oder Doctor von Navarra, der mütterlicherseits ein Onkel Xavers und der wichtigste Lehrer der Theologie auf der Universität von Coimbra war. Er schrieb dem König sogar, seinen Neffen nach Coimbra zu schicken. Xaver weigerte sich jedoch standhaft, dorthin zu reisen. Weil ihm sein Onkel seine Besorgnis wegen der von ihm angenommenen Lebensweise ausgesprochen hatte, antwortete ihm Xaver: "Sie fügen in Ihrem Brief hinzu, daß man allerlei Gerüchte über unser Institut verbreitet. Ich antworte für jetzt nur folgendes: Es liegt wenig daran, hochzuverehrender Herr Doktor, von Menschen gerichtet zu werden, zumal von solchen, die über eine Sache urteilen, noch bevor sie dieselbe kennen." Unter sichtlichem Segen setzten die beiden apostolischen Missionare ihre Arbeiten in Lissabon fort. Überall zeigte sich größerer Eifer, die heiligen Sakramente wurden öfter empfangen, und Leute, die ihre Bekehrung ständig von einem Tag auf den anderen verschoben hatte, entsagten der Welt ganz, Todfeinde versöhnten sich miteinander und die schamlosesten Dirnen ließen von ihrem schändlichen Tun ab und führten ein ehrbares Leben. Am Hof selbst war eine Lebensveränderung eingetreten. Das Beispiel des Königs hatte hier vieles bewirkt. Nicht bloß der König und die Königin waren den beiden Missionaren zugetan, sondern auch der Infant Don Heinrich, der Großinquisitor war, achtete sie hoch und ermächtigte sie zum freien Zutritt in die Gefängnisse. Einige der Vornehmsten bei Hofe erbaute der apostolische Lebenswandel Xaviers und Rodriguez' so sehr, daß Xaver darüber oft in Besorgnis geriet, weil er glaubte, zuviel Glück sei selbst bei den heiligsten Unternehmungen gefährlich, Verfolgung aber heilsam. Bewegt von den wunderbaren Bekehrungen wollte der König diese Apostel in seinem Reich zurückhalten. Er trug seine Absicht dem Staatsrat vor, der ganz derselben Meinung war, ausgenommen der Infant Don Heinrich, der nachdrücklich erklärte, daß es ihm gewissermaßen ein Eingriff in die Fügungen des Himmels zu sein scheine, wenn man Xaver und Rodriguez, nachdem sie vom Statthalter Christi für Indien bestimmt seien, zurückhalten wolle. Ungeachtet der vorgebrachten Gründe wurde dennoch beschlossen, die beiden Missionare zurückzuhalten - ein Umstand, der die Missionare sehr betrübte. Sie konnten in dieser Lage nichts anderes tun, als dem Pater Ignatius zu schreiben und Hilfe bei ihm zu suchen. Er trug diese Sache dem Papst vor, der aber darüber nicht entscheiden wollte, sondern es dem portugiesischen Hof überließ, was er tun wollte. Ignatius schrieb an Mascarenhas und schlug einen Mittelweg ein, indem er ihm vorschlug, man könnte Rodriguez für Protugal zurückbehalten, Xaver aber nach Indien reisen lassen. Der König billigte diesen Vorschlag. Xaver wurde bei dieser Nachricht mit tiefer Freude erfüllt, lobte und pries Gottes Güte, die ihn von neuem für die indische Mission auserwählt hatte. Als die Zeit zur Abreise gekommen war, wurde er an den Hof gerufen. Der König unterhielt sich lange mit ihm über den Zustand Indiens, legte ihm ans Herz, daß er gelegentlich an seinen Minister schreiben solle, und übergab ihm schließlich die Breven des Papstes. Im ersten ernannte der Papst Xaver zum Apostolischen Nuntius Indiens, im zweiten erteilte er ihm weite Vollmachten, um den Glauben im ganzen Morgenland zu verbreiten und zu erhalten, im dritten empfahl er ihn dem Kaiser David von Äthiopien (Abessinien), im vierten allen Fürsten, die vom Kap der Guten Hoffnung bis an den Ganges herrschten. Einige Tage vor der Einschiffung verlangte Don Anton von Ataide, Graf von Castannora, der die Oberaufsicht über die Vorräte der Seetruppen hatte, von Xaver ein Verzeichnis seiner Reisebedürfnisse, weil es der Wille des Königs sei, daß an nichts Mangel leide. Aber Xaver antwortete lächelnd: "Wer nichts braucht, leidet keinen Mangel. Ich bin dem König für seine Freigiebigkeit und Dir für Deine Fürsorglichkeit sehr dankbar, aber noch mehr bin ich der Vorsehung verpflichtet, und du kannst sicher nicht wollen, daß ich ihr mißtrauen soll." Ungeachtet der Vorstellungen, die man ihm machte, nahm er doch nichts mit als einige Andachtsbücher zum Gebrauch der Neubekehrten in Indien, und noch ein Gewand von grobem Tuch zum Schutz gegen Sturm und Kälte. Als man in ihn drang, doch einen Diener anzunehmen, erwiderte der Heilige: "So lange ich zwei Hände habe, bedarf ich keines anderen Dieners." "Aber", versetzte der Graf, "der Anstand erfordert dies; du bekleidest eine Würde, die du nicht herabsetzen darfst; es würde einem Nuntius übel anstehen, wenn er selbst in einer Ecke des Schiffs seine Kleider waschen, selbst seine Speisen bereiten würde." Jedoch Xaver entgegnete: "Ich hoffe mich und andere zu bedienen, ohne meine Würde zu entehren. Wenn ich nur nichts Böses tue, dann fürchte ich weder, meinen Mitmenschen Anstoß zu geben, noch der Würde zu nahe zu treten, die der Heilige Stuhl mir übertragen hat. Dieses Streben nach menschlicher Ehre und diese falschen Begriffe von Wohlanständigkeit waren es größtenteils, die die Kirche in den Zustand versetzt haben, in dem wir sie gegenwärtig sehen." Endlich kam der Tag der Abreise. Paul von Camerino, ein Italiener, und Franz Mansilla, ein Portugiese, der noch nicht Priester war, waren seine Gefährten auf der Überfahrt nach Indien. Simon Rodriguez begleitete ihn bis zur Flotte. Xaver umarmte ihn und sprach: "Ich will dir zum Trost ein Geheimnis mitteilen, das ich dir bis jetzt verschwiegen habe. Du erinnerst dich, daß du mich, als wir in einem Spital in Rom waren, rufen hörtest: 'Noch mehr, o Herr, noch mehr!' Du hast mich oft gefragt, was dies bedeute, und ich habe dir jedesmal geantwortet, du sollst dir deswegen keine Sorgen machen. Jetzt sollst du wissen, daß ich damals alles sah, was ich für die Ehre Jesu Christi leiden solle. Unser Heiland verlieh mir einen solchen Geschmack an den Leiden, daß ich, als die mir dargebotenen mich nicht sättigen konnten, noch mehr verlangte." Die beiden Männer umarmten sich noch einmal und schieden dann voneinander mit Tränen in den Augen. Am 7. April 1541 wurden die Anker gelichtet. Es war an Xavers Geburtstag, an dem er in sein 36. Lebensjahr eintrat. Acht Monate war er in Lissabon gewesen und mehr als sieben Jahre war er ein Jünger des heiligen Ignatius. So verließ nun Xaver Europa, um nie wieder zurückzukehren. Drittes Kapitel Franz Xavers Reise nach Goa - Anfang seines Apostelamtes daselbst - Erfolg seiner Bemühungen - Xaver unter den Paravas - Die Brahmanen - Seine Reise ins Innere des Landes Franz Xaver betrachtete alle, die sich auf dem Schiff befanden, als zur ihm anvertrauten Herde gehörend. Mit jedem wollte er sich unterhalten. Mit den Matrosen sprach er vom Seewesen, mit den Soldaten vom Krieg, mit den Kaufleuten vom Handel und mit den Vornehmen von Staatsangelegenheiten. Sein heiteres und freundliches Wesen gewann ihm die Herzen aller; selbst rohe und verdorbene Menschen fanden Vergnügen an seiner Unterhaltung, und hörten ihn auch an, wenn er in seinem gewohnten Eifer von Gott und göttlichen Dingen sprach. Er unterrichtete die Matrosen in den Grundlehren des Christentums, und predigte an jedem Sonn- und Feiertag am Fuß des großen Mastbaums stehend. Allen wollte er alles werden, um alle für Christus zu gewinnen. Infolge der unerträglichen Kälte am grünen Vorgebirge und der außerordentlichen Hitze an den Küsten von Guinea entstanden mancherlei bösartige und ansteckende Krankheiten. Die Gesunden hatten eine solche Furcht und einen solchen Abscheu vor denselben, daß die Kranken ganz verlassen gewesen wären, wenn sich nicht Pater Franz ihrer angenommen hätte. Er bediente sie, wischte ihnen den Schweiß ab, reinigte ihre Geschwüre, wusch ihre Kleider, und bemühte sich, sie zu einem christlichen Tode vorzubereiten. Er dankte Gott dafür, daß er ihm die Gnade gegeben, auf seinen Reisen Menschen zu finden, denen er die Geheimnisse verkündigen und das Sakrament der Buße spenden könne. Wegen seiner Anstrengungen litt er selbst an stetem Erbrechen und großer Entkräftung. Bei Nacht schlief er auf dem Verdeck, und die Schiffseile waren sein Kopfkissen. Sandte ihm der Vizekönig Speisen von seiner Tafel zu, so verteilte er sie unter die Kranken, die einer kräftigeren Nahrung bedurften. Die Reise setzte sich unter Stürmen zwischen Klippen und strömendem Wasser fünf Monate ununterbrochen bis Ende August fort, wo sie auf einer Insel an der Ostküste Afrikas, Mozambique genannt, landeten. Die Einwohner von Mozambique, größtenteils Mohammedaner, standen mit den Arabern und Äthiopiern in Handelsverbindungen. Hier wurde überwintert. Nach Landung des Schiffes wurden die Kranken in das Spital der Portugiesen gebracht. Xaver folgte ihnen; neuer Eifer schien ihn zu beleben; er eilte von einem Saal zum anderen, reichte dem einen Arznei und spendeten dem anderen die Sterbesakramente. Jeder wollte ihn bei sich haben, denn alle versicherten, der bloße Anblick dieses frommen Mannes sei ihnen heilsamer als jede Arznei. Den ganzen Tag brachte er bei den Kranken zu, nachts wachte er bei ihnen oder legte sich zu einem Todkranken ins Bett, um nur eine kurze Ruhe genießen zu können. Doch sein Schlaf dauerte nicht lange; jeder Klagelaut, jeder Seufzer weckte ihn auf und er eilte dem Kranken sogleich wieder zu Hilfe. Solchen unausgesetzten Anstrengungen mußte Xaver unterliegen; er wurde von einem heftigen, bösartigen Fieber befallen, so daß man ihn sieben Mal nacheinander zur Ader lassen mußte und er drei Tage lang besinnungslos dalag. Man wollte ihn aus dem Spital bringen, aber er weigerte sich, indem er sagte, er wolle unter den Armen sterben. Sobald ihn das Fieber verlassen hatte, mußte er die Seereise aufs Neue antreten. Da nicht alle Kranken gesund waren, mußten Paul von Camerino und Franz Mansilla in Mozambique zurückbleiben und die Kranken pflegen. Nach einem Aufenthalt von sechs Monaten schifften sie sich am 15. März 1542 auf einem leichteren Schiff ein. Sie fuhren also nicht mehr auf dem Schiff St. Jakob, auf dem sie gekommen waren. Bouhours bemerkt in seiner Lebensbeschreibung des heiligen Xaver, daß die Gabe der Weissagung des Heiligen nach dem Zeugnis seiner Reisegefährten sich zuerst kundgetan habe, als von diesem Schiff St. Jakob die Rede war. Da nämlich dieses Schiff als eines der stärksten gerühmt wurde, sagte er zu den Anwesenden, daß dieses Schiff ein trauriges Ende nehmen würde, und es strandete wirklich an einer Klippe bei Salsette, wo es vollständig zugrunde ging. Das Schiff, auf dem Xaver war, hatte so günstigen Wind, daß es in zwei bis drei Tagen Melinde auf der Küste von Afrika erreichte. Melinde ist eine Seestadt und gehört den Sarazenen, mit denen die Portugiesen in gutem Einvernehmen standen, weil der Handelsverkehr beide Länder in Eintracht erhielt. Nahe bei der Stadt hatten die Portugiesen einen Gottesacker, auf dessen Gräbern sich viele kleine Kreuze befanden. In der Mitte stand ein schönes, steinernes, ganz vergoldetes Kreuz. Dieser Anblick rührte den Heiligen zu Tränen. Er empfand den süßesten Trost, das Kreuz, das Siegeszeichen, inmitten seiner Feinde aufgepflanzt zu sehen. Nachdem der Heilige sein Gebet auf dem Gottesacker verrichtet hatte, kam ein vornehmer Sarazene, und fragte Xaver, ob denn auch in den Städten Europas die Gottesfurcht so erkaltet sei wie in Melinde, und ob die Christen ihre Kirchen dort besser besuchen würden; "denn", fügte er hinzu, "von den siebzehn Moscheen, die wir besitzen, stehen vierzehn leer; drei sind noch in Gebrauch, doch auch diese werden nur von wenigen besucht. Dies kommt ohne Zweifel von irgendeiner großen Sünde her, die wir begangen haben; doch weiß ich nicht, welche dies sei, und kann mir nicht denken, wie sehr ich auch darüber nachsinne, was der Grund eines solchen Unheils sein könnte." Xaver antwortete ihm: "Gott, der das Gebet von Ungläubigen verabscheut, läßt einen Kult untergehen, der ihm mißfällt, und gibt euch dadurch zu erkennen, daß euer Glaube nicht der wahre sei." Als sie noch miteinander stritten, kam ein Kazike oder Lehrer des Gesetzes, der sagte, wenn Mohammed nicht in den nächsten zwei Jahren erscheine, so werde er seine Religion verlassen. Nach einem Aufenthalt von mehreren Tagen verließen sie Melinde, fuhren die afrikanischen Küsten entlang und landeten bei Sokotora gegenüber der Meerenge von Mekka. Diese Insel ist ein wüstes, unfruchtbares Land; die Einwohner nennen es ihr Paradies. Die Luft ist brennend heiß, die Erde trocken und unfruchtbar und bringt nur Aloefrüchte hervor. Die Einwohner nannten sich Christen, waren es aber in Wirklichkeit nicht; sie kannten die Taufe nicht; nur einzelne Spuren des Christentums waren noch vorhanden. Sie verehrten ganz besonders den heiligen Apostel Thomas. Xaver taufte mehrere Kinder auf dieser Insel und alle wollten das Sakrament empfangen, die Verpflichtungen erfüllen und nach ihnen leben, wenn er nur bei ihnen bleiben würde. Der Heilige, gerührt vom Elend dieser Bewohner und erbaut durch ihre bereitwillige Unterwürfigkeit, bat den Vizekönig, dableiben zu dürfen, bis die Schiffe von Mozambique ankommen würden, aber die Bitte wurden ihm nicht gewährt. Bei seiner Abreise erschienen die Neubekehrten am Ufer uns streckten sehnsuchtsvoll die Arme nach ihm aus. Mit Wehmut entfernte er sich, gelobte aber dem Herrn, dieses Volk wieder aufzusuchen, wäre ihm dies aber nicht möglich, einen Lehrer des Evangeliums zu senden, um das von ihm begonnene Werk fortzusetzen. Die Fahrt dauerte nur wenige Tage. Die Flotte landete, nachdem sie das arabische und einen Teil des indischen Meeres durchlaufen hatte, iam 6. Mai 1542 im dreizehnten Monat nach ihrer Abfahrt aus dem Hafen von Lissabon in Goa. Goa liegt jenseits des Ganges auf einer Insel gleichen Namens und ist die Haupstadt von Indien, der Sitz des Vizekönigs und Bischofs, und der Mittelpunkt des portugiesischen Handels im Morgenland. Der Herzog Don Alphons von Albuquerque hatte sie im Jahre 1510 den Ungläubigen weggenommen. Sobald Xaver in Goa ans Land gestiegen war, begab er sich in das Spital, wo er seine Wohnung nahm, obwohl ihn der Vizekönig bei sich behalten wollte. Ehe er aber sein Amt als Missionär beginnen wollte, ging er zuerst zum Bischof von Goa, wo damals Don Johann von Albuquerque aus dem Orden des heiligen Franziskus den Bischofsstuhl innehatte, ausgezeichnet durch Tugend und Frömmigkeit. Der heilige Franz Xaver übergab ihm die Breven des Statthalters Jesu Christi, und erklärte in tiefer Demut, daß er nur mit seiner Erlaubnis Gebrauch davon machen würde; er bat ihn kniend um den heiligen Segen zu seinem Werk. Der Oberhirt, gerührt und erbaut durch die Bescheidenheit Xavers und betroffen durch eine gewisse Ausstrahlung von Heiligkeit in seinem Äußeren, hob ihn sogleich auf, umarmte ihn, küßte ehrfurchtsvoll die päpstlichen Breven und versprach, ihm mit seinem bischöflichen Segen beizustehen, wenn es notwendig sein sollte, ein Versprechen, das der edle Oberhirt in der Folge stets treu hielt. Der Bischof freute sich wirklich über die Ankunft eines so ausgezeichneten und eifrigen Missionärs. Denn er selbst konnte mit den noch wenigen Patres seines Ordens dem gewaltigen Strom des sittlichen Verderbens keinen Einhalt tun. Xaver unternahm nichts ohne den Rat des Bischofs und dieser teilte ihm alle sein Pläne und Entwürfe mit. Der Zustand der Religion war ein so trauriger, daß Xaver darüber weinte und ihn aufs Neue mit Eifer entflammte. Die Einwohner waren dem Namen nach Christen; die Portugiesen waren nur darauf bedacht, ihre Eroberungen weiter auszudehnen und sich zu bereichern. Dieses gottlose Beispiel mußte natürlich auf die Heiden einen abstoßenden Eindruck machen. Die, welche den Glauben noch bekannten, wurden von den Mohammedanern grausam verfolgt, ohne daß ihnen die portugiesischen Behörden zu Hilfe kamen. Dieser hilflose Zustand schreckte die Neubekehrten davon ab, ihren Glauben an Jesus Christus zu bekennen, und die Ungläubigen wurden mit echter Abneigung gegen die christliche Religion erfüllt. Doch das schlechte Beispiel der Portugiesen schadete dem Aufkeimen des Christentums unendlich mehr als die Grausamkeit der Mohammedaner. Die Schilderung der Sittenlosigkeit der Portugiesen entnehmen wir einem Bericht, der von einem glaubwürdigen Mann einige Monate vor Xavers Ankunft an den König Johann III. gesandt wurde. Die Portugiesen hatten diesem Bericht zufolge so viele Beischläferinnen in ihrem Hause, wie sie wollten, und letzte erhielten gleiche Rechte wie die Ehefrauen. Man kaufte und raubte Frauen, um Dienst oder Geld daraus zu gewinnen; diese Sklavinnen mußten täglich eine gewisse Summe Geldes abliefern, und wenn sie nicht bezahlen konnten, so wurden sie grausam mißhandelt, so daß diese Unglücklichen sich Jedem hingaben, um den Geiz ihrer Herren zu befriedigen. Die Gerechtigkeit war bei den Gerichten um Geld feil; die größten Verbrecher blieben ungestraft, wenn sie nur ihre Richter mit Geld bestechen konnten. Alle Wege, zu Geld zu gelangen, waren erlaubt, mochten sie auch noch so ungerecht sein. Es wurde öffentlich Wucher betrieben; der Meuchelmord war kein Verbrechen mehr; man rühmte sich desselben als einer Heldentat. Der Bischof von Goa mochte mit dem Zorn des Himmels drohen und die Exkommunikation aussprechen - es war vergebens. Die Herzen waren so verhärtet, daß man seiner Drohungen spottete und die Exkommunikation verachtete; das Verbot, die Sakramente zu empfangen, war für die Gottlosen keine Strafe mehr, denn sie hatten den Sakramentenempfang ohnehin aufgegeben. Der Empfang der Sakramente der Buße und des Altares war ganz abgekommen, und wenn sich noch irgendjemand, von Gewissensbissen geplagt, mit Gott versöhnen wollte, so tat er es nur bei Nacht und heimlich, weil eine solche Handlung ganz gegen die allgemeine Gewohnheit war, und die meisten sich ihrer schämten. Dieser sittenlose Zustand hatte mehrere Ursachen. Er begann durch die Freiheit, sich beliebig der Waffen zu bedienen. Eine solche Freiheit führt in einem eroberten Land die größten Unordnungen herauf. Die Üppigkeit Asiens und der Umgang mit Ungläubigen trug nicht wenig dazu bei, die Portugiesen zu verderben, die von Hause aus streng und ordnungsliebend sind. Der Mangel an geistlichem Beistand tat ebenso das Seine. In ganz Indien fand man keine vier Prediger, so daß in dem meisten Festungen das ganze Jahr hindurch weder eine Predigt gehört, noch eine Messe gelesen wurde. So war die Christenheit der neuen Welt beschaffen, als Pater Xaver dort ankam. Die Heiden waren auf die Stufe von Tieren herabgesunken, und ihre Verdorbenheit war auf das Höchste gestiegen; die am wenigsten Verdorbenen waren die, die gar keine Religion hatten, denn die Anderen beteten den Teufel unter einer abscheulichen Gestalt an, unter Zeremonien, die zu schildern der Anstand verbietet. Manche wechselten täglich ihren Gott, denn das erste Lebewesen, das ihnen am Morgen begegnete, mochte es ein Hund oder Schwein sein, war Gegenstand ihrer Verehrung. Jeder brachte seinen Götzen blutige Opfer dar und es war etwas ganz Gewöhnliches, daß Väter ihre eigenen Kinder vor ihren Götzen erwürgten. So viele Abscheulichkeiten entflammten den Eifer des Pater Xaver. Er glaubte, daß er nach der Lehre des heiligen Paulus mit den Dienern des Glaubens, d.h. mit den Christen beginnen müsse, hier also mit den Portugiesen, weil ihr Beispiel so großen Einfluß auf die getauften Inder hatte. Wir wollen nun sehen, wie er dieses große und schwierige Werk anfing. Um den Segen des Himmels auf eine so schwierige Unternehmung herabzuflehen, brachte er die meiste Zeit der Nacht im Gebet zu; er schlief nur drei bis vier Stunden, und zwar mit Unterbrechungen, denn weil er im Spital wohnte, stand er bei jedem Klageruf auf, um den Kranken zu helfen. Bei Tagesanbruch betete er wieder, dann las er die heilige Messe. Danach ging er in die Spitäler, vor allem in das der Aussätzigen, und scheute sich nicht, diese Unglücklichen zu umarmen und ihnen die Almosen zu geben, die er von Tür zu Tür erbettelt hatte. Von dort ging er in die Gefängnisse und erwies den Gefangenen dieselben Liebesdienste. Auf dem Rückweg durch die Stadt zog er mit einem Glöckchen in der Hand durch die Straßen und rief den Familienvätern zu, sie mögen doch ihre Kinder und Sklaven zum Katechismusunterricht schicken. Der Heilige begriff, daß nur durch Erziehung und Bildung der Jugend die Hoffnung bestehen könne, das Christentum in Goa wieder aufblühen zu sehen. Die Kinder versammelten sich scharenweise um ihn. Er führte sie dann in die Kirche, erklärte ihnen das Apostolische Glaubenbekenntnis und die Gebote Gottes und unterrichtete sie in der Frömmigkeit. Dem Heiligen gelang es in kurzer Zeit, diese jungen Menschen für die Frömmigkeit zu begeistern. Die Kinder, die ihm großes Vertrauen entgegenbrachten, wurden bescheidener und eingezogener, und alles erhielt in kurzer Zeit eine ganz andere Gestalt, so daß sich die ganze Stadt über diese Veränderung wunderte. Er bemühte sich, durch öffentliche Predigten das Volk zu bessern. Bald zeigten sich die wunderbarsten Wirkungen seiner Anstrengungen. Öffentliche Büßer kamen, warfen sich ihm zu Füßen und legten ihr Sündenbekenntnis ab. Andere, die sich zuerst noch schämten, wurden durch das Beispiel ermutigt, so daß auch sie bald ihre Sünden mit aufrichtigem Herzen bereuten. Die Sündenbekenntnisse wurden unter vielen Tränen abgelegt. Verträge, die auf Wucher beruhten, wurden aufgehoben; den unerlaubten Gewinn erstattete man zurück; ungerecht erworbene Sklaven setzte man in Freiheit, und Beischläferinnen, die man nicht ehelichen konnte oder wollte, wurden entfernt. Mit einem Wort: Zucht und Ordnung kehrten wieder zurück. Solche, die früher überhaupt nicht zur Beichte gingen, bekannten ihre Sünden jetzt jeden Monat, und alle wollten Xaver als Beichtvater haben, so daß, wie er nach Rom schrieb, wenn er an zehn Orten zugleich sein könnte, er überall Beichten zu hören hätte. Nachdem er so wieder Zucht und Ordnung in den Familien eingeführt, die schlechten Sitten und Gewohnheiten verdrängt hatte, öffnete sich seinem Eifer ein neuer Wirkungskreis. Auf der Fischerküste, die sich von der Südspitze Vorderindiens, dem Kap Comorin, nordöstlich längs des Golfes von Manaar erstreckt, wohnte das verachtete Volk der Paravas (Fischer), die von der Perlenfischerei lebten. Den Druck der Mohammedaner, der mit schwerer Hand auf ihnen lastete, abzuwehren, hatten die Portugiesen ihnen geholfen; eine Gefälligkeit, für sich 20 000 dieser Paravas taufen ließen (1532). Weil ihnen aber jede Belehrung fehlte, waren sie nur dem Namen nach Christen. Vom Vizekönig dazu angegangen und von Michael Paz, dem Generalvikat von Goa, ermuntert, bat Pater Xaver um zwei der Sprache kundige Seminaristen, und als er diese sowie den Segen des Bischofs erhalten hatte, schiffte er sich Mitte Oktober 1542 ein. Bei seiner Abreise nahm er vom Vizekönig ein Paar Schuhe an, um gegen den brennenden Sand der Küste wenigstens einigermaßen geschützt zu sein. Beim Vorgebirge Comorin, das gegenüber der Insel Ceylon liegt, und ungefähr sechshundert Meilen von Goa entfernt ist, ging er an Land. Er fand dort ein ganz von Heiden bewohntes Dorf. Er konnte nicht vorübergehen, ohne den bedauernswerten Bewohnern den Namen Jesu zu verkünden. Aber er fand dort keinen Eingang, denn sie durften ohne Zustimmung ihres Herrn ihre Religion nicht ändern. Doch konnten sie nicht lange den Wundern widerstehen, die Gott durch Pater Xaver wirkte. In dem Dorf lag eine Frau schon drei Tage in Geburtsschmerzen, so daß alle an ihrem Wiederaufkommen zweifelten. Die Gebete der Brahmanen waren vergebens. Den Hergang der Sache erzählt Xaver selbst in einem Brief an Ignatius: "Ich begab mich mit einem meiner Begleiter in die Wohnung der Kranken und begann vertrauensvoll den Namen des Herrn anzurufen. Sodann fing ich an, mittels eines Dolmetschers die wichtigsten Glaubensartikel zu erklären und mit Gottes Gnade glaubte die Frau alles, was ich ihr erklärte. Auf meine Frage, ob sie Christin werden wolle, antwortete sie mit einem freudigen Ja. Dann las ich das Evangelium (das dort wohl noch nie gehört worden war) und spendete ihr feierlich die heilige Taufe. Und, o Wunder, während der heiligen Handlung kam sie glücklich nieder, zum Lohn für ihr gläubiges Vertrauen auf Jesus Christus. Nun spendete ich auch ihrem Mann und ihren Kindern (auch dem Neugeborenen) die heilige Taufe und hatte somit das Glück, die ganze Familie durch das Sakrament der Wiedergeburt Jesus Christus zu schenken. Die Kunde von dem Wunder, das Gott in diesem Hause gewirkt hatte, verbreitete sich bald durch das ganze Dorf. Ich selbst begab mich zu den vornehmsten Einwohnern und forderte von ihnen im Namen des Herrn, an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn Gottes und einzigen Erlöser des Menschengeschlechtes, zu glauben. Sie erklärten jedoch, der Religion ihrer Väter nicht ohne Einwilligung ihres Fürsten entsagen zu können. Da nun gerade der Bevollmächtigte des Fürsten dort mit der Erhebung der Steuern beschäftigt war, begab ich mich zu ihm. Nachdem er mich angehört hatte, erklärte er, daß er die Annahme der christlichen Religion vollkommen billige und alle, die sie annehmen wollten, zur Annahme ermächtige. Doch konnte er sich nicht entschließen, den anderen selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Ersten des Dorfes dagegen bekannten sich alsbald zum Christentum und ihrem Beispiel folgte das übrige Volk. Mit einem Wort: alle, jeden Standes und Alters, empfingen die heilige Taufe." Nach diesem glücklichen Erfolg setzte Xaver seinen Weg fort und kam nach Tutucurin, der ersten Siedlung der Paravas. Diese Völker hatten zwar die Taufe empfangen, aber mehr um das Joch der Mohren abzuschütteln, als um die Bürde Jesu Christi auf sich zu nehmen. Sogleich fing er an, sie in den Wahrheiten des Christentums zu unterweisen, von denen sie nichts wußten. Weil aber Xaver die malabarische Sprache nicht verstand, so war es immer schwer, sich ihnen durch einen Dolmetscher verständlich zu machen; überdies vergaßen sie seine Worte schnell. Er ließ also die fähigsten und gelehrtesten Eingeborenen, die die portugiesche Sprache verstanden, zu sich kommen, so daß er endlich mit großer Mühe die Worte des Kreuzzeichens, das Apostolische Glaubensbekenntnis, das Gebet des Herrn, das Confiteor, das Salve Regina und schließlich den ganzen Katechismus in die Sprache der Paravas übersetzen konnte. Xaver lernte dann alles auswendig, ging, mit diesen Hilfsmitteln ausgerüstet, in alle Dörfer der Küste, die zum Teil von Getauften bewohnt waren, und rief mit einem Glöckchen alle, sowohl Kinder als auch Erwachsene, zusammen. Waren sie nun an einem Ort beisammen, so unterrichtete er sie zweimal täglich im Katechismus, den die Kinder in einem Monat leicht auswendig lernten. Waren sie nun darin ziemlich gut unterrichtet, so befahl er ihnen, ihn ihren Eltern, Hausgenossen und Nachbarn so oft vorzusagen, bis auch diese ihn auswendig kannten. Sonntags rief er Männer und Frauen, Knaben und Mädchen in der Kirche zusammen. Alle kamen sehr gern und mit großer Wißbegierde. Er fing mit der Lehre an, daß Gott einfach im Wesen, dreifach in der Person sei; dann sprach er mit lauter Stimme das Gebet des Herrn, den Englischen Gruß und das Apostolische Glaubensbekenntnis. Allen gewährte es großen Genuß, ihm dies nachzusprechen. Nun wiederholte er allein das Glaubensbekenntnis und fragte sie, bei jedem Artikel innehaltend, ob sie dies ohne den geringsten Zweifel für wahr hielten. Sie beteuerten es entschieden und mit kreuzweise über die Brust gelegten Armen. Öfter als andere Gebete mußten sie ihm das Glaubensbekenntnis wiederholen, wobei er ihnen erklärte, daß diejenigen, die alles, was es enthielt, unbezweifelt glaubten, Christen genannt würden. Vom Glaubensbekenntnis ging er zu den Zehn Geboten über, und sagte ihnen, daß das ganze christliche Gesetz in diesen zehn Vorschriften enthalten sei, und daß derjenige, der sie genau beobachte, ein guter Christ sei, und des ewigen Lebens teilhaftig werde; dagegen derjenige, der sie überschreite, ein böser Christ sei, der dereinst ewig verdammt werde, wenn er sein Vergehen nicht bereue. Die Neubekehrten und die Heiden fanden eine bewunderungswürdige Heiligkeit, Vernunftgemäßheit und Übereinstimmung mit sich selbst in diesem göttlichen Gesetz. Auf diese Weise fuhr er mit den übrigen Glaubensartikeln und Geboten fort und lehrte sie das Vaterunser und den Englischen Gruß. Um die angefangene Bekehrung zu vollenden, bildete er Katecheten aus, denen er alles, was er sie gelehrt hatt, schriftlich übergab, damit sie die Lehrer der anderen sein könnten. Diese hielten dann an Sonn- und Feiertagen Versammlungen, in denen sie alles vortrugen, wie es ihnen der Heilige angegeben hatte. Es läßt sich kaum schildern, was für herrliche Früchte seine Bemühungen erbrachten. Ein bewunderungswürdiger Eifer beseelte die neuen Christen. Der Heilige sagt es selbst in einem Brief an die Gesellschaft Jesu in Rom; die Zahl der Täuflinge war so groß, daß er schließlich beim Wasserausgießen den Arm vor Übermüdung beinahe nicht mehr erheben konnte, weil er oft an einem Tage die Bewohner eines ganzen Dorfes taufte. Selbst seine Stimme versagte ihm wegen des oftmaligen Wiederholens des Glaubensbekenntnisses. Allein die Zahl der Kinder belief sich auf über tausend. Pater Xaver hatte oft kaum genug Zeit, ein wenig Nahrung zu sich zu nehmen. Öfter mußte er sich in einen Winkel verbergen, um dem Gebet obliegen zu können. Damals gab es auf der Fischerküste sehr viele Kranke. Gott ließ dies ohne Zweifel zu, damit sie die Wahrheit der christlichen Religion wider ihren Willen erkennen mußten. Die sich taufen ließen, wurden oft plötzlich gesund. Sobald irgendjemand bei den Heiden erkrankte, nahm man seine Zuflucht zu Pater Xaver. Er selbst konnte nicht überall hingehen, darum schickte er die tüchtigsten seiner Schüler zu den Kranken. Von diesen nahm nun der eine seinen Rosenkranz, der andere sein Kruzifix, ein dritter sein Reliquienkästchen mit, und ausgerüstet mit diesen Hilfsmitteln eilten sie voll lebendigen Glaubens in Dörfer und Flecken. Bei ihrer Ankunft riefen sie viele Hausgenossen und Nachbarn zu den Kranken, beteten mehrmals gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis, trugen die Zehn Gebote und was sie sonst aus dem Katechismus wußten vor, fragten dann den Kranken, ob er von Herzen an Jesus Christus glaube und getauft werden wolle, und bejahte er es, so berührten sie ihn mit dem Rosenkranz oder dem Kreuz, und sofort war der Kranke gesund. Eines Tages, als Xaver gerade Unterricht gab, kamen einige Leute aus Manopor und bericheten ihm, daß einer der Angesehensten des Landes vom Teufel besessen sei; er möge diesem armen Menschen doch zu Hilfe kommen. Um den begonnenen Unterricht nicht abbrechen zu müssen, schickte er einige junge Christen dorthin, indem er ihnen das Kreuz gab, das er auf der Brust trug, mit dem Auftrag, den bösen Geist auszutreiben. Kaum waren sie dort angekommen, als der Besessene Zeichen seiner Besessenheit zeigte, indem er sich aufgeregter und wütender gebärdete denn je und ein fürchterliches Geschrei erhob. Die Knaben beteten daraufhin die Kirchengebete und zwangen ihn, das Kreuz zu küssen, Sogleich entwich der böse Geist. Mehrere anwesende Heiden bekehrten sich auf der Stelle und wurden vorbildliche Christen. Diese Knaben waren dem Heiligen außerordentlich lieb und er schreibt selbst in einem Brief an die Gesellschaft Jesu in Rom, er hoffe, diese würden mit Gottes Hilfe besser als ihre Eltern, denn sie zeigten eine besondere Liebe zum göttlichen Gesetz und ein brennendes Verlangen, die chritliche Religion sowohl selbst kennen zu lernen, als auch anderen lehren. Sie haßten die Abgötterei außerordentlich, so daß sie deswegen mit den Heiden in Streit gerieten, die Götzenbilder zerschlügen, die Reste verbrännten und die Asche in den Wind streuten. Wüßten sie um ein irgendwo verborgenes Götzenbild, so würden sie es schnell melden, und sie suchten überall die Macht und den Einfluß des Teufels zu brechen und zu vernichten. Im oben angeführten Brief an die Gesellschaft Jesu erzählt uns Xaver von einem besonderen Volk, Brahmanen genannt, die bei den Indern sowohl wegen ihrer Geburt als auch wegen ihres Amtes in hohem Ansehen stehen. Sie geben sich den Schein der Heiligkeit, und doch gibt es, sagt der Heilige, vielleicht kein gottloseres Volk auf Erden als dieses. Sie fasten zwar und machen sich zum Gesetz, kein Fleisch, noch irgendetwas, das Leben hatte, zu essen. Sie entschädigen sich aber für die strengen Abtötungen dadurch, daß sie sich dann wieder den schändlichsten Lüsten überlassen und sich jeder Abscheulichkeit hingeben. Sie sind verlogene und betrügerische Menschen, die nur darauf ausgehen, das einfache Volk zu betrügen. Sie spiegeln ihm vor, die Götzen äßen wie die Menschen. Bleiben daher Speiseopfer für die Götzen aus, die die Brahmanen mit ihren Frauen verzehren, so drohen sie dem Volk mit dem Zorn der Götter, und versuchen die Götzen vor dem Volk zu verbergen, um zu zeigen, die Götter wollten das Land verlassen. Ihre Lehre entspricht ihrem Leben. Als der Heilige, da er ihre Pagoden (Bezeichnung für Götze und Götzentempel) besuchte, nach der Lehre ihrer Götter in Bezug auf das ewige Leben befragte, zankten sie sich lange Zeit herum, wer von den vielen Versammelten antworten solle. Endlich nahm ein achtzigjähriger Greis das Wort und sagte in ernstem Ton: Die Götter befehlen denen, die zu ihnen kommen wollen, zwei Dinge: das erste: keine Kuh zu schlachten, das zweite: zu spenden. Bei dieser Antwort traten Tränen in die Augen des Heiligen, so tief schmerzte ihn die Blindheit und Torheit der Menschen, die den Teufel verehren. Plötzlich, von Mitleid bewegt, stand er von seinem Sitz auf un bat sie, ihn anzuhören. Er sprach mit lauter Stimme das Apostolische Glaubensbekenntnis und verkündete den hauptsächlichen Inhalt der Zehn Gebote. Danach gab er ihnen eine kurze Erklärung von Himmel und Hölle; wie man ewig selig oder ewig verdammt werden könne. Sobald der Heilige seine Rede vollendet hatte, standen sie alle plötzlich auf, umarmten ihn und bekannten, der Gott der Christen sei der wahre Gott, da seine Gesetze so sehr der Vernunft gemäß seien. Nun folgten Fragen über Fragen: ob die Seele unsterblich sei oder mit dem Körper zugrunde gehe; wohin sie, falls sie den Leib überlebe, ihren Ausgang nehmen würde; ob sie während des Schlafes, wenn sie sich im Traum in einem fremden Land befinde, wirklich außerhalb des Körpers sei; ob Gott weiß oder schwarz sei. Xaver beantwortete mit Geduld alle diese Fragen in einer dieser so wenig gebildeten Menschenklasse angemessenen Weise. Als er sie aufforderte, den Glauben an Jesus Christus öffentlich zu bekennen, antworteten sie dem Heiligen: "Was würde die Welt von uns denken, wenn sie uns den Glauben wechseln sähe? Und was würde aus unseren Frauen und Kindern werden, die nur von den Opfern leben, die den Pagoden dargebracht werden?" Der heilige Apostel hatte noch eine weitere Zusammenkunft mit einem anderen Brahmanen, der als das Orakel der Gegend galt; der Heilige konnte ihn ebenfalls nicht bekehren, ungeachtet seiner Bemühungen, wie er uns in demselben Brief berichtet. Trotz der Wunder, die Xaver in ihrer Gegenwart wirkte, konnte er nur einen einzigen gewinnen. Als der Apostel sah, daß alle seine Bemühungen vergeblich seien, deckte er ohne Rücksicht die Betrügereien der Brahmanen auf, so daß sie bald alles Ansehen beim Volk verloren, mochten sie auch noch so sehr mit dem Zorn der Götter drohen. Bei diesen sehr vielen und sehr beschwerlichen Arbeiten führte der Heilige doch auch noch ein sehr strenges Bußleben. Seine Nahrung bestand aus Reis und Wasser; er schlief nachts höchstens drei Stunden in einer ärmlichen Fischerhütte auf der bloßen Erde, und wollte die ihm vom Vizekönig übersandten Matratzen und Deckbetten durchaus nicht verwenden. Die übrige Zeit der Nacht brachte er im Gebet oder im Dienst der christlichen Liebe zu. Er selbst sagte, daß sein Leben mühevoll sei und daß die Beschwerden so groß und ununterbrochen fortdauerten, daß er unter der Last erliegen müßte, wenn er nicht auf übernatürliche Weise gestärkt und erhalten würde. Neben seinem Predigtamt mußte er auch Streitigkeiten schlichten, wozu er eigene Stunden bestimmte. Als Belohnung empfand er schon auf dieser Erde eine solche Freude und Süßigkeit in seinem Herzen, daß er Gott bat, seiner zu schonen. Den schon oft angeführten Brief schließt er mit folgenden schönen Worten: "Diesem Bericht weiß ich nichts mehr hinzuzufügen, außer: die Freude, die Gott den fleißigen Arbeitern bei der Obsorge für diese wilde Gegend in die Seele legt, ist so groß und mannigfaltig, daß, wenn es eine wahre Freude auf Erden gibt, dies die einzig wahre sei. Ich höre öfter einen dieser Arbeiter seufzen: Halt ein, o Herr, halt ein, und überschütte mich in diesem Leben nicht mit einem solchen Übermaß an Freuden, oder wenn du solche Freuden über mich ausgießen willst, so nimm mich lieber in den Himmel. Denn wer einmal in seinem Innern deine Süße und Lieblichkeit verkostet hat, kann dieses Leben ohne Anschauung deines Angesichts nicht anders als bitter finden." Der heilige Apostel hatte schon lange auf die zwei Gefährten, Paul von Camerino und Franz Mansilla, die in Mozambique zurückgeblieben waren, gewartet. Da die Zahl der Christen täglich zunahm, die Arbeiten immer mehr wurden, so konnte ein einziger Priester für die vielen Anstrengungen nicht mehr hinreichend sein. Xaver mußte also Hilfe suchen. Er verfügte nämlich über einige gute junge Leute, die Lehrer des Volkes werden sollten. Diese führte er nun nach Goa, wo sie im Seminar vom heiligen Paulus im Dienst Gottes unterrichtet werden sollten. In diesem Seminar waren Paul von Camerino und Franz Mansilla mit Erlaubnis des Vizekönigs zurückbehalten worden. Dies war die Ursache, warum sie Xaver nicht auf die Fischerküste folgen konnten. Diesem Seminar in Goa übergab nun Xaver seine jungen Inder, und ließ auf Bitte des Vorstands des Seminars, Jakob von Borba, Paul von Camerino zur Erziehung und zum Unterricht der Seminaristen zurück. Nach dem Tod Borbas im Jahre 1548 ging dieses Seminar in den Besitz der Jesuiten über, weswegen sie in diesen Ländern die Väter vom heiligen Paulus oder Paulisten genannt wurden. Nach einem kurzen Aufenthalt in Goa kehrte der heilige Apostel wieder zu seinen Paravas zurück. Außer Mansilla, der noch nicht Priester war, nahm er noch zwei Priester, geborene Inder, und einen dritten aus Biscaya, Johann Dortiaga, auf die Fischerküste mit. Er wies jedem einen bestimmten Wirkungskreis zu und ging dann allein tiefer ins Land hinein, wo er zu einem Volk gelangte, dessen Sprache ihm völlig unbekannt war. Wir wissen nicht, wie dieses Volk geheißen hat; der Heilige hat es in seinem Brief an Mansilla nicht angegeben. Da er die Sprache nicht verstand, mußte er sich darauf beschränken, die Kinder zu taufen und den Kranken beizustehen, die ihm ihr Elend und ihre Not ohne Dolmetscher zu verstehen gaben. Viertes Kapitel Xavers Reise in das Königreich Travancor - Xavers Wunder daselbst - Seine Briefe an Ignatius und Simon Rodriguez - Die Martyrer zu Manaar - Reise nach Cochin - Sein Brief an den König von Portugal. Wirkung desselben - Xaver reist nach Cambaya - Bekehrung eines Freigeists - Weissagungen Nachdem der heilige Apostel seine Paravas der Pflege und Leitung der anwesenden Missionäre übergeben hatte, war er auf neue Eroberungen bedacht. Er schlug den Weg nach dem Königreich Travancor ein. Travancor ist eines der wenigen Länder Hindostans, das den mohammedanischen Einflüssen fremd blieb. Es nimmt das Südwestende der Küste Malabar ein und hat eine Fläche von höchsten 350 Quadratmeilen. Der König des Landes wohnt in der Hauptstadt gleichen Namens (Travancor), seine Sommerresidenz ist in Trivandaram. Das Land ist gebirgig, die Küste reich an Vegetation. Wann Xaver nach Travancor kam, läßt sich nicht genau bestimmen; er dürfte dort im Mai des Jahres 1544 angekommen sein. In Travancor selbst gab es allem Anschein nach noch keine Christen, wenn es auch in dem Land, über das der König herrschte, einige gab. Sogleich nach seiner Ankunft suchte er durch Vermittlung der Portugiesen vom König die Erlaubnis zu erhalten, die Gesetze des wahren Gottes verkünden zu dürfen. Sobald er diese erlangt hatte, begann er den Unterricht nach derselben Methode, wie auf der Fischerinsel, und seine Bemühungen wurden so gesegnet, daß er in einem Monat zehntausend Götzendiener mit eigener Hand und an einem Tag oft die Angehörigen eines ganzen sehr zahlreichen Volkes taufte. Er unterrichtete die Neubekehrten in ihrer Muttersprache, ohne sie gelernt zu haben. Hier bemerken wir zum ersten Mal an Xaver die Gabe der Sprachen. Auf der Fischerinsel hatte er sich noch eines Dolmetschers bedient und mühsam die Dialekte der Bewohner studiert; hier unterrichtet er die Eingeborenen in ihrer Muttersprache im göttlichen Gesetz. Daß er die Sprachengabe besaß, ist in den Akten seiner Heiligsprechung ausdrücklich bezeugt und die Stämme Südindiens haben diese Gabe als einen Beweis für seine Heiligkeit angesehen und bewundert. Vaz aus Coimbra, ein junger Portugiese, der Xaver auf seinen Reisen begleitete, teilte seine Beobachtungen nach der Rückkehr in die Heimat mit; der heilige Apostel sagt in seinem Brief aus Demut und Bescheidenheit nur, daß er sie in ihrer Muttersprache unterrichte. Durch diese wunderbaren Erfolge erzürnt, weil die Brahmanen die Tempel der Götzen verlassen und verödet sahen, beschlossen sie, am Urheber dieser Entwicklungen Rache zu nehmen. Es wurden Mörder gedungen, die ihn aus dem Weg räumen sollten. Aber Gott schützte seinen Diener. Die Pfeile gingen spurlos an ihm vorbei und nur ein einziger verwundete ihn leicht. Darüber noch mehr aufgebracht, versuchten ihn die Mörder zu verbrennen, und legten bei drei oder vier Häusern, in denen sie ihn vermuteten, Feuer an. Einmal mußte sich der Heilige in einen dichten Wald flüchten und die ganze Nacht auf einem Baum verbringen, während jene den Wald durchstreiften. Noch ein anderes Unglück drohte hereinzubrechen. Die Badagen, die schon ein Jahr zuvor auf der Fischerküste viel Schaden angerichtet hatten, überfielen das Königreich Travancor von der Seite eines jener Berge her, die an das Vorgebirge von Comorin grenzen. Stolz auf ihr bisheriges Waffenglück meinten sie, nichts könne sie auf ihrem Eroberungszug hindern. Da sie aber diesmal nicht mit einfachen Fischern zu tun hatten, rückten sie wohlbewaffnet unter Anführung des Staichen oder Oberfeldherrn von Madure an. Als die Einwohner von der Nähe der Feinde erfuhren, gerieten sie in Angst und Schrecken. Sie flüchteten sich schnell ins Landesinnere und setzten den König von der Ankunft der Feinde in Kenntnis. Der König, den die Portugiesen den Großen nannten, suchte Truppen zusammenzuziehen und ging an ihrer Spitze dem Feind entgegen. Aber die Feinde waren ihm an Truppenstärke weit überlegen. Als Xaver von der Ankunft der Badagen gehört hatte, warf er sich auf die Erde nieder und flehte zu Gott mit den Worten: "O Herr, gedenke, daß du der Gott der Barmherzigkeit und Beschützer der Gläubigen bist; gib die Herde, zu deren Hirten du mich gemacht hast, nicht der Wut dieser Wölfe preis, damit die neuen im Glauben noch so schwachen Christen es nicht bereuen mögen, ihn angenommen zu haben, und die Ungläubigen sich nicht rühmen können, die unterjocht zu haben, die auf dich ihr ganzes Vertrauen setzen." Nach dem Gebet stand er auf, und von neuem Mut beseelt oder vielmehr von einer göttlichen Kraft durchdrungen, versammelte er eine Anzahl Christen und eilte mit diesen, das Kreuz in der Hand, dorthin, wo de Feinde in Schlachtordnung heranrückten. Sobald er ihnen so nahe war, daß sie ihn hören konnte, blieb er stehen und rief mit donnernder Stimme: "Im Namen des lebendigen Gottes befehle ich euch, Halt zu machen, umzuwenden und auf euren Wegen zurückzukehren." Von Furcht und Schrecken erfüllt, blieben die Soldaten unbeweglich stehen. Als sich die Nachrückenden darüber wunderten und nach der Ursache fragten, antworteten sie, sie sähen vor sich einen Mann in schwarzer Kleidung, von ungewöhnlicher Größe, der schrecklich anzuschauen wäre und aus dessen Augen Blitze sprühten. Die Kühnsten von ihnen wollten sich selbst davon überzeugen; auch sie wurden von Angst erfüllt und alle traten ungeordnet die Flucht an. Sobald der König diese freudige Nachricht von den neuen Christen erhielt, ließ er Xaver zu sich rufen, umarmte ihn als den Befreier von Travancor, und nachdem er ihm vor einer versammelten Menge gedankt hatte, sagte er zu ihm: "So wie ich der große König heiße, sollst du künftig der große Vater heißen." Der Heilige erklärte dem König, daß man Jesus Christus, dem Gott der Christen, danken müsse, und daß er nur ein schwaches Werkzeug sei, daß nichts vermöge. Der ungläubige Fürst, von Stolz und Wollust verblendet, begriff den Sinn dieser Worte nicht. Doch ließ er die christliche Religion in seinem Reich verkünden, nannte Xaver seinen Bruder und gab ihm große Summen Geldes, um die Armen zu unterstützen. Durch diese Gunst gewann der Heilige einen großen Wirkungskreis. Da wir eben von den großen Erfolgen des Apostels in Travancor berichtet haben, so müssen wir noch die Wunder erwähnen, die er gewirkt hat, und die bei der Heiligsprechung Xavers zur Sprache kamen. Der heilige Apostel hatte in Couran, einer der Seestädte von Travancor, in der Nähe Comorinos, durch seine Predigten viele Bekehrungen erreicht; aber die meisten Zuhörer blieben in ihrem Irrtum und Aberglauben; sie bewunderten ihn, aber sie schenkten ihm keinen Glauben. Da betete er inniger als sonst zu Gott, die verhärteten Herzen der Götzendiener zu erleuchten. "Herr", sprach er, "alle Herzen sind in deiner Hand. Du kannst nach deinem Willen die Widerspenstigen beugen und Verstockten erweichen. Verherrliche heute durch solche Wunder deiner Gnade den Namen und das vergossene Blut deines Sohnes." Kaum hatte er dieses Gebet vollendet, so fühlte er, daß das Gebet erhört sei. Mit heiliger Begeisterung für Gott wandte er sich zu seinen Zuhörern und sprach: "Weil ihr meinen Worten nicht glaubt, so seht einen Beweis, daß ich Glauben verdiene. Durch welches Zeichen soll ich euch die Wahrheiten bekräftigen, die ich euch verkündige?" In demselben Augenblick erinnerte er sich, daß am Vortag ein Mensch begraben worden war. Und er fuhr im selben Ton fort: "Öffnet das Grab, das ihr gestern geschlossen habt, und nehmt den Leichnam heraus; überzeugt euch dann nochmals, ob er wirklich tot sei." Die Ungläubigsten unter ihnen eilten sogleich, den verscharrten Leichnam auszugraben. Sie fanden an ihm nicht nur kein Lebenszeichen, sondern vielmehr das unverkennbare Zeichen des Todes, den Geruch und die Verwesung. Sie nahmen nun die Leintücher, in die er eingewickelt war, weg, und legten ihn zu Füßen Xavers, der ihnen zum Grab gefolgt war. Die Barbaren betrachteten mit Staunen den Leichnam und harrten mit Ungeduld der Dinge, die da kommen sollten. Der Heilige warf sich auf die Knie nieder und wandte sich nach einem kurzen Gebet an den Toten: "Ich befehle dir im heiligen Namen des lebendigen Gottes aufzustehen, um für die Wahrheit des Glaubens, den ich predige, Zeugnis zu geben." Bei diesen Worten erhob sich der Tote, stand gesund und kräftig da, und verkündete, der Gott der Christen sei allmächtig und das Gesetz, das der große Vater lehre, das wahre Gesetz. Die meisten der Anwesenden knieten nieder und verlangten die Taufe, die ihnen der Heilige spendete. Der heilige Apostel erweckte noch einen anderen Toten in diesem Land. Es war ein junger Mann, der auf derselben Küste in Mucan zwischen Carjapatan und Alicalo an einem pestartigen Fieber gestorben war. Er war schon über vierundzwanzig Stunden tot und wurde eben zu Grabe getragen, als ihnen Xaver begegnete. Als die Eltern des Verstorbenen, die mit ihren Verwandten den Leichenzug begleiteten, den Heiligen erblickten, schöpften sie Hoffnung. Sie fielen ihm zu Füßen und beschworen ihn, ihren Sohn wieder zum Leben zu erwecken, denn sie seien überzeugt, daß ein einziges Wort aus seinem Mund Wirkungen hervorbringen könnte, die die Kräfte der Natur überstiegen. Xaver, gerührt durch die tiefe Traurigkeit der Eltern und bewegt von ihrem lebendigen Glauben, flehte zum Himmel, machte das Kreuzzeichen, besprengte den Toten mit Weihwasser, faßte ihn dann bei der Hand und befahl ihm im Namen des Herrn, aufzustehen. Er stand auf und groß war die Freude seiner Eltern und aller, die zugegen waren. Um das Andenken an dieses große Wunder zu verewigen, ließen die Eltern des Auferweckten am Ort des Geschehens ein großes Kreuz errichten, vor dem sie oft beteten. Diese Wunder, die schnell im ganzen Land bekannt wurden, machten einen solchen Eindruck auf die Bewohner, daß sie in Scharen zu Xaver kamen und die Taufe begehrten. In wenigen Monaten unterwarf sich das ganze Königreich Travancor dem heiligen Gesetz Jesu Christi, ausgenommen allein der König und die Vornehmsten des Hofes, die in der Finsternis des Heidentums verharrten, eine Erscheinung, die uns oft bei der Bekehrung der Völker begegnet. Herrschen macht hochmütig und der Hochmut ist ein ebenso großes Hindernis für die Gnade des Glaubens wie die Demut ein Mittel zu deren Erlangung ist. Der Ruf des heiligen Apostels verbreitete sich nicht bloß im Königreich Travancor, sondern in ganz Indien, so daß die Völker, die bis dahin den Greueln des Götzendienstes anhingen, von sich aus Boten an den Heiligen sandten mit der Bitte, er möge zu ihnen kommen, um ihnen die Taufe zu erteilen. Der Heilige war tief davon gerührt, als er sah, daß die Heiden aus eigenem Antrieb den Weg zum Himmel betraten; aber es schmerzte ihn, daß seine Kräfte nicht hinreichten, um so viele Nationen aus der Finsternis herauszureißen und ihnen das Gesetz Jesu Christi zu verkünden. Diesen Mangel an Arbeitern und die Sehnsucht der Heiden nach der Lehre des Christentums betrachtend, schrieb er an Pater Ignatius in Rom und an Simon Rodriguez nach Portugal und bat sie dringend um Missionäre. "Oft fühle ich", schreibt er, "einen fast unwiderstehlichen Drang, durch die Akademien Europas und besonders die in Paris zu zu gehen und denen, die mehr Wissenschaft als Liebe besitzen, laut und mit ganzer Kraft zuzurufen: Ach, wie viele Seelen verlieren den Himmel und stürzen in die Hölle! Es wäre zu wünschen, daß diese Menschen sich der Bekehrung der Heiden widmeten, wie sie den Wissenschaften nachstreben, um Gott von ihrer Lehre und den erhaltenen Talenten Rechenschaft geben zu können. Viele würden sich ohne Zweifel, gerührt von diesem Gedanken, geistig sammeln, und der Betrachtung himmlischer Dinge hingeben, um die Stimme des Herrn zu hören; sie würden ihren Leidenschaften entsagen, und die Eitelkeiten der Welt mit Füßen treten, sich bereit halten, allen Anregungen des göttlichen Willens zu gehorchen; sie würden aus ganzer Seele rufen: Hier bin ich, Herr, schicke mich, wohin es dir gefällt, und selbst nach Indien, wenn du willst. Wie viel glücklicher, o mein Gott, würden dann diese Gelehrten leben? Um wie viel sicherer würden sie ihr Heil wirken? Und wie würden sie im Tode, wo sie in deinem schrecklichen und unvermeidlichen Gericht bestehen müssen, auf die Barmherzigkeit Gottes vertrauen, weil sie ihm sagen könnten: Herr, du hast mir fünf Talente gegeben, sieh, fünf andere habe ich dazugewonnen. Ich nehme Gott zum Zeugen, daß ich mich beinahe entschlossen habe, weil ich nicht nach Europa zurückkehren kann, an die Universität von Paris, und namentlich an unsere Lehrer Cornet und Picard zu schreiben um ihnen zu sagen, daß Millionen Götzendiener sich ohne Mühe bekehren würden, wenn es viele gäbe, die mehr den Gewinn des Herrn als das Ihrige suchten. Bittet also, meine liebsten Brüder, den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende." Der Brief, den der heilige Xaver an die Doktoren von Paris schrieb, ist verlorengegangen. Daß er aber einen geschrieben hat, bezeugt Don Johann Derada, einer der vornehmsten Männer des Königreichs Navarra, der damals in Paris studierte. Dieser ließ sich den Brief geben und erstellte davon, wie die meisten Theologen der Sorbonne, eine Abschrift, wobei er die Fülle apostolischer Liebe, die daraus hervorleuchtete, bewunderte. Von der Insel Manaar kamen Abgesandte zu Xaver, die ihn um die Taufe baten. Diese Insel liegt am äußersten nördlichen Ende von Ceylon im Gebiet des Königs von Jaffnatam. Da der Heilige nicht selbst hingehen konnte, sandte er einen Priester hin, der dort in kurzer Zeit vielen die heilige Taufe spendete. Dieser König war ein heftiger Feind des Christentums. Er zeigte sich den Portugiesen zwar freundlich, aber nur, weil er sie fürchtete. Sobald er Kunde davon erhalten hatte, daß die Manareser den Glauben an Jesus Christus angenommen hatten, ließ er sogleich Truppen auf die Insel einschiffen, und befahl, alle zu töten, die den christlichen Glauben nicht abschwören würden. Unter der Gläubigen zeigte sich nun eine seltene Standhaftigkeit. Nicht einer von den vielen war darunter, der nicht mit lauter Stimme erklärte, er sei Christ. Ungefähr sechs bis siebenhundert Menschen opferten ihr Leben für den Herrn Jesus und der Hauptbezirk des Landes, wo sie ihr Blut vergossen haben, der bis dahin Pasim genannt wurde, hieß von nun an "Das Land der Martyrer". Das Blut der Martyrer wurde auch hier neuer Same für die Verbreitung des Christentums. Sogar der älteste Sohn des Fürsten (einige Geschichtsschreiber nennen ihn den Sohn des Königs von Jaffnapatam, andere den Prinzen von Candy) hatte sich von einem portugiesischen Kaufmann in der christlichen Religion unterrichten lassen. Als der Fürst es erfuhr, ließ er ihn töten und seinen Leichnam in den Wald bringen, damit er dort ein Fraß der wilden Tiere werde. Doch der erwähnte Kaufmann begrub ihn zur Nachtzeit und am frühen Morgen zeigte sich über dem Grab des Martyrers ein sehr schönes Kreuz. Die Heiden wollten es vernichten, was ihnen jedoch nicht gelang. Am nächsten Morgen zeigte es sich im hellen Glanz und in alle Richtungen strahlend in der Luft. Dieser Anblick machte auf die anwesenden Heiden einen so unwiderstehlichen Eindruck, daß sie sich zum Christentum bekannten. Eine Schwester der Königs nahm heimlich das Christentum an und unterrichtete ihren Sohn und ihren Neffen in der christlichen Lehre. Um sie aber gegen die Wut des Tyrannen zu sichern, übergab sie die beiden dem Kaufmann, der sie in das Seminar nach Goa begleitete. Niemand erfuhr etwas von der Abreise der Prinzen. Der Kaufmann nahm seinen Weg über das Königreich Travancor, um Pater Xaver zu besuchen und ihm die beiden Prinzen vorzustellen. Der Heilige empfing sie mit unbeschreiblicher Freude, stärkte sie im Glauben und versprach ihnen, sich beim Vizekönig von Indien für sie zu verwenden. Als der König von der Flucht der beiden Prinzen erfuhr, ließ er, von Zorn und Haß gegen die Christen entbrannt, eine große Anzahl von ihnen hinrichten. Weil er seinem Bruder die Krone geraubt hatte, fürchtete er, dieser könnte ebenfalls seinen Glauben ändern und die Portugiesen um Hilfe und Unterstützung angehen. Er befahl, ihn tot oder lebendig zu ihm zu bringen. Aber dieser war glücklich nach Goa entkommen und versprach, nachdem er die Taufe empfangen hatte, daß, wenn er wieder in sein Land eingesetzt werden sollte, er alles unternehmen wolle, um es dem Gesetz Jesu Christi zu unterwerfen. Sobald der Heilige diese Nachrichten erhalten hatte, beschloß er, zum Vizekönig, der sich damals in Cambaye aufhielt, zu reisen, und ihm Vorstellungen zu machen. Außer der Angelegenheit des Königs von Jaffnapatam hatte der Heilige noch andere Gründe zu dieser Reise. Die portugiesischen Beamten gaben den Götzendienern und den neuen Christen durch ihr zügelloses Leben ein allgemeines Ärgernis. Sie machten das Christentum verhaßt. Sie ließen sich durch die heidnischen Priester bestechen, und die Zahl der Brahamen in Goa nahm täglich zu. Die Unordnungen der Portugiesen waren zu einem so hohen Grad gestiegen, daß Xaver aus Traurigkeit darüber den Wunsch hegte, nach Europa zurückkehren zu können und dem König von Portugal, Johann III., diese Lage zu schildern, in der festen Überzeugung, daß der König Abhilfe schaffen würde. Auf seinem Weg nach Cochin traf er den Generalvikar Michael Vaz, dem er die Gründe seiner Reise auseinandersetzte. Vaz war einer Meinung mit dem Heiligen und gedachte, diesen Stand der Lage dem König mitzuteilen. Da eben ein Schiff segelbereit war, schiffte er sich nach Portugal ein. Der heilige Xaver schrieb selbst an den König mit dem apostolischen Freimut, der die Gesandten Gottes und die Verkündiger der Wahrheit auszeichnet, und beschwor ihn, einen wachsamen Minister zu senden, der dem Übel gewachsen sei. Dieser Brief ist einer der schönsten des heiligen Xaver. Der Wunsch Xavers wurde erfüllt. Für Indien wurde ein anderer Statthalter bestimmt und dem Michael Vaz schriftliche Befehle folgenden Inhalts mitgegeben: "Es sollte in Zukunft weder auf der Insel Goa, noch auf der Insel Salsette heidnischer Aberglaube geduldet, daher alle dort befindlichen Pagoden zertrümmert, und die Wohnungen der Heiden in allen Winkeln daraufhin untersucht werden, ob sich dort nicht versteckte Götzenbilder befänden. Wer neue Götzenbilder verfertigte, sollte im Verhältnis zu seinem Verbrechen bestraft werden. Die Brahmanen sollte man, wenn sie sich der Verkündigung des Evangeliums widersetzten, des Landes verweisen. Eine jährliche Zuwendung von dreitausend Talern, die bisher an eine Moschee in Bazain gezahlt wurde, sollte künftig zur Unterstützung der Armen unter den zum Christentum übergetretenen Heiden verwandt werden. Man sollte kein öffentliches Amt einem Heiden übertragen, keine Erpressung ungestraft lassen, keine Sklaven an Mohammedaner oder an Heiden verkaufen. Die Perlenfischerei sollte ausschließlich den Christen erlaubt sein, und die Perlen sollten nach festgesetzter gerichtlicher Taxe ausbezahlt werden. Man sollte ferner nicht dulden, daß der König von Cochin die getauften Inder ihrer Güter beraube, oder sie sonstwie mißhandle, und der Mord an den Gläubigen in Manaar, die auf Befehl des Königs von Jaffnapatam getötet wurden, solle in dem Fall, daß Sosa ihn ungestraft gelassen hätte, von dessen Nachfolger Castro streng gerächt werden." Nachdem der Heilige in Cochin in Michael Vaz einen so guten Helfer zur Ausführung seines Plans gefunden hatte, schiffte er sich sogleich nach Cambaya ein. Auf dem Schiff befand sich auch ein portugiesischer Kaufmann, der sich rühmte, ein entschiedener Freigeist zu sein. Der Heilige, dem an dessen Seelenheil sehr viel gelegen war, versuchte, Gespräche mit ihm zu führen. Der Kaufmann hörte ihn sehr gern an, wenn er über Dinge sprach, die ihn interessierten. Sobald Xaver aber auf das Seelenheil zu sprechen kam, überhäufte er ihn mit Spott und Hohn. Aber Xaver ließ nicht nach. Sobald sie in den Hafen von Cananor eingeschifft und ans Land gestiegen waren, ging er mehrere Tage nacheinander mit seinem Reisegefährten in einem Palmenwäldchen spazieren, und arbeitete beständig auf seinen Zweck hin. Schließlich ergriff er eine mit Dornen durchflochtene Geißel und schlug sich, bis das Blut über seine Schultern herabrann. "Das tue ich euch zuliebe", sagte er zu dem portugiesischen Kaufmann, "und wie unendlich viel mehr möchte ich für euch tun! Doch was wäre auch das Ärgste gegen das, was Jesus Christus für euch getan hat? Ihn habt ihr unendlich viel gekostet! Sein großes Leiden, sein bitterer Tod, sein vieles vergossenes Blut, all dies vermag euer Herz nicht zu rühren?" In einem Aufblick zum Himmel sagte er zum menschgewordenen Gottessohn: "Schau auf dein eigenes anbetungswürdiges Blut, um dich unser zu erbarmen! Schau nicht auf das, womit ein armer Sünder, wie ich es bin, dich versöhnen möchte." Ein Strahl der Gnade ergriff das Herz des Sünders; er warf sich dem Heiligen zu Füßen, bekannte seine Vergehen und Sünden und begann mit einem neuen, christlichen Lebenswandel. Der Heilige trat daraufhin wieder seine Reise nach Cambaya an, wo er den Vizekönig antraf. Dieser ging ganz auf die Absichten des heiligen Mannes ein und fertigte sogleich einen Befehl aus, den König von Jaffnapatam zu strafen. Danach trat Pater Xaver seine Rückreise nach Cochin an. Auf seinem Rückweg kehrte er in Canaor bei einem frommen Mann ein, der einen sehr ungeratenen Sohn hatte. Diesen armen Vater versuchte er zu trösten. Denn die Augen zum Himmel erhebend, sagte er zu ihm: "Wisse, du bist der glücklichste Vater, der ungeratene Sohn, der dir jetzt so viel Kummer macht, wird sich einst bekehren, wird Buße tun, in den Orden des heiligen Franziskus eintreten und zuletzt den seligen Martyrertod sterben." Was der Heilige voraussagte, ging genau in Erfüllung. Zu Cochin traf er seinen Freund, den Staatssekretär Come Annez, der eines wichtigen Geschäftes wegen dorthin gesandt worden war. Als ihm dieser sagte, er habe einen kostbaren Diamant, der in Goa zehntausend Dukaten gekostet habe, in Lissabon aber mehr als dreißigtausend wert sei, einem Schiff, Atoghia genannt, anvertraut, sagte Xaver zu ihm: "Ich würde einen so kostbaren Stein nicht auf dieses Schiff gegeben haben." "Warum nicht", erwiderte Annez, "meint ihr vielleicht deswegen nicht, ehrwürdiger Vater, weil die Atoghia einmal leck geworden ist? Aber diese Gefahr besteht jetzt nicht; sie ist inzwischen so gründlich ausgebessert worden, daß sie einem neuen Schiff ähnlich ist." Der Heilige sagte weiter nichts, und Annez war darüber sehr beunruhigt, weil er allein für den Schaden hätte aufkommen müssen. Nach einiger Zeit sagte Xaver, als sie zu Tische saßen: "Gott sei Dank, dein Diamant ist in den Händen der Königin von Portugal." Annez war jetzt ruhig. Bald darauf erhielt er von dem Kapitän Norogna ein Schreiben, daß das Schiff auf halbem Wege eine Spalte bekommen habe und so viel Wasser eingedrungen sei, daß es nahe daran war, zu versinken. Die Matrosen wollten es verlassen und sich ins Meer stürzen, seien aber plötzlich, nachdem sie den Mast gefällt hatten, anderen Sinnes geworden, ohne zu wissen, wie; die Spalte habe sich von selbst geschlossen und das Schiff sei endlich glücklich mit zwei Segeln in Lissabon angekommen." Fünftes Kapitel Reise Xavers zur Insel Manaar - Er besucht das Grab des heiligen Apostels Thomas zu Meliapur - Sein Kampf mit bösen Geistern - Bekehrungen - Wunderbare Rettung - Bekehrung eines Kaufmanns - Reise nach Malakka - Bekehrungen und Wunder daselbstNachdem sich der Heilige einige Wochen in Cochin aufgehalten hatte, reiste er gegen Ende Mai nach Ceylon, und von dort nach Negapatam. Auf dieser Reise wollte er auch die Insel Manaar besuchen. Sobald er an Land gegangen war, besuchte er das Dorf Pasim, wo 600 Christen den Martyrertod erlitten hatten. Es herrschte dort gerade die Pest, die täglich mehr als 100 Menschen dahinraffte. Kaum war er angekommen, so versammelten sich ungefähr 3000 Menschen, die meisten von ihnen waren Heiden, und baten um Hilfe in ihrem Elend. Drei Tage betete der heilige Apostel unaufhörlich zu Gott, er möge der Verdienste der Martyrer von Pasim gedenken, und sich des heimgesuchten Volkes erbarmen. Nach drei Tagen wurde seine Bitte erhört, die Pest ließ nach und alle Kranken wurden plötzlich gesund. Infolge dieses so sichtbaren Wunders bekehrten sich unzählige Heiden dieser Insel und empfingen aus der Hand Xavers die Taufe. Weil aber die Flotte auf ihn wartete, konnte er sich nicht länger aufhalten. Nur wegen des Eigennutzes der Portugiesen wurde der Tyrann, der König von Jaffnapatam, nicht bestraft, wie uns Xaver in seinem Brief berichtet; er zweifelte dennoch nicht, daß er noch gestraft werden würde, wie es auch später geschah, als Don Constantin und später Don Hurtado von Mendoza alle Einwohner hinrichten, den König von Jaffnapatam samt seinem ältesten Sohn gefangennehmen und töten ließen. Der heilige Apostel wollte nun nach Travancor zurückkehren, konnte es aber nicht wegen des ungünstigen Windes. Dies betrachtete er als ein Zeichen des Himmels, daß er den Samen des Evangeliums anderswohin tragen sollte. Er hatte verschiedene günstige Nachrichten auf seiner Reise erhalten, daß auf der Insel Celebes oder Macassar das Christentum große Fortschritte machen könnte. Bevor er aber diese Reise antreten wollte, glaubte er eine Wallfahrt zum Grab des heiligen Apostels Thomas in Meliapur, das 50 Meilen von Negapatam entfernt ist, machen zu müssen. Am 29. Mai 1546 ging er von der Insel Ferrias aus auf die Seereise. Anfangs hatten die Reisenden den Küsten von Coromandel entlang günstigen Wind. Plötzlich aber änderte sich dieser, es erhoben sich Stürme und sie mußten hinter einem Berg vor Anker gehen, um das Schiff zu schützen. Während der sieben Tage, die sie hier zubringen mußten, war der Heilige in tiefer Beschauung, ohne zu essen oder zu trinken, was alle Reisenden bemerkten. Nur am Karsamstag trank er auf Madeiras inständiges Bitten hin, der all dies als Augenzeuge gerichtlich bestätigte, ein wenig Wasser, in dem auf seine Bitte ein Zwiebel gekocht worden war. An diesem Tag wurde der Wind günstig, und das Meer ruhig, so daß die die Reise fortsetzen konnten. Der heilige Mann, der mit jedem neuen Tag Licht von oben erhielt, sah voraus, daß dieser Stille ein furchtbarer Sturm folgen werde. Auf seine Frage hin, ob das Schiff stark genug sei, einen vielleicht auftretenden Sturm auszuhalten, erhielt er vom Steuermann eine verneinende Antwort. "So müßt ihr denn", versetzte Xaver, "versuchen, wieder den Hafen zu erreichen." Der Steuermann erwiderte: "Wie, Pater Franz, Ihr fürchtet euch bei so günstigem Wind? Glaubt mir, das Wetter war für die Schiffahrt niemals günstiger, und selbst eine kleine Barke wäre bei solchem Wetter in Sicherheit." Der Heilige beschwor ihn, dem Schein nicht zu trauen, aber weder er noch die Reisenden wollte den Rat des Pater Franz befolgen. Kaum waren sie eine kleine Strecke weiter gesegelt, so mußten sie ihre Unbeugsamkeit bereuen, weil sich ein heftiger Wind erhob, der fruchtbare Wellen in Bewegung setzte. Sie mußten wieder in den Hafen von Negapatam zurückkehren. Der heilige Apostel reiste nun zu Fuß zum Grab des heiligen Apostels Thomas, und erreichte nach wenigen Tage Meliapur, auch St.-Thomas-Stadt genannt, weil der heilige Apostel sich hier lange Zeit aufgehalten und dort auch den Martyrertod erlitten hat. Nach der Aussage der Bewohner war sie früher fast ganz vom Meer überspült worden, was auch die Ruinen großer Gebäude unter Wasser zu bestätigen schienen. Die neue Stadt Meliapur wurde von den Portugiesen erbaut. In der Nähe der Stadtmauern ist ein kleiner Hügel, den man den kleinen Berg nennt. In diesem Hügel ist eine Höhle, in der sich der heilige Thomas während der Verfolgung verborgen hatte. Am Eingang der Höhle befindet sich ein in den Felsen gehauenes Kreuz und am Fußende desselben eine Quelle, dessen Wasser so große Heilkräfte hat, daß die Kranken, die davon trinken, gewöhnlich gesund werden. Von diesem kleinen Berg kommt man zu einem größeren, der für das einsame und beschauliche Leben sehr geeignet zu sein scheint, denn auf der einen Seite hat man Aussicht auf das Meer, auf der anderen stehen alte, immergrüne Bäume, die einen schauerlichen und dennoch angenehmen Anblick bieten. Hierhin zog sich der heilige Thomas mit seinen Schülern zum Gebet zurück, und hier starb er an der Wunde, die ihm ein Brahmane mit der Lanze zufügte. Als die Portugiese Meliapur erbauten, fanden sie auf dem Gipfel des Berges eine ganz zerfallene Kapelle. Diese wollten sie zum Andenken des heiligen Thomas wiederherstellen. Als sie bis zur Grundmauer hinuntergruben, fanden sie eine weiße Marmorplatte, auf der sich ein Kreuz befand, um das herum Schriftzeichen eingemeißelt waren, des Inhalts, daß Jesus, geboren aus Maria der Jungfrau, von Ewigkeit her Gott sei, und daß dieser Gott zwölf Aposteln sein Gesetz verkündet habe, und daß einer von diesen mit einem Pilgerstab in der Hand nach Meliapur gekommen sei und dort eine Kirche erbaut habe, und daß die Könige von Malabar, Coromandel, Pandi und mehrere andere sich dem Gesetz des heiligen Thomas unterworfen haben. Da diese Marmorplatte verschiedene Blutflecken aufweist, ist es allgemeine Meinung, der heilige Apostel habe hier den Martertod erlitten. Sobald Xaver in Meliapur angekommen war, nahm ihn der Pfarrer des Ortes in seine Wohnung auf. Beide schliefen in ein und derselben Kammer. War nun der Pfarrer eingeschlafen, so stand Xaver leise auf und ging zur Kirche über den Gottesacker. Sobald der Pfarrer dies bemerkte, riet er ihm davon ab, aber Xaver glaubte, er wolle ihn nur schrecken. Ungeachtet der Warnung setzte er seine Besuche fort. Aber am folgenden Tage konnte er sich davon überzeugen, daß der ihn der Pfarrer nicht umsonst gewarnt hatte, denn als er wieder über den Gottesacker ging, stellten sich ihm gespensterartige Wesen in den Weg. Er erkannte sie sogleich und wollte sich deswegen nicht beirren lassen, sondern verachtete ihre eitlen Vorspiegelungen. Aber die Teufel lassen sich nicht ungestraft verachten, wenn ihnen Gott erlaubt, sich zu rächen. Als der Heilige im Gebet vor dem Bild der allerseligsten Jungfrau verweilte, kamen sie haufenweise und schlugen ihn so grausam, daß er einige Tage im Bett liegen mußte. Er sagte dem Pfarrer nichts davon, jedoch erfuhr dieser es durch einen jungen Malabaren, der nahe bei der Kirche geschlafen und den Lärm gehört hatte. Sobald der Heilige wiederhergestellt war, ging er, wie zuvor, jede Nacht in die Kirche. Die bösen Geister suchten ihn durch Geräusche im Gebet zu stören, konnten ihm aber nichts mehr anhaben. Einmal ahmten sie den Gesang der Klostergeistlichen so täuschend nach, daß Xaver seinen Hauswirt am Morgen fragte, wer denn diese Männer seien, die mit so schönen Stimmen gesungen hätten. Seine Lebensweise in Meliapur war wie gewöhnlich: er betete, predigte, unterrichtete und wirkte Wunder, so daß sich im Volk die Meinung verbreitete, daß, wer den Ermahnungen des Pater Xaver nicht folge, unfehlbar als Feind Gottes sterben würde, wie auch wirklich einige eines plötzlichen Todes starben, die ihre Bekehrung ständig aufgeschoben hatten. In Meliapur war ein portugiesischer Edelmann, der ein sehr unsittliches Leben führte. Xaver besuchte ihn zur Mittagszeit: "Ist es Euch recht", sagte er beim Eintreten, "daß wir, um näher miteinander bekannt zu werden, heute zusammen zu Mittag speisen?" Der Portugiese geriet dadurch in Verlegenheit, suchte sie aber zu verbergen. Der Heilige sprach während der Mahlzeit von ganz gleichgültigen Dingen, ohne den ausschweifenden Lebenswandel dieses Herrn zu erwähnen. Er verließ ihn, ohne ein Wort darüber zu sagen. Der Edelmann hielt sich für verloren. Voll Angst eilte er zu Xaver und sagte zu ihm: "Mein Vater, Euer Schweigen sprach kräftiger zu meinem Herzen, als Worte; ich habe keinen Augenblick mehr Ruhe, seitdem Ihr bei mir wart. Ach, wenn mein Verderben nicht schon beschlossen ist, so nehmt Euch meiner an, ich gebe mich in Eure Hände, tut mir mir, was Ihr für mein Seelenheil für gut findet. Ich werde Euch blind gehorchen." Der Heilige umarmte ihn und sagte, Gottes Barmherzigkeit sei unendlich, so daß man niemals verzweifeln dürfe; wenn auch der Herr manchmal den Sündern die Zeit zur Buße verweigere, so gewähre er doch immer den Büßenden Verzeihung. Er befahl ihm dann die Gelegenheit zur Sünde zu meiden und bereitete ihn auf einer Generalbeichte vor, deren Frucht ein ehrbares und christliches Leben war. Alles ging für Pater Xaver nach seinem Wunsch und er verließ die Stadt in einem so blühenden Zustand, wie sie noch gewesen war. Von Meliapur aus hatte er an seine beiden Freunde in Goa, Paul von Camerino und Jakob von Borba, geschrieben, und ihnen berichtet, daß er nach Malaka und von dort nach Makassar reisen wolle. Um jeden Preis, und sollte es auch sein Leben kosten, wollte er dorthin reisen. Er schreibt: "Ich hoffe zuversichtlich, der liebe Gott werde mir auf dieser Reise die Gnaden, derer ich bedarf, verleihen, und ich darf um so vertrauensvoller darum bitten, weil ich durch seine unendliche Barmherzigkeit zu meiner großen Freude erkannt habe, es sei sein heiliger Wille, daß ich mich nach den Königreichen von Makassar begebe, wo schon in den letzten Jahren die Bekehrung einiger Heiden zum Christentum zu schönen Hoffnungen Anlaß gab. Es ist mein unabänderlicher Entschluß, genau das auszuführen, was mir der Herr gebietet, und ich erkenne dies so klar, daß ich meine, wenn ich mich dagegen verfehlte, geradezu seinem Befehl entgegenhandeln, und mich seiner Gnaden in diesem und im künftigen Leben unwürdig machen würde. Sollte ich in diesem Jahr kein portugiesisches Schiff, das nach Malakka abgeht, finden, so würde ich das erste beste heidnische oder sarazenische Schiff besteigen. Ja, mein Vertrauen auf Gott, dem zuliebe ich diese Reise unternehme, ist so groß, daß, wenn nur ein Nachen von dieser Küste nach Malakka abführe, ich mich unbedenklich hineinwerfen würde. Meine ganze Hoffnung ruht auf Gott, und um seiner Liebe willen beschwöre ich euch, daß ihr in eurem täglichen Gebet eines so großen Sünders, wie ich bin, gedenken wollt." Als der Heilige von Meliapur abreisen wollte, kam ein Kaufmann zu ihm, bat ihn um seinen Segen und um irgendein sichtbares Zeichen seiner Freundschaft. Da der Pater nichts hatte, gab er ihm den Rosenkranz, den er am Hals trug, und sagte zu ihm: "Dieser Rosenkranz wird für dich nicht nutzlos sein, wenn du Vertrauen in Mariens Fürssprache setzt." Dieser Kaufmann geriet bald in Gefahr, denn das Schiff, worauf er sich befand, wurde an einen Felsen geschleudert und zertrümmert. Die meisten Matrosen und Reisenden gingen zugrunde, nur einige hielten sich an dem Felsen fest, unter diesen auch der Kaufmann. Sie faßten den Entschluß, sich, um dem Hungertod zu entgehen, auf einige Bretter der zertrümmerten Schiffs zu werfen und sich den Wellen zu überlassen, ohne irgendeine andere Hoffnung als die, daß die Strömung sie vielleicht ans Land treiben würde. Der Kaufmann, voll Vetrauen auf die heilige Jungfrau, hielt den Rosenkranz Xavers in der Hand und fürchtete sich nicht unterzugehen, so lange er denselben habe. Als er auf den Brettern schwamm, verlor er das Bewußtsein und glaubte auf Meliapur bei Pater Xaver zu sein. Wie sehr staunte er, als er wieder zu sich kam und sich auf einer unbekannten Küste befand. Er sah weder seine Unglücksgefährten noch die Bretter, denen er sein Leben anvertraut hatte. Durch die Vorübergehenden erfuhr er, daß er auf der Küste von Negapatam sei. Er erzählte voll Freude und Staunen allen, wie er auf wunderbare Weise gerettet worden sei. Wir glauben den Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir noch einige Ereignisse hinzufügen, die sich im Leben unseres Heiligen zu dieser Zeit zugetragen haben. Ein portugiesischer Kaufmann, Ferdinand von Mendoza, reiste mit seinem Schiff, das seinen ganzen reichen Besitz enthielt, von der Küste von Coromandel nach einer anderen gegen Westen. In der Nähe des Vorgebirges von Comorin wurde er von malabarischen Seeräubern, die ebenso grausam wie raubgierig waren, überfallen, und sein Schiff geriet samt allem anderen in ihre Hände. Um wenigstens sein Leben zu retten, stürzte er sich ins Meer und erreichte schwimmend die Küste von Meliapur. Dort traf er Pater Franz und erzählte ihm sein Unglück. Gerührt vom Ungück dieses Mannes bedauerte er er es zum ersten Mal, daß er arm sei. Er griff mit der Hand nach der Tasche, als ob er etwas suchte. Da er nichts fand, weil er nichts hatte, hob er seine Hand zum Himmel empor, dann wandte er sich voll Mitleid zu Ferdinand von Mendoza und sagte: "Fasse Mut, mein Bruder, die göttliche Vorsehung wird für dich sorgen." Danach ging er vier bis fünf Schritte weiter, suchte wieder in der Tasche und zog über fünfzig Goldstücke heraus: " Nimm hin", sprach er, "was der Himmel dir schickt, mache guten Gebrauch davon, sprich aber zu niemand darüber." Voll Freude und Verwunderung konnte Ferdinand nicht schweigen; er machte überall die Freigebigkeit seines Wohltäters bekannt. Wunderbarer ist vielleicht noch das, was sich zwischen Pater Franz und Johann Duro (oder Deyro) zugetragen hat. Duro war ein reicher Kaufmann, 35 Jahre alt, der ein Schiff und große Reichtümer besaß, aber doch mit sich selbst unzufrieden war. Er suchte Pater Franz auf und sagte ihm, daß er schon seit längerer Zeit ein sehnliches Verlangen trage, seinen Stand zu ändern und Gott allein zu dienen. Nur zwei Hindernisse hätten ihn bislang davon abgehalten. Erstens habe er keinen Führer auf dem Weg der christlichen Vollkommenheit, zweitens fürchte er die Armut. Diese beiden Hindernisse seien jetzt behoben, denn in ihm habe er einen Führer gefunden, und gegen die Armut sei er durch seine Schätze hinlänglich geschützt. Voll Mitleid gab ihm der Heilige zu verstehen, daß er vom Reich Gottes noch sehr weit entfernt sei. Denn um vollkommen zu sein, müsse man den Rat unseres Herrn erfüllen, den er dem Jüngling gab, der ihm folgen wollte, indem er sagte: "Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen." Diese Worte müsse man im buchstäblichen Sinne und zur Richtschnur seines Handelns nehmen. Der Heilige wollte durchaus nicht über sein Vermögen verfügen, obwohl er der Kaufmann es ihm anbot. Nachdem er ein allgemeines Sündenbekenntnis abgelegt hatte, verkaufte er sein Schiff und seine Waren, gab das fremde Eigentum zurück und teilte beträchtliche Almosen unter die Armen aus. Er bemühte sich nun, auf dem Weg der Vollkommenheit vorwärts zu kommen, aber es machten sich immer noch Reize aus seinem früheren Leben geltend, und als er gerade damals einige ausständige Edelsteine zurück erhielt, drang die Versuchung stärker als zuvor in ihn. Er kaufte sich heimlich ein kleines Schiff, um wieder alles von neuem zu beginnen. Als er bereits unter Segel gehen wollte, kam ein neugetaufter Christ, namens Anton, mit der Botschaft, Pater Xaver wünsche ihn zu sprechen. Duro, der nur darauf bedacht war, zu entkommen, und der seine Absicht niemand anvertraut hatte, stellte sich, als liege eine Verwechslung vor. Da aber Anton behauptete, er sei genau der, nach dem Pater Xaver geschickt habe, wagte er es nicht mehr, sich zu verstellen, und ging zu ihm in der Absicht, alles zu leugnen, weil er glaubte, er könnte weder von seinem Sinneswandel noch von seiner Flucht irgendeinen Verdacht haben. Er bemühte sich, vor dem Pater gefaßt zu erscheinen, ohne irgendeine Unruhe bemerken zu lassen, aber Gott hatte Xaver die Lage des Duro erkennen lassen. "Du hast gesündigt", sagte Xaver zu ihm, sobald er ihn sah, "du hast gesündigt." Diese wenigen Worte trafen das Herz des Schuldigen so stark, daß er sich zitternd zu den Füßen des Heiligen hinwarf und bekannte: "Ja, mein Vater, ich habe gesündigt." "Tu also Buße, mein Sohn", erwiderte der Pater, "zögere nicht, Buße zu tun." Duro bekannte sogleich seine Sünden, verkaufte sein Schiff und teilte alles unter die Armen aus. Er entschloß sich, den Rat des Heiligen besser zu befolgen und Gott treuer zu dienen. Aber Xaver traute ihm doch nicht ganz und sein neuer Eifer war ihm verdächtig. In die Gesellschaft Jesu wollte er ihn nie aufnehmen, sondern nahm ihn nur als Katechist mit. Obwohl sich die Einwohner von Meliapur sehr bemüht hatten, den Apostel zurückzuhalten, so trieb ihn doch die Sehnsucht, das Evangelium anderen Völkern zu verkünden, weiter, und er schiffte sich im Monat September 1545 nach Malakka ein. Auf diesem Schiff suchten sich die Schiffsleute und Soldaten durch Kartenspiel die Zeit zu vertreiben. Da nun ein Soldat alles verlor, selbst das, was er erborgt hatte, stieß er furchtbare Verwünschungen und Lästerungen aus, und er hätte sich entweder ins Meer gestürzt oder mit dem Degen durchbohrt, wenn man ihn nicht mit Gewalt daran gehindert hätte. Xaver, der all dies hörte, eilte herbei und suchte ihn auf die sanfteste Weise zur Besinnung zu bringen. Lästerungen waren die Antwort darauf. Der Heilige beriet sich mit Gott, dann bat er einen Reisegefährten, er möge ihm 50 Realen leihen. Er gab sie dem Soldaten, der von neuem das Spiel anfing und mehr gewann, als er zuvor verloren hatte. Nach dem Spiel gelang es Xaver, ihn zur Vernunft zu bringen, so daß der rohe Mensch sein Unrecht erkannte und nie mehr eine Karte anrührte. So war er ein neuer Mensch geworden. Der Heilige traf am 25. September 1545 in Malakka ein. Dorthin kamen des Handels wegen Inder, Araber, Perser, Chinesen und Japaner. Dieser Ort war früher von den Sarazenen dem König von Siam entrissen worden, und hatte den Mohammedanismus angenommen. Aber Albuquerque hatten ihnen denselben 1511 abgenommen und jetzt gehörte er den Portugiesen. Sobald Xaver an Land gegangen war, suchte er den Statthalter auf, um ihm seine Absicht, nach Makassar zu reisen, mitzuteilen. Dieser sagte dem Pater, daß er unlängst einen sehr frommen Priester unter Begleitung portugiesischer Soldaten dorthin geschickt habe und täglich Nachrichten von ihm erwarte. Er war deshalb der Meinung, der Pater möge in Malakka bleiben, bis man über den wahren Stand der Christen in Makassar unterrichtet sei. Xaver folgte dem Rat des Statthalters und fing ihn Malakka sein Werk an. Bald bemerkte er, daß das Volk sehr tief in Laster gesunken sei, und es große Anstrengungen kosten werde, es aus dem Schlamm herauszuziehen. Eigennutz, Unmäßigkeit, Unzucht und Gottvergessenheit waren an der Tagesordnung. Die Christen unterschieden sich von den Heiden nur in der Kleidung, wenn nicht noch mehr durch ihr verdorbenes Leben. Der Heilige beriet sich also mit Gott, besuchte die Spitäler, hörte die Beichte der Kranken, und linderte ihr leibliches und geistliches Elend. An Sonn- und Feiertagen predigte er in der Kirche, unterrichtete die Neubekehrten in den Lehren des Christentums und suchte die Soldaten und Bürger, die miteinander in Streitigkeiten lebten, zu versöhnen, was ihm auch gelang. Am Abend ging er mit einem Glöckchen in er Hand durch die Straßen und rief mit lauter Stimme: "Betet zu Gott für die, die im Stand der Todsünde sind." Dadurch brachte er den Sündern ihren ungeordneten Lebenswandel zum Bewußtsein. Weil er ihre verhärteten Herzen sah, ging er sehr langsam und sehr sanft zu Werke, weil er fürchtete, durch Strenge das Übel zu vergrößern. Seine natürliche Heiterkeit und der angenehme Umgang mit ihm gewannen ihm in kurzer Zeit alle, so daß seine Gewalt über die Herzen noch größer wurde. Gleich zu Anfang suchte er einen Unfug abzustellen, was ihm auch gelang, nämlich die Freiheit, daß junge Mädchen, so oft sie wollten, in Männerkleidung erscheinen durften. Verbotener Umgang wurde aufgehoben oder in eine rechtmäßige Ehe verwandelt; Kinder, die noch nie von Gott gehört hatten, wurden im Katechismus unterrichtet und lernten laut ihre Gebete zu verrichten, und die Beichte, die ganz außer Gebrauch gekommen war, wurde wieder eingeführt, so daß Xaver vollauf mit Beichthören beschäftigt war. Weil die malaiische Sprache auf allen um Malakka gelegenen Inseln gesprochen wurde, sorgte er für eine gute Übersetzung seines auf der Fischerküste gebrauchten Katechismus, sowie seines größeren Unterrichtsbuchs über die Hauptpflichten eines Christen. Diese Übersetzungen lernte er auswendig, und so ausgerüstet bekehrte er viele Heiden, Mohammedaner und Juden. Ein angesehener Rabbiner schwur öffentlich dem Judentum ab. Xaver heilte in dieser Stadt viele Kranke und wirkte andere Wunder. Ein fünfzehnjähriger Jüngling, Anton Fernandez, war lebensgefährlich erkrankt. Seine Mutter war zwar eine Christin, hatte aber im Herzen noch viel Neigung zum Heidentum. Da der Zustand ihres Sohnes sich verschlechterte, nahm sie zu heidnischen Zaubermitteln ihre Zuflucht. Es wurde eine alte Zauberin, Nai, gerufen, die aus verschiedenen zusammengeflochtenen Fäden eine Zauberschnur anfertigte und um die Arme des Kranken legte. Aber anstatt Antons Zustand zu bessern, verlor er nun auch noch das Sprachvermögen. Als man nun jeden Augenblick seinen Tod erwartete, trat eine bekannte Christin ins Zimmer, die zur Mutter des Sterbenden sagte: "Warum rufst du nicht den heiligen Pater? Dieser würde deinen Sohn mit Sicherheit gesund machen." Die Mutter schickte sogleich zu Pater Xaver, der bald erschien. Anton Fernandez hatte bereits die Besinnung verloren und lag in den letzten Zügen. Als der Heilige ins Haus trat, fing der Kranke an, zu schreien und zu toben; am schrecklichsten wütete er beim Anblick des Kreuzes, das Xaver bei sich trug. Dieser zweifelte nicht mehr, daß die Krankheit etwas Außergewöhnliches sei. Gott wollte wahrscheinlich die Mutter strafen, weil sie zu Zaubermitteln ihre Zuflucht genommen hatte, so daß der böse Geist Gewalt über ihren Sohn erhielt. Der Heilige warf sich vor dem Bett des Kranken auf die Knie nieder und las mit lauter Stimme die Leidensgeschichte unseres Herrn, hing dem Kranken Reliquien um den Hals und besprengte ihn mit Weihwasser. Die Wut der Teufel ließ nach und der Jüngling lag wieder wie vorher unbeweglich da. Xaver stand dann auf und sagte zu den Umstehenden: "Bereitet ihm eine Speise", die er ihnen eigens angab; dann wandte er sich zum Vater des Kranken und sprach: "Sobald der Sohn stark genug ist, führe du ihn selbst neun aufeinanderfolgende Tage lang in die Kirche Unserer Lieben Frau vom Berge, wo ich morgen für ihn die heilige Messe lesen werde." Xaver ging dann weg und zur selben Stunde, in der er die Messe las, kam Anton Fernandez plötzlich zu sich und war vollkommen gesund. Aber noch wunderbarer ist die Auferweckung eines jungen Mädchens von den Toten. Dieses war gestorben, als Xaver eben in der Gegend von Malakka ein Werk der Liebe verrichtete. Die Mutter hatte ihn während der ganzen Zeit, die ihre Tochter krank war, vergebens gesucht. Sobald sie von seiner Rückkehr erfuhr, warf sie sich ihm mit Tränen in den Augen zu Füßen und sprach fast dieselben Worte, die Martha zum Heiland gesprochen hatte, daß, wenn er in der Stadt gewesen wäre, ihr Tochter nicht gestorben wäre, wenn er aber den Namen Jesu Christi anrufen würde, so würde die Tote wieder lebendig werden. Xaver, gerührt von einem so lebendigen Glauben bei einer Frau, die erst vor einigen Tagen die Taufe empfangen hatte, hielt sie der besonderen Gnade für würdig, die sie verlangte. Nachdem er seine Augen zum Himmel erhoben und eine Zeit lang in der Stille gebetet hatte, sprach er in festem Ton zur Mutter: "Geh hin, deine Tochter lebt." Weil die arme Mutter sah, daß der Heilige sich nicht anschicke, zum Grab zu gehen, sagte sie zwischen Hoffnung und Furcht, daß die Tochter schon drei Tage begraben sei. Xaver erwiderte: "Das tut nichts, gehe hin, öffne das Grab und du wirst sie lebend finden." Die Mutter eilt, ohne ein Wort zu sprechen, zur Kirche und läßt in Gegenwart mehrerer Personen den Stein wegnehmen, der auf dem Sarg lag, und findet ihre Tochter lebendig. Während dieser Zeit kamen neue Missionäre aus Europa an, die Briefe brachten, in denen von den herrlichen Fortschritten der Gesellschaft Jesu berichtet wurde. Diese Briefe las der Heilige und freute sich außerordentlich. Die drei Missionäre, die mit dem Statthalter Don Johann von Castro in Goa angekommen waren, waren Nikolaus Lancilotti, Johann Beira und Anton Criminalis, denen er ihre besonderen Wirkungskreise anwies. Da Xaver schon mehr als drei Monate auf Nachrichten aus Makassar wartete und jetzt sah, daß die Zeit vorüber sei, in der Schiffe ankommen könnten, glaubte, es sei nicht Gottes Wille, daß er dorthin gehe. Er suchte sich also einen anderen Ort für neue apostolische Tätigkeit. |
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