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Das Leben des heiligen Franz Xaver

Von Wolfgang Reithmeier, bearbeitet von Joseph Firnstein und Paolo D'Angona

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Zu Seite 1 (Kapitel 1 bis 5)

Zu Seite 2 (Kapitel 6 bis 9)

Zehntes Kapitel

Xavers Abreise von Cangoximo - Sein Aufenthalt auf der Festung des Ekondono - Früchte seiner Arbeiten - Abreise und Ankunft in Firando - Günstige Aufnahme Xavers - Viele Einwohner nehmen das Christentum an - Xaver reist nach Amanguchi; geringer Erfolg seiner Bemühungen - Reise nach Meako

Nachdem der Heilige die neuen Christen zur Treue ermahnt und sie seinem Freund Paul vom heiligen Glauben empfohlen hatte, reiste er mit Cosmo del Torres und Johann Fernandez von Cangoximo ab. Die Neubekehrten waren standhaft im Glauben, so daß ihre Zahl in einigen Jahren auf 500 anstieg.

Der König von Saxuma sah sich veranlaßt, den Vizekönig von Indien schriftlich zu ersuchen, er möge einige Mitglieder der Gesellschaft Jesu senden. Anfang September 1550 hatte Xaver seine Reise angetreten. Die portugiesischen Schiffe, die in Japan angekommen waren, boten Xaver die Gelegenheit, seinen Weg nach Firando zu nehmen. Er erhoffte vom König in Firando eine gute Aufnahme.

Auf seiner Reise kam er zu einer Festung, die dem Fürsten Ekondono, einem Vasallen des Königs von Saxuma, gehörte. Sie lag auf einem hohen Felsen und schien äußerlich ein furchtbar schauerlicher Ort zu sein, in ihrem Innern aber war sie sehr anmutig - ein prächtiger Palast, geziert mit Bogengängen, Galerien, Sälen und Zimmern von außerordentlicher Schönheit. Da einige der Bewohner dieser Festung sich unter den Reisegefährten Xavers befanden, luden sie ihn ein, ihren Herrn zu begrüßen, wobei sie nicht zweifelten, Ekondono werde mit Freuden einem so berühmten Mann begegnen.

Der Heilige folgte ihrer Einladung, in der Hoffnung, dort die Saat des Evangeliums ausstreuen zu können. Die Bewohner nahmen ihn freundlich auf, und Xaver konnte ihnen das Wort Gottes verkünden. 17 Diener des Fürsten baten um die Taufe. Der Fürst selbst hätte das Evangelium angenommen, aber er unterließ es aus Furcht, dem König von Saxuma damit zu mißfallen. Im Herzen glaubte er an Jesus Christus und erlaubte Xaver, seiner Gattin und seinem ältesten Sohn insgeheim die Taufe zu spenden. Er versprach, sich selbst taufen zu lassen, falls der König sich dem Gesetz Gottes günstig zeigen würde.

Unter denen, die den Glauben angenommen hatten, war auch der Oberaufseher. Diesem vertraute Xaver die Obsorge über die neuen Christen an, gab ihm eine Abschrift der Taufformel und die Erklärung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, einen Auszug der Lebensgeschichte Christi, die sieben Bußpsalmen, die Allerheiligenlitanei und ein Verzeichnis der Kirchenfeste.

Dieser Oberaufseher versammelte die Christen täglich in seinem Haus und las ihnen die Erklärung des Katechismus vor. Der Lebenswandel der neuen Christen war so erbaulich, daß sich die kleine Anzahl bald vermehrte und in wenigen Jahren über 100 betrug. Der Fürst wohnte den Versammlungen bei und ließ zwei Kinder taufen.

Einer dieser Neubekehrten schrieb ein Buch, in dem er die Geschichte der Erlösung des Menschengeschlechtes von der Sünde Adams bis zur Sendung des Heiligen Geistes beschrieb. Auf die Frage, was er dem König antworten würde, wenn er von ihm den Abfall von der Lehre Jesu Christi verlangen würde, antwortete er: "Ich würde ihm sagen: Herr, ohne Zweifel willst du, daß ich dir als dein Untertan Treue erweise. Du willst, daß ich bereit sei, für deinen Dienst zu leben und zu sterben. Du willst ferner, daß ich mit meinesgleichen in Eintracht lebe, mild gegen meine Untergebenen sei, meinen Vorgesetzten gehorche und gegenüber allen Menschen Gerechtigkeit übe. Nun, dann befehle mir ein Christ zu sein, denn ein Christ ist zu alldem verpflichtet. Wenn du mir aber verbietest, das Christentum zu bekennen, dann werde ich sofort gewalttätig, hart, stolz, ein Rebell, ungerecht, gottlos und kann für nichts mehr einstehen."

Nachdem der Heilige dem Oberaufseher noch ein Bußwerkzeug und ein Buch zum Geschenk gemacht hatte - Gegenstände, mit denen später wunderbare Heilungen bewirkt wurden - setzten Xaver seine Reise unter vielen Gefahren fort, bald zu Wasser, bald zu Land. Schließlich kamen sie am Ziel ihrer Reise an: dem Hafen von Firando. Die Portugiesen bemühten sich, Pater Xaver auf möglichst ehrenvolle Weise zu empfangen. Kanonen gaben bei seiner Ankunft Salutschüsse ab, alle Fahnen wurden gehißt, die Trompeten erschallten und auf allen Schiffen erhob man ein Freudengeschrei, als der Mann Gottes erschien. Ungeachtet seines Sträubens wurde er mit großem Pomp in den Palast des Königs geführt. Dieser feierliche Empfang und diese Pracht haben nicht wenig dazu beigetragen, ihm Achtung am heidnischen Hof zu verschaffen.

Der König von Firando, dem die Portugiesen schon gesagt hatten, was Xaver bei ihrem Gebieter vermöge, behandelte ihn mit großer Achtung, und das um so mehr, weil er wußte, daß ihn der König von Cangoximo aus seinen Staaten vertrieben habe. Um sich der Krone von Portugal gefällig zu zeigen und dem König von Cangoximo zu trotzen, gab er den Ordensmännern sogleich die Befugnis, das Evangelium Jesu Christi in seinem ganzen Reich zu predigen.

Diese nutzten die günstige Gelegenheit und machten auf den Straßen und öffentlichen Plätzen der Stadt das Gesetz Jesu Christi bekannt. Alles Volk versammelte sich um die europäischen Bonzen, um ihre Predigten zu hören. Der Heilige machte einen solchen Eindruck auf diese guten Menschen, daß er in weniger als 20 Tagen dort mehr Menschen zum Christentum bekehrte, als in Cangoximo während eines ganzen Jahres.

Da die Bekehrung dieser Menschen so leicht war, beschloß der Heilige, diese Gemeinde dem Cosmo del Torres zu übergeben, der die Bekehrung vollenden sollte, selbst aber zur Hauptstadt des Landes, Meako, zu gehen, um von dort aus die Lehre Jesu Christi in ganz Japan zu verbreiten.

Xaver trat diese Reise Ende Oktober 1550 mit zwei Japanern, Matthäus und Bernhard, an. Diese drei Reisenden kamen zu Wasser nach dem 20 Meilen von Firando entfernt liegenden Fakata, wo sie ein Schiff bestiegen, um nach dem mehr als 100 Meilen entfernten Amanguchi, einer der reichsten Städte Japans, zu reisen.

In dieser Stadt herrschte eine ungeheure Sittenverderbnis, wie gewöhnlich in den großen Städten, wo viele Leute zusammenströmen und das Laster leichter im verborgenen um sich greifen kann. Der Heilige hatte nicht die Absicht gehabt, sich hier aufzuhalten, aber die tiefe Verdorbenheit erregte sein Mitleid, so daß er nicht einmal beim König um die Erlaubnis ansuchte, die Lehre Jesu Christi predigen zu dürfen. Mit glühendem Eifer, der ihm deutlich anzusehen war, predigte er öffentlich die Wahrheiten des Glaubens. Fernandez tat dasselbe. Sie wurden von den öffentlichen Plätzen in die Häuser gerufen, wo sie ihre Lehre genauer erklären mußten. Jedoch hatte die Sinnlichkeit die Herzen der Bewohner so vergiftet und herabgezogen, daß sie, obwohl sie die Vortrefflichkeit des christlichen Gesetzes allgemein anerkannten, es doch von sich stießen, den Glaubensboten verachteten, ihn einen Betrüger nannten und seine Religion für ein Märchen hielten.

Sobald der König von Amaguchi, Orindono, von dem Geschehen unterrichtet wurde, ließ er die Missionäre vor sich kommen, fragte sie nach ihrer Herkunft, und warum sie nach Japan gekommen wären. Xaver erklärte ihm ganz kurz, daß sie aus Europa nach Japan gekommen seien, um das göttliche Gesetz zu verkünden: "Denn niemand kann selig werden, wenn er nicht Gott und seinen Sohn Jesus Christus, den Heiland und Richter aller Völker, mit reinem Herzen anbetet und ihm huldigt." Der König befahl Xaver, ihm das göttliche Gesetz zu erklären. Der Heilige las ihm daraufhin eine Stelle aus seinem Buch vor, die der König mit großer Aufmerksamkeit anhörte und sodann die Missionäre wieder entließ. Sie fuhren fort, die Wahrheiten des Glaubens zu predigen. Viele hörten mit großer Aufmerksamkeit an, was ihnen von den Taten Jesu Christi berichtet wurde, oft wurden sie bis zu Tränen davon ergriffen, doch nur sehr wenige nahmen das Christentum an. Die Zeit der Bekehrung schien für das Volk noch nicht gekommen zu sein.

Da der Heilige sah, daß sein Wirken hier kaum von Nutzen sei, reiste er mit seinen Gefährten Fernandez, Matthäus und Bernhard weiter nach Meako. Die Reise dorthin war sehr beschwerlich, die Kälte schneidend und der Schneefall so heftig, daß niemand das Haus verlassen konnte. Sie stießen überall auf dichte Wälder, steile Berge und wilde Bäche. Sie mußten gewöhnlich ohne Schuhe und Strümpfe gehen, um die Bäche und Waldteiche durchwaten zu können. Ihre Habseligkeiten trugen sie auf dem Rücken; ihre Lebensmittel bestanden in gebratenen oder am Feuer gedörrten Reiskörnern. Geld nahm der Heilige nur an, um es an die Armen zu verteilen.

Die Reise von Amanguchi nach Meako dauert gewöhnlich 14 Tage, aber unsere Reisenden benötigten wegen der ungünstigen Jahreszeit zwei Monate. Xaver wurde von einem Fieber befallen, so daß er sich in Sakay ein wenig erholen mußte. Als sie sich eines Tages verirrt hatten, trafen sie einen Reiter, der nach Meako unterwegs war. Xaver erbot sich, ihm sein Felleisen zu tragen, damit man wieder aus dem Wald herauskäme und auf den richtigen Weg finde. Der Mann ritt aber so schnell, daß er ihm fast den ganzen Tag nachlaufen mußte. Seine Gefährten waren ihm in einiger Entfernung gefolgt und erreichten ihn schließlich da, wo ihn der Reiter verlassen hatte, aber so erschöpft, daß er sich kaum aufrecht halten konnte. Die Kieselsteine und das Dornengestrüpp hatten ihm seine Füße und Beine so wundgerissen, daß sie anschwollen und an mehreren Stellen aufsprangen. Aber all dies hinderte ihn nicht, seinen Weg fortzusetzen. Aus der Verbindung mit Gott schöpfte er immer neue Kraft. Er betete vom frühen Morgen bis zum Abend, mit nur kurzer Unterbrechung, während er seine Gefährten zur Geduld und Ausdauer ermahnte.

Gingen sie durch Städte und Dörfer, so las Xaver den um sie versammelten Einwohnern einige Stellen aus seinem Katechismus vor. Meistens verspottete man ihn, und die Kinder schrieen ihm nach: "Deus, Deus, Deus" ‑ weil er dieses portugiesische Wort beständig im Munde führte.

Denn wenn er von Gott sprach, wollte er sich nicht der japanischen Worte bedienen, bis die Menschen über das Wesen und die Vollkommenheiten der göttlichen Majestät unterrichtet wären, und zwar aus zwei Gründen: erstens, weil er in ihrer ganzen Sprache kein Wort fand, welches das göttliche Wesen ausdrückte, und davon wollte er ihnen einen deutlichen Begriff vermitteln; zweitens, weil er fürchtete, die Götzendiener könnten dieses höchste Wesen mit ihren Kamis und Fotoken vermengen, wenn es mit denselben Namen, den ihre Götzen hatten, benannt würde. Bei dieser Gelegenheit sagte er ihnen, daß, weil sie den wahren Gott niemals erkannt hatten, ihre Sprache auch keinen Namen für ihn habe; die Portugiesen aber, die den wahren Glauben haben, nennen ihn Deus. Dieses Wort wiederholte er oft, und in einem so feierlichen Ton, daß selbst die Heiden fühlten, wie ehrwürdig der Name Gottes sei.

Als er in zwei Städten öffentlich die Sekten Japans verdammte, und die furchtbaren Laster, die in diesem Land herrschten, rügte, wollten ihn die Einwohner aus der Stadt treiben und steinigen. Aber als sie die Steine aufheben wollten, kam plötzlich ein so heftiges Gewitter auf, daß alle die Flucht ergreifen mußten. Der Heilige blieb allein mitten unter den zuckenden Blitzen, ohne seine gewöhnliche Ruhe zu verlieren, und betete die göttliche Vorsehung an, die ihn sichtlich geschützt hatte. Endlich kam er nach vielen Beschwerden und Mühsalen in Meako an.

Elftes Kapitel

Xaver in Meako - Rückreise nach Amanguchi - Xaver erwidert auf viele Fragen mit einer Antwort - Sieg des Christentums über das Heidentum; verschiedene Bekehrungen - Vergebliche Bemühungen der Bonzen, das Christentum verdächtig zu machen - Xaver reist von Amanguchi ab - Ankunft und Einzug in Fucheo

Die Stadt Mekao war der Mittelpunkt des Reiches und der Hauptsitz der heidnischen Religion. Früher sehr reich und berühmt, war sie jetzt sehr herabgekommen durch Krieg und Feuersbrunst, und noch größeres Verderben drohte ihr. Gleich bei der Ankunft in Meako bemühte sich Xaver, vom König die Erlaubnis zu erhalten, das Christentum zu predigen. Er hatte jedoch keinen Zugang zu ihm. Um den Zutritt zum "hohen Priester" zu erlangen, wurden hunderttausend Caix - in unserer Währung sechshundert Taler - gefordert, Xaver hatte aber keinen Heller.

Da er nun von dieser Seite her nichts erwarten konnte, predigte er auf öffentlichen Plätze kraft der Vollmacht, die Gott selbst denen gibt, die er sendet. Weil jedoch die ganze Stadt in Verwirrung und Ausrüstung zu einem Krieg begriffen war, wollte sie von seinen Lehren und Predigten nichts wissen. Der Heilige erkannte, daß die Zeit zur Verkündigung des Evangeliums noch nicht gekommen war. Nach fünfzehn Tagen verließ er Mekao wieder und trat seine Rückreise nach Amanguchi an.

Nach Xavers eigener Wahrnehmung stießen sich die Japaner sehr an seiner ärmlichen Kleidung. Deshalb ließ er sich von den durch die Portugiesen erhaltenen Almosen ein ziemlich gutes Gewand anfertigen, nahm in Firando seine Repetieruhr, ein kleines wohlklingendes Musikinstrument und einige andere Kunstwerke, die er alle vom Vizekönig von Indien und vom Statthalter von Malakka erhalten hatte, mit sich, und machte sie dem König zum Geschenk. Der König übersandte ihm am selben Tag eine ansehnliche Summe Geldes zum Zeichen seiner Dankbarkeit. Der Heilige aber nahm sie nicht an. Diese Weigerung erfüllte den König mit Bewunderung, und er sagte: "Wie weit ist der europäische Bonze vom Geiz der unsrigen entfernt, die mit so großer Leidenschaft die Güter lieben und nur auf ihren Vorteil bedacht sind."

Am nächsten Tag übergab Xaver dem König von Amanguchi Briefe des Statthalters und des Bischofs von Indien, in denen der christliche Glaube gepriesen wurde. Der Heilige bat nur um die Erlaubnis, das Evangelium verkünden zu dürfen, denn dieses sei das einzige Ziel seiner Reise. Der König bewunderte den Edelmut des Paters immer mehr und gab ihm mündlich und schriftlich die Erlaubnis, das Evangelium zu verkünden. 

Das betreffende Edikt wurde an den Straßenecken und öffentlichen Plätzen der Stadt angeheftet. Es besagte, daß alle Untertanen des Königs die Freiheit hätten, die Religion des Europäers anzunehmen, und es verbot unter sehr schweren Strafen, die Europäer in der Ausübung ihres Berufes zu behindern. Außerdem übergab der König ihnen ein altes verlassenes Kloster der Bonzen. Dorthin kam bald eine solche Menge von Menschen, daß es ein großes Gedränge gab und die Räumlichkeiten oft nicht ausreichten, die Versammelten zu fassen. Xaver beklagte diesen Mißstand in einem Brief an Pater Ignatius.

Da die Japaner sehr vernünftig und gelehrig sind, ging das Bekehrungswerk rasch voran. Nachdem Xaver ihnen alle Zweifel gelöst hatte, sahen sie bald klar ein, daß in der christlichen Religion keine Widersprüchlichkeiten vorhanden sind. Mehrere Fragen, die an ihn gestellt wurden, beantwortete er zu gleicher Zeit: dem einen gab er Antwort über die Unsterblichkeit der Seele, dem anderen über die Bewegungen der Himmelskörper, einem dritten über die Sonnen- und Mondfinsternisse, über die Farben des Regenbogens, die Sünde und die Gnade, das Paradies und die Hölle. Er hörte alle ruhig an, sprach dann einige Worte, die durch eine besondere göttliche Kraft und Wirkung für das Gehör eines jeden nach seinem jeweiligen Bedürfnis verändert und vervielfältigt wurden, so daß jeder auf seine besondere Frage eine so befriedigende Antwort erhielt, als wenn der Heilige mit jedem einzelnen gesprochen hätte. Die Fragenden mußten das natürlich schnell bemerken und waren so erstaunt, daß sie bald den Heiligen, bald sich selbst ansahen: sie wußten nicht, was sie denken oder sagen sollten.

Obwohl die meisten sehr kenntnisreich und scharfsinnig waren, erkannten sie nicht, daß hier eine höhere, übernatürliche Kraft wirke, sondern schrieben es irgendeiner geheimen Wissenschaft zu, über die ihrer Meinung nach ausschließlich Xaver verfügte. Als Pater Cosmo de Torres nach Amanguchi kam, sagten die Bonzen: "Dieser besitzt weder die große Gelehrsamkeit des Pater Franz, noch die Kunst, mehrere Zweifel mit einer Antwort zu lösen."

Im Heiligsprechungsprozeß wird dieses Wunder erwähnt. Pater Anton Guadeos, der vier Jahre später als Pater Xaver nach Japan, schreib an Pater Jakob Miron, den Provinzial von Portugal, das Folgende: "Ein Japaner erzählte mir, er habe Pater Franz in Japan drei Wunder wirken sehen. Er sei nämlich Zeuge gewesen, wie dieser einem Stummen den Gebrauch der Sprache, einem Stummen und Lahmen die Fähigkeit zu sprechen und zu gehen, und einem Tauben das Gehör wiedergegeben habe. Dieser Japaner sagte mir auch, Pater Franz werde in Japan als der bedeutendste Mann Europas angesehen, und die anderen Väter der Gesellschaft Jesu seien nicht mit ihm zu vergleichen, weil sie nicht mehr als einem Heiden zugleich antworten könnten, während Xaver mit einem Wort zehn oder zwölf Fragen entschied. Als ich ihm sagte, dies sei vielleicht deswegen möglich gewesen, weil die Fragen sehr ähnlich waren, versicherte er, daß sie vielmehr sehr unterschiedlich lauteten. Schließlich fügte er hinzu, daß dies bei Pater Xaver nichts Außergewöhnliches gewesen sei."

Sobald nun Xaver und sein Gefährte Fernandez nicht mehr mit so vielen Besuchen überhäuft waren, predigten sie zweimal täglich in den Straßen der Stadt, zum großen Ärger der Bonzen. In Amanguchi gab es neun verschiedene, einander bekämpfende Sekten. Obwohl die Bonzen untereinander beständig im Streit lagen, so vereinigten sie sich dennoch gegen den Heiligen, der das göttliche Gesetz verkündete, denn die Lüge vereinigt sich immer gegen die Wahrheit. Allerdings hatten sie zunächst nicht den Mut, öffentlich gegen den Heiligen aufzutreten, weil dieser den Schutz des Hofes genoß.

Damals erhielt der Heilige von Gott wieder die Gabe der Sprachen, denn ohne jemals die chinesische Sprache erlernt zu haben, predigte er jeden Morgen den Kaufleuten von China, die wegen Handelsgeschäften in Amanguchi waren. Nachmittags predigte er den Japanern auf eine so leichte und natürliche Weise, daß man ihn nicht für einen Fremden hielt.

Die Kraft der Wahrheit, der sich die Gelehrten nicht widersetzen konnten, die vollkommene Neuheit der drei erwähnten Wunder und noch mancher anderer, die Xaver wirkte, sein unschuldiges und strenges Leben, der göttliche Geist, der alle seine Worte beseelte - all dies machte einen so gewaltigen Eindruck auf die Herzen der Menschen, daß in weniger als zwei Monaten über fünfhundert Personen um die Taufe baten. Die meisten waren höheren Standes oder Gelehrte, die durch Nachforschung die Wahrheit des Christentums erkannt hatten und sich der erkannten Wahrheit nicht länger widersetzen wollten. In der ganzen Stadt wurde von Jesus Christus und dem göttlichen Gesetz gesprochen. "Es ist unglaublich", schrieb der Heilige, "wie uns die neuen Christen lieben; sie kommen in unser Haus und bieten uns ihre Dienste an. Besonders gern hören sie zu, wenn man zu ihnen über die Geheimnisse des Glaubens spricht."

Der Heilige war darüber sehr erfreut und beschreibt selbst seine innere Zufriedenheit in einem Brief an die Gesellschaft Jesu in Europa mit den Worten: "Obwohl meine Haare schon ganz grau sind, bin ich doch kräftiger und stärker als je zuvor, denn die Mühe, die es kostet, eine vernünftige, wahrheitsliebende Nation, der ihr wahres Heil ernstlich am Herzen liegt, zum Heil zu führen, bereitet einem höchstes Vergnügen. Nie in meinem Leben habe ich solche Tröstungen wie in Amanguchi genossen, wo eine große Menge von Menschen mit Zustimmung des Königs herbeikam, um das Wort Gottes aus meinem Mund zu vernehmen. Ich sah den Stolz der Bonzen gebeugt und die ärgsten Feinde des Christentums dem Glaubensgehorsam in Demut unterworfen. Ich sah die Freude der neuen Christen, wenn sie ihre Gegner, die Bonzen, durch ihre zwingenden Gründe besiegt hatten, und nun triumphierend zurückkehrten. Ich selbst fühlte nicht geringere Freude, wenn ich den Eifer wahrnahm, mit dem sie unter Aufwand aller Kräfte den Heiden die Wahrheit nahezubringen suchten; wenn ich sie zutiefst beglückt erzählen hörte, welche Eroberungen sie gemacht hatten, wie sie vorgegangen waren, um für Jesus Christus neue Seelen zu gewinnen und gegen den heidnischen Aberglauben zu kämpfen. Dieser gesegnete Erfolg meiner Bemühungen ließ mich alles Ungemach, das ich erlitt, vergessen. Oh, wollte Gott, ich könnte die himmlischen Tröstungen, mit denen mich die göttliche Barmherzigkeit inmitten der Arbeit erquickte, nicht nur in ihrer ganzen Fülle und Lebendigkeit schildern, sondern anderen wirklich vermitteln, und besonders die Gelehrten unserer Hochschulen in Europa verkosten lassen! Ich bin sicher: würden sie nur einigermaßen aus Erfahrung die himmlische Wonne, die unsere Mühsale begleitet, kennen, so würden sich uns manche junge Studenten gern anschließen und all ihre Kräfte und Fähigkeiten zur Belehrung eines in Abgötterei versunkenen Volkes verwenden."

Indes gab es auch Dinge, die Anlaß zur Betrübnis waren. Der König von Amanguchi erkannte die Vortrefflichkeit des Christentums, liebte Xaver, entsagte aber doch nicht den sinnlichen Lüsten der heidnischen Abgötterei. Niotondono, der erste Fürst des Reiches, ein edler und großmütiger Verehrer des Heiligen, wurde durch irdische Gründe abgehalten, das Christentum anzunehmen. Er und seine Gemahlin liebten und ehrten Xaver als einen Heiligen und unterstützten die Gläubigen in ihren Nöten, sprachen viel und mit großer Andacht vom christlichen Glauben, aber sie hatten einige Bonzenklöster gegründet und wollten der Gewinne, die sie daraus erwarten konnten, nicht verlustig gehen. Sie zogen diese ihnen von den Bonzen versprochenen Gewinne dem ewigen Glück vor, das ihnen Xaver verheißen hatte. 

Gewöhnlich hat das Beispiel des Fürsten einen großen Einfluß auf das Volk. Trotzdem nahm dieses täglich mehr Anteil an den Predigten und immer mehr Menschen ließen sich taufen. Ein echt christlicher Zug des Fernandez trug nicht wenig zur Förderung des Glaubens bei. Anläßlich der Predigten versammelten sich nämlich viele Leute, um die Missionäre zu verspotten. Als Fernandez nun eines Tages predigte, näherte sich ihm ein Mann, als wenn er ihm etwas sagen wollte, spie ihn aber plötzlich ins Gesicht. Fernandez nahm aber ganz ruhig sein Taschentuch, um sich das Gesicht abzuwischen, und fuhr dann ruhig mit der Predigt fort, als wenn nichts geschehen wäre. Dadurch hatte Fernandez auch die ärgsten Gegner des Christentums entwaffnet.

Einer der angesehensten Zuhörer, der am meisten geachtete Lehrer in Amanguchi, der zuvor der entschiedenste Gegner des Christentums gewesen war, wurde durch diese Selbstbeherrschung für das Christentum gewonnen. Er dachte, daß ein Gesetz, das lehrt, die schlimmsten Beleidigungen mit solcher Ruhe hinzunehmen, nur vom Himmel stammen könne. Diese fremden Prediger, so schloß er weiter, die die roheste Mißachtung mit solcher Standhaftigkeit ertragen, können uns unmöglich betrügen wollen; dies würde sie teuer zu stehen kommen, und man täuscht andere nicht zu seinem eigenen Schaden. Nur der, der das menschliche Herz erschaffen hat, kann ihm solch einen Gleichmut verleihen; die Kräfte der Natur vermögen dies nicht, und es kann nur so sein, daß der christlichen Geduld eine höhere Kraft, ein göttliches Prinzip zugrundeliegen muß. Diese Leute sind sich ihrer Lehre absolut sicher und haben eine untrügliche Gewißheit über die Belohnung, auf die sie hoffen, denn sie sind bereit, alles zu leiden für ihren Gott und erwarten nichts von den Menschen. 

Solche und ähnliche Gedanken hegte er, wie er später selbst erzählte. Diese Betrachtungen wirkten, begleitet von den Wirkungen der göttlichen Gnade, so mächtig auf ihn ein, daß er nach der Predigt bekannte, die Kraft des Predigers habe ihn überzeugt. Er verlangte die Taufe, die ihm auch bald feierlich erteilt wurde.

Diese berühmte Bekehrung hatte noch weitere Folgen. Mehrere, die die Wahrheit nur halb kannten, und die sich fürchteten, sie ganz kennenzulernen, öffneten die Augen und nahmen das Licht des Evangeliums an. Unter ihnen war ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren, den man wegen seines scharfen Verstandes sehr schätzte und der an den bedeutendsten Hochschulen Japans studiert hatte. 

Er war nach Amanguchi gekommen, um Bonze zu werden. Da er aber in Erfahrung gebracht hatte, daß die Sekte, der er beitreten wollte, kein höchstes Wesen anerkenne, und dieses auch in ihren Büchern nicht erwähnt werde, änderte er seine Absicht und blieb unschlüssig in der Wahl seines Lebensstandes, bis er durch Lehre und Beispiel Xavers überzeugt wurde und das Christentum annahm. Man gab ihm in der Taufe den Namen Laurentius. Er wurde von Xaver selbst in die Gesellschaft Jesu aufgenommen und versah das Predigtamt mit solchem Erfolg, daß er eine zahllose Menge edler und geistvoller Japaner bekehrte, die dann später die Säulen der japanischen Kirche wurden.

Täglich entvölkerten sich die Klöster der Bonzen immer mehr, weil viele junge Leute, die noch einige Scham und Rechtschaffenheit besaßen, austraten und das Christentum annahmen. Diese jungen ausgetretenen Bonzen deckten Xaver die Geheimnisse und Greuel auf, die den Augen des Volkes unter dem äußeren Schein von Sittenstrenge verborgen geblieben waren.

Der Heilige kannte nun gegenüber den Bonzen, diesen Todfeinden der Gläubigen, keine Schonung mehr. Ohne jeden Rückhalt klärte er das Volk über sie auf. Er riß ihnen ihre heuchlerische Maske vom Gesicht und zeigte sie dem Volk so, wie sie in ihrer Häßlichkeit wirklich waren. Diese Bonzen wurden nun zum Gespött des Volkes, das sie zuvor mit tiefer Ehrfurcht verehrt hatte. Selbst Frauen forderten sie zum Streit heraus, hielten ihnen ihre Unwissenheit und verlogenen Hirngespinste vor und machten sie zuschanden, denn Xaver hatte die Gläubigen unterrichtet, wie sie die Bonzen beschämen konnten, so daß sie sich in Widersprüche verwickelten, was bei den Japanern als die größte Schande für Männer gilt, die als Gelehrte gelten.

Die Bonzen wurden aber nicht nur zum Gegenstand des Spottes für die ganze Stadt, sondern sie verloren mit ihrer Ehre und ihrem Ansehen auch die Almosen, die zu ihrem Lebensunterhalt dienten. Ohne eine Neigung zum Christentum zu haben verließen sie ihre Klöster, um nicht zu verhungern, und wandten sich dem Soldaten- oder Handwerksstand zu. Bald konnte man sagen, daß außer solchen, die die Klöster bewachten, keine götzendienerischen Mönche zurückgeblieben waren.

Die alten Bonzen, die noch stärker in ihrem Irrtum verhärtet waren, boten alle Kräfte auf, um sich zu behaupten. Sie drohten mit dem Zorn der Götter, verkündeten den Untergang der Stadt und den Umsturz des Reiches. Außerdem sagten sie, daß der Gott, den die Europäer anbeten, in Wirklichkeit nicht "Deus", sondern "Dajuz" heiße - was in der japanischen Sprache so viel bedeutet wie "Falschheit" oder "Lüge". Dann fügten sie hinzu, daß dieser Gott den Menschen ein zu hartes Joch auferlege. Was sei das für eine Gerechtigkeit, sagten sie, welche die Übertreter eines Gesetzes strafe, das man nicht befolgen kann? Was sei das für eine Vorsehung, welche, wenn das Gesetz Jesu Christi zum Heil notwendig wäre, das edelste Volk der Welt fünfzehnhundert Jahre darüber im unklaren gelassen habe? Was sei das für eine Religion, deren Gott bei der Austeilung seiner Gnaden parteiisch wäre? Sie könne nicht die wahre sein, und wenn an der Lehre der Europäer auch nur ein Schatten von Wahrheit wäre, so würde sie den Chinesen, die alles wüßten, nicht unbekannt geblieben sein. Dies waren die hauptsächlichsten Einwände der Bonzen gegen die christliche Religion, die Xaver in seinen Briefen erwähnt.

Die Götzendiener gerieten in Zorn über die Verblendung ihrer Vorfahren, aber, anstatt sich dem Licht der Wahrheit zu ergeben, klagten sie: "Wie? Unsere Vorfahren brennen in der Hölle, weil sie einen Gott nicht angebetet haben, der ihnen unbekannt war, und weil sie ein Gesetz nicht beobachtet haben, von dem sie niemals sprechen hörten?"

Diesen Umstand benützten die Bonzen und behaupteten, die portugiesischen Priester vermöchten nichts und könnten keine Seele aus der Hölle befreien, sie aber vermöchten dies durch Fasten und Gebet. Sie sagten, die Ewigkeit der Strafen zeuge von der Grausamkeit oder von der Schwäche des Gottes der Christen: von seiner Grausamkeit, weil er die Macht hätte, die Seelen aus dem Feuer zu retten; von seiner Schwäche, weil er sie retten wollte, aber sie nicht retten könnte. Schließlich seien Amida und Xaqua barmherziger und mächtiger. Doch nur jene Seelen hätten eine Hoffnung, aus der Hölle befreit zu werden, die während ihres Leben den Bonzen Wohltaten erwiesen hätten.

Was Xaver darauf im einzelnen geantwortet hat, wissen wir nicht. Aber es gelang ihm, die Gemüter zu beruhigen und über ihren Schmerz zu trösten. Er zeigte ihnen, daß das Gesetz Gottes das älteste sei, nicht bloß das in Worte gefaßte, sondern das in die Herzen geschriebene Gesetz, das jeder Mensch in sich wahrnehmen kann, wenn er nur will. Xaver sagte: "Noch bevor Japan von den Weisen aus China seine Gesetze erhalten hatte, wußte man dort schon, daß Totschlag, Diebstahl und Ehebruch verboten seien, denn schon damals suchte man verborgene und finstere Orte auf, um sie zu begehen. Hatte man eine böse Tat verübt, so fühlte man die Vorwürfe des Gewissens, das den Schuldigen ständig Vorwürfe macht, wenn auch deren böse Handlungen weder öffentlich bekannt, noch durch die menschlichen Gesetze verboten sind. Läßt man ein Kind unter dürftigen Verhältnissen aufwachsen, fern von den Menschenmassen und wohleingerichteten Städten, so wird es, zum Mann herangereift, in den Verhältnissen des bürgerlichen Lebens das Gute vom Bösen unterscheiden können. Fragt man einen solchen Menschen, ob es unrecht sei, seinen Nächsten zu töten, ihm das Seine zu nehmen, ihn mit List oder Gewalt zu überfallen, so wird er dies zweifellos als etwas Böses erkennen. Wenn nun diese Fähigkeit, Gutes und Böses zu unterscheiden, einem Wilden, einem Menschen ohne Erziehung eigen sei, um wie viel klarer und bestimmter werden gesittete Menschen, die in Gesellschaft leben und einen gebildeten Verstand besitzen, in ihrem Inneren ein höheres Gesetz erkennen? Es ist also nicht wahr", fügte der Heilige hinzu, "daß Gott die Japaner so viele Jahrhunderte in völliger Unwissenheit über sein Gesetz belassen habe, wie es ihm eure Bonzen gern zum Vorwurf machen möchten."

Xaver zeigte ihnen so, daß das natürliche Sittengesetz eine Stufe sei, die unmerklich zum christlichen Gesetz hinführe, und daß ein moralisch guter Mensch auf irgendeinem Wege zur Erkenntnis Jesu Christi gelangen werde, d.h. daß ihm Gott vor seinem Tode einen christlichen Glaubensboten senden oder ihn selbst unmittelbar erleuchten würde.

Diese Gründe, derer sich schon die Kirchenväter bedienten, stellten die Japaner ganz zufrieden, und diese Erklärung genügte vollständig, um sie zu überzeugen.

Da die Bonzen sahen, daß ihr Ansehen immer mehr herabsank, Xaver aber immer mehr die Achtung des Volkes genoß, versuchten sie, ihr Ziel durch Verleumdungen und Verdächtigungen beim König zu erreichen. Die Christen wurden verhaßt gemacht, so daß der König ihnen wirklich seine Gunst entzog. In Schriften sollte Xaver dem Volk verächtlich gemacht werden: es wurde behauptet, er sei ein Zauberer, der im Dienst des Teufels stehe, um das Volk zu betrügen. Aber weder der treulose Sinneswandel des Königs noch Intrigen konnten die Pläne der Vorsehung vereiteln, und in kurzer Zeit belief sich die Zahl der Gläubigen auf 3000. Alle waren von solchem Eifer und solcher Begeisterung erfüllt, daß sie selbst ihr Leben geopfert hätten, wenn es notwendig gewesen wäre.

Der Ruf Xavers verbreitete sich immer mehr, so daß alle, die von ihm hörten, den großen Bonzen aus Europa zu sehen wünschten.

Xaver hatte nun beschlossen, nach Indien zurückzukehren, um dort taugliche Missionare auszuwählen. Seine Absicht war, von dort aus über China nach Japan zurückzukehren, denn viele Japaner hatten ihm gesagt, sie würden Christen werden, wenn es ihm gelänge, die Chinesen zum Christentum zu bekehren. 

Eben war in dem Königreich Bungo ein portugiesisches Schiff aus Indien angekommen, das unter dem Befehl des Eduard von Gama stand. Um zu erfahren, ob dieses Schiff, wie man gehört hatte, in zwei bis drei Monaten wieder nach Indien abgehe, sandte Xaver einen Japaner namens Matthäus mit einem Brief an den Kapitän und die Kaufleute des Schiffes, in dem er sie ersuchte, ihm zu sagen, wie ihr Schiff heiße, wie es in Malakka zugehe, und ob sie dort bei ihrer Abfahrt alles ruhig und friedlich gefunden hätten: sie mögen ihm dies kurz mitteilen. Zugleich machte der Heilige sie auf die Dinge, die ihr Seelenheil betrafen, aufmerksam. Er bat sie, sie mögen es ihm nicht verargen, wenn er ihnen den Rat erteile, sich einige Zeit ihren Geschäften zu entziehen und sich der Erforschung ihres Seelenzustandes zu widmen, denn aller Gewinn, den sie etwa aus dem Handel mit den kostbaren Seidenstoffen Chinas erzielen könnten, sei mit dem Gewinn auf geistlichem Gebiet nicht zu vergleichen. 

Das Schiff lag im Hafen von Figen, 50 Meilen entfernt von Amanguchi und eine Meile von Fucheo, der Hauptstadt des Königreiches Bungo. Sobald die Portugiesen Xavers Nachricht erhielten, waren sie außer sich vor Freude. Sie gaben ihm alle gewünschten Auskünfte und teilten ihm mit, daß sie spätestens in einem Monat nach China segeln würden, wo sie drei beladene, für Indien bestimmte Schiffe zurückgelassen hätten, die im Monat Januar abgehen würden, und daß sich Jakob Pereira, sein Freund, auf diesem Schiff befinde. 

Nach fünf Tagen kam Matthäus zurück und brachte Pater Franz Briefe vom Kapitän und den vornehmsten Kaufleuten, außerdem einen Brief aus Goa, in dem die Patres des Collegiums zum hl. Paulus ihm meldeten, daß seine Anwesenheit durchaus notwendig sei, um die dortigen Angelegenheiten der Gesellschaft Jesu zu ordnen.

Der Heilige trat nun, ohne Zeit zu verlieren, seine Reise in der Mitte des Septembers 1551 an, nachdem er die neuen Christen dem Pater Cosmo de Torres und dem Bruder Fernandez anvertraut hatte. Er hätte wohl zu Wasser reisen können, machte die Reise jedoch zu Lande, und zwar zu Fuß.

Als Reisegefährten hatte er Matthäus und Bernhard, außerdem zwei vornehme Japaner, die eben erst die Taufe empfangen hatten. Sie waren wegen ihres Übertritts zum Christentum enteignet worden, aber die Gnade Jesu Christi hatte sie gelehrt, die Armut zu lieben. Auch schloß sich ihnen ein gewisser Laurentius, der Schielende genannt, als Reisegefährte an.

Mit all diesen trat Xaver freudig seine Reise an und kam nach Pilanschau, einer Stadt, die ungefähr zwei Meilen von Figen entfernt ist. Hier angekommen konnte Xaver nicht mehr weitergehen. Seine Kräfte waren erschöpft, und er litt an heftigen Kopfschmerzen, so daß Matthäus, Laurentius und Bernhard vorausgingen, um die Schiffreisenden davon zu benachrichtigen.

Sobald Eduard von Gama von der Entkräftung Xavers gehört hatte, ließ er alle in Fuecho anwesenden Portugiesen zusammenkommen, wählte die Vornehmsten von ihnen aus und ritt mit ihnen dem Pater entgegen. Xaver wollte dieser Begegnung ausweichen, was ihm aber nicht möglich war. Man wollte ihm ein Pferd geben, er nahm es aber nicht an, sondern ging mit ihnen zu Fuß bis zum Hafen.

Sobald der Heilige in der Nähe des Hafens erschien wurden die Kanonen gelöst, wie es der Kapitän angeordnet hatte. Da die Salve viermal wiederholt wurde, glaubte man, die Portugiesen wären von Seeräubern angegriffen worden. Um sich darüber Gewißheit zu verschaffen, sandte der König einen Edelmann an den Kapitän, um zu fragen, was diese Kanonenschüsse bedeuten sollten.

Gama zeigte auf Pater Franz und sagte dem Edelmann des Königs von Bungo, der kriegerische Lärm, der die Stadt in Unruhe versetzt habe, sei nur eine geringe Ehrenbezeigung gewesen, die man einer so hochgeachteten gottgeweihten Person, die der König von Portugal sehr liebe, erwiesen habe. Der Japaner, der Pater Franz nur in einem ganz ärmlichen Gewand gesehen hatte, und sich erinnerte, was man aus Amanguchi über ihn geschrieben hatte, hielt inne, ohne ein Wort zu sprechen. Dann sagte er sichtlich erstaunt: "Ich bin in großer Verlegenheit, welche Antwort ich meinem Herrn bringen soll, denn was ihr mir sagt, stimmt nicht mit dem überein, was ich sehe, und widerspricht völlig dem, was die Bonzen von Amanguchi schriftlich berichtet haben, daß sie nämlich mit eigenen Augen gesehen hätten, wie euer Bonze sich mit einem Teufel ganz vertraut unterhalten habe, der ihm durch Lose die Zukunft verraten und ihn geheime Zauberkünste gelehrt habe, um Unwissende zu blenden. Diese Bonzen halten ihn für einen Elenden, für den Auswurf der menschlichen Gesellschaft, für einen Verworfenen, der von Kopf bis Fuß mit Ungeziefer bedeckt sei, das sich nur mit Abscheu von seinem verpesteten Fleisch nähre. Wenn ich nun unserem König sage, wie sehr ihr diesen Bonzen ehrt, was muß er dann von unseren Bonzen denken? Ich fürchte, er wird sie für Schwachköpfe, die leicht ein verkehrtes Urteil fällen, oder sogar für böse, neidische und lügenhafte Menschen halten."

Hierauf nahm Gama das Wort und widerlegte die Verleumdungen der Bonzen, sagte ihm, daß der Heilige von edler Abkunft sei und nur der Tugend wegen arm geworden sei. Bald erschien Xaver dem Japaner in einem ganz anderen Licht. Er berichtete genau seinem Herrn, was er vernommen hatte, und fügte hinzu, die Portugiesen seien glücklicher, einen so heiligen Mann zu besitzen, als wenn ihre Schiffe mit Gold beladen wären.

Der König von Bungo hatte schon früher von Pater Franz gehört und von vornherein nicht alles blindlings für wahr gehalten, was die Bonzen Schlimmes über Xaver behauptet hatten. Dieser Fürst war 25 Jahre alt, weise, edelmütig und leutselig, indes sehr der Sinnenlust ergeben. Sein Verlangen jedoch, Pater Xaver kennenzulernen, wurde durch den Bericht des Edelmannes noch stärker. Noch am selben Tag schrieb er an ihn: "Vater Bonze von Chimachicogie," (wie die Japaner Portugal nennen) "möge Deine glückliche Ankunft in meinem Staaten Deinem Gott so wohlgefällig sein wie der Klang der Lobgesänge, durch welche ihn die Heiligen verherrlichen. Quansyvama, mein Diener, den ich zum Hafen von Figen sandte, sagte mir, Du seiest dort von Amanguchi angekommen. Mein ganzer Hof wird Dir bezeugen, welche Freude ich empfinde. Da mich Gott nicht wert befunden hat, Dir zu gebieten, so bitte ich Dich inständig, Du wollest vor Sonnenaufgang hierher kommen, und vor dem Tor meines Palastes anklopfen, wo ich mit Ungeduld auf Dich warten werde, und erlaube mir, diese Gunst von Dir zu begehren, ohne daß mein Wunsch Dir lästig sei. Ich beuge mich indessen tief zur Erde nieder und bete auf den Knien zu Deinem Gott, den ich als den Gott der Götter, als den Herrn der Größten und Besten, die im Himmel leben, erkenne. Er wolle die Großen dieser Welt innewerden lassen, wie sehr Dein heiliges, in Armut zugebrachtes Leben ihm wohlgefällig sei, auf daß die Kinder unseres Fleisches nicht weiter durch die trügerischen Versprechungen der Welt irregeführt werden. Lasse mich wissen, daß Du gesund bist, damit ein sanfter Schlaf mich in dieser Welt erquicke, bis der Hahnenschrei mich wecken und mir Deine Ankunft verkünden wird."

Diesen Brief überbrachte ein junger Prinz von königlichem Geblüt, der von 30 Herren bei Hof und von seinem Erzieher Promendono begleitet war. Letzterer war ein ehrwürdiger Greis, einer der angesehendsten Männer des Reiches und Bruder des Königs von Minato.

Die Ehre, welche die Portugiesen dem Pater Franz erwiesen, verwunderte den Prinzen so sehr, daß er seinem Lehrer sagte: "Wahrhaftig, der Gott dieser Menschen muß groß und seine Geheimnisse den Menschen tief verborgen sein, da er will, daß die reichsten Schiffe einem so armen Mann, wie es dieser europäische Bonze ist, gehorchen, und sogar der Donner der Kanonen laut der Welt verkünden muß, die Armut, diese an sich verächtliche, in den Augen der Welt so schimpfliche Armut, an die zu denken fast ein Verbrechen zu sein scheint, sei ein Gegenstand des göttlichen Wohlgefallens."

"Wenn wir auch Abscheu vor der Armut haben", erwiderte Promendono, "und wenn wir auch glauben, die Armen könnten nicht glücklich sein, so ist es doch möglich, daß für diesen Armen seine Armut so kostbar ist, daß sie dem Gott, dem er dient, wohlgefällig sein muß, und daß er sich, indem er sie aus Liebe zu seinem Gott so streng wie möglich übt, reicher fühlt, als irgendein Mensch auf Erden."

Der junge Gesandte kehrte an seinen Hof zurück und erzählte dem König, mit welcher Ehererbietung sein Schreiben aufgenommen wurde, und bemühte sich, den König zu überzeugen, daß der europäische Bonze ganz anders behandelt werden müsse als die gewöhnlichen Bonzen, ja daß es eine große Sünde wäre, ihn mit diesen zu vergleichen. Übrigens sei er nicht so arm, wie seine Feinde vorgäben, da der Kapitän und die portugiesischen Kaufleute ihm von Herzen gern ihr Schiff und alle ihre Schätze übergeben würden, wenn er sie haben wollte - einen solchen, der solche Reichtümer haben könne, sobald er sie wünsche, könne man aber eigentlich nicht arm nennen.

Die Portugiesen beratschlagten unterdessen, wie Xaver am Hof des Königs erscheinen solle. Sie waren der Meinung, Xaver müsse sich dort anständig gekleidet und mit einem gewissen äußeren Glanz zeigen. Diesem Ansinnen widersetzte sich Xaver zunächst nach Kräften, weil er Gepränge verabscheute. Nachdem sie ihn aber darauf hingewiesen hatten, die Bonzen hätten ihn ganz herabgesetzt, und es sei nun an der Zeit, das Volk eines Besseren zu belehren und sehen zu lassen, wie die Christen ihre Priester ehren, damit auch die Heiden sie als Gesandte Gottes anerkennen, gab er nach und fügte sich ihrem Wunsch.

Am nächsten Morgen traten dreißig vornehme Portugiesen, in reiche Stoffe gekleidet und mit Edelsteinen und goldenen Ketten geschmückt, den Weg nach Fucheo an. Xaver trug einen aus kostbarem Stoff gefertigten Talar und darüber einen Chorrock, sowie eine goldverbrämte Stola aus grünem Samt. Auch eine Schaluppe und zwei Barken waren besonders verziert; mit ihnen wollte man vom großen Schiff aus auf einem Fluß in die Stadt gelangen. Die Nachricht, der europäische Bonze komme, hatte sich schnell verbreitet und viele Menschen ans Ufer gelockt. Beim Schall der Trompeten wurde die Menge so groß, daß die Portugiesen sich nur mit großer Mühe an Land begeben konnten.

Quasyandono, Kapitän von Canasama und einer der Vornehmsten des Hofes, erwartete sie hier auf Befehl des Königs. Er empfing den Heiligen sehr höflich und bot ihm eine Sänfte an, die Xaver aber ablehnte und dann zum Palast ging. Eduard von Gama ging voraus, mit entblößtem Haupt und einem Stab in der Hand, als wenn er der Marschall oder Majordomus des Paters wäre. Fünf andere Portugiesen folgten; der eine trug ein Buch in einer Tasche aus weißem Atlas, der andere einen mit Gold beschlagenen Rohrstock aus Bengalen, der dritte Überschuhe aus schwarzem Samt, der vierte ein in eine Schärpe aus violettem Damast eingewickeltes Bildnis der allerseligsten Jungfrau, der fünfte einen prächtigen Sonnenschirm. Der Pater folgte in seiner Kleidung mit bescheidenem, zugleich aber majestätischem Blick. Einige Portugiesen in der reichsten und schönsten Kleidung beschlossen den Zug.

So durchzogen sie die Hauptstraßen der Stadt unter Musik und Trompetenschall. Eine Menge Menschen folgte dem Zug. Auf dem Platz vor dem Hof des Königs angekommen trafen sie auf 600 Mann der Leibwache, die für den Pater Spalier bildeten.

Im Palast selbst kehrten sich die Portugiesen, die unmittelbar vor Xaver gingen, ihm zu und grüßten ihn in ehrfürchtiger Haltung. Der eine gab ihm den Rohrstock aus Bengalen und der andere die Samtschuhe. Der Sonnenschirm wurde über das Haupt Xavers ausgebreitet; die beiden, die das Buch und das Bildnis trugen, stellten sich ihm zur Seite. All dies geschah in so vollendeter Form, daß die anwesenden Hofleute davon sehr beeindruckt waren und man sie sagen hörte, daß Pater Franz ganz das Gegenteil dessen sei, was die Bonzen behauptet hatten.

Nachdem sich der Zug durch eine lange Galerie bewegt hatte, kam man in einen Saal voll Menschen, die, wie aus ihrer prachtvollen Kleidung zu schließen war, einen sehr hohen Rang einnahmen. Nun nahte sich ein junger Knabe, an der Hand eines ehrwürdigen Greises geführt, und begrüßte den Pater mit folgenden Worten:

"Möge deine Ankunft im Hause des Königs, meines Herrn, ihm ebenso angenehm sein, als es das Wasser des Himmels den Ackersleuten bei außerordentlicher Dürre ist. Tritt ein ohne Furcht, denn ich versichere dir, daß die guten Menschen dich lieben, obgleich die bösen dich nicht ohne Verdruß sehen können, und ihr Gesicht bei deinem Anblick wie eine dunkle und stürmische Nacht wird."

Xaver beantwortete den Empfang, wie es ihm für das Alter dieses Knaben passend erschien.

Aber der Knabe nahm noch einmal das Wort, und zwar auf eine Weise, die nichts von kindlichem Wesen an sich hatte: "Gewiß, du mußt einen außerordentlichen Mut besitzen, daß du von einem Ende der Welt in ein am anderen Ende liegendes, fernes Land gekommen bist, um da als Armer verachtet zu werden, und die Güte deines Gottes muß groß sein, da er deine Armut liebt, die nach der allgemeinen Meinung der Welt verächtlich ist. Die Bonzen sind fern von solchen Gesinnungen, denn sie behaupten öffentlich und bekräftigen es mit einem Eid, daß die Armen und die Frauen nicht selig werden können."

"Möge es der unendlichen Güte des Herrn gefallen", erwiderte Xaver, "diese armen Blinden mit den Strahlen seiner himmlischen Lehre zu erleuchten, damit sie ihren Irrtum in diesem Punkt, wie auch in allen übrigen erkennen."

Der Knabe sprach noch über viele Gegenstände auf eine so klare und vernünftige Weise, daß der Mann Gottes nicht zweifelte, das Kind sei vom Heiligen Geiste erfüllt, der die Zunge beredt machte, ehe der Verstand ganz entwickelt war.

Während dieser Gespräche, die jeden in Verwunderung versetzten, kamen sie in einen anderen Saal, in dem mehrere Edelleute versammelt waren. Alle beugten sich beim Eintritt des Paters dreimal tief zur Erde nieder. Diese Verbeugung nennen die Japaner "Gromenare", eine Ehrenbezeugung, die der Sohn dem Vater und der Vasall seinem Herrn erweist.

Hierauf traten aus den Versammelten zwei Männer hervor, um dem Pater im Namen aller ihre Freude zu bezeigen, und einer von ihnen redete ihn mit folgenden Worten an: "Möge deine Ankunft, heiliger Vater Bonze, unserem König so angenehm sein, wie es das erste Lächeln eines Kindes seiner Mutter ist, die es auf ihren Armen trägt. Dies wird sicher der Fall sein, denn wir schwören dir bei den Haaren unserer Häupter, daß alles, auch diese Mauern, die sich deiner Gegenwart wegen zu freuen scheinen, uns auffordert, dich würdig zu empfangen und uns über deine Ankunft zu freuen, die ohne Zweifel zur Verherrlichung jenes Gottes dienen wird, von dem du uns in Amanguchi so große Dinge verkündet hast."

Nach Beendigung dieser Rede wollten die jungen Herren dem Pater folgen. Aber der oben erwähnte Knabe, den Xaver an der Hand hielt, gab ihnen ein Zeichen, stehen zu bleiben. Sie kamen auf eine Terrasse und von dort in einen noch größeren Saal, wo Fachorandono, der Bruder des Königs, mit einem prächtigen Gefolge stand. Auch dieser empfing ihn mit großer Feierlichkeit und beteuerte ihm, dieser Tag sei für den Hof von Bungo der feierlichste im ganzen Jahr, und der König, sein Herr, schätze sich glücklicher und reicher, ihn in seinem Palast zu haben, als wenn er alles Gold der Schätze Chinas besäße.

"Möge sich unterdessen", fügte der Prinz hinzu, "dein Ruhm vermehren und du deinen Zweck erreichen, der dich von den äußersten Enden hierher zu kommen bewogen hat."

Der Knabe, der Pater Xaver führte, zog sich zurück. Xaver ging mit dem Bruder des Königs in das königliche Vorzimmer, wo die vornehmsten Herren des Reiches den Heiligen erwarteten. Nachdem er hier auf eine sehr höfliche Weise empfangen worden war, wurde er schließlich zur Audienz in das königliche Gemach geführt, das auf allen Seiten mit Gold bedeckt war. Der König, der aufrecht stand, ging dem Pater sechs Schritte weit entgegen und neigte sich dreimal tief zur Erde, worüber sich die ganze Versammlung wunderte.

Xaver warf sich vor dem König nieder und wollte ihm nach Landessitte den Fuß berühren; aber der Fürst ließ es nicht zu, sondern hob Xaver eigenhändig auf, nahm ihn bei der Hand und ließ ihn neben sich Platz nehmen. Der Prinz, sein Bruder, nahm eine niedrigere Stufe ein, und die Portugiesen samt den Vornehmsten des Hofes standen ihnen gegenüber.

Der König erwies sich Xaver sehr freundlich, so daß er sogar seine stolze Haltung und sein majestätisches Wesen ablegte, deren sich die Könige bei öffentlichen Versammlungen zu bedienen pflegen, und sprach mit ihm wie mit einem vertrauten Freund.

Pater Xaver antwortete auf die huldvollen Äußerungen des Königs mit Ehrerbietung und Bescheidenheit. Sogleich ergriff er diese Gelegenheit, von unserem Heiland Jesus Christus zu reden, erklärte in kurzen Worten die Hauptgrundsätze der christlichen Moral, aber mit einer so überzeugenden Kraft der Wahrheit, daß der König am Ende voll Verwunderung ausrief: "Ach, wer kann wohl das tiefe Geheimnis von Gott erfahren, warum er zugelassen hat, daß wir in Blindheit lebten, während er diesen europäischen Bonzen so erleuchtet hat? Denn wir sind endlich selbst Zeugen dessen, was wir von ihm sagen hörten, und alles das, was er sagt, stützt sich auf so klare Beweise und ist dem natürlichen Licht so entsprechend, daß jeder, der es nach den Regeln des gesunden Verstandes prüfen will, finden wird, daß sich hier in jeder Hinsicht die Wahrheit befindet und kein Satz mit einem anderen im Widerspruch steht. Mit unseren Bonzen verhält es sich anders: sie können keine Rede halten, ohne sich zu widersprechen, und daher kommt es, daß sie sich, je mehr sie sprechen, desto mehr in Widersprüche verwickeln. Verworren in ihrer Wissenschaft, sind sie noch verworrener in der Erklärung ihrer Lehren; indem sie heute als falsch verwerfen, was sie gestern für wahr gehalten haben, widerlegen sie sich selbst und widerrufen das Gesagte zu jeder Stunde, so daß der erleuchtetste Geist und scharfsinnigste Verstand aus ihrer Lehre nichts erfassen kann, und es bei ihnen hinsichtlich des Seelenheils immer ungewiß ist, was man glauben soll. Dies ist ein offenbares Zeichen, daß sie nur der Laune folgen, und daß ihr Glaube nicht auf dem Grund der festen und unwandelbaren Wahrheit ruht."

Der König sprach mit solcher Kraft und solcher Lebhaftigkeit, daß man sehr gut sah, daß dies aus der Fülle des Herzens geschah. Ein sehr alter Bonze aber, der ziemlich gelehrt und geachtet war, konnte nur mühsam seinen Ärger während der Rede des Königs verbergen, und als er sie beendet hatte, kannte sein Zorn keine Grenzen mehr: "Wie wagst du es", sagte er, "in Religionssachen zu entscheiden, ohne auf der Hochschule von Fianzima studiert zu haben, wo allein die heiligen Geheimnisse der Götter erklärt werden? Wenn du es nicht verstehst, so ziehe die Gelehrten zu Rate; frage mich, ich bin bereit, dir alles zu erklären."

Diese Keckheit des Bonzen erregte allgemeinen Unwillen; nur der König blieb ruhig und befahl ihm lächelnd, fortzufahren. Der Bonze wurde durch die Ruhe und Mäßigung des Königs nur noch stolzer und kühner, und mit erhobener Stimme fing er an, den Stand der Bonzen zu loben, "denn", so sagte er, "man kann nicht zweifeln, daß sie dem Himmel sehr angenehm sind, indem sie das Gesetz beobachten und es das Volk beobachten lehren, weil sie ganze Nächte bei großer Kälte im Gebet für ihre Wohltäter zubringen, sich aller Vergnügungen der Sinne enthalten, keine frischen Fische genießen, für die Kranken sorgen, die Kinder unterrichten, die Betrübten trösten, die Feinde versöhnen, den Aufruhr dämpfen und den Frieden im Reich erhalten; dann, weil sie Macht haben, Wechselbriefe für das künftige Leben auszustellen, wodurch alle Verstorbenen im Himmel reich werden, und schließlich, weil die Bonzen die innigen Vertrauten und Freunde der Gestirne sind und sie allein das Recht haben, sich mit ihnen nachts zu unterhalten, sie vom Himmel herabsteigen zu lassen, sie in ihre Arme zu schließen und sie, so lange sie wollen, zu liebkosen."

Diese Albernheiten erregten allgemeines Lachen. Darüber war der Bonze erzürnt und geriet in so heftigen Eifer, daß der König ihm durch seinen Bruder Stillschweigen gebieten ließ. Hierauf ließ er ihm seinen Sitz wegnehmen, und nachdem er ihm im Scherz gesagt hatte, sein Jähzorn sei ein überzeugender Beweis für die Heiligkeit der Bonzen, sagte er ihm in ernstem Ton, ein Mensch von seinem Charakter habe eher Verkehr mit der Hölle als mit dem Himmel.

Bei diesen Worten geriet der Bonze in Wut und schrie: "Die Zeit wird kommen, daß kein Mensch auf Erden mehr würdig sein wird, mich zu bedienen, und alle Monarchen zu gering, auch nur den Saum meines Kleides zu berühren."

Die Bonzen dieser Sekte glaubten nämlich, daß sie nach ihrem Tode zur Belohnung in einen ihrer Götter verwandelt und mit diesem ein und dieselbe Gottheit sein werden.

Unwillen und Mitleid erfüllten den König, nachdem er diese sinnlosen Reden vernommen hatte. Er bedauerte die Blindheit des Bonzen und hätte ihm gern die Augen geöffnet, Xaver jedoch bat ihn, den Versuch auf eine andere Zeit zu verschieben, wenn sich der Zorn des Bonzen gelegt hätte. 

So sagte ihm der König nur, er möge für den Frevel Buße tun, daß er sich in seinem Übermut Gott gleichgestellt habe.

Während der Bonze sich entfernte, hörte man ihn murmeln und mit den Zähnen knirschen. Bei der Tür wandte er sich nochmals um und sagte: "Möchten doch die Götter Feuer vom Himmel senden, das dich verzehrt und alle Könige zu Asche verwandelt, die so zu sprechen wagen, wie du."

Der König und der Heilige setzten dann ihre Unterhaltung über verschiedene Punkte der Religion fort, bis die Stunde des Mittagsmahls kam. Der Fürst lud ihn ein, mit ihm zu speisen, aber Xaver versuchte dies unter Berufung auf alle möglichen Gründe abzulehnen. Der Fürst jedoch bestand darauf: "Ich weiß wohl, mein Freund und Vater, daß du meines Mahles nicht bedarfst, wenn du aber ein Japaner wärst, wüßtest du, daß ein König denen, die er besonders liebt, keinen größeren Beweis seiner Freundschaft geben kann, als wenn er sie mit ihm speisen läßt. Da ich dich nun liebe, und ich es dir beweisen möchte, so mußt du mit mir speisen; die größere Ehre ist dabei auf meiner Seite."

Hierauf neigte sich Xaver, küßte den Säbel, was in Japan ein Zeichen der Ehrerbietung ist, und sagte: "Ich bitte von ganzem Herzen den Herrn des Himmels, er wolle für mich so viel Gnade dadurch belohnen, daß er deiner Majestät das Licht des Glaubens leuchten lasse und dir die Tugenden des Christentums verleihe, damit du Gott treu dienst während deines Lebens und dich einst nach deinem Tod ewig freust."

Der König umarmte ihn und bat Gott seinerseits, er möchte die Bitten des Heiligen erhören, mit dem Wunsch, daß sie im Himmel immer beisammen sein mögen, ohne jemals getrennt zu werden, um länger und tiefer von göttlichen Dingen sprechen zu können.

Während des Mittagmahls lagen die Portugiesen, die Vornehmen des Hofs und die Leute der Stadt auf den Knien. Auch einige Bonzen waren darunter, innerlich vor Zorn und Neid brennend - aber zu sagen wagten sie nichts mehr.

Zwölftes Kapitel 

Xavers Bekehrungen in Fucheo - Kampf mit den Bonzen - Sieg des Christentums über das Heidentum - Neuer Kampf mit den Bonzen - Xavers Sieg über dieselben - Seine Abreise von Japan - Furchtbarer Seesturm - Wunderbare Rettung einer Schaluppe - Xaver landet in Sancian - Reise nach Malakka 

Die Ehren und das Vertrauen, das der König von Bungo Xaver erwies, machten auf das Volk einen mächtigen Eindruck. Alles strömte zu seinen Predigten und zu seinem Unterricht, und seine Bemühungen wurden durch zahlreiche Bekehrungen reichlich belohnt. Die Taufe der Heiden und der Unterricht der neuen Gläubigen nahmen ihn tagsüber in Anspruch, so daß er nur nachts dazu in der Lage war, den Portugiesen geistlichen Trost zu spenden. Da ihn alle sehr liebten, baten sie ihn, er möge sich doch ein wenig schonen, worauf er ihnen erwiderte, sie sollten seinetwegen ganz ohne Sorge sein, seine Nahrung, seine Ruhe und sein Leben bestehe darin, daß er die Seelen aus der Tyrannei des Teufels befreie; deswegen habe ihn Gott gesandt.

Von den Bekehrungen in Fuecho machte die eines berühmten Bonzen von Canasama namens Salai-Ceran großes Aufsehen. Dieser Bonze war sehr gelehrt und der wichtigste Mann seiner Sekte. Als er sah, daß die anderen Bonzen nicht wagten, mit Xaver über die Religion zu streiten, forderte er ihn heraus, öffentlich mit ihm zu disputieren. Der Kampf begann auf dem Hauptplatz der Stadt in Gegenwart einer großen Volksmenge. Kaum hatte Xaver die christliche Lehre erklärt, als der Bonze seine Blindheit erkannte. Der Ungläubige ließ jedoch nicht ab, die Wahrheit, die er schon halb erkannt hatte, zu bekämpfen. Aber schließlich durch die Antworten seines Gegners besiegt und von der Gnade Gottes gerührt, kniete er nieder und sprach laut, mit Tränen in den Augen, folgende Worte: "O Jesus Christus, einziger und wahrer Sohn Gottes, ich ergebe mich dir; ich bekenne mit Herz und Mund, daß du der allmächtige Gott bist, und ich bitte jene, die mich hören, mir zu verzeihen, wenn ich sie so oft Dinge als wahr lehrte, die ich jetzt als Lügen und Fabeln erkenne und erkläre."

Eine so überraschende Wendung versetzte alle Anwesenden in Verwunderung und Staunen. Xaver hätte an diesem Tage 500 Personen taufen können, die, durch das Beispiel des Bonzen überzeugt, die Taufe verlangten. In Indien hätte er es getan; dort gab es weniger Gelehrte, welche die Geheimnisse des Glaubens bestritten und die Treue der neuen Christen durch Scheingründe erschüttern konnten. Aber hier hielt er es nicht für ratsam, da die Bonzen, wenn sie auch eine Bekehrung nicht verhindern konnten, sich doch immer bemühten, sie durch tausend Spitzfindigkeiten zu bemängeln. Er hielt es also für notwendig, sie vor der Taufe zu unterrichten und gegen die Angriffe der heidnischen Sophisten zu wappnen.

Der Heilige bemühte sich also nun, die Heiden zum Empfang der heiligen Taufe vorzubereiten, indem er an der Verbesserung ihrer Sitten arbeitete. Er hielt es für besser, die Taufe des Königs zu verschieben, weil ihm eine schnelle Bekehrung nicht von großem Wert zu sein schien, wenn sie nicht zugleich eine aufrichtige und dauernde sei. Pater Franz verwandte die größte Sorgfalt darauf, dem König einen tiefen Abscheu gegen jene schändlichen Laster zu vermitteln, welche die Bonzen ihn gelehrt hatten und in denen er auf das Wort seiner Meister hin ohne Bedenken dahinlebte.

Weil der König den Mann Gottes gern hörte und sich oft lange mit ihm unterhielt, fing er endlich an, sein Leben zu ändern und zuverlässige Anzeichen gaben eine Gewähr für seinen Sinneswandel. Er zeigte sich auch sehr freigebig gegenüber den Armen, für die früher kein Mitleid empfunden hatte, weil die Bonzen es zu einem Verbrechen erklärten, sich ihrer zu erbarmen, und es als einen Akt der der Gerechtigkeit hinstellten, sie grausam zu behandeln, denn sie behaupteten, die Armut mache die Menschen nicht nur verächtlich und lächerlich, sondern auch lasterhaft und der schwersten Strafen würdig.

Nach den Grundsätzen dieser Bonzen hatten schwangere Frauen das Recht, durch Getränke die Leibesfrucht abzutreiben und sogar die Kinder zu töten, welche unerwünscht zur Welt kamen. Aus diesem Grund geschahen täglich unzählige Morde, und nichts war im Königreich Bungo so gewöhnlich wie Kindsmörderinnen. Manche Mütter verübten dieses Verbrechen, um die Kinder nicht ernähren und erziehen zu müssen, die meisten aber, um trotz ihrer Sittenlosigkeit einen guten Ruf zu bewahren.

Der Pater überzeugte den König von der Abscheulichkeit des Verbrechens so sehr, daß er all diese Grausamkeiten unter Todesstrafe verbot. Er ließ auch andere Verordnungen ergehen, die heidnische Gebräuche betrafen, welche die Sittlichkeit verletzten, und untersagte den Bonzen den Zutritt zum Hof. Er war von der Tugend Xavers so begeistert, daß er oft zu seinen Hofleuten sagte, wenn er den Pater Xaver eintreten sehe, so fühle er sich in der Tiefe seiner Seele bewegt, und es erscheine ihm sein Gesicht wie ein klarer Spiegel, in dem er die Abscheulichkeiten seines früheren Lebens erkenne.

Während Xaver in der Hauptstadt von Bungo beschäftigt war und durch seine Bemühungen großen Nutzen stiftete, mußten Cosmo de Torres und Johann Fernandez wegen des Glaubens in Amanguchi vieles leiden. Nach der Abreise des Heiligen geriet die ganze Bonzenkaste gegen sie in Aufstand und wollte sie in regelmäßigen Disputationen widerlegen, weil sie sich schmeichelten, die Gefährten Xavers seien nicht so gelehrt wie er, und meinten, der kleinste gegen sie errungene Sieg werde das Heidentum wieder fest begründen.

Aber es geschah anders, als die Bonzen gedacht hatten. Torres, dem Fernandez als Dolmetscher diente, beantwortete alle ihre Fragen so überzeugend, daß sie beschämt weichen mußten. Da sie ihn durch ihre Argumente nicht widerlegen konnten, nahmen sie ihre Zuflucht zu Verleumdungen, indem sie das Gerücht verbreiteten, die Gefährten des großen Bonzen von Portugal töteten nachts kleine Kinder, tränken ihr Blut und äßen ihr Fleisch; ferner, daß der Teufel durch den Mund eines Götzen erklärt habe, diese zwei Europäer seien seine Schüler, und daß er ihnen die klugen Antworten eingegeben habe, so daß der eine von ihnen in der öffentlichen Disputation habe obsiegen können.

Zudem schwuren einige Bonzen, mit ihren eigenen Augen den Teufel gesehen zu haben, der feurige Pfeile wie Blitzstrahlen gegen den Palast des Königs geschleudert habe, zur Strafe dafür, daß man in der Stadt die Prediger des neuen Gesetzes aufgenommen habe.

Sie mußten jedoch bald sehen, daß all ihre Erdichtungen vom Volke nur verachtet wurden, und darum sannen sie auf ein neues Mittel, um sich zu rächen und ihre Weissagung wahr zu machen. Sie gewannen einen Großen des Reiches, einen tapferen, mit dem Hof unzufriedenen Krieger, daß er sich gegen den König erhebe. Sie konnten ihn leicht dafür gewinnen, weil er sich ohnehin durch eigene Erbitterung und Gewinnsucht dazu angeregt fühlte. In weniger als drei Wochen sammelte er eine bedeutende Armee und überfiel Amanguchi.

Da der König weder imstande war, eine Schlacht zu liefern, noch einer langen Belagerung standzuhalten, und alles von seinen Untertanen fürchtete, weil sie ihn haßten, verlor er den Mut, so daß er keine Hilfe mehr sah, außer dem Tod. Um der Schmach zu entgehen, in die Hände der Rebellen zu fallen, tötete er in barbarischer Verzweiflung seinen Sohn und schnitt sich selbst mit einem Messer den Bauch auf, nachdem er vorher einem seiner treuen Diener befohlen hatte, ihre Leiber sogleich nach ihrem Tode zu verbrennen und dem Feind nicht einmal ihre Asche übrig zu lassen.

In der Stadt wurde alles mit Feuer und Schwert verheert. Während dieser allgemeinen Verwirrung suchten die von den Bonzen gedungenen Soldaten Torres und Fernandez auf, um sie zu töten. Beide wären sicher verloren gewesen, wenn nicht eine vornehme Frau, obwohl sie Heidin war, welche die Missionäre schätzte, sie in ihren Palast aufgenommen und bis zur Wiederherstellung der Ruhe verborgen hätte. Nach dem Ende des Tumultes versammelten sich die Oberhäupter des Volkes, um einen König zu wählen. Die Wahl fiel einstimmig auf den König von Bungo, einen jungen Prinzen, der sehr gute natürliche Anlagen hatte. Man schickte sogleich eine feierliche Gesandtschaft an ihn ab, um ihm die Krone von Amanguchi anzubieten, die er auch annahm. Der Hof von Bungo feierte mit großer Pracht die Erwählung des neuen Königs, als Xaver noch in Fuecho war. Auch der Heilige freute sich, um so mehr, weil er meinte, eine solche Veränderung, welche die Bonzen zur Zerstörung des Christentums herbeigeführt hatten, werde gerade zu dessen größeren Festigung dienen; eine Vermutung, die sich bestätigte. Die Revolution im Staat war gerade für die Ausbreitung des Glaubens sehr nützlich, denn als Xaver den König von Bungo bat, seinem Bruder die neuen Christen in Amanguchi anzuempfehlen, legte der König ihm diesen Wunsch dringend ans Herz. Er versprach dann auf sein königliches Ehrenwort, gegenüber den Christen in Amanguchi nicht weniger wohlwollend zu sein in Amanguchi, als sein Bruder in Bungo.

Nachdem mehr als 40 Tage vergangen waren wollten sich die Kaufleute nach China einschiffen. Als alles für die Schiffsreise vorbereitet war, ging Xaver mit ihnen zum König, um Abschied zu nehmen. Der König sagte den Kaufleuten, daß er sie um die Gesellschaft des Paters beneide. Mit seinem Weggang glaube er einen Vater zu verlieren, und der Gedanke, ihn vielleicht niemals wiederzusehen, verursache ihm einen großen Schmerz. Xaver verbeugte sich tief vor ihm, küßte ihm die Hand und er versprach ihm, so bald wie möglich wiederzukommen. Er werde ihn immer im Herzen tragen und aus Dankbarkeit für die erhaltenen Gunstbezeigungen werde er unablässig Gott bitten, ihm den reichen Segen des Himmels zu schenken.

Als der König mit Xaver etwas beiseite ging, wie wenn er mit ihm etwas besonderes zu besprechen hätte, ergriff Xaver die Gelegenheit, um dem König noch sehr wichtige Ratschläge für sein Seelenheil zu geben. Vor allem riet er ihm, sich täglich daran zu erinnern, daß die Größe des diesseitigen Lebens schnell vergehe, daß dieses Leben nur von kurzer Dauer sei, daß es, kaum daß man es begonnen habe, schon zuende gehe, und daß man eine unglückselige Ewigkeit zu erwarten habe, wenn man nicht als wahrer Christ sterbe; daß man hingegen, wenn man als wahrer Gläubiger in der Taufgnade verharre, als ein geliebtes Kind Gottes ein Recht auf die ewige Seligkeit besitze.

Er bat ihn ferner, oft zu bedenken, was aus so vielen Kaisern und Königen Japans geworden sei; was es ihnen nütze, wenige Jahre auf dem Thron gesessen und in Vergnügungen gelebt zu haben, wenn sie vielleicht in der Tiefe der Hölle ewig begraben sind; was es für eine Torheit sei, seine Seele für immer zu verlieren, damit der Leib für einen Augenblick sein Vergnügen habe. Kein Königreich, kein Kaiserreich, wenn es auch die ganze Welt umfasse, sei so viel wert, daß man es nicht gerne verlieren müsse, um den Himmel zu gewinnen und eine ewige, unvergängliche Krone zu erlangen; daß diese so notwendigen Wahrheiten seinen Vorfahren nach den unerforschlichen Ratschlüssen Gottes unbekannt geblieben seien; daß er bedenken solle, daß er vor Gott um so schuldiger wäre, wenn er, nachdem die göttliche Vorsehung einen Diener des Evangeliums von den äußersten Enden der Welt bis in seinen Palast geführt habe, um ihm den Weg des Heils zu zeigen, in seinen Verirrungen und in seinem ungeordneten Leben verharren würde.

Diese Worte des Paters gingen dem König so zu Herzen, daß ihm Tränen in die Augen traten. Doch diese Tränen hatten damals noch nicht den gewünschten Erfolg, denn der König war, wenn er auch seinen schlimmsten Lastern entsagt hatte, doch noch sehr in die Sinnlichkeit verstrickt. Erst nach einigen Jahren nahm er sich die Mahnungen des Heiligen wirklich zu Herzen, änderte sein Leben und empfing schließlich die heilige Taufe, wie wir weiter unten sehen werden.

Nachdem Xaver vom König Abschied genommen hatte, begab er sich mit den Kaufleuten zum Hafen von Figen, um nach einigen Tagen unter Segel zu gehen. Die Abreise des Paters verursachte den Bonzen große Freude, sein Ansehen erregte jedoch immer noch ihren Neid. Sie glaubten, alle Ehren, die man ihm erwies, wären ein Unrecht ihnen gegenüber, denen diese Ehren doch in Wirklichkeit zustünden, und nur dann, wenn man sich an ihm rächen könne, wäre diese Schande getilgt. Sie versammelten sich also, um über eine so wichtige Frage zu beratschlagen, und faßten den Entschluß, das Volk aufzuwiegeln, wie man es in Amanguchi getan hatte, die Kaufmannsgüter der Portugiesen zur Plünderung freizugeben, ihr Schiff anzuzünden, und alle zu töten, schließlich, sobald sich eine günstige Gelegenheit ergebe, sich der Person des Königs zu bemächtigen und das ganze königliche Haus zu ermorden.

Nun stand Xaver sogar bei den lasterhaftesten Götzendienern in hohem Ansehen; es galt also zunächst, das ganze Volk von dieser hohen Meinung abwendig zu machen. So veröffentlichten sie nicht bloß die Verleumdungen, welche die Bonzen von Amanguchi in Umlauf gebracht hatten, sondern erdachten weitere Lügenmärchen. Sie behaupteten, Xaver sei der schlechteste Mensch, ein Feind der Lebenden und der Toten, er grabe nachts Leichen aus, um seine Zaubereien zu machen, und trage einen Teufel im Mund, mit dem er alle Welt in den Irrtum führe. Sie fügten noch hinzu, er habe sich den König durch ein Zaubermittel gefügig gemacht. Wenn der König nicht in sich gehe, so könne er leicht Krone und Leben verlieren; Amida und Xaqua, jene so mächtigen und furchtbaren Götter, hätten geschworen, an ihm und seinen Untertanen ein schreckliches Exempel zu statuieren. Wenn das Volk weise sein wolle, so möge es beizeiten Vorkehrungen gegen den Zorn des Himmels treffen, indem es die Ehre der Götter an dem falschen Bonzen und an den Kaufleuten, die ihm in abgöttischer Weise anhängen würden, räche.

Das Volk war aber zu sehr von der Heiligkeit Xavers überzeugt, als daß es so alberne Dinge geglaubt hätte, und alles, was die Bonzen sagen mochten, führte nur dazu, daß sie noch verhaßter wurden. Als die Bonzen nun die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens wahrnahmen, sahen sie sich genötigt, einen anderen Plan zu schmieden, um Xavers Ruf wenigstens in den Augen des Königs zuschanden zu machen.

Zwölf Meilen von der Stadt entfernt lag ein berühmtes Bonzenkloster, dessen Oberer Fucarandono hieß; er war im Besitz der gesamten Wissenschaft Japans und hatte 30 Jahre lang die heidnischen Mysterien an der berühmtesten Hochschule des Königreichs gelehrt. Sein Ruf und Ansehen übertrafen noch seine Gelehrsamkeit. Er war das Orakel Japans und man schenkte ihm blind Glauben.

Die Bonzen von Fucheo meinten, wenn Fucarandono in die Stadt käme und sich mit Xaver in eine Disputation einließe, so sei ihre Ehre gerettet, denn Xaver werde sicher in einem solchen Redestreit unterliegen.

Sie schrieben also an Fucarandono und legten ihm ihr Anliegen mit allem Eifer dar. Sie versprachen, wenn er die kleine Reise unternähme, würden sie ihn im Triumph ins Kloster zurückführen.

Der Bonze, dessen Eitelkeit noch größer war als sein Wissen, kam, begleitet von sechs der gelehrtesten Bonzen. Er begab sich geradewegs in den Palast, als Xaver und die portugiesischen Kaufleute beim König Audienz hatten, um Abschied von ihm zu nehmen, weil sie am nächsten Tag abreisen wollten. Man benachrichtigte den König, daß Fucarandono bitte, ihn in Gegenwart des portugiesischen Bonzen zu empfangen. Bei der Nennung des Namens Fucarandonos schien der König betroffen und zögerte ein wenig mit der Antwort, weil er nicht zweifelte, daß der Bonze gekommen sei, um mit Xaver zu streiten, und weil er, wie er später sagte, ein Mittel suchte, diesen Streit zu verhindern. Denn wenn er auch eine hohe Meinung von den Fähigkeiten Xavers hatte, so glaubte er doch nicht, daß er einem so gefährlichen Gegner gewachsen sei, und weil er ihn zu sehr liebte, wollte er ihn nicht der Gefahr aussetzen, öffentlich beschämt zu werden.

Xaver, der die Verlegenheit des Königs bemerkte und ihre Ursache erkannte, bat ihn inständig, den Bonzen vorzulassen, damit er alles sagen könne, was er wünsche. "Denn was mich betrifft", fügte Xaver hinzu, "so kannst du, o Herr, unbesorgt sein. Das Gesetz, das ich vertrete, ist keine menschliche Weisheit, wie sie auf den Hochschulen der Erde gelehrt wird, auch keine Erfindung des menschlichen Geistes; es ist eine vollständig himmlische Lehre, deren Lehrer Gott selbst ist. Alle Bonzen Japans, alle Gelehrten der Welt vermögen nicht mehr gegen sie, als die Schatten der Nacht gegen das Licht der Sonne."

Auf Xavers Bitten hin ließ der König den Bonzen eintreten. Fucarandono verbeugte sich dreimal vor dem König und setzte sich dann neben Xaver, wobei er ihn starr ansah. Mit selbstgefälliger Miene sagte er: "Ich weiß nicht, ob du mich kennst, oder vielmehr, ob du mich wiedererkennst."

"Ich erinnere mich nicht, dich jemals gesehen zu haben", antwortete Xaver.

Der Bonze fing laut zu lachen an, wandte sich zu seinen Gefährten und sprach: "Ich sehe wohl, daß es mir nicht schwerfallen wird, einen Menschen zu besiegen, der schon mehr als hundertmal mit mir gestritten hat und sich so stellt, als ob er mich nie gesehen hätte." Dann wandte er sich zu Xaver und sprach mit verächtlichem Lachen: "Ist dir nichts übriggeblieben von den Waren, die du mir im Hafen von Frenajoma verkauft hast?"

Ruhig und bescheiden antwortete Xaver: "Ich war noch nie in meinem Leben Kaufmann und auch nie in Frenajoma."

Darauf der Bonze, beständig lachend: "Ach, was für eine Vergeßlichkeit und Torheit, kann es möglich sein, daß du das vergessen hättest?"

"Rufe es mir ins Gedächtnis zurück, der du einen schärferen Verstand und ein besseres Gedächntnis hast, als ich."

Stolz auf das ihm gespendete Lob sagte der Bonze: "Ich will es tun. Es sind gerade 1500 Jahre, daß ich und du Kaufleute waren, und in Frenajoma Handel trieben, und daß ich von dir hundert Stücke Seidenzeug um einen sehr billigen Preis kaufte. Erinnerst du dich jetzt daran?"

Der Heilige, der sehr wohl bemerkte, worauf der Bonze hinauswollte, fragte ihn höflich, wie alt er sei.

"Ich bin 52 Jahre alt", antwortete Fucarandono.

"Wie kannst du denn vor 1500 Jahren ein Kaufmann gewesen sein, wenn du erst ein halbes Jahrhundert auf der Welt bist? Und wie können wir zu jener Zeit Handel getrieben haben, wenn, wie die meisten anderen Bonzen lehren, Japan vor 1500 Jahren eine Wüste war?"

"Höre mich", sagte der Bonze, "so wirst du Orakel hören und mir zustimmen, daß wir mehr Einsicht in die vergangenen Dinge haben, als ihr in die gegenwärtigen. Du mußt also wissen, daß die Welt niemals einen Anfang gehabt hat, und daß die Menschen in Wirklichkeit nicht sterben; die Seele entzieht sich dem Leib, wo sie eingeschlossen war, und sucht sich, während der Leib in der Erde verfault, einen neuen und lebendigen Körper, wo wir nach den verschiedenen Verhältnissen der Himmelskörper und den verschiedenen Mondwechseln bald in vollkommener, bald in unvollkommener Art wiedergeboren werden. Diese Veränderungen der Geburt ziehen auch auch die Veränderungen unseres Schicksals nach sich. Es ist aber der Lohn derjenigen, die heilig gelebt haben, daß sie eine Erinnerung an alle Leben haben, die sie in früheren Jahrhunderten gelebt haben, und die Fähigkeit, sich selbst vollständig so darzustellen, wie sie seit Ewigkeit gewesen sind, als Fürst, Kaufmann, Gelehrter, Krieger und in vielen anderen Formen. Wer dagegen, wie du, so wenig weiß von seinen eigenen Geschäften, daß er nicht einmal weiß, was er war und was er im Laufe unendlicher Jahrhunderte getan hat, zeigt, daß seine Verbrechen ihn des Todes würdig machen, und zwar so oft, wie er die Leben, die er geführt hat, vergessen hat."

Der Portugiese, dem wir die Schilderung dieses Geschehens verdanken, und der dieses Gespräch mitangehört hat, sagt uns nicht, wie Xaver diese Einwürfe widerlegt hat, sondern er bemerkt: "Ich bin weder so gelehrt noch so vermessen, jene schlagenden Beweise und überzeugenden Gründe auseinanderzusetzen, womit der Heilige die verrückten Hirngespinste des Bonzen vernichtete."

Der Bonze ließ den Hauptpunkt des Streites fallen und ging auf einen anderen Gegenstand über, um seine Ehre zu retten, jedoch verlor er sie nun ganz, denn er vergaß alle Regeln des Anstands und der Sittlichkeit, und stellte so schändliche Behauptungen auf, daß man sie ohne Verletzung des Schamgefühls nicht wiedergeben kann, und verteidigte dies alles mit großer Unverschämtheit. Die Gegengründe Xavers gefielen dem König und den Hofleuten sehr gut.

Während der Bonze sich in seinem Schimpfen und Schmähen gehen ließ, sagte ihm einer der anwesenden Herren lächelnd: "Wenn du Lust hast, zu kämpfen, so gehe ins Königreich Amanguchi, wo gerade Krieg herrscht. Dort würdest du sicher jemand finden, mit dem du kämpfen könntest. Warum bist du gerade hierhergekommen, wo alles im Frieden ist?" Ein anderer sagte: "Wenn du hierhergekommen bist, um zu streiten, warum tust du es dann nicht auf eine ruhige Weise, nach dem Beispiel des europäischen Bonzen?"

Diese ironischen und nur zu wahren Vorwürfe brachten den Bonzen nicht zum Schweigen. Der Schmähreden überdrüssig wies ihm der König die Türe und versicherte ihm, daß ihn seine Frechheit, wenn er kein Bonze wäre, das Leben gekostet hätte.

Die übrigen Bonzen gerieten nun in Wut und sagten, diese angebliche Beleidigung sei in Wirklichkeit eine Beleidigung der Götter. Der König habe nunmehr sich samt seinem Hof den Zorn der Götter zugezogen. Sie schlossen ihre Tempel und brachten keine Opfer mehr dar. Der Pöbel wurde unruhig und nur durch kluges Benehmen gelang es dem König, ihn zu beruhigen.

Als die Portugiesen die Wut der Bonzen bemerkten, beschlossen sie, schnell abzusegeln, um deren Wut zu entgehen. Sie redeten Xaver zu, schnell mit ihnen zu gehen. Er konnte jedoch nicht dazu überredet werden; er wollte die neuen Christen während des Sturms nicht verlassen. Der Kapitän ließ ihn überall suchen. Man fand ihn schließlich in einer kleinen Hütte und erfuhr, daß sich die Bewohner derselben, acht an der Zahl, am stärksten gegen die Bonzen ausgesprochen hätten, weshalb sie glaubten, diese würden Rache an ihnen nehmen. Die armen Leute waren völlig verängstigt. Xaver jedoch ermutigte und tröstete sie.

Eduard von Gama bemühte sich auf jede Weise, Xaver zur Abreise zu bewegen - jedoch vergeblich. Xaver antwortete ihm: "Mein Bruder, wie glücklich wäre ich, wenn ich erhielte, was ihr ein Unglück nennt, und für mich das höchste Glück wäre! Aber ich verdiene nicht, daß mir Gott eine so große Gnade erweist. Jedoch will ich mich dieser Gnade nicht noch unwürdiger machen, was ich aber täte, wenn ich mit euch absegeln würde. Denn was für ein Ärgernis würde ich durch meine Flucht den neuen Gläubigen geben? Würden sie nicht veranlaßt, ihre Versprechen, die sie Gott gegeben haben, zu verletzen, wenn sie mich gegenüber den Pflichten meines Dienstes so untreu sähen? Wenn ihr euch wegen des Geldes, das ihr von den Reisenden erhaltet, für verpflichtet haltet, sie vor drohenden Gefahren zu schützen, und wenn ihr sie deswegen alle in den Schutz eures Schiffes nehmt, sollte ich dann meine Herde nicht beschützen und mit ihr sterben für einen unendlich guten Gott, der mich um den Preis seines Lebens am Kreuz erkauft hat? Soll ich nicht mit meinem Blut unterschreiben und durch meinen Tod verkünden, daß alle Menschen schuldig sind, für diesen erbarmungsvollen Gottmenschen ihr Leben hinzugeben?"

Diese Worte hatten bei dem Kapitän die Wirkung, daß er auf die Abreise verzichtete und bei Xaver bleiben wollte. Er teilte seinen Entschluß den Portugiesen mit und stellte es ihnen frei, abzusegeln, aber auch diese zogen es vor, da zu bleiben, wo Xaver und ihr Kapitän sei.

Die Neubekehrten fühlten sich durch diese Anteilnahme der Portugiesen an ihrem Schicksal geehrt und ermutigt. Die Bonzen aber gerieten in Zorn und mußten vorläufig auf die geplante Anwendung von Gewalt verzichten. Damit aber irgendetwas in ihrem Sinne geschähe, verlangten sie eine weitere Disputation zwischen Fucarandono und Xaver in Gegenwart des Königs und seiner Hofleute.

Der König willigte gern in ihr Verlangen ein, aber unter gewissen Bedingungen, die beide Teile beobachten müßten. Diese waren: Alle Schmähungen, Zornausbrüche, alle verletzenden Worte zu vermeiden; die Behauptungen und Widerlegungen sollten in kurzen und bestimmten Ausdrücken gegeben werden; Schiedsrichter sollten aufgestellt und der Streit auf gebührende Weise geführt werden. Der Beifall der Zuhörer entscheide über den Sieg. Seien die Meinungen geteilt, so solle Stimmenmehrheit entscheiden. Jeder solle die Freiheit haben, die christliche Religion anzunehmen oder nicht.

Diese billigen Bedingungen konnten nicht verworfen werden; allein die Bonzen erklärten dem König, Uneingeweihte hätten kein Recht, in Religionssachen zu entscheiden. Doch der König bestand darauf und sie mußten sich fügen. Er wählte die verständigsten Edelleute des Hofes zu Schiedsrichtern.

Fucarandono erschien mit 3000 Bonzen. Der König erlaubte ihm aber nur, daß er vier von ihnen mitnähme und ließ den anderen sagen, es sei nicht ehrenvoll, wenn so viele gegen einen auftreten würden.

Zur gleichen Zeit kam auch Xaver, den der König hatte benachrichtigen lassen. Die vornehmsten Portugiesen in reichen Kleidern begleiteten ihn und erwiesen ihm alle mögliche Ehre, indem sie mit unbedecktem Haupt und knieend mit ihm sprachen. Die Bonzen konnten nicht ohne Ärger den Glanz ihres Gegners sehen, aber ihre Wut steigerte sich aufs höchste, als sie hörten, wie die Anwesenden sagten: "Seht, das ist der Arme, von dem man so lächerliche Dinge behauptet hat! Möge es Gott gefallen, daß unsere Kinder ihm ähnlich würden, wenn auch die Bonzen all das von ihnen sagen würden, was sie von ihm sagen. Wir sehen die Wahrheit mit eigenen Augen, und die Lügen, die sie sich ausgedacht haben, beweisen ihre Unredlichkeit." Aus diesen Äußerungen, denen der König zustimmte, und die der Bonze Fucarandono selbst gehört hatte, schloß er, daß das Unternehmen dieses Tages nicht gut für sie ausgehen werde.

Der König empfing Xaver sehr höflich und unterhielt sich eine Zeitlang freundlich mit ihm. Nachdem alle ihre Plätze eingenommen hatten, fragte Xaver auf Befehl des Königs den Bonzen, warum die christliche Religion in Japan nicht angenommen werden sollte. Der Bonze, der schon etwas kleinlauter geworden war, antwortete: Darum, weil sie ein neues, den alten Reichsgesetzen ganz zuwiderlaufendes Gesetz sei, das nur dazu gemacht scheine, die treuen Diener der Götter verächtlich zu machen; weil sie die Privilegien vernichte, welche die Cubosomas der vergangenen Jahrhunderte den Bonzen verliehen hätten, und weil sie lehre, daß niemand außer den Christen das Heil erlange. Aber besonders, fügte er in stolzem Ton hinzu, weil die europäischen Bonzen zu sagen gewagt hätten, die heiligen Amida, Xaqua und andere seien in der Tiefe der rauchenden Hölle zur ewigen Qual verdammt und dem Drachen des Hauses der Nacht zur Beute übergeben worden.

Nach diesen Worten schwieg der Bonze, und Xaver, dem der König ein Zeichen gegeben hatte, sagte anfangs, daß, weil Fucarandono viele Dinge miteinander vermengt habe, es ihm scheine, um die Schwierigkeiten zu erhellen, solle man jeden Satz einzeln behandeln. Alle billigten die Ansicht Xavers, und Fucarandono selbst bat diesen, den Grund anzugeben, warum er und seine Gefährten von den Göttern des Landes mit solcher Verachtung sprächen.

Der Heilige antwortete, sie könnten den Götzen nicht den Namen von Göttern geben, weil sie dessen unwürdig seien und ein so großer Name nur dem Herrn des Himmels und der Erde gebühre.

Dann fing er an, vom Wesen Gottes zu reden, beschrieb die Eigenschaften Gottes, die wir schon mit dem natürlichen Licht der Vernunft erkennen können, seine Selbständigkeit (Aseität), Ewigkeit, Allmacht, Weisheit, unendliche Güte und Gerechtigkeit. Er machte begreiflich, daß diese unendlichen Vollkommenheiten von keinem erschaffenen Wesen, so geistig es auch sein mag, ganz erfaßt werden können. Nachdem er so seinen Zuhörern einen hohen Begriff von der Gottheit vermittelt hatte, zeigte er, daß die Götzen Japans, die nach der Aussage der Japaner selbst Menschen und den allgemeinen Gesetzen der Natur und der Zeit unterworfen seien, keineswegs Götter sein könnten, daß man sie höchstens als Philosophen, Gesetzgeber und Fürsten verehren könne, nicht aber als unsterbliche Götter, da ihr Geburts- und Todesdatum durch öffentliche Urkunden bekannt seien; daß man, wenn man ihre Werke betrachte, sie noch weniger für allmächtig halten könne, denn sie könnten nach ihrem Tod den Verfall ihrer prächtigen Paläste und stolzen Grabmäler nicht verhindern; es ist unmöglich, daß sie das Weltall erschaffen haben oder im Sein erhalten, dies komme nur dem wahren Gott der Christen zu. Betrachtet man die Schönheit des Himmels, die Fruchtbarkeit der Erde, die Ordnung der Jahreszeiten, so müssen wir schließen, daß nur ein ewiges, allmächtiges, unendlich weises Wesen der Schöpfer und unumschränkte Herr der Welt sein könne.

Xaver hatte noch nicht zu reden aufgehört, als die ganze Versammlung ihm ihren Beifall bezeugte. Die Richter erklärten es als eine ausgemachte Sache, daß die japanischen Götzen keine Götter seien. Fucarandono wollte noch Einwendungen machen, aber von allen Seiten erhoben sich Stimmen, die das ausgesprochene Urteil bestätigten.

Gegen seinen Willen ging der Bonze nun zu einer anderen Frage über, nämlich, warum Xaver die Wechselbriefe nicht billige, welche die Bonzen zugunsten der Toten ausstellen, da doch die Reichen auf ihre Rechnung kämen, wenn man ihnen ihr Geld mit zusätzlichem Gewinn zurückgäbe.

Pater Xaver antwortete, das Recht, das man auf den Himmel habe, sei nicht auf schriftliche Versicherungen gegründet, sondern auf die guten Werke, die man mit dem Glauben, den er predige, übe; derjenige, der ihn in die Seelen eingieße, sei Jesus Christus, der wahre Sohn Gottes, der gekreuzigt wurde für das Heil der Sünder, und jene, welche diesen lebendigen Glauben bis zum Tod bewahren, würden unfehlbar die ewige Seligkeit erlangen. Übrigens sei ein heiliges Gesetz nicht parteiisch, und schließe vom Himmel weder die Armen noch die Frauen aus; die Armut mit Geduld zu ertragen sei ein sicheres Mittel, den Himmel zu erlangen, und das schwächere Geschlecht habe nicht bloß gleiche Ansprüche auf den Himmel, sondern auch noch natürliche Vorzüge, wie Sittsamkeit und Frömmigkeit.

Jeder bezeugte dem Heiligen seinen Beifall, nur Fucarandono und seine Gefährten nicht, die, weil sie nichts antworten konnten, mit finsterer Miene schwiegen. Man faßte den Beschluß, daß Xavers Meinung die vernünftigste sei, und verschob das weitere Streitgespräch auf den folgenden Tag.

Dieser Mißerfolg hätte den Bonzen zur Verzweiflung gebracht, wenn ihn nicht sein Stolz noch aufrechterhalten hätte. Am nächsten Tag brachte er noch sechs der gelehrtesten Bonzen aus den verschiedenen Sekten mit, die nicht bloß Zeugen, sondern auch Mitstreiter sein sollten.

Die Bonzen stellten gleich anfangs sehr scharfsinnige Fragen über die Geheimnisse des Glaubens, so daß Xaver darüber staunte.

Der Portugiese, der darüber berichtet, nennt die Fragen nicht; wahrscheinlich gingen sie über den gewöhnlichen geistigen Horizont der Heiden hinaus, so daß der Heilige glauben mußte, der Teufel habe sie ihnen eingegeben. Wenigstens bekannte er, daß er, um sie zu lösen, eine besondere Hilfe des Himmels benötige, und er bat die Portugiesen, ihn durch ihr Gebet während des Streits zu unterstützen. Sei es vermittels einer besonderen Gnade, sei es, daß die Schwierigkeiten Xavers Kenntnisse nicht so sehr überstiegen, wie er zunächst gemeint hatte - er beantwortete sie auf eine Weise, die die Versammlung vollständig überzeugen mußte.

Nachdem nun das Urteil gefällt war, daß diese Fragen ganz entschieden seien, erhob sich einer von den Bonzen, der den Reichtum sehr liebte und in der Welt nichts Besseres kannte als Silber und Gold, und wollte beweisen, daß Gott ein großer Feind der Armen sei. "Denn", sagte der Bonze, "weil er ihnen die Güter verweigert, die er den Reichen im Überfluß spendet, sie in einem niedrigen Stand geboren werden läßt, sie allem Elend und aller Schande des Lebens aussetzt, ist das ein Zeichen, daß er sie weder achtet noch liebt."

Xaver widerlegte die Behauptung des Bonzen durch die Grundsätze des Evangeliums, welches die Reichtümer mit Hinblick auf das Seelenheil eher als Hindernisse denn als nützliche Mittel ansehe. Er entwickelte diese Gründe so klar und bestimmt, daß seine Gegner nach dem Bericht des Portugiesen, der Augenzeuge war, wider Willen die Wahrheit anerkennen mußten. Danach stellten sie noch einige zweck- und sinnlose Behauptungen auf, die der Heilige leicht widerlegen konnte, weil sie sich selbst widersprachen. Die Bonzen gerieten nun untereinander in solchen Streit, daß der König einschreiten mußte, um ein Handgemenge zu verhindern. So endete auch dieser Tag auf eine für Xaver ehrenvolle Weise.

Als der König am nächsten Tag bei der Wohnung des Heiligen vorüberging, ließ er ihm sagen, er möge zu einer Jagd in seinen Garten kommen, um wenigstens zwei von den sieben Geiern, die ihm am vorigen Tag die Augen aushacken wollten, zu töten. Pater Xaver, der den Scherz des Königs verstand, kam sogleich, bezeigte ihm seine Ehrfurcht und dankte ihm für die erwiesenen Gnaden. Der König nahm den Mann Gottes bei der Hand und führte ihn unter freudigem Zuruf des Volkes in seinen Palast. Hier warteten die sieben Geier, die Bonzen, voll Stolz und Eitelkeit, als wenn sie gar keine Niederlage erlitten hätten.

Sie überreichten eine Schrift, worin sie die Entscheidung der Fragen, die durchweg zu ihrem Nachteil ausgefallen war, nicht anerkannten und neue Schwierigkeiten über die schon entschiedenen Fragen vorbrachten. Aber der König antwortete ihnen: Was einmal entschieden ist, bedarf keiner Erklärung mehr, und man müsse sich an die Bedingungen halten, die beide Teile angenommen hätten, sonst würde der Streit niemals enden. Pater Xaver wolle abreisen, hätten sie neue Fragen, so könnten sie diese vortragen, wenn nicht, so sollten sie sich entfernen.

Fucarandono suchte nach neuen Einwürfen, da er sich nach der soeben erhaltenen Antwort des Königs von der überreichten Schrift keinen Erfolg versprechen durfte. Er heuchelte Frömmigkeit und Sittlichkeit und fragte den Pater, warum die Christen den Seligen des Himmels so ungebührliche Namen gäben, indem sie dieselben in ihren Gebeten mit dem Namen Sancte anrufen, was in der japanischen Sprache etwas Unsittliches bezeichne. Der Heilige erklärte ihm, daß dieses Wort in der lateinischen Sprache einen rein religiösen Sinn habe und "Heiliger" bedeute. Um jedoch Ärgernis zu vermeiden, befahl er, daß man künftig das Wort Beate ("Seliger") verwenden solle.

Die Bonzen brachten nun auch das Wort "Gott" zur Sprache, weil Dajuz in der Sprache Japans "Lüge" bedeutet. Allein der Heilige sagte, ein so kindischer Einwurf sei keiner Widerlegung wert; das von ihm verwendete Wort, das Gott bezeichne, laute Deus, und nicht Dajuz.

Dann wurden noch andere Einwürfe vorgetragen. Der Heilige machte die Bonzen aber so zuschanden, daß sie mit den Zähnen knirschten und vor Wut schäumten.

Der König war über das Betragen der Bonzen sehr entrüstet und sagte zu ihnen in einem heftigen Ton: "So, wie ich die Sache beurteilen kann, finde ich, daß Pater Franz sehr vernünftig spricht, und ihr anderen nicht wißt, was ihr sagt. Man muß erleuchteter oder weniger leidenschaftlich sein, als ihr, um die Wahrheit richtig zu erkennen. Wenn euch aber der göttliche Glaube fehlt, so bedient euch wenigstens der Vernunft, die euch von so klaren Dingen überzeugen kann, und bellt nicht immer wie Hunde."

Hierauf nahm der König den Pater bei der Hand und führte ihn in seine Wohnung zurück. Eine Menschenmenge folgte ihnen, lobte und pries den Heiligen, während die Bonzen wutschnaubend zurückblieben und sagten: "Das Feuer des Himmels möge auf einen Fürsten herabfallen, der sich so leicht von einem fremden Zauberer verführen läßt."

Der Heilige hatte die Wahrheit verteidigt und die Lüge entlarvt. Jedoch geschahen daraufhin keine Bekehrungen. Wir können daraus wieder den Schluß ziehen, daß es nichts hilft, wenn der Verstand überzeugt ist, ohne daß das Herz von der Wahrheit durchdrungen ist. Doch wurde so der Same gelegt, der in den folgenden Jahren zu einem großen Baum emporwuchs.

Der Heilige trat am folgenden Tage, dem 20. November 1551, die Rückreise an, nachdem er zwei Jahre und vier Monate in Japan zugebracht hatte. Gott hatte ihm das Schicksal der Stadt Malakka mitgeteilt. In einer Schauung hatte Xaver gesehen, wie die Stadt zu Wasser und zu Land belagert sei, daß der König von Gentana, ein Sarazene, die Belagerung unternommen, die Javen aber alles mit Feuer und Schwert verwüstet hätten. Kurz, der Heilige gab alle Umstände an und setzte hinzu, daß die Sünden dieser so verdorbenen Stadt diesen Fluch des Himmels herabgerufen hätten; er beschwor alle, Gott zu bitten, seine Gerechtigkeit zu besänftigen.

Im Gefolge des Paters waren die beiden Japaner Matthäus und Bernhard. Auch ein Gesandter des Königs von Bungo befand sich auf dem Schiff, der beauftragt war, sich um die Freundschaft des Vizekönigs von Indien zu bewerben, um von ihm einen Prediger zu erhalten, der an Xavers Stelle die Bekehrung des Königreichs Bungo fortsetzen und vollenden sollte.

Die Schiffahrt verlief während der ersten sechs Tage glücklich. Als sie jedoch auf die hohe See gelangt waren, änderte sich bei Eintritt des Neumonds das Wetter. Es erhob sich von Süden her ein so heftiger Sturm, daß der Steuermann mit all seiner Kunst ihm nicht widerstehen konnte. Sie wurden in ein ganz unbekanntes Meer verschlagen. Der Himmel war mit so schwarzen Wolken überzogen, daß man fünf Tage und fünf Nächte weder Sonne noch Mond sah. Die Schiffsleute konnten die Höhen nicht messen, um zu erfahren, wo sie waren.

Eines Abends erhob sich der Wind mit solcher Gewalt, daß das Schiff die hohen und gewaltigen Wellen nicht mehr durchbrechen konnte. In dieser mißlichen Lage trug man einen vorderen Teil des Schiffs ab, um die Segel leichter handhaben und das Steuerruder zweckmäßiger lenken zu können; dann befestigte man die Schaluppe mit großen Tauen an das Schiff, um sie nachzuschleppen. Da aber unterdessen die Nacht angebrochen war, mit furchtbarem Regen und Sturm, so konnte man fünf Portugiesen und zehn Japaner, die in der Schaluppe waren, nicht mehr in das Schiff aufnehmen.

In dieser so schrecklichen Gefahr fanden die Reisenden nirgends mehr Hilfe als in der Nähe des Heiligen. Er ermahnte sie, ihre Sünden zu beweinen, um den Zorn des Himmels zu besänftigen, und vergoß selbst im Gebet viele Tränen.

Im Dunkel der Nacht hörte man ein jämmerliches Geschrei, wie von Menschen, die sich für verloren hielten und um Hilfe riefen. Dieses Geschrei kam aus der Schaluppe, welche, durch die Gewalt des Windes vom Schiff getrennt, von den Wellen fortgerissen worden war.

Sobald der Kapitän dies erfahren hatte, befahl er dem Steuermann, das Schiff zu diesen Unglücklichen zu lenken, ohne zu bedenken, daß er, indem er seinen Neffen Alphons Cavo retten wollte, der auf der Schaluppe war, dem Schiff und sich selbst den Untergang bereiten würde. Als man das Schiff zur Seite der Schaluppe wenden wollte, kam es in eine ganz schiefe Stellung zwischen zwei berghohen Wasserwogen, wovon die eine auf den hinteren Teil des Schiffes herabstürzte und das Verdeck überschwemmte. In diesem Augenblick glaubten alle, sie seien verloren, und man sah und hörte nur Tränen und Geschrei.

Xaver, der in der Kajüte des Kapitäns betete, lief auf den Lärm hin herbei und sah das jammervolle Schauspiel: Das Schiff war im Begriffe, unterzugehen, die Matrosen, Soldaten und Reisenden lagen durcheinander, beklagten ihr unseliges Schicksal und erwarteten den Tod.

Da erhob der Heilige seine Augen und Hände zum Himmel und rief mit lauter Stimme und heiliger Begeisterung: "Jesus, du Liebe meiner Seele, hilf uns, ich bitte dich bei deinen fünf Wunden, die du für uns am Kreuz empfangen hast." Sogleich erhob sich das Schiff aus der Tiefe der Wellen und schwamm auf der Oberfläche des Wassers. Die Matrosen, durch ein so sichtbares Wunder ermutigt, spannten die Segel dem Wind entgegen und fuhren weiter.

Die Schaluppe war inzwischen verschwunden, und niemand zweifelte mehr, daß sie von den Wellen verschlungen worden sei. Der Kapitän beweinte seinen Neffen, die anderen ihre Gefährten. Xaver aber betrübte sich am meisten über den Verlust zweier muslimischer Sklaven, welche die Annahme des Christentums zurückgewiesen hatten. Er seufzte über ihren elenden Zustand; aber er sammelte sich aslbald vor Gott, und flehte für die Schaluppe um den Schutz des Himmels, falls sie noch nicht untergegangen sei.

Noch hatte er sein Gebet nicht beendet, als er spürte, es sei erhört. Er wandte sich zu Gama, der über den Verlust seines Neffen äußerst betrübt war, und sagte ihm voll Freude: "Betrübe dich nicht, mein Bruder, ehe drei Tage vergehen, wird die Tochter die Mutter wiederfinden." Er meinte damit, die Schaluppe werde zum Schiff zurückkehren.

Der Kapitän war zu sehr vom Schmerz ergriffen, als daß er der unwahrscheinlichen Weissagung des Paters Glauben schenken konnte. Doch ließ er am frühen Morgen den Mastkorb besteigen, um zu sehen, ob man etwas entdecken könnte; allein man sah nichts als das Meer, das noch immer ungeheure Wellen schlug.

Der Pater zog sich zurück, um zu beten, und nach zwei Stunden kam er wieder, und fragte, ob sie noch nichts von der Schaluppe gesehen hätten. Weil er wünschte, man möge den Mastkorb besteigen, fuhr ihn ein Portugiese, Peter Beglio, heftig an und verspottete ihn lautstark. Der Heilige verwies ihm seinen schwachen Glauben und sagte: "Das Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit läßt mich hoffen, daß die Menschen, die ich unter den Schutz der allerseligsten Jungfrau gestellt habe, und für die ich drei Messen zu Ehren Unserer Lieben Frau am Berge zu lesen versprochen habe nicht zugrunde gehen werden." Der Pater bat den Kapitän, den Mastkorb besteigen zu lassen. Dem Heiligen zuliebe stieg der Kapitän selbst mit einem Diener hinauf; sie hielten eine halbe Stunde Ausschau, aber vergeblich.

Xaver, dem wegen der heftigen Bewegungen des Schiffes übel war, der auch zwei Tage und zwei Nächte ohne Schlaf und Nahrung zugebracht hatte, wurde von Schmerzen ergriffen und bekam einen solchen Schwindelanfall, daß er sich kaum mehr aufrecht halten konnte. Ein portugiesischer Seemann, Fernando Mendez Pinto, bat ihn, er möge sich ein wenig ausruhen, und bot ihm seine Kajüte an; Xaver, der aus Abtötung gewöhnlich auf dem Verdeck schlief, nahm das Angebot des Mendez an, und bat den Kaufmann, die Wohltat vollständig zu machen und ihm einen chinesischen Knecht als Wache vor die Türe zu stellen, damit ihn niemand unterbreche.

Xaver wollte nicht schlafen, sondern ungestört beten. Man erfuhr von dem Knecht, daß er von morgens sieben Uhr bis abends auf den Knieen gelegen und unter Seufzen und Tränen gebetet habe. Nach Untergang der Sonne verließ er seine Einsamkeit, fragte den Steuermann, ob man die Schaluppe noch nicht entdeckt habe, sie könne nicht mehr weit entfernt sein. Der Steuermann erwiderte, man solle doch nicht mehr daran denken, denn es sei unmöglich, daß die Schaluppe einem solchen wütenden Sturm habe widerstehen können; wäre sie aber dennoch durch Zufall oder von Gott durch ein Wunder gerettet worden, so müßte sie mehr als 50 Meilen von ihnen entfernt sein, und es wäre töricht, an ihre Rückkehr zu denken.

Aber es ist dem christlichen Vertrauen eigen, daß es unter allen Umständen, die man etwa fürchten könnte, fest und unerschütterlich bleibt. Xaver fand die Gründe des Steuermanns ganz vernünftig, jedoch zweifelte er nicht an der Rückkehr der Schaluppe. Er sagte beständig, daß sie nicht mehr fern sei, und beschwor den Steuermann, jemand auf den Mastkorb zu schicken, so lange man noch sehen könne. Der Steuermann bestieg den Mastkorb selbst, weniger, um dem Pater gefällig zu sein, als um ihn der Täuschung zu überführen - und er sah nichts.

Ohne den Bericht des Steuermanns zu berücksichtigen, bat Xaver den Kapitän inständig, die Segel einziehen zu lassen, damit die Schaluppe Zeit bekäme, sich dem Schiff zu nähern. Das Ansehen des Heiligen siegte über die Gründe des Steuermanns. Man ließ die Segelstange nieder und verharrte drei Stunden. Endlich konnten die Reisenden das Schwanken des Schiffs nicht länger ertragen und schrien: "Unter Segel!" Der Pater verwies ihnen ihre Ungeduld, bemächtigte sich selbst der Segelstange, um die Matrosen zu hindern, die Segel zu spannen, neigte sein Haupt darüber und vergoß seufzend und schluchzend einen Strom von Tränen. Dann erhob er sich ein wenig, streckte seine Hände zum Himmel und sprach mit Tränen in den Augen: "Jesus, mein Herr und mein Gott, ich beschwöre dich bei den Schmerzen deines heiligen Leidens, erbarme dich dieser armen Menschen, die sich jetzt unter großen Gefahren nähern." Dann nahm er wieder die vorige Stellung ein und blieb da, auf die Segelstange gestützt, einige Zeit, ohne ein Wort zu sagen, als wenn er eingeschlafen wäre.

Plötzlich erhob ein Kind, das am Fuß des Mastes saß, seine Stimme und rief: "Ein Wunder, ein Wunder, seht die Schaluppe!" Alles lief auf das Schreien des Kindes herbei und man sah deutlich in der Entfernung eines Büchsenschusses die Schaluppe. Man hörte nichts als Jubel und Freudengeschrei, als sie sich dem Schiff näherte. Die meisten warfen sich Xaver zu Füßen, bekannten sich als Sünder und unwürdig, einen so heiligen Mann bei sich zu haben, und baten ihn um Verzeihung wegen ihres Unglaubens. Aber Xaver, beschämt, als er sich so geehrt sah, entzog sich ihren Lobsprüchen und schloß sich in eine Kajüte ein.

Die Schaluppe erreichte endlich das Schiff, ohne zu schwanken, obwohl die Wellen noch sehr unruhig waren, und blieb in der Nähe des Schiffes selbst stehen, bis die 15 Mann ins Schiff gestiegen und die Schaluppe an ihm befestigt war. Sogleich nach ihrer Ankunft wollte man einen Bericht über den Verlauf ihrer Fahrt. Wie mußte man aber staunen, als man vernahm, sie seien mitten unter dem schrecklichen Sturm ohne Furcht gewesen, weil Pater Franz, wie sie sagten, der Steuermann war, und seine Gegenwart sie vor der geringsten Unruhe bewahrte. Da die Schiffsleute behaupteten, der Pater habe das Schiff niemals verlassen, aber die Insassen der Schaluppe, die ihn als ihren Steuermann gesehen hatten, ihnen nicht glauben konnten, was sie sagten, überzeugten sich beide Teile nach kurzem Streit, der Heilige sei zu gleicher Zeit an beiden Orten gewesen. Dieses überdeutliche Wunder machte auf die beiden muslimischen Sklaven einen solchen Eindruck, daß sie dem Islam abschwuren und Christen wurden.

Die Ungeduld der 15 Mann, ihren glücklichen Führer und Retter zu sehen, der in demselben Augenblick, als sie das Schiff erreichten, ihren Augen entschwunden war, nötigte Xaver, aus seinem Versteck hervorzukommen. Sie wollten ihn als ihren Befreier grüßen und warfen sich vor ihm nieder; jedoch duldete er dies nicht, sondern erklärte, daß es die Hand des Herrn gewesen, die sie vom Schiffbruch errettet habe. Zu gleicher Zeit dankte er Gott öffentlich für eine so außerordentliche Gnade und befahl dem Steuermann, alles vorzubereiten, um die Reise fortzusetzen, wobei er versicherte, sie würden bald günstigen Wind erhalten. Der Steuermann hätte seiner Erfahrung nach keine Änderung erwartet, allein die wunderbare Rettung der Schaluppe ließ ihn an den Worten des Paters nicht mehr zweifeln. Nach kurzer Zeit erkannte er, daß derjenige, welcher dem Meere und den Winden gebietet, durch den Mund des Heiligen geredet habe.

Kaum hatte man die Segel ausgespannt, so erhob sich ein Wind vom Norden her, die Luft erhellte sich und das Meer war ganz ruhig, so daß sie nach dreizehn Tagen Fahrt in den Hafen von Sancian einliefen, der in der Regel das Ziel der portugiesischen Kaufleute war, die dort ihre Handelsgeschäfte betrieben. Im Hafen lagen nurmehr zwei indische Schiffe; eines von ihnen gehörte dem Jakob Pereyra. Das Schiff des Eduard von Gama mußte ausgebessert werden. Schon am letzten Tag des Jahres 1551 ging Xaver auf dem Schiff seines Freundes Pereyra unter Segel.

49. Folge

Vor seiner Abreise hatte Xaver mit einem Steuermann, der ihn von Japan nach Sancian geführt hatte, eine Unterhaltung über die Gefahren des Meeres. Der Heilige prophezeite ihm, daß er seine Tage nicht auf dem Wasser beschließen und kein Schiff, auf dem er sich befinde, Schiffbruch erleiden würde, so heftig der Sturm auch sein möge. Der Steuermann namens Aghiar vertraute den Worten Xavers so fest, daß er sich oft, ohne auf den Wind oder die Jahreszeit zu achten, mit einem sehr schlechten Schiff auf das Meer wagte, so daß ihn diejenigen, welche nichts von Xavers Prophezeiung wußten, für einen verwegenen und unkundigen Mann hielten.

Als er einmal eine Reise von Tenasserim nach Pegu auf einer ganz leichten und schlechten Barke unternahm, erhob sich ein heftiger Sturm, der die großen Schiffe an die Felsen schleuderte und zertrümmerte. Als ein Mitreisender in große Furcht geriet und den Steuermann, der ein Lied sang, fragte, woher er den Mut habe, weil sie doch den Tod vor Augen hätten, antwortete er diesem: "Ich fürchte nichts, und ich würde auch nichts fürchten, wenn die Wellen doppelt so hoch wären und meine Barke aus Glas wäre, denn Pater Franz hat mir versichert, daß ich nicht auf dem Meer zugrunde gehen werde, auf welchem Schiff auch immer ich mich befinden sollte."

Sarazenen, die sich auf dem Schiff befanden, waren von diesem augenscheinlichen Wunder so beeindruckt, daß sie versprachen, Christen zu werden, sobald sie an Land gegangen wären, und sie hielten ihr Versprechen. Sobald die Barke zu Trasar Anker geworfen hatte, empfingen sie die Taufe und wurden um so mehr von der Echtheit des Wunders überzeugt, als sie selbst am Ufer die Trümmer der anderen Schiffe sahen.

Während der Mahlzeit unterhielt sich der Heilige mit Pereyra über Japan und China. Er erzählte ihm vom Fortschritt, den die Glaubensverbreitung in kurzer Zeit in den Königreichen Saxuma, Amanguchi und Bungo gemacht habe. Er habe die Hoffnung, all diese Inseln ganz zu bekehren, wenn die Chinesen Christen würden. Er fügte hinzu, er habe sich entschlossen, nach China zu gehen, und kehre jetzt nur nach Indien zurück, um die Angelegenheiten der Gesellschaft Jesu zu ordnen; er habe seinen Katechismus ins Chinesische übersetzt und die Übersetzung werde die Anfänge der Mission, die immer schwer sind, erleichtern.

Einige Portugiesen, die auf dem Schiff waren und welche die chinesischen Gesetze kannten, beurteilten das Vorhaben des Paters als leichtsinnig. Sie sagten, daß es, außer den Gefahren der Mißhelligkeiten zwischen den Chinesen und den Portugiesen, auch noch den Fremden unter Todesstrafe verboten sei, chinesischen Boden zu betreten; daß einige ihrer portugiesischen Landsleute, die sich heimlich nach China begeben hätten, um dort Handel zu treiben, ihre Kühnheit teils mit ihrem Leben, teils mit lebenslänglichem Verlust ihrer Freiheit hätten büßen müssen. Sie fügten jedoch hinzu, man könne den Zutritt nach China erlangen, wenn man im Namen des Königs Johann III. an den Kaiser von China eine Gesandtschaft schicke, die aber sehr viele Unkosten verursachen würden, wenn man auch nur der gewöhnlichen Geschenke für den Kaiser und seine Minister Rechnung trage; weil nun aber der Vizekönig von Indien unter den obwaltenden Umständen ohnehin erhebliche Mittel für andere wichtige Geschäfte aufwenden müsse, so werde er sich dazu wohl kaum verstehen.

Diese vielen und großen Schwierigkeiten hatten Xaver Unruhe bereitet, aber Jakob Pereyra, unter dessen Kaufsmannsgewand das Herz eines Fürsten und Apostels schlug, bot sein Schiff zu einem solchen Unternehmen an. Xaver nahm dieses Anerbieten voll Freude an und erbot sich dazu, vom Vizekönig die Beauftragung seines Freundes zu einer Gesandtschaft zu erwirken.

Pereyra hatte dem Pater gegenüber die Sorge geäußert, daß das Schiff wegen der Belagerung von Malakka unter Beschlag genommen werde. Xaver versicherte ihm jedoch, daß die Ungläubigen gerade in dem Augenblick, in dem ihnen die Festung übergeben werden sollte, von einem panischen Schrecken ergriffen worden und geflohen seien. Die Stadt sei jetzt ganz befreit. Außerdem war Pereyra wegen der Reise Xavers nach Indien beunruhigt, er fürchtete nämlich, es könnte zu dieser Jahreszeit kein Schiff mehr in Malakka eintreffen, das nach Goa segeln würde. Er selbst konnte aber den Pater nicht nach Cochin bringen, weil er über Sunda reisen und dort Waren abladen mußte. Aber Xaver beruhigte ihn, indem er sagte, daß sie im Hafen von Malakka auf das Schiff des Anton Pereyra treffen würden, das gerade die Anker lichte, um nach Cochin unter Segel zu gehen.

Inzwischen war das Meer ganz ruhig und die Schifffahrt sehr angenehm, als sich plötzlich ein heftiger Wirbelwind erhob, der die Schiffe augenblicklich versenken konnte. Alle Reisenden hielten sich beinahe für hoffnungslos verloren, nur der Gedanke, daß der Heilige bei ihnen sei, gab ihnen noch einigen Mut. Sie baten ihn, bei Gott für sie einzutreten. Der Heilige zog sich ohne ein weiteres Wort zurück, um zu beten. Bald erschien er wieder, mit feurigem Gesichtsausdruck, segnete das Schiff und sprach laut die Worte: "Das Schiff des heiligen Kreuzes" (so lautete der Name des Schiffs) "wird auf dem Meer nicht zugrunde gehen, sondern an dem Ort, wo es gebaut wurde, wird es von selbst zerfallen. Könnte man nur dasselbe von dem Schiff sagen, das mit uns abgesegelt ist! Aber wir werden bald sehen, was für ein trauriges Schicksal es genommen hat."

Bald darauf sah man Kaufmannsgüter und tote Körper auf dem Wasser daherschwimmen, woraus man den Untergang jenes Schiffes schließen mußte. Zwei Matrosen hatten bei dessen Untergang noch ein Brett ergriffen, das die Wellen an das Schiff des Pereyra trieben.

Als sie nun nach glücklicher Schifffahrt in der Meerenge von Singapur gelandet waren, schrieb Xaver nach Malakka einen Brief an Anton Pereyra, er möge seine Reise um drei Tage verschieben. Zugleich schrieb er an Pater Perrez, den Oberen der Jesuiten von Malakka, und befahl ihm, für die zwei ihn begleitenden Japaner einige Mittel zur Stärkung vorzubereiten.

Personen
(Auswahl)

Lewis C. S.
Malagrida G.
Marescotti J.
Manning H. E.
Marillac L.
Maritain J.
Martin Konrad
Massaja G.
Meier H.
Mieth Dietmar
Mixa Walter
Mogrovejo T.A.
Moltke H. v.
Montalembert
Montecorvino J.
Moreno E.
Moreno G. G.
Mosebach M.
Müller Max
Muttathu-padathu
Nies F. X.
Nightingale F.
Pandosy C.
Paschalis II.
Pieper Josef
Pignatelli G.
Pius XI.
Postel M. M.
Poullart C. F.
Prat M. M.
Prümm Karl
Pruner J. E.
Quidort
Radecki S. v.
Ragueneau P.
Rahner K.
Ratzinger J.
Reinbold W.
Répin G.
Rippertschwand
Rudigier F. J.
Ruysbroek
Salvi Lorenzo
Sanjurjo D. S.
Saventhem E.
Schamoni W.
Schreiber St.
Schynse A.
Sierro C.
Silvestrelli C.
Simonis W.
Solanus
Solminihac A.
Spaemann C.
Spaemann R.
Stein Karl vom
Steiner Agnes
Sterckx E.
Stern Paul
Stolberg F. L.
Talbot Matt
Therese
Thun Leo G.
Tolkien J.R.R.
Tournon Ch.
Vénard Th.
Vermehren I.
Vianney J. M.
Walker K.
Wasmann E.
Waugh E.
Wimmer B.
Windthorst L.
Wittmann G. M.
Wurmbrand R.
Xaver Franz


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